Jules Massenet - Stefan Schmidl - E-Book

Jules Massenet E-Book

Stefan Schmidl

4,9

Beschreibung

Seine „Méditation" ist beinahe ein »Schlager« geworden, seine Opern „Manon" und „Werther" finden sich auf den Spielplänen aller großen Opernhäuser, und doch blieb der Komponist Jules Massenet (1842-1912) bislang eher unbekannt. Das ändert sich nun: Zu seinem 100. Todestag legt Stefan Schmidl erstmals eine deutschsprachige Biografie dieses Grandseigneurs der französischen Oper vor. Er zeigt, dass Massenets Kompositionen vielschichtiger sind, als „Manon" und „Werther" es vermuten lassen - und eröffnet einen neuen Blick auf die Musikgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Stefan Schmidl ist Mitarbeiter der Kommission für Musikforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Neben Lehr- und Vortragstätigkeit publizierte er zu musik-, kultur- und medienwissenschaftlichen Themen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 203

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,9 (18 Bewertungen)
17
1
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Stefan Schmidl Jules Massenet

Stefan Schmidl

Jules Massenet

Sein Leben, sein Werk, seine Zeit

 

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Bestellnummer SDP 65 ISBN 978-3-7957-8613-7 © 2014 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz Alle Rechte vorbehalten

Als Printausgabe erschienen unter der Bestellnummer SEM 8310 © 2012 Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz

www.schott-music.comwww.schott-buch.de

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlags. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung kopiert und in ein Netzwerk gestellt werden. Das gilt auch für Intranets von Schulen oder sonstigen Bildungseinrichtungen.

Inhalt

Einleitung

Jahre der Ausbildung und Krieg (1842– 1873)

Kindheit

Rompreis (1863)

Zurück in Paris (1866): Genrestücke, Lieder und Heirat

Operndebüt im komischen Fach: La Grand’tante (1867)

Massenet im Krieg (1870)

Musiktheater im größeren Maßstab: Don César de Bazan (1872)

Melancholie: Les Érinnyes (1873)

Aufstieg zwischen Können und Kalkül (1873 – 1882)

Erotische Heilige: Marie-Magdeleine (1873)

Etablierung: Scènes pittoresques, Scènes dramatiques, Phèdre-Ouvertüre und Ève (1873 – 1875)

Der musiktheatralische Durchbruch: Le Roi de Lahore (1877)

Professor am Conservatoire (1878): Leitbild einer Generation

Das dritte Oratorium: La Vierge (1880)

Religion, Sexualität und Politik: Hérodiade (1881)

Paradise lost: Scènes alsaciennes (1882)

Große Gefühle (1883 – 1888)

Rezept eines Welterfolges: Manon (1884)

Spanisches Heldenleben: Le Cid (1885)

Deutsche Tragödie: Werther (1887)

Im Fokus der Welt (1889 – 1894)

»Voici le divin moment«: Esclarmonde (1889)

Musik über Frauen, Musik für Frauen

Le Mage (1891) und Neubeginn

Triumphe in Wien (1892): Werther und Le Carillon

Zwischen Diesseits und Jenseits: Thaïs (1894)

Jahre nach der letzten Mode (1894 – 1899)

Nostalgisches Sequel: Le Portrait de Manon (1894)

Verismo à la française: La Navarraise (1894)

Éducation sentimentale: Sapho (1897)

Lukrative Märchenwelt: Cendrillon (1899)

Massenets Jahrhundertwende (1900 – 1903)

Überwältigung jenseits der Oper: La Terre promise (1900)

Mirakelspiel im technologischen Zeitalter: Grisélidis (1901)

Männeroper: Le Jongleur de Notre-Dame (1902)

Zurückgenommene Avantgarde: Amadis

Massenets Bayreuth: Monte Carlo

Rastloses Alter (1903 – 1910)

Klavierkonzert (1903) und Cigale (1904)

Hommage an Mozart: Chérubin (1905)

Klassizität und Opulenz: Ariane (1906)

Melancholie und Blut: Thérèse (1907)

Balletttragödie in Spanien: Espada (1908)

Griechische Mythologie, Buddha, Affenschlachten: Das Fiasko Bacchus (1909)

Auskomponiertes Sterben: Don Quichotte (1910)

Späte Experimente, Tod und Vermächtnis (1911/1912)

Neue Einfachheit: Panurge (1911) und Souvenirs (1911/1912)

Pflicht oder Gefühl: Roma (1912)

Versuche über das Wort-Ton-Verhältnis: Expressions lyriques und Suite parnassienne

»La mort divine«: Cléopâtre (1912)

Massenets Tod und Verklärung

Fazit: Massenet, die Moderne und der Geschmack des Fin de Siècle

Anhang

Anmerkungen

Literatur (Auswahl)

Zeittafel

Werke (Auswahl)

Diskografie (Auswahl)

Werkregister

Personenregister

Bildnachweis

Einleitung

Jules Massenets Nachruhm gründet sich auf zwei Opern und einem Opernintermezzo: Manon, Werther und der Méditation religieuse aus Thaïs. Im französischen und angloamerikanischen Raum sind es noch seine Élégie und die Klavierlieder Nuit d’Espagne und La Crépuscule, mit denen Massenets Name dauerhaft im sängerischen Konzertrepertoire vertreten ist. Dennoch stellen diese Werke nur eine kleine Auswahl eines umfangreichen, zum Zeitpunkt seines Todes noch viel gepflegten Œuvres dar. Massenet, einst »der beliebteste unter den zeitgenössischen Musikern« (wie ihn Claude Debussy in seinem Nachruf betitelte),1 geriet aber ins Abseits der Wertschätzung – ein Abseits, das sich besonders auf Massenets Image als »Frauenkomponist«, als Komponist eines spezifisch »weiblichen Tons«,2 gründete.

Zu Massenets zwiespältiger Rezeption trug auch bei, dass er als Mensch schwer auf einen Nenner zu bringen war. Während ihn Georges Bizet privat als »intrigant« beschrieb,3 war er zeitlebens um ein gefälliges, unverbindliches Image in der Gesellschaft bemüht und vermied es auch, allzu eindeutig Stellung zu den in der Dritten Republik Frankreichs zum Teil heftig geführten Auseinandersetzungen um Musik und Ideologie zu beziehen. Selbst in seinen Souvenirs, am Ende seines Lebens, sah er von der Preisgabe von Überzeugungen ab. Hinter der Maske des Unverdächtigen, zu der auch die von ihm gerne öffentlich demonstrierte Eigenheit seiner Premierenangst zählt, mit der er wohl Sympathien erheischen wollte, wahrte Massenet ein durchgehendes Inkognito. Dieses Verhalten teilte er mit einem seiner Zeitgenossen, dem Schriftsteller Charles Baudelaire, dessen Masken aber ganz anderer Natur waren.4

Massenets Habitus wirft Fragen auf: War die Motivation dieser Rolle auf seine Persönlichkeit zurückzuführen oder war sie simples Kalkül? Setzte er aus Rücksicht auf sein Stammpublikum lieber auf dieses Image als auf das eines sensationellen Provokateurs oder Irritators? Warum schrieb er aber dann dennoch Werke, in denen er unerwartet neue musikalische Ausdrucksmöglichkeiten verwirklichte (wie in seinem zweifellos ungewöhnlichsten Werk, Amadis)? Gerade in diesem Verhalten, das vorsichtig als Abwägen zwischen Gewinnorientierung und künstlerischem Interesse erklärt werden kann, ist Massenet ein sehr aufschlussreicher Komponist und gewährt Einblick in das Feld musikalischer Produktion im 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Nicht weniger ambivalent und damit bezeichnend für seine Zeit ist Massenets Musik. An der Oberfläche erscheint sie delikat und keinerlei Schwierigkeiten bereiten zu wollen. Blickt man jedoch genauer hinter die »Maske« Massenet, entzieht sie sich dieser Klassifizierung. Das dem problemlosen Hören vermeintlich Entgegenkommende, wie es sich vor allem in den beständigen Opernerfolgen darstellt, lässt nämlich Massenets stupende kompositorische Technik, lässt das Ambitionierte seiner Musik übersehen. Es ist symptomatisch, dass jene Werke, in denen er die Virtuosität seiner Mittel deutlicher zur Schau stellte, das früh verfestigte Image des Playboy-Komponisten störten und deswegen kaum rezipiert wurden. So blieb etwa von Thaïs nur die Violinkantilene der Méditation übrig, nicht aber die restliche Oper, die in ihrem Nuancenreichtum durchaus neben Debussys Pelléas et Mélisande bestehen kann. Ebenso wenig Beachtung fand auch die beinahe aphoristische Ästhetik seines Spätwerks. Zuletzt war es Massenets fortwährendes Ausprobieren von Operngenres, das ihm schnell den Ruf eines Eklektikers einbrachte. Wenn er sich jedoch in so unterschiedlichen Moden wie der Grand opéra, der Opéra comique, des Märchenspiels oder jener des Verismo versuchte, so zeichneten sich diese nicht durch dogmatische Handhabung der jeweiligen stilistischen Normen aus, sondern waren immer individuelle Interpretationen.

Angesichts eines so reichen, originellen Schaffens und dessen Relevanz für das Verständnis des Fin de Siècle ist es umso erstaunlicher, dass in der deutschsprachigen Musikliteratur bislang nicht der Versuch unternommen wurde, Massenet eine biografische Studie zu widmen. Der 100. Todestag des rätselhaften Komponisten gibt daher Anlass, dieses Desideratum mit vorliegendem Buch über Massenets Leben, Werk und Kontext endlich einzulösen.

Jahre der Ausbildung und Krieg(1842 – 1873)

Kindheit

Jules Émile Frédéric Massenet wurde am 12. Mai 1842 geboren. Alexis Massenet (1788 – 1863), sein Vater, entstammte einer elsässischen Familie aus Straßburg,5 hatte im sächsischen Freiberg Polytechnik studiert und dabei Begabung für Ingenieurskunst und Bergbau bewiesen. Im Zuge der Napoleonischen Kriege wurde er Stabsoffizier6 und kam bis ins französisch besetzte Spanien, wo ihm sein Fachwissen für den Zinnoberabbau im Ort Almadén zugutekam.7 1813 nahm er seinen Abschied von der Armee und ging in die Metall verarbeitende Privatwirtschaft. Drei Jahre später ehelichte er in Toulouse Sophie de Jaegerschmidt,8 die ihm acht Kinder gebar, bevor sie 1829, im Alter von nur 32 Jahren, im Kindbett verstarb. Bereits im folgenden Jahr heiratete Alexis Massenet erneut. Mit Éléonore-Adélaïde Royer de Marancour (1809 – 1875), der Tochter eines Kriegskommissars unter Kaiser Napoléon I.,9 vermehrte sich die Zahl seiner Nachkommenschaft um weitere vier Kinder – Jules sollte das letzte sein.

1842 war Massenets Familie in dem im Département Loire gelegenen Montaud, einem Vorort von Saint-Étienne im Großraum Lyon, ansässig. Alexis Massenet stand dort inzwischen als Direktor einer Fabrik vor, in der qualitativ hochwertige Sensen mit großer Nachfrage produziert wurden.10 Seinen Erfolg verdankte er auch der postnapoleonischen Restaurationszeit. Obwohl Alexis Massenet persönlich überzeugter Anhänger Napoléons war, profitierte er – gemäß der Devise der Ära »Enrichissez-vous« (»Bereichert Euch«) – wie viele andere bürgerliche Industrielle vom kaum reglementierten Wirtschaftsliberalismus unter dem »Roi Citoyen«, dem »Bürgerkönig« Louis-Philippe.

Nach der Übersiedelung nach Pont-Salomon, wo er zwei Jahre lang noch eine weitere Firma leitete, verkaufte Alexis Massenet 1847 seine dortigen Anteile und zog mit der Familie nach Paris, wo er eine stattliche Wohnung in der Rue de Beaune, unweit der Tuilerien, bezog. Hier erlebte sein Sohn Jules den Ausbruch der Februarrevolution von 1848, die zur Absetzung des Königs und zur Ausrufung der Republik führte: Die Ereignisse dieser Tage beeindruckten Massenet so sehr, dass er mit ihnen 63 Jahre später seine Lebenserinnerungen beginnen ließ.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!