5,99 €
PIKANTER FLIRT MIT DEM MILLIARDÄR von CATHY WILLIAMS
Lass dich niemals mit einem Passagier ein! Animateurin Delilah weiß, dass sonst ihr Job auf dem Kreuzfahrtschiff in Gefahr ist. Doch als sie in Daniels betörend grüne Augen blickt, wird sie schwach. Wie groß ist der Schock, als sie erfährt: Daniel ist gar kein Tourist, sondern ihr neuer Chef!
HEISSER FLIRT IM PARADIES von NICOLA MARSH
Golden glitzert das Meer, sanft streichelt der Wind Abbys sonnenwarme Haut. Liegt es an der paradiesischen Kulisse, dass zwischen ihr und Jugendschwarm Judd plötzlich die Funken sprühen? Abby gibt sich ihren Gefühlen hin – und riskiert, den besten Freund zu verlieren …
SEXY FLIRT MIT HEISSEN FOLGEN von NATALIE ANDERSON
Ein sexy Foto von ihr im winzigen Bikini. Dazu die Frage: „Kann ich mir das erlauben?“ Hastig schickt Mya die SMS aus der Umkleidekabine an ihre beste Freundin. Dass sie sich vertippt hat, begreift sie erst, als der umwerfend attraktive Playboy Brad Davenport bei ihr auftaucht …
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 619
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cathy Williams, Nicola Marsh, Natalie Anderson
JULIA WEEKEND BAND 132
IMPRESSUM
JULIA WEEKEND erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
Neuauflage 2025 in der Reihe JULIA WEEKEND, Band 132
© 2016 by Cathy Williams Originaltitel: „The Surprise De Angelis Baby“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Natasha Klug Deutsche Erstausgabe 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 2255
© 2008 by Nicola Marsh Originaltitel: „Hot Nights with a Playboy“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Tanja Krasny Deutsche Erstausgabe 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe JULIA SOMMERLIEBE, Band 20
© 2012 by Natalie Anderson Originaltitel: „Blame it on the Bikini“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Grit Wölten Deutsche Erstausgabe 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg,in der Reihe JULIA, Band 242013
Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2025 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751534475
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte des Autors und des Verlags bleiben davon unberührt. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de
Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.
Cathy Williams
Was für ein perfekter Tag.
Daniel De Angelis stieg aus der angenehmen Kühle seiner Limousine und zog die Sonnenbrille ab, um die Schönheit seiner Umgebung in sich aufzunehmen. Die Sonnenstrahlen ließen das ruhige, türkisfarbene Wasser der Ägäis glitzern wie ein Meer aus Diamanten. Ein herrlicher Anblick.
Er war bisher noch nie auf Santorini gewesen, daher nahm er sich ein paar Minuten, um das Panorama zu genießen. Vor ihm, im Hafen, sah er bereits das Objekt seiner Begierde, das er zu einem Schnäppchenpreis zu erstehen gedachte: ein prächtiges Kreuzfahrtschiff, das fantastisch in seine ohnehin schon beachtliche Sammlung passte.
Es sah perfekt aus, doch dabei war es nichts mehr als eine pure Illusion. Die Reederei, die dahintersteckte, stand kurz vor dem Bankrott. Daniel wusste bis auf den letzten Cent, welche Verluste das Schiff in den vergangenen fünf Jahren eingefahren hatte. Er verfügte über Informationen darüber, wie viel von dem Schiff der Bank gehörte, was die Angestellten verdienten und wie weit die Fahrpreise reduziert worden waren, in dem verzweifelten Versuch, neue Gäste anzusprechen.
Wie bei allen geplanten Geschäften zahlte es sich stets aus, wenn man seine Hausaufgaben machte. Sein Bruder Theo mochte seine extravagante Anschaffung als Spielzeug bezeichnen – etwas, mit dem er sich für ein paar Monate beschäftigen konnte. Doch es handelte sich um ein relativ kostspieliges Spielzeug, und Daniel war bereit, jeden Kniff und jeden Trick zu nutzen, um sicherzustellen, dass er am Ende einen guten Deal abschloss.
Der Gedanke an seinen Bruder ließ seine Mundwinkel zucken. Wer hätte gedacht, dass Theo De Angelis eines Tages heiraten würde? Daniel konnte es noch immer nicht fassen. Wenn er nicht mit eigenen Ohren gehört hätte, wie sein Bruder überschwänglich von den Freuden der Liebe schwärmte, er hätte es als Scherz abgetan.
Er selbst hatte gerade erst seine letzte Bekanntschaft abgesägt, weil die Gute für seinen Geschmack ein bisschen zu anhänglich geworden war. Und um das zu feiern, erwartete ihn am Ende seiner Reise mit dem Kreuzfahrtschiff eine kleine sexy Blondine.
Alles in allem würde es mehr Urlaub als Arbeit sein, und da er sich schon verflixt lange keine Auszeit mehr gegönnt hatte, war er deswegen in Hochstimmung.
„Sir?“, unterbrach der Chauffeur seine Gedankengänge. „Vielleicht sollten wir weiterfahren, damit wir das Schiff rechtzeitig erreichen. Es wird schon recht bald auslaufen …“
„Was für eine Schande“, wandte Daniel sich an seinen Angestellten, den er eigens vom anderen Ende der Welt mit hergebracht hatte. „Ich habe das Gefühl, Santorini könnte genau der richtige Ort für mich sein. Ein hübsches kleines Hotel irgendwo an der Küste … Sich entspannt zurücklehnen und relaxen …“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie dazu in der Lage sind, Sir.“
Daniel lachte. Neben seinem Bruder und seinem Vater gehörte Antonio Delgado zu den wenigen Menschen, die sein absolutes Vertrauen genossen. Und wenn er ganz ehrlich war, wusste sein Fahrer sogar mehr über sein Privatleben als Theo.
„Stimmt“, sagte er und öffnete die Wagentür. Dann ließ er sich auf die mit Leder bezogene Rückbank gleiten. „Der Gedanke gefällt mir trotzdem irgendwie.“
Doch die Wahrheit war, dass es ihm einfach keinen Spaß machte, mit einem Margarita in der einen und einem Buch in der anderen Hand am Pool zu sitzen. Er entspannte sich manchmal im Fitnessstudio oder beim Skifahren, am häufigsten aber im Bett. Und all seine Frauenbekanntschaften entsprachen dem gleichen Typ.
Klein, blond, sexy und sehr, sehr zuvorkommend.
Zugegebenermaßen war keine von ihnen lange aktuell geblieben, aber so war das wohl bei Männern, deren Fokus vorrangig auf dem Job lag. Daniel liebte sein Leben so, wie es war: hektisch und riskant. Er hatte – ebenso wie Theo – von dem Hintergrund einer wohlhabenden Familie profitiert. Doch ihnen beiden hatte ihr Vater, Stefano De Angelis, einen Teil des Familienvermögens übertragen, mit der Aussage, dass sie lernen müssen, auf eigenen Beinen zu stehen. Das Geld war ihr Startkapital, und es hieß, entweder erfolgreich zu sein oder zu scheitern. Theo und er hatten sich als überaus fähige Geschäftsmänner erwiesen.
Daniel hatte die Unterhaltungsindustrie im Sturm erobert, dabei klein angefangen, um rasch immer größer und größer zu werden. Und nun, mit noch nicht einmal dreißig Jahren, gehörten ihm Hotels, Casinos und Restaurants überall in Australien und im Fernen Osten.
Er hatte so viel Geld verdient, dass er sich den Rest seines Lebens bequem zurücklehnen konnte. Doch die Arbeit war seine Leidenschaft, und genauso gefiel es ihm. Der Kauf, den er im Augenblick gerade anstrebte, war wieder einmal etwas Neues und Interessantes.
„Denk bitte daran, mich ein Stück weit vom Hafen entfernt abzusetzen“, erinnerte er Antonio.
„Es ist brütend heiß, Sir. Wenn ich Sie direkt bis zum Schiff fahre, können Sie die Klimaanlage noch bis zum letzten Moment genießen.“
„Die Hitze wird mich schon nicht umbringen, Antonio.“ Er grinste. „Es ist wichtig, dass ich das Kreuzfahrtschiff wie jeder andere Passagier betrete. Aus einer Limousine samt Chauffeur zu steigen gehört nicht zum Plan.“
Er hatte vor, das Schiff inkognito auszukundschaften. Der Kahn hatte in den vergangenen Jahren nicht einen Dollar Umsatz gemacht, und er wollte herausfinden, wo genau die Probleme lagen. Schlechtes Management? Eine träge Crew und Inkompetenz auf allen Ebenen? Er würde ein paar Tage lang alles analysieren und sich Notizen darüber machen, wen er feuern und wen er eventuell in sein neues Team übernehmen würde.
Fünf Tage. Das war in etwa das Zeitfenster, das er im Sinn hatte. Er erwartete keinerlei Probleme und hatte große Pläne für den Ozeanriesen. Die Zeiten von uninspirierten Aktivitäten und langweiligen Landgängen, während an Bord unterirdisch schlechtes Essen an Passagiere serviert wurde, die für das bisschen, was sie für den Trip bezahlten, nicht mehr erwarten konnten, würden schon bald vorüber sein.
Er würde dieses Kreuzfahrtschiff in einen schwimmenden Palast für die reiche Elite verwandeln, die ein Vermögen dafür bezahlte, sich von einem Golfplatz der Welt zum nächsten schippern zu lassen. Über die genauen Zwischenstopps wollte er sich Gedanken machen, sobald der Verkauf unter Dach und Fach war. Daran, dass er den Deal mit Erfolg abschließen würde, zweifelte Daniel keine Sekunde.
Er hatte noch nie versagt, und er würde auch jetzt nicht damit anfangen.
Als er den Hafen erreichte, trug er einen schäbigen alten Rucksack über eine Schulter geschlungen, den er eigens für diesen Einsatz besorgt hatte. Er ließ seinen geübten Blick über die bunt zusammengewürfelte Crew schweifen, die auf das Schiff zustrebte.
Schon von Weitem konnte er deutlich sehen, in was für einem erbärmlichen Zustand sich das Schiff befand. Wie hatte Gerry Ockley es bloß geschafft, diese potenzielle Goldmiene, die er von seinem schwerreichen Vater geerbt hatte, innerhalb kürzester Zeit in einen derart abgehalfterten Kahn zu verwandeln? Kein Pirat, der irgendetwas auf sich hielt, würde diese schwimmende Katastrophe entern wollen!
Nun, der Fairness halber musste Daniel gestehen, dass es insgesamt acht Jahre gedauert hatte, es in Grund und Boden zu wirtschaften. Er begriff allerdings nicht, warum in der Zwischenzeit nicht irgendjemand – ein Bankmanager, ein guter Freund oder eine besorgte Ehefrau – die Reißleine gezogen und versucht hatte, Ockley einen Schubs in die richtige Richtung zu geben.
Das Kreuzfahrtschiff war dazu ausgelegt, bequem zweihundertfünfzig Passagiere unterzubringen, dazu noch die benötigte Besatzung. Daniel nahm an, dass es im Augenblick etwa zur Hälfte ausgelastet war – wenn überhaupt.
Hier auf Santorini hatte es schon die Hälfte seiner Reise hinter sich. Mit dem Ticket in der Hand gesellte Daniel sich zu den anderen Passagieren, die darauf warteten, an Bord gehen zu dürfen. Die meisten waren Ende fünfzig oder älter.
Passte er in diese Gesellschaft? Nein. Passagiere unter fünfunddreißig waren ganz eindeutig in der Minderheit. Dennoch bestand für ihn keinerlei Zweifel daran, dass er mit neugierigen Fragen ohne Probleme fertig werden würde. Und darüber hinaus brannte er einfach nur darauf, die nächsten Tage inkognito reisen zu können.
War sein Einsatz wirklich notwendig? Vermutlich nicht. Wenn es danach ginge, könnte er in seinem komfortablen Büro in Australien sitzen und von dort aus die feindliche Übernahme vorbereiten. Aber dies hier würde ihm die Gelegenheit geben, ein wenig von der Feindseligkeit aus dem gesamten Prozess herauszunehmen.
Er wäre in der Lage, Ockley und seiner Frau genau zu erklären, warum er das Luxusschiff übernehmen wollte und weshalb sie sein Angebot nicht ablehnen konnten. Er könnte ihnen sämtliche Gründe für ihr bisheriges Scheitern nennen – und zwar aus der Perspektive von jemandem, der selbst mit dem Ozeanriesen gereist war.
Es war eine Freundschaftsgeste – und außerdem eine gute Gelegenheit, sich ein wenig zu vergnügen.
Daniel konnte die neugierigen Blicke deutlich spüren, während er sich in die Schlange einreihte, die sich vor der Gangway gebildet hatte – und er ignorierte sie alle mit Leichtigkeit.
Sein gesamtes Erscheinungsbild passte zum abgehalfterten Zustand seines Rucksacks. Er sah aus wie jemand, der seine letzten Kröten zusammengekratzt hatte, um sich eine Billig-Tour über die griechischen Inseln zu leisten. Sein Haar war ein wenig länger, als er es normalerweise trug; es ringelte sich in seinem Nacken. Und da er sich am Morgen nicht rasiert hatte, bedeckte ein Bartschatten sein Gesicht.
Es war beinahe unerträglich heiß. Er konnte fühlen, wie ihm der Schweiß unter dem verwaschenen Poloshirt den Rücken hinunterlief. Zum Glück befanden sich in seinem Rucksack auch ein paar Shorts und T-Shirts. Damit sollte die Hitze besser zu ertragen sein, wenn er erst einmal an Bord war.
Gedanklich war er bereits bei der Arbeit und plante, wie er den Umbau am besten umsetzen könnte und wann der Luxusliner in neuem Glanz wieder würde in See stechen können.
Was für ein vielversprechendes Projekt! Er hatte sich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr so entspannt gefühlt.
Delilah Scott starrte ihr Smartphone an, das ununterbrochen klingelte, und überlegte, ob sie den Anruf annehmen sollte oder nicht. Doch am Ende brachte sie es nicht über sich, ihre Schwester einfach zu ignorieren.
Mit einem leisen Seufzen drückte sie den Annahmeknopf und wurde sogleich mit einem Ansturm von Fragen bombardiert.
„Wo, um Himmels willen, steckst du? Ich versuche schon seit zwei Tagen, dich zu erreichen! Du weißt, dass ich mir Sorgen mache, Delly! Im Laden läuft alles drunter und drüber. Ich kann nicht glauben, dass du einfach so entschieden hast, deinen Urlaub zu verlängern. Du weißt genau, dass ich mich auf deine Hilfe verlasse. Ich schaffe das einfach nicht allein!“
Delilah fühlte, wie sich ihr Magen schmerzhaft zusammenzog. „Ich weiß, Sarah“, stotterte sie und blickte durch das winzige Bullauge ihrer kleinen Kabine, die gerade groß genug für ein Einzelbett und die allernotwendigste Einrichtung war. „Ich dachte nur, die zusätzliche Erfahrung könnte uns zugutekommen. Es ist ja nicht so, als würde ich Urlaub machen …“
„Aber natürlich machst du Urlaub, Delly“, sagte ihre Schwester vorwurfsvoll. „Du wolltest vierzehn Tage lang Workshops auf diesem Kreuzfahrtschiff geben. Und nun schickst du mir einfach eine E-Mail, um mir mitzuteilen, dass aus zwei Wochen sechs geworden sind? Ich weiß, dass du nach der Sache mit Michael dringend einen Tapetenwechseln gebraucht hast, aber … ich drehe hier noch durch!“
Delilah konnte die Sorge ihrer Schwester förmlich durch das Telefon hören und spürte, wie eine Welle aus Schuldgefühlen über sie hinwegrollte. Sarah wartete auf sie. In zwei Wochen würden die Bauarbeiten beginnen, die sie ein kleines Vermögen kosteten – und sie wusste, dass ihre Schwester den Termin extra bis nach ihrer Rückkehr verschoben hatte.
Aber war es denn wirklich zu viel verlangt, sich eine kleine Auszeit zu gönnen, ehe sie in die Tretmühle zurückkehrte, die sich Leben schimpfte?
Delilah verzog die Miene. Sie hatte gerade erst ihr Kunststudium abgeschlossen und jeden freien Moment in den vergangenen drei Jahren zusammen mit Sarah in dem winzigen Cottage verbracht. Die ganze Zeit über in Sorge, wie sie es schaffen sollten, mit den kläglichen Einnahmen aus der Galerie, die im Erdgeschoss ihres Hauses beheimatet war, über die Runden zu kommen. Stets in dem Wissen, dass Dave Evans von der Bank früher oder später die Geduld verlieren und ihnen den Kredit kündigen würde.
Und dann war da noch Michael gewesen …
Wie hatte sie nur so dumm sein können? Dumm und verliebt! Allein bei dem Gedanken daran zog sich ihr der Magen schmerzhaft zusammen. Und sie konnte es nun wirklich nicht gebrauchen, dass Sarah die Geister der Vergangenheit wieder heraufbeschwor.
Delilah liebte ihre Schwester, aber solange sie zurückdenken konnte, hatte Sarah sie schon immer bemuttert. Hatte Entscheidungen für sie getroffen und sich wegen jeder Kleinigkeit Sorgen gemacht. Die Sache mit Michael hatte es nur noch schlimmer gemacht.
Natürlich war es schön, jemanden zu haben, an dessen Schulter man sich ausweinen konnte, wenn einem gerade das Herz gebrochen worden war. Aber es engte einen auch ein.
Sarah sorgte sich so sehr. Ihre Eltern, Neptun und Moon – zwei herrlich verantwortungslose Alt-Hippies, die einander in wahrer Liebe zugetan waren – hatten nur wenig Zeit für ihre Sprösslinge erübrigen können. Beide waren Künstler gewesen und hatten ihren Lebensunterhalt mehr schlecht als recht durch den Verkauf ihrer Werke verdient.
Ihr kleines Cottage hatten sie in eine Galerie umfunktioniert, die nur deshalb einigermaßen Geld abwarf, weil es sich genau im Herzen eines Touristenzentrums befand. Davon hatten sie immer profitiert.
Doch als sie vor fünf Jahren starben – innerhalb kürzester Zeit hintereinander –, befand sich der lokale Markt für Kunst bereits im Sinkflug. Und seitdem war es nicht wieder besser geworden.
Sarah, die fünf Jahre älter war als Delilah, hatte getan, was sie konnte. Sie brachte zusätzliches Geld in den Haushalt, indem sie die Buchhaltung für verschiedene Firmen in der näheren Umgebung führte. Aber es war stets klar gewesen, dass Delilah nach dem Abschluss ihres Studiums zurückkehren und mit der Galerie und dem Laden helfen würde.
Sie hatten einen Kredit aufnehmen müssen, um eine Renovierung der Galerie bezahlen zu können. Außerdem war ein großer Raum im hinteren Bereich geschaffen worden, wo Delilah beabsichtigte, Zeichenunterricht zu geben.
Es war eine gute, wenn auch verzweifelte Idee. Und obwohl Delilah damit einverstanden gewesen war, hatte sie doch sofort zugeschlagen, als sich die Gelegenheit bot, ihren Aufenthalt auf der Rambling Rose zu verlängern.
Wenn sie ehrlich zu sich selbst sein wollte, dann hatte sie nur nach einem Ausweg gesucht.
Sie brauchte einfach noch ein bisschen Abstand, bevor sie in die Cotswolds zurückkehrte. Ein bisschen mehr Zeit, um sich nach der Sache mit Michael wieder entspannt und vor allem normal fühlen zu können.
„Es ist eine fantastische Erfahrung für meine zukünftige Arbeit zu Hause“, sagte sie. „Und ich habe all meine Einnahmen auf unser gemeinsames Konto transferiert. Es ist nicht viel, ich weiß, aber dafür schließe ich eine Menge wertvoller Kontakte. Einige der Leute hier sind wirklich interessiert an den Kursen, die wir anbieten werden.“
„Ach wirklich?“
„Ja, ehrlich. Ein paar wollen sich im Laufe der nächsten Woche per E-Mail bei dir melden, um sich bezüglich Preisen und Details zu erkundigen.“
„Adrian ist übrigens gerade dabei, die Webseite fertigzustellen. Das kostet uns auch ein kleines Vermögen, das wir erst mal wieder reinbekommen müssen …“
Delilah unterdrückte sein Seufzen. Unwillkürlich fragte sie sich, ob diese kurze Zeit auf dem Kreuzfahrtschiff wohl für immer ihr Fenster in die Freiheit bleiben würde. Auf gar keinen Fall wäre Sarah jemals dazu bereit, das Cottage zu verkaufen. Und wenn Delilah ehrlich war, würde sie sich bei dem Gedanken, ihr Elternhaus zu veräußern, auch nicht wohlfühlen. Aber dort zu bleiben, erforderte von ihnen beiden große Opfer. Und sie fühlte sich, als ob sie einen Teil ihrer Jugend dafür hergeben musste.
Sie war erst einundzwanzig Jahre alt. Dennoch konnte sie jetzt schon absehen, dass sie das kommende Jahrzehnt damit verbringen würde, sich abzustrampeln, um mit Mühe und Not über die Runden zu kommen.
Sarah beendete das Gespräch, worüber Delilah erleichtert war. Sie entschied, den Rest des Abends in ihrer Kabine zu verbringen. Vielleicht würde sie nachher noch ein paar der anderen Kursleiterinnen – allesamt junge Frauen wie sie selbst – zu sich in die Kabine einladen. Zum Kartenspielen oder Tratschen über die Passagiere, die sie alle irgendwie an ihre Eltern erinnerten. Freigeister und alternde Hippies, die wunderbar kunstvollen Zeitvertreiben und Hobbys nachgingen.
Morgen würde sie dann wieder unterrichten – und ihr Terminkalender war randvoll.
Daniel streckte sich und schaute durch das Bullauge, von dem aus sich ihm ein prachtvoller Ausblick auf den tiefblauen Ozean präsentierte.
Am Abend zuvor hatte er ein – wie zu erwarten – unterdurchschnittliches Dinner genossen, und zwar nicht am Tisch des Kapitäns. Solche Formalitäten gab es an Bord dieses Kreuzfahrschiffs nicht. Alle waren wie eine große, bunt zusammengewürfelte Familie von etwa hundert Leuten unterschiedlichen Alters und ungefähr fünfzig Crew-Mitgliedern. Er hatte versucht, sich so gut es ging unters Volk zu mischen, doch ihm war klar, dass er auffiel wie ein bunter Hund.
Nun war erst einmal Zeit fürs Frühstück, und dann würde er sich die verschiedenen Animationsangebote ansehen – von denen keines dazu angedacht schien, Geld damit zu verdienen. Töpfern, Dichten, Kunst, Kochen und noch weitere andere, darunter auch ausgefallenere wie Astronomie und Handlesen.
Seine Jeans hatte er heute gegen ein Paar tief sitzende Shorts, ein hellgraues Poloshirt und Segelschuhe getauscht, die er sonst auf seiner eigenen Jacht trug. Als er am Spiegel vorüberging, hielt er kurz inne. Er sah ein schlankes, tief gebräuntes Gesicht, grüne Augen, dichte dunkle Wimpern und dunkelblondes Haar, dessen Spitzen von der australischen Sonne ausgebleicht waren.
Wenn er mal die Zeit und Muße hatte, Sport zu treiben, dann bevorzugte er das Extreme: Box-Sparring im Fitnesscenter, Segeln ohne Mannschaft zum Entspannen und Skifahren auf schwarzen Pisten … Sein Körper spiegelte diese Einstellung wider.
Es war kurz nach neun, und aus einer Laune heraus entschied er, das Frühstück ausfallen zu lassen. Er holte die Übersichtskarte des Luxusliners aus seiner Tasche und wandte sich, nachdem er die schlimmsten Kurse aussortiert hatte, in Richtung des Schiffsbereichs, wo die etwas weniger abenteuerlichen Workshops abgehalten wurden.
Er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. Jeder einzelne Passagier schien mindestens an einem Kurs teilzunehmen, und während Daniel umherging und überall Zeichen des Verfalls bemerkte, sah er zu seiner Überraschung aber auch voll ausgebuchte Workshops. Einige Leute waren auf Deck und ließen sich von der Sonne braten, doch die allermeisten schienen sich für die Freizeitangebote zu interessieren.
Sowohl draußen als auch im Inneren des Schiffes war es brütend heiß. Die Räume, in denen die Workshops durchgeführt wurden, waren jedoch klimatisiert. Und das war auch der vorrangige Grund, warum Daniel schließlich durch eine der Türen in einen Schulungsraum trat.
Delilah war gerade dabei, im Detail zu erklären, wie man mit Perspektive zeichnete, als sie aufblickte.
Augenblicklich stockte ihr der Atem. In der Tür zu ihrem Schulungsraum stand der attraktivste Mann, den sie je zu Gesicht bekommen hatte. Und sie war sich absolut sicher, dass sie ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Er musste auf Santorini zugestiegen sein.
Er war groß. Sehr groß sogar. Und gebaut wie ein Athlet. Einfach ein Traum von einem Mann. Obwohl er das Standardoutfit eines jeden Passagiers auf dem Schiff trug – längere Shorts und ein T-Shirt – war es so gut wie unmöglich, zu übersehen, wie muskulös er darunter war.
„Kann ich Ihnen helfen?“, stieß sie heiser hervor.
Mit einem Schlag waren sämtliche Augen im Raum auf den Neuankömmling gerichtet. Delilah lenkte mit wenigen Worten die Aufmerksamkeit zurück auf die Keramikschalen, die ihre Schüler skizzieren sollten, ehe sie sich dem Unbekannten wieder zuwandte.
Daniel hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, ausgerechnet hier eine solche Frau anzutreffen. Die betreffende Lady, die ihn nun fragend anschaute, war groß und gertenschlank. Ihr Haar besaß einen ungewöhnlichen Kupferton und war zu einem lockeren Pferdeschwanz zusammengefasst, der ihr über eine Schulter fiel.
Er durchquerte den Raum und musterte dabei die etwa zwanzig Kursteilnehmer, die allesamt jeweils vor einer eigenen Leinwand saßen. Auf einem Regal im hinteren Bereich des Raumes lagen verschiedenen Künstlerutensilien, und an den Wänden hingen einige Bilder – vermutlich Werke von Teilnehmern des Lehrgangs.
Er schüttelte den Kopf. „Wenn ich störe, kann ich auch gerne später wiederkommen …“
„Oh, nein, das ist nicht nötig, Mr. …?“
„Daniel.“ Er streckte ihr die Hand entgegen, und sie erwiderte die Geste. „Nennen Sie mich einfach Daniel. Ich bin gestern an Bord gekommen und hatte bisher keine Zeit, mich für irgendwelche Kurse einzuschreiben.“
„Aber Sie interessieren sich für Kunst?“ Die kurze Berührung ihrer Hände hatte ein seltsames Gefühlschaos in Delilah ausgelöst. Es kostete sie einige Mühe, nicht verlegen den Blick abzuwenden. „Ich bin Delilah Scott, und der Kunstkurs unterliegt meiner Verantwortung.“
Aus der Nähe betrachtet, sah er wirklich spektakulär gut aus. Die Künstlerin in ihr würdigte die perfekte Symmetrie seines schmalen Gesichts. Diese eindrucksvollen Augen und die gerade Nase, die vollen, sinnlichen Lippen … Sein Haar wirkte sonnengebleicht – nicht wirklich blond, aber auch kein langweiliges Braun. Und er hatte etwas an sich – eine Art von Charisma –, das ihn davor bewahrte, einfach nur einer von vielen zu sein.
Oh Gott, sie würde ihn wirklich gern malen, aber das musste warten.
„Ich erkläre Ihnen den Workshop, den ich führe …“ Sie begann mit ihrer kleinen Rede, die sie inzwischen so oft aufgesagt hatte, dass sie sie auswendig konnte. Dabei bemühte sie sich tunlichst, ein wenig Abstand zu ihm zu halten. Wenn sie ihm zu nah kam, war es wie ein elektrisches Knistern zwischen ihnen. Und es machte sie nervös. Delilah hatte für den Rest ihres Lebens die Nase gestrichen voll von Männern. Das Letzte, was sie Moment brauchen konnte, war ein Kerl, der sie dermaßen aus der Ruhe brachte!
„Natürlich muss ich mir zunächst ein Bild von Ihren bisherigen Fähigkeiten machen. Erst dann kann ich entscheiden, ob ich Sie als Anfänger oder eventuell als Fortgeschrittenen einstufen muss. Natürlich zeige ich Ihnen auch gerne meine Referenzen und … Nun, ich bin, wie Sie sehen, gerade mitten in einem Kurs, der noch bis zum Mittag dauern wird. Aber vielleicht möchten Sie sich in der Zwischenzeit einige der Arbeiten meiner Schüler ansehen?“
Nicht wirklich, dachte Daniel, doch er neigte den Kopf ein Stück zur Seite und nickte.
Diese Frau war graziös wie eine Ballerina. Er mochte kurvige Frauen, und sie passte ganz sicher nicht in dieses Beuteschema. Außerdem trug sie genau die Art von Kleidung, die er bei Frauen nicht ausstehen konnte: Einen weiten, knöchellangen Rock in verschiedenen schreienden Farben und ein lockeres Top, das mehr verhüllte, als ihm lieb war.
Er bevorzugte es, gleich auf Anhieb zu sehen, woran er war. Eng anliegende, kurze Sachen, die perfekte Kurven extra betonten. Frauen, die wie er auf Spaß aus waren und nicht auf eine ernsthafte Beziehung.
Natürlich kam es hin und wieder vor, dass eine von ihnen anfing, eine gemeinsame Zukunft zu planen. Doch das war okay. Wenn es dazu kam, machte er einfach Schluss. Und er empfand dabei weder Schuldgefühle noch Unbehagen, denn er stellte stets von vorneherein klar, was sie von ihm erwarten durften – und was eben nicht.
Er war nicht bereit für eine Ehe. Verflixt, er war nicht einmal bereit für irgendetwas Längerfristiges. Er wollte niemanden, den er Familie und Freunden vorstellte und der dann anfing, auf dumme Gedanken zu kommen. Häusliche Gemütlichkeit war nicht sein Ding.
Er dachte an Kelly Close und presste die Lippen zusammen. Oh nein, so etwas kam für ihn ganz und gar nicht infrage!
Soweit es ihn betraf, war ihm die Arbeit sehr viel wichtiger als jedes weibliche Wesen. Und sollte er sich eines Tages entscheiden, doch den großen Schritt mit einer Frau zu wagen – und das würde garantiert nicht allzu bald geschehen, jetzt, wo Theo gerade im Begriff stand zu heiraten –, dann bitte mit einer Partnerin, für die nicht nur sein Kontostand interessant war.
Es reichte ihm, einmal an eine berechnende Goldgräberin geraten zu sein. Kelly Close, eine engelsgleiche Schönheit mit einem Herzen so schwarz wie Teer. Er schüttelte den Kopf und schob die Gedanken an die Vergangenheit beiseite. Die Geschichte war ihm eine Lehre gewesen. Jetzt wollte er nur noch Spaß. Unkomplizierten Spaß mit kleinen sexy Dingern wie der Blondine, die auf ihn wartete, sobald er von Bord ging.
Delilah Scott führte ihn im Raum herum und ermunterte ihn, sich anzusehen, was ihre aufstrebenden Schüler im Laufe der Kreuzfahrt bereits geleistet hatten.
„Faszinierend“, murmelte er. Dann wandte er sich zu ihr um, ehe sie die Tour zum Abschluss bringen konnte. „Also – Mittagessen. Wann und wo?“
„Entschuldigung?“
„Sie sagten, dass Sie mich einschätzen wollen. Beim Mittagessen klingt gut. Also, wo und wann? Ich nehme an, dass es hier an Bord nur ein Restaurant gibt?“
Delilah spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. „Ich kann mich nicht entsinnen, irgendetwas in der Richtung vorgeschlagen zu haben. Sie sind herzlich eingeladen, am nächsten Workshop morgen Vormittag teilzunehmen. Oder Sie bleiben einfach und setzen sich zu uns. Es ist genug Papier da … und Stifte auch.“
Sie konnte einfach nicht damit aufhören, in diese unglaublich grünen Augen zu starren.
„Ich beabsichtige, auch noch meine anderen Möglichkeiten zu prüfen“, erwiderte Daniel gelassen. „Vielleicht weckt ja ein anderer Kurs mein Interesse noch mehr. Ich treffe Sie dann um halb eins im Restaurant. Dann können Sie mir alles über Ihren Workshop erzählen, und ich sehe, ob es mir gefällt.“
Nicht sein Typ, aber trotzdem eine echte Augenweide. Haut glatt wie Satin, hellbraune Augen und sündige Lippen …
„Ich glaube kaum, dass es zu meinen Aufgaben gehört, Ihnen den Inhalt meines Kurses beim Essen zu präsentieren.“
„Nun, Sie sind doch in der Gästebetreuung tätig. Das impliziert, dass Sie sich um die Gäste kümmern müssen. Ich will lediglich ein paar Informationen von Ihnen.“
„Ich weiß, aber …“ Ja, was aber? Nun, die Wahrheit war wohl, dass Michael sie misstrauisch gegenüber Männern wie ihm gemacht hatte. Gutaussehenden Männern, die ein bisschen anders waren als alle anderen …
Es war acht Monate her, dass Michael Connor in ihr Leben getreten war. Langes dunkles Haar, tiefblaue Augen und ein sexy Lächeln, das sie einfach von den Füßen gerissen hatte. Mit siebenundzwanzig hatte er bereits Karriere als Fotograf gemacht. Sie waren ein paarmal miteinander ausgegangen, und er sprach bereits davon, sie mit zum Amazonas zu nehmen, sodass sie malen konnte, während er fotografierte.
Für eine Weile waren all die drängenden finanziellen Sorgen vergessen gewesen; verdrängt durch die flüchtige Vision von Spannung und Abenteuer. Zwei Freigeister, die gemeinsam die Welt bereisten. Delilah hatte sich verliebt. In ihn und in die Möglichkeiten, die mit ihm in ihr Leben getreten waren. Sie hatte es gewagt, an den Gedanken zu glauben, dass sie ihren Seelengefährten gefunden hatte – jemanden, mit dem sie den Rest ihrer Tage verbringen wollte.
Sie hatten sich geküsst, aber er hatte sie nicht gedrängt, mit ihm ins Bett zu gehen. Heute fragte sie sich, wie lange er wohl noch geduldig geblieben wäre. Nicht sehr viel länger, nahm sie an. Immerhin hatte er bereits eine Freundin gehabt. Irgendwo an einem der exotischen Orte, die er bereist hatte.
Delilah war nur durch Zufall darauf gestoßen, weil sie zufällig eine SMS auf seinem Smartphone aufpoppen sah. Als sie ihn damit konfrontierte, lachte er nur und zuckte mit den Achseln. Er sei eben nicht der Typ, der sich an eine Frau binde. Er führe eine offene Beziehung mit seiner Freundin und habe eine Menge Frauen, schließlich wolle er nicht heiraten und sich mit zwei Kindern und einem Hund in einem Reihenhaus niederlassen.
Nun, sie hatte ihn offenbar tatsächlich gründlich falsch eingeschätzt. Wie dumm sie doch gewesen war!
„Ich werde Ihre Zeit nicht über Gebühr beanspruchen“, sagte Daniel, um das schier endlose Schweigen endlich zu durchbrechen. Langsam wurde er ärgerlich. Es kam doch eher selten vor, dass eine Frau sich bei der Vorstellung, mit ihm essen zu gehen, nicht regelrecht überschlug. Genau genommen hatte er so etwas noch nie erlebt.
Doch Delilah schüttelte wieder den Kopf, er musste sich also etwas einfallen lassen.
„Also schön, wie wäre es dann mit der Bar? Wir trinken etwas, und Sie erzählen mir von Ihrem Kurs. Verkaufen Sie ihn mir, machen Sie mir ihn schmackhaft.“ Er seufzte theatralisch auf. „Bitte, Sie können mich doch nicht wirklich in die Arme der anderen Kursleiter treiben wollen, oder?“
Delilah unterdrückte mit Mühe ein Lächeln. „Wenn es Ihnen wirklich so schrecklich wichtig ist …“
„Wunderbar. Dann sehen wir uns um halb eins an der Bar.“
Mit einem verwunderten Kopfschütteln schaute Delilah ihm nach, als er den Raum verließ. Sie fühlte sich, als wäre sie von einem Schnellzug überrollt worden – und es gefiel ihr ganz und gar nicht. Doch nun hatte sie zugestimmt, sich mit ihm zu treffen, und sie würde auch keinen Rückzieher mehr machen.
In den folgenden drei Stunden konnte sie sich kaum auf ihren Workshop konzentrieren. Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu Daniel und ihrem bevorstehenden Treffen mit ihm. Es war kurz nach halb eins, als sie die Bar schließlich betrat.
Er saß an einem kleinen Tisch und nippte immer wieder an dem Drink, der vor ihm stand.
Dieser Mann war wirklich ein Eyecatcher – und das lag nicht allein daran, dass er deutlich jünger war als die meisten anderen Anwesenden. Nein, er wäre überall aufgefallen.
Sie bahnte sich ihren Weg zu ihm, wobei sie immer wieder ein paar Worte mit anderen Passagieren wechselte.
Daniel beobachtet sie mit trügerischer Trägheit. Er befand sich nicht an Bord dieses drittklassigen Kreuzfahrtschiffs, um ein Abenteuer zu erleben – es ging ihm um Informationen. Und diese Frau, die jetzt auf ihn zukam, schien jeden zu kennen und war offensichtlich äußerst beliebt. Die älteren Passagiere fühlten sich in ihrer Gegenwart wohl, und er war sich sicher, dass sie auch bei ihren Kollegen gut ankam.
Würde Delilah ihm dabei helfen können, an die Informationen zu gelangen, die er brauchte? Das Problem war, dass er ihr natürlich nicht sagen konnte, wofür er sie benötigte.
Er stand auf, als sie seinen Tisch erreichte. „Sie sind gekommen“, stellte er mit einem breiten Lächeln fest und deutete auf den freien Stuhl neben sich. „Ich war mir nicht sicher, ob Sie wirklich auftauchen würden. Sie haben sich ja sehr geziert, mein Angebot anzunehmen.“
„Ich treffe mich normalerweise nicht in meiner Freizeit mit Gästen“, entgegnete sie steif, während sie Platz nahm.
„Aber Sie scheinen sich mit allen gut zu verstehen.“
„Ja, schon, aber …“
„Was darf ich Ihnen zu trinken holen?“
Ihre Finger spielten nervös mit ihrem Haar, und sie hatte die Blicke zu Boden gerichtet, um seinen nicht begegnen zu müssen. Hätte er auch nur den leisesten Verdacht, dass sie seine wahre Identität kannte, hätte er sich gefragt ob sie sich absichtlich schüchtern stellte. Frauen in seiner Gegenwart waren üblicherweise alles andere als zurückhaltend.
„Nur einen Saft, bitte.“ Die Art und Weise, wie er sie anschaute, machte Delilah nervös.
Mit einem Glas Fruchtsaft in der einen und einem Whisky in der anderen Hand kehrte er an ihren Tisch zurück.
„Also, Sie wollten ja etwas über den Workshop erfahren.“ Delilahs Blicke wanderten immer wieder zu ihm hin, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollte. Sie sollte besser die Finger von ihm lassen, und das nicht nur, weil er ein Passagier war. „Ich habe Ihnen ein paar Broschüren mitgebracht, die Sie sich gern ansehen können …“
Sie wühlte in ihrer riesigen Handtasche und beförderte ein paar fotokopierte Unterlagen daraus hervor, die sie ihm überreichte. Einige davon zeigten auch eine Auswahl ihrer eigenen Arbeiten, die sie am College fertiggestellt hatte.
„Eindrucksvoll“, kommentierte er, nachdem er sich alles angesehen hatte.
„Haben Sie irgendwelche anderen Kurse gefunden, die Ihr Interesse fesseln konnten?“ Sie gestattete sich ein höfliches Lächeln.
„Astronomie klingt verlocken, aber nein …“ Er setzte sich auf. „Ich werde nur für etwa eine Woche an Bord bleiben. Ich denke, ich werde mich für Ihren entscheiden.“
Nur eine Woche? Delilah verspürte einen Anflug von Enttäuschung, den sie sich selbst nicht erklären konnte. Sie zwang ein Lächeln auf ihre Lippen und nippte an ihrem Orangensaft.
„Nun, ich kann Ihnen nicht versprechen, dass Sie sich bis zum Ende der Woche in Picasso verwandelt haben werden. Die meisten Passagiere bleiben einen ganzen Monat lang, und wenn wir in Neapel anlegen, kommen weitere hinzu.“
„Ich weiß, das klingt ein wenig planlos, aber … Ich habe Last Minute noch einen Platz an Bord bekommen und kann praktisch so lange bleiben, wie ich möchte.“
„Ja, hier läuft alles ein wenig ungezwungener ab als bei den meisten Kreuzfahrten.“ Delilah lächelte. „Das liegt daran, dass es sich um ein Familienunternehmen handelt. Gerry und Christine mögen es, dass jeder kommen und gehen kann, wie es ihm gefällt.“
„Gerry und Christine?“ Ockley. Er kannte ihre Namen, wusste, wie hoch die beiden verschuldet waren.
„Sie leiten dieses Kreuzfahrtschiff. Es gehört ihnen, und sie sind einfach toll.“ Sie spürte, wie sie lockerer wurde, als er echtes Interesse an dem zeigte, was sie sagte. Er war eben doch nur ein ganz normaler Passagier. Und wenn sein gutes Aussehen sie beunruhigte, dann war das allein ihr Problem. Nach der Geschichte mit Michael sollte sie damit ohne großartige Komplikationen umgehen können.
„Sind sie das? In welcher Hinsicht?“
„Sie interessieren sich für ihre Gäste, und die meisten Crewmitglieder arbeiten schon ewig für sie.“
„Ist das so? Nun, ich nehme an, dass sie die gesamte Crew kennen dürften.“
„Oh, meine Kollegen sind alle toll. Sie gehen in ihrer Arbeit auf und genießen es, dass man ihnen in den meisten Punkten freie Hand lässt. Natürlich muss jeder sich an die grundlegenden Regeln halten, aber … nehmen Sie den Koch – er kann servieren, was immer er für richtig hält. Ähnlich ist es bei Alfie, der für die gesamte Animation und die Abendveranstaltungen verantwortlich ist. Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich diesen Job bekommen habe.“
Ein wenig schuldbewusst dachte sie an ihre Schwester, aber dann verwarf Delilah den Gedanken wieder. Sie würde ja schon bald wieder nach Hause zurückkehren, um Sarah zu unterstützen.
Daniel bemerkte den Schatten, der für den Bruchteil einer Sekunde über ihre Züge glitt. Dieser winzige Augenblick reichte aus, um sein Interesse zu wecken. Er wollte mehr über die Frau in Erfahrung bringen, die hier vor ihm saß. Doch leider hatte er für so etwas keine Zeit. Er musste es sich aus dem Kopf schlagen.
„Morgen also“, sagte er. „Wann fangen wir an?“
„Und nun schauen Sie sich den Krug an. George, sehen Sie, wie er das Herzstück des gesamten Arrangements bildet? Mit den beiden anderen Stücken im Hintergrund, sodass das Ganze eine geometrische Figur bildet? Wenn Sie den Krug ein wenig kleiner machen, kommen wir der Sache schon sehr nahe.“
Zum x-ten Mal ertappte Delilah sich dabei, wie ihr Blick zur Tür wanderte, in der Erwartung, Daniel dort zu sehen.
Vorbei war es mit der Ruhe, die sie auf ihrem kurzen Ausflug aus der grauen Realität so genossen hatte. Die Begegnung mit ihm hatte sie vollkommen aus der Bahn geworfen. Und es war nicht nur sein Aussehen, das sie so fesselte. Ihn umgab eine Aura von Wachsamkeit, die sie seltsamerweise unglaublich anziehend fand.
Sie betrachtete ihn durch die Augen eines Künstlers – zumindest redete sie sich das immer und immer wieder ein. Er war vollkommen anders als jeder andere Mann, dem sie bisher begegnet war. Alles an ihm strahlte Autorität und Macht aus. Dabei, so sagte sie zu sich selbst, ist er vermutlich nur ein Rucksacktourist.
Ein Reisender.
Und dennoch schaute sie in regelmäßigen Abständen immer wieder zur Tür. Und als diese sich eine halbe Stunde nach Workshop-Beginn tatsächlich öffnete, atmete sie scharf ein.
„Alle mal kurz herhören“, rief sie, und sämtliche Teilnehmer des Workshops blickten auf. „Ich möchte euch gern ein neues Mitglied unseres Kurses vorstellen. Sein Name ist Daniel, und er ist ein aufstrebender Künstler. Bitte heißt ihn herzlich willkommen und helft ihm, wenn ich gerade anderweitig beschäftigt sein sollte.“ Sie wandte sich an Daniel. „Ich habe einen Platz mit einer Staffelei für Sie vorbereitet. Sie haben mir nie gesagt, auf welcher Stufe ich Sie einordnen darf …“
Daniel glaubte nicht, dass es für seine Fähigkeiten eine eigene Stufe gab. „Anfänger.“ Sein Lächeln schloss jede einzelne Person im Raum mit ein und wurde von allen Seiten erwidert, ehe sich die anderen Teilnehmer wieder ihren eigenen Kunstwerken zuwandten.
„In dem Fall schlage ich vor, dass Sie mit dem Bleistift anfangen. Suchen Sie sich eine Härte aus, mit der Sie sich wohlfühlen, und versuchen Sie einfach mal, das Arrangement auf dem Tisch zu zeichnen.“
Sie war unglaublich ermutigend. Für jeden Kursteilnehmer fand sie ein paar warme, freundliche Worte, selbst wenn die meisten Arbeiten unglaublich amateurhaft aussahen. Sie nahm sich die Zeit, Fragen zu beantworten und Hilfestellungen zu geben, wo immer welche benötigt wurden. Wäre sie damals in der Schule seine Kunstlehrerin gewesen, hätte er vermutlich mehr Interesse für das Fach aufgebracht.
Er schaffte es, etwas zu zeichnen, das vage an eins der Objekte auf dem Tisch erinnerte, als der Unterricht sich dem Ende zuneigte. Doch anstatt mit den anderen den Raum zu verlassen, blieb er an seinem Platz.
Delilah spürte seine Blicke, während sie die Utensilien zusammenräumte, die ihre Schüler benutzt hatten. Den gesamten Unterricht über war sie sich seiner Anwesenheit im hinteren Bereich des Raumes mehr als deutlich bewusst gewesen. Wie er dort saß, lässig im Stuhl zurückgelehnt, und anscheinend rein gar nichts tat. Sie war kaum in der Lage gewesen, sich auf irgendetwas zu konzentrieren.
Jetzt wandte sie sich zu ihm um, ein höfliches Lächeln auf den Lippen. „Wollen Sie nicht mit den anderen zu Mittag essen?“
Daniel verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Ich dachte, Sie könnten mir vielleicht ein paar Tipps bezüglich meiner heutigen Bemühungen geben.“ Er drehte die Leinwand, sodass sie sie sehen konnte.
Langsam ging Delilah darauf zu. „Es ging eigentlich um eine eher realistische Reproduktion der Krüge. Gerade zum Anfang einer Künstlerkarriere ist es wichtig, zu versuchen, eine möglichst wirklichkeitsgetreue …“
„Ich glaube kaum, dass ich eine Karriere als Künstler anstreben werde“, fiel er ihr ins Wort.
„Dann ist es für Sie also nur ein Hobby? Auch gut. Wenn Sie erst einmal etwas vertrauter im Umgang mit dem Bleistift sind, werden Sie feststellen, dass Zeichnen eine unglaublich entspannende Sache ist.“
„Das tun Sie also, um sich zu entspannen?“, fragte er.
„Hören Sie, ich muss jetzt wirklich hier aufräumen und …“
„Haben Sie heute keine Nachmittagsklasse?“
„Die Nachmittage sind grundsätzlich frei. Die meisten Passagiere halten sich dann gern an Deck auf.“
„Und was tun Sie in der Zeit?“
„Ich? Nun, ich male … oder setze mich an den Pool und lese.“
Sie errötete, und Daniel konnte gar nicht genug davon bekommen. Er bekam dergleichen nicht oft zu sehen. Die Frauen, mit denen er ausging, waren schon längst nicht mehr so leicht aus der Ruhe zu bringen.
„Warum gehen wir dann nicht wieder gemeinsam etwas trinken und eine Kleinigkeit essen?“, schlug er vor. „Wie Sie sehen können, sind meine Fähigkeiten, was Kunst betrifft, eher bescheiden.“
„Aller Anfang ist schwer. Und vergessen Sie nicht, dass Schönheit stets im Auge des Betrachters liegt.“
„Wie lange werden Sie an Bord dieses Schiffes bleiben?“
„Wie bitte?“
„Sind Sie noch …“ Er zog die zerknitterte Kreuzfahrt-Broschüre aus seiner Hosentasche hervor und drehte und wendete sie ein paar Mal, ehe er fand, wonach er suchte. „Die restliche Kreuzfahrt dauert vier Wochen – sind Sie also noch einen ganzen Monat an Bord?“
„Ich verstehe nicht, inwiefern das für den Kurs relevant sein soll, Mr. … ähm … Daniel.“
„Wenn Sie den Kurs noch für den Rest der Kreuzfahrt betreuen, könnte ich eventuell länger als eine Woche an Bord bleiben.“
Das war gelogen – aber etwas an ihr faszinierte ihn. Bei ihrem Anblick regte sich seine Libido, die er eigentlich für die Dauer der Schiffsreise hatte ruhen lassen wollen. Unwillkürlich fragte er sich, was sich wohl unter diesen weiten, unattraktiven Klamotten verbergen mochte.
Normalerweise mochte er große, volle Brüste, doch die hatte sie nicht, das war offensichtlich. Während er kleine und kurvige Frauen bevorzugte, war sie hochgewachsen und schlank. Blond und blauäugig war sein Typ, sie hingegen hatte kupferfarbenes Haar und braune Augen.
Vielleicht war es der Reiz des Unbekannten …
Nun, was auch immer der Grund für diese seltsame Anziehungskraft sein mochte, er ließ sich nur zu gern von der Strömung mitreißen. Immerhin war diese Frau hier auch in der Lage, ihm die Informationen zu geben, die er benötigte.
„Stehen Ihre Reisepläne denn noch nicht fest?“ Es irritierte Delilah, dass ihr Herz bei der Aussicht, er könnte länger an Bord bleiben, heftiger zu klopfen begann.
„Ich versuche, mich nicht von langfristigen Plänen einschränken zu lassen“, entgegnete er. „Ich nehme an, das haben wir gemeinsam.“
Sie verzog das Gesicht. „Ich wünschte, das wäre so“, sagte sie, ohne nachzudenken. „Leider könnten Sie kaum weiter von der Wahrheit entfernt liegen.“ Hastig wandte sie sich ab, als sie spürte, dass sie errötete – wie so oft in seiner Gegenwart. „Aber es wäre natürlich schön, wenn Sie noch ein wenig länger blieben. Ich bin sicher, dass aus Ihnen ein fähiger Künstler werden könnte, wenn Sie sich voll und ganz darauf konzentrieren.“
Sie wusste, dass das Kreuzfahrtschiff tiefrote Zahlen schrieb. Jedes Crewmitglied wusste darüber Bescheid. Gerry und Christine hatten daraus keinen Hehl gemacht. Gleich am ersten Tag hatte eine Versammlung stattgefunden, bei dem das Eigner-Ehepaar sich dafür entschuldigte, keine höheren Löhne zahlen zu können. Gleichzeitig hatten die Ockleys darum gebeten, Passagiere davon zu überzeugen, ihre Kreuzfahrt zu verlängern. Jedes kleine bisschen konnte dabei helfen, sie noch ein wenig länger über Wasser zu halten – in mehr als einem Sinne.
„Ich gebe Ihnen an der Bar die Gelegenheit, mich zu überreden“, schlug Daniel vor. Es war eine echte Herausforderung, sie zum Einlenken zu bewegen. „Es sei denn, natürlich, Sie empfinden meine Gesellschaft als unangenehm …“
„Natürlich nicht. Allerdings …“
„Ja?“
„Gestern habe ich mich nur mit Ihnen getroffen, weil Sie an Informationen über den Workshop interessiert waren.“ Delilah tat ihr Möglichstes, um Erinnerungen an die Katastrophe mit Michael heraufzubeschwören. Sie war immer noch dabei, sich von einem gebrochenen Herzen zu erholen. Es wäre vernünftiger, sich von Männern fernzuhalten.
„Und? Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Wir haben uns über den Workshop unterhalten, und nun möchte ich herausfinden, ob Sie mich für einen geeigneten Kandidaten halten, um daran teilzunehmen. Es liegt mir schließlich fern, Ihre wertvolle Zeit zu verschwenden. Warum also zögern Sie?“
„Nun gut, vielleicht einen schnellen Happen“, willigte sie ein – für Gerry und Christine.
Daniel lächelte. „Schade, dass die Auswahl an Speisen so beschränkt ist“, sagte er und stand langsam auf. „Und dass sie qualitativ minderwertig sind.“
„Wie bitte?“ Delilah war gerade dabei, sich die Hände zu waschen. Nun drehte sie sich um und runzelte die Stirn. „Was meinen Sie?“
„Nun, was ich bisher gekostet habe, war nicht unbedingt eine kulinarische Meisterleistung.“ Er ging zur Tür und schaute ihr zu, wie sie ihre Tasche packte – ein riesiges Teil, in das vermutlich eine halbe Kücheneinrichtung passte. Das Haar hatte sie wieder zu einem Zopf zusammengefasst. Einige Strähnen waren der Spange entkommen und fielen ihr ins Gesicht. Sie strich sie immer wieder abwesend mit der Hand zurück hinters Ohr.
„Das Essen ist … in Ordnung“, entgegnete sie vorsichtig, als sie sich auf dem Weg zur Bar befanden.
Daniel lächelte. „Sie wollen Ihre Kollegen nicht in die Pfanne hauen“, sagte er amüsiert. „Das kann ich verstehen. Aber mal zwischen uns beiden – ich war ziemlich enttäuscht von dem, was mir bislang serviert worden ist.“
„Ich glaube nicht, dass die Passagiere aufgrund des Essens an dieser Kreuzfahrt teilnehmen.“
„Es ist aber ein Teil des Gesamtpakets. Sie sagten, der Küchenchef hat freie Hand?“
„Solange er sich innerhalb seines Budgets bewegt“, bestätigte Delilah, die sich zunehmend unbehaglich fühlte. „Aber das ist ja auch unbedeutend. Wenn Sie unzufrieden sind, sollten Sie sich an Christine wenden …“
„Wer ist denn der Chefkoch?“
„Stan … Und er gibt wirklich sein Bestes. Mit dem Geld, das ihm zur Verfügung steht …“
„Keine Sorge“, sagte Daniel beschwichtigend. „Ich werde Ihren Freund schon nicht vor seiner Fritteuse an den Pranger stellen.“
„Kann ich Ihnen etwas sagen?“ Sie hatten die Bar inzwischen erreicht, und Delilah griff in ihre Tasche und holte ihr Portemonnaie heraus. Stur beharrte sie darauf, dass sie heute für seine Drinks bezahlen würde, da er sie gestern eingeladen hatte. Dies war immerhin kein Date.
Daniel war erfreut und erstaunt zugleich. Wann hatte eine Frau das letzte Mal angeboten, etwas für ihn zu zahlen?
Nicht ein einziges Mal.
Und hier war diese junge Frau, die ihre Kleidung ganz offensichtlich im Second-Hand-Laden kaufte, und bot ihm an, ihm einen Drink auszugeben. Es rührte ihn irgendwie.
Wenn sie nur wüsste …
Wenn sie wüsste, mit wem sie es wirklich zu tun hat, würde sie dir dieses Angebot wohl kaum machen, meldete sich der Zyniker in ihm zu Wort.
Damals, nach dem Tod seiner Mutter, war er so dumm gewesen, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Er war auf Kelly Closes mitfühlende Art hereingefallen. Keine seiner inneren Alarmglocken war beim Anblick der süßen Grundschullehrerin, die sich in der Gemeinde engagierte, losgegangen. Er hatte sie mit Geschenken überhäuft und es genossen, ihr schüchternes Lächeln zu sehen, wann immer sie etwas von ihm entgegennahm.
Erst als sie ihm verkündete, dass sie ihren Job aufgegeben hatte und vorschlug, ihre Beziehung endlich offiziell zu machen, gab sie endlich ihr wahres Gesicht preis. Und er hatte lernen müssen, dass Goldgräberinnen in allen Erscheinungsformen vorkamen. Kelly Close war es gelungen, die Risse in den Mauern zu finden, die er um sich herum errichtet hatte. Ihr Vorgehen war clever gewesen, ihr Ziel ein Trauring am Finger und den Anspruch auf einen Teil seines Vermögens, wenn sie sich scheiden ließen.
Sein Versuch, die Sache schnell und schmerzlos zu beenden, gipfelte in einer Schlammschlacht. Sie drohte, ihre Geschichte an die Regenbogenpresse zu verkaufen, und am Ende war ihm nichts anderes übrig geblieben, als ihr Geld zu zahlen. Eine stolze Summe, im Austausch für ihre Unterschrift unter einer Vereinbarung, in der sie davon Abstand nahm, seinen Namen in der Öffentlichkeit auch nur zu erwähnen.
Doch viel schwerer als der wirtschaftliche Schaden hatte ihn der emotionale Verrat getroffen.
Nun, immerhin hatte ihn diese ganze Sache eine wertvolle Lektion gelehrt. Während er es sich problemlos leisten konnte, großzügig mit seinem Geld zu sein – mit seinen Gefühlen durfte er nicht so verschwenderisch umgehen. Ganz im Gegenteil sogar. Es war besser, sie stets unter Kontrolle zu haben. Und da seine Frauen in der Regel besser situiert aus der Beziehung mit ihm herauskamen, als sie hineingegangen waren, sah er daran auch nichts Verwerfliches.
„Was haben Sie auf dem Herzen?“, fragte er nun.
Ihre Blicke begegneten sich, und er hielt ihren gefangen. Er sah in ihren Augen, dass sie sich abwenden wollte.
Was sich wohl unter diesen schrecklichen Klamotten verbarg? Wie würde es sich anfühlen, ihre kleinen Brüste mit seinen großen Händen zu umfassen und …?
Er rief sich innerlich zur Ordnung und räusperte sich. Was waren das bloß für Gedanken? Er war stolz darauf, dass er niemals den Kopf verlor, wenn er mit einer Frau zusammen war. Niemals. Und er konnte sich wirklich nicht erklären, warum er sich ausgerechnet jetzt so merkwürdig verhielt. Lag es an der salzigen Seeluft?
Er befand sich hier an Bord auf einer Mission, doch es fühlte sich vielmehr so an, als würde er sich vor seinem echten Leben verstecken.
Delilah fasste sich ein Herz. „Ich bin schon vielen Menschen begegnet, die sich für Kunst interessieren.“ Sie sprach um den heißen Brei herum, weil sie Daniel nicht beleidigen wollte. Künstler waren mitunter empfindsame Pflänzchen. „Und Sie … nun, Sie sind … anders.“
„Freut mich zu hören“, entgegnete Daniel, der bei ihren Worten einen leisen Anflug von Schuld verspürte. „Ich finde selbst auch, dass ich ziemlich einzigartig bin.“
„Genau das meine ich“, stieß sie hervor. „Ein Künstler würde nie so etwas Arrogantes von sich geben.“ Sie schlug sich die Hand vor den Mund. „Oh … tut mir leid, ich wollte nicht …“
Delilah war entsetzt über das, was ihr da herausgerutscht war. Normalerweise war sie nicht so geradeheraus. Sie wusste viel zu gut, wie verletzend unbedachte Äußerungen sein konnten. Ihre Mutter hatte einmal ohne jeden bösen Hintergedanken zu Sarah gesagt, dass ihre Vorliebe für Mathematik sie noch in eine sehr langweilige Person verwandeln würde.
Delilah glaubte nicht, dass ihre Schwester diesen Kommentar jemals vergessen hatte, der von einem Lachen und einer liebevollen Umarmung begleitet worden war.
Sie legte ihre Hand auf seine und schaute ihn ernsthaft an.
Daniel lächelte. „Ich werde schon darüber hinwegkommen“, sagte er, machte aber keinerlei Anstalten, seine Hand wegzuziehen.
Sie hatte wirklich schöne Finger. Lang und feingliedrig. Die Finger eines Künstlers oder Musikers. Ob sie irgendein Instrument spielte?
„Um ehrlich zu sein, sind Sie nicht die erste Person, die mir sagt, dass ich manchmal ziemlich arrogant bin“, gestand er mit einem reuigen Lächeln, das ihr Herz schneller schlagen ließ.
Sie entzog ihm ihre Hand so schnell, als hätte sie sich daran verbrannt. Ihr Puls raste wie wild, und sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht stieß.
„Ich bezeichne diese Charaktereigenschaft allerdings lieber als ein Zeichen von Selbstbewusstsein“, sprach er weiter. „Und da Sie ja darauf bestehen, mir einen Drink auszugeben, sage ich dankend Ja – unter einer Bedingung.“
„Und die wäre?“ Sie erkannte ihre eigene Stimme kaum wieder. Seit wann klang sie so hoch und atemlos?
Angestrengt räusperte sie sich. Sie war Kunstlehrerin und wurde dafür bezahlt, ihren Job zu machen. Er war ihr Schüler. Und außerdem hatte sie sich geschworen, die Finger von Männern zu lassen.
„Ich lade Sie zum Dinner ein.“
Sie hob eine Braue. „Warum?“
„Warum nicht?“ Er runzelte die Stirn.
Er war ganz offensichtlich daran gewöhnt, dass schöne Frauen ihn wie Schmetterlinge umflatterten. „Ich sehe keine Veranlassung für ein gemeinsames Abendessen – oder worüber wollen Sie dieses Mal sprechen?“
„Muss ich denn für alles immer einen besonderen Grund haben?“
Delilah hob eine Braue. Sie war der Ansicht, dass ihre Frage durchaus berechtigt gewesen war. Ein bisschen Flirten war eine Sache, aber er sollte auf keinen Fall auf den Gedanken kommen, dass sie leicht zu haben war.
Vermutlich interpretierte sie auch nur viel zu viel in diese ganze Sache hinein. Immerhin war sie kein Supermodel, und er sah so verflixt gut aus, dass genau die bei ihm vermutlich Schlange standen.
„Wie alt sind Sie?“, fragte er, während sie noch dabei war, ihre Gedanken zu sortieren.
„Einundzwanzig, aber …“
„Wir sind zwei erwachsene Menschen auf einem Kreuzfahrtschiff, Delilah. Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Sie beim Vornamen anspreche. Und wo wir schon dabei sind – sollen wir dieses dumme Sie nicht auch endlich sein lassen?“ Er lächelte zufrieden. „Nun, Delilah, ich habe dich zum Abendessen eingeladen, und mir ist nicht ganz klar, was es da groß zu überlegen gibt. Es ist ein einfaches Ja-Nein-Szenario.“
„Natürlich, aber …“ Aber warum fühlte es sich dann so gefährlich an? Wie er schon gesagt hatte: Sie waren beide erwachsene Menschen. Warum also nicht?
„Davon abgesehen …“ Er beugte sich vor, und es war, als würden plötzlich nur noch sie beide auf der Welt existieren.
„Ja?“
„Ich bin vor Kurzem zu etwas Geld gekommen. Und ich habe mir vorgenommen, es mit vollen Händen auszugeben. Nichts würde mir mehr Spaß machen, als eine wunderschöne Frau damit zum Essen auszuführen.“
Er versuchte ganz offensichtlich, ihr zu schmeicheln – und sie schämte sich dafür, dass es funktionierte. Irgendwie schaffte er es, so ernsthaft zu klingen, dass es sie heiß und kalt zugleich überlief. Doch dann dachte sie unwillkürlich an Michael, und Panik stieg in ihr auf.
Sie rief sich ins Gedächtnis, wie es sich mit ihm angefühlt hatte. War es genauso gewesen? Hatte sich die Anziehungskraft zwischen ihnen langsamer entwickelt? Auch Michael war ein attraktiver Mann gewesen, aber längst nicht so gutaussehend wie Daniel.
Es sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge, sagte sie zu sich selbst und runzelte die Stirn. Was sie für Daniel empfand, war Lust. Ihr Körper erinnerte sie daran, dass sie immer noch auf das andere Geschlecht reagierte, auch wenn ihr Herz gebrochen worden war. Er erinnerte sie daran, dass sie sich von dem Tiefschlag, den sie erlitten hatte, erholen würde. Und sich körperlich von einem Mann angezogen zu fühlen, war ein mehr als positiver erster Schritt.
„Du würdest mich doch sicherlich nicht beleidigen wollen, indem du meine Einladung einfach so abschmetterst, oder? Ich dachte übrigens, dass wir uns etwas anderes gönnen sollten als das Buffet im Restaurant.“
Zwar hatte er das Buffet noch nicht probiert, war sich aber in Anbetracht der Qualität der anderen Mahlzeiten ziemlich sicher, nicht viel zu verpassen.
„Und was soll das sein?“, fragte Delilah neugierig.
„Ich würde dich gern mal mit offenen Haaren sehen“, hörte er sich sagen – und überraschte sich selbst damit mindestens ebenso wie sie.
Delilah hob wie von selbst eine Hand zu ihrem Haar und starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an. „Entschuldigung?“
„Heute Abend. Lass dich von mir zum Dinner einladen. Mach dich schick und trag dein Haar offen. Ich habe Geld, das ich zum Fenster hinauswerfen muss. Ich werde euren Chefkoch bitten, eine Mahlzeit nur für uns zuzubereiten – und ich beabsichtige, ihn gut für diesen Sonderservice zu bezahlen. Natürlich werde ich vorher das Okay des Kapitäns und seiner Frau einholen …“
Er zweifelte nicht daran, dass man auf seine Bitte eingehen würde. Auf diese Weise konnte er in Erfahrung bringen, ob der Koch unter normalen Umständen etwas von seinem Handwerk verstand. Falls ja, würde er ihm – wie jedem anderen fähigen Mannschaftsmitglied – ein Übernahmeangebot machen. Er mochte kurz davor stehen, eine feindliche Übernahme durchzuführen, aber das bedeutete nicht, dass er nicht trotzdem Fairness walten lassen konnte, wo es ihm möglich war und angebracht erschien.
Zu seinem Erstaunen schien Delilah noch immer zu zweifeln, obwohl er deutlich spürte, dass sie seinen Vorschlag gern annehmen wollte.
„Ich wette, dass Stan nur zu gern einmal zeigen würde, was er wirklich kann“, fügte er hinzu. „Und zwar ohne stets die Beschränkungen eines engen Budgets im Nacken zu spüren.“
„Aber …“
„Ja?“
„Nun, ist es denn nicht ein wenig … extravagant, so viel Geld für eine einzige Mahlzeit auszugeben? Wenn ich es recht verstanden habe, soll die Reise für dich ja noch weitergehen, wenn du von Bord gehst, richtig?“
„Deine Besorgnis rührt mich“, sagte er lächelnd. „Aber ich habe meine Finanzen durchaus im Griff. Also, ab wann würdest du mir zur Verfügung stehen? Ich kann dir eine unglaubliche Nacht garantieren. Ein Tisch draußen, in einer abgeschiedenen stillen Ecke an Deck. Ein Dinner unterm Sternenhimmel war immer schon etwas, von dem ich insgeheim geträumt habe. Und wo sonst könnte ich mir diesen Wunsch besser erfüllen?“
Delilah fragte sich, wie viel Geld er wohl aus dem Fenster werfen wollte. Sie konnte nicht abstreiten, dass sie sich geschmeichelt fühlte – und dass es ihr einfach nur unglaublich guttat. Was sollte schon passieren, wenn sie sich darauf einließ? Die Antwort war einfach: Solange sie die Zügel in der Hand behielt, gar nichts. Und sie wusste, dass sie das konnte. Sie mochte nicht besonders erfahren sein, aber sie würde niemals wieder das Risiko eingehen, sich noch einmal so zum Narren zu machen wie mit Michael.
„Nur ein Abendessen“, platzte es aus ihr heraus.
„Ein Abendessen anstelle von … was?“
Seine anzügliche Andeutung ließen Delilah unwillkürlich erröten. Sie räusperte sich. „Ich fühle mich einfach unwohl bei dem Gedanken, deine Einladung anzunehmen, wenn du dafür eine Riesensumme ausgeben willst.“
Es war eine lahme Ausrede – aber immer noch besser als das, was ihr in Wahrheit auf der Zunge gelegen hatte. Nämlich eine peinliche Ansprache darüber, dass sie nicht auf der Suche nach einer Beziehung war und bedeutungsloser Sex nicht für sie infrage kam.
„Nun, eine Riesensumme wohl kaum“, entgegnete Daniel trocken. „Ich werde das ausgeben, was ich auch für ein Dinner in einem guten Restaurant in Sydney ausgeben würde. Oder meinetwegen auch in London oder New York. Zuzüglich einem kleinen Extra für die besonderen Umstände.“
Die Zahl, die er nannte, trieb ihr die Tränen in die Augen. Sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, so viel Geld für eine einzige Mahlzeit ausgegeben. Ihre Eltern hatten so gut wie nie außer Haus gegessen. Da ihre Mutter eine schreckliche Köchin gewesen war, hatte Sarah ihr diese Pflicht schon als junges Mädchen abgenommen.
Delilah kannte einfache Gerichte, die aus kostengünstigen Zutaten zubereitet wurden. Ihre Eltern hatte nie viel Geld gehabt, und später, während des Kunststudiums, war sie selbst auch so gerade eben über die Runden gekommen – ebenso wie jeder andere Student, den sie kannte. Selbst als sie mit Michael ausgegangen war, hatten sie immer aufs Geld geachtet.
Das hier kam ihr so verschwenderisch, so impulsiv und verführerisch vor. Wäre es falsch, seine Einladung anzunehmen? Andererseits – wem konnte es schon schaden?
„Ich würde ja anbieten, die Hälfte der Kosten zu übernehmen, aber das könnte ich mir niemals leisten“, sagte sie. „Ich meine, ich verdiene … nun, offen gestanden, nicht allzu viel, weil …“
„Weil dieses Schiff keine großartigen Gewinne einfährt.“
„Die Zeiten sind hart“, entgegnete sie ausweichend. „Die Wirtschaft boomt im Augenblick nicht gerade, und Kreuzfahrten stehen nicht unbedingt hoch auf der Prioritätenliste der meisten Menschen.“
Das ist nur zu wahr, dachte Daniel ironisch. Und wenn man schlecht durchdachte Kreuzfahrten mit schlechtem Essen anbietet, die nur alternde Hippies mit begrenztem Budget anlocken, dann macht es die Sache auch nicht unbedingt besser …
In Gedanken machte er sich Notizen über alles, was sie sagte und was er selbst sah. Wenn es am Ende darum ging, ein Angebot zu unterbreiten, würde das Ehepaar Ockley sicher versuchen, ihm weiszumachen, dass ihr Unternehmen nicht bis unter das Dach in den roten Zahlen steckte. Aber er dachte gar nicht daran, sie damit durchkommen zu lassen.
„Davon abgesehen …“ Delilah dachte an das Geld, das sie ihrer Schwester schickte, damit diese den Kredit für die Umbauarbeiten am Haus schneller tilgen konnte.
Daniel neigte den Kopf zur Seite und musterte sie forschend. „Davon abgesehen – was?“
„Ach, nichts weiter. Obwohl, okay, okay, warum eigentlich nicht? Ein gemeinsames Dinner wäre sehr nett, und vielleicht …“ Sie atmete tief durch. „Vielleicht könnte ich dich ja überreden, deinen Aufenthalt an Bord noch ein wenig zu verlängern?“
„Mal sehen“, erwiderte Daniel vage. Auf eine solche Diskussion legte er absolut keinen Wert. Nein, diesen Abend wollte er damit verbringen, mehr über die Kreuzfahrt und Delilahs Kollegen herauszufinden. Und über sie selbst natürlich.
Vor allem über sie selbst …
Sie hatte offensichtlich kurz davor gestanden, ihm zu verraten, wofür ihr schmales Einkommen draufging. Und er musste gestehen, dass er neugierig war. Sehr sogar.
Anders als die anderen Frauen, mit denen er in der Vergangenheit ausgegangen war, bombardierte sie ihn nicht gleich mit allen möglichen Informationen über sich selbst. Ganz im Gegenteil. Sie schien eher zurückhaltend, wollte ihm nicht zu viel über sich berichten. Und genau damit weckte sie sein Interesse.
„Erzähl mir von deinen Reiseplänen“, sagte sie, und in ihrer Stimme klang ein Hauch von Wehmut mit. „Wohin geht es für dich als nächstes?“
„Oh, das ist einfach. London.“
„Wirklich?“
„Ich habe dort etwas … Geschäftliches zu erledigen.“