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Der SPIEGEL-Bestseller für alle Jungs-Eltern
Wer heute Söhne hat, steht vor besonderen Herausforderungen: Wir wollen glückliche Jungs, die frei von toxischen Männlichkeitskonzepten heranwachsen. Aber für ihre Erziehung fehlen uns scheinbar nach wie vor Vorbilder und Strukturen. Spiegel-Bestseller-Autorin Anne Dittmann, selbst Mutter eines Sohnes, bricht in ihrem neuen Buch die großen Fragen unserer Gegenwart auf das konkrete Familienleben herunter: Was bringen Jungs von Natur aus mit und was leben wir ihnen vor? Welche Rollenbilder prägen sie und welche können wir ihnen zeigen? Wie erziehen wir zu Empathie, Respekt und Fürsorge? Und wo verheddern wir uns manchmal in unseren eigenen Stereotypen? Dieses Buch sortiert nicht nur die Fakten, sondern gibt uns viele lebensnahe Anleitungen für den Alltag an die Hand. Ein Muss für alle, die Männer von morgen mutig begleiten wollen.
Mit Interviews u.a. mit Susanne Mierau, Vitor Gatinho, Nicola Schmidt und Patricia Cammarata zu Themen wie: Freundschaft & Gefühle, Gewalt & Aggressionen, Gesundheit & Krisen, Computerspiele & Medien, Rollenmuster & Vorbilder, Pornos & Sexualität, Freizeit & Engagement.
»Wie mit Söhnen über Gefühle sprechen, übers Weinen, über Sex und über über Konsens – und zwar ohne dass es für beide peinlich wird? Anne Dittmann hat dafür die besten Anleitungen überhaupt gefunden! Ein Lesemuss für alle Mütter und Väter.« Alexandra Zykunov, Bestsellerautorin und Journalistin
»Ein Buch, von dem ich mir gewünscht hätte, es schon viel früher lesen zu können. Als Sohn, heranwachsender Mann und auch als Vater.« Felix Schenk (@papa_ohne_plan)
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 350
Veröffentlichungsjahr: 2025
PROTECTYOURDAUGHTER? EDUCATEYOURSON!
Unsere Söhne sollen glücklich und frei von toxischen Männlichkeitskonzepten heranwachsen. Aber für ihre Erziehung fehlen uns scheinbar gute Vorbilder und Strukturen. Spiegel-Bestseller-Autorin Anne Dittmann, selbst Mutter eines Sohnes, bricht in diesem Buch die großen Fragen unserer Gegenwart auf das konkrete Familienleben herunter:
• Was bringen Jungs von Natur aus mit und was leben wir ihnen vor?
• Welche Rollenbilder prägen sie und welche können wir ihnen zeigen?
• Wie erziehen wir zu Empathie, Respekt und Fürsorge?
• Und wo verheddern wir uns manchmal in unseren eigenen Stereotypen?
Dieses Buch sortiert nicht nur die Fakten, sondern bietet viele praktische Anleitungen für den Alltag. Ein Muss für alle, die Männer von morgen mutig begleiten wollen.
»Wie mit Söhnen über Gefühle sprechen, übers Weinen, über Sex und über Konsens? Anne Dittmann hat dafür die besten Anleitungen überhaupt gefunden!«
Alexandra Zykunov, Bestsellerautorin und Journalistin
ANNEDITTMANN ist Spiegel-Bestseller-Autorin, Podcasterin und schreibt als Journalistin über familienpolitische Themen, u.a. für ZEIT Online, die Süddeutsche Zeitung und die Brigitte. Mit Meine Mini-Crew und Meine Crew hat sie zeitgemäße, diverse und achtsame Freundschaftsbücher für Kita- und Schulkinder erschaffen und auf Instagram eine starke Community für moderne Familien aufgebaut. Sie lebt in Berlin und begleitet einen zauberhaften Sohn beim Großwerden.
ANNE DITTMANN
Jungs von heute,Männervon morgen
Was unsere Söhne für eine gleichberechtigte Zukunft von uns brauchen
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Umschlaggestaltung: zero-media.net, München
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Innenteilabbildungen: © notietzblock/Christina Jachow
Redaktion: Dr. Katharina Theml, Anke Albrecht
Sensitivity Reading: Jasmin Dickerson
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN 978-3-641-32114-7V001
www.koesel.de
Vorab
Obwohl ich über Männlichkeit recherchiert und geschrieben habe, konnte ich mich oft auch in den männlichen Perspektiven wiederfinden. Und das verwundert nicht, denn Männlichkeit ist das soziale »Normal«, an dem wir alle uns messen lassen müssen. Ein offensichtliches Beispiel ist die Vollzeitarbeit als männliche Norm, obwohl die meisten Menschen in Teilzeit arbeiten. Ein weiteres ist die gesellschaftliche Neigung, Gefühle ab- und wissenschaftliche Fakten oder logische Argumentationen aufzuwerten. Kurz: Männlichkeit betrifft uns alle. Aus diesem Grund werden sich gerade moderne Mütter, die dieses Buch lesen, an manchen Stellen eher auf der männlichen Seite wiederfinden können – viele von uns haben männliche Verhaltensmuster verinnerlicht, um etwa beruflich voranzukommen. Daher bieten die folgenden Seiten auch für moderne Frauen die Möglichkeit, sich zu reflektieren. Etwa die Frage: Bedeutet modern zu sein, männlich zu sein?
Bei Studien und Umfragen werden Daten zur Geschlechtsidentität meist binär erfasst – entsprechend schreibe ich im Buch häufig von »Jungen« und »Männern« oder »Mädchen« und »Frauen« als Gegensatzpaaren. Wie eben schon angedeutet, ist das natürlich zu kurz gefasst – nicht nur sozial, sondern auch körperlich, weil die empirischen Quellen queere Identitäten ausklammern. Und doch lernen wir dadurch mehr über Männlichkeit beziehungsweise Weiblichkeit als Konstrukte und welche Werte und Normen mit diesen Polen verknüpft und gelebt, welche Verhaltensweisen einstudiert werden. Klingt verwirrend? Am Anfang meiner Recherche fand ich das auch. Aber: Jetzt bin ich mehr bei mir als je zuvor.
Inhalt
Prolog
Über Liebe, Mut und dieses Buch
Selbstfürsorge
Krisen & Gefühle: Wie wir Jungen wirklich stärken
Männlichkeit und Krisen zusammendenken
Erziehung: Wie Jungen den Umgang mit Gefühlen lernen
Krisen und Hilflosigkeit in der Zukunft
Wanted: männliche Vorbilder Liebe
Vorbilder: Wie der Vater, so der Sohn?
Warum er wie Andrew Tate sein will
Machen moderne Mütter automatisch moderne Söhne?
Einen Zugang zu weiblichen Perspektiven schaffen
Identität: Fragile Männlichkeit & stabile Jungen
Männlichkeit als Status
Geschlechtssymboliken: Es beginnt bei Brotdosen, Shirts und Rucksäcken
Männlichkeitsnormen abbauen
Es geht ums Zuhören, ums Dazulernen
Risikoverhalten & Selfcare: How to survive a Schaumbad
Zwischen Kraft und Wohlbefinden
Die ernsten Spiele des Wettbewerbs: Anerkennung und Männlichkeit
Resilienz: Sich selbst Anerkennung und Wertschätzung geben
Pseudoresilienz & die Power der Verletzlichkeit
Pseudoresilienz und Scham
Unsere Söhne brauchen Empathie und Unterstützung
Fürsorge
Platonische Liebe: Zwischen Bros und Friendship-Goals
Bedürftigkeit: Wenn sich Jungen heimlich sehnen
Von Männerbünden, Jungencliquen und echten Freundschaften
Wie sich unsere Söhne die Zärtlichkeit zurückerobern
Porn & Konsens: Über Sex reden, ohne »cringe« zu sein
Männer, Mythen und Masturbationsverbote
Wie wir unsere Söhne aufklären
Let’s talk about Liebe und Lust
Offenheit und Grenzen
Hausarbeit: Wie wir Jungen motivieren – und wie nicht
Der Gender-Care-Gap beginnt schon in der Kindheit
Unsere Söhne haben ein Bedürfnis, fürsorglich zu sein
Wie wir unsere Söhne zur Hausarbeit motivieren
Gerechtigkeit und Großzügigkeit
Nähe-Dominanz-Konflikt: Wie er lernt, gut zu streiten
Mit Männern auskommen – müssen oder wollen wir das?
Die Grundlage: Gleichberechtigung aushandeln
Fürsorge braucht Dominanzverzicht
Wie Erziehungsstile und Aggressionen zusammenhängen
Engagement
Minecraft, TikTok & Killerspiele: Machen Medien gewalttätig?
Social Media: Sicher durch die rechte Szene im Netz
Sicherheit vs. Freiheit – TikTok einfach verbieten?
Geschichten vom Frieden
Ehrenmann, Ehrenamt, Lehramt: Wege in Care-Berufe
Welcher kleine Junge träumt schon davon, einmal Manager zu werden?
Der Weg in den Care-Beruf beginnt in der Schule
»Men in Care« gilt nicht nur in sozialen Berufen
Es ist unsere Zeit
Epilog
Dankeschön
Anmerkungen
Prolog
Über Liebe, Mut und dieses Buch
Wie die meisten großen Veränderungen begann auch meine mit einem Traum. Es war eine Nacht im Dezember 2014, vor einem wichtigen Termin. Meine Gynäkologin würde mir am nächsten Morgen endlich das Geschlecht meines Kindes verraten – und ich hoffte, hoffte, hoffte seit Monaten darauf, dass ich eine Tochter bekommen würde. Allerdings war mir durch die Schwangerschaft kaum übel, was wohl eher für einen Jungen sprechen sollte. Und natürlich war mir klar, dass ich mit einem Jungen rechnen musste. Denn Fakt war: Seit über drei Monaten wuchs ein Kind in meinem Bauch heran, und ich konnte so viel wünschen, wie ich wollte; sein Geschlecht war ein Zufall, der längst eingetroffen war. Aber da ich mich auf ein Mädchen eingeschossen hatte, musste ich nun befürchteten, enttäuscht zu werden. Denn mit meinem Wunsch nach einem Mädchen hatte ich mich feministisch gefühlt, hatte ich einen umsetzbaren Plan; ich wollte meine Tochter empowern und ihr vermitteln, dass sie alles sein konnte. Aber dieses Kind könnte nun mal auch ein Junge werden – und weil ich keinen Plan für die moderne Erziehung eines Jungen hatte, war mir bei dem Gedanken, einen Sohn zu bekommen, nicht mehr zum Feiern zumute. Vielmehr fühlte ich mich orientierungslos. Und vielleicht schickte mich mein Traum deswegen in die Wüste; ich sah nichts als Sand, eine rot-orangene Abendsonne am Horizont und dann plötzlich einen kleinen, braunhaarigen Jungen, der zu einer Höhle lief. Er warf noch einen Blick zu mir, bevor er hineinging – sollte ich ihm folgen?
Als sich meine Augen an die Dunkelheit im Inneren gewöhnt hatten, sah ich, dass von oben ein Lichtstrahl durch ein Loch in der Decke einfiel. Er erhellte einen kleinen Felsen in der Mitte der Höhle, wo der Junge auf mich wartete. Ich ging zu ihm und setzte mich auf den Felsen. Er lächelte und nahm sanft meine Hand – er schien mehr zu wissen als ich. Wortlos kletterte er auf meinen Schoß, umarmte mich, und plötzlich fingen wir an zu leuchten. Wir verschmolzen zu einer warmen Kugel und waren am Ende nur noch ein Gefühl, ein Zuhausegefühl – bis ich im nächsten Moment wieder in meinem Bett lag. Und natürlich schossen mir Fragen durch den Kopf, wie: Bedeutete der Traum vielleicht, dass ich einen Jungen bekommen würde? Wollte mein Baby mich vorwarnen? »Willst du mir etwas sagen?«, flüsterte ich und streichelte über meinen Bauch. Und nein, ich hatte nie einen Hang zu Esoterik. Also wenn es eine vernünftige Traumdeutung gab, dann ja wohl die: Ich hatte Schiss – aber auch keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken. Ich musste mich anziehen, der Outing-Termin war gekommen: Ich ging mit dem Vater meines Kindes zur Vorsorgeuntersuchung, rückte mich im Behandlungszimmer auf der Liege neben dem Ultraschallgerät zurecht und machte den Bauch frei. »Da sehe ich es schon«, sagte meine Gynäkologin nur Sekunden später, »ein Penis.« Sie lächelte gleichgültig, der Vater meines Kindes stieß ein »Yes!« aus, das tief aus seinem Bauch gekommen sein musste, und tätschelte mir tröstend den Kopf, weil ich heulte. »Alles gut«, sagte ich lächelnd, zog mich an, wischte mir die Tränen weg und schminkte mir ab, Mutter des Jahres zu werden. Dann lief ich allein los und spazierte über Stunden durch Berlin, um mich zu sortieren. Was stimmte nicht mit mir?
Ich dachte an den Sommer zurück und an den einen Abend, vier Wochen bevor ich meinen positiven Schwangerschaftstest in den Händen halten sollte; mein Handy klingelte ungewöhnlich spät. Meine Mutter rief sonst nie nach 22 Uhr an, daher war mir sofort klar, dass sie schlimme Nachrichten für mich hatte. »Mama?« – »Ja«, sagte sie. Mein Freund und ich kamen eine halbe Stunde später in ihrer Wohnung in Berlin-Tiergarten an. Ich drückte sie fest und konnte vom Flur aus direkt über ihre Schulter in sein Zimmer sehen; mein Stiefvater lag in seinem Bett, als würde er schlafen. Ich ging auf ihn zu, aber wagte es nicht, über die Türschwelle zu treten. Also betrachtete ich ihn vom Türrahmen aus; der Krebs und die zwei Jahre der Chemotherapie hatten seinen Körper dünn und schwach werden lassen. Am Ende hatte er nur noch zwei, drei Stückchen Birne am Tag gegessen. Nicht gegen den Hunger, denn den hatte er längst verloren, sondern für den »frischen Geschmack«, wie er sagte. Bei meinem letzten Besuch hatte ich ein kleines, weiches Stück Birne auf eine Kuchengabel aufgespießt und sie zu seinem Mund geführt, während er – wie die meiste Zeit des Tages – auf der Couch gelegen hatte und erschöpft wirkte.
Ich hatte mich oft gefragt, ob er nicht verzweifelt war und um sein Leben trauerte. Weil ich zwar seinem Körper den Verfall ansehen konnte, aber nicht seinen Augen. Er schien den Krebs und den Tod stoisch zu ertragen – als wären beide nur Unannehmlichkeiten, die bald verschwinden würden. So war er auch in den letzten zwei Wochen seines Lebens, nachdem sein Arzt gesagt hatte, dass die Chemotherapie nichts mehr bringe. Die Gewissheit zu sterben, muss für jeden ein Schock sein, aber weder meine Mutter noch ich konnten ihm das jemals ansehen. »Ich habe doch alles gesehen; die Berge und das Meer«, hatte er meiner Mutter erklärt. Es schien so, als ob er keine tiefe, schmerzhafte Trauer oder Hilflosigkeit empfand. Vielleicht Selbstschutz, hatte ich gedacht, derselbe Selbstschutz, der ihn zu lange daran gehindert hatte, zum Arzt zu gehen, und der ihn nun ins Grab bringt. Denn womöglich hätte er überlebt oder zumindest länger gelebt, wenn er mit seinen Schmerzen schon ein Jahr früher zum Arzt statt zur Arbeit gegangen wäre. Aber er holte sich erst Hilfe, als meine Mutter ein Machtwort sprach. Da war der Krebs schon im Endstadium, und er hatte noch zweieinhalb Jahre, bis wir die letzten Worte miteinander wechselten: »Ich hab dich lieb« – »Ich dich auch«, das war so alarmierend, wie der nächtliche Anruf vier Tage später. Muss denn erst der Tod kommen, ehe man seine verdammten Gefühle endlich auf den Tisch packt? In seinem Fall schon. Mein fleißiger Stiefvater hinterließ mit 45 Jahren eine Familie und 400 Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto – von dem Geld konnte meine Mutter einen schönen Sarg bezahlen.
Ein paar Monate später, als ich durch Berlin spazierte, fühlte ich mich wieder betrogen und ausgeliefert – nach der »Diagnose« Kerl ebenso wie nach der Diagnose Krebs. Obendrauf kam nun aber eine mütterliche Scham, dass ich so fühlte. Denn: Wie gerecht ist es, enttäuscht zu sein, wenn das Kind nicht so ist, wie man es haben wollte? Damit hatte ich als moderne Mutter auch schon versagt, oder? Ich suchte nach einem Ausweg und erinnerte mich an den Jungen aus meinem Traum, an unsere Umarmung und die Verbundenheit, die ich gespürt hatte – vielleicht konnten das wir sein? Konnte mein Sohn sanft sein und emotional erreichbar? Ich dachte an das kleine, verletzliche Wesen in meinem Bauch. Ich stellte mir vor, wie es selbstzufrieden im Fruchtwasser schwamm. Es hatte keine Ahnung von meinen Sorgen. So abgeschirmt von der Außenwelt spürte es vielleicht noch instinktiv, was wirklich wichtig war. Du und ich, oder?, dachte ich und musste grinsen. Du machst es richtig, du pfeifst auf dieses ganze Geschlechterdrama. Aber ich durfte nicht darauf pfeifen, ich hatte plötzlich eine Verantwortung. Denn irgendwie werden aus den kleinen, zarten Babyboys immer wieder erwachsene Männer, die sich selbst, Beziehungen oder ganze Gesellschaften zerstören.
Männlichkeit und Krisen – beides scheint eng miteinander verknüpft. Seit meiner Kindheit sterben die Väter meiner Freund*innen sehr viel früher als die Mütter; der erste trank zu viel Alkohol, der zweite raste mit seinem Auto gegen einen Baum, der nächste hatte sich ins Grab gequalmt. Und seit wir alle erwachsen sind, sterben die Partner oder Ex-Partner meiner Freundinnen; der erste fiel im Drogenrausch von einem Dach, da waren wir Anfang 20 – und erst 2024 nahm sich der Ehemann einer Bekannten das Leben, nachdem sie ihn verlassen hatte. Dass Männer sich mit ihrem Verhalten eher selbst umbringen, statt sich zu ändern, zeigt auch, warum wir in Sachen Gleichberechtigung nur schwer vorankommen.
Ich schreibe dieses Buch in einer Zeit, in der die Lebenserwerbseinkommen von Müttern und Vätern in Deutschland immer noch um mehr als eine halbe Million Euro auseinanderklaffen.1 Und ja, es ist 2025. Eine Zeit, in der mehr als 70 Prozent der pflegenden Angehörigen Frauen sind, die sich oft parallel um die Kinderbetreuung kümmern und dazu erwerbstätig sind.2 Die meisten Männer wünschen sich sogar eine gleichberechtigte Beziehung – denn die macht nicht nur Frauen, sondern auch Männer zufriedener als die traditionelle Rollenaufteilung. Aber sobald Kinder da sind, will nur noch jeder zweite Vater die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen, und nur jeder fünfte übernimmt tatsächlich die Hälfte.3 Ihre Kinder wachsen in einer zwiespältigen Zeit auf, in der Begriffe wie Mansplaining, Manspreading, Gaslighting, Victim Blaming zum normalen Sprachgebrauch gehören und es trotzdem immer wieder zu #MeToo-Fällen kommt. Einer Zeit, in der Gewalt verurteilt wird und doch weiter erfolgreich bleibt – und somit als Vorbild für die Jungen der nächsten Generation dient. Fußballstars wie Jérôme Boateng oder Sänger wie Till Lindemann stehen weiterhin auf Podesten, und ein in 34 Fällen verurteilter Straftäter wie Donald Trump wird noch mal Präsident.4 Im Wahlkampf schien das Lachen seiner Gegnerin Kamala Harris der größte Kritikpunkt von Trump zu sein, denn seine erste Reaktion auf ihre Kandidatur im Juli 2024 lautete: »An einem Lachen kann man viel erkennen. Ich nenne sie Lachende Kamala. Habt ihr je ihr Lachen gehört? Sie ist verrückt. Sie ist bescheuert.«5 Nebenbei: Das sagte er mit verwundetem Ohr, kurz nachdem er von einem 20-jährigen Mann fast ermordet worden wäre.6 Harris’ stärkste Waffe ist noch Wochen später ihr Lachen – sie setzt es gezielt gegen Trump ein. »Männer haben Angst, dass Frauen über sie lachen. Frauen haben Angst, dass Männer sie umbringen«, soll die Schriftstellerin Margaret Atwood einmal gesagt haben.
Männlichkeit und Krisen – sie scheinen sich auch gegenseitig zu verstärken; ich schreibe dieses Buch in einer Zeit der Klimakatastrophen, der Kriege und der Aufrüstung. Einer Zeit, in der die Wahlanalysen der vergangenen zehn Jahre vor allem für Eltern mit Söhnen beunruhigend sein dürften, denn sie zeigen: Während junge Frauen progressiver werden, wählen junge Männer wieder häufiger rechte Parteien mit konservativem Weltbild – dabei macht sie dieses Weltbild krank.7 Denn allgemein kann man sagen: Je größer die Gleichberechtigung und je weniger traditionelle Männerbilder in einem Land wirken, desto gesünder und sicherer leben auch seine Einwohner*innen – ja, auch die ansässigen Jungen und Männer.8 Aber statt sich um sich selbst und andere zu kümmern, wissen Männer sich nicht anders zu helfen, als veraltete Normen mit noch mehr Härte durchzusetzen – Hauptsache, man bleibt auf Kurs. In Deutschland haben wir ein wachsendes Problem mit männlicher Gewalt; 2023 wurde nicht mehr an jedem dritten, sondern mittlerweile schon an fast jedem zweiten Tag eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet.9 »Femizide, Gewalt, Rechtsextremismus: Fast alle großen Probleme teilen eine Gemeinsamkeit. Männer«, schreibt die Journalistin Elisa von Hof im September 2024 in einem Spiegel-Artikel mit dem Titel »Die Welt könnte so schön sein ohne euch«.10 Ich verstehe ihren Punkt – aber eine Welt ohne Männer? Während ich diese Zeilen schreibe, schaue ich rüber zu meinem liebevollen, humorvollen, fröhlichen Sohn und spüre, wie weit wir mit Aussagen wie dieser von einer echten, nachhaltigen Lösung entfernt sind.
Die Journalistin und Autorin Shila Behjat schreibt in ihrem Streitgespräch Söhne großziehen als Feministin, dass sie ihre Söhne »neben allem Glück und aller Freude« auch als Aufgabe sieht; nämlich »zu verhindern, dass sie einer jener Männer werden«11. Behjat braucht jene Männer nicht weiter zu definieren, um allgemein wissendes Nicken zu erzeugen. Darum die feministische Forderung: Protect your daughterEducate your son (dt.: Beschütze deine TochterBilde deinen Sohn). Sie stellt klar, dass es ohne moderne Jungen und Männer keine gerechte Welt geben wird. Aber das Problem ist: Wenn wir jene Männer als Anti-Vorbilder nutzen, dann sagen wir unseren Kindern immer nur, wie sie nicht sein dürfen, was sie nicht tun dürfen. Geben wir ihnen damit Orientierung? Höchstens ins Negative hinein.
Wir müssen uns also fragen: Wie können wir gemeinsam mit unseren Söhnen zu einer gleichberechtigten Zukunft gelangen, ohne die Ungerechtigkeiten auf die Eltern-Kind-Beziehung abzuladen? Wie können wir die Jungen von heute zu Männern von morgen erziehen, ohne sie – so, wie der Rest der Welt – ständig auf ihr Geschlecht zu reduzieren? Und die Antwort liegt auf der Hand: Wir brauchen eine Erziehungskultur der Verbindung statt eine der Begrenzung und Trennung. Ich denke an die Schwarze, US-amerikanische Feministin, Aktivistin und Autorin bell hooks, sie hatte als Kind immer wieder Gewalt durch ihren Vater erlebt und deshalb den Kontakt zu ihm abgebrochen: »Ich hatte kein Bedürfnis nach dem patriarchalen Vater. Und der Feminismus hatte mich gelehrt, dass ich ihn vergessen, mich von ihm abwenden konnte. Als ich dies tat, wandte ich mich auch ein Stück von mir selbst ab«, schreibt sie in Männer, Männlichkeit und Liebe – Der Wille zur Veränderung.12 Und: »Es ist eine Lüge, durch falsch verstandenen Feminismus verstärkt, dass wir Frauen unsere Macht in einer Welt ohne Männer finden können, in einer Welt, in der wir unsere Verbindungen zu Männern leugnen.«
Auf dem Motiv der Verbindung – oder: der Liebe – soll auch dieses Buch aufbauen. Ich glaube daran, dass moderne Mütter genauso wie alle anderen Eltern als Brücken in eine gleichberechtigte Zukunft wirken und entsprechend Einfluss auf ihre Söhne nehmen können. Wie genau? Auch darum wird es in diesem Buch gehen.
Für die moderne Erziehung ihrer Söhne brauchen Eltern vor allem verlässliche Informationen darüber, was kleine und große Jungen wirklich brauchen. Sollten Eltern wirklich auf klare Ansagen und strenge Regeln setzen oder ist das nicht mehr angebracht? Eltern brauchen Informationen, die ihnen Mut und Zuversicht geben. Sie werden keinen Erfolg haben, wenn sie sich von ihrer Angst leiten lassen. Angst erzeugt Wut, aber das elterliche Motiv ist im besten Falle mutig und sollte Liebe bleiben. Das schaffen wir, sobald wir eine positive Vorstellung davon haben, wie Jungen und Männer in einer gleichberechtigten Gesellschaft sein können. Und die gute Nachricht ist, dass es einen wissenschaftlichen Ansatz in der kritischen Männlichkeitsforschung gibt: das Konzept der Caring Masculinities (dt.: fürsorgliche Männlichkeiten) beziehungsweise nennen sie manche auch nachhaltige Männlichkeiten. Dabei handelt es sich um Varianten von Männlichkeiten, die Fürsorgewerte und entsprechende Kompetenzen fördern. Fürsorge bedeutet, dass wir Verantwortung für die eigene Verletzlichkeit und Bedürftigkeit nach Nähe übernehmen. Und dass wir uns aktiv für die Gesundheit und auch das Wohlbefinden anderer einsetzen.13 Ein einfaches »Aberziehen« von Gewalt führt uns nicht zu der Zukunft, die wir uns wünschen. Fehlende Fürsorge ist immer auch zerstörerisch. Wenn wir von Jungen nicht erwarten, fürsorglich zu sein, dann erwarten wir von ihnen automatisch, zwischenmenschliches Aushandeln zu übergehen und sich durchzusetzen; in der Familie, in Liebesbeziehungen, in Freundschaften, beim Sex, im Streit, auf Arbeit. Darum ist dieses Buch in drei Teile aufgeteilt, in denen es um Fürsorgewerte und -kompetenzen geht. Angefangen bei der Selbstfürsorge, die Jungen erlernen müssen, um Verantwortung für ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu übernehmen, können sie schließlich ihre Beziehungen zu anderen besser pflegen und den eigenen Einfluss auf die Gesellschaft positiv und nachhaltig gestalten. Ich möchte einige entscheidende Fragen für Eltern in den nächsten Kapiteln so umfassend wie möglich beantworten, wie etwa: Welchen Einfluss haben Eltern? Wo müssen sie sich verändern? Welche Rolle spielen unsere Gene und Hormone? Sind ein bisschen Aggression und Rangeln bei Jungen natürlich oder wie ist das mit dem Testosteron wirklich? Und wie lernen Jungs, mit sich und anderen empathisch zu sein? Wie, mit ihren eigenen Gefühlen umzugehen? Wie, um Hilfe zu bitten? Sollen wir sie von Pornos fernhalten oder ihnen die »guten« zeigen? Ist das überhaupt etwas, das Eltern beeinflussen können? Sind moderne Jungen glücklicher oder machen wir sie damit zu Außenseitern, zu Jungen, die »irgendwie anders« sind? Welche Art von Erfolg wünschen wir uns für unsere Söhne? Muss es der technische Beruf sein? Vollzeitarbeit? Welche strukturellen Veränderungen müssen wir fordern, um unsere Jungen zu unterstützen?
Wir werden Fehler machen, und auch unsere Söhne werden Fehler machen. Wichtig ist, dass wir uns auf die Möglichkeiten der Verbindung konzentrieren. Wir werden sie brauchen, wenn unsere Söhne dann doch miteinander rangeln, Spielzeugpistolen kaufen, ihre Tränen verbergen oder ausschließlich blaue und schwarze Kleidung tragen wollen. Wenn sie Minecraft zocken und andere »killen« oder »super coole« Kumpels nach Hause bringen, oder wenn sie wütend über ihre Ex-Freundin schimpfen oder sich von uns zurückziehen. Ohne Mitgefühl kommen wir nicht weit. Denn, wie Herbert Renz-Polster in Erziehung prägt Gesinnung schreibt: »In der Kindheit erfahren wir, ob es im menschlichen Miteinander um Macht und Überlegenheit geht – oder aber um Vertrauen und Zusammenarbeit.«14 Es geht nicht um Schuld, sondern um Mitgefühl, Akzeptanz und das Erlernen von Kompetenzen – darum greife ich für die folgenden Kapitel nicht nur auf Negativbeispiele, sondern auch auf Erkenntnisse aus der Resilienzforschung zurück. Wir müssen uns die Veränderung, nach der wir uns sehnen, vorstellen können und diese Vorstellungen mit unseren Kindern teilen.
Selbstfürsorge
Krisen & Gefühle: Wie wir Jungen wirklich stärken
Frühling 2015. Gegen 20 Uhr. Ich hatte mich gerade ins Bett gelegt, als die erste Wehe einsetzte, und fünf Minuten später kam schon die zweite. Der Vater meines Kindes rief direkt im Kreißsaal an, um den Krankentransport zu ordern – wir hatten kein Auto, das braucht man in Berlin für gewöhnlich nicht. Aber als die Schwester hörte, dass die Wehen gerade erst eingesetzt hatten, unterbrach sie ihn: So eine Geburt dauere eine Weile, darum sollten wir uns noch mal ins Bett legen, sagte sie und legte auf. Er sah mich bedröppelt an, ich atmete bedröppelt die Wehen weg. Wir hatten beide noch keine Geburtserfahrung und wollten nichts falsch machen. Also lief ich eine halbe Stunde stöhnend durch die Wohnung, bis die Wehen alle vier Minuten kamen. »Ruf noch mal an, ich möchte jetzt ins Krankenhaus«, sagte ich. »Aber wir sollten uns doch noch mal ins Bett legen« – »Wenn ich mich ins Bett lege, kriege ich unser Kind hier und du darfst entbinden, das spüre ich. Die sollen jetzt kommen.« Er wählte hastig die Nummer, weitere 30 Minuten vergingen, dann wurde ich endlich von zwei Männern auf einem gepolsterten Transportstuhl in den Wagen gehoben. Während der Fahrt kamen die Wehen alle zwei Minuten – das hörte ich den Beifahrer meiner Hebamme berichten, als wir im Kreißsaal angekommen waren. »Das nächste Mal sollten Sie früher anrufen«, ermahnte er mich noch, bevor er wieder zum Wagen ging – vermutlich hörte er noch mein schallendes Lachen.
Und dann war alles egal, die Zeiten und Abstände – ich überließ meinem Körper das Sagen. Er atmete, er stöhnte, er drückte, und manchmal sang er sogar Töne, die ich noch nie zuvor gehört hatte. Ich fühlte mich wie eine Qualle und ließ mich von den Schmerzwellen hin- und hertreiben. Ich erinnere mich, dass die Gynäkologin, die zur Austreibungsphase dazugeholt wurde, mehrmals sagte: »Jetzt Kinn an die Brust und pressen«, und ich erinnere mich, dass ich mein Kinn an die Brust legte, aber nicht presste, weil das doch mein Körper übernahm. Dann, am Ende, sagte sie: »Nicht pressen«, aber mein Körper presste weiter. Sie sagte energischer »Nicht pressen!« – »Ich weiß nicht, wie«, presste ich hervor. Dann hechelte sie mich an, und ich hechelte zurück. Kurz darauf, genau vier Stunden nach der ersten Wehe, sah ich meinen Sohn zum ersten Mal. Da war eine zerknautschte Stirn, dunkle Haare, ein Popöchen, verschwollene Augen, zarte Hände, winzige Fingerchen, ein offenes Mündchen, das nach mir schrie. »Das ist ja ein richtiges Baby!«, rief ich.
Die Einzigartigkeit und Zartheit dieses kleinen Menschen überraschten mich. Meine Gynäkologin, mein Umfeld und ich hatten dieses Kind monatelang akribisch in Kategorien und Zahlen geordnet: Größe, Gewicht, Kopfumfang – alles im Normbereich. Dann das Outing, als ich erfuhr, dass mein Kind einen Penis hat – das schien lange von großer Bedeutung zu sein, für das Leben meines Kindes, meine Mutterschaft und unsere Umgebung. Aber: Plötzlich war ein schreiendes kleines Menschlein auf die Welt gekommen, das allein durch seine Existenz allen bisherigen Erfahrungen, Daten und Fakten widersprach. Was bedeutet schon ein Penis, wenn man zum ersten Mal beobachten kann, wie das eigene Baby seine Ärmchen reckt, wohin seine kleinen Augen blicken, oder wenn man hören kann, wie es gluckst? Genaudieses Kind hatte es nie zuvor gegeben, und wenn es in hoffentlich ferner Zukunft sein Leben gelebt haben würde, dann konnte es dieses Kind auch nie wieder geben. Klar, ich wollte mein kleines Wunder beschützen – zunächst vor meiner lieben Mutter, die aufgeregt in den Kreißsaal kam und über uns gebeugt ein Blitzlichtgewitter mit ihrem Fotoapparat auslöste. Aber grundsätzlich vor den Erwartungen, die diese Welt an »kleine Männer« wie mein Baby hat; ich spürte sie zunächst als diffuse Bedrohung, auf die ich keinen Finger legen konnte. Ich spürte sie bei seiner ersten Untersuchung am Tag nach der Geburt, als die Ärztin ihn ruppig drehte und wendete, denn »das kann der kleine Kerl schon ab, der ist doch kräftig« – er war doch kein Kerl, sondern ein Baby, und es weinte bitterlich.
Zehn Jahre später habe ich mit genug Müttern gesprochen, um zu wissen, dass immer mehr von ihnen einen Konflikt spüren zwischen dem kleinen, schutzbedürftigen Jungen in ihren Armen und den äußeren Erwartungen, ihn zum »Mann zu machen«. Während Jungen aufwachsen, hören sie Sprüche wie: »Reiß dich zusammen« – »Sei ein Mann« – »Jungen weinen doch nicht« – »Was, das kannst du noch nicht?!« – »Bist du etwa ein Mädchen?« – »Als Junge musst du deine Schwester beschützen«. Und liebevolle Mütter hören Sprüche wie: »Du verwöhnst deinen Sohn« – so mahnte mich auch mein Opa, als wir ein paar Monate nach der Geburt bei ihm und meiner Oma zu Besuch waren. Er hatte beobachtet, dass ich mein Baby immer sofort in den Arm nahm, wenn er weinte, und er weinte viel – was bedeutet, dass mein Sohn in der ersten Zeit wie ein Äffchen an meinem Körper heranwuchs. Ich solle ihn aber ruhig ein wenig schreien lassen, das stärke seine kleinen Lungen. »Ein alter Mythos«, antwortete ich ihm und nahm meinen Sohn aus dem Kinderwagen. Ich wollte nichts mehr, als dass mein Sohn einmal anders mit Druck, Problemen und Krisen umgeht als die Männer in meiner Familie – sie lassen sich zu spät medizinisch versorgen, verstummen in Konflikten, betrinken sich, betrügen, überschreiten Geschwindigkeitsgrenzen. Wegen Letzterem war ein Mann aus meiner Familie sogar schon im Gefängnis. Ist das stark? Die Wahrheit ist: Wir haben unsere Söhne noch nie zu starken Männern erzogen. Die Resilienzforschung zeigt, dass schon kleine Jungen Stress- oder Krisenzeiten schlechter bewältigen als Mädchen.15 Hingegen sehen wir bei wirklich starken, resilienten Jungen »geschlechtsuntypische Ausprägungen von Fürsorge, emotionaler und sozialer Orientierung, also traditionell als ›weiblich‹ geltende Anteile«, schreibt die promovierte Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Antje Richter-Kornweitz in Gleichheit und Differenz – die Relation zwischen Resilienz, Geschlecht und Gesundheit.16 Sidenote: Resilienz ist nicht der Zaubertrank, in den Obelix als Kind gefallen ist – es geht nicht ums Wegboxen von Römern, sondern um nachhaltige Lösungen und Anpassung in einer Welt außerhalb von Comicgeschichten. Genauer gesagt: In einer demokratischen Gesellschaft, in der wir unsere Standpunkte verhandeln müssen, in einer Gesellschaft mit Infrastruktur und Bürokratie und mit Jobs in der Verwaltung oder im sozialen Bereich, mit Schulen, in denen unsere Söhne zuhören, spielen, Konflikte gewaltlos austragen, lernen und Hausaufgaben machen sollen. In dieser Welt sind Jungen und junge Männer besonders anfällig für Krisen und das offenbar, weil sie zu vermeintlich starken Helden erzogen werden; Jungen verletzen sich schon im Kleinkindalter öfter und sind in der Kita und der Grundschule verhaltensauffälliger.17 Sie verlassen die Schule häufiger ohne Schulabschluss.18 Und: Sie sterben auch öfter in jungen Jahren; 2019 waren weltweit zwei Drittel der verstorbenen jungen Menschen zwischen zehn und 24 Jahren männlich – vor allem starben sie an Konflikten und Suiziden.19 Nur was genau bringt sie dazu? Welche Regeln gelten für Jungen und Männer?
Um das herauszufinden, haben US-Psycholog*innen 2003 einen Fragebogen entwickelt: Das Conformity to Masculine Norms Inventory (CMNI) gilt bis heute in der Wissenschaft als zuverlässiges Messinstrument für Männlichkeitsausprägungen und erfasst elf Eigenschaften: Gewinnen, emotionale Kontrolle, Risikobereitschaft, Gewalt, Dominanz, Playboy, Selbstständigkeit, Vorrang der Arbeit, Macht über Frauen, Geringschätzung von Homosexuellen und Streben nach Status.20 Nicht alle Eigenschaften sind für alle Jungen und Männer gleichermaßen wichtig – der Fragebogen wurde entwickelt, um zu untersuchen, wo und wie welche Normen vorherrschen, also wie sich Männlichkeiten (es gibt also mehrere Ausprägungen) unterscheiden. Denn klar: Jungen und Männer sind nicht alle gleich, daher müssen wir Männlichkeiten intersektional betrachten – manche Männer haben eine Behinderung, manche sind BIPoC, andere weiß, manche sind homosexuell, trans*, in Armut aufgewachsen oder zählen sich zur Arbeiter*innenklasse. Aber obwohl nicht alle Jungen und Männer allen CMNI-Normen folgen, sind sie doch von ihnen betroffen – denn diese Normen galten lange Zeit und teilweise auch heute noch als natürlich männliche Eigenschaften, und wer ihnen nicht entsprach, galt und gilt bis heute als abweichend, als pathologisch. Ein Beispiel: Homosexualität wurde erst 1991 aus der WHO-Klassifikation (ICD-10) für psychische Störungen gestrichen.21 Was sicher auch damit zusammenhängt, dass nur wenige Jahre zuvor die Männlichkeitsforschung in den USA entstand, in Deutschland übrigens ein gutes Jahrzehnt später – auch in der Forschung galt, dass weiße cis-hetero Männer natürliche, normale Wesen seien und alles andere, wie Frauen, Kinder, schwule oder nicht-binäre Menschen etc., Abweichungen. Und seien wir mal ehrlich: Viele Männer glauben genau das auch heute noch. Aber ihnen entgeht dabei, wie toxisch dieses Denken auch für sie selbst ist; 2017 hat eine Analyse von 78 Studien, in denen rund 20 000 Männer das CMNI ausgefüllt haben, gezeigt, dass Männer mit traditionellen Männlichkeitsvorstellungen eine schlechtere mentale Gesundheit haben.22 Andere Studien zeigen, dass auch Suizidversuche von Männern mit Männlichkeitsnormen zusammenhängen.23
Und Eltern beobachten, wie ihre Söhne als kleine Kinder noch händchenhaltend mit ihren Freunden durch die Gegend laufen, während sie 15 Jahre später nicht im Traum daran denken würden – denn das wäre »gay«. Je älter Jungen werden, desto deutlicher spüren sie den Druck der Männlichkeitsnormen und mit ihnen den Druck, »richtige« Männer zu werden. Während Mädchen just mit dem Beginn ihrer Menstruation für gewöhnlich in den »Kreis der Frauen« aufgenommen werden, müssen Jungen oft einen Ritus zur »Mannwerdung« bestehen, den wir etwa aus Filmen und Serien kennen. Bei der TV-Serie Game of Thrones soll Isaac Hempstead-Wright alias Brandon Stark dabei zusehen, wie ein Mann enthauptet wird, bei Vikings geht Alexander Ludwig alias Bjorn Lothbrok in die wilde, kalte Natur, um dort einige Tage allein zu überleben und als »Mann« heimzukehren. Im echten Leben lässt sich der Ritus entweder in die sexuelle »Eroberung« einer Frau übersetzen oder auch in das erste »Gespräch unter Männern«. Dass auch junge Männer in Deutschland diese Männlichkeitsnormen verinnerlichen, zeigt etwa die 2022 veröffentlichte ARTE-Doku Sei ein Mann! Nur wie? aus der Streetphilosophy-Serie24. Der Protagonist Jan begibt sich darin auf die Suche nach verschiedenen Männlichkeiten, hört sich in einer Bar um, am Grill oder beim Sport. Nach einem Footballtraining, in das er hineingeschnuppert hat, spricht er mit einem der Spieler über Männlichkeit; es fallen Begriffe wie »durchsetzen«, »Rudeltier«, »mentale Stärke«, »zu Fehlern stehen«, »dem Coach folgen«. Als sich weitere Teamkollegen zum Gespräch gesellen, fragt Jan nach Vorbildern: »Leonardo DiCaprio« – »The Revenant?« – »Ja, genau«, die Gruppe ist sich einig, dass DiCaprios Darstellung, wie er »in der Eiswüste einen Bären erlegt« und »auf sich allein gestellt« trotzdem überlebt, eben genau das ist, was einen Mann ausmachen sollte. »Alleinversorger« sein, »einen Plan verfolgen«, nach diesen Prinzipien wollen die jungen Footballer auch leben. Und das kann für sie tatsächlich einige Zeit gut gehen – bis einer von ihnen diesen Ansprüchen nicht mehr gerecht wird.
Wenn wir uns für unsere Söhne ein gutes Leben wünschen, wenn wir wollen, dass sie wirklich starke, resiliente Männer von morgen werden, dann müssen wir sie vor allem widerstandsfähig gegen toxische Männlichkeitsnormen machen. Was also Eltern und ihre Söhne konkret lernen können, ist etwas, das die Kleinkindpädagogin und Bestsellerautorin Susanne Mierau in New Moms für Rebel Girls als Patriarchatsresilienz bezeichnet.25 Es geht um die Frage, wie wir bei uns bleiben, bei unseren Gefühlen und Bedürfnissen, wie wir als Eltern unsere Söhne liebevoll begleiten können, wenn doch ständig äußere Erwartungen an uns herangetragen werden, die genau dieser Haltung widersprechen. Und nein, es geht nicht darum, ständig kritisch auf unsere Söhne zu schauen und zu überprüfen, ob sie entgegen unserer Erziehung »schon wie alle anderen Männer geworden« sind. Es geht nicht um Perfektion, nicht um neue Normen und erst recht nicht darum, dass Jungen den Ansprüchen ihrer Eltern gerecht werden müssen. Es geht um Krisen – persönliche, zwischenmenschliche, gesellschaftliche, globale. Es geht darum, dass Männer von morgen anders mit ihnen umgehen müssen.
Männlichkeit und Krisen zusammendenken
Dass wir Krisen nur dann nachhaltig überwinden können, wenn wir auch die traditionelle Vorstellung von Männlichkeit überwinden, wurde mir fast ein Jahrzehnt nach der Geburt meines Sohnes bei einem unserer Film-Freitage so richtig klar. Wir sahen Billy Elliot – I Will Dance, die wahre Geschichte eines elfjährigen Jungen aus dem englischen Arbeitermilieu der 1980er-Jahre, der seine Leidenschaft fürs Balletttanzen entdeckt und vor seinem Vater geheim halten muss, um nicht verprügelt zu werden.26 Ein eindrücklicher Film, der erstens immer noch, zweitens überall und drittens für uns alle relevant ist. Denn in Billys Welt gilt nicht zufällig, dass Tanzen nur etwas »für Mädchen und Schwule« sei – sein Vater und die anderen Bergarbeiter in der Gegend leisten harte, anstrengende und gefährliche Arbeit, um ihre Familien zu ernähren. Passend dazu werden die Männer in Billys Familie traditionell zum Boxen geschickt – dafür bekommt Billy 50 Pence pro Woche und die Boxhandschuhe, die schon sein Vater und sein Großvater getragen haben. Vor allem für Billys Vater scheint das Boxen auch die einzige Konstante inmitten mehrerer Krisen zu sein; er gehört zu den Verlierern der großen englischen Kohlekrise – Asien verkauft zu dieser Zeit manche Rohstoffe so günstig, dass in England viele Arbeiter ihre Jobs verlieren und andere unter den niedrigen Löhnen leiden. Billys Vater schließt sich daher dem Gewerkschaftsstreik an und entfremdet sich von Kollegen, die er jeden Morgen auf ihrem Weg zur Arbeit als »Streikbrecher« beschimpft und auch im Supermarkt wütend konfrontiert. Es kommt immer wieder zu körperlichen Auseinandersetzungen. Und bald ist durch den Streik auch noch das Geld so knapp, dass Billys Familie zu Weihnachten das Klavier der verstorbenen Mutter zu Brennholz verarbeiten muss – was auch für Billy ein Tiefpunkt ist, denn er hat gerne einzelne Tasten angespielt, um sich seiner Mutter nahe zu fühlen. Die Zukunft scheint düster, das deutet sich auch beim Boxtraining an, zu dem Billy anfangs noch regelmäßig geht: »Willst du nicht mitkommen?«, fragt er seinen Freund Michael. »Verdammt noch mal, nein! Es ist idiotisch, Leute zu schlagen. Ich weiß sowieso nicht, weshalb du da mitmachst.« – »Weil ich’s gut kann«, sagt Billy. Nebenbei: idiotisch ist ableistisches, also behindertenfeindliches Vokabular, das dürfen wir unseren Kindern beim Filmschauen gerne sagen. Nun aber zur nächsten Szene, denn da sehen wir, wie Billy durch den Ring tänzelt, von einem kleineren, zierlicheren Jungen eine Faust ins Gesicht bekommt und schließlich am Boden liegend vom Trainer als »Niete« und »Schande« bezeichnet wird. An dieser Stelle wird klar, dass sich Billy wöchentlich in ein Umfeld begibt, in dem er weder wertgeschätzt wird noch Erfolge feiern kann. Warum hängt er seine Boxhandschuhe nicht an den Nagel? Und warum behauptet er, gut im Boxen zu sein? Billy und Jungen weltweit versuchen, die Söhne zu sein, die sich ihre Eltern wünschen und die auch in ihren Umfeldern als »richtige« Jungen anerkannt werden.
Als sich die örtliche Ballettklasse in der Boxhalle einquartieren muss, sieht auch Billys Leben nicht mehr so düster aus. Er entdeckt im Tanzen sein wahres Talent – selbst körperlich scheint er dafür besser geeignet zu sein als fürs Boxen. Seiner Ballettlehrerin fällt beim ersten Training sein »perfekter Spann« am Fuß auf – der ist wichtig, um auf den Zehenspitzen zu tanzen. Billy trainiert lange heimlich und soll bald sogar an der renommiertesten Tanzschule Englands für einen Ausbildungsplatz vortanzen. Aber: Das Ganze steht auf der Kippe, als Billys Vater erfährt, dass sein Sohn statt in den Boxverein jede Woche zum Ballett geht. Nach einigem Hin und Her, Handgreiflichkeiten und Erniedrigungen bekommt sein Vater erstmals Billys außergewöhnliche Tanzfähigkeiten zu sehen – und erkennt in ihnen plötzlich eine Chance für seinen Sohn. Vor allem – und das ist wichtig – weil er merkt, dass die Bergarbeit nicht Billys Zukunft sein kann, denn die scheint schließlich nicht mal Billys Vater eine Zukunft zu bieten. Daher der Umdenkmoment, der zugegebenermaßen weniger mit elterlicher Großzügigkeit als vielmehr mit Logik und äußeren Umständen zu tun hat. Und doch sehen wir in der nächsten Szene, dass diese Einsicht für Billys Vater einen emotionalen Konflikt mit sich bringt. Um die Reise zur Aufnahmeprüfung bezahlen zu können, begibt er sich voller Scham zur Arbeit und muss denjenigen Kollegen in die Augen sehen, die er zuvor als Streikbrecher beschimpft und bedroht hatte. Doch kurz bevor er seine Schicht beginnt, fangen ihn seine Freunde ab. Sie sehen ihn weinend zu Boden sacken, er schluchzt: »Es ist für den kleinen Billy« – »Wir besorgen ihm das Geld«, sagt ein anderer. Um Billy zu unterstützen und gleichzeitig seinen Kollegen nicht in den Rücken zu fallen, stellt sein Vater also seinen Stolz als Alleinversorger zurück und nimmt finanzielle Hilfe an – das Geld wird schließlich durch eine Tombola gesammelt. Diese Szenen zeigen, dass Krisen und Probleme immer auch die Chance zur Veränderung bieten – etwa durch ein fürsorgliches Netzwerk. Am Ende sehen wir aber auch, dass noch mehr nötig ist: Die Stimmung kippt ein letztes Mal, als Billy all seine Hoffnungen und seinen Mut in die Aufnahmeprüfung legt, aber dem Komitee nach dem Auftritt nicht ansehen kann, ob seine Tanzfähigkeiten ausreichen. Die Gesichter der Prüferinnen und Prüfer sind wie versteinert. Billy geht tief verunsichert und verzweifelt aus der Situation – statt aber seine Gefühle mit dem anderen Jungen in der Umkleidekabine zu teilen, der ihn zu trösten versucht, boxt Billy ihm die Nase blutig und schreit: »Hau ab, ja? Du schwule Sau.« Seine Reaktion erscheint im ersten Moment nicht logisch, denn sein Freund Michael hatte sich kurz vorher bei ihm geoutet, was Billy liebevoll mit einem Lächeln beantwortet und dann nicht weiter zum Thema gemacht hatte. Zudem wiederholt Billy mit seinem Ausruf auch genau die Haltung, unter der er selbst so lange gelitten hat. Ich habe den Film kurz angehalten und meinen Sohn gefragt: »Weißt du, warum er den Jungen geschlagen hat?« – Er: »Nein, warum?« – »Weil er nicht gelernt hat, mit seiner Hilflosigkeit anders umzugehen.«
Wenn wir Jungen und Männer verstehen wollen und die Art, wie sie mit Krisen und Problemen umgehen, dann müssen wir uns auch immer ansehen, in welchen gesellschaftlichen und vor allem wirtschaftlichen Strukturen sie leben: »Jungen und Männer tendieren dazu – vor allem in kritischen Lebenssituationen –, sich außengerichtet zu verhalten, Gefühle abzuspalten, ihre Hilflosigkeit auf Schwächere zu projizieren und ihr Innen zu verschließen«, schreibt der promovierte Soziologe und Männlichkeitsforscher Lothar Böhnisch in Männliche Sozialisation.27 Und dieses Abspalten von sich selbst sei immer auch dem »Zwang zur ökonomischen Verfügbarkeit angelastet, dem Männer besonders ausgesetzt« seien. Billy Elliot zeigt uns: Wo harte Arbeit gelebt wird, wo der körperliche Verschleiß hoch ist, da werden auch die Jungen eher zur körperlichen Härte erzogen. Generell können wir sagen, dass (Selbst-)Fürsorge Teil wirtschaftlicher Strukturen werden muss, um sie automatisch für Jungen und Männer zugänglich zu machen – ob sie nun später auf dem Bau oder in der Managementetage eines Dienstleistungsunternehmens arbeiten sollen. Die Theorie von Böhnisch lautet: Weil Jungen nicht gebären können, müssen sie ein Leben lang am Markt »funktionieren«, und das beeinflusst auch ihr Verhalten zu Hause, in Freundschaften oder in der Liebe: »Wenn du dich Gefühlen hingibst, dich mitreißen lässt, dann bist du verloren, ausgeliefert, dann hast du keine Kontrolle mehr über dich selbst, dann kannst du nicht mehr funktionieren. Um immer funktionieren zu können, müssen Männer alles unter Kontrolle haben«, schreibt Böhnisch.28 Denn Hilflosigkeit gelte in unserer Gesellschaft nicht als positives, soziales Gut, sondern als Schwäche – sie ist »soziale Impotenz«, ein männliches Tabu.29 Daher gebe es keine Räume, in denen Männer ihre Hilflosigkeit ausdrücken können. Alles müsse erklärt, rationalisiert werden können. Wir müssen uns fragen: Wie sollen unsere Söhne in einer Zukunft mit multiplen Krisen erwartbare Phasen der Arbeitslosigkeit aushalten, wie mit Schwäche, Trauer, Trennungen und Verlust umgehen, wenn sie den Anspruch haben, alle Probleme allein bewältigen zu müssen? Wie sollen sie Unsicherheiten und Konflikte aushalten in einer sich immer schneller verändernden Welt inklusive technologischem Fortschritt und Krisen in Form von Pandemien und Ressourcenkämpfen? Sicher wünschst du dir, dass dein Sohn später in Krisenzeiten nicht alleinbleibt, sondern um Hilfe bittet. Das Gleiche wünsche ich mir für meinen Sohn. Und die Forschung gibt uns recht: Krisen werden nicht durch die Demonstration von Stärke, sondern durch Kooperation und Solidarität gemeistert.30 Und auch in der Resilienzforschung sehen wir, dass wirklich starke, resiliente Jungen ein »nicht-geschlechtsstereotypes« Verhalten zeigen – dadurch haben sie ein reichhaltigeres Repertoire an Handlungsmöglichkeiten.31 Und genau darum geht es; Menschen wollen handlungsfähig sein.
Um herauszufinden, wie Männer Handlungsfähigkeit herstellen, hat Lothar Böhnisch die Erkenntnisse aus der Stressforschung mit der Männlichkeitsforschung kombiniert und in Männliche Sozialisation drei Aspekte zusammengefasst, die Eltern im Hinterkopf behalten sollten32: