Kaiser Ashokas Wandlung und der Durchbruch des Buddhismus - Christian Horn - E-Book

Kaiser Ashokas Wandlung und der Durchbruch des Buddhismus E-Book

Christian Horn

0,0
11,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Kaiser Ashoka lebte im dritten vorchristlichen Jahrhundert und war einer der bedeutendsten Regenten der indischen Geschichte – aus einem skrupellosen Prinzen und Machthaber wurde ein friedliebender, barmherziger und gerechter Kaiser, der sich um das Wohl seines Volkes kümmerte. Privat wurde sein Leben von fünf Frauen bestimmt. Ein Regent als Vorbild für alle, auch heute. Im antiken Indien hatte sich über verschiedenen Strömungen der Hinduismus entwickelt und als herrschende Religion etabliert. In den letzten Jahrhunderten vor Christus entstanden in diesem faszinierenden Großreich jedoch auch andere Religionen, wie vor allem der Buddhismus, der Jainismus und die Bewegung der Ajivikas. Unter dem Einfluss des Kaisers Ashoka wurde der Buddhismus jedoch zur dominierenden religiösen Kraft im asiatischen Raum.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 131

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Christian Horn

KAISER ASHOKASWANDLUNGUND DER DURCHBRUCHDES BUDDHISMUS

Der Kampf auf dem Weg zur Verantwortung,Barmherzigkeit und Fürsorge sein Volk

Für Rachida,meine geliebten Ehefrau

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2022 by edition fischer GmbH

Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main

Alle Rechte vorbehalten

Schriftart: Timers 11,5 pt

Herstellung: ef/bf/1A

ISBN 978-3-86455-224-3 EPUB

Inhaltsverzeichniss

HISTORISCHE EINORDNUNG

ZEITTAFEL

VORWORT

TEIL 1 – DER PRINZ

1.1AUF DER JAGD

1.2IM KLOSTER

1.3DER GOUVERNEUR

1.4DEVI 1

1.5DEVI 2

1.6DAS EXIL

1.7KAISER BINDUSARA STIRBT

TEIL 2 – DER JUNGE KAISER

2.1DER MACHTWECHSEL

2.2DER KRIEG UM KALINGA

TEIL 3 – DIE WANDLUNG

3.1DER BUDDHISMUS

3.2KARUVAKI 1

3.3DIE BUDDHISTISCHE GEMEINSCHAFT

TEIL 4 – ASHOKAS EDIKTE

4.1DHARMA

4.2EDIKTE

4.3REISEN 1

4.4KARUVAKI 2

TEIL 5 – DER HERRSCHER

5.1PADMAVATI 1

5.2REISEN 2

5.3PADMAVATI 2

5.4ASANDHAMITTA

TEIL 6 – DER ÄLTERE KAISER

6.1WIDERSTAND

6.2ÜBER DIE GÖTTER

6.3TISSARAKKHA

NACHWORT

REGISTER, PERSONEN

BIBLIOGRAPHIE

HISTORISCHE EINORDNUNG

563–483

Buddha

571–?

Laozi (Laotse)

551–479

Konfuzius

550–486

Dareios I, Großkönig des altpersischen Reiches

469–399

Sokrates

356–323

Alexander der Große

304–232

Ashoka

ZEITTAFEL

321–297

regierte Chandragupta Maurya (Ashokas Großvater; Helena – seine 2. Ehefrau, war eine Griechin) konnte das indische Reich durch das nach Alexanders Tod entstandene Machtvakuum vergrößern.

297–261

regierte Bindusara (Ashokas Vater)

304

Ashoka wurde geboren

297

Chandragupta stirbt

282

Ashoka wird mit 22 Jahren Vizekönig in Ujjain

280*

1. Heirat (?) mit Devi (Ashoka ist 24 Jahre alt)

278

Sohn Mahinda wird geboren (Ashoka ist 26 Jahre alt)

276*

Tochter wird Sanghamitta geboren

273

Mutter Subhadrangi wird in Ujjain ermodet

271–269

Bruder Susima macht ihn schlecht vor ihrem Vater; Ashoka abgesetzt, flüchtet und geht für zwei Jahre incognito ins Exil in das Nachbarland Kalinga.

269*

2. Heirat mit Karuvaki

268

Bindusara stirbt (Ashoka ist 36 Jahre alt)

268–264

Erbfolgekrieg

268–260

In den ersten acht Jahren seiner Regierungszeit führt Ashoka einen nahezu ständigen Krieg gegen die umliegenden Regionen.

264

Ashoka wird gekrönt (Ashoka ist 40 Jahre alt)

267–263

Krieg und Eroberung von Kalinga (größte Ausbreitung des maurischen Reiches)

266

Ashoka und Radhagupta bekennen sich zum Buddhismus

259

zwei Jahre nach dem Krieg unternimmt Ashoka eine Pilgerreise, u. a. ins Dorf Bodh Gaya

259*

Trennung von Karuvaki (Ashoka ist 44 Jahre alt)

258*

3. Heirat, mit Padmavati (Ashoka ist 46 Jahre alt)

256*

Geburt von Kunala

251

Padmavati stirbt (Ashoka ist 52 Jahre alt)

250*

4. Heirat mit Asandhamitta (Ashoka ist 54 Jahre alt)

250

3. buddhistisches Konzil in Pataliputra, Leiter Moggaliputta-Tissa

240

Ehefrau Asandhamitta stirbt (Ashoka ist 64 Jahre alt)

239*

5. Heirat mit Tissarakkha (Ashoka 65 Jahre alt)

232

Ashoka stirbt (Ashoka ist 72 Jahre alt)

232–224

Dasaratha wird Nachfolger von Ashoka

* Datum historisch nicht gesichert

VORWORT

Dies ist die Lebensgeschichte eines außergewöhnlichen Mannes, der vor sehr, sehr langer Zeit gelebt hat. Und dennoch wissen wir relativ viel über ihn und seinen Lebensweg. Viele Einzelheiten, die über ihn geschrieben und berichtet wurden, stammen von Beobachtern, Mönchen und Historikern und wurden erst in den folgenden Jahrhunderten verfasst; sie sind damit nicht gesichert, teilweise unklar und widersprüchlich.

Aber zweifelsfrei sind die von ihm, von Kaiser Ashoka selbst verfassten, in Stein gemeißelten Inschriften auf Felsen, Höhlenwänden – überall verstreut in Indien und vor allem auf den ersten Litfaßsäulen der Weltgeschichte, auf den hierzu von ihm erschaffenen Ashoka-Säulen. Diese zeigen eine Art Grundgesetz, eine universelle Verfassung, die von Menschlichkeit und Humanismus getragen ist.

Ashoka war Wegbereiter des Buddhismus und er hat dieser Religion zum Durchbruch verholfen. Er hat wie sein großes Vorbild und geistiger Lehrer, Gautama Buddha, Toleranz und Barmherzigkeit zweihundert Jahre vor Jesus Christus gelehrt und als Staatsraison eingeführt – und vermutlich ist diese Lehre über seine Emissäre, die er missionarisch in alle Himmelsrichtungen entsendet hatte, auch über die im dritten Jahrhundert v. Chr. schon existierende Seidenstraße bis nach Galiläa und Judäa zu den Essener vorgedrungen und möglicherweise auch zu Jesus. Und auch Jesus könnte nach einigen dortigen Hinweisen möglicherweise eine Zeit lang in einem buddhistischen Kloster hinter Leh in Ladakh, dem indischen Teil von Tibet, gelebt haben.

Die unvollständigen und zum Teil unklaren Puzzle-Teile Ashokas Lebensgeschichte mit einer einheitlichen und für einen historischen Roman plausiblen Lebensgeschichte zusammenzufügen, ist nur mit Kreativität und Phantasie möglich, um die historische Persönlichkeit lebendig werden zu lassen, auch wenn die Details nicht immer auf wahren Begebenheiten beruhen.

TEIL 1

DER PRINZ

1.1AUF DER JAGD

Ganz verschwitzt kam Prinz Ashoka, Vizekönig in Ujjain, an diesem sonnigen, aber immer noch glühend-heißen Nachmittag von der Jagd mit Freunden zurück. Das schwarze, fast blauschwarze lange Haar war nass, das Hemd klebte auf seiner Brust. Er liebte die Jagd, der Ritt auf seinem Lieblingspferd durch die Landschaft, das Aufspüren von Wild und der erfolgreiche Schuss mit dem Pfeil, der die Antilope niederstreckt. Viele hielten ihn für aggressiv und angriffslustig, er habe Spaß daran, seine Aggressivität auszuleben – an Tieren, aber manchmal auch an Menschen. Heute war es also wieder mal eine Antilope, das Küchenpersonal im Gouverneurspalast in Ujjain würde sich freuen und auch Aschoka liebte das zarte, dunkle Fleisch gegrillt über einem offenen Feuer, eine Delikatesse …

Angekommen auf dem Zeltplatz schaute er um sich, aufrecht und selbstbewusst wie ein stolzer, großer Machthaber auf seinem Pferd sitzend, sein noch jugendliches Gesicht strahlte Zufriedenheit, aber auch Härte aus. Aufgeräumt, ja heiter richtete er sich an seine Bergleiter und Freunde: »Es hat Spaß gemacht, Leute, und morgen gibt es Antilope gegrillt im Gouverneurs-Palast – ihr seid alle eingeladen!«

Er sprang vom Pferd, drückte die Zügel einem Bediensteten in die Hände und wollte gerade sein fürstliches Zelt betreten, das man für den Jagdausflug auf einer freien Fläche in der Nähe des Waldes aufgestellt hatte, als er ein ungewöhnliches Zischen hörte; neugierig drehte er sich um. Er musterte die Büsche in der Nähe und dahinter die Bäume, konnte aber nichts Auffälliges sehen. Das Geräusch war ihm nicht unbekannt, aber bevor er weiter nachdenken konnte, zischte es erneut, plötzlich ein schneidender Schmerz und er spürte irgendetwas, das sein rechtes Bein durchstach. Sofort erblickte er den Pfeil, der zur Seite herunterhing. Er rief um Hilfe, Bedienstete kamen herbeigerannt, um ihn ins Zelt zu tragen und den in der Nähe anwesenden Soldaten, die sofort verstanden hatten, um was es hier ging, erteilte er Befehle zum Ausschwärmen, um den Angreifer dingfest zu machen.

Ashoka biss die Zähne zusammen, als er auf seiner Liege lag und ein Helfer den Pfeil mit einem Ruck entfernte. Eine hässliche, jetzt stärker blutende Wunde war an der Außenseite des rechten Unterschenkels zu sehen. Das ganze Bein schmerzte, während die Gedanken durch seinen Kopf schwirrten, wer diesen Angriff unternommen haben könnte und was das Ganze wohl zu bedeuten habe. Die Soldaten kehrten nach einer Weile unverrichteter Dinge zurück, sie hatten niemanden finden und nichts Auffälliges sehen können.

Am nächsten Morgen ging es Ashoka schlecht. Er hatte Fieber, ihn fröstelte und die Wunde war geschwollen und sah noch hässlicher aus als am Vortag. Die Helfer schauten sich ratlos an. Hatte die Pfeilspitze Gift enthalten, hatte sie wohl möglich auch den Knochen in der Tiefe verletzt? Es war klar, der Jagdausflug und das Zeltlager wurden abgebrochen und man brachte den Verletzten zurück nach Ujjain, in die Provinzhauptstadt, eine alte, für die Hindus heilige Stadt. Dort, etwas außerhalb des Ortes, gab es ein kleines buddhistisches Kloster, ein damals unbedeutender Orden von Bettelmönchen, wo man bereit war, den Kranken aufzunehmen, ohne dass die Öffentlichkeit von seiner Anwesenheit etwas erfuhr, was aus Sicherheitsgründen für sinnvoll und nötig erachtet wurde. Hier wurde er in einer kleinen Kammer einquartiert und die Mönche und Bediensteten kümmerten sich um ihn.

1.2IM KLOSTER

Devi trat verschüchtert in die kleine Kammer, in die der illustre Patient am Mittag eingeliefert worden war. Hier war es relativ dunkel, das kleine Fenster mit dem Holzgitter ließ nur wenig Tageslicht herein. Und es roch muffig. Devi, die junge Klosterschülerin, war als Pflegerin für ihn eingeteilt worden.

Sie trug einen grünlich-rosafarbenen Sari mit einem durchsichtigen rötlichen Tuch, welches Schultern und den Kopf mit den schwarzen Haaren bedeckte: Jetzt würde sie ihn treffen, sehen und mit ihm sprechen. Ashoka, der junge Prinz, Mitglied der königlichen Familie, zweiter Sohn des Kaisers Bindusara und von diesem als Vizekönig von Ujjain hierher entsandt, war in ihrem Kloster aufgenommen worden, mit einer derartigen Ehre hatte hier niemand gerechnet, das hatte sich auch niemand vorstellen können. Einfach unglaublich!

Aufgeregt war sie, als sie nach vorsichtigem Anklopfen ehrfurchtsvoll gebeugt in den Raum trat. Aber als sie seine stechenden Augen auf sich gerichtet sah, wurde sie misstrauisch und fühlte sich augenblicklich bedroht. Wie ein dunkles Häufchen Elend lag er da auf seiner Liege; und hier, in dem finsteren Kämmerchen sah er noch dunkler aus als sonst, man konnte ihn für einen Tamilen halten. Trotzdem, mit seinen wilden, langen, schwarzen Haaren, die sein schmales Gesicht einrahmten und mit den prominenten Backenknochen wirkte er wie ein Raubtier, das gefesselt auf seiner Liege lag und sie bohrend anschaute. Seine Blicke machten ihr Angst.

Ashoka war vor einem Jahr, 282 v. Chr., als Vizekönig in Ujjain (im heutigen Madhya Pradesh) eingesetzt worden, er war damals zweiundzwanzig Jahre alt. Seine älteren Halbbrüder fürchteten ihn und hatten den Vater deswegen motiviert, ihn in die Provinz zu schicken. Sein Vater meinte wohl, dass sein Talent eher im Regieren als im Kampf läge.

Schon zuvor hatte sein Vater ihn als jungen Prinzen zur Befriedung der Region nach Taxila geschickt. Dort gab es ein aktives Handelszentrum aufgrund der strategischen Lage als Knotenpunkt von wichtigen Handelsstraßen bis nach China im Osten und Persien und Griechenland im Westen. Auch eine Universität war gegründet worden, sodass der junge Ashoka hier viele neue Impulse erhalten konnte.

Aber jetzt war er Vizekönig von Ujjain und man hatte ihn also tatsächlich zu den Mönchen ins buddhistische Kloster gebracht und sie, die junge Devi, war auserwählt worden, ihn zu versorgen. Es war ja bekannt, dass sich Ashoka für junge hübsche Frauen interessierte … Die Mönche meinten scherzhaft, Devi würde ihm bestimmt gefallen.

Sie brachte ihm das Abendessen: »Darf ich Euch das Tablett hier auf den Tisch stellen, mein Prinz?«

»Abendessen? Jetzt schon Abendessen?«

»Ja, Sie haben den ganzen Nachmittag geschlafen … Das Fieber war so stark!«

»Den ganzen Nachmittag? Was für ein Tag denn ist heute?«

Immer noch fiebrig-verschwitzt und irritiert schaute er sich um. »Wo bin ich? Wer bist du, was machst Du hier!«

»Mein Prinz, Devi heiße ich und ich bin für Euch da!«

Nachdenklich blickte er sie eine Weile mit glasigen Augen an.

Devi fuhr fort: »Ihr habt so hohes Fieber, dass Ihr den ganzen Nachmittag geschlafen habt!«

Als er sich zu ihr wenden wollte und das rechte Bein bewegte, verzog sich sein Gesicht vor Schmerzen. »Devi heißt du …? – Ja, stell das Essen dort auf den Tisch, ich habe noch keinen Hunger. Hast du mein Bein gesehen? Es schmerzt fürchterlich …!«

Er ließ sich auf das Bett zurückfallen, zeigte sein rechtes ausgestrecktes Bein, das mit blutigen Tüchern umwickelt war. »Ich kann mich nicht bewegen … Muss der Verband nicht gewechselt werden, er ist ja völlig blutig …?«

»Der Arzt hat Euch schon vor einer Stunde untersucht – habt Ihr das nicht gemerkt? Er meinte, dass Ihr Euch wohl länger schonen müsst, Euer ganzes Bein ist geschwollen. Ihr braucht auch feuchte Umschläge, Wadenwickel, das werde ich gleich besorgen und den Verbandswechsel natürlich auch!«

Die nächsten Tage hielt das hohe, sehr hohe Fieber weiterhin an, sodass der Arzt und die Leute sich um ihn Sorgen machten, ob er es schaffen würde, ob er es überleben würde. Der Arzt meinte, dass eine vergiftete Pfeilspitze eventuell die Krankheitsursache gewesen sein könnte. Es könne aber auch sein, dass sich die Wunde am Unterschenkel infiziert habe und dass sich die Infektion über das ganze Bein ausgebreitet habe und jetzt auch den übrigen Körper zu befallen drohe.

So zog es sich hin, Tag für Tag, morgens beim Aufwachen ging es ihm ein wenig besser, abends fröstelte es ihn, er zitterte und das ohnehin hohe Fieber stieg noch weiter an. Devi versorgte ihn, wusch seinen nassen, verschwitzten Körper, wechselte die Verbände, machte kalte Wadenwickel und legte immer wieder ein nasses Tuch auf seine Stirn. Zu einer Unterhaltung war er nicht wirklich fähig; Devi meinte sogar, dass er phasenweise wirre Sachen von sich gab. Fieberwahn! Aber am sechsten Tag saß er morgens plötzlich aufrecht in seinem Bett, als Devi in die Kammer kam. Er schaute sie mit klaren Augen an: »Guten Morgen! Was für ein Tag ist heute, wo bin ich eigentlich, wie lange bin ich schon hier, was ist denn eigentlich passiert?«

Sie klärte ihn auf, dass er hier in einem buddhistischen Kloster lag, dass man ihn wegen einer infizierten Wunde pflege, die wohl auf einen Angriff mit einem vielleicht vergifteten Pfeil beruhe. Langsam kamen seine Erinnerungen zurück; sein Bein begann abzuschwellen und die Wunde war sauber und nicht mehr so rot wie zu Beginn. Und jedes Mal, wenn Devi kam, freute sich Ashoka, sie war für ihn wie eine Perle aus einer anderen Welt, eine anmutige, attraktive Erscheinung, eine Schönheit, wie er sie noch nie gesehen hatte, so fand er jedenfalls. Sie erzählte ihm vom buddhistischen Orden, von Buddha, dem Begründer dieses Ordens, von seinem Leben und seiner Lehre, wovon er wohl gehört hatte, aber nichts Genaueres wusste.

Das Erscheinen der jungen Frau hatte Ashoka wie ein Schlag getroffen, sie hatte ihn neugierig gemacht, unbedingt musste er mehr über sie erfahren. Jedes Mal, wenn sie kam und er sie sah, war er hin und weg … Er wies seinen Mitarbeiter Radhagupta an, der ihn öfters besuchen kam, er solle Erkundigungen über sie anstellen. Radhagupta war ein Enkel des berühmten Chanakya (auch Kautilya genannt), der schon seinen Großvater, Kaiser Chandragupta beraten hatte. Und Radhagupta wurde fündig: Devi war die Tochter eines bekannten Kaufmanns aus Vidisha, einer kleineren Stadt im Nordosten von Ujjain, einer wohlhabenden Gebietshauptstadt – zahlreiche Geschäftsleute und dementsprechend viel Handel gab es hier. Angeblich stammte Devi vom Sakya-Clan ab, dem auch Gautama Buddha angehört hatte. Sie war hier nach Ujjain gekommen, um in dem Kloster als Praktikantin auszuhelfen und bei den Mönchen mehr über den Buddhismus zu erfahren und zu lernen. Devi war eine überzeugte Anhängerin von Buddhas Lehre, angeblich, so wurde kritisch kolportiert, in erster Linie wegen ihrer vermeintlichen Abstammung.

Die Tür wurde geöffnet und ein großer, stattlicher Mann mit athletischem Körperbau trat ein: »Na, mein junger Freund, wie geht es dir heute? Deutlich besser als gestern, wie ich sehe.«

Radhagupta, immer gerade stehend, das Gesicht stolz und fast quadratisch wirkend, mit einer weißen Haarlocke oberhalb der linke Stirn, war Ashokas Mitarbeiter, der einzige, dem er voll vertrauen konnte. Sein kurz geschnittener, gepflegter schwarzer Bart unterstrich seinen militärisch-zuverlässigen Charakter. Ashoka saß heute zum ersten Mal an dem kleinen Tisch in seiner Kammer, um sein Mittagsmal einzunehmen und schaute seinen Gefährten gut aufgelegt in die Augen. Dieser war etwas älter als Ashoka, sie waren miteinander aufgewachsen und dementsprechend miteinander vertraut.

»Da hast du ja wirklich tausend Schutzengel gehabt, dass du dich so schnell wieder berappen konntest.«

»Da hast du Recht! Ein Glück, dass es Schutzengel gibt!«

»Übrigens, meine Erkundigungen haben nichts ergeben! Wir haben keine konkrete Spur gefunden, die auf den Mordversuch an dir hinweisen könnte. Auf jeden Fall war es richtig gewesen, dich nach diesem Attentat in einem kleinen unbekannten Kloster zu verstecken, egal wer dahinter steckt … «