Kalte Havel - Tim Pieper - E-Book

Kalte Havel E-Book

Tim Pieper

4,9

  • Herausgeber: Emons Verlag
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Am Ufer der Havel wird ein junger Mann erschossen. Sein sechzehnjähriger Begleiter ist nicht nur spurlos verschwunden, sondern auch der Sohn von Staatsanwältin Caren Winter. Für Hauptkommissar Toni Sanftleben beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn die erfolgreiche Beamtin hat viele Feinde. Seine Ermittlungen führen ihn in die verfallenen Ruinen der Beelitz-Heilstätten. Hier trifft er auf junge Wilde, die ihr Territorium mit allen Mitteln verteidigen.

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Seitenzahl: 364

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Tim Pieper, geboren 1970 in Stade, studierte nach einer Weltreise Neuere und Ältere deutsche Literatur und Recht. Mit seiner Familie lebt er nur wenige Kilometer vor den Toren Potsdams. Er nutzt jede Gelegenheit, um die Geschichte und die reizvolle Landschaft der Region mit dem Fahrrad zu erkunden.

www.timpieper.net

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.   Der Abdruck des Songtextes

© 2016 Emons Verlag GmbH Alle Rechte vorbehalten Umschlagmotiv: fotolia.com/Bernd Kröger Umschlaggestaltung: Tobias Doetsch Lektorat: Carlos Westerkamp eBook-Erstellung: CPI books GmbH, LeckISBN 978-3-96041-135-2 Originalausgabe

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Für Steffi und Moritz

Ich erinnere mich an Jugend und an das Gefühl, das niemals wiederkehren wird– das Gefühl, dass mein Leben ewig währen könnte, dauerhafter als das Meer, die Erde und alle Menschen.

Joseph Conrad (1857–1924), britisch-polnischer Autor

Wo fängt dein Himmel an, und wo hört er auf? Wenn er weit genug reicht, macht dann das Meer zwischen uns nichts mehr aus?

Prolog

Als Hendrik Spohr mit dem schweren Geländewagen seines Vaters durch die Nacht rauschte, tauchte im Licht der Scheinwerferkegel der Wald bei Neu Fahrland auf. Für einen Moment überlegte der Zwanzigjährige, den Sicherheitsgurt zu lösen, das Gaspedal durchzutreten und gegen einen Baum zu rasen. Er würde durch die Windschutzscheibe geschleudert werden, und alles wäre vorbei.

Schnell, endgültig und unumkehrbar.

Hendrik hatte es sich nie leicht gemacht. In der Pubertät war er in Behandlung gewesen und begriff irgendwann, dass weder seine Eltern noch seine Therapeuten ihn verstehen konnten, weil jeder nur seinen eigenen Vorteil suchte. So begann er, selber Ziele zu definieren und sie konsequent umzusetzen. Stolz trug er seitdem für alle seine Taten die Verantwortung.

Die Selbstauslöschungsphantasie war nur ein dunkles Echo aus der Jugend. Damals wollte er Rache nehmen, aber mittlerweile wusste er, dass ein solches Vorhaben sinnlos war. Seine Eltern würden sich keiner Schuld bewusst sein. Bestimmt wären sie erschüttert, doch nach Verarbeitung des ersten Schocks wären sie erleichtert, dass er keinen Ärger mehr machen konnte.

Hendrik setzte den Blinker, gab Vollgas und überholte mit aufbrüllendem Motor einen Kleinwagen. Wenigstens einen Menschen gab es, den es interessierte, was mit ihm geschah. Es war sein bester Freund, der sechzehnjährige Alexander Winter. Sie vertrauten einander, und er wollte den Jüngeren nicht in etwas verwickeln, von dem dieser nicht überzeugt war.

»Bist du dir wirklich sicher?«, fragte er. »Ich kann das auch alleine durchziehen.«

»Ich hab gesagt, dass ich mitkomme«, erwiderte Alexander. »Dabei bleibt es.«

»Egal, wie die Sache ausgeht«, murmelte Hendrik und schnitt die Kurve so scharf, dass die Reifen quietschten. »Egal, was passiert. Uns kann niemand was. Macht kaputt, was euch kaputt macht.«

Diese Worte waren mehr als die Liedstrophen eines alten Anarchosongs. Diese Worte hatten in den vergangenen Monaten eine neue Bedeutung für ihn gewonnen. Sie waren sein Mantra und setzten Energien frei, die ein noch rigoroseres Handeln erlaubten. Der Widerstand war eine Entscheidung, die er bewusst getroffen hatte.

Bei Krampnitz bog er von der B2 ab. In engen Kurven schlängelte sich die Straße an düsteren Häusern und Pferdeweiden vorbei, bis der Wald dichter wurde. Die Baumkronen schlossen sich über dem Wagendach, und nur vereinzelt blitzte der silberne Mond zwischen dem schwarzen, schaukelnden Geäst auf.

Heute beginnt es, dachte Hendrik und rieb sich über den Schädel. Und es würde erst enden, wenn er es wollte. Die Schweine hatten ihren Triumph gehabt, und jetzt schlug er zurück. Er würde sie langsam ausbluten lassen, bis sie erniedrigt am Boden lagen und sich nicht mehr rühren konnten. Sie sollten zu spüren bekommen, mit wem sie sich angelegt hatten.

Das gelbe Ortsschild von Sacrow leuchtete auf, und Hendrik bog auf den Waldparkplatz ab. Während er tiefen Schlaglöchern auswich, spähte er nach links und rechts, aber sosehr er seine Augen auch anstrengte, er konnte kein Fahrzeug in den finsteren Ecken ausmachen.

Langsam rollte er bis zum Holzzaun vor, stoppte den Motor und stieg aus. Die frische Luft kühlte sein erhitztes Gesicht. Es roch nach Erde und verrottetem Laub. Ein Windstoß fuhr in einen Baum und ließ die trockenen Blätter rascheln.

Hendrik stapfte zum Heck, öffnete die Klappe und ließ Alexander, der von der anderen Seite neben ihn getreten war, einen Blick auf den Inhalt der Plastikbox werfen. In der gelben Kofferraumbeleuchtung wurden ein Gummiknüppel, Pflastersteine, eine Tränengaspistole und noch andere Waffen sichtbar.

»Was hast du vor?«, fragte Alexander erschrocken. »Davon war nicht die Rede.«

»Wir spielen jetzt in einer anderen Liga«, erwiderte Hendrik und bemerkte, dass der Freund einen Schritt zurücktrat. »Ich sag es noch mal: Ich mach dir keinen Vorwurf, wenn du jetzt aussteigst. Darauf gebe ich dir mein Wort. Aber wenn du dabei bist, will ich mich auf dich verlassen können.«

»Ich komme mit, aber eine Waffe nehme ich nicht in die Hand.«

»Ist ja nur zur Abschreckung.«

»Dann können wir sie auch gleich weglassen.«

»Du meinetwegen, ich nicht«, entschied Hendrik und beugte sich über die Plastikbox. Er griff nach einem Dolch, den er sich in den Gürtel steckte, dann nach einem Chako. Er nahm das Rundholz in der Mitte und wirbelte mit dem anderen, an der Kette baumelnden Holzstück so schnell eine Achterschleife, dass die Luft leise rauschte. Zufrieden verstaute er die Waffe in der Jackentasche und schob sich noch einen Schlagring über die Finger.

Er schloss die Heckklappe, verriegelte den Wagen und sagte: »Los jetzt!«

Nachdem die Freunde über den Zaun geklettert waren, liefen sie durch den Schlosspark zum Treffpunkt. Ihre Konturen verschwammen, bis sie sich auflösten und in die Dunkelheit übergingen.

Zwölf Stunden später

1

Neustädter Havelbucht, Potsdam

Während Toni Sanftleben seine Frau im Rollstuhl zum Bootsanleger schob, atmete der Vierzigjährige die frische Mittagsluft tief ein. Nach Auflösung der Nebelschwaden hatte sich die Sonne durchgesetzt, und die Meteorologen kündigten einen goldenen Herbst an. Von den Trauerweiden im Uferbereich rieselten längliche Blätter. Am Himmel zogen Graugänse in der typischen V-Formation vorüber.

Toni umschloss die Handgriffe fester und blickte liebevoll auf seine Frau herab. Sofies Haare schimmerten kupferrot. Manchmal konnte er kaum fassen, dass sie wieder bei ihm war.

1998 waren sie mit ihrem kleinen Sohn gerade von einer zweieinhalbjährigen Weltreise zurückgekehrt, als Sofie beim Baumblütenfest in Werder spurlos verschwand. In der Nacht badete sie in der Havel und kehrte nicht mehr zurück. Sechzehn Jahre hatte er nach ihr gesucht. Sein ganzes Leben hatte er dem Ziel untergeordnet, sie zu finden. Er, der Globetrotter und angehende Sprachenstudent, wurde sogar Kriminalpolizist, um mehr Handlungsspielraum zu haben. Er legte ein umfassendes Archiv an und verfolgte jede noch so geringe Spur, bis er sie vor elf Monaten aufspürte. Zwar war sie in schlechter körperlicher Verfassung, aber sie lebte– und das war die Hauptsache. Noch heute litt sie unter Gedächtnislücken, sodass sie nicht wusste, was damals passiert war.

Vor ihrem Verschwinden war die Welt groß und weit für Toni gewesen. Alles schien ihm möglich zu sein. Mittlerweile näherte er sich diesem Gefühl wieder an, was sich auch in seinem Stil ausdrückte. Er hatte seine dunklen Locken länger wachsen lassen und trug die Muschelkette, die ihm einst ein französischer Althippie am Strand von Goa geschenkt hatte. Trotzdem war er ein anderer geworden. Die Vergangenheit hatte Spuren hinterlassen. Er wagte nicht, zu weit nach vorn zu blicken, und er übte sich in der Kunst der kleinen Schritte.

Mit dem Handrücken rieb er sich über die Nase und dachte an gestern. Trotz ihrer Geldsorgen war er in ein Reisebüro gestiefelt und hatte einen Urlaub auf La Gomera gebucht, wo die Wassertemperaturen in zwei Wochen noch so hoch sein würden, dass sie im Meer baden könnten. Heute wollte er Sofie mit den Flugtickets überraschen und hoffte, dass die Sonne, der Strand und das Wellenrauschen dazu beitragen würden, dass sie sich auch körperlich wieder näherkamen.

Zärtlich legte er die Hand auf ihre Schulter und spürte sofort, wie sie sich verspannte. Er wollte sie nicht bedrängen und zog seinen Arm zurück. Die aufkommende Enttäuschung verdrängte er. Es gab keinen Grund, ihre Stimmung zu dramatisieren. Die Rehabilitation verlangte ihr viel ab. Für jede Verbesserung ihrer Koordinationsfähigkeit musste sie hart arbeiten. Nicht selten gab es Rückschläge. Vermutlich beschwerte es sie auch, dass sie ihm noch keine vollwertige Partnerin sein konnte.

Toni war so sehr in seine Überlegungen vertieft, dass er leicht zusammenzuckte, als sich plötzlich eine schlanke blonde Frau in sein Blickfeld schob. Sie blieb mitten auf dem Kiesweg stehen und schaute ihm ins Gesicht. Offenbar hatte sie auf ihn gewartet.

Ihr feines Halstuch, der taillierte Mantel und die weiße Bluse kontrastierten mit der ausgewaschenen Jeans und den hellbraunen Stiefeletten. Obwohl sie in einem lässigen Schick gekleidet war, machte sie einen erschöpften Eindruck. Ihr Gesicht wirkte grau und teigig, ihre Bewegungen muteten überhastet an.

Toni hatte sie das letzte Mal bei einer Lesung getroffen, die im Rahmen des Literaturfestivals Potsdam stattfand. Sie war in Begleitung des Staatsanwalts Pascal Legrand gewesen, den Toni ebenfalls aus dem Justizzentrum kannte. Er hatte sich gewundert, weil die beiden Kollegen waren und Legrand eine Familie hatte, aber er hatte nicht weiter darüber nachgedacht und die Begegnung bald vergessen.

»Das ist Staatsanwältin Caren Winter«, sagte Toni zu seiner Frau. »Wir hatten beruflich miteinander zu tun. Sie war mir bei der Suche nach dir sehr behilflich.«

»Hallo«, sagte Sofie und nickte freundlich.

»Hallo«, erwiderte Caren. »Ich freue mich sehr, dass wir uns kennenlernen.« Die Staatsanwältin rang sich ein Lächeln ab, aber in ihrer Stimme schwang ein Unterton mit, der ihre Aufgewühltheit verriet. Sie sah zu Toni auf. »Es tut mir leid, dass ich dich so überfalle, aber ich muss mit dir sprechen. Allein. Es ist… dienstlich.«

Toni ersparte sich die Bemerkung, dass er beurlaubt war, und sagte: »Dann komm mit aufs Boot!«

Anscheinend hatte auch Sofie die Anspannung gespürt, denn sie enthielt sich jeden Kommentars. Gemeinsam bewegten sie sich über den eisernen Steg und gelangten über die Rampe auf das Deck des Hausboots. Toni parkte den Rollstuhl neben einer Tonne mit Fendern, betätigte die Feststellbremse und öffnete die knarzende Stahltür, die in den Salon führte. Er streckte die Arme aus, um seine Frau hochzuheben und sie nach unten zu tragen, aber Sofie wehrte ihn ab.

»Redet nur«, sagte sie. »Das schaffe ich auch alleine.«

»Sicher?«, fragte Toni. »Du hattest gerade eine ziemlich harte Gymnastikstunde. Es ist doch keine große Sache und dauert nicht lange.«

Sofie griff nach seiner Hand, küsste seine Finger und sah ihm eindringlich in die Augen. »Ich möchte es gerne alleine schaffen«, sagte sie. »Geht nur.«

»Okay. Wie du willst!«

Toni trat einen Schritt zurück, aber er blieb in der Nähe, um bei einem drohenden Sturz eingreifen zu können. Vermutlich will sie sich vor Caren keine Blöße geben, dachte er und beobachtete, wie sich Sofie hochstemmte, wie sie leicht schwankend zum Handlauf ging und wie sie die schmalen, glatten Stufen hinunterstieg. Ihrer linken Körperhälfte fehlte es noch an Kraft und Geschicklichkeit. Ein Knochenbruch wäre zum jetzigen Zeitpunkt fatal und würde sie um Monate zurückwerfen. Vielleicht sollte er sich endlich um eine ebenerdige Wohnung kümmern, aber es fehlte ihnen an allen Ecken und Enden an Geld. Nach der Buchung des Urlaubs sowieso. Endlich hatte sie es nach unten geschafft und fasste nach dem Gehstock, der dort für sie bereitstand und ihr Stabilität geben würde.

»Klopf einfach gegen die Decke, wenn du mich brauchst«, rief Toni und führte Caren am Ruderhaus vorbei zum Heck des Bootes, wo zwei Liegestühle standen. Toni ließ sich nieder, verschränkte die Hände über dem Kopf und streckte die Beine aus. Caren zog es vor, an der Reling stehen zu bleiben. Eine Schar Möwen flog über sie hinweg, schwärmte kreischend aus und ließ sich auf der glitzernden Wasseroberfläche nieder. Ein Hausboot, das aussah wie ein hölzerner Schuhkarton, legte vom Nachbarsteg ab und nahm Kurs auf die Havel.

»Deine Frau ist schön«, sagte Caren.

»Danke«, erwiderte Toni. »Das werde ich ihr ausrichten. Das wird sie aufmuntern. Sie hat schon Riesenfortschritte gemacht… Aber du bist bestimmt nicht gekommen, um über Sofie zu sprechen. Was führt dich her?«

Caren streckte den Rücken durch. »Du hast mir damals gesagt, dass du da bist, wenn ich dich brauchen sollte. Weißt du noch?«

Toni erinnerte sich an ein Mittagessen bei einem Italiener in der Lindenstraße, an das beide unterschiedliche Erwartungen geknüpft hatten und das für beide anders verlaufen war, als sie sich erhofft hatten. »Natürlich.«

»Jetzt ist es so weit. Ich brauche deine Hilfe. Mein Sohn Alexander ist letzte Nacht nicht nach Hause gekommen.«

Toni zog die Beine an und setzte sich so aufrecht hin, wie das in einem Sonnenstuhl möglich war. »Ich verstehe deine Sorge, Caren, aber du weißt doch, wie Jungs in diesem Alter–«

»Nein, nein«, unterbrach sie ihn sofort. »Entschuldige. Ich habe mich missverständlich ausgedrückt. Es ist sehr ernst. Sein bester Freund Hendrik hat ihn gestern Abend abgeholt. Anscheinend sind sie zur Sacrower Heilandskirche gefahren. Dort wurde Hendrik heute Morgen aufgefunden. Erschossen! Und Alexander ist verschwunden und meldet sich nicht. Sein Handy ist ausgeschaltet. Ich mache mir solche Sorgen.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen, liefen aber noch nicht über. Trotzig streckte sie das Kinn vor.

Das klingt allerdings ernst, dachte Toni. Er stellte sich neben sie an die Reling und fragte behutsam: »Weiß man schon Genaueres?«

»Die Kollegen tun, was sie können, aber ich frage mich die ganze Zeit, was die beiden Jungs so spät dort wollten. An einem so abgelegenen Ort? Ich kann leider nicht viel zur Aufklärung beitragen. Alexander ist sechzehn. In diesem Alter sprechen Söhne nicht mit ihren Müttern. Überhaupt sind sie schwer zugänglich.«

»Das stimmt wohl«, sagte Toni.

»Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden«, sagte Caren entschlossen. »Seit der Trennung von meinem Mann vor knapp zwei Jahren ist Alexander immer introvertierter geworden. Einerseits habe ich mich gefreut, dass er sich mit einem älteren Jungen angefreundet hat, andererseits war dieser Hendrik auch krass und hatte ein Autoritätsproblem. Wegen Brandstiftung ist er vorbestraft und nur auf Bewährung auf freiem Fuß. Ein Freund der Familie hat den Fall verhandelt. Deshalb weiß ich gut Bescheid.«

»Hattest du kein Problem damit, dass Alexander einen vorbestraften Kumpel hatte?«

»Natürlich hab ich mir Sorgen gemacht. Du weiß ja selbst, was schlechter Umgang bewirken kann. Deshalb wollte ich den Jungen auch kennenlernen. Auf mich machte Hendrik einen anständigen, einen sensiblen Eindruck. Außerdem kommt er aus einem guten Elternhaus. Ich hatte gehofft, dass er einen einmaligen Fehler begangen hat, den er aufrichtig bereut. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Oder findest du nicht?«

Toni nickte. »Ich muss das fragen: Könnte Alexander der Täter sein?«

»Das ist ausgeschlossen. Die beiden waren sehr enge Freunde, es gab kein Konfliktpotenzial. Außerdem hat mein Sohn keine Schusswaffe. Ich gehe davon aus, dass er sich entweder versteckt, weil er in Schwierigkeiten geraten ist, oder dass er entführt wurde.«

»Entführt, sagst du? Dann doch wohl nur, weil er Zeuge der Erschießung wurde. Oder könnte die Tat auch mit dir zusammenhängen? War Alexander vielleicht das eigentliche Ziel und Hendrik nur ein Kollateralschaden? Hat dir einer der Angeklagten gedroht? Gab es Ärger bei einer Verhandlung? Könnte es sich um einen Racheakt handeln?«

»In unserem Job muss man sich vieles anhören, das weißt du selbst, aber von den Angeklagten hat keiner das Format, meinen Sohn zu entführen. Doch wenn ich genau darüber nachdenke…«

»Ja?«

»Es gab jemanden, der mir nachgestellt hat.«

»Ein Stalker?«

»Genau. Seit seiner Zwangseinweisung in eine Klinik habe ich nichts mehr von ihm gehört. Das war im Februar. Ich kann mir auch nicht vorstellen, warum er meinen Sohn entführen sollte.«

»Warum hat dich der Mann verfolgt? War er in einen deiner Fälle involviert?«

»Nein. Das habe ich auch zuerst gedacht, aber er wollte eine Beziehung. Die ganze Geschichte war ziemlich unheimlich. Zunächst kannte ich ihn kaum. Ich hab ihn zwei- oder dreimal zufällig auf einer Baustelle gesehen, an der ich jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit vorbeiging. Er hat dort Säcke geschleppt, Betonmischungen angerührt, so was eben. Ich hab ihn gegrüßt, wie man Fremde grüßt, und er hat das zum Anlass genommen, sich eine Liebesbeziehung einzubilden. Er wurde zudringlicher und hat mich morgens abgepasst, um mir Blumen und Geschenke zu überreichen. Seine Nachstellungen wurden immer schlimmer. Schließlich ist er in meine Wohnung eingebrochen und hat seine Kleidungsstücke in den Schrank gehängt.«

»Oh Mann. Das tut mir leid«, sagte Toni und schaute betroffen über die Neustädter Bucht. Eine Windböe strich über das Wasser und raute die Oberfläche auf. Er war kein Psychologe, aber er hatte zwei Stalkingfälle bearbeitet, die ein tödliches Ende genommen hatten. Zwar wusste er, dass Erotomanen statistisch gesehen seltener gewalttätig wurden als wutmotivierte Stalker, aber an der Sacrower Heilandskirche war die Situation möglicherweise eskaliert, was das Geschehen unter neue Vorzeichen setzte. »Hat er deinen Jungen als Hindernis betrachtet, um mit dir zusammenzukommen?«

»Alexander hat mich zuletzt auf dem Weg zur Arbeit begleitet, um mich zu beschützen. Er hat den Mann gehasst, weil er gemerkt hat, wie viel Angst er mir einjagt«, erwiderte Caren. »Hältst du es für möglich, dass er meinen Sohn aus dem Weg geräumt hat, um freie Bahn zu haben?«

»Das wäre denkbar. Vielleicht hat er Alexander auch bedroht. Und dein Sohn hatte genug von dem Psychoterror und wollte ihm eine Lektion erteilen. Er und Hendrik locken den Stalker an einen entlegenen Ort, wo die Auseinandersetzung aus dem Ruder läuft.«

Caren setzte zu einer Erwiderung an, schluckte aber nur mehrmals, bis sie ihre Stimme wiederfand. »Wenn das so ist, dann… dann…«

»Ganz ruhig«, sagte Toni und legte sanft die Hand auf ihren Unterarm. »Ich mache mir nur ein Bild von deinem privaten Umfeld. Das ist alles. Wahrscheinlich hat der Mann nichts mit Alexanders Verschwinden zu tun. Wenn er sich seit Februar nicht mehr gemeldet hat, ist das ein gutes Zeichen. Das spricht dafür, dass er dir nicht mehr nachstellt. Gibt es ein Annäherungsverbot?«

Caren nickte.

»Gut. Dann hat es scheinbar Wirkung gezeigt. Trotzdem bin ich der Meinung, dass jemand sein Alibi überprüfen sollte. Natürlich mit Fingerspitzengefühl. Was ist mit deinem Ex-Mann? Wie war sein Verhältnis zu Alexander?«

»Sie waren zerstritten. Eines Abends ist Alexander aus Groß Glienicke zurückgekehrt, wo sich Fritjof mit seiner neuen Frau ein Haus gebaut hat, und hat wütend erklärt, dass er seinen Vater nicht mehr sehen wolle. Ich weiß nicht, warum. Über die genauen Gründe wollte er nicht sprechen. Er hat nur gesagt, dass sein Vater für ihn gestorben sei.«

»Hm.«

Caren sah ihn erneut ängstlich an. »Ja, ich glaube auch, dass etwas vorgefallen ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Fritjof in die Sache verwickelt ist. Er ist ein Egozentriker, aber er würde unserem Sohn niemals etwas antun. Ach, ich mache mir solche Vorwürfe.«

»Dich trifft keine Schuld.«

»Toni«, sagte sie und stellte sich kerzengerade hin. »Ich bitte dich, in den Dienst zurückzukehren und diesen Fall zu übernehmen. Dann sind wir quitt, dann werde ich dich nie mehr behelligen.«

»Schon gut«, sagte er. »Du weißt, dass ich im unbezahlten Urlaub bin?«

»Natürlich. Ich war heute Morgen beim Polizeipräsidenten, um alles in die Wege zu leiten. Momentan sind Kriminalrat Schmitz und dein altes Ermittlerteam zuständig. Wir wissen beide, dass Schmitz in seinem Übereifer häufig etwas übersieht, außerdem ordnet er seinem beruflichen Ehrgeiz alles unter. Du bist gewissenhaft und gründlich. Du kannst seine Entscheidungen hinterfragen und die Ermittlungen in die richtige Bahn lenken.«

»Wie hat der Polizeipräsident reagiert?«

Caren blickte ihn entschlossen an. »Er war nicht gerade erfreut, aber ich habe noch etwas gut bei ihm. Und wenn es um meinen Sohn geht, ist mir jedes Mittel recht.«

»Du hast ihn unter Druck gesetzt?«

»Wie ich es angestellt habe, ist meine Angelegenheit. Ist das ein Problem für dich?«

»Nein.«

»Das habe ich mir gedacht«, erwiderte Caren, und für einen Moment zeigte sie den Anflug eines Lächelns. »Dienstwaffe und Dienstausweis dürften im Kommissariat schon für dich bereitliegen. Ich habe durchgesetzt, dass du mit allen Rechten und Pflichten zurückkehrst.«

»Auch mit vollen Bezügen?«, fragte Toni und dachte an seine finanzielle Misere.

»Natürlich.«

2

Toni erklärte Sofie in groben Zügen, warum er in den Polizeidienst zurückkehren musste. Weder kommentierte sie seine Entscheidung, noch war aus ihrem Verhalten zu ersehen, was sie von dieser Entwicklung hielt. Ihre neutrale Haltung hatte ihn in den letzten Wochen manchmal verletzt. Jetzt kam sie ihm gelegen, denn für eine Diskussion fehlte ihm die Zeit.

Schnell bereitete er ihre Sitzdusche vor und legte Handtücher und Wäsche bereit. Glücklicherweise hatte er gestern einen großen Topf Cassoulet– einen französischen Bohneneintopf– gekocht, den sie sich nur aufwärmen musste. Er druckte eine Tabelle mit ihrem restlichen Tagesprogramm aus und markierte die Koordinationsübungen, die sie gerne »vergaß«, mit einem neonblauen Filzstift. Schließlich stand er mitten im Salon, blickte sich um und überlegte, ob er etwas vergessen hatte.

»Nun verschwinde schon«, sagte Sofie lächelnd.

»Unseren Sohn rufe ich gleich noch wegen des Termins in Wannsee an«, erwiderte Toni. »Ich weiß leider nicht, wann ich zurück bin.«

»Macht nichts. Ich komme klar.«

»Wenn irgendetwas los ist oder du Hilfe brauchst, kannst du mich jederzeit auf dem Handy erreichen.«

»Ich weiß.«

»Ich liebe dich«, sagte er, strich ihr zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht und sprang die Treppe hoch.

Wenige Minuten später schob er sein klappriges Herrenfahrrad durch die Kiezstraße, in der die Blätter der alten Bäume in einem kräftigen Gelb leuchteten. Er zog sein Smartphone aus der Tasche.

»Hallo, Papa!«, meldete sich Aroon. Im Hintergrund kicherte jemand, so als wäre die Anrede komisch.

Toni hatte sich in letzter Zeit häufiger gefragt, ob sein achtzehnjähriger Sohn eine Freundin hatte. Er sorgte sich etwas, weil der Junge noch nie eine Liebesbeziehung eingegangen war und manchmal Probleme im zwischenmenschlichen Umgang hatte. Im Vorschulalter stellten die Ärzte eine Hochbegabung fest, die ihn oft zu einem Außenseiter machte. Zwar war er mittlerweile Doktorand am Lehrstuhl für Mathematik und bekam für sein Können viel Anerkennung, aber als ehemals alleinerziehender Vater konnte sich Toni noch an alle Rückschläge erinnern. Jetzt hoffte er, dass sich die junge Frau nicht nur für Aroons Verstand, sondern für ihn als Typen interessierte. Eine weitere Enttäuschung würde er dem Jungen gerne ersparen.

»Kannst du Sofie um dreizehn Uhr zum Psychiater fahren?«, fragte er. Begriffe wie »Mama« vermied er, weil sein Sohn erklärt hatte, dass er jemanden, der ihm seine ganze Kindheit und Jugend keine Mutter gewesen war, auch nicht so nennen könne. »Mir ist etwas dazwischengekommen. Der Autoschlüssel hängt am Brett.«

Nachdem sich Aroon widerstrebend bereit erklärt hatte, beendete Toni die Verbindung, schwang sich in den Sattel und strampelte ins Kommissariat, das nur ein paar hundert Meter entfernt lag. Er war in den vergangenen Monaten oft an dem Gebäudekomplex vorbeigekommen und hatte sich gefragt, ob er hier jemals wieder arbeiten würde. Jetzt kannte er die Antwort.

Toni lehnte den Drahtesel gegen eine Mauer und betrat das Haus, in dem er jahrelang ein und aus gegangen war. Als er durch die Flure marschierte, stellte er fest, dass sich nichts verändert hatte. In seinem Leben war so viel geschehen, aber hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Eine vorbeieilende Sekretärin grüßte ihn, als wäre er nur zur Mittagspause raus gewesen.

In den Büros traf er von den früheren Kollegen nur Phong an, der auf der Fensterbank saß und melancholisch auf den Hof schaute. Der Sohn vietnamesischer Boatpeople hatte früher wie die Miniaturausgabe eines Sumoringers ausgesehen. Zwar war der Kriminalkommissar immer noch rundlich, aber das ausgewaschene »The Jackson 5«-T-Shirt füllte er nicht mehr aus. In der Taille warf es Falten. Der Bauch und die Speckröllchen waren geschrumpft.

Toni stellte verwundert fest, wie sehr er sich über das Wiedersehen freute. »Was ist denn mit dir los?«, fragte er. »Hast du in den letzten anderthalb Jahren eine Diät gemacht?«

Phong drehte ihm den Kopf zu. Sogar das Brillengestell mit den getönten Gläsern war zu groß geworden. »Da bist du ja«, sagte der Kriminalkommissar beinahe ungläubig, sprang auf die Füße und klopfte ihm linkisch auf den Arm. »Dein Nachfolger hat mich im Außendienst eingesetzt. Ich bin bei jedem Wetter von Tür zu Tür gerannt, ich bin überhaupt nicht mehr zur Ruhe gekommen.«

»Das nenne ich Verschwendung wertvoller Ressourcen«, sagte Toni. Bei ihm hatte Phong die Recherchearbeit erledigt. Außerdem hatte er als Mittelsmann zur Gerichtsmedizin und Kriminaltechnik wertvolle Dienste geleistet und sich ein breites Fachwissen angeeignet.

»Und alles nur«, sagte Phong, »weil er aus Düsseldorf stammt und mit der Brandenburger Mentalität nicht klargekommen ist. Da hat er sich einfach meinen Job gekrallt und von hier aus alles gemanagt.«

»Der hiesige Charme wirkt eben nicht bei jedermann«, sagte Toni schmunzelnd. »Wo ist er jetzt?«

»Offiziell im Urlaub, aber inoffiziell heißt es, dass er einen Burn-out hat und diesen so lange aussitzt, bis seinem Rückversetzungsgesuch nach Nordrhein-Westfalen stattgegeben wird. Aber jetzt bist du wieder da. Das bist du doch, oder?«

»Vorerst ja. Wo sind die anderen?«

»Ausgeflogen, es gibt viel zu tun. Jeder verfügbare Mann ist im Einsatz. Ich bin nur hiergeblieben, um dich einzuweisen.«

Toni fragte sich, ob Kriminalrat Schmitz ihn absichtlich mied. Er war noch nie sonderlich gut mit dem Leiter der Mordkommission ausgekommen, aber seit er ihm und dem Polizeipräsidenten einen Bericht zugeschickt hatte, in dem er den unwiderlegbaren Nachweis geführt hatte, dass der Mörder vom Baumblütenfest noch frei herumlief, musste seine Anwesenheit wie ein Damoklesschwert über seinen Vorgesetzten schweben. Indem sie es unterlassen hatten, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, waren sie nicht nur ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen, sondern hatten sich auch angreifbar gemacht.

»Zuerst reorganisiere ich mein Team«, sagte Toni. »Ich brauche einen klugen Kopf hier vor Ort, der ständig erreichbar ist und Informationen einholt.«

»Du meinst hier?«, fragte Phong. »Im Kommissariat? Am Computer?«

»Ganz genau«, erwiderte Toni. »Caren hat mir von einem Stalker erzählt, der ihr nachgestellt hat und in ihre Wohnung eingebrochen ist. Es gibt ein Annäherungsverbot. Finde alles über ihn heraus. Und sei bitte vorsichtig. Du weißt selbst, dass diese Kerle tickende Zeitbomben sind. Da fällt mir ein– woher wusste sie eigentlich so schnell, dass ihr Sohn involviert ist?«

»Als zuständige Staatsanwältin wurde sie heute Morgen über den Tod von Hendrik Spohr informiert. Sie ist zum Tatort gefahren und brauchte nur noch eins und eins zusammenzählen. Mittlerweile hat sie den Fall an Pascal Legrand abgegeben. Er ist ein Schönling, aber meistens auf unserer Seite. Hast du einen Namen von dem Stalker? Ach, ist auch egal. Das ist ein Klacks.«

So viel Eifer war Toni von Phong gar nicht gewohnt. Früher hatte er ihn oft motivieren müssen. »Sicherheitshalber solltest du auch Carens alte Fälle durchgehen.«

»Guter Ansatz. Welchen Zeitraum?«

»Die letzten zwei Jahre würde ich sagen.«

»Das schaffe ich unmöglich an einem Tag.«

»Na, dann wirst du wohl etwas länger am Computer arbeiten müssen.«

Feierlich schob Phong seine Brille den Nasenrücken hoch und sah ihn mit großen Augen an. »Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass du wieder da bist.«

»Dann enttäusch mich nicht. Was habt ihr bis jetzt?«

»Hier ist die Akte. Sie ist nicht so ausführlich, wie du sie von früher her kennst, aber für einen ersten Überblick sollte es reichen. Und wenn du möchtest, vervollständige ich sie heute noch.«

»Unbedingt«, sagte Toni und nahm die Waffe und einen vorläufigen Dienstausweis entgegen, die Phong aus einer Schublade gezogen hatte und ihm aushändigte.

»Du musst den Empfang quittieren«, sagte der Kriminalkommissar. »Außerdem sollst du noch ein paar Formulare unterschreiben.«

»Na klar.«

Phong fächerte die Papiere auf, zeigte auf einige Unterschriftenfelder und sagte: »Hier… hier… hier… hier… und hier. Bis heute Abend ist dein alter Arbeitsplatz hergerichtet und mit einem Rechner bestückt. Für neunzehn Uhr ist eine Dienstbesprechung angesetzt.«

»Das passt. In der Zwischenzeit werde ich mich in die Unterlagen einarbeiten und den Tatort inspizieren«, sagte Toni. Er merkte, dass sein Kollege zögerte. »Also los, an die Arbeit.«

Das war der Anstoß, den Phong noch gebraucht hatte. Andächtig setzte er sich an den Schreibtisch. Aus einer Schublade nahm er einen Rückenkratzer mit asiatischen Schriftzeichen und positionierte ihn griffbereit neben seinem Tacker. Er drückte die On-Taste des Computers und nahm die Maus in die Hand. Als sich der blau aufleuchtende Bildschirm in seinem Brillenglas spiegelte, war er schon in eine andere Welt abgetaucht.

Toni verließ das Büro und marschierte über den Flur. Natürlich war der Anlass für seine Rückkehr bitter, aber das Wiedersehen mit dem Kollegen, die Delegation der Aufgaben und sein eigenes Vorhaben beflügelten ihn. Es fühlte sich überraschenderweise an, als wäre er am richtigen Platz.

3

Der Schein trog. Niemand ahnte, was er durchmachte.

Ständig hatte sie etwas auszusetzen, ständig mäkelte sie an ihm herum und vergiftete die Atmosphäre. Sie gönnte ihm keine Ruhe. Immerzu rannte sie hinter ihm her, um ihm eine neue Gehässigkeit an den Kopf zu werfen und genussvoll seine Reaktion zu beobachten.

»Ich kann dich nicht mehr ertragen«, schrie er und lief die Treppe hinunter.

Er hasste sie von ganzem Herzen. Er hasste es, jeden Morgen neben ihr zu erwachen und genau zu wissen, was ihn am Tag erwarten würde. Er hasste es, Aufträge von ihr zu bekommen und sie nie zu ihrer Zufriedenheit erledigen zu können. Und er hasste es, dass er noch keinen Schlussstrich gezogen hatte. Er war zu schwach gewesen, und das hatte sie ausgenutzt.

Er schlug die Tür hinter sich zu und zog im Gehen seine Jacke an. Tief atmete er die kühle Luft ein, die seine Lungen füllte und seinen Zorn linderte. Links und rechts standen Einfamilienhäuser. Einige waren neu und wiesen die Eigentümer als Besserverdiener aus. Männer harkten Laub, kleine Kinder hopsten auf einem Trampolin herum, und Hunde jagten Eichhörnchen hinterher.

Er musste sich zusammenreißen. Er durfte sich nicht auf ihren Kleinkrieg einlassen. Ihre Giftpfeile durften ihn nicht treffen. Er musste zusehen, wie er aus diesem Schlamassel herauskam.

Ja, er hatte Fehler begangen. Es fing damit an, dass er ihre Nörgeleien ernst nahm und sich selbst für einen Versager hielt. Er ließ sich zu etwas hinreißen, das nicht korrekt war. Er wollte beweisen, wie bedeutend er war. Und als er begriff, wie närrisch er sich verhielt, konnte er es nicht mehr rückgängig machen. Es war nur eine Kleinigkeit, aber für jeden noch so geringen Fehler musste man zahlen. Das hatte er längst gelernt.

Und in der letzten Nacht hatte es damit geendet, dass er einem jungen Mann in den Kopf schoss.

Bereute er seine Tat?

Nein!

Quälte ihn sein Gewissen?

Bestimmt nicht!

Dieser kleine Mistkerl wollte ihn an einem Nasenring durch die Manege zerren. Er hielt ihn für schwach, wie seine Frau, aber da täuschte er sich. Irgendwann hatte sogar er die Schnauze voll.

Es war ein Befreiungsschlag gewesen.

Radikal und total!

Er hatte sich absichtlich in diese schlimme Situation manövriert, damit es kein Zurück mehr gab. Jetzt ging es um alles oder nichts. In Zukunft würde er niemandem mehr gestatten, so mit ihm umzuspringen.

Auch seiner Frau nicht!

Er neigte nicht dazu, sich Illusionen zu machen. Er hatte jene unsichtbare Linie überschritten und würde auf die eine oder andere Weise für seine Taten bezahlen müssen. Aber wenn er sich der Polizei stellte, wenn er kampflos aufgab und kapitulierte, dann hatte seine Frau mit ihrem Urteil über ihn richtiggelegen, und diesen Triumph gönnte er ihr nicht. Er würde alles versuchen, um den Hals aus der Schlinge zu ziehen. Und wenn er nur bewies, dass er nicht länger vor ihr kuschte, wäre es schon gut.

Eines wusste er jedoch genau: Falls er untergehen sollte, würde er sie mitnehmen. Sie sollte sich nicht einen einzigen verdammten Moment über sein Unglück freuen.

In der vergangenen Nacht hatte er eine kühne Idee gehabt, die seine ganze Misere mit einem Schlag heilen könnte. Es war nur ein Gedankenblitz gewesen, ein Wetterleuchten, das er jedoch von Anfang an ernst genommen hatte. Wenn er aus diesem Einfall einen konkreten Plan konstruierte, könnte er den Untergang abwenden und aus der Asche auferstehen. Er musste nur alle Eventualitäten bedenken. Wenn ihm das gelänge, würde er von vorne anfangen– ohne sie.

4

Während Toni zu den Bahnhofspassagen strampelte, fragte er sich, was die beiden Jungs zu nächtlicher Stunde an der Sacrower Heilandskirche gewollt hatten. Abgesehen von der Stalker-Hypothese gab es zahlreiche andere Möglichkeiten. Hatten sie an dem entlegenen Gotteshaus etwas versteckt? Wussten sie von einer Zusammenkunft anderer Personen und wollten sie abziehen?

Toni rief sich zur Ordnung. Wenn er nicht aufpasste, ging seine Phantasie mit ihm durch. In einem zu frühen Stadium führten Spekulationen zu Voreingenommenheit. Und eine tendenziöse Betrachtung des Sachverhalts lenkte Ermittlungen in die falsche Richtung. Der Anfängerfehler zeigte ihm, dass er aus der Übung war, aber die kriminalistische Arbeit war wie Fahrradfahren. Wenn man einmal den Bogen raushatte, verlernte man es nicht mehr.

Bei »Nordsee« kaufte sich Toni einen Thunfischwrap und eine Cola und begab sich zur Haltestation unterhalb der Langen Brücke. Er musste nicht lange warten, bis das leuchtend gelbe Wassertaxi anlegte, das zwischen März und Oktober einem festen Fahrplan folgte und bei zahlreichen Sehenswürdigkeiten stoppte. Inmitten einiger Touristen schob er das Fahrrad an Bord, bugsierte es in den Ständer und setzte sich so, dass er den Drahtesel bei Wellengang auffangen konnte. Das Panoramadach gewährte phantastische Ausblicke auf die glitzernde Havel, auf vorbeischwimmende Wasservögel und Angelkähne. Es flutete so viel Sonnenschein in den Fahrgastraum, dass es angenehm warm war.

Toni öffnete seine Outdoorjacke, schlug die Akte auf und begann mit der Lektüre. Das Opfer, Hendrik Spohr, war am 18.5.1995 als Sohn des prominenten Bauunternehmers Harald Spohr, der nach der Wende die Potsdamer Innenstadt mitgestaltet hatte, und seiner Ehefrau Meike, geborene Ippen, zur Welt gekommen. Seine schulische Ausbildung erhielt er im Internat-Schloss Torgelow, das in der Nähe von Waren/Müritz lag und eine jährliche Schulgebühr von über dreißigtausend Euro aufrief, was einen Hinweis auf den finanziellen Hintergrund der Klientel gab. Nach Erreichen der Hochschulreife und einem freiwilligen sozialen Jahr in einer Behindertenwerkstatt studierte er seit dem Wintersemester 2014/15 an der Potsdamer Universität Philosophie und Soziologie.

Wegen Brandstiftung in den Beelitzer Heilstätten wurde er im Juni zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. In einem anschließenden Zivilprozess wurde er zur Zahlung einer hohen Schadensersatzsumme verpflichtet, die vermutlich von seinem wohlhabenden Vater beglichen worden war. Als Wohnsitz war die Adresse seines Elternhauses in Babelsberg angegeben.

Während Toni seinen Thunfischwrap mit wenigen Bissen verschlang und mit reichlich Cola nachspülte, fragte er sich, wie das soziale Engagement und die Brandstiftung zusammenpassten. War das ein erster Hinweis auf Hendriks Charakter? Hilfsbereitschaft und gezielte Zerstörung fremden Eigentums bildeten Extreme, die bei politisch motivierten Straftätern häufiger vereint auftraten, als man gemeinhin annehmen würde. Hatte der Brandanschlag einen terroristischen Hintergrund?

Außerdem interessierte Toni, wie Spohr senior, der als Pragmatiker bekannt war, zu dem Lebenswandel seines Sohnes gestanden hatte. Waren ein Jahr Behindertenwerkstatt, die geisteswissenschaftliche Studienfachwahl und die Vorstrafe auf Nachsicht bei dem erfolgsorientierten Macher gestoßen? Oder hatte die Vater-Sohn-Beziehung gelitten? Hatte Hendrik die Welt seiner Eltern abgelehnt und sie bewusst provoziert, was für einen jungen Mann seines Alters nichts Ungewöhnliches war? Das familiäre Umfeld musste eingehender betrachtet werden.

Während Toni sich den Mund abwischte, erinnerte er sich vage an die Berichterstattung über die Beelitzer Heilstätten. Er holte sein Smartphone heraus und stellte fest, dass er Empfang hatte. Im Internet rief er das Archiv der PNN auf, benutzte die Suchfunktion und stieß auf zahlreiche Artikel, die er in wenigen Minuten überflog.

Das Sanatorium war zwischen 1898 und 1930 für Lungenkranke in einer waldreichen Gegend erbaut worden. Auf dem zweihundert Hektar großen Gelände standen etwa sechzig Gebäude, die sich problemlos in jede gehobene Villenkolonie einfügen würden. Mit Erkern, Fachwerk, rotem Klinkerstein und den weißen Fensterhölzern waren die Häuser in einem sehr dekorativen Stil errichtet worden. In den beiden Weltkriegen diente die Anlage als Lazarett. Nach 1945 richteten die russischen Streitkräfte ein Militärhospital ein, das bis 1994 in Betrieb war. Seitdem wurden die meisten Gebäude nicht mehr genutzt und verfielen.

Anfang des Jahres hatte ein Investor Maßnahmen zur Errichtung eines Baumwipfelpfades ergriffen, der über den Ruinen verlaufen und zu einem touristischen Anziehungspunkt werden sollte. Vermummte Täter hatten randaliert und Sachbeschädigungen begangen, um die kommerzielle Nutzung zu verhindern und sich ihren »Abenteuerspielplatz« zu erhalten. Ob sie einem radikalen politischen Lager zuzuordnen waren, konnte er so schnell nicht herauslesen.

Hing Hendriks Brandanschlag mit diesen Aktionen zusammen? Waren die anderen Täter ebenfalls geschnappt und verurteilt worden? Auch hier gab es einen Ansatzpunkt, dem sie nachgehen mussten. Toni schrieb Phong eine Kurznachricht mit einem Rechercheauftrag. Dann steckte er das Smartphone wieder ein und beobachtete nachdenklich, wie das Wassertaxi an einer Haltestation anlegte. Die zweiköpfige Crew wartete vergeblich auf Passagiere und setzte die Fahrt schließlich fort.

Obwohl nur wenige Stühle im Fahrgastraum besetzt waren, ging es recht laut an Bord zu. Verantwortlich dafür war eine etwa dreißigjährige, korpulente Frau, die stark geschminkt war und spitze Schuhe trug. Mit selbstbewusster Stimme erläuterte sie ihrer kleinen grauen Mutter die Sehenswürdigkeiten am Ufer: »Das moderne Gebäude mit den breiten Glasfronten, das du da drüben siehst, ist das Hans-Otto-Theater«, sagte sie. »Die Produktionen brauchen sich nicht hinter den Inszenierungen der Berliner Häuser zu verstecken, und…«

Toni fühlte sich durch das aufdringliche Organ gestört und blickte sich zu der Frau um, die auf der anderen Seite des Ganges, ungefähr drei Reihen hinter ihm saß. Sie begegnete seinem Blick so einladend, dass ihm klar wurde, dass der Vortrag auch ihm galt. Die Frau wollte auf sich aufmerksam machen, indem sie zeigte, dass sie redegewandt und kulturinteressiert war.

Toni hatte in den vergangenen Monaten häufiger weibliche Aufmerksamkeit erregt, was vielleicht an seinen markanten Gesichtszügen und seiner sehnigen, hohen Statur lag. Er hielt es jedoch für wahrscheinlicher, dass seine Attraktivität mit seinem Gemütszustand zusammenhing. Seitdem Sofie wieder bei ihm war, fühlte er sich komplett. Wahrscheinlich strahlte er eine Ruhe aus, die auf andere Menschen anziehend wirkte.

Er griff sich die Akte, um die Lektüre fortzusetzen, aber es gelang ihm nicht mehr, seine Konzentration auf das Papier zu bündeln. Auch würde es nicht mehr lange dauern, bis sie die Haltestelle erreichten. So verstaute er die Mappe in der Tasche und trat neben sein Fahrrad.

5

Nachdem Toni das Wassertaxi verlassen hatte, begab er sich zum östlichen Eingang des Schlossparks. An der Pforte zeigte er seinen Dienstausweis vor und legte die restliche Strecke strampelnd zurück, bis ihn ein weiterer Polizist durch ein Handzeichen stoppte. Toni legitimierte sich erneut und wurde zu einem Pfad gebracht, der durch den Schilfgürtel zum Tatort führte. Während er über den stoppeligen und löchrigen Grund schritt, strichen die langen Halme über seine Hosenbeine. Endlich erreichte er einen kleinen Strand, der unterhalb des Kirchvorplatzes lag. Ortskundige Kanufahrer landeten hier an, um eine Paddelpause in idyllischer Umgebung einzulegen. Kleine Wellen plätscherten auf den hellen Flusssand.

»Da bist du ja«, rief eine weibliche Stimme. Sie klang betont munter. »Ich habe gerade erfahren, dass du hier bist.«

Toni drehte sich um und erblickte eine Frau mit einer dunklen Kurzhaarfrisur. Sie trug einen schwarzen Anorak, eine militärische Cargohose und praktische Schnürschuhe, mit denen sie sich schnell näherte. Kriminaloberkommissarin Gesa Müsebeck war eine gebürtige Brandenburgerin, die durch ihre sechs Brüder und deren Familien in beinahe jedes Dorf des Havellandes verwandtschaftlich vernetzt war. Ihre Nervenstärke hatte sie bei einem Auslandseinsatz bewiesen, bei dem sie afghanische Frauen zu Polizistinnen ausgebildet und einen Angriff der Mudschaheddin überlebt hatte.

»Hallo, Gesa«, erwiderte Toni ruhig.

»Ich hab dir damals unrecht getan«, platzte die Kriminaloberkommissarin heraus und wusste nicht, wo sie hinschauen sollte. »Ich dachte, dass du dir den Verstand weggesoffen hättest. Dabei warst du der Einzige, der den Durchblick hatte.«

»Das ist Schnee von gestern«, erwiderte Toni. Er fühlte sich stets unangenehm berührt, wenn ihn jemand an seine Sauferei erinnerte. Für Sofie wollte er ein starker Mann sein und nicht die kaputte, zerrüttete Existenz, die er noch vor siebzehn Monaten gewesen war. »Du hast nur deinen Kopf gebraucht. Das nehme ich dir nicht übel. Lass uns lieber schauen, was wir hier haben.«

Gesa trat neben ihn. Gemeinsam wendeten sie sich den kleinen, nummerierten Schildern zu, die im Flusssand steckten und Fußabdrücke und Blutlachen markierten.

»Okay«, sagte die Kriminaloberkommissarin. Mit kurzen Seitenblicken vergewisserte sie sich, ob wirklich alles in Ordnung war. »Glücklicherweise hat es nicht geregnet, sodass die Spurensicherung perfekte Bedingungen vorgefunden hat. Bislang wissen wir, dass sich neben dem Opfer noch zwei weitere Personen hier aufgehalten haben. Die Abdrücke der Adidas-Sneakers konnten wir mit Hilfe von Staatsanwältin Winter ihrem Sohn Alexander zuordnen. Die anderen Abdrücke stammen von einem mittelgewichtigen Mann, der Schuhgröße vierundvierzig hat. Fabrikat und Profilanalyse dürften heute Abend vorliegen.«

»Habt ihr schon eine Vermutung, was passiert ist?«

»Schwer zu sagen. Die Personen sind sich nahe gekommen, aber es hat kein Kampf stattgefunden. Das Opfer ist dort an der Mauer, wo du die erste Blutlache siehst, zusammengesackt und dann zur Seite gekippt. Sein Gesicht lag im Sand, wo du die zweite, kleinere Blutlache siehst.«

»In Phongs Bericht steht, dass das Opfer zwei Schussverletzungen hatte.«

»Richtig, der erste Schuss ging aus nächster Nähe in den Bauch. Deshalb vermuten wir–«

»Warte! Warum ist der Täter ein solches Risiko eingegangen?«

»Ich weiß es nicht. Das Opfer war auch bewaffnet. In seinem Gürtel steckte ein Dolch. Und an seiner rechten Hand trug er einen Schlagring.«

»Dem Jungen war also klar, dass es zu einer Auseinandersetzung kommen könnte!«

»Sieht so aus. Der zweite Schuss wurde aus größerer Entfernung in den Kopf abgegeben und führte zum sofortigen Tod.«

Bestürzt sah Toni auf. »Das kann nur ein Fangschuss gewesen sein. Und Alexander ist vermutlich Zeuge der Hinrichtung geworden. Das sieht nicht gut aus. Das sieht gar nicht gut aus.«

»Vielleicht wollte der Täter auch ein Exempel statuieren«, wandte Gesa ein. »Oder es ging um etwas völlig anderes.«

»Ja, es gibt zahlreiche mögliche Motive, aber das ändert nichts an dem Umstand, dass Alexander alles mit angesehen hat.« Die dunkle Vorahnung, die Toni heute Mittag beschlichen hatte, verstärkte sich noch. Er dachte an Caren, an diese kluge und gefasste Frau, und fragte sich, wie er sich fühlen würde, wenn sein Sohn in eine vergleichbare Geschichte verwickelt wäre. Es war ein Gedankengang, den er nur schwer ertragen konnte und nicht weiterverfolgen wollte. »Welche Annäherungswege haben wir?«

»Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Jungs aus westlicher Richtung gekommen sind. Hendrik war in der Tatnacht mit dem BMWX5 seines Vaters unterwegs. Von dem Wagen fehlt jede Spur, aber auf dem Waldparkplatz, den man über die Krampnitzer Straße erreicht, haben wir passende Reifenabdrücke sichergestellt.«

»Wenn man voraussetzt, dass ein Sechzehnjähriger einen solchen Geländewagen bedienen kann, könnte er von Alexander weggefahren worden sein. Oder natürlich vom Täter.«

Gesa nickte.

»Ein BMWX5 hat einen beträchtlichen Wert. War vielleicht das Fahrzeug das eigentliche Ziel?«

»Möglich. Bei der Dienstbesprechung heute Abend wird ein Kollege von der Organisierten Kriminalität dabei sein, der uns über die aktuelle Gefahrenlage informiert. Eine Sachfahndung ist raus.«

»Gut. Wie sieht es mit der Tatortumgebung aus?«

»An die Heilandskirche verirrt sich nachts so gut wie niemand. Das nächste bewohnte Haus ist ein ganzes Stück entfernt. Ein aufmerksamer Anwohner hätte die beiden Schüsse hören können, aber ob er die Richtung korrekt bestimmt hätte und dann auch noch durch den düsteren Schlosspark gestiefelt wäre, um nach dem Rechten zu schauen, das halte ich für ausgeschlossen.«

»Wissen wir schon, ob die dritte Person ein Fortbewegungsmittel für die Anreise nutzte?«