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Dieser Band enthält folgende Krimis: Der Mann mit der Kapuze (Alfred Bekker) Kubinke und die verborgene Wahrheit (Alfred Bekker) Harry Kubinke und sein Kollege Rudi Meier nehmen an einer großangelegten Operation gegen CASH FLOW teil, einem illegalen Bezahldienst im sogenannten Darknet. Marvin Manteufel wird verhaftet, der Kopf dieser Organisation. Zeitgleich greifen auch Beamten in anderen Städten zu, um diese kriminelle Organisation zu zerschlagen. Doch nach kurzer Zeit kommen Zweifel auf, ob das Netzwerk wirklich zerschlagen wurde. Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, Jack Raymond, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
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Seitenzahl: 261
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Kapuze und Wahrheit: Zwei Krimis
Copyright
Der Mann mit der Kapuze
Kubinke und die verborgene Wahrheit
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Der Mann mit der Kapuze (Alfred Bekker)
Kubinke und die verborgene Wahrheit (Alfred Bekker)
Harry Kubinke und sein Kollege Rudi Meier nehmen an einer großangelegten Operation gegen CASH FLOW teil, einem illegalen Bezahldienst im sogenannten Darknet. Marvin Manteufel wird verhaftet, der Kopf dieser Organisation. Zeitgleich greifen auch Beamten in anderen Städten zu, um diese kriminelle Organisation zu zerschlagen. Doch nach kurzer Zeit kommen Zweifel auf, ob das Netzwerk wirklich zerschlagen wurde.
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, Jack Raymond, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Alles rund um Belletristik!
Ein Harry Kubinke Kriminalroman
von Alfred Bekker
Harry Kubinke und sein Kollege Rudi Meier nehmen an einer großangelegten Operation gegen CASH FLOW teil, einem illegalen Bezahldienst im sogenannten Darknet. Marvin Manteufel wird verhaftet, der Kopf dieser Organisation. Zeitgleich greifen auch Beamten in anderen Städten zu, um diese kriminelle Organisation zu zerschlagen. Doch nach kurzer Zeit kommen Zweifel auf, ob das Netzwerk wirklich zerschlagen wurde.
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, Jack Raymond, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /COVER STEVE MAYER
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Sie trafen sich zum Essen im nobelsten Lokal, das man in Quardenburg finden konnte. Auch wenn das den gehobenen Ansprüchen von Herrn Förnheim nicht unbedingt entsprach, und natürlich nicht mit der gehobenen Gastronomie in Berlin oder Förnheims Hamburger Heimat zu vergleichen war. Annehmbar, das war Herrn Förnheims Urteil gewesen. Einigermaßen annehmbar. Oder anders ausgedrückt: Man musste sich nicht übergeben.
Sie waren beide hochqualifizierte Sachbearbeiter im Erkennungsdienst des Bundeskriminalamts: Er, Friedrich G. Förnheim, mit mehreren Doktortiteln ausgestatteter Forensiker mit akademischen Graden in Physik, Chemie, Pharmakologie und ein paar mehr oder minder verwandten Gebieten. Sie, Lin-Tai Gansenbrink, war IT-Spezialistin und Mathematikerin. Allerdings hatte sie nur einen Doktortitel, was sie in Förnheims Augen zu einer allenfalls mittelmäßig Begabten degradierte.
Sie waren Kollegen, arbeiteten oft zusammen.
Förnheim war gleichermaßen für sein Genie wie für seine Arroganz bekannt. Menschen mit einem IQ, der nicht im Bereich seiner eigenen Spitzenwerte lag, waren für ihn wahlweise Objekte des Mitgefühls oder des Forschungsinteresses, aber keineswegs adäquate Gesprächspartner, mit denen er seine Zeit verschwendete.
Als Test für die intellektuelle Satisfaktionsfähigkeit des Gegenübers verwendete Förnheim häufig feinsinnige Ironie oder raffiniert-zynischen Humor.
Wer das nicht verstand, landete in der Rubrik Dummerchen. Bedauernswert, hilfsbedürftig, aber ein längeres Gespräch wäre Zeitverschwendung gewesen.
Frau Gansenbrink hingegen war bekannt dafür, dass ihr jeglicher Sinn für Humor abging und dass ihr insbesondere jedes Verständnis für Ironie völlig fehlte. Sie war eben ein trockener Zahlenmensch.
Mit anderen Worten: Zwischen den beiden herrschten die besten Voraussetzungen für ein prickelndes Date.
“Ich hoffe sehr, dass die zugegebenermaßen etwas einfache Quardenburger Küche einem kultivierten Gourmet wie Ihnen zusagt”, sagte Lin-Tai Gansenbrink.
Förnheim sagte: “Oh, seien Sie versichert, Frau Kollegin, ich werde zumindest satt - auch wenn Sie natürlich Recht haben, dass ich die lokale Küche für gewöhnlich meide, soweit das möglich ist. Allerdings - besser als unsere Kantine ist dieses Etablissement schon! Das muss ich zugeben!”
“Dann bin ich ja beruhigt”, sagte Frau Gansenbrink.
Förnheim hob die Augenbrauen.
“Etwas überrascht war ich allerdings schon, Lin-Tai!”
Sie nannten sich beim Vornamen. So viel Kollegialität musste sein. Selbst für Förnheim, der eigentlich niemanden, mit dem er zusammenarbeitete, auch nur annähend als gleichwertig ansah.
“Worüber waren Sie überrascht?”, fragte Frau Gansenbrink.
“Darüber, dass Sie mich eingeladen haben!”
“So wie ich überrascht darüber war, dass Sie die Einladung überhaupt angenommen haben!”
“So ist es uns also anscheinend gelungen, uns gegenseitig zu überraschen!”
“Sie sagen es!”
“Wieso haben Sie mich denn eingeladen?”, fragte Förnheim. “Mein Sinn für Humor kann es ja wohl nicht sein, dem können Sie ja eben sowenig folgen wie anderen Gedankengängen meinerseits, die ich ja, wenn ich sie im dienstlichen Zusammenhang äußere, für Sie immer möglichst auf das Wesentliche reduziere!”
“Ich habe Sie eingeladen, um Ihnen im privaten Rahmen eine Frage zu stellen, die mich beschäftigt.”
Förnheim lächelte kurz. “Das soll jetzt aber nicht so etwas wie ein Heiratsantrag werden, wie ich hoffe! Unsere Kinder hätten auf Grund des von Ihnen eingebrachten DNA-Anteils auf jeden Fall massive Schulschwierigkeiten und wäre kaum in der Lage, einen ersten Universitätsabschluss zu machen bevor sie 15 - also uralt! - sind! Meines Erachtens wäre das unverantwortlich!”
“Keine Sorge, darum geht es nicht.”
“Dann bin ich ja froh, dass ich nicht Opfer eines plötzlichen Anfalls von romantischer Zudringlichkeit Ihrerseits werde, wie es scheint.”
“Ganz sicher nicht.”
“Und was ist das für eine Frage, die Sie mir stellen wollen?”
“Es geht um die Staatsanwältin, die vor kurzem verstorben ist.”
“Was habe ich mit der zu tun?”
“Ich denke, dass Sie sie umgebracht haben, Friedrich.”
Eine Pause entstand.
Friedrich G. Förnheim blickte auf. Nur einen kurzen Moment erschien ein Ausdruck von Überraschung in seinem Gesicht.
Er meinte: “Das sagt Ihre algorithmus-basierte Analyse aller Fakten, richtig?”
“So ist es. Ich kann nicht genau sagen, wie Sie es gemacht haben. Aber es spricht alles dafür, DASS Sie für ihren Tod verantwortlich sind. Natürlich gehe ich eingedenk Ihres Genies davon aus, dass es dafür keine physischen Beweise gibt. Schließlich kennen Sie alle Tricks - als Forensiker, Tatortanalyst, Ballistiker, Chemiker und was Sie sonst alles so sind!”
“Die Staatsanwältin, von der Sie sprachen, hat Beweise gefälscht, um einen geistig zurückgebliebenen Mann verhaften zu können, von dem sie glaubte, dass er ein paar Kinder umgebracht hat. Sie hat dafür gesorgt, dass die Mitgefangenen von der Anklage wussten und er entgegen den Gepflogenheiten nicht in Einzelhaft war, was dazu führte, dass man den Verdächtigen umgebracht hat. Wie sich später herausstellte, war er völlig unschuldig.”
“Und Ihr bekanntermaßen unerbittlicher Sinn für Gerechtigkeit hat das nicht ertragen!”
“Ich finde, so jemand sollte nicht bei der Staatsanwaltschaft sein. Und ich finde, dass so jemand bestraft gehört.”
“Womit wir dann bei dem wären, was mir unter anderem noch fehlte: Ihrem Motiv für die Tat, Friedrich!”
“Falls Sie auf ein verbales Geständnis meinerseits aus sind, weil natürlich schon festgestellt haben, dass es unmöglich ist, physische Beweise gegen mich zu finden, möchte ich Sie auf folgendes hinweisen: Ich trage aus persönlichen Sicherheitsgründen immer einen selbstgebauten, aber sehr effektiven Störsender bei mir, der jegliche Abhörtechnik in meiner Umgebung unbrauchbar macht.” Er nahm sein Handy aus der Jacketttasche und hielt ihr das Display hin. “Das ganze wird über eine praktische App gesteuert. Die Technik, mit der Sie sich verkabelt haben, ist wirkungslos. Sie werden damit nicht mehr als ein Rauschen aufzeichnen, Lin-Tai!”
Frau Gansenbrink schluckte.
Förnheim fuhr fort: “Ich gehe davon aus, dass Sie das selbst installiert haben. Sollte es allerdings noch weitere beabsichtigte Zuhörer dieses Gesprächs geben oder sollten Sie dieses Rauschen an Ihren Rechner senden, so empfehle ich Ihnen, Ihre Apparatur jetzt abzuschalten. Warum? Weil jetzt der Teil des Gesprächs kommt, der für Sie peinlich werden könnte und Sie wissen ja nicht, ob ich ganz plötzlich meinen Störsender abgeschaltet habe, sodass dann ein kompromittierender Mitschnitt auf Ihrem Rechner oder einem Server, zu dem Sie Zugang haben zu finden ist. Ich würde das vermeiden.”
Frau Gansenbrink fasste unter ihre Bluse und ruckelte etwas herum. “Das ist nur mein BH, der etwas kneift.”
“Natürlich!”
“An Ihren Vermutungen ist nichts dran!”
“Haben Sie in der letzten Zeit doch noch gelernt, was Ironie ist - oder meinen Sie das wirklich im Ernst, Lin-Tai?”
“Ich frage mich, wie ich damit umgehen soll, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der ein Mörder ist!”, sagte Frau Gansenbrink.
“Finden Sie denn nicht, dass die Staatsanwältin Ihr Schicksal verdient hat. Lin-Tai.”
“Darum geht es hier nicht.”
“Oh, das hätte ich mir denken können. Mit einem geistig Minderbemittelten, der von einer ehrgeizigen Staatsanwältin in den Tod getrieben wurde, hat jemand wie Sie kein Mitleid. Das wundert mich nicht. Mittelmäßige Talente haben mit Menschen, die sie für weniger klug halten oft keinerlei Empathie. Die wirklich Begabten hingegen schon.”
“Damit meinen Sie dann sich selbst!”
“Natürlich!”
“Friedrich, egal ob diese Frau ein Scheusal war: Was Sie getan haben, war falsch! So etwas dürfen wir nicht!”
“Es war ein Dienst an der Gesellschaft und der Gerechtigkeit. Lin-Tai. Sie hätte noch viel Schaden anrichten können.”
“Aber... es ist ungesetzlich, Friedrich!”
Förnheim zuckte die Achseln.
“Meinen Sie so ähnlich wie die kriminellen Anlagegeschäfte, die Sie nebenbei betreiben, Lin-Tai?”
“Wie?”, fragte sie und schien jetzt zum ersten Mal überrascht zu sein.
“Nicht nur Sie haben sich anscheinend bemüht, etwas über mich herauszufinden, sondern umgekehrt sind mir bei Ihnen auch ein paar Dinge aufgefallen, denen ich nachgegangen bin. Sie benutzen Ihre Fähigkeiten und Ihr Equipment sowie Ihre Zugangsmöglichkeiten zu sensiblen Informationen, die eigentlich ausschließlich beruflich genutzt werden dürfen, um Ihre finanziellen Interessen zu verfolgen. Und im Gegensatz zu den Dingen, die Sie über mich herausgefunden haben wollen, lassen sich diese Dinge beweisen. Ich verfüge da familiär bedingt über ein paar hilfreiche Kontakte unter Hamburger Geschäftsleuten. Wie auch immer. Sie nutzen für Ihre Anlagegeschäfte eine Plattform, die Teil von Terra Nostra ist, einem kriminellen Netzwerk. Mittelbar profitieren Sie von der Geldwäsche des organisierten Verbrechens. Dem ein- oder anderen Investor, der sich daran beteiligt, wird man am Ende vielleicht noch abnehmen, dass er diese Hintergründe nicht kannte - einer BKA-Expertin aber wohl kaum.”
“Wollen Sie... mich anzeigen?”, fragte Frau Gansenbrink.
“Warum denn? Nein, ich denke, wir lassen alles, wie es ist. Allerdings empfehle ich Ihnen, Ihr Erspartes möglichst bald von dieser dubiosen Plattform abzuziehen. Es könnte sonst peinlich für Sie werden.”
“Wieso?”
“Nun, spätestens dann, wenn gegen dieses Netzwerk ermittelt wird. Und wie ich gehört habe, steht da ein Schlag unmittelbar bevor.” Förnheim lächelte. “Ja, es gibt Menschen, die noch besser informiert sind als Sie! Auch, wenn Sie das bisher nicht für möglich gehalten haben.” Er sah sie an. “Anscheinend haben wir alle unsere dunklen Seiten, Lin-Tai. Übrigens hat man mir eine Beteiligung an den Geschäften, mit denen Sie so gut verdienen, auch angeboten. Das ging über Kontakte aus meiner Familie und eine Geschäftsmann, der... aber auch egal. Ich habe das abgelehnt. Manche Dinge sind eben eine Frage des Charakters.”
Auf dem Anwesen von Marvin Manteufel...
„Zum Teufel mit diesen Schweinen!”
Marvin Manteufel trug einen dunklen Rollkragenpullover. Sein Gesicht war zur Maske verzerrt. Er stand an der offenen Haustür, riss seine MPi hoch und feuerte. Mündungsfeuer blutete aus der Waffe heraus. Dreißig Schuss knatterten mit dem ersten Feuerstoß aus der Waffe heraus. „Das ist für euch! Wenn ihr mich kaputt zu machen versucht, mache ich euch kaputt!”
Erneut feuerte Manteufel die Waffe ab, so lange bis das ganze Magazin leergeschossen war.
Eine Megafonstimme ertönte.
„Achtung! Achtung! Das Gelände ist umstellt. Legen Sie Ihre Waffen auf den Boden und leisten Sie keinen Widerstand.”
Ein Helikopter mit der Kennung der Polizei näherte sich jetzt dem Anwesen und kreiste über dem Haupthaus.
Manteufel zog sich ins Haus zurück und ging in Deckung. Er riss das leergeschossene Magazin aus seiner Waffe, lud ein neues nach und eröffnete erneut das Feuer.
Ich duckte mich hinter den Kotflügel unseres Dienstfahrzeugs. Eine MPi knatterte los und nur Augenblicke später wurde aus einer Reihe weiterer Waffen geschossen. Ein wahrer Kugelhagel prasselte in unsere Richtung. Scheiben gingen zu Bruch. Aus Reifen entwich die Luft.
Ich hielt meine Dienstpistole in der Faust. Mein Kollege Rudi Meier befand sich in meiner Nähe. Er war ebenso in Deckung gegangen wie ich.
Wie alle anderen an dieser Großoperation beteiligten Kollegen trugen wir eine schusssichere Kevlar-Weste. Über ein Headset waren wir funktechnisch alle untereinander verbunden.
Die Einsatzleitung lag in diesem Fall bei meinem Kollegen Rudi.
Die Schussgeräusche mischten sich jetzt mit dem Rotorenlärm eines Helikopters, der für uns im Einsatz war. Er stieg deutlich höher und kreiste über dem Hauptgebäude des Marvin Manteufel Anwesens. Dieser weiträumige Landsitz lag nur ein paar Meilen von der Stadt Martinsburg. Niemand sah dieser ländlichen Idylle an, dass von hier aus eine der größten und effektivsten Geldwaschanlagen betrieben wurde, die es in der Geschichte des organisierten Verbrechens je gegeben hatte.
Hier stand ein Teil der Server, mit deren Hilfe CASH FLOW betrieben worden war, ein illegaler Bezahldienst im sogenannten Darknet, dem dunklen, nicht für jedermann zugänglichen Teil des Internets. Über CASH FLOW waren anonyme Zahlungen über den ganzen Globus möglich, die in einer virtuellen Währung abgewickelt wurden. Es gab keine Limits, keine Regeln, keine Möglichkeit der Rückverfolgung. Ein Service, der sich ideal für Geldwäsche und illegale Geschäfte aller Art eignete, angefangen vom Drogen-Großdeal bis zur Bezahlung eines Lohnkillers. Und anders als bei legalen Bezahldiensten dieser Art, war es unmöglich, den Weg des Geldes zu verfolgen.
Das Internet-Genie Marvin Manteufel hatte sich mit CASH FLOW ein dunkles Imperium aufgebaut und mutmaßlich Milliarden Euro verdient.
Aber jetzt war er dran. Intensive, langwierige Ermittlungen des BKA, die Steuerbehörden von drei Dutzend Staaten und verschiedener anderer Polizeieinheiten, die im Kampf gegen das organisierte Verbrechen aktiv waren, hatten schließlich dazu geführt, dass nun der Tag X gekommen war.
Zeitgleich mit unserem Einsatz fanden an mehr als zwei Dutzend Orten im In- und Ausland ebenfalls Verhaftungen statt. CASH FLOW war ein international agierender Faktor des organisierten Verbrechens geworden und damit war Marvin Manteufels Organisation auch nur international wirklich nachhaltig zu bekämpfen. Man kann sich vorstellen, wie schwierig die Koordination einer derartigen Aktion im Vorfeld gewesen war. Allein die juristische Abstimmung war ein gewaltiges Problem gewesen.
Aber das Zentrum dieser Krake, die sich global ausgebreitet hatte, lag hier, in diesem idyllischen Ort. So zumindest lauteten unsere bisherigen Erkenntnisse.
Wir waren mit einem großen Aufgebot an Einsatzkräften angerückt. Das gesamte Gebiet um Marvin Manteufels Besitz war dermaßen abgeriegelt, dass eine Flucht unmöglich war.
Nicht einmal in die Luft konnte er entkommen, obwohl diese Möglichkeit grundsätzlich gegeben war. Manteufel unterhielt auf seinem Gelände nämlich einen kleinen Privatflugplatz. Der war allerdings bereits von Einsatzkräften eingenommen und gesichert worden. Blieb der Helikopterlandeplatz direkt neben seinem Wohnhaus. Aber um dort hinzugelangen hätte Manteufel zumindest für kurze Zeit das Haus verlassen müssen. Und davon abgesehen wäre ein Start des Helikopters unter den gegenwärtigen Umständen völlig unmöglich gewesen.
Manteufel hatte selbst einen Flugschein. Er konnte sowohl Flugzeuge, als auch Helikopter fliegen. Letzteres hatte er während seiner Zeit in der Bundeswehr gelernt, aus der er schließlich wegen Veruntreuung von Bundeswehreigentum entlassen worden war. Das war sein erstes Strafverfahren gewesen. Manteufels kriminelle Energie hatte sich bereits im Ansatz offenbart. Nur war er damals noch lange nicht so geschickt gewesen, wie später. Jedenfalls hatte man ihn danach jahrelang nicht mehr erfolgreich anklagen können.
Aber das würde sich mit dem heutigen Tag ganz sicher ändern.
Es lag bereits mehr als genug an gut dokumentiertem Beweismaterial vor, um Manteufel und seine Helfershelfer für sehr viele Jahre aus dem Verkehr zu ziehen.
Wieder prasselten Kugeln in unsere Richtung. Manteufel und seine Getreuen waren schwer bewaffnet. Offenbar verfügten sie über ein ganzes Arsenal von automatischen und halbautomatischen Waffen.
„Das wird nicht so einfach, den Kerl und seine Meute da herauszuholen”, meinte Rudi.
Zeit war in so einem Fall immer ein wichtiger Faktor. Und dieser Faktor arbeitete grundsätzlich für uns. Schließlich hatten wir es mit gewöhnlichen Kriminellen zu tun, die letztlich ein Interesse daran hatten, mit heiler Haut aus der Sache herauszukommen. Bei fanatisierten Terroristen oder psychisch kranken Amokläufern lag die Sache natürlich anders. Aber es gab keinerlei Hinweis darauf, dass so etwas hier im Spiel war.
Andererseits wunderte es mich schon ein wenig, dass selbst angesichts dieser aussichtslosen Lage gleich auf uns geschossen worden war.
Der Geschosshagel verebbte.
Über Megafon wurden alle Personen, die sich gegenwärtig im Hauptgebäude des Marvin Manteufel Anwesen befanden, nochmals aufgefordert, sich zu ergeben und die Waffen niederzulegen. Diesmal mit Erfolg. Die ersten Bewaffneten ergaben sich und ließen sich von den Kollegen widerstandslos festnehmen. Wir kamen aus der Deckung und näherten uns zusammen mit weiteren Kollegen dem Haus. Die Tür stand offen. Wir drangen ein. Einsatzkräfte sicherten uns. Nacheinander kamen die Meldungen, dass einzelne Räume gesichert worden waren.
Mehrere Bewaffnete wurden festgenommen. Wer diese Personen waren, musste erst noch festgestellt werden. Vermutlich Angehörige des inneren Kreises von Manteufels Organisation, denn ansonsten hatte zu diesem Anwesen unseren Erkenntnissen nach niemand Zutritt gehabt. In diesem Punkt hatte es Manteufel sehr genau genommen.
Ein kriminelles Großprojekt wie CASH FLOW war natürlich nicht ohne Mitwisser aufzubauen. Aber abgesehen davon hatte Manteufel immer darauf geachtet, ihre Zahl möglichst niedrig zu halten. Entsprechend schwierig war es für uns gewesen, verdeckte Ermittler in die inneren Kreise dieser Organisation einzuschleusen und an Informationen zu gelangen.
Es brandete noch einmal MPi-Feuer auf. Dutzende von Schüssen knatterten. Die Schussgeräusche kamen irgendwo aus dem Inneren des Hauses.
Rudi und ich gelangten in einen großen Raum im Zentrum des Hauses. Er hatte keine Außenwände und dementsprechend auch keine Fensterfront. Dafür erweckte ein Glasdach den Eindruck eines Atriums.
Der Raum war eine Computerzentrale. Dutzende von Rechnern standen hier. Flachbildschirme in beeindruckender Größe reihten sich aneinander.
Ein Mann mit einer MPi feuerte auf die Anlage. Die Kugeln fetzten in die Rechnergehäuse hinein und durchsiebten die Computer reihenweise.
„Waffe weg, BKA!”, rief ich.
Der Kerl mit der MPi gehorchte augenblicklich, ließ die Waffe fallen und hob die Hände. Noch bevor er sich umdrehte, erkannte ich ihn. Ich hatte schließlich oft genug Bilder von ihm in diversen Dossiers gesehen, die uns bei den Ermittlungen zur Verfügung gestanden hatten.
„Marvin Manteufel, Sie sind verhaftet”, erklärte ich ihm, während ein Kollege ihm bereits Handschellen anlegte. „Sie haben das Recht, zu schweigen. Falls Sie von diesem Recht keinen Gebrauch machen, kann und wird alle, was Sie von nun an sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Haben Sie das verstanden?”
„War ja deutlich genug”, grinste Manteufel.
Er kicherte wie irre.
„Ich nehme an, diese Ballerei hier diente dem Zweck, noch so viel wie möglich Beweismaterial wie möglich zu vernichten”, meinte Rudi.
„Sie werden mir auch so nichts beweisen können”, sagte Manteufel. „Und wenn Sie denken, dass Sie irgendetwas gegen mich in der Hand hätten…”
„Ich denke, wir haben genug, um zu verhindern, dass Sie in den nächsten Jahrzehnten noch einmal Unheil anstiften können”, unterbrach ich ihn.
„Wir werden ja sehen. Ich will jetzt meinen Anwalt sprechen”, lächelte Manteufel. Ich fragte mich, ob er irgendwelche Aufputschmittel oder Drogen genommen hatte. Er schien sehr aufgedreht zu sein. Die Pupillen waren vergrößert.
„Ihren Anwalt können Sie sehr bald sprechen”, sagte Rudi sachlich.
„Ich habe etwas Einzigartiges aufgebaut”, sagte Manteufel. Eine Ader an seiner Stirn trat dabei stark hervor. Sein Gesicht verzog sich maskenhaft. „Es wird Ihnen nicht gelingen, das kaputt zu machen!”
„Herr Manteufel, Sie haben gegen ein Dutzend Gesetze verstoßen und wahrscheinlich unzähligen Drogenhändlern, Waffenschiebern und Auftragskillern überhaupt erst ermöglicht, ihren Geschäften nachzugehen”, gab ich zu bedenken.
„Ich weiß nicht, welche Ratten in meinem engeren Umkreis Sie bezahlt haben, dass sie mich verraten”, sagte Manteufel. „Aber Sie werden nicht lange Freude an Ihrem vermeintlichen Erfolg haben! Meine Anwälte werden Sie ganz persönlich so durch den Fleischwolf drehen, dass Sie anschließend froh sind, wenn Sie einfach nur Ihren Dienst quittieren dürfen und Sie irgendwo in einem Provinznest vielleicht noch eine Anstellung als Nachtwächter bekommen.”
„Abführen”, sagte ich.
Zwei Kollegen nahmen Manteufel mit.
„Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!”, rief Manteufel mit heiserer, sich überschlagender Stimme.
„Ziemlich großmäulig”, meinte Rudi, nachdem Marvin Manteufel nicht mehr im Raum war.
„Ich hatte den Eindruck, dass er vorher was eingepfiffen hat, was ihn ihn richtig in Stimmung brachte”, gab ich zurück. „Mit mildernden Umständen kann er deswegen allerdings nicht rechnen. Jedenfalls nicht, was den Angriff auf Polizisten angeht.”
„Ich bin auf jeden Fall froh, dass der ganze Ermittlungskomplex jetzt vor seinem Abschluss steht”, meinte Rudi und unterdrückte ein Gähnen. Ein Gähnen, das natürlich nicht von ungefähr kam. Wir hatte in letzter Zeit wiederholt Nächte durcharbeiten müssen. Wahrscheinlich litt jeder, der an den Ermittlungen gegen Marvin Manteufel und CASH FLOW beteiligten Ermittler momentan unter akutem Schlafmangel.
„Der Prozess wird sich vermutlich eine ganze Weile hinziehen”, gab ich zu bedenken.
„Die Beweise sind so wasserdicht, dass da selbst dann nichts mehr schiefgehen kann, wenn der Staatsanwalt ein Anfänger ist und sich herausstellen sollte, dass die Hälfte unser Beweismittel nicht gerichtsverwertbar sein sollten.”
„Du weißt, dass wir beide schon Pferde kotzen gesehen haben, Rudi.”
„Ja, aber zu Pessimismus ist nun heute wirklich kein Anlass. Wir können uns selbst auf die Schultern klopfen, Harry. Ich würde sagen, dass zu Anfang kaum jemand wirklich daran geglaubt hat, dass man CASH FLOW und der Organisation, die sich um diese Darknet-Plattform herumrankt, jemals das Handwerk legen könnte. Und nun stehen wir kurz davor.”
Ich atmete tief durch. „Vielleicht hast du recht und ich sollte das Positive sehen.”
In diesem Moment bekamen wir wie aufs Stichwort die Nachricht, dass es bei der Schießerei nur zwei Leichtverletzte gegeben hatte, die bereits in ärztlicher Obhut waren. Angesichts der Menge an Projektilen, die bei dem Feuergefecht verschossen worden waren, war das mehr als erstaunlich.
Kurz danach rief ich Kriminaldirektor Hoch an, um ihm zu melden, dass die Aktion erfolgreich zum Abschluss geführt werden konnte. Zumindest was die Teiloperation betraf, an der Rudi und ich beteiligt gewesen waren.
„Gute Arbeit”, sagte unser Vorgesetzter. „Bei mir sind inzwischen auch schon einige Meldungen eingetroffen, die die parallel durchgeführten Verhaftungsaktionen betreffen. Wenn ich mich nicht völlig täusche, dann dürfte die Organisation, die hinter CASH FLOW steht, damit vollkommen zerschlagen sein.”
Kriminaldirektor Hoch hatte normalerweise auf Grund seiner enormen Erfahrung ein sehr sicheres Urteil, auf das man sich fast blind verlassen konnte.
In diesem Fall allerdings hatte er sich gründlich getäuscht, wie wir alle sehr bald erfahren sollten.
Hamburg, Hafen City...
Der Mann mit der weinroten Krawatte und den goldenen Manschettenknöpfen nahm schon seinen zweiten Espresso. Ungeduldig sah er auf die Uhr.
Dann bemerkte er den hageren Kerl mit dem Kapuzen-Shirt durch die Tür des Bistros kommen. Er hatte die Kapuze über den Kopf gezogen. Der größte Teil des Gesichts lag daher im Schatten. Nur das Kinn ragte hervor. Das Kinn und der sehr spezielle Spitzbart, den der Kapuzen-Shirt-Träger sich hatte stehen lassen.
Er drehte sich einmal um, musterte die wenigen Gäste, die um diese Zeit das Bistro frequentierten und wandte sich dann zielsicher in Richtung des Mannes mit der roten Krawatte.
Ohne zu fragen, setzte er er sich.
„Schön, Sie mal persönlich zu treffen, nachdem wir schon so lange zusammenarbeiten”, sagte der Kapuzen-Shirt-Mann.
„Wir hätten das Risiko vermeiden können”, lautete die kühle Antwort.
„Nein, dieser Ansicht bin ich nicht.”
„Ach, nein?”
„Bevor ich so einen Auftrag übernehme, weiß ich immer gerne noch etwas genauer, mit wem ich es zu tun habe, Herr…”
„Nennen Sie mich Frank.”
„Frank.” Der Kapuzen-Shirt-Mann grinste. „Sie verstehen das doch sicher, Frank. Es geht um die Chemie. Um den Eindruck, den man hat. Bei sehr wichtigen Geschäften spielt das immer eine Rolle, finden Sie nicht?”
Frank sah den Kapuzen-Shirt-Mann geradewegs in die Augen. „Sie sind zu alt und nicht schwarz genug, um solche albernen Klamotten zu tragen”, sagte er unvermittelt.
Frank beugte sich jetzt etwas vor. Beide Hände waren jetzt auf dem Tisch. Die Krawattenknöpfe waren jetzt gut sichtbar. Und auch die Gravur, die sie kennzeichnetet: Ein stilisierter Globus.
Der Kapuzen-Shirt-Mann zupfte sich etwas an seinem exakt ausrasierten Spitzbart herum. „Was soll der Mist? Will so ein spießiger Sack wie Sie mir jetzt erzählen, was cool ist? Oder wie soll ich das jetzt verstehen?”
„Ich weiß nicht, ob Sie sich eigentlich darüber im Klaren sind, wie ernst die Lage für uns alle ist”, sagte Frank.
„Sie meinen wegen diesem Scheißkerl?” Der Kapuzen-Shirt-Mann machte eine wegwerfende Handbewegung. „Der wird ja wohl nicht gleich zum Kronzeugen mutieren. Und so, wie sich Manteufel verhalten hat, wird er sich in der Justiz auch nicht gerade viele Freunde gemacht haben, die jetzt bereit wären als erstes einen Deal mit jemanden einzugehen, der eine wilde Schießerei mit BKA-Beamten vom Zaun gebrochen hat.”
„Können Sie es ausschließen?”
„Nein, natürlich nicht.”
„Sehen Sie!”
„Hey, Mann, Frank! Ich hatte gedacht, Sie wären die obercoole Sau schlechthin. Und jetzt sehe ich, dass Sie offenbar ziemlich nervös sind.”
„Sie können dazu beitragen, dass sich diese Nervosität wieder in Grenzen hält”, sagte Frank.
„Ich ziehe es durch, Frank! Und ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, worüber Sie sich Sorgen machen! Es gibt ein paar Geschäfte, die man wohl einfach abschreiben muss, aber ansonsten geht alles einfach so weiter wie bisher. Das habe ich Ihnen versprochen und das halte ich auch.”
„Das freut mich zu hören”, sagte Frank. „Ich verlasse mich allerdings darauf, dass Sie tatsächlich mehr drauf haben als nur ein paar Sprüche.”
„Sonst hätten Sie sich doch gar nicht mit mir getroffen, Frank.”
„Im Übrigen teile ich Ihre optimistische Einschätzung nicht in vollem Umfang”, erklärte Frank. „Aus meiner Sicht hängt jetzt sehr viel davon ab, dass die Sache mit Manteufel durchgezogen wird.”
„Sie können sich auf mich verlassen, Frank.”
„Das will ich hoffen.” Frank lehnte sich zurück und schnippste mit den Fingern. „Ich möchte zahlen!”, rief er zu dem Mann hinter dem Tresen.
„Zahlen ist ein gutes Stichwort”, sagte der Kapuzen-Shirt-Mann. „Ich denke nämlich, dass wir angesichts der hohen Priorität, die die Sache mit Manteufel hat, nochmal über ein paar finanzielle Konditionen verhandeln müssen.”
Frank hob etwas irritiert die Augenbrauen. „Sie wollen die Situation ausnutzen und mich erpressen?”
„Ich will einfach nur darauf hinweisen, dass ich erhöhte Aufwendungen zu bestreiten haben werde, wenn ich die Sache für Sie so erledigen soll, dass Ihrem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis dabei Rechnung getragen wird”, konterte der Mann im Kapuzen-Shirt.
Frank lächelte breit und aasig. Seine makellos weißen Zähne blitzten dabei hervor. Ein Raubtierlächeln. „Okay, dann sagen Sie mir mal, was Sie sich da so im Einzelnen vorstellen.”
Der Kapuzen-Shirt-Mann lächelte nun ebenfalls und zupfte dabei erneut an seinem Spitzbart herum. „Ich wusste doch, dass heute doch ein guter Tag werden würde.”
„Man sollte sich nie zu früh freuen.”
„Soll das eine Drohung sein, Frank?”
„Ich drohe nicht. Ich kündige vielleicht etwas an, aber ich drohe nicht.”
Zwei Tage nach der konzertierten Aktion, die zur Zerschlagung jener mächtigen Organisation geführt hatte, die hinter CASH FLOW steckte, saßen wir in Berlin in einem schmucklosen Besprechungszimmer.
Anwesend waren abgesehen von Rudi und mir noch Staatsanwalt Gustav Driemeyer sowie Marvin Manteufel und seine Anwältin Melanie Paretti von der Kanzlei Delbrügge, Gallus & Paretti.
Vieles andere musste jetzt erst mühsam ermittelt werden. Aber unter den im Rahmen der Großaktion verhafteten Personen waren etliche, die gerne bereit waren, als Kronzeugen auszusagen. So würde man vermutlich auch die letzten Einzelheiten nach und nach klären können.
Für Marvin Manteufel, daran ließ keiner der Pressekommentatoren auch nur den Hauch eines Zweifels, würde es eng werden. Sehr eng.
Ich persönlich grübelte immer noch darüber nach, wieso Manteufel kurz vor seiner Verhaftung eine Schießerei quasi vom Zaun gebrochen hatte, von der er eigentlich gewusst haben musste, dass sie ihm nichts einbringen konnte, außer vielleicht ein paar Jahre mehr im Hochsicherheitstrakt einer JVA. Selbst wenn er davon ausgegangen war, dass das bei dem zu erwartenden Strafmaß nicht weiter erheblich war, fragte ich mich doch, ob es da noch irgendeinen anderen Hintergrund gab, von dem wir nichts wussten.
Nach allem, was uns bekannt war, war Manteufel ein kühler, abwägender Charakter. Er war auf Drogen getestet worden. Man hatte nichts gefunden. Zumindest keine Spuren der gängigen Drogen oder irgendwelcher Aufputschmittel.
„Ihr Mandant hat eine Schießerei begonnen, in deren Verlauf zwei BKA-Beamte verletzt wurden”, hielt Staatsanwalt Gustav Driemeyer Manteufel entgegen. „Er hat, abgesehen von den schweren Gesetzesverstößen, die ihm zur Last gelegt werden, versucht, Polizeibeamte zu töten, um sich der Festnahme zu entziehen.”
„Mein Mandant befand sich in einem psychischen Ausnahmezustand und war nur begrenzt fähig, die Folgen seiner Tat zu überblicken”, unterbrach ihn die Anwältin des Beschuldigten. „Ich habe hier medizinische Unterlagen, die beweisen, dass mein Mandant wegen Stimmungsschwankungen und manisch depressiven Schüben in Behandlung war.”
Driemeyer hob die Augenbrauen. „Und das rechtfertigt es, dass Ihr Mandant wie ein Irrer auf BKA-Kommissars feuert? Und nicht nur das! Seine Handlungsweise hat die gesamte Situation eskalieren lassen. Auch andere Personen auf dem Anwesen von Herr Manteufel haben daraufhin zu schießen begonnen.”
„Sie haben das richtige Stichwort bereits gegeben”, sagte Melanie Paretti. „Sie haben gesagt: ‘Wie ein Irrer’. Genau das ist nach den mir vorliegenden Unterlagen der Fall.”
„Sie wollen nicht im Ernst auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren!”, ereiferte sich Driemeyer.
Er war kein Anfänger und eigentlich mit allen Wassern gewaschen. Ein so wichtiges Verfahren hätte man auch niemandem in die Hand gegeben, der im Verdacht stand, den Prozess vielleicht durch ein ungeschicktes, überehrgeiziges Verhalten insgesamt in Gefahr zu bringen. Aber das, was Melanie Paretti uns allen hier auftischte, schien ihn geradezu fassungslos zu machen.
Ich wechselte einen Blick mit Rudi. Keiner von uns brauchte ein Wort dazu zu verlieren. Uns hatte Melanie Parettis Auftritt ebenso überrascht. Wir hatten mit vielem gerechnet. Auch damit, dass Paretti vielleicht versuchte, irgendeinen Deal für ihren Mandanten auszuhandeln, auch wenn es sicher schwierig geworden wäre, da noch irgendeinen Spielraum zu sehen. Aber es hätte ja zum Beispiel sein können, dass Manteufel bereit war, Aussagen über die Hintermänner einiger krimineller Organisationen zu machen, die den Betrieb von CASH FLOW tatkräftig unterstützt hatten, um diesen Bezahldienst für ihre Geldwäschegeschäfte nutzen zu können. Uns war durchaus bewusst, dass Manteufel und seine Organisation nur Teil eines größeren Netzwerkes gewesen sein konnten.
Aber ein Plädoyer auf Unzurechnungsfähigkeit war wirklich eine Überraschung.
„Haben Sie deswegen mit der Schießerei angefangen, um dieses Plädoyer vorzubereiten?”, mischte ich mich jetzt in das Gespräch ein und fixierte dabei Manteufel mit meinem Blick.
Dieser grinste leicht.
„Hey Mann, ich bin nicht verrückt und habe das auch nie gesagt!”, meinte er.
„Sie haben in völlig aussichtsloser Lage das Feuer eröffnet”, stellte ich fest. „Ein Mann, der unseren Erkenntnissen nach als ein berechnendes, kühles Genie des Internets bekannt ist. Jemand, der für alles mögliche bekannt ist, aber nicht dafür, dass er spontanen Regungen nachgibt. Sie wussten genau, dass Sie keine Möglichkeit mehr zur Flucht hatten. Ihren Helikopter neben dem Haus hätten Sie nicht mehr erreichen können. Dazu waren wir einfach zu schnell. Und abgesehen davon…”
„Herr Kubinke, es geht um hier um eine juristische Bewertung der Handlungsweise meines Mandanten”, sagte Melanie Paretti kühl. „Und ich sehe nicht, dass Sie auf diesem Gebiet irgendeine Fachkompetenz besitzen.”
„Ich…”
„Sie werden uns zu gegebener Zeit sicherlich Auskünfte zum Stand der Ermittlungen gegen meinen Mandanten geben können und man wird Sie auch sicherlich eingehend zum Ablauf der Operation befragen, die letztlich zur Festnahme meines Mandanten und bedauerlicherweise auch zur Verletzung von zwei BKA-Kommissars geführt hat.”
„Sie drehen das jetzt so, als wäre das ein Versagen der Einsatzleitung gewesen. Aber es war Ihr Mandant, der das Feuer eröffnet hat, obwohl er verpflichtet gewesen wäre, sich widerstandslos festnehmen zu lassen”, gab ich zurück und musste mich sehr zusammennehmen, um meinen Ärger etwas herunterzuschlucken.
„Das wird eine Frage sein, die noch Gegenstand des Verfahrens sein könnte, Herr Kubinke”, sagte die Anwältin daraufhin. „Wir werden vor Gericht darlegen, dass mein Mandant sich in einem psychischen Ausnahmezustand befand. Er hat sein Leben dem Aufbau einer Plattform gewidmet…”
„...die verbrecherischen, gesetzwidrigen Zwecken diente!”, unterbrach sie Gustav Driemeyer trocken.
Aber Melanie Paretti ließ sich nicht beirren. Sie sprach einfach weiter. „Mein Mandant ist subjektiv der Auffassung, dass sein Lebenswerk durch einen Anschlag zerstört werden soll.”
„Auf den Video-Aufzeichnungen vom Einsatz ist die Megafonstimme nicht zu überhören, die klarstellt, dass das eine Operation des BKA ist”, erwiderte Driemeyer.
„Können Sie beweisen, dass auch mein Mandant dies so verstanden hat?”, konterte Driemeyer. „Immerhin trugen die Einsatzfahrzeuge keine deutliche Kennung als BKA-Einsatzfahrzeuge.”
„Dafür ist der Schriftzug Polizei auf den Einsatzjacken der eingesetzten Beamten so groß, dass er selbst für Sehbehinderte erkennbar sein dürfte!”
„Als mein Mandant seinen Irrtum erkannte, hat er das Feuer eingestellt und sich widerstandslos festnehmen lassen!”
„Ich dachte, Sie gehen davon aus, dass Ihr Mandant sich nicht mehr zu steuern vermochte. Ist das nicht ein Widerspruch zu dem, was Sie jetzt behaupten?”
„Das lassen wir doch einfach die Gutachter entscheiden”, sagte Melanie Paretti. „Und dann werden wir ja sehen, ob es in diesem Punkt überhaupt zu einer Eröffnung des Hauptverfahrens kommt. Was die Anschuldigungen im Hinblick auf die zur Last gelegte Beihilfe zu diversen kriminellen Geschäften angeht, so werden Sie dazu einen Einzelfall-Nachweis führen müssen. Und ich bin mir nicht sicher, ob Sie das wirklich hinbekommen.”
„Wenn Sie denken, dass Sie für Ihren Mandanten hier und jetzt einen Deal herausschlagen können, dann sind Sie schief gewickelt.”
„Und wenn mein Mandant zur Aufklärung von Verbrechen beitragen könnte, von denen Sie ohne seine Hilfe nicht einmal Kenntnis erlangen könnten?”
Jetzt mischte sich der Beschuldigte selbst sein. „Lassen Sie es gut sein, Frau Paretti”, pfiff er seine Anwältin zurück.
„Herr Manteufel, wir hatten doch…”
„Ich will keinen Deal”, erklärte er.
Driemeyer lächelte kühl. „Das trifft sich gut, Herr Manteufel, Sie bekommen nämlich auch keinen. Kronzeugenregelung hin oder her!”
Ich hörte mir das Hin und Her zwischen Anwalt und Staatsanwalt eine Weile an und fragte mich, was es eigentlich war, das mich so irritierte. Aber ich hatte es ihm Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Ich zermarterte mir das Hirn darüber, was es wohl sein konnte. Aber ich kam einfach nicht drauf.