Katastrophen: Poetische Bilder aus unserer Zeit - Johannes Proelß - E-Book

Katastrophen: Poetische Bilder aus unserer Zeit E-Book

Johannes Proelß

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Beschreibung

In 'Katastrophen: Poetische Bilder aus unserer Zeit' präsentiert Johannes Proelß eine Sammlung von Gedichten, die sich mit den verschiedenen Katastrophen unserer modernen Welt auseinandersetzen. Mit einem eindringlichen und poetischen Stil gelingt es Proelß, sowohl natürliche als auch vom Menschen verursachte Katastrophen in bewegenden Wortbildern zu beschreiben. Die Gedichte sind geprägt von einer tiefen Sinnlichkeit und einer kritischen Betrachtung der Gesellschaft, die den Leser zum Nachdenken anregen. Proelß nutzt eine Vielzahl von literarischen Techniken, um die Dringlichkeit und Tragik der Katastrophen darzustellen, die uns alle umgeben. Johannes Proelß, als renommierter Lyriker bekannt, hat in diesem Werk eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen unserer Zeit geschaffen. Seine Sensibilität für die Sprache und sein kritisches Bewusstsein für gesellschaftliche Probleme verleihen den Gedichten eine außergewöhnliche Tiefe und Relevanz. 'Katastrophen: Poetische Bilder aus unserer Zeit' ist ein Buch, das nicht nur die Schönheit der Sprache feiert, sondern auch dazu einlädt, über die drängenden Fragen unserer Zeit nachzudenken. Für Leser, die nach literarischer Substanz und intellektueller Anregung suchen, ist dieses Buch von Johannes Proelß ein absolutes Muss.

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Johannes Proelß

Katastrophen: Poetische Bilder aus unserer Zeit

Zum Geleit, Hans im Glück, Durchs Fegefeuer zum Paradies, Lili, Zwischen Himmel und Wasser, Der Todesgruß auf der Taybrücke

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0380-2

Inhaltsverzeichnis

Zum Geleit
Hans im Glück
Durchs Fegefeuer zum Paradies
Lili
Zwischen Himmel und Wasser
Der Todesgruß auf der Taybrücke

Zum Geleit

Inhaltsverzeichnis

Ein Märchen leitet die kleinen poetischen Erzählungen ein, die ich in diesem Buche zusammenstelle, und die sich als poetische Bilder aus unserer Zeit, als realistische Darstellungen des modernen Lebens geben. Dieselben entstanden sämmtlich unter dem Eindruck gewaltiger, herzerschütternder Unglücksfälle, denen manches kraftvolle Menschendasein zum Opfer fiel: sie schildern allgemein betrauerte Katastrophen im Leben der Natur und der Gesellschaft im Zusammenhang mit Konflikten der Herzen und der Gemüther, welche über die verheerende Wirkung der ersteren den verklärenden Schimmer der Versöhnung breiten. So blüht aus der Asche einst kraftvoller Bäume die duftige Blume des Waldes.

Das Märchen »Hans im Glück« dagegen erstand im Gemüthe des Autors zu einer Zeit seligen Glücks, die vom frischen Hauche des Frühlings, der in der Natur wie in seinem Herzen fröhliche Ostern hielt, durchweht war.

Der Sinn des Märchens aber ist der: wahrhaft glücklich auf Erden ist allein der Mensch, dessen Auge geschärft ist für die Schönheiten der Welt außer ihm, dessen Ohr im Stande ist, den harmonischen Akkord zu erfassen, welcher auch für die Dissonanzen des Daseins besteht. Ihm ist die Erde weder die schlechteste der Welten, noch die denkbar beste, aber der vorhandene Ausgleich zwischen Gut und Schlimm, Schön und Häßlich versöhnt ihn immer aufs neue mit den Schattenseiten des Lebens. Wessen Seele dieses Glück birgt, dem genügt es aber auch nicht, sich seiner in selbstsüchtigem Behagen zu erfreuen, der fühlt sich auch angetrieben, die von ihm empfundene Harmonie zwischen sich und der Welt anderen zu verkünden als ein Apostel der Liebe zum Leben, als ein Gegner seiner Verächter. Dieses Glücksempfinden und seine Verkündigung ist Poesie. Unser »Hans im Glück« ist solch ein Glücklicher: Nur als Ahnung regt in dem Knaben sich Anfangs das poetische Drängen. Aber die Mauern der Schule versperren ihm den Weg zur Erkenntniß, die ihm das Wesen seines Berufs offenbart. Nur tastend findet er den rechten Pfad. Er empfindet die Poesie vergangener Zeiten und fremder Sinnesgenossen; er glaubt sie für sich zu gewinnen durch das Studium abstrakter Regeln, nach denen das Schöne sich bilde, aber erst der Genuß des eigenen Lebens, die Empfindung seines Zusammenhangs mit der Natur und seinen Mitmenschen, das Glück der Liebe und der freien Lebensbestimmung lösen seiner Seele die Zunge Es ist der Entwicklungsgang des modernen Dichters. Uns Söhne der Gegenwart nimmt die Schule und deren scholastischer Vergangenheitskultus frühe in ihre beengende Zucht. Auf dem Umweg durch die Welt fremder Geisteswerke, durch die dürre Haide der abstrakten Theorie gelangen wir erst auf die fette grüne Weide des Lebens Wohl dem, dessen Sinn darüber nicht jene Frische des Blicks, jene Feinheit des Gehörs für die unmittelbare Poesie des eigenen Daseins verliert!

Die folgenden kleinen Beiträge zur Poesie der Gegenwart sind von ihrem Autor geistig empfangen worden mitten in dem lauten, dissonanzenreichen Getümmel, das der Zusammenprall der öffentlichen Meinungen, Forderungen und Klagen in dem Redaktionsbureau einer großen Zeitung erzeugt. Während er die herzerschütternden Berichte über den furchtbaren Brand des Ringtheaters zusammenstellte, stieg vor seiner Seele das kleine Lebensbild auf, welches dieser verheerenden Katastrophe eine versöhnende Seite abgewinnt. Während er die Einzelheiten der letzten großen finanziellen Krise in Paris für feine publizistischen Berufszwecke studirte, entstand »Lili«, eine Erzählung, welche für die Katastrophe des plötzlichen Vermögensverlustes ein harmonisch ausklingendes Gegenbild bietet. Das große nationale Unglück der letzten Rheinüberschwemmung regte ihn zur Gestaltung der Hochflutgeschichte an, die »zwischen Himmel und Wasser« den Sonnenschein der Poesie verklärend fallen läßt und der zerstörenden Elementargewalt der Natur die siegreiche Ueberlegenheit der Kultur gegenüberstellt.

Der Dichter will sein Recht. Der Publizist stellt das Unglück dar in seiner ganzen schreckensvollen Größe, auf daß praktisch gegen seine Folgen und seine Wiederkehr angekämpft werde; der Dichter aber wird gerade auch hier seine Wünschelruthe benutzen, die ihm selbst da, wo Jammer und Elend herrschen, das Vorhandensein einer besonderen Glücksquelle zu verrathen vermag; er wird gerade auch hier dem Gedanken der Versöhnung zum Triumph verhelfen. Denn selbst dort, wo der Tod sein grausames Tagewerk verrichtete, kann sein Auge die Blume des Trostes emporblühen sehen.

Dieses Amt des Versöhners ist nicht die einzige Mission, welche der Dichter auf Erden hat. Er kennt noch eine höhere, die im Gegensatz zu jener, die gedankenlose Zufriedenheit mit den Zuständen der Welt aufrüttelt aus ihrem Stumpfsinn und der Menschheit Ideale vorführt, die erstrebt werden können und sollen zum Heile der Gesammtheit der Menschen. Aber schon diese eine Mission macht den Beruf des Dichters zu einem innigst beglückenden, zu einem der Welt unentbehrlichen. Denn was ist ohne den Glauben an die Möglichkeit eines Glückes auf Erden, ohne die Liebe des Einzelnen zum Leben alles Mühen um den Fortschritt und die Vervollkommnung der allgemeinen Zustände? Wer kämpft muthig, wenn ihm das Dasein nichts werth ist?

Frankfurt a. M., 15. April 1883.

Johannes Proelß.

Hans im Glück

Inhaltsverzeichnis

Ein Frühlingsmärchen

Er war ein schmucker Klosterschüler und seine Kameraden nannten ihn »Hans im Glück«. Sein eigener Name lautete zwar ganz anders und vom Glück der Welt hatte er bisher wenig erfahren. Vielmehr war das Schicksal schon recht bös mit ihm umgegangen; es hatte ihn, den jüngsten Sohn eines ritterbürtigen Hauses, rücksichtslos zur Klerikerlaufbahn verdammt, obgleich sein thatenmuthiger, lebensdurstiger Sinn nach ganz anderen Dingen stand. Und auch nachdem das Schicksal in so wichtiger Sache gar widrig gesinnt sich erwiesen, hatte es nachträglich noch oft den flotten Jungen recht unfreundlich am krausen Gelock gezaust, denn er war jähen Sinnes und mußte dies öfters büßen. Also bei Lichte betrachtet, hatte unser Hans im Glück Pech, aber dies stand ja auch nicht im Widerspruch mit dem Märchen, nach dessen Helden die eifrigen Lateinschüler der Benediktinerabtei ihren frohherzigen Gefährten nannten. Wie dieser hatte er zwar nie einen gewichtigen Goldklumpen erhalten und somit auch nie einen solchen mit einem Gaul umtauschen können, und diesen mit einer Kuh, einem Schwein, einer Gans, einem Wetzstein, der schließlich in den Ziehbrunnen fällt. Wohl aber hatte er wie dieser einen echten Goldschatz im Herzen, ein zufrieden Gemüth, das sich schnell mit jeder neuen Lage des Lebens versöhnt und auf deren gute Seiten den Blick gerichtet hält, das lächelnd einen Verlust hinnimmt, weil es weiß, daß damit auch eine Last von der Seele genommen. Er war einer jener fröhlichen Gesellen, denen die Welt so schön erscheint, die Sonne so hell erglänzt, der Duft der Blumen so süß ist, daß sie auch mit batzenleerer Tasche, wie jener Hans im Glück des Märchens rufen können: So glücklich wie ich bin, gibt es keinen Menschen unter der Sonne.

Auch heute war er nicht trüben Sinnes, obgleich er wahrlich Ursache dazu hatte. Denn fällt es dem jungen Blute schon an und für sich schwer, lange stille zu sitzen, so pflegen Schloß und Riegel diesen Zwang zur Qual zu steigern. Und heute war Hans im Glück in Arrest. War da des Morgens ein vornehmer Jungherr auf den Klosterhof geritten gekommen, um bei seinem Ohm, dem hochwürdigen Herrn Abt, Einkehr zu halten. Es war gerade Freistunde und der seines Reiters ledige Rappe reizte bald die Neugier der unternehmenden Klosterschüler. Hans hatte eine passende Gelegenheit wahrgenommen, sich in den Sattel des stolzen Hengstes geschwungen und festen Griffes das Roß zu allerhand kühnen Reiterkünsten genöthigt. Unter dem Jubel der Kameraden war er in den Klosterhof gesprengt und hatte auf den zierlich gewundenen Kieswegen seine ritterlichen Uebungen fortgesetzt. Inzwischen war der stolze Herrensohn zurückgekehrt, begleitet von seinem hohen Verwandten. Er vermißt sein Pferd; man ruft, man sucht danach die Freude des jungen Volkes findet ein jähes Ende und ihr Held bekommt zunächst in einem der düsteren Bibliothekzimmer Muße, über die Wahrheit nachzudenken, daß wer zu hoch steigt, auch leicht fällt. Doch ihn focht dies wenig an. Sein Auge blieb hell und klar und weidete sich an dem funkelnden Spiel der goldig glänzenden Staubkörnchen, das ein breiter Sonnenstreif, der durch die grünen Butzenscheiben fiel, sichtbar machte. Der hoffnungerweckende Sonnenstrahl fiel auch auf eine Flucht schön vergoldeter Bücherrücken auf einem der Regale und bei deren Anblick verschwand erst recht jede Spur von Sorge und Kummer auf des Jünglings Gesicht. Das waren ja seine Freunde, die so oft heimlich durchstudirten Folianten: da das »große Heldenbuch«, daneben das »kleine«, hier das Lied Gutrun und da eine saubere Handschrift von Minneliedern, deren melodischer Klang schon mehr als einmal sein Herz berauscht und von denen er so manches auswendig wußte. Das war seine Lieblingslektüre; so ein Sänger zu werden, ein Freund, ein Liebling von Vornehm und Gering, von Frauen und Jungfrauen um seiner Lieder willen, dünkte ihm noch begehrenswerther, als Heldenruhm und der Preis des Siegers im Buhurt. So saß er versunken in die Welt einer ihm aus der Vergangenheit lockend entgegendämmernden Poesie und las und las, nicht merkend, daß der Sonnenstrahl allmählich der Dämmerung wich, ja einmal zweimal gar überhörend, daß dicht vor ihm am Fenster leise geklopft ward.

Ein Freund hatte nicht ohne Gefahr die Höhe gewonnen, um ihm mitzutheilen, daß der Abt aufs höchste über seinen Streich, den er als persönliche Beleidigung aufgenommen, empört sei, und ihm diesmal gar schwere Strafe drohe.

Mitten in seinem Traume von Heldenruhm und Dichterglück gestört, achtete Hans nur wenig der Warnung. Er dankte, nahm Abschied, empfahl dem Freunde herzliche Grüße an die Kameraden. Allein gelassen, suchte er dann weiter zu lesen; doch die Finsterniß wehrte es ihm. Alte Pläne von Flucht und abenteuerlicher Fahrt wurden in seiner Seele wieder lebendig. So träumte er vor sich hin.