Kates Abenteuer in Alaska - Sandra Goldoni - E-Book

Kates Abenteuer in Alaska E-Book

Sandra Goldoni

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Beschreibung

Auf einer Kreuzfahrt von Vancouver durch die weltbekannte Inside Passage passieren mysteriöse Dinge. Da ist ein merkwürdiger Chefkoch an Bord, der zweifelsohne mit jedem aneckt, und dann passieren auch noch merkwürdige Todesfälle, die so unerklärlich sind, dass der Schiffsarzt eine Quarantäne verhängen lassen muss. Kate und ihre Freunde haben Angst, dass sie die nächsten Opfer sein könnten, und beschließen kurzerhand, das Schiff zu verlassen. Sie tauchen bei Eskimos unter. Hier erfahren sie, dass eine Art Russenmafia hinter ihrem Chefkoch her ist. Doch nicht nur die Russen, sondern auch die wilden Tiere machen ihnen das Leben zur Hölle. Als Kate schließlich in einem Gefängnis erwacht, wird ihr klar, dass sie das Kreuzfahrtschiff nie hätte verlassen dürfen. Gemeinsam mit ihren Freunden gelingt ihr die Flucht. Auf Hundeschlitten durchqueren sie halb Alaska, hin- und hergerissen, ob sie wirklich zurück zu den Todesfällen auf ihr Schiff sollen, denn die Russen meinen es verdammt ernst.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 430

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Copyright: Sandra Goldoni 1. Auflage Verlag & Druck by tredition GmbH Halenreie 40-44 20359 Hamburg

Die Handlung dieses Romans ist frei erfunden. Alle Namen und Personen wurden ebenfalls frei erfunden. Die Geschichte ist keine wahre Begebenheit.

Nachdruck, Speicherung, Sendung und Vervielfältigung in jeder Form, insbesondere Formate, Farbverfremdung sowie Bearbeitung und Übertragung des Werkes oder von Teilen desselben in andere Medien und Speicher sind ohne vorgehende schriftliche Zustimmung des Verlages oder dem Autor unzulässig und werden strafrechtlich verfolgt.

Alle Rechte am Werk liegen beim Autor:

Sandra Goldoni

ISBN:

978-3-7469-7507-8(Paperback)

 

978-3-7469-7508-5(Hardcover)

 

978-3-7469-7509-2 (e-Book)

Vancouver

Mittwoch, 25. März London (England)

Kate Granger konnte es kaum erwarten, ihre Urlaubsreise anzutreten. Monatelang war sie sich bei ihrem Reiseziel unsicher, bis sie sich dann doch endlich dazu durchgerungen hatte, die Kreuzfahrt von Vancouver nach Alaska durch die Inside Passage zu buchen.

Das hatte seinen guten Grund.

Erst letztes Jahr hatte Kate ein paar Wochen in Venezuela verbracht, die zu einem wahren Horrortrip wurden. Einzig durch ihre Freunde war es ihr gelungen, wieder gesund und munter nach England zurückzukehren. Daher überlegte sie sich dieses Mal sehr genau, wohin ihre Reise gehen sollte.

Weil sie keine Spinnen oder Schlangen mehr sehen wollte, fiel ihre Auswahl auf Alaska.

Auf einem Kreuzfahrtschiff, so dachte sich Kate, würde ich nie alleine sein. Ständig wäre die Crew an Bord und die vielen anderen Passagiere wären bei den Landausflügen in meiner Nähe.

Die Reise würde vierzehn Tage dauern, wobei sie Morgen mit einem Flugzeug von Heathrow nach Vancouver fliegen würde. Dort angekommen würde sie auf das große Kreuzfahrtschiff gehen und durch die weltbekannte Inside Passage fahren.

Alles war perfekt geplant.

Am Vormittag war Kate noch schnell in ihrem Lieblingskaufhaus Burlington Arcade, in London – Piccadilly gewesen, um sich eine warme, zoisitblaue Daunenjacke mit einer weiten, verstellbaren Kapuze zu kaufen, die sie bei den Landausflügen anziehen wollte. Aber auch warme Schuhe mit ein Paar Neoprensocken konnte sie sich noch besorgen.

Jetzt befand sich Kate in ihrer kleinen, gemütlichen Wohnung in Mayfair, in der North Audley Street. Für Kate das schönste Viertel von ganz London.

Es war schon spät am Abend.

Ihren Koffer und ihre Reisetasche hatte sie bereits am Flughafen aufgegeben, daher hatte sie noch reichlich Zeit, mit ihrer Großmutter Paratti zu telefonieren, bei der Kate aufgewachsen war.

Nachdem sie noch mindestens eine Stunde telefoniert hatte, legte sie sich erschöpft in ihr kuscheliges Bett und konnte es kaum erwarten, die großen Eisberge mitsamt den vielen Tieren, wie Seehunde und Buckelwale zu sehen.

So ein Mist, dachte sich Kate, als sie eine halbe Stunde zu spät wach wurde. Der blöde Wecker hatte versagt.

Sie rannte durch ihr kleines Bad, stolperte über ihre Schuhe, da klingelte es plötzlich an ihrer Tür. Der Taxifahrer war schon da. Er gab ihr über die Sprechanlage Bescheid, dass er unten auf sie warten würde.

Kate zog sich schnell noch ihre Jacke über, eh sie schließlich, völlig gestresst die Treppe hinuntereilte.

Wie man es von England kennt, regnete es in Strömen.

Kate saß im Taxi.

Ihr Ticket, ihr Bargeld und ihre Kreditkarte steckten in ihrem Brustbeutel, den sie unter ihrer smaragdgrünen Crashbluse trug. Es darf nun nichts mehr schiefgehen, hoffte sie, dann lehnte sie sich entspannt zurück.

Doch nur fünf Minuten später, sie befand sich in der Höhe der Queens Gate, stand sie mitten in einem Verkehrsstau.

»Was ist denn heute nur los?«, erkundigte sich Kate bei dem Taxifahrer.

»Solch einen Stau kenne ich um diese Zeit eigentlich auch nicht, Ma’am«, antwortete er ihr kopfschüttelnd. »Immerhin ist es ein ganz gewöhnlicher Donnerstag und schon halb zehn.«

Danach sprach der Taxifahrer über sein Funkgerät mit einem Kollegen, der ebenfalls einen Fahrgast zum Flughafen bringen sollte. Auch er stand seit fünfzehn Minuten, doch es ging einfach nichts mehr. Weder vor, noch zurück. Alles stand still.

»Oh, nein! Das gibt es doch nicht. Könnten Sie mich dann einfach zurück zur Paddigton Station bringen?«, fragte Kate. Sie wühlte rasch in ihrem Brustbeutel, um genügend Kleingeld parat zu haben. »Es ist wohl besser, wenn ich einen Zug zum Flughafen nehme.«

Der Taxifahrer fuhr eine Seitenstraße ab.

»Das war mit Sicherheit die bessere Entscheidung«, meinte er, als er Kate drei Minuten später am Bahnhof aussteigen ließ.

Kate rannte die Rolltreppe hinunter.

Glücklicherweise konnte sie gerade noch rechtzeitig eine U-Bahn erreichen, die zum Flughafen fuhr.

Die Bahn war komplett überfüllt.

Kate bekam nicht einmal mehr einen Sitzplatz, so blieb sie mitten im Gang stehen.

Sie nahm es gelassen hin. Immerhin kann ich ja im Flugzeug noch lange genug sitzen, dachte sie sich.

Plötzlich hielt die Bahn in einem dunklen Tunnel an.

Ungeduldig sah Kate auf ihre Armbanduhr. Sie hatte kaum mehr Zeit und konnte nicht verstehen, warum der Zug hier anhielt.

»Entschuldigen Sie?«, fragte Kate einen weiteren Fahrgast, der neben ihr stand und auch keinen Sitzplatz mehr bekommen hatte. »Können Sie mir sagen, warum der Zug hier hält?«

»Er wird wahrscheinlich gleich von einem anderen Zug überholt werden«, antwortete ihr der Mann. »Sowie der vorbei ist, werden wir hoffentlich auch weiterfahren.« Er erkannte das Flugticket, das Kate in ihrer Hand bereithielt. »Wollen Sie auch zum Flughafen?«

»Ja, ich bin schon ziemlich spät dran. Auf den Straßen geht gar nichts mehr, deshalb hat mich mein Taxifahrer kurzfristig zur Bahn gebracht.«

Im selben Moment ruckte der Zug und fuhr wieder an.

Kate blickte erneut auf ihre Armbanduhr.

Sie hatte jetzt nur noch zwanzig Minuten Zeit, dann würde ihr Flugzeug ohne sie abheben.

»Da haben wir den gleichen Weg«, sagte der Mann. »Wenn wir nicht ein bisschen schneller fahren, verpasse ich meinen Flug.« Er sah ungeduldig auf seine Uhr. »Das packe ich bestimmt nicht mehr. So ein Mist. Nur noch achtzehn Minuten. Hoffentlich fährt der jetzt flott bis zum Flughafen durch.«

»Oh, fliegen Sie auch zufällig nach Vancouver?«, wollte Kate wissen.

»Ja. Sie etwa auch?«, fragte der Mann überrascht.

»Ja«, antwortete ihm Kate.

Endlich, die Bahn wurde langsamer, sie kamen am Flughafen an. Gemeinsam rannten sie los, rempelten andere Passagiere unterwegs an, riefen hastig eine Entschuldigung zurück und kamen gerade noch an, als ein Steward den Durchgang zu ihrer Maschine schließen wollte.

»Halt, stopp, wir wollen auch noch mit!«, rief ihm Kate zu. Schlitternd kam sie vor dem Steward zum Stehen. »Wir sind wegen des Verkehrsstaus so spät dran.«

Er betrachtete sich ihre Tickets und meinte: »Da habe Sie aber Glück, dass Sie noch mitfliegen können.«

Als sie in die Maschine kamen, stellte sich heraus, dass der Mann, mit dem Kate hierher gerannt war, ziemlich weit hinten im Flugzeug saß, während sie ihren Platz in der Mitte fand.

Alle Plätze waren schon besetzt.

So, wie es aussah, war ihr Flugzeug komplett ausgebucht.

Kate nahm schnell auf ihrem Sitz Platz und schnallte sich an.

Während ihnen die Sicherheitsvorkehrungen bekannt gegeben wurden, rollte ihre Maschine zur Startbahn.

»Gerade noch rechtzeitig, was?«, meinte eine junge Frau, die neben Kate saß. »Mein Name ist Chloe Combe. Ich fliege auch nach Vancouver und mache dort eine Kreuzfahrt nach Alaska.«

Kate schätzte Chloe auf Anfang zwanzig. Sie hatte lange, braune Haare, eine schlanke Figur und große braune Augen.

Kate war auch erst dreiundzwanzig Jahre alt, doch das würde sich an ihrem Geburtstag, am achtundzwanzigsten März ändern. Weil sich Kate nicht gerne feiern ließ, kam ihr die Kreuzfahrt in diesem Zeitraum wie gerufen. So konnte sie ihren Geburtstag still und heimlich feiern, ohne dass es auf dem Schiff jemand mitbekommen würde.

Nun hob ihr Flugzeug laut dröhnend ab.

»Mein Name ist Kate Granger. Es freut mich Sie kennenzulernen. Wahrscheinlich habe ich die gleiche Kreuzfahrt gebucht. Sind Sie auch auf dem Schiff Cruze Princess?«

»Na so ein Zufall. Genau auf diesem Schiff bin ich auch. Ich hoffe, wir haben viel Spaß. Aber vor allem gutes Wetter, damit wir möglichst viele Tiere und viel von dem Land sehen können«, plauderte Chloe lebhaft los.

Kate fand sie sofort sympathisch.

Die nächsten neuneinhalb Stunden würde sie also neben Chloe Combe verbringen. Wenn das kein gutes Omen ist, überlegte sich Kate. Doch dann fiel ihr ein, dass sie kurz zuvor verschlafen hatte, im Stau gestanden hatte, dann noch zum Bahnhof musste und nur mit viel Glück noch in diese Maschine hinein durfte.

Sollte sie diese Kreuzfahrt wirklich antreten?

Blödsinn! Solche Gedanken darf ich gar nicht erst aufkommen lassen, besann sich Kate. Stattdessen sah sie sich nun lieber die restlichen Passagiere im Flugzeug an.

Kate war noch nie zuvor mit einer Air Canada geflogen, doch im Großen und Ganzen, war es auch nicht anders als in der British Airways, mit der sie letztes Jahr nach Venezuela geflogen war. Mittlerweile hatten sie ihre Flughöhe erreicht und die Stewardessen kamen mit ihren Servierwagen durch die Reihen. Für das Mittagessen wurden ihnen zwei Gerichte zur Auswahl angeboten.

Kate brauchte gar nicht lange überlegen, weil das eine Menü aus Steak mit Nudeln und Gemüse bestand. Kate aß schon seit mehreren Jahren kein Fleisch mehr, doch für Fisch hatte sie immer eine Leidenschaft. So wählte sie den Heilbutt mit Pellkartoffeln, einer Weißweinsoße und Salat.

»Hallo!«, meldete sich unerwartet der Mann neben Kate, der zuvor mit ihr im Zug gestanden hatte. »Da hatten wir aber vorhin reichliches Glück, was? Ich glaube, durch unseren Stress im Straßenverkehr habe ich mich noch gar nicht vorgestellt? Mein Name ist Tyler Winfield.«

Kate blickte zu ihm auf.

Der Mann hatte braune, kurze Haare, wobei sein Pony recht lang war und ihm über die Augen fiel. Kate schätzte ihn auf Ende zwanzig. Er maß ungefähr einen Meter achtzig und war sportlich, elegant gekleidet. Sein charmantes Lächeln machte ihn äußerst attraktiv.

Kate freute sich und stellte sich nun auch vor.

»Hallo Tyler, mein Name ist Kate Granger.« Sie schüttelte ihm die Hand. »Ja, da hatten wir wirklich Glück. Ein paar Minuten später wäre unsere Maschine ohne uns abgeflogen.«

Gut gelaunt nahm sie ihren Tomatensaft von der Stewardess entgegen.

Chloe bekam ihren Kaffee gereicht.

»Darf ich Ihnen auch etwas anbieten?«, wollte die Stewardess von Tyler wissen.

»Oh ja. Für mich bitte auch einen Tomatensaft. Der schmeckt hier oben in einem Flugzeug immer am besten«, antwortete er ihr.

Nachdem auch er seinen Saft bekommen hatte, machte er der Stewardess auf dem Gang kurz Platz und gesellte sich dann, als der Getränkewagen vorbei war, wieder zu Kate.

»Hat Sie Ihre Freundin schon vermisst, als wir im Stau und in der U-Bahn festsaßen?«, fragte Tyler. Er grinste zu Chloe, die durch die heftigen Turbulenzen in diesem Moment ihren Kaffee verschüttete.

Kate half ihr rasch, die Flecken von ihrer Hose zu wischen.

»Oh, nein. Ich habe Chloe eben erst im Flugzeug kennengelernt«, erklärte sie ihm. »Wir machen die gleiche Kreuzfahrt, wenn wir in Vancouver ankommen. Durch die Inside Passage bei Alaska.«

»Hallo«, sagte Chloe leicht errötend. »Ja, das ist so toll. Ich freue mich schon riesig.«

»Ist ja irre«, meinte Tyler. »Ich habe die gleiche Kreuzfahrt gebucht. Wäre ja super, wenn wir auch auf demselben Schiff wären.«

»Meins nennt sich Cruze Prinzess«, antwortete ihm Kate.

Lachend stellten sie fest, dass sie tatsächlich ihre Reise auf demselben Schiff verbringen würden.

Als das Essen serviert wurde, setzte sich Tyler wieder auf seinen Platz in die hinteren Reihen.

Der Fisch war ausgezeichnet, auch der Weißwein, den sich Kate dazu bestellt hatte, schmeckte ihr vorzüglich.

»In welchem Hotel übernachtest du denn, wenn wir in Vancouver ankommen?«, murmelte Chloe schmatzend. Sie kaute gerade auf einem Stück ihres Steaks, zu dem sie Bandnudeln und frische Erbsen auf ihrem Teller liegen hatte.

»Pan Pacific Vancouver Hotel. Das liegt direkt am Hafen. Ich habe es also nicht weit«, erklärte ihr Kate. Sie zog ihre Unterlagen aus ihrer Handtasche, um sie Chloe zu zeigen. »Schau, so sieht es aus. Du wohnst doch sicher im gleichen Hotel?«

»Nein«, antwortete ihr Chloe. »Ich glaube, das hängt vom jeweiligen Reisebüro ab, in dem man diese Kreuzfahrt gebucht hat. Auf jeden Fall werden wir Morgen schon zeitig in See stechen. Laut meinen Unterlagen legt die Cruze Princess schon um neun Uhr ab.«

Kate nickte und hoffte, dass sie Morgen nicht auch wieder verschlafen würde. Was wäre eigentlich, überlegte sie sich stumm, wenn ich das Schiff nicht rechtzeitig erreiche?

Auf den Sitzen vor Kate und Chloe saß ein älteres Ehepaar, das sich laut darüber unterhielt, was sie alles in Juneau unternehmen wollten. Sie zählten zahlreiche Ziele auf. Unter anderem das Alaska State Museum, sowie das State Capitol Building, das sich vor allem der grauhaarige Mann nicht entgehen lassen wollte. Ein paar Stunden später wurde noch einmal ein Essen serviert. Durch die Zeitverschiebung wurde es auf ihrem Flug nicht dunkel. Im Gegenteil, sie würden mittags um zwölf in Vancouver landen. In London hätten sie dann schon acht am Abend.

»Was machst du denn den ganzen Tag in Vancouver?«, fragte Chloe, wobei sie sich eine Straßenkarte ansah, auf der einige Sehenswürdigkeiten markiert waren.

»Was meinst du? Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ich werde mein Gepäck erst mal auf mein Zimmer bringen und dann hoffe ich, dass mein Hotel eine schöne Poollandschaft hat. Viel werde ich nicht machen, immerhin sind wir bis zum Abend dann schon über zwanzig Stunden auf den Beinen.«

Jetzt gesellte sich auch Tyler wieder zu ihnen.

»Hallo Tyler, wir sprachen gerade darüber, was wir in Vancouver alles unternehmen wollen, wenn wir landen«, sagte Chloe, ganz so, als hätte sie mit ihr einen Stadtbummel geplant.

»Habt ihr euch das gut überlegt?«, fragte Tyler. »Vancouver ist sehr groß, viel werdet ihr davon nicht sehen. Und außerdem werden wir auch noch eine ganze Zeit brauchen. Der Transfer vom Flughafen zu den einzelnen Hotels wird nicht in ein paar Minuten über die Bühne laufen. Ich nehme an, dass ich mein Hotelzimmer nicht vor zwei Uhr bekomme.«

Kate war froh, dass Tyler ebenfalls keinen großen Ausflug in Vancouver geplant hatte und so sprachen sie nun lieber über die vielen Sehenswürdigkeiten, die sie auf der Kreuzfahrt vor sich hatten.

Tyler erzählte ihnen, dass er sich freuen würde, wenn er einen Seeadler zu Gesicht bekommen würde.

»Du magst Vögel, was?«, meinte Kate lachend.

»Ich liebe große Raubvögel.« Tyler sah die beiden Frauen mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Wusstet ihr, dass der Seeadler in Mittel- und Westeuropa durch menschliche Verfolgung und Vergiftung durch das Insektizid DDT fast ausgerottet wurde?« Das war Kate neu, doch ihre Sitznachbarin brachte sie sogleich auf andere Gedanken.

»Ich würde gerne mal einen wilden Bären sehen, wenn er Lachse fängt«, meinte sie. »Das würde ich zu gerne erleben. Ich kenne einen Bären nur aus dem Zoo. In freier Wildbahn, das ist schon was anderes, meint ihr nicht?«

Sie sprachen noch lange über die Tiere, die in Alaska leben, wobei jeder von ihnen durch ihre Unterhaltung noch etwas hinzulernen konnte.

Nach zwei Stunden kam dann die Durchsage des Piloten, dass sie sich bitte wieder anschnallen sollten, weil die Maschine in den Landeanflug gehen würde.

Es ist soweit, dachte sich Kate. Sie konnte es kaum abwarten, die große Stadt Vancouver unter sich zu sehen.

Kate linste an Chloe vorbei aus dem Fenster, damit sie die vielen Hochhäuser und das Meer unter sich sehen konnte.

Der Pilot flog zuerst über die Großstadt hinweg, drehte dann und kam schließlich schnell auf die Landebahn zu.

Nachdem sie eine prachtvolle Landung hinter sich gebracht hatten, rollten sie zu ihrem Gate, wobei der Pilot ihnen erklärte, dass es für diese Jahreszeit in Vancouver noch viel zu kalt wäre.

»Ende März liegen die Temperaturen tagsüber bei sechs bis acht Grad Celsius, doch derzeit beträgt die Außentemperatur kalte minus zwei Grad.«

So zogen sie sich alle noch rasch ihre warmen Jacken an und verließen laut brabbelnd die Maschine.

Der Hafen

Der Flughafen war so groß, dass sie nicht gleich wussten, wohin sie mussten, um ihr Gepäck zu bekommen.

Tyler deutete vor sich auf einen breiten Gang, über dem ein Schild hing, auf dem Kofferbänder zu sehen waren.

»Kommt mit, wir müssen dort hinüber«, rief er.

Sie gingen durch einen breiten Durchgang hindurch und kamen jetzt zu den Laufbändern, auf denen bereits die ersten Gepäckstücke lagen.

Zuerst hatte Tyler seine Sachen zusammen, doch er wartete geduldig mit den Frauen, bis auch sie ihr Gepäck hatten. Es dauerte nicht lange, bis Chloe ihren Koffer vom Band nehmen konnte. Nur Kate musste sich noch gedulden.

Auch das ältere Ehepaar, das im Flugzeug vor Kate und Chloe gesessen hatte, stand noch an diesem Band.

»Ich kann es einfach nicht verstehen, Bertie«, zischte die ältere Frau ihrem Mann zu. »Hast du die Tasche vielleicht in der Gepäckablage, im Flugzeug liegen lassen?«

Der Mann sah sie finster an, schüttelte dann aber schweigend seinen Kopf, als er bemerkt hatte, dass Kate ihnen zugehört hatte. Nachdem die drei schließlich ihre Habseligkeiten beisammenhatten, gingen sie zusammen hinaus auf den Parkplatz, auf dem schon große Reisebusse auf sie warteten.

An fast jedem Bus konnte Kate ein Schild sehen, auf dem in großen Buchstaben Kreuzfahrt Alaska Cruze Princess stand. Die Hotelnamen wurden gar nicht erst angezeigt, sodass sie auch im Bus zusammenbleiben konnten.

Die Fahrzeuge waren schon voller Passagiere, die alle darauf warteten, zu ihrem Hotel gebracht zu werden.

Nach knapp zwei Stunden kam Kate endlich vor ihrem Hotel an. Tyler und Chloe saßen immer noch bei ihr. Sie hatten ihr Hotel noch nicht erreicht.

Inzwischen war es schon kurz vor drei, als sie sich voneinander verabschiedeten.

»Wir sehen uns ja dann Morgen«, meinte Tyler. »Im Hafen oder spätestens auf unserem Kreuzfahrtschiff.«

Kate stieg nicht alleine aus.

Doch jetzt wusste sie, dass alle die mit ihr hier in das Hotel gingen, auch Morgen mit ihr auf das gleiche Schiff gehen würden.

An der Rezeption tummelten sich inzwischen um die zwanzig Personen. Kate nahm sich Zeit, um sich die Menschen in Ruhe anzusehen.

Da war wieder das ältere Ehepaar. Kate schätzte die beiden auf über sechzig.

»Unmöglich«, moserte der Mann verärgert. »Uns hier einfach so warten zu lassen.«

»Es sind halt viele Menschen zur gleichen Zeit angekommen, Bertie«, flüsterte ihm seine liebenswürdige Frau zu.

Eine weitere Familie mit zwei Teenagern, die eher genervt wirkten, stand etwas abseits. Auch ein junges Paar, das Kate auf Anfang zwanzig schätzte, wartete neben ihr auf ihre Schlüssel.

Welch ein Glück, dachte sich Kate. Nur mit alten Leuten wäre es ja schrecklich geworden. So jedoch wusste sie, dass Chloe und Tyler dabei sein würden und nun standen hier noch zwei junge Menschen, die sie auf dem Schiff sicher auch noch kennenlernen würde.

Die junge Frau hatte kurze, wasserstoffblonde Haare und machte einen freundlichen Eindruck. Ihre Figur konnte man durch ihre dicke Steppjacke nicht erkennen, doch schien sie gerne zu essen, was man an ihrem leicht speckigen Gesicht sehen konnte. Der Mann neben ihr war ebenfalls nicht ganz schlank, dafür einen guten Kopf größer als seine Frau. Kate schätzte ihn auf einen Meter achtzig. Er hatte dunkelbraune, kurze Haare, einen schmalen Oberlippenbart und ein Grübchen auf seinem Kinn.

»Miss Granger?«, rief eine Frau, womit sie Kate aus ihren Gedanken riss.

»Ja?«, fragte sie verwirrt. Erst jetzt bemerkte sie, dass die Frau ihr den Zimmerschlüssel vor ihre Nase hielt. Kate nahm ihn an sich.

Es war leicht, sich in dem Hotel zurechtzufinden. So kam sie kurze Zeit später auf ihrem Einzelzimmer, in der dritten Etage mit Blick über den großen Hafen, an.

Als sie zum Fenster hinaussah, konnte sie ein großes Kreuzfahrtschiff im Hafen liegen sehen.

Sie überlegte, ob es wohl schon die Cruze Princess sein könnte. Im Hafen gingen jetzt überall die Lichter an.

Kate sprang noch schnell unter die Dusche, zog sich danach noch etwas Gemütlicheres an und blickte auf ihre Armbanduhr. Es war schon kurz nach vier.

Sie dachte darüber nach, was sie jetzt noch machen könnte und beschloss, sich im Hotel etwas umzusehen. Immerhin wollte sie hier auch noch eine Kleinigkeit zu Abend essen.

Im Hotel gab es jede Menge Boutiquen, Friseure, eine Parfümerie, einen Fitnessbereich und eine Bar.

Oh ja, dachte sich Kate, die neugierig in die Bar hineinging.

Es war ein hübsches, kleines Lokal, das in der Mitte eine runde Theke hatte, mit mehreren Barhockern rundherum. Das junge Paar, das Kate an der Rezeption aufgefallen war, stand ebenfalls an der Theke. Es war die Wasserstoffblondine mit ihrem Freund. Kate ging flugs auf den Barkeeper zu.

»Hey, was darf’s sein?«, fragte er.

»Hm, …, keine Ahnung«, murmelte Kate schulterzuckend. »Haben Sie eine Getränkekarte?«

»Wenn Sie etwas typisch Kanadisches haben möchten, kann ich Ihnen einen Mountie empfehlen.«

»Ja, gerne«, sagte Kate. Sie hatte eigentlich überhaupt keine Ahnung von Cocktails.

Der Barkeeper war sehr nett. Er mixte Kate das Getränk, doch als er bemerkte, dass sie alleine hier war, stellte er sie den beiden anderen an der Theke vor.

Schnell stellte sich heraus, dass die wasserstoffblonde Frau Phoebe McLeod hieß und ihr Freund sich Dylan Gallagher nannte.

»Ihr Fahrt Morgen sicher auch auf dem Schiff Cruze Princess mit?«, erkundigte sich Kate.

»Ja, wir freuen uns schon riesig auf Alaska«, antwortete ihr Phoebe, die von einem grünlich schimmernden Cocktail trank. »Dylan ist ein riesiger Fan, wenn es um Buckelwale und Wölfe geht. Hier kommt er sicher auf seine Kosten.«

»Ah, aber du Phoebe!«, feixte Dylan. »Sie kann es kaum noch abwarten die vielen Eisberge zu sehen und hofft auf einen

Seelöwen.«

Sie verstanden sich auf Anhieb und unterhielten sich über ihre bevorstehende Reise.

Als es dann schon sieben Uhr war, gingen sie gemeinsam zum Abendessen ins Restaurant.

»Lasst uns doch den Tisch dort vorne am Fenster nehmen. Ich liebe das Treiben auf Häfen«, schwärmte Phoebe. Sie deutete auf einen Tisch für vier Personen, der vor einem großen Fenster stand, das eine gute Sicht auf die Hafenseite mit ihren Schiffen bot. »Seht euch das an! Das könnte schon unser Schiff sein, oder?«

»Kann gut möglich sein«, meinte Dylan. »Sicher müssen sie noch einiges einladen, bevor wir Morgen aufbrechen.«

Kate, die heute schon zwei gute Mahlzeiten im Flugzeug gegessen hatte, bestellte sich nur einen Garnelensalat mit etwas Weißbrot.

Phoebe und Dylan wählten auch nicht viel, doch dafür luden sie sich am Buffet ihre Tabletts noch mit lecker aussehenden Puddings und kleinen Schokomuffins voll.

»Du hast recht, Dylan«, sagte Kate. »Sie beladen gerade das Schiff. Und wenn ich richtig sehe, steht dort neben auch Cruze Princess drauf.«

»Dann ist es unseres«, freute sich Phoebe. »Seht mal, die beladen es nicht nur vorne durch die große Luke, sondern auch dort hinten. Sie fahren da extra mit kleinen Booten hin.«

»Na hoffentlich fehlt auch nichts«, meinte Dylan mit vollen Backen schmatzend.

Gegen neun wurde Kate dann so müde, dass sie zurück in ihr Hotelzimmer ging. Sie putzte sich nur noch rasch die Zähne und ließ sich dann in ihr Bett fallen.

Am nächsten Morgen stand Kate schon zeitig auf. Sie wollte extra früh aufstehen, damit sie sich nicht wieder so abhetzen musste, wie am gestrigen Tag. So konnte sie sich jetzt wenigstens noch ein wenig Zeit unter der Dusche lassen.

Mittlerweile war sie so aufgeregt, dass sie hoffte, so schnell wie möglich ihre Balkonkabine zu beziehen, um endlich ein wenig zur Ruhe zu kommen.

Als es schließlich halb acht war, nahm Kate ihr Gepäck und fuhr mit dem Fahrstuhl nach unten. Am Hotelausgang konnte sie Dylan und Phoebe stehen sehen.

»Guten Morgen«, rief Kate ihnen entgegen.

»Hey Kate«, begrüßte sie Dylan. Er deutete auf einen großen Bus, der vor dem Hotel stand. »Komm, wir fahren zusammen!«

»Super«, sagte Kate und stieg mit ihren neuen Freunden ein. »Wart ihr gestern noch lange wach?«

»Nein, vielleicht noch eine halbe Stunde. Dass mit der Zeitverschiebung werde ich dann Morgen erst verarbeiten«, murmelte Phoebe herzhaft gähnend.

Auf der Fahrt erkannte Kate die Familie mit den zwei Teenagern, sowie das ältere Ehepaar. Kate fiel auf, dass der Mann schon wieder mit seiner armen, alten Frau herumnörgelte.

Sie fuhren nur einen kurzen Moment, bis sie vor einem sehr großen, weißen und gewaltigen Kreuzfahrtschiff anhielten.

Kate zählte dreizehn mächtige, gelbe Rettungsboote an der Seite und hoffte, dass sie diese niemals brauchen würden.

»Es geht los«, rief Phoebe aufgeregt.

Rasch stiegen sie aus.

Nachdem sie sich staunend das große Schiff angesehen hatten, durften sie nacheinander an Bord.

Kate sah sich suchend nach Chloe und Tyler um, doch es war unmöglich, sie in dieser Menschenmasse zu finden.

»Oh«, machte Kate, als sie das Schiff betrat. Bedächtig sah sie sich um.

»So passen Sie doch auf!«, herrschte sie der ältere Mann an, der ständig mit seiner Frau stritt. Er hatte Kate gerade angerempelt. »Mitten im Weg einfach stehen zu bleiben! Diese Jugend, …, einfach unmöglich!«

Kate blickte dem Mann kopfschüttelnd hinterher.

»Der hätte sich bei dir wenigstens entschuldigen können«, meinte Phoebe. »Das war wirklich unhöflich. Komm, Kate. Dort ist der Empfang.«

»Blöder Kerl«, murrte Kate entrüstet, folgte jedoch schnell ihrer Freundin.

Hier standen mehrere Mitarbeiter vom Servicepersonal, die den Passagieren halfen ihre Kabinen zu finden, nachdem sie ihre Bordkarte bekommen hatten.

»Miss Kate Granger?«, sagte eine nette Dame, die ihr eine Karte entgegenhielt.

»Danke«, sagte Kate breit grinsend.

»Sie haben Zimmernummer 298«, erklärte ihr die junge Frau. »Sie müssen auf das zweite Deck. Auf der rechten Seite finden Sie Ihre Kabine.«

»Danke«, wiederholte Kate. Sie nahm die Bordkarte an sich und blickte zu Phoebe zurück, die jedoch inzwischen weg war. Die beiden mussten ebenfalls ihre Bordkarte bekommen haben und waren auf dem Weg zu ihrer Kabine.

So machte sich Kate alleine auf den Weg. Sie fand sich recht schnell zurecht. Im Nu stand sie bei den Fahrstühlen, mit denen die Passagiere hinauf und hinunterfahren konnten. Gegenüber von den Aufzügen befand sich noch eine breite Marmortreppe. Alles hier war hell beleuchtet und glänzte.

Kate, die nicht wieder mit einem anderen Passagier zusammenstoßen wollte, ging rasch auf einen der Fahrstühle zu.

Auch wenn schon einige Passagiere vor ihr standen und warteten, ging alles recht schnell. So kam Kate nach nur wenigen Minuten auf dem zweiten Deck an.

Sie hatte von hier oben einen tollen Blick über diese große Halle. Neugierig sah sie hinunter.

Es waren wirklich viele Menschen an Bord.

Sie liefen kreuz und quer, wobei sie nach ihren jeweiligen Kabinen suchten. Nun konnte Kate auch den älteren, unhöflichen Mann wieder sehen, der sie zuvor angerempelt hatte. Er war schon wieder dabei, seine liebenswerte, leicht genervte Frau herum zu hetzen.

Kate wandte sich ab. Sie ging nach links in einen Seitengang, um dort zu ihrer Kabine zu gelangen.

Hier war es etwas dunkler, obwohl der Gang hell beleuchtet war. Doch der dunkelgrüne Teppich und die Wände mit den einzelnen Kabinentüren wirkten nach dieser hellen Halle, mit ihren gläsernen Fahrstühlen eher düster.

Kate musste diesen Korridor fast bis zum Ende hindurchgehen, bis sie vor ihrer Kabine stand.

Als sie eintrat, war sie froh, wie hell und freundlich es hier war. Sie stellte ihr Gepäck neben dem Bett ab und sah sich neugierig um. Durch eine weitere Tür kam sie auf ihren Balkon. Er war nicht sehr groß, vielleicht fünf Quadratmeter, doch war er völlig ausreichend.

Von hieraus konnte sie auf Vancouver schauen und erkannte sogar ihr Hotel, in dem sie die letzte Nacht verbracht hatte.

Im Hintergrund konnte Kate die großen Berge sehen, auf denen immer noch viel Schnee lag. Doch weil es draußen eisig kalt war, ging sie schnell wieder hinein.

Ein lautes, kräftiges Hupen ließ sie hochschrecken.

Wir legen sicher gleich ab, dachte sie sich.

Schnell wollte sie an Deck, damit sie sehen konnte, wie das Schiff sich aus dem großen Hafen von Vancouver manövrierte. Sie rannte den Gang zurück, in die große Halle mit den Glasaufzügen und fuhr damit ganz nach oben zum Außendeck. Es waren jetzt viele Passagiere unterwegs, die sich interessiert den Innenbereich des Schiffs ansehen wollten.

Auf dem Außendeck angekommen, konnte sie Tyler an der Reling stehen sehen.

»He, Tyler«, rief sie und rannte auf ihn zu.

»Hallo Kate«, rief er. »Sieh dir doch nur die vielen Menschen da unten an!«

Er deutete auf eine breite Menschenmasse, die ihnen vom Land aus zuwinkte.

»Ist ja Wahnsinn«, japste Kate. Sie war völlig außer Atem. Mit geröteten Wangen strahlte sie zu den Menschen.

»Und? Hast du deine Kabine schon gefunden?«, fragte er.

»Ja, das war ziemlich einfach«, meinte Kate, als laute Musik aus den Lautsprechern tönte und die Cruze Princess sich langsam in Bewegung setzte.

Der Hafen war so groß, dass es für ihr Kreuzfahrtschiff einfach war, das riesige Gelände zu verlassen.

»Wir haben abgelegt«, stellte Tyler erleichtert fest.

»Ja«, freute sich Kate. »Jetzt kann’s endlich losgehen.« Sie strahlte über das ganze Gesicht. »Dieses Mal hatten wir auch keine Verspätung«, witzelte sie.

Gemeinsam gingen sie wieder hinein, denn die Luft hier draußen war ihnen viel zu kalt. Der frische Wind und die extrem hohe Luftfeuchtigkeit ließen es kälter erscheinen, als es sowieso schon war.

»Wo liegt denn deine Kabine?«, wollte Tyler wissen. Sie waren auf dem fünften Deck und kamen an einem großen Speisesaal mit geöffneter Flügeltür vorbei.

»Ich bin auf dem zweiten Deck und habe das Zimmer 298. Wollen wir uns den Speisesaal mal ansehen?«, murmelte Kate. Neugierig warf sie einen Blick durch die breite Flügeltür.

»Ich bin auch auf dem zweiten Deck. Meine Zimmernummer ist 213. Wollen wir hineingehen?«, fragte er, wartete Kates Antwort jedoch nicht ab, sondern ging durch die geöffnete Tür hindurch. »Mensch Kate, sieh dir diese Aussicht an!«, meinte er begeistert. Er deutete auf ein großes Panoramafenster, das ihnen nicht nur die Sicht nach vorne hinausbot, sondern auch seitlich nach links und rechts.

Kate fand es fantastisch.

Das Panoramaglas verlief von der Decke bis zum Fußboden über den kompletten vorderen Bereich.

Kate sah sich langsam um.

In der Mitte des Speisesaals befand sich ein riesiges Buffet. Dahinter führte ein Glasaufzug nach unten.

Dort muss sich die Küche befinden, dachte sich Kate. Jetzt fiel ihr Blick wieder zu dem Panoramafenster, durch das sie die grünen Fjorde zur rechten und linken Seite sehen konnte. An den Ufern waren große Steinfelsen und im Hintergrund konnte sie eine riesige Waldlandschaft sehen.

»Mensch, das ist ja klasse«, schwärmte sie.

Ein Geräusch ließ sie nach hinten blicken.

Ein dicker, freundlich wirkender Mann tauchte am Buffet auf.

»Der bereitet sicher schon alles für unser Mittagessen vor«, murmelte Kate. »Ich glaube, wir gehen besser?«

»Ach was«, entgegnete ihr Tyler. Doch an ihrem Gesichtsausdruck erkannte er, dass Kate dachte, sie dürften sich hier im Moment nicht aufhalten. »Entschuldigen Sie bitte?«, fragte er daher, den untersetzten Mann. »Stört es Sie, wenn wir hier ein wenig die Aussicht genießen?«

Der Steward blickte auf, lächelte freundlich, schüttelte den Kopf und meinte: »Oh nein, bleiben Sie ruhig und bewundern Sie unsere schöne Natur. Wir lassen generell tagsüber die Türen vom Speisesaal offen, weil immer mal Gäste hier heraufkommen, um diese Aussicht zu genießen. Es geht hier, aber auch in unserem Fitnessbereich am besten. Nirgends auf dem Schiff haben Sie eine bessere Aussicht, es sei denn, Sie gehen raus auf unser Außendeck.«

»Danke«, murmelte Kate.

Sie beobachteten den Mann noch einen Moment, der jetzt wieder an irgendwelchen Schildchen bei verschiedenen Schalen herumhantierte, die im Moment jedoch noch leer standen.

Ein Junge kam hinzu und wollte wissen, was er tun sollte. Der Steward flüsterte ihm zu, auf was er alles zu Achten hatte.

Kate war froh, dass sie den Moment noch ein wenig genießen konnten, so setzten sie sich zusammen an einen der vielen Tische und sahen hinaus.

Kate spähte noch ab und an zu dem freundlichen, dicken Mann hinüber, der an allen Schälchen irgendwelche Schildchen verteilte und umsortierte. Sie schätzte den Mann auf fünfunddreißig. Er hatte kurze Haare und schon den Ansatz zu einer Glatze, denn seine Geheimratsecken waren ziemlich groß. Als sie wieder hinaussah, konnte sie ein kleines Segelboot erkennen, das einen Flusszweig nach rechts entlangfuhr.

»Wir könnten bis zum Mittagessen hierbleiben«, schlug ihr Tyler vor. »Danach könnten wir uns in Ruhe den Rest des Schiffs ansehen, was meinst du?«

»Klar«, antwortete sie ihm. »Ich bin schon auf den Fitnessraum gespannt.«

»Bist du denn so sportlich?«

»Nein, nicht deshalb, Tyler. Aber dieser Mann hat doch gerade gesagt, dass dort genauso eine tolle Aussicht sein soll, wie hier. Ich bin gespannt, wie es dort wohl aussieht.«

Cruze Princess

»He, Kate«, rief ihnen jemand von der Tür her zu. »Schön dich wiederzusehen.« Phoebe kam soeben mit Dylan in den Speisesaal. »Oh, stören wir euch?«

»Nein. Kommt, setzt euch zu uns. Schaut euch nur mal diese Aussicht an«, riet ihnen Kate, wobei sie auf die hügeligen, endlosen Wälder deutete.

Phoebe, Dylan und Tyler machten sich schnell bekannt.

»Wollen wir hier nicht einfach zusammensitzen bleiben, bis es Essen gibt?«, fragte Tyler.

»Na klar«, antwortete ihm Dylan. »Das wird nicht mehr lange dauern. Sie richten dort drüben ja schon alles dafür her.«

Kate folgte Dylans Blick zur Essensausgabe.

Der dicke Mann stand jetzt an dem langen Buffet, das sich hinter einer halbhohen Glasfront befand. Er wies das Personal dahinter an, wo sie diverse Behälter hinzustellen hatten.

»Dieser Kerl scheint der Chef von der Küche zu sein?«, flüsterte Kate ihren Freunden zu.

»Sieht lecker aus. Ich kann’s gar nicht abwarten, das alles zu probieren«, meinte Phoebe mit glitzernden Augen. »Wie spät ist es denn?«, fragte sie, als nun auch Chloe den Speisesaal betrat.

»Kate, Tyler, schön euch wiederzusehen«, sagte sie. Freudig lächelnd stand sie vor ihrem Tisch. »Eine tolle Aussicht hat man hier, oder?«

»Hey Chloe«, sagte Kate. »Setz dich doch zu uns!« Rasch stellte sie ihr Phoebe und Dylan vor.

»Es ist kurz vor zwölf, Leute«, meinte schließlich Dylan. »Es werden jetzt sicher gleich noch einige Passagiere kommen, die auch Hunger haben. Wollen wir nicht schon mal hinübergehen?«

»Ist jetzt sicher angenehmer«, bestätigte ihn Tyler kopfnickend. So gingen sie gemeinsam zum Buffet, das an die fünfzehn Meter lang war. Man hätte es mit einer Essensausgabe einer großen Kantine vergleichen können, nur dass hier eine ganz andere Atmosphäre herrschte und alles viel eleganter und hübscher war. Im Abstand von jeweils einem Meter stand mindestens ein Kellner, der den Gästen das auf den Teller gab, was sie sich wünschten.

Sie schlenderten am Buffet entlang, wobei sie sich die vielen unterschiedlichen Speisen betrachteten. Hier gab es alle erdenklichen Arten von Fisch.

Gegrillt, mariniert, oder auch im Bierteig gebacken. Gleich daneben wurden viele, verschiedene Fleischsorten angeboten. Vom Schnitzel bis zum T-Bone-Steak war alles vorhanden. Und nun kamen sie noch etwas weiter, an eine Stelle, an der Kates Herz einen Hüpfer machte. So viele verschiedene Sorten Gemüse hatte sie noch nie auf einmal gesehen. Auch die vielen diversen Salate, die gleich ein Stück daneben angeboten wurden, ließen ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen.

»Man kann sich aber auch was, am Tisch bestellen«, bemerkte Tyler, der mitbekam, dass der dicke Mann gerade dabei war, Menükarten auf den Tischen zu verteilen.

»Kommt, wir setzen uns erst noch mal an einen Tisch«, riet ihnen Chloe. »Mal sehen, was auf den Karten angeboten wird.«

Der Tisch, an dem sie zuvor gesessen hatten, wurde inzwischen von der Familie mit den zwei Teenagern besetzt.

Kate ärgerte sich kurz darüber, doch Phoebe fand sofort einen guten Ersatz. Sie nahmen sich gemeinsam einen runden Tisch, nicht ganz vorne am Panoramafenster, doch hatten sie auch hier eine herrliche Aussicht.

Während sie sich die Menükarten ansahen, bemerkte Kate auch wieder das ältere Ehepaar mit dem mürrischen Mann. Die beiden saßen nicht weit von ihnen entfernt.

»Natürlich habe ich meine Tabletten dabei, Bertie«, konnte Kate die Frau sagen hören. »Und ich habe sie auch genommen. Es ist sicher nur die Aufregung, weiter nichts.«

Als der Mann Kate sah, schaute sie schnell wieder auf ihre Speisekarte.

Kate war überrascht.

Hier wurde sehr viel angeboten, wie zum Beispiel;

Hirschbraten in Rotwein-Johannisbeersoße mit Nudeln und dazu einen Konzelmann Pinot Noir oder T-Bone-Steak mit Trüffelsahne und Kroketten dazu ein australischer Chardonnay.

Das war alles nicht das Richtige für Kate.

Die komplette Karte bestand aus solchen Gerichten, die Kate einfach zu deftig erschienen.

»Das ist doch verrückt. Also ich gehe auf jeden Fall ans Buffet, wenn es eröffnet ist. Das hier«, sie legte ihre Menükarte wieder schwungvoll vor sich auf den Tisch, »ist mir alles ein bisschen zu viel.«

»Das ist sicher nicht viel. Ich kenne die teuren Restaurants. Da wird mehr geschrieben, als letztlich auf den Tellern ist«, sagte Dylan weise, der sich für Kaninchen mit Frühlingsgemüse und als Nachspeise einen großen Eisbecher entschied.

Tyler sah es jedoch genauso wie Kate, daher standen sie gemeinsam auf, als die ersten Gäste von den weiß gekleideten Männern, hinter dem Buffet bedient wurden.

Kate war froh über diese Entscheidung.

Hier konnte sie wenigstens vorher sehen, was sie auf ihren Teller bekam.

Im Speisesaal liefen jetzt noch viele Kellner zwischen den Tischen hindurch, die den Gästen ihre Getränke und ihre einzelnen Menüs brachten.

»Wollen wir uns nicht eine Flasche Wein zum Essen bringen lassen?«, fragte Tyler, als er sich mit Kate wieder zu den anderen an den Tisch setzte.

»Oh ja«, meinte Kate. »Und eine Flasche Wasser dazu!«

So bestellten sie sich eine Flasche Vineland Chardonnay Musque mit einer Flasche Bling h2o.

Beim Essen wurde es ruhig an ihrem Tisch.

Kate hatte sich für gegrillte Dorade entschieden, die ihr sehr gut schmeckte.

Eine halbe Stunde später, sie hatten inzwischen fertig gegessen, deutete Phoebe zu dem großen Panoramafenster.

»Oh, seht doch mal! Da drüben liegen lauter Seelöwen auf den Felsen.«

Und tatsächlich, als sie mit dem Schiff daran vorüberfuhren, hatten sie einen tollen Blick auf die Tiere. Sie waren jedoch nicht mit dem Weißkopfseeadler zu vergleichen, den sie kurz darauf zu Gesicht bekamen.

Tyler war von dem Anblick fasziniert.

»Die Reise hat sich ja jetzt schon bezahlt gemacht, Leute«, meinte er.

»Erst will ich noch einen Bären sehen«, sagte Chloe lachend.

»Wollen wir gemeinsam das Schiff erkunden?«, schlug ihnen Kate vor, nachdem sie auch den Wein geleert hatten.

»Geht ihr Mal ruhig«, meinte Phoebe. »Wir wollen noch in die große Poollandschaft. Den Rest vom Schiff können wir uns auch später noch ansehen.«

So machte sich Kate mit Tyler und Chloe auf den Weg.

Sie kamen ein Deck weiter unten an dem Fitnessbereich vorbei, den der Chefkoch erwähnt hatte.

Kate spähte hinein.

Vor den Fahrrädern und Steppern befand sich auch hier ein großes Panoramafenster, sodass die Passagiere während ihres Trainings den Ausblick genauso schön genießen konnten, wie oben im Speisesaal.

»Kommt«, murmelte Kate. »Lasst uns den Rest erkunden.«

Nur ein paar Meter weiter, den Gang entlang, standen sie vor einem leuchtenden und blinkenden Kasino.

»Du willst doch da jetzt nicht hineingehen?«, fragte Chloe, als Tyler in der Tür stehen blieb.

»Nein. Ich will doch nur mal einen Blick hineinwerfen.«

Auch Kate wurde neugierig und linste hinein.

Sie konnte verschiedene Roulettetische sehen, Tische, an denen gepokert wurde, aber auch einarmige Banditen, die an den Wänden hingen.

Auf dem dritten Deck fanden sie diverse Bars, die bereits geöffnet hatten, sowie weitere Gänge mit Kabinen, in denen andere Passagiere wohnten.

Auf dem zweiten Deck kamen sie dann zu einem Café al Bacio. Hier konnte man ebenfalls zu großen Fenstern hinaussehen, jedoch nur zu der einen Seite des Schiffs.

Ein großer, dunkelhaariger Mann stand hinter der Theke, der mit einem Geschirrtuch das Besteck polierte.

Er sieht etwas überheblich aus, dachte sich Kate. Irgendwie kam er ihr wie ein großer, griechischer Kämpfer vor. Die Nase und seine Stirnpartie waren so geradlinig, wie es Kate zuvor noch nie bei einem Mann gesehen hatte.

Das Café selbst war nicht sehr voll, was daran lag, dass noch viele Passagiere oben im Speisesaal saßen.

»Auf diesem Deck habe ich doch meine Kabine?«, überlegte sich Kate laut, wobei sie sich suchend umsah.

»Ja, aber auf der anderen Seite. Hier auf dieser Seite wohne ich. Dort vorne geht es zu dir«, erklärte ihr Tyler.

»He, welch ein Zufall«, meinte Chloe. »Auf diesem Deck habe ich auch mein Zimmer.«

Sie gingen noch etwas weiter, bis sie schließlich genug gesehen hatten.

»Wo ist denn jetzt überhaupt der Pool?«, fragte Kate. Sie konnte sich nicht daran erinnern, an einer Badelandschaft vorbeigekommen zu sein. »Wo sind denn Phoebe und Dylan?«

Sie gingen wieder nach oben, verliefen sich noch ein paarmal und fanden schließlich auf dem fünften Deck, wonach sie gesucht hatten.

Die Badelandschaft lag auf dem gleichen Deck, wie ihr Speisesaal, nur im hinteren Bereich des Schiffs. Die Passagiere konnten aus diesen Fenstern lediglich sehen, woran sie schon vorbeigefahren waren.

»Seht mal, dort kann man sogar hinausschwimmen. So, wie das Wasser da dampft, wird es sicher kräftig geheizt werden«, vermutete Tyler, der gerade bemerkte, dass ihnen Phoebe und Dylan von innen zuwinkten. »Da sind sie ja!« Er hob schnell seinen Arm und winkte ihnen mit einem in die Luft gestreckten Daumen zu.

Hinter ihnen huschte der dicke Chefkoch an ihnen vorbei und verschwand hinter einer schweren Stahltür, die sie vorher gar nicht bemerkt hatten.

»Wo will der denn so schnell hin?«, fragte sich Kate. Verwundert sah sie dem Chefkoch nach. »Der tut so, als würde er was verheimlichen, meint ihr nicht?«

»Was interessiert uns der Koch?«, erwiderte ihr Chloe, wobei sie Phoebe und Dylan bedeutete, dass sie nun auch zu ihnen hineinkommen würden. »Kommt wir gehen auch noch mal hier rein!«

Kate blickte auf Tylers Armbanduhr und bemerkte, dass es schon kurz vor fünf war.

»Nein«, murmelte sie. »Ich würde viel lieber zu der Bar gehen, die wir auf dem dritten Deck gesehen haben.«

»Oh ja. Ich komme mit«, sagte Tyler sofort.

»Treffen wir uns dann später beim Essen?«, wollte Chloe wissen.

Kate konnte ihr ansehen, wie sehr sie sich auf das Schwimmbad freute.

»Um sieben Uhr?«, schlug ihr Kate vor.

Chloe war einverstanden und ging rasch auf ihre Kabine, um sich ihre Badesachen zu holen.

»Dann lass uns noch mal die Bar aufsuchen«, meinte Tyler.

Auf dem Schiff befanden sich mehrere Bars, doch eine tat es Kate auf Anhieb an. Sie hieß Blue Diamant – Cocktailbar und war recht klein, dafür gab es eine große Auswahl an karibischen Getränken.

Das besondere Highlight war der türkisblaue Fußboden, der eine integrierte Beleuchtung hatte, sodass es aussah, als würde alles im Wasser stehen.

»Sieht ja irre aus«, meinte Tyler schwer beeindruckt.

»So was habe ich zuvor noch nie gesehen«, sagte Kate mit glänzenden Augen.

Gemeinsam nahmen sie auf den Barhockern an der Theke Platz. Der Barkeeper wartete einen kurzen Moment, dann kam er auf sie zu.

Er erinnerte Kate sofort an einen Countrysänger, denn er hatte langes, braunes, gelocktes Haar, das ihm salopp über die Schultern fiel. Kate schätzte ihn auf Anfang dreißig.

Als er ihnen eine große Getränkekarte reichte, meinte er: »Wenn ihr etwas möchtet, was nicht auf der Karte steht, kann ich es euch auch gerne zusammen mixen. Kein Problem!«

»Danke«, antwortete ihm Tyler. »Das ist sehr nett, aber wir werden bestimmt etwas finden, bei dieser Auswahl.«

Kate besah sich die vielen Cocktails.

Die meisten kannte sie nicht. Daher schloss sie ihre Augen, tippte mit ihrem Finger auf einen der vielen Drinks und überließ es ihrem Schicksal.

»Ein Apricot Lady soll es sein«, sagte sie, als sie ihre Augen wieder geöffnet hatte. »Was bestellst du dir, Tyler?«

Neugierig sah sie zu ihm auf die Karte.

Er deutete, auf einen Jamaica Green.

»Den habe ich schon mal in England getrunken. Mal sehen, ob er hier genauso gut schmeckt?«

Der Barkeeper fing sofort an, aus verschiedenen Flaschen ihre Getränke zusammenzumischen.

»Oh, das ist echt lecker«, meinte Kate, nachdem sie an ihrem Cocktail genippt hatte. »Ich glaube, hier sind wir nicht zum letzten Mal.«

»He Jessy«, zischte plötzlich ein Mann, der ebenfalls an der Theke stand.

Kate sah überrascht zu ihm hinüber.

Er winkte den Barkeeper zu sich.

»Ist das nicht wieder der dicke Chefkoch?«, flüsterte Kate Tyler zu, der, nachdem er ihn kurz gemustert hatte, stumm nickte.

Der Mann sah wütend aus und wurde nun etwas lauter, sodass Kate und Tyler ein wenig von dem Gespräch mitbekommen konnten.

»Hast du sie noch alle oder was?«, fauchte der Chefkoch. »Ich habe dir schon hundertmal gesagt, wenn du was brauchst, dann sag es einfach!«

»Es war nicht für mich, sondern für Luke. Er hatte nichts mehr und konnte auch nicht weg, also habe ich ihm den Gefallen getan, in Ordnung?«, antwortete ihm der Barkeeper, der sich daraufhin kurz zu Kate und Tyler umdrehte.

Schnell blickten beide weg. Sie taten rasch so, als würden sie sich über ihre Drinks unterhalten.

Nachdem sie ihre Gläser in Ruhe geleert hatten, verließen sie die Bar, denn sie wollten sich auf ihren Kabinen für das bevorstehende Abendessen umziehen.

»Der hat aber nicht gerade die beste Laune«, meinte Tyler. Er war immer noch in Gedanken bei dem Chefkoch.

»Das kann uns doch egal sein. Wir haben Urlaub, nicht vergessen!«, feixte Kate kurz bevor sich ihre Wege trennten, weil sich ihre Kabine auf der gegenüberliegenden Seite des Schiffs befand. »Treffen wir uns dann oben im Speisesaal?«

»Ja. Ich beeile mich. Dann bekommen wir vielleicht wieder den gleichen Tisch, den wir heute Mittag hatten«, antwortete ihr Tyler.

Kate legte sich einen Moment auf ihr großes Doppelbett. Es war so gemütlich und behaglich. Sie konnte es kaum glauben, wie schnell sie auch hier wieder Freunde gefunden hatte. Nun überlegte sie sich, was sie anziehen sollte, und ging in Gedanken ihre Kleider durch. Als sie zu dem Entschluss kam, ihre schwarze Chiffonbluse mit einer hellgrauen Stoffhose anzuziehen, hörte sie vom Gang her stimmen.

Kate ging langsam auf ihre Kabinentür zu, machte sie einen kleinen Spaltbreit auf und erkannte den älteren, unhöflichen Mann, der sie hier auf dem Schiff angerempelt hatte.

»Du bist sicher nur seekrank. Das hast du doch schon beim Mittagessen gesagt. Jetzt extra den Arzt aufzusuchen, das ist doch wirklich übertrieben, Martha!«

Dieser unfreundliche, arrogante, alte Kerl, dachte sich Kate und schloss wieder ihre Tür.

Sie ging in ihr Bad, um sich noch etwas frisch zu machen, dann wollte sie Tyler nicht länger warten lassen und machte sich auf den Weg zum Speisesaal.

Dunkle Gestalten

»Kein Glück«, meinte Tyler, der an einem Tisch, ziemlich weit hinten saß.

Kate nahm bei ihm Platz.

»Bei solchen großen Fenstern ist das doch auch egal. Man kann ja sowieso nicht mehr viel erkennen. Es ist da draußen doch schon alles dunkel, Tyler.«

Im selben Moment kamen auch die anderen drei Freunde zu ihnen. Dylan hatte immer noch vom Chlor gerötete Augen.

Nachdem schließlich alle zusammen Platz genommen hatten, bestellten sie sich ihre Getränke.

»Es gibt anscheinend schon die ersten Seekranken«, erzählte ihnen Kate, die bemerkt hatte, dass nicht weit von ihnen noch ein Gast saß, der nicht wirklich gesund aussah.

»Ja, ich habe vorhin auch eine Frau gesehen, der es nicht gut ging«, berichtete ihnen Phoebe. »Sie hat gemeint, sie hätte so schreckliche Kopfschmerzen.«

»Das passt aber nicht zu seekrank, oder?«, wunderte sich Kate. »Welche Anzeichen hat man denn bei dieser Krankheit?«

»Da kenne ich mich aus«, meinte Tyler. »Zur Seekrankheit gehören Kopfschmerzen, Unwohlsein, Müdigkeit, Brechreiz, Schwindel, Schweißausbrüche, aber auch leichtes Frösteln.«

»Sag nur du bist Arzt?«, erkundigte sich Kate.

»Nein«, antwortete ihr Tyler. »Letzten Sommer war ich mit Freunden auf einem Boot. Einer von ihnen wurde dann wirklich seekrank, daher weiß ich das. Ich arbeite in einer Bank.«

»Ein Bänker«, feixte Chloe.

»Ja, ich vergebe Leuten die nötigen Kredite, wenn sie sich etwas Besonderes kaufen wollen.«

»Gut zu wissen«, meinte Dylan.

In diesem Moment wurde das Essen an ihren Tisch gebracht.

»Seht mal«, murmelte Kate und deutete zum Eingang.

Der Kapitän betrat zusammen mit mehreren Crewmitgliedern, den Speisesaal. Sie gingen an einen großen, runden Tisch, der etwas abseits stand.

»Aha, der Kapitänstisch«, riet Chloe mit neugierigem Blick. Kate bemerkte, dass dort der Chefkoch persönlich servierte. Er sah immer noch etwas mürrisch aus, doch vor dem Kapitän legte er ein selbstsicheres Lächeln auf.

»Dein Essen wird kalt, Chloe«, ermahnte sie Dylan, weil Chloe weiterhin, mit großen Augen zu dem Kapitän starrte.

»Ob der später noch ein paar Worte an uns richtet?«, murmelte sie. »Das machen die doch eigentlich so?«

Gegen neun Uhr stand der Kapitän dann tatsächlich auf und bekam ein Mikrofon von einem Steward in seine Hand gedrückt. Die Passagiere merkten, dass der Kapitän etwas sagen wollte und verstummten augenblicklich.

»Meine sehr verehrten Gäste und einsatzbereiten Kollegen, herzlich willkommen an Bord. Ich bin Ihr Kapitän auf der Cruze Princess und mein Name ist Benjamin Jones.« Er verbeugte sich höflich vor seinem Publikum, während die Passagiere alle in ihre Hände klatschten. »Ich werde Sie auf der Tour durch die Inside Passage, Richtung Norden immer tiefer hinein, in die dünn besiedelte Region am Rande des Kontinents führen. Dahin, wo mehr Bären als Menschen zu Hause sind. Dorthin, wo die Welt noch immer wild ist. Sie werden dicht bewaldete Berge sehen, schroffe Felsküsten, vereinzelte Blockhütten, die Sie rechts und links am Ufer bewundern können sowie eine wunderbare Fjordlandschaft und unsere große Attraktion den Hubbard Gletscher.« Erneut klatschten die Gäste. Alle freuten sich darauf, das zu sehen, was der Kapitän soeben aufgezählt hatte. »Wir werden an mehreren Stellen halten, an denen Sie an Land gehen können. Eine weitere Attraktion ist ein Landausflug zu einem Igludorf, in dem Yupik sowie Aleuten, das sind Eskimos, leben. Wer möchte, sollte sich hierfür anmelden. Die Yupik werden für Sie kochen und Ihnen Seehund servieren. Wer also Interesse daran hat; der Ausflug findet übermorgen statt und wird ungefähr bis zum späten Nachmittag, gegen fünf Uhr dauern. Danach werden wir unsere Kreuzfahrt fortsetzen.« Der Kapitän legte eine kleine Pause ein, damit die Passagiere schnell ein paar Worte mit ihren Tischnachbarn wechseln konnten, nippte an seinem Weißwein und fuhr dann fort. »Am Ice strait point werden diejenigen, die ein paar Tage an Land geplant haben, Ihre Schneeschuh-, Wandertour oder Hundeschlittenfahrten unternehmen können. Die übrigen Gäste können sich an Bord von meinem Personal verwöhnen lassen und die Natur genießen. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt auf der Cruze Princess«, schloss der Kapitän seine Rede, verbeugte sich noch einmal kurz und setzte sich, nachdem er das Mikrofon wieder einem Kellner zurückgegeben hatte, auf seinen Platz.

Es folgte ein kurzer, doch lauter Applaus.

»Da hattest du deine Rede, Chloe«, sagte Dylan schmunzelnd.

»Sollten wir uns nicht auch für diesen Ausflug anmelden?«, überlegte sich Chloe. »Ich habe aber keine Ahnung, ob ich einen Seehund essen will?«

Auch Kate dachte darüber nach.

»Also ich wollte schon immer mal ein echtes Iglu sehen«, meinte Tyler. »Ich werde auf jeden Fall mitgehen.«

Dylan nickte ebenfalls zustimmend.

»Ja, wir machen da auch mit oder Phoebe?«

»Klar Dylan. Stell dir vor, bei echten Eskimos. Das werde ich mir doch nicht entgehen lassen. In einem richtigen Iglu!«

Schnell hatten sie sich darauf geeinigt, dass sie alle zusammen bei dem Ausflug dabei sein wollten, daher meldeten sie sich gleich nach dem Essen an der Rezeption dafür an.

Nachdem sie sich für den Ausflug eingetragen hatten, beschlossen sie noch einmal die Bar aufzusuchen, in der Kate am Nachmittag mit Tyler war.

Freudig hielt Kate ihren Freunden die Tür auf.

»Ich bin gespannt, wie euch der Boden hier drinnen gefällt.«

»Wow«, machte Dylan. »Sieht toll aus. Kommt, lasst uns einen Stehtisch nehmen. Wir haben beim Essen schon die ganze Zeit gesessen.«

Jeder bestellte sich einen anderen Cocktail, sodass der Barkeeper ordentlich zu tun hatte.

Sie unterhielten sich gerade über die kommenden Tage, was sie alles vorhatten, da bemerkte Kate jemanden, der, dem Anschein nach schlecht auf den Chefkoch zu sprechen war. Es war ein großer, sportlicher, dunkelhaariger Mann, der sehr eingebildet und blasiert wirkte. Kate fiel ein, dass es der Mann war, der in dem Café ein Deck tiefer das Besteck poliert hatte.

»Ich habe ihn schon öfter gebeten, mir mehr von dem Zucker zu geben, Jessy«, raunte er dem Barkeeper zu. »Die Gäste wollen hier keinen bitteren Cappuccino oder Kaffee, aber er hört ja nicht auf mich.«

»Pst«, machte Jessy. »Sei doch bitte nicht so laut, die Gäste bekommen das sonst noch mit.«

»Ach, dann mach mir einfach auch einen Drink, Jessy. Aber vergessen tue ich das nicht!« Der Mann wollte seine schlechte Laune scheinbar nicht für sich alleine behalten. »Hat mir doch heute einer, nach dem dritten Kaffee einfach vor die Füße gekotzt«, beschwerte er sich leise.

Der Barkeeper schüttelte angewidert seinen Kopf und stellte dem Mann seinen Drink auf die Theke.

»Luke. Sei so gut und bringe den Zucker wieder zu William! Er war furchtbar sauer, dass ich, ohne zu fragen, einfach, welchen für dich besorgt habe.«