Kates Abenteuer in Tasmanien - Sandra Goldoni - E-Book

Kates Abenteuer in Tasmanien E-Book

Sandra Goldoni

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Beschreibung

Kate folgt ihrem Freund Patrick zu einer seiner Ausgrabungsstätten nach Tasmanien. Patrick ist Paläontologe und hat mit seinem Team einen Velociraptor gefunden. Doch Charles Darwin, ein vermögender Investor, bemerkt, dass ihr Fund noch keine tausend Jahre alt ist. Anhand von Symbolen, die sie in einer mysteriösen Höhle finden, erkennt Charles Darwin, dass es sich hierbei um die letzten Spuren des Templerordens handelt. Sie folgen den Spuren, immer tiefer in die Höhle und ihren Geheimnissen hinein und bemerken viel zu spät, in welche Gefahr sie sich begeben haben. Schließlich entdecken sie, dass die Templer bereits fähig waren, Tiere zu klonen. Gefährliche Echsen, die einem Velociraptor ähneln, machen ihnen das Leben zur Hölle.

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EPUB
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Seitenzahl: 506

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Copyright: Sandra Goldoni

1. Auflage

Verlag & Druck by tredition GmbH

Halenreie 40-44

20359 Hamburg

Die Handlung dieses Romans ist frei erfunden. Alle Namen und Personen wurden ebenfalls frei erfunden. Die Geschichte ist keine wahre Begebenheit.

Nachdruck, Speicherung, Sendung und Vervielfältigung in jeder Form, insbesondere Formate, Farbverfremdung sowie Bearbeitung und Übertragung des Werkes oder von Teilen desselben in andere Medien und Speicher sind ohne vorgehende schriftliche Zustimmung des Verlages oder dem Autor unzulässig und werden strafrechtlich verfolgt.

Alle Rechte am Werk liegen beim Autor:

Sandra Goldoni

ISBN:

978-3-7469-8728-6(Paperback)

 

978-3-7469-8729-3(Hardcover)

 

978-3-7469-8730-9 (e-Book)

Kates Abenteuer in Tasmanien

Prolog

12. September, Cornwall bei Newton (England)

»Sie haben Besuch Lord Cayley. Ein Mister Trendall wünscht, Sie zu sprechen.«

»Danke Hobson, der Mann hatte sich vorab schon angekündigt. Führen Sie ihn bitte in mein Arbeitszimmer«, sagte ein großer sportlicher Mann, der in einem stattlichen Castle bei Newton im sagenumwobenen Cornwall wohnte. »Ich komme sofort nach, Hobson. Bieten Sie Mister Trendall doch inzwischen einen Tee an und vergessen Sie nicht den Kamin zu befeuern.«

»Sehr wohl, Lord Cayley. Das Holz im Kamin brennt jedoch schon seit einer Stunde, Sir«, sagte der Butler distinguiert, dann verbeugte er sich kurz und verließ den Raum.

Seit nunmehr zwanzig Jahren lebte der Lord auf diesem traumhaften Anwesen. Seinen Gast hatte er allerdings seit fünf Jahren nicht mehr gesehen. Er war sich ziemlich sicher, dass es sich um einen ausgesprochen wichtigen Auftrag handeln würde, sonst wäre Mister Trendall nicht persönlich bei ihm erschienen. Immerhin hatte der Lord seine letzten Anweisungen auch nur schriftlich von ihm erhalten.

Nervös schritt er in seinem Zimmer auf und ab. Er sah zu seinem Kamin, in dem gegenwärtig kein Feuer brannte, doch der bloße Anblick des großen verschnörkelten Bauwerks beruhigte ihn.

Ich sollte meinen Besuch nicht zu lange warten lassen, dachte er sich, nahm sich seinen Zigarrenkasten und wandte sich der Tür zu. Kurz bevor er das Arbeitszimmer betrat, atmete er noch einmal tief durch, dann gab er sich einen kleinen Ruck und öffnete eine breite alte Holztür.

»Guten Abend Trendall. Sie sind früher hier, als ich erwartet hatte.«

»Cayley, alter Freund. Wie lange ist es her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben?«, fragte ein hagerer Mann, Mitte fünfzig. Er trug einen schwarzen Anzug, der ihn mit seinem bekümmerten Blick aussehen ließ, als hätte man ihn zu einer Beerdigung eingeladen.

Mister Trendall erhob sich von einem breiten Ledersessel, um seinen Gastgeber gebührend zu begrüßen.

»Aber, aber, … bleib doch sitzen«, bat ihn Lord Cayley, als er sich hinter seinem Schreibtisch auf einem Stuhl niederließ. »Kommen wir lieber gleich zur Sache. Wo soll ich hin?«

»Du bist wie immer schnell beim Thema, Cayley. Das ist der Grund, weshalb ich dafür keinen anderen haben wollte.«

Der Lord steckte sich seine Zigarre an, wobei er seinem Gast ebenfalls eine anbot. »Frisch aus Honduras!«

»Da sage ich nicht Nein.«

Mister Trendall nahm sich aus dem edlen Holzkästchen eine dieser Excalibur, bedankte sich mit einem kurzen Kopfnicken, dann wählte er sorgsam seine Worte.

»Bei deinem letzten Auftrag ging es um Benedikt persönlich. Er dankt dir dafür heute noch.« Er verstummte für einen Augenblick, in dem er an seiner Zigarre schnupperte.

»Oh ja«, brummte der Lord. »Das werde ich wohl nicht so schnell vergessen. Den Leuten geht es immer noch gut, nehme ich an? Hat Franziskus Probleme?«

»Nein, nein, darum geht es nicht. Aber um deine Frage zu beantworten; ja den Leuten geht es auch heute noch gut. Die Sache ist dieses Mal, ähm, es ist etwas verzwickt. Das Problem, welches du zu beseitigen hast, …, nun ja, wie soll ich sagen?« Arthur Trendall wischte sich fahrig den Schweiß von seiner Stirn.

»Mit mir kannst du doch reden. Raus damit! Um was geht es?«

»Cayley«, hauchte Trendall. Mit wässrigen Augen blickte er über den breiten Schreibtisch zu seinem Gastgeber. »Dieses Mal sind wir alle in Gefahr. Diese Leute suchen an einer Stelle, die unentdeckt bleiben muss! Verstehst du? Es ist äußerst wichtig! Du kannst dir nicht vorstellen, was passieren würde, wenn jemals, jemals irgendjemand davon erfahren würde.«

»Wo?«, fragte der Lord neugierig.

»Australien«, keuchte Trendall. »Die genauen Informationen bekommst du, wie immer, kurz vor deiner Abreise. Du kennst unsere Sicherheitsvorkehrungen. Sag zu niemandem irgendein Wort und-«, doch der Lord unterbrach ihn.

»Du brauchst mir unsere Sicherheitsvorkehrungen nicht zu erklären. Ich selbst habe sie noch um einige Punkte verbessert. Das sollte dir bekannt sein.«

»Selbstverständlich«, hauchte Trendall.

Der Lord nickte anerkennend.

»Vor allem, wenn dieser Student wieder meint, die Zeit würde knapp werden und will Santana einschalten. Gibt es den Mann eigentlich noch?«

»Ja leider. Beide sind noch dabei. Der Student und Santana.«

»Hm. Australien sagst du?«, murmelte der Lord, wobei er sich entspannt in seinem breiten Sessel zurücklehnte und genüsslich seine Zigarre paffte. »Da war ich schon lange nicht mehr. Mit wie vielen Personen habe ich zu rechnen?«

»Viele.«

Trendall übergab dem Lord ein Schreiben, welches mit einem auffallend roten Wachssiegel verschlossen war.

»Von wem? Franziskus?«, fragte Cayley, wobei er das Siegel etwas genauer unter die Lupe nahm.

»Das Schreiben ist vom obersten Glaubenshüter. Franziskus haben wir davon noch nichts erzählt. Wir hoffen, es ihm erst mitteilen zu müssen, wenn du deinen Auftrag ausgeführt hast. Den alten Mann vorher derart aufzuregen, würde uns große Sorgen bereiten.«

Der Lord nahm sich einen silbernen Brieföffner im Stil der Freimaurer, ritzte damit den Umschlag auf und entfaltete das Schreiben. Trendall paffte nervös seine Zigarre, ohne den Lord dabei aus den Augen zu lassen.

»Hm«, brummte Cayley. »Hört sich nach einer heißen Sache an. Ich müsste vorab noch einiges besorgen. Wann soll es losgehen?«

»Schon am zweiten Oktober. Der Flug wurde bereits gebucht. Es duldet keinen Aufschub. Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, schickt Darwin seinen Sohn. Mister Buckland ist schon Vorort. Du kannst dir sicher vorstellen, wie gefährlich uns diese Kerle werden? Vielleicht kannst du mit Buckland beginnen. Das könnte die anderen gegebenenfalls dazu bringen, alles abzubrechen und zu verschwinden. Vergiss aber nicht, dass die Sarkophage nicht geöffnet werden dürfen. Am besten wäre es, wenn sie, sie gar nicht finden. Du musst sie unbedingt davon abhalten! Sollten sie irgendwie herausbekommen, wer hinter alledem steckt, dann-«

»Schickt man Santana«, beendete der Lord den Satz.

Trendall nickte.

»Es könnte dieses Mal nicht so glimpflich ausgehen, wie bei deinen letzten Aufträgen.«

Cayley legte seine Stirn in Falten.

»Unter welchem Namen soll ich agieren?«

»Diesen, mein Freund, werden wir dir erst kurz vor deinem Abflug nach Australien mitteilen. Aus Sicherheitsgründen, wie du weißt.«

17. September

Es war noch früh am Morgen. Nebelschwaden hingen über dem dichten, grünen Dschungel, während die Tiere des Regenwaldes den Tag lauthals willkommen hießen.

Kate saß, irgendwo in Australien, neben einer einfachen Hütte, die vor einem massigen Felsen stand. Sie war zu Besuch bei ihrem Freund, der hier seiner Arbeit nachging.

In der Ferne plätscherte ein Wasserfall, während um sie herum dichte Büsche, Farne und hohe Palmen wuchsen.

»Ich muss nur für ein paar Stunden weg, Kate. Bleib doch einfach hier und mache es dir gemütlich. Bob will mir noch etwas zeigen, danach komme ich gleich wieder zurück.«

»Ja, geh ruhig, Patrick. Ich muss mich sowieso erst noch an dieses Klima gewöhnen.«

Kate nahm sich von dem heißen Kaffee und dachte darüber nach, was sie nun so ganz alleine anfangen sollte.

Als Patricks silberfarbener Geländewagen davonfuhr, wirbelte er hinter sich den roten Sand auf. Kate sah ihm gedankenverloren hinterher.

Es war so furchtbar heiß. Das T-Shirt klebte ihr bereits am Körper.

Wenn ich mich nur irgendwo abkühlen könnte, grübelte sie. Gleich darauf erinnerte sie sich, dass sie mit Patrick vor Kurzem bei einer schönen Lagune war, in der sie gemeinsam die herrlichsten Stunden verbracht hatten. Diese Stelle war nicht weit von hier. Ob sie dort hingehen sollte? Bis Patrick zurückkommen würde, wäre sie längst wieder zurück. Der Gedanke gefiel ihr. Immerhin, …, warum sollte sie in diesem staubigen Sand sitzen, wenn es an diesem Flecken doch so schön war? Kurzerhand nahm sie sich ihr großes flauschiges Badetuch und machte sich auf den Weg.

Ein schmaler Pfad führte sie durch hohe dunkelgrüne Farne direkt zu dieser bezaubernden Stelle, an der das Wasser türkisgrün schimmerte. Rund um das Gewässer, wucherten, dichte Pflanzen und im Hintergrund plätscherte ein kleiner Wasserfall, unter dem man hindurch tauchen konnte.

Kate sprang in das erfrischende Nass, schwamm munter auf die Kaskade zu, tauchte hindurch und setzte sich dahinter auf einen moosig feuchten Felsboden.

Nun konnte sie ihre Umgebung nur noch verschwommen durch das fortwährend herabfallende Wasser wahrnehmen.

Entspannt schloss sie ihre Augen.

Ein laut planschendes Geräusch, gefolgt von einem weiteren spritzenden Laut, ließ sie aufschrecken.

Irgendetwas musste in das Wasser gefallen oder gesprungen sein. Auf der anderen Seite des Wasserfalls schwamm eine gepanzerte Echse. Als Kate genauer hinsah, bemerkte sie, dass es sogar zwei waren. Die beiden Tiere mussten die planschenden Geräusche verursacht haben.

Kate rutschte schnell etwas weiter nach hinten an die feuchte Wand. Mit Herzrasen verfolgte sie, was die Krokodile vorhatten. Sie schwammen äußerst schnell. Ihr gepanzerter Schwanz steuerte sie überaus präzise. Die Länge konnte Kate nicht richtig einschätzen, doch nahm sie an, dass das eine Tier ungefähr neun Meter maß, während das andere an die sieben Meter lang war. Die Echsen schwammen so schnell hin und her, dass Kate nicht recht erkennen konnte, wohin sie wollten.

Ihre nasse, schuppige Haut glänzte unter der strahlenden Sonne. Das Gebiss der beiden Tiere war ungewöhnlich scharf. Jetzt hielten sie inne. Sie ließen sich nur noch auf dem Wasser treiben. Die Augen lagen starr über der Wasseroberfläche, während der Rest ihres Körpers kaum zu sehen war. Wäre Kate jetzt erst hierhergekommen, wäre sie diesen Viechern direkt vor die Nase gesprungen. Sie dachte darüber nach, wie lange die Krokodile wohl hierbleiben würden. Der einzige Weg aus dieser Grotte würde Kate durch dieses Gewässer führen.

Wachsam blickte sie sich nach allen Seiten um.

Enttäuscht erkannte sie, dass es tatsächlich keine andere Möglichkeit gab, von hier zu verschwinden. Zaghaft blickte sie nach oben zur Decke, doch auch hier gab es keine Möglichkeit die Grotte zu verlassen. Sie saß in dieser Höhle fest, deren einzige Öffnung vor ihr, durch den Wasserfall in diese Lagune führte. Gebannt sah sie wieder zu den Krokodilen.

Von einem weiteren Geräusch aufgeschreckt, zuckte sie zusammen. Eine schwarz-rote Wasserschlange näherte sich ihrem Versteck. Sie schlängelte sich durch das Gewässer geradewegs auf sie zu. Noch bevor Kate einen klaren Gedanken fassen konnte, lag das Reptil vor ihr auf dem moosbewachsenen Steinboden. Es dauerte nur Sekunden, bis das Tier sie bemerkt hatte. Die Schlange fauchte laut.

Entsetzt erkannte Kate, dass das laute Fauchen, die Aufmerksamkeit der Krokodile auf sich zog. Jetzt kamen die Echsen neugierig heran.

Kates Puls raste.

Sie blickte wieder zu der Schlange, die nicht aufhören wollte, zu zischen und zu fauchen. Rasch wandte sie sich wieder den Krokodilen zu, wobei sie kurz mit ihrem Kopf an die Decke stieß. Leicht gebückt sah sie über sich.

Hunderte von schwarzen kegelartigen Schnecken hingen dort. Sie sahen hübsch aus, doch hatte Kate das Gefühl, dass sie diesen Tieren nicht noch näher kommen sollte.

Ein lautes Fauchen ließ sie wieder zu Boden sehen.

Mittlerweile lagen drei Wasserschlangen bei ihr.

Ein langer gepanzerter Kopf näherte sich jetzt dem Wasserfall. Seine Augen fixierten Kate, die haltlos zu zittern begann. Dann sprang das Krokodil plötzlich mit einem gewaltigen Satz aus dem Wasser auf den glitschigen Boden.

Die Schlangen fauchten wie wild.

Angeekelt musste Kate dabei zusehen, wie sich die Echse über die drei windenden Schlangen hermachte. Das Blut tropfte feuerrot aus dem Maul des Krokodils, wobei das Spektakel der Amphibien nun auch das andere Krokodil näherkommen ließ. Kate geriet in Panik.

Als das zweite Krokodil dabei war, in die Grotte zu kommen, sprang sie völlig konfus durch den Wasserfall, zurück, in die blaue Lagune.

Sie schwamm um ihr Leben.

So schnell es ihr möglich war, graulte sie ans Ufer, das nicht weit entfernt war.

Dann schäumte das Wasser plötzlich neben ihr auf.

Vor Schreck verschluckte sie sich.

Eine der Echsen schwamm an ihr vorbei. Die andere folgte ihr. Das rettende Ufer war nur noch fünf Meter entfernt.

Jetzt wandten sich die Krokodile wieder ihr zu.

Traurig erkannte Kate, dass sie es bis zum Land nicht mehr schaffen würde. Die beiden Echsen kamen direkt auf sie zu.

Jeden Moment würden diese Viecher zupacken, sie unter die Wasseroberfläche zerren und auseinanderreißen, so, wie sie es zuvor mit den Schlangen gemacht hatten.

Klitschnass geschwitzt wachte Kate in ihrem Bett auf.

Sie sah verstört zur Schlafzimmerdecke.

Nur langsam kam die Erleichterung, dass alles nur ein Traum gewesen war.

Es dauerte einen kleinen Augenblick, bis Kate sich endlich aufsetzte. Noch immer zitternd, langte sie neben ihr Bett, hob die Wasserflasche an ihre Lippen und trank den Sprudel in großen Zügen.

Jetzt ging es ihr schon etwas besser.

Das ist alles Patricks Schuld, dachte sie sich, als sie in ihrem kleinen Bad unter der Dusche stand. Wenn er mir nicht ständig in den Ohren liegen würde, ihm nach Australien zu folgen, würde ich solche dämlichen Träume überhaupt nicht haben.

London

Freitag, 18. September

Kate Granger saß mit ihrem Freund Patrick in einem edlen Restaurant in der 5th Floor 240 Regent Street in London. Er wollte sie kurz vor seinem Abflug nach Australien noch einmal elegant zum Essen einladen, daher hatte er sich für das Aqua Nueva Restaurant entschieden.

Solche teuren Lokale kannte Kate normalerweise nicht, doch nun saß sie schwer beeindruckt mit ihrem Freund an einem kleinen Tisch, auf dieser Dachterrasse mit herrlichem Ausblick über Mayfair.

»Kate«, hauchte Patrick, »möchtest du nicht doch mitkommen? Ich würde mich wirklich freuen, wenn du mich begleiten würdest. Oder komm doch wenigstens für ein paar Tage nach. Das ließe sich bestimmt einrichten. Ich hatte dir ja gesagt, dass ich in den nächsten Tagen viel Freizeit haben werde«, schlug Patrick ihr gerade vor, als der Kellner mit ihrem Essen; mariniertem Thunfisch mit Frühlingszwiebeln, Senfsaatgut, Sherryessig und Sardellen kam.

»Oh, Patrick das sieht aber lecker aus.«

»Bitte weich meiner Frage nicht wieder aus, Kate. Ich werde morgen früh England verlassen und erst in drei Monaten zurück sein. Ohne dich ist mir das eindeutig zu lange. Du musst mitkommen!«

Inzwischen brachte ihnen der Kellner noch einen Weißwein; Albarino Rias Baixas und füllte die leeren Gläser der beiden auf.

Nachdem die Bedienung den Tisch verlassen hatte, blickte Kate ihrem Freund tief in die Augen.

Patricks Augen waren genauso smaragdgrün, wie ihre.

Er maß ungefähr einen Meter fünfundachtzig, hatte braune kurze Haare und sah sie lächelnd an.

»Ich habe dir doch erklärt, weshalb ich dich nicht begleiten kann, Patrick«, zischte sie ungeduldig.

»Aber meine Ausgrabung findet nun mal in Australien statt«, sagte er energisch, woraufhin er einen Schluck Weißwein trank. Dann sah er schulterzuckend zu ihr. »Ich kann das nicht ändern, Kate. Du solltest wirklich nachkommen. Ich meine es ernst. Warte nur, bis du Bob endlich kennengelernt hast. Ich habe ihm übrigens von dir erzählt. Er lässt dich schön grüßen, auch wenn ihr euch noch nicht kennt.«

»Patrick, du schweifst ab. Nach meinem Erlebnis in Venezuela möchte ich nicht mehr in ein Land, in dem es von wilden Tieren nur so wimmelt. Und vor allem möchte ich nicht in solch einen Dschungel. Du verstehst einfach nicht, was das für mich bedeutet«, erklärte ihm Kate ungefähr zum hundertsten Mal.

»Wir sind nicht direkt im Dschungel. Schön, nicht weit davon entfernt, aber Tasmanien, Kate. Du kannst dir keinen schöneren Ort auf dieser Welt vorstellen. Die Unterkunft würde dich nichts kosten, auch den Flug übernehme ich. Bitte, Kate. Nur für ein paar Tage«, bettelte Patrick, nahm ihre Hand in die Seine, zog sie sachte an sich heran und gab ihr einen langen, leidenschaftlichen Kuss.

»Patrick«, nuschelte Kate und sah sich verlegen in dem Restaurant um. »Wir sind nicht alleine. Die anderen Gäste schauen schon.«

»Ach Schatz. Ich möchte Morgen nicht in dieses Flugzeug steigen, ohne deine Zusage, dass du ebenfalls nach Tasmanien kommst. Sag doch einfach ja. Wir wohnen nicht in einem Hotel, sondern in einem eigenen kleinen Mobilheim, an einer traumhaften Stelle. Bob ist da, sogar mein Chef wollte kommen. Immerhin ist es ein sagenhafter Fund, den wir gemacht haben. Selbst deine Großmutter war davon begeistert«, erinnerte er sie. Kate dachte kurz daran, wie sie letzte Woche, gemeinsam mit ihrer Großmutter Paratti, Patricks neunundzwanzigsten Geburtstag gefeiert hatten.

An ihrem Gesichtsausdruck konnte Patrick erkennen, dass sie nicht mehr ganz so abgeneigt war, wie es in den letzten Tagen noch der Fall war.

»Paratti mag dich wirklich«, meinte Kate. »Sie ist begeistert von dir und von deiner Arbeit. Sie sieht sich ja auch jeden möglichen Film über Ausgrabungen an. Selbst die Abenteuerfilme, die im Fernsehen laufen, wie Indiana Jones und so was. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich keine Lust mehr habe in lebensgefährliche Situationen zu geraten. Davon hatte ich bisher genug.«

Sie wünschte sich, dass Patrick das endlich verstehen würde. Immerhin war es damals reines Glück gewesen, überhaupt aus Venezuela lebend herauszukommen. Doch auch bei ihrer letzten Reise, auf einem Kreuzfahrtschiff von Vancouver nach Alaska wurde ihr arg mitgespielt, sodass sie sich einen geruhsamen Urlaub, wie ihn andere Menschen so oft verbrachten, gar nicht mehr vorstellen konnte.

»Du wirst in kein Abenteuer stürzen, Kate. Ich werde dir Bob und meine Kollegen vorstellen, das sind großartige Jungs. Die Ausgrabungsstätte möchte ich dir auch gerne zeigen und natürlich sollst du meinen Chef kennenlernen. Das wäre wichtig für unsere gemeinsame Zukunft. Ich erwarte dich einfach in zwei Wochen auf Tasmanien. Ich habe bereits dein Flugticket gekauft und hoffe, dass du es nutzt.«

Mit einem scherzhaften Augenzwinkern legte er ihr das Flugticket auf den Tisch.

Kate sah es sprachlos an. Da stand das Datum; Donnerstag, der erste Oktober. Abflug mit Emirates um Viertel nach zehn am Abend in Heathrow. Ein Stopp in Dubai mit Aufenthalt von zwei Stunden und fünf Minuten. Danach Weiterflug mit Quantas um Ortszeit von Dubai zehn nach zehn am Vormittag. Ankunft in Melbourne Ortszeit Samstag, der dritte Oktober um fünf in der Frühe.

»Schatz, ich kann gar nicht glauben, dass dieser Flug so eine Ewigkeit dauert«, sagte Kate, die verwundert von dem Ticket zu ihrem Freund aufsah. »Bist du sicher, dass hier kein Fehler vorliegt? Und außerdem sollte ich doch nach Tasmanien kommen und nicht nach Melbourne?«

»Das hat schon alles seine Richtigkeit. Ein kleiner Flieger bringt dich von Melbourne nach Hobart, das liegt auf Tasmanien, dort werde ich dich erwarten. Die Flugzeit von Melbourne nach Hobart dauert dann nur noch eine Stunde und fünfzehn Minuten. Es wird traumhaft werden, du wirst schon sehen, Kate.«

Er prostete ihr mit seinem Weinglas gut gelaunt zu, weil er sich nun ziemlich sicher war, dass sie ihm folgen würde.

»Aber, Patrick. Wenn das noch einmal eine Stunde dauert, bin ich ja unendlich lange unterwegs. Ich wäre dann schon über zwei Tage auf Reisen. Das ist ja kaum zu glauben?«, erkannt sie mit einem skeptischen Blick auf das Ticket.

»Du vergisst dabei die Zeitverschiebung«, antwortete er ihr, dann winkte er den Kellner zu sich. »Wir müssen langsam los. Ich werde dich auf jeden Fall am Samstag, den dritten Oktober ab halb zehn am Flughafen von Hobart erwarten. Es ist mir äußerst wichtig, sonst würde ich dich nicht dermaßen anbetteln. Kannst du mir das glauben?«

Patrick bezahlte die Rechnung, während Kate kurz über seine Worte nachdachte. Eigentlich wollte sie immer die ganze Welt erforschen und überall hinfliegen. Sie wollte die verschiedenen Menschen und Kontinente kennenlernen, doch konnte sie einfach nicht über ihren Schatten springen. Eine Angst, die sie vor ihren letzten beiden Reisen nicht kannte, trennte sie nun von ihrer Abenteuerlust.

»Ach Patrick. Du kannst dir nicht vorstellen, wie gerne ich dich auf Tasmanien besuchen würde. Aber irgendwie habe ich panische Angst, dass wieder etwas passieren könnte«, flüsterte sie, als sie sich auf den Weg zu ihrem Auto machten.

»Dieses Mal wird es was anderes sein, Kate. Glaube mir. Und außerdem«, er legte eine kurze Pause ein, in der er ihr die Autotür öffnete, dann fragte er: »Willst du wirklich nie wieder in deinem Leben verreißen? Das wäre jammerschade. Du würdest Bob und all die anderen nicht kennenlernen, dabei sind sie total lustig.«

Erst als er seinen Bentley GT V8 aus der Tiefgarage fuhr, meinte Kate: »Du hast ja recht. Ich werde mich einfach dazu durchringen und die Reise antreten.«

Erschrocken sah sie zu Patrick, der vor Freude beinahe den Wagen an die Wand gesetzt hätte.

»Mensch Kate. Du machst mich zum glücklichsten Mann von ganz England. Erzähl das deiner Großmutter, sie wird staunen. Jetzt kann ich mich Morgen endlich auf meinen langen Flug freuen. Ich liebe dich, Kate.«

Flughafen Heathrow

Donnerstag, 01. Oktober

Die letzten Tage vergingen wie im Flug. Damit Kate sich noch alles besorgen konnte, was sie nach Tasmanien mitnehmen wollte, musste sie sich ziemlich beeilen.

So war sie noch einmal in ihrem Lieblingskaufhaus Burlington Arcade, in London – Piccadilly gewesen, um sich eine Sonnencreme mit einem extrem hohen Lichtschutzfaktor sowie diverse Mittel gegen Insektenstiche zu kaufen. Aber auch ein neuer Bikini, einen Badeanzug und bequeme Sommerschuhe kamen mit in ihre Einkaufstasche.

Inzwischen hatte Kate ihren Koffer am Flughafen aufgegeben und wartete auf das Boarding, das in den nächsten zehn Minuten beginnen sollte. Sie saß neben zwei weiteren Passagieren, die ebenfalls nach Dubai, oder Melbourne wollten.

›Dieser Patrick ist wirklich ein fantastischer Mann, Kate. Halte ihn gut fest‹, hatte ihre Großmutter gesagt, als sie in der Küche bei einer Tasse Tee zusammengesessen hatten. ›Was gräbt er dort noch mal aus?‹, hatte sie dann verstreut gefragt, währendem sie einen Marmorkuchen angeschnitten hatte.

Kate musste grinsen. Sie dachte daran, wie sie ihr erklärt hatte, dass Patrick bei einer Ausgrabung einen kleinen Velociraptor gefunden hatte. Daraufhin ließ Paratti beinahe ihre Teetasse fallen, weil sie dachte, dass in Tasmanien vielleicht noch echte Saurier dieser Spezies leben könnten. Doch als Kate ihr erklärt hatte, dass es sich um Ausgrabungen aus einer ganz anderen Epoche handeln würde und solche Tiere nirgends mehr existieren würden, beruhigte sie sich ganz schnell wieder.

›Ich freue mich ja so für dich, mein Kind‹, hatte sie gesagt, als Kate sich, vor ihrer Reise, noch persönlich von ihr verabschiedet hatte. Die Worte der alten Frau wirkten auf Kate unheimlich beruhigend. Es war genau das, was sie vor diesem Flug dringend gebraucht hatte.

»Entschuldigen Sie«, sagte ein junger Mann, der die ganze Zeit still neben ihr gesessen hatte, inzwischen jedoch aufgestanden war. »Das Boarding hat begonnen. Wollen Sie nicht auch mitkommen?«

»Doch, natürlich. Ich war ganz in Gedanken«, antwortete ihm Kate. Sie nahm schnell ihre Handtasche und lief den anderen Passagieren in die Airline der Emirate hinterher.

Es war schon spät. Die Beleuchtung in der Flugzeugkabine war bereits an.

»Guten Abend«, sagte ein freundlicher Mann, der rasch aufstand, damit Kate an ihm vorbei auf ihren Platz am Fenster konnte. »Sie sitzen wohl neben mir?«

»Ja, das ist richtig«, antwortete sie lächelnd und setzte sich. »Mein Name ist Kate Granger.«

»Freut mich. Mein Name ist Dirk Jenkins. Ich fliege bis nach Melbourne und habe daher noch ziemlich viele Flugstunden vor mir.«

Kate schätzte den Mann auf Mitte vierzig.

Inzwischen wurde die Maschine auf die richtige Startbahn gebracht, während die Stewardessen ihnen bedeuteten, sich die Filme anzusehen, die ihnen die Sicherheitsvorkehrungen erläuterten.

»Ich kenne das schon«, sagte Dirk, der seinen Sicherheitsgurt festzurrte. »Ist doch sowieso immer das Gleiche. Ich hoffe nur, dass wir es nie brauchen werden und heil ankommen.«

»Ich fliege auch nach Melbourne«, verriet ihm Kate. »Da dürfen wir uns ja auf ein paar lange Stunden gefasst machen. Schon alleine die zwei Stunden Aufenthalt in Dubai, was soll man denn da machen?«, fragte sie sich, wobei sie hoffte, dass dieser Flug so schnell, wie möglich vorbeigehen würde. In diesem Moment gab der Pilot vollen Schub, woraufhin die Maschine geräuschvoll abhob.

»Ach, machen Sie sich da mal keine Gedanken. In Dubai wird es morgens um acht schon sehr warm sein. Immerhin haben die doch immer Sommer. Soviel ich weiß, werden wir dort siebenundzwanzig Grad Celsius haben. Wir können also froh sein, wenn wir im Flughafengebäude bleiben dürfen. Dort ist es gut klimatisiert. Ich fliege übrigens oft weitere Strecken. Am besten geht es, wenn man nachts fliegt und auch etwas schlafen kann. Versuchen Sie das ruhig, dann geht alles viel schneller vorbei«, riet ihr Dirk. Er wandte sich kurz von ihr ab, winkte eine Stewardess herbei und bestellte sich bei ihr einen Tomatensaft.

»Für mich bitte das Gleiche. Gibt es auch noch etwas zu essen?«, fragte Kate mit Blick auf ihre Armbanduhr. »Es ist ja doch schon reichlich spät.«

Es war inzwischen Viertel vor elf am Abend.

»Es wird generell noch ein Essen serviert. Doch falls Sie es vorziehen zu schlafen, ist das natürlich kein Problem«, erklärte ihr Dirk. Er stopfte sich ein Kopfkissen hinter seinen Nacken, grinste kurz und schloss einfach seine Augen.

Na der ist gut, dachte sich Kate. Kaum ist die Maschine in der Luft, fängt er an zu schlafen. Sie sah gelangweilt aus dem Fenster, musste jedoch feststellen, dass es überhaupt nichts brachte, denn es war draußen stockdunkel. So sah sie sich einen Moment im Flugzeug um. Viele Passagiere versuchten ebenfalls, wie es Dirk inzwischen laut schnarchend vormachte, zu schlafen. Sie erinnerte sich daran, dass sie ihre Armbanduhr umstellen wollte, damit sie die Zeitverschiebung schneller auf die Reihe bekommen würde. Zuerst wollte sie ihre Uhr der Zeit in Dubai angleichen. Wenn sie dann erst einmal auf dem Weiterflug nach Australien wäre, würde sie die Uhrzeit von dort einstellen.

So stellte Kate ihren Chronometer von inzwischen elf auf zwei Uhr nachts. Sieht ja nun mit der hiesigen Zeit, zwei Uhr schon gar nicht mehr so lange aus, dachte sie sich.

Nun sah sie sich noch ein wenig im Flugzeug um, erinnerte sich daran, was Patrick ihr alles über Tasmanien erzählt hatte und schlief dann tatsächlich für ein paar Stunden ein.

»Guten Morgen«, sagte Dirk freundlich. Er wirkte fit und ausgeschlafen. »Freut mich, dass Sie auch ein wenig ruhen konnten. Die Stewardessen servieren soeben das Frühstück. Sie sind rechtzeitig wach geworden.«

»Guten Morgen. Es ist draußen ja schon hell«, stellte Kate erleichtert fest, als eine der Flugbegleiterinnen zu ihnen kam und ihnen ihr Frühstück reichte. »Danke, das kommt gerade recht. Ich bin mächtig hungrig.«

Kate besah sich ihr Croissant, das mit Rührei und Speck schmackhaft duftete.

»Was möchten Sie dazu trinken?«, fragte die Stewardess.

»Ich hätte gerne einen Kaffee, damit ich wach bin, wenn wir in Dubai landen.«

»Für mich bitte auch«, sagte Dirk.

Kate grinste schalkhaft.

»Wäre ja schrecklich, wenn man seinen Anschlussflug verpassen würde. Ich hätte noch nicht einmal ein Rückflugticket. Das wollte ich mir erst in Australien besorgen, weil ich noch nicht weiß, wie lange ich dort bleibe.«

»Machen Sie sich da mal keine Gedanken. Das geht alles ganz automatisch«, erklärte ihr Dirk. »Eigentlich können Sie Ihren Flug gar nicht verpassen, denn wir haben keine Aufenthaltsgenehmigung für Dubai. Deshalb wird man dort zusehen, dass wir mit unserem Gepäck das Land wieder verlassen.«

Erleichtert genoss nun auch Kate ihre Mahlzeit, wobei sie den heißen Speck liegen ließ und sich stattdessen dem Obst widmete, das am Tellerrand lag. Als sie auch ihren Kaffee getrunken hatte, wollte sie sich in dem kleinen Bad etwas frisch machen. Doch schon auf dem Weg, sie war nur drei Reihen weiter vorgelaufen, drehte sie sich wieder um. Die Passagiere standen Schlange, um auf die Toilette zu kommen. Unterdessen gab ihnen der Pilot die Information, dass sie sich auf den Landeanflug vorbereiten sollten. Die Stewardessen sammelten rasch das leere Geschirr ein, ihre Sitze sollten in die richtige Position gebracht werden und natürlich mussten sich alle wieder anschnallen.

»Na, also«, sagte Dirk lächelnd. »Die erste Etappe hätten wir geschafft. Die Nächste werden wir auch noch meistern und dann sind wir, bevor wir uns versehen haben, dort, wo wir hinwollen. Nicht wahr?«

Es dauerte noch zwanzig Minuten, bis die Maschine endlich wieder auf dem Boden aufkam. Die Landung war nicht so sanft, wie es Kate von den vorherigen Flügen kannte, doch war sie erleichtert, dass wenigstens das Handgepäck nicht heruntergefallen war.

»Warten Sie einen Moment, Kate«, schlug ihr Dirk vor, der entspannt auf seinem Platz sitzen blieb. »Lassen Sie die anderen Passagiere erst aussteigen. Wir haben noch so viel Zeit, wir brauchen uns dieses Gedrängel nicht anzutun.«

Nachdem die anderen Passagiere die Maschine verlassen hatten, nahm auch Dirk sein Handgepäck aus dem Fach über sich. Freundlich lächelnd reichte er Kate ihre cremefarbene Lederhandtasche.

»Das ist doch ihre, oder?«

»Ja, danke. Wissen Sie, wo wir jetzt hinmüssen?«, fragte Kate, wobei sie Dirk aus dem Flugzeug in das Flughafengebäude folgte.

»Kommen Sie nur. Wir gehen in einen Transferraum, in dem wir uns die nächsten zwei Stunden aufhalten müssen.«

Als sie den Raum betreten hatten, bemerkte Kate, dass hier mehr Passagiere mit ihnen warten mussten, als sie angenommen hatte. Neugierig sah sie sich um.

Auf der einen Seite stand ein großer Holztisch mit verschiedenen Getränken darauf, die sie sich nehmen durften. Unter anderem diverse Teesorten, Obstsäfte und natürlich gab es frisches Wasser.

Tageslicht kam keins herein, weil es hier keine Fenster gab.

Hätte ich mir nur ein gutes Buch mitgenommen, dachte sich Kate, als sie sich neben Dirk, auf einen weichen Sessel setzte.

»Mister Jenkins? Mister Jenkins, bitte«, rief ein Mann über die Menschenmenge hinweg.

»Das bin ich«, sagte Dirk. Er stand rasch auf, damit der Mann sehen konnte, woher seine Stimme in diesem Durcheinander kam. »Was gibt es denn?«

»Sie werden am Telefon verlangt, Mister Jenkins. Man hat darum gebeten, dass Sie zu unserem Hauptanschluss kommen sollen. Bitte begleiten Sie mich.« Der Mann deutete mit seiner Hand nach rechts, aus dem Transferraum hinaus. »Kommen Sie, hier entlang.«

Kate sah Dirk neugierig hinterher.

Wer sollte einen über die Rufnummer des hiesigen Flughafens kontaktieren? Und warum wurde Dirk nicht einfach über sein persönliches Handy angerufen?

Es dauerte allerdings nur eine Viertelstunde, bis Dirk wieder zurückkam.

»War wohl was Wichtiges?«, fragte Kate, die ihm den Platz neben sich wieder anbot. »Ich hoffe, es ist nichts Schlimmes passiert?«

»Oh nein, ich habe nur eine Mitteilung bekommen, wo ich in Australien hin muss. Wahrscheinlich funktioniert mein Handy in diesem Raum nicht, deshalb hat man es über den Festnetzanschluss versucht.«

»Sie müssen ja einen wichtigen Auftrag haben, wenn man Ihnen bis hierher hinterhertelefoniert?«, fragte Kate, die sich über ein wenig Konversation freute. »Müssen Sie beruflich nach Australien?«

»Ach, wissen Sie«, sagte Dirk etwas widerstrebend. »Ich arbeite schon lange für meinen Auftraggeber. Es ist unterhaltsam. Immerhin komme ich viel auf der Welt herum. Das darf man nicht vergessen, auch wenn es nicht immer einfach ist.«

»Das hört sich aber interessant an«, bohrte Kate noch etwas nach.

Dirk zwinkerte ihr gut gelaunt zu.

»Das ist es auch.«

Er stand auf und ging zu den Getränken hinüber. Dabei bemerkte Kate eine Waffe unter seinem Jackett, die er zuvor nicht gehabt hatte.

Kate wandte schnell ihren Blick ab.

War das der Grund dafür, dass man ihn aus dem Raum gerufen hatte? Um ihm eine Waffe zuzuspielen?

»Hier«, sagte Dirk, der plötzlich hinter ihr stand. »Trinken Sie auch etwas.« Er hielt ihr einen frisch gepressten Orangensaft entgegen. Zaghaft nahm sie ihm das Glas ab. »Ist alles in Ordnung? Sie sehen etwas blass aus.«

»Nein. Es ist sicher nur der lange Flug, der mich ein wenig schlaucht.«

Kate war froh, als sie endlich aus dem Raum hinaus und zu ihrem Flugzeug durften. Dirk war ihr mit dieser Waffe nicht geheuer. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass sie in der Quantas-Airline nicht mehr neben ihm sitzen musste, sondern neben einer jungen Frau, die etwa im gleichen Alter war, wie sie, Platznehmen konnte.

Kate wollte sich gerade zu ihr setzen, da wandte sich die Frau plötzlich um. Sie wollte noch rasch nach ihrem Handgepäck greifen und gab Kate dabei versehentlich eine Ohrfeige.

»Oh, nein«, seufzte sie. »Verzeihen Sie. Das ist mir furchtbar peinlich. Ich habe Sie nicht gesehen. Entschuldigen Sie bitte vielmals«, wiederholte sie sich und setzte sich irritiert auf ihren Platz.

»Schon gut. Es ist ja nichts passiert. Da ich noch stehe, kann ich Ihnen vielleicht Ihre Handtasche reichen?«, fragte Kate. Sie verstaute ihre eigene Tasche in dem Fach und zog dann eine rote Handtasche daraus hervor.

»Danke«, sagte die Frau. »Sehr nett von Ihnen. Ich bin übrigens Jasmin Shephard.«

»Kate Granger, sehr erfreut. Da haben wir ein paar lange Flugstunden vor uns, was?«, sagte sie, weil ihr gerade nichts Besseres einfiel.

Jasmin hatte lange, gelockte schwarze Haare, einen großen Mund mit vollen bordeauxroten Lippen und riesige, dunkelbraune Augen. Sie war sehr hübsch, schlank und zu Kates Freude aufgeschlossen und gesellig.

Als Kate sich neben Jasmin gesetzt und angeschnallt hatte, war es endlich wieder so weit und die Maschine hob ab.

Verkehrte Welt

»Was haben Sie vor, wenn wir in Australien ankommen?«, fragte Jasmin beschwingt, wobei sie eine Landkarte aus ihrer Handtasche hervorkramte, die sie sorgfältig vor sich ausbreitete.

»Oh, ich besuche meinen Freund. Er arbeitet dort. Allerdings nicht direkt in Melbourne, sondern auf Tasmanien.«

»Ist das nicht witzig? Ich möchte auch nach Tasmanien, um jemanden zu besuchen. Von Melbourne fliege ich weiter nach Hobart, aber da bleibe ich auch nicht. Ich muss nach Rosebery, das liegt hier – West Cost Range«, erklärte ihr Jasmin, wobei sie auf einen kleinen Punkt ihrer Landkarte deutete.

Kate hatte Patrick gar nicht danach gefragt, wo er in Tasmanien mit seinem Team arbeitete. Doch zum Glück war es gar nicht so wichtig, weil er sie ja am Flughafen abholen würde.

»He, dann haben wir ja den gleichen Anschlussflug«, freute sich Kate. »Ich werde auch nach Hobart fliegen. Dort wird mich mein Freund abholen. Ich muss gestehen, dass ich nicht weiß, wohin es dann geht.«

In diesem Moment kam die Stewardess mit dem Getränkewagen zu ihnen.

»Für mich bitte einen trockenen Weißwein«, sagte Jasmin.

»Da würde ich mich gerne anschließen. Für mich den gleichen Wein, bitte.«

Kate nahm ihr Getränk entgegen und als die Stewardess wieder weiterging, prosteten sich die beiden jungen Frauen freudestrahlend zu.

»Auf Tasmanien!«, juchzte Jasmin, worauf sie an ihrem Glas nippte. »Es soll dort wunderschön sein. Ich kann es kaum erwarten in Rosebery anzukommen.«

Sie sprachen noch ausgiebig über Australien, aber vor allem über die Insel Tasmanien. Kate durfte sich die Landkarte jetzt etwas genauer ansehen. Dabei stach ihr eine kleine handschriftliche Notiz bei Rosebery ins Auge, deren Schrift von einem Mann stammte.

»Was steht denn hier, Jasmin?«

»Ach, das ist nur eine wichtige Ausgrabungsstätte, davon habe ich hier noch zwei. Sieh mal, da unten, angrenzend an einem breiten Fluss, aber auch noch einen in der Nähe eines Staudamms. Dort wurden sie schon fündig. Ich sagte ja, dass ich jemanden besuchen will. Er macht dort interessante Ausgrabungen, die ich mir gerne ansehen möchte.«

Kate verschlug es für einen Moment die Sprache.

Sie sah Jasmin ungläubig an.

»Du kennst nicht zufällig Patrick?«, fragte sie. »Patrick Reyes?«

»Da bin ich nicht sicher. Bob hat viele Freunde, von denen er spricht. Ein paar von ihnen kenne ich bereits«, sagte Jasmin.

Kate nahm noch einen Schluck von ihrem Wein und meinte dann: »Patrick ist mein Freund. Ich soll ihn besuchen, weil er ebenfalls Ausgrabungen macht. Es geht dabei um einen kleinen Velociraptor. Aber er sagte, er hätte in den nächsten Tagen viel Zeit, deshalb wollte er, dass ich ihn besuche. Er ist schon wieder seit über einer Woche auf Tasmanien.«

Jasmin lachte laut.

»Dann kennst du sicher auch den Namen Bob?«, fragte sie.

»Ja, von einem Bob hat mir Patrick erzählt. Aber ich kenne nur den Vornamen. Könnte also auch ein völlig anderer Bob sein.« Kate überlegte noch ein bisschen, wobei sie ihr Glas bis zur Neige trank, doch ein Nachname wollte ihr zu diesem Bob nicht einfallen.

Inzwischen wurde das Mittagessen serviert.

Kate hatte sich für Rotbarsch mit Pellkartoffeln und Gemüse entschieden. Dazu hatte sie eine leckere Weißweinsoße, die herrlich zu ihrem Grauburgunder passte.

»Das ist sicher mein Bob«, sagte Jasmin, die sich für Putenbrust mit Nudeln und einer lachsfarbenen Soße entschieden hatte. »Ich besuche ihn dort, weil es um eine Ausgrabung von einem kleinen Raptor geht. Der wurde, soweit ich weiß, bisher nur in Kolumbien gefunden. Das muss damals schon eine riesige Aufregung gewesen sein, als man dieses Fossil entdeckt hat. Und nun graben sie noch so ein Skelett in Tasmanien aus. Ist das nicht unglaublich?«

Kate bemerkte, dass Jasmin sich mit der Arbeit ihres Freundes, wesentlich besser auskannte, als sie es tat. Eigentlich hatte sie überhaupt keine Ahnung von der Paläontologie.

»Kannst du mir mehr davon erzählen?«, fragte sie. »Ich finde das sehr interessant, kenne mich aber mit Fossilen gar nicht aus. Es wäre allerdings gut, wenn du es nicht verkomplizierst. Du weißt schon, keine Fachausdrücke, mit denen ich nichts anfangen kann.«

»Also.« Jasmin legte ihre Gabel beiseite, nahm noch einen Schluck von ihrem Wein und meinte: »Bob und sein Team haben einen kleinen Raptor gefunden, genauso einen, wie in Kolumbien gefunden wurde. In beiden Fällen handelt es sich um einen fossilen Fund. Interessant wird das alles, weil die Tiere sehr identisch sind, die Entfernung, zwischen den beiden Funden, jedoch viel zu groß ist. Kolumbien und Tasmanien, Kate! Überlege doch! Wie hätten diese Tiere den riesigen Ozean überqueren sollen? Bobs Team hat im Moment eine ganz neue Theorie aufgestellt, was die Verschiebung der Kontinentalplatten betrifft.«

»Und die wäre? Welche neue Theorie könnte man dadurch aufstellen?«, erkundigte sich Kate.

»Stell dir vor, Australien, oder zumindest Tasmanien wäre nicht von der östlichen Seite Afrikas abgedriftet, sondern hintenherum, von Südamerika. Wenn Tasmanien ursprünglich zwischen Kolumbien und Panama gelegen hätte, sodass die Galapagosinseln noch die letzten Überreste dieser Abspaltung darstellen würden«, sagte Jasmin.

Kate bemerkte, dass ihre neue Freundin, die sich jetzt ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber nahm, von der Paläontologie mächtig begeistert war.

»Hier, sieh dir unseren Globus an«, sagte sie, während sie auf das weiße Stück Papier, grob Südamerika, Kolumbien, Panama und ein paar Punkte, die diese Galapagosinseln darstellen sollten, zeichnete. Dann machte sie einen großen Strich hinüber zu Australien und zeichnete darunter Tasmanien ein.

»Nicht Afrika, Kate. Tasmanien könnte tatsächlich von dieser Seite gekommen sein, von Kolumbien. Das wäre in der Tat eine Sensation!«

Nun verstand Kate, weshalb es Patrick so wichtig war, dass sie ihn dort besuchen sollte. Was hatte er doch gleich noch mal bei ihrem letzten gemeinsamen Essen gesagt? ›Es wäre mir wirklich wichtig.‹ Er wollte sie sogar seinem Chef vorstellen und meinte, es wäre auch für ihre gemeinsame Zukunft bedeutungsvoll. Erst jetzt erkannte sie, vor welchem denkwürdigen Augenblick ihr Freund stand.

Zwischendurch wurde ihnen noch einmal ein Snack mit einem Getränk angeboten. Die meisten Passagiere sahen sich dabei irgendwelche Filme an.

»Du meinst also, dass Patrick und Bob daran arbeiten, diese Theorie tatsächlich-«, doch weiter kam Kate nicht.

Ein junger Mann, der hinter ihnen saß, hatte ihr Gespräch mitbekommen.

»Entschuldigen Sie bitte«, sagte er. Kate schätzte ihn auf Mitte dreißig. »Es ist sicher etwas unhöflich, aber es war so spannend, dass ich Ihrem Gespräch gelauscht habe.« Der Mann stand auf, kam rasch nach vorne und blieb neben ihnen auf dem Gang stehen. »Mein Name ist Wilhelm Abäcken. Ich studiere die Paläontologie. Mein Vater hat mich kürzlich auf Tasmanien aufmerksam gemacht. Er finanziert diverse Ausgrabungen auf der ganzen Welt, müssen Sie wissen. Er meinte, ich soll mich dort ein wenig umsehen. Sie wissen schon, was es in der Welt der Paläontologie neues gibt.«

Kate war überrascht.

Sie hätte nie gedacht, dass sich so viele und vor allem junge Menschen, für Ausgrabungen interessieren.

»Wirklich?«, japste Jasmin. »Ihr Vater finanziert solche Ausgrabungen? Das ist ja Wahnsinn. Vielleicht auch die von Bob und Patrick?« Sie wurde ganz aufgeregt. Mit zittriger Hand stellte sie sich vor. »Mein Name ist Jasmin Shephard und das hier ist Kate Granger. Wir besuchen Bob Shephard und Patrick, …, ähm?« Sie sah Kate verdutzt an.

»Patrick Reyes, sein Nachname ist Reyes«, antwortete sie, wobei sie Wilhelm ebenfalls die Hand reichte.

Wilhelm war höchst erfreut.

»Darf ich die jungen Damen zu einem Getränk einladen? Der Flug dauert unendlich lange und es wäre angenehm ein wenig Konversation zu betreiben, die dazu außerordentlich interessant, wie auch charmant ist.«

Danach gab er der Stewardess ein Zeichen, dass sie noch einmal zu ihm kommen sollte.

Nachdem sie sich alle für einen Tomatensaft entschieden hatten, unterhielten sie sich noch über diverse Methoden der modernen Freilegung von verdeckten Funden, wie es Wilhelm nannte.

Kate lernte noch eine ganze Menge hinzu, doch wusste sie, dass sie sich unmöglich alles merken konnte. Sie hörte bei dem ganzen Gespräch im Grunde nur zu, weil sie von der Paläontologie keine Ahnung hatte. Doch inzwischen fand auch sie es etwas spannender.

Es wurde nun langsam dunkel, sodass die Lampen in der Kabine angemacht wurden. Nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass Wilhelms Vater mit der Finanzierung ihrer Männer nichts zu tun hatte, doch war er sehr interessiert daran, für wen, Bob und Patrick arbeiteten.

»Das kann ich dir leider auch nicht sagen«, meinte Jasmin schulterzuckend. »Darüber hat Bob mit mir kaum gesprochen. Er ist immer so, man könnte sagen, wie in einem Rausch, wenn er von seiner Arbeit spricht. Da passen solche Bedeutungslosigkeiten nicht hinein, von wegen, wer finanziert das alles? Nein, Wilhelm. Da kann ich dir auch nicht weiterhelfen. Aber wenn du schon diverse Ausgrabungsstätten auf Tasmanien besuchst, wirst du sicher auf die beiden stoßen.«

Die Anreise

»Kate, Kate«, mahnte sie eine leise Stimme, wobei sie sachte am Arm wachgerüttelt wurde.

»Was? Was ist denn passiert?«, brummelte Kate. Sogleich strich sie sich ihre dunkelblonden Haare aus den Augen.

»Wir landen jeden Moment. Du hast die ganze Nacht geschlafen. Jetzt wirst du auch den kommenden Tag locker überstehen. Nichts mit Jetlag oder so.«

»Du bist ja richtig aufgeregt. He, was machst du denn?« Furchtbar zappelig durchsuchte Jasmin ihre rote Handtasche.

»Ich muss zusehen, dass ich mir ein Taxi organisiere. Wenn ich mein Gepäck habe, möchte ich so schnell wie möglich losfahren, damit ich zu Bob komme.«

Erleichtert zog sie einen kleinen Block hervor, auf dem diverse Nummern standen.

»Aber, du wirst doch sicher mit uns fahren? Patrick kann dich doch auch mitnehmen. Er erwartet mich schon am tasmanischen Flughafen.«

Jasmin starrte sie einen Moment stumm an, dann lächelte sie breit.

»Das wäre echt nett von euch. So könnte ich noch schneller zu Bob kommen. Ist das wirklich in Ordnung? Passt in das Auto von Patrick unser gemeinsames Gepäck?«

»So, wie ich meinen Patrick kenne, hat er in dem Land keinen kleinen Sportflitzer, sondern fährt irgendetwas Großes. Da werden wir mit unserem Gepäck schon noch genügend Platz finden«, versicherte ihr Kate.

Die Landung verlief holpriger als gedacht, doch blieb auch hier das Handgepäck in den Ablagen liegen.

»Warte«, meinte Kate, als ihre Freundin aufstehen wollte. »Lass die anderen Passagiere erst aussteigen, dann können wir in Ruhe hinausgehen.«

So warteten sie noch einen kurzen Augenblick, bis auch sie sich auf den Weg ins Flughafengebäude machten.

Als sie zusammen am Kofferband standen, konnte Kate noch kurz Dirk sehen, der schon vollbepackt das Flughafengebäude verließ.

»Da drüben steht ja Wilhelm«, bemerkte Jasmin.

»Wollen wir auf ihn warten?«, fragte Kate, als sie ihren Koffer vom Band nahm. »Der fliegt doch auch nach Tasmanien.«

»Stimmt. Komm wir gehen zu ihm«, antwortete ihr Jasmin. Sie griff sich schnell ihren Koffer und schritt zügig auf ihn zu. »Wir fragen ihn, ob er auch gleich seinen Anschlussflug hat.«

»Das ist ganz lieb von euch«, sagte Wilhelm, wobei er seinen schwarzen Reisekoffer vom Band hob. »Aber mein Vater meinte, ich würde mehr von dem Land und den Leuten kennenlernen, wenn ich mit der Fähre nach Tasmanien fahre. Die ist allerdings noch ganze elf Stunden unterwegs und legt in Devonporte an. Dort werde ich schon von einem Bekannten meines Vaters erwartet. Ein Herr Buckland. Sagt euch der Name etwas?«

»Nein, mir nicht«, antwortete ihm Kate.

Jasmin hingegen war überrascht.

»Aber ja«, sagte sie ganz hibbelig. »Warum hast du das denn nicht gleich gesagt? William Buckland. Der Mann finanziert Bobs Team. Ich kann mich ganz genau daran erinnern. Es ist sicher schon einen Monat her, als Bob mit dem Mann telefoniert hat, aber ich weiß noch, dass er damals ziemlich verärgert war.«

»Hätte ich mir fast denken können«, sagte Wilhelm grinsend. »Kaum zu glauben, aber nun bin ich mir wirklich sicher, dass wir uns auf Tasmanien wiedersehen. Kate, Jasmin, es hat mich gefreut, euch beide kennenzulernen. Wir werden uns in Kürze wieder sehen.«

Er schulterte noch seine Reisetasche, dann nickte er ihnen zum Abschied kurz zu und ging gut gelaunt in Richtung Ausgang davon.

»Komm, wir sollten uns auch auf den Weg machen«, meinte Jasmin. »Das Flugzeug wartet nicht auf uns. So wichtig sind wir nicht.«

Der Flug dauerte, wie es Patrick vorausgesagt hatte, nur eine Stunde und ein paar Minuten.

Und endlich, nach einer gelungenen Landung, kamen sie auf Tasmanien an.

»Hast du eine Ahnung, wohin wir müssen?«, fragte Jasmin, als sie sich aufgeregt umsehend, ihr Gepäck nahm.

»Patrick wird draußen auf mich warten«, antwortete ihr Kate. »Warum bist du nur so aufgedreht?«

»Ich kann es eben kaum erwarten, den Fund von Bobs Team zu sehen.«

Kate schüttelte ungläubig ihren Kopf.

»Dieses Fossil läuft dir schon nicht davon. Überlege doch mal, wie lange das Teil schon hier herumgelegen hat.«

Doch Jasmin blieb nicht ruhig. Sie hastete ihr mit ihrem Gepäck voraus zum Ausgang.

Kate eilte ihr hinterher. Durch eine breite Glasfront konnte sie Patrick draußen stehen sehen.

»Kate«, rief er, als sie in die Sonne trat.

Er lief ihr rasch entgegen, nahm sie in seine Arme und gab ihr einen heißblütigen Kuss.

Als er sich wieder von ihr gelöst hatte, fragte er: »War dein Flug anstrengend?«

Kate räusperte sich.

Sie deutete auf Jasmin, die schweigend neben ihnen stand.

»Das ist Jasmin. Ich habe sie im Flugzeug kennengelernt, daher verging die Zeit recht schnell. Kennst du Jasmin? Sie möchte Bob besuchen. Ich dachte, dass wir sie mitnehmen könnten?«

»Na klar«, antwortete ihr Patrick. »Hallo Jasmin.«

»Hallo«, murmelte sie etwas verlegen. »Ich möchte euch nicht stören-«

»Ach was«, unterbrach er sie. »Gebt mir erst mal euer Gepäck. Das Auto steht dort drüben. Kommt mit.«

Kate zwinkerte Jasmin schalkhaft zu.

»Bob hat mir schon einiges von dir erzählt«, sagte Patrick, als sie am Wagen ankamen. »Wir sind schon gespannt, was ihr zu unserer Arbeit sagt. Laut Bob hast du großes Interesse an der Paläontologie, Jasmin?«

»Dafür hat mir Bob von dir nicht viel erzählt«, erwiderte sie. »Immer wenn ich mit ihm zusammen bin und wir uns unterhalten, geht es um die Wissenschaft, Forschung und Fossilien.« Lachend verstaute Patrick ihr Gepäck in seinem Geländewagen.

»So kenne ich Bob. Aber jetzt haben wir ja etwas Zeit, uns näher kennenzulernen.«

Rasch stiegen sie ein.

Kate nahm auf dem Beifahrersitz Platz, während es sich Jasmin auf der Rückbank gemütlich machte.

»Seht euch auf der Fahrt diese traumhafte Insel an«, schlug ihnen Patrick vor. »Wir wohnen übrigens an der West Coast Range in Rosebery. Wir werden noch ein wenig Zeit brauchen, bis wir dort ankommen, weil wir praktisch auf der gegenüberliegenden Seite der Insel sind«, erklärte er den Frauen, wobei er den Parkplatz des Flughafengeländes verließ.

»Wie weit, ist es denn von hieraus?«, fragte Kate. Sie konnte jetzt die große Stadt Hobart vor sich sehen.

»Etwa dreihundert zwanzig Kilometer.«

»Was?« Kate sah entsetzt zu ihrem Freund. »Soweit bist du gefahren? Und jetzt fährst du die komplette Strecke wieder zurück, nur um mich am Flughafen abzuholen?«

»Das finde ich sehr nett, Patrick«, murmelte Jasmin von der Rückbank. »Bob würde so etwas nicht machen. Er hat mir ein paar Nummern gegeben, die ich anrufen kann, um mir ein Taxi zu rufen.«

Es dauerte nicht lange und die Stadt Hobart lag hinter ihnen.

Auf der Fahrt wies Patrick sie auf alle möglichen Sehenswürdigkeiten hin, an denen sie vorbeikamen.

»Dort drüben seht ihr einen alten Trockenschuppen. Der wird von den Touristen gerne fotografiert. Oast Häuser nennt man sie. In ihnen hat man früher mithilfe von Dampfmaschinen den Hopfen getrocknet, der hier für die Bierherstellung angebaut wurde. England, vor allem Kent wurde vorwiegend mit Hopfen aus Tasmanien beliefert.«

»So kenne ich dich ja gar nicht. Du könntest glatt als Reiseleiter durchgehen«, sagte Kate beeindruckt. Schnell sah sie sich das große, alte Gebäude noch einmal an.

Nachdem sie daran vorbeigefahren waren, wurde die Landschaft ein wenig karger.

Kate sah sich zu ihrer Freundin um, weil sie die letzte halbe Stunde nichts mehr von ihr gehört hatte.

Jasmin war inzwischen eingeschlafen.

Kate dachte daran, sie aufzuwecken, doch da es keinen Grund dafür gab, ließ sie, sie weiterschlafen.

Patrick fuhr immer weiter.

Nach einer Stunde wurde die Landschaft wieder grüner. Auf einem Berg angekommen, hatten sie eine tolle Aussicht über das weite Land.

»Wow«, machte Kate. »Vielleicht sollte ich Jasmin doch aufwecken, Patrick? Das sollte sie auch gesehen haben.«

»Lass sie lieber ein wenig schlafen. Sie wird noch viel von der Insel sehen. Im Moment wird sie ihren Schlaf brauchen.« Nach weiteren zehn Minuten erklärte ihr Patrick: »Jetzt kommen wir an den Lake Burbury. Da fahren wir über eine große Brücke, die uns zur West Coast führt.«

Nachdem sie den See hinter sich gelassen hatten, ging es stetig bergauf. Oben angekommen war es trüb und neblig.

»Ist es noch weit?«, fragte Kate. Vom vielen Sitzen tat ihr der Hintern weh.

»Wir sind jetzt bei Queenstown«, sagte Patrick. Inzwischen wurde auch Jasmin wieder wach. »Nur noch ein kleines Stück, Kate. Die längste Strecke haben wir hinter uns.«

»Oh, entschuldigt«, meinte Jasmin gähnend. Sie streckte sich ausgiebig. »Habe ich lange geschlafen? Wo sind wir denn? Das sieht hier ja aus, mit dem vielen Nebel, wie diese Insel in diesem einen Film, …, hieß er nicht Jurassic Park?«

»Genau«, antwortete ihr Patrick kopfnickend. »Und urzeitliche Echsen haben wir auch gefunden.« Sie lachten laut. »Wir sind kurz vor West Coast. Nicht mehr lange und du kannst deinen Bob sehen, Jasmin.«

Sie fuhren allerdings noch eine ganze Stunde, bis Patrick endlich langsamer wurde und sie in eine größere Stadt kamen.

»Sind wir da? Ist es das?«, erkundigte sich Kate.

»Gleich. Das hier ist Rosebery. Wir müssen hier durchfahren und an den Stitt Falls vorbei. Wir wohnen nicht direkt in der Stadt, sondern etwas außerhalb.«

Patrick lenkte den Geländewagen durch die Ortschaft hindurch. Kate sah sich die hübschen Häuser an, aber auch ein Hospital gab es und eine große Tankstelle.

Jetzt fuhr Patrick den Wagen von der Hauptstraße in eine schmale Seitengasse.

»Wo, um Himmelswillen, fährst du uns denn hin?«, fragte Kate, als sie aus der Stadt wieder herausfuhren und in einen dichten Wald kamen.

»Wir sind in der Nähe der Rosebery Pistol Range. Dort hat man extra Mobilheime für uns aufgestellt. Warte. Wir müssen nur noch um diese Kurve, dann könnt ihr unsere Unterkünfte sehen.«

Patrick fuhr auf einen geschotterten Platz.

Sofort kamen mehrere Männer auf sie zugerannt, denen Jasmin freudig zuwinkte.

Patrick hatte kaum den Wagen geparkt, da öffnete sie die Tür und sprang hinaus.

Henry Osborne

»Jasmin! Jasmin!«, rief ein sportlich aussehender Mann mit dunkelbraunen Locken, die ihm bis auf seine Schultern fielen und soeben auf ihren Geländewagen zugerannt kam.

Kate schätzte den Mann auf Ende zwanzig.

Hinter ihm konnte sie noch zwei Männer sehen, die ihm folgten. Der eine schien genauso alt zu sein, wie der, der auf Jasmin zugerannt kam, den anderen Mann schätzte sie jedoch eher auf Ende fünfzig.

Kate stieg nun auch aus dem Wagen aus.

»Sind das alles deine Kollegen?«, fragte sie ihren Freund.

Der lockige Mann nahm Jasmin in seine kräftigen Arme, hob sie an und fing an, sich mit ihr auf der Stelle zu drehen. Seine Freude Jasmin wieder bei sich zu haben, war nicht zu übersehen.

»Dieser Verrückte, der Jasmin gerade dazu bringt sich zu übergeben, ist Bob«, erklärte ihr Patrick. Dann wandte er sich dem älteren Mann zu. »Das hier ist Henry Osborne. Er kümmert sich um alles, was hier Vorort gebraucht wird.«

Der Mann hatte graue, kurze Haare, war heute noch nicht rasiert, oder trug diesen Dreitagebart vielleicht immer so, das wusste Kate noch nicht, doch wirkte er zäh und kräftig. Er stand in einer kurzen blauen Jeans mit einem weißen Trägertop vor ihr und streckte ihr seine Hand entgegen.

»Freut mich Sie kennenzulernen, Kate«, sagte er. Er hatte eine tiefe volltönende Stimme. »Patrick hat schon viel von Ihnen erzählt. Nennen Sie mich ruhig Henry, das machen alle so.«

»Danke Henry. Das ist sehr nett von Ihnen.«

»Und das hier, Kate, ist Gideon Mantell. Unser Kollege, der gleichzeitig Arzt, sowie Paläontologe ist. Sein Hauptgebiet ist die Präparation und Aufbereitung unserer Funde, was ungemein wichtig ist.«

Gideon war etwas kleiner, als seine Kollegen, doch dafür unwahrscheinlich hübsch. Er hatte kurze blonde Haare, war braun gebrannt und hatte solch strahlend blaue Augen, dass Kate ihren Blick kaum von ihm abwenden konnte.

»Nenn mich bitte nur Gid«, sagte er, kam einen Schritt auf sie zu und reichte ihr ebenfalls seine Hand.

»Danke, Gid. Ich bin Kate. Wohnt ihr denn alle hier, in diesen hübschen Mobilheimen?«, fragte sie, wobei sie ihren Blick über die verschiedenen Unterkünfte schweifen ließ.

Die Häuser waren aus massivem Holz und hatten jeweils eine andere Farbe. Doch hatten sie alle große Fenster, die bis zum Boden reichten und großzügige Veranden vor ihren Eingängen.

»Natürlich«, rief ihnen der dunkelhaarige Mann zu, der Jasmin zwischenzeitlich losgelassen hatte. »Ein kleines Heim für jeden von uns.«

Er kam mit Jasmin jetzt auch zu ihnen.

»Danke, dass ihr, Jasmin mitgenommen habt. Ich bin übrigens Bob.«

Auch er streckt Kate bei diesen Worten seine Hand entgegen.

»Danke Bob. Patrick hat nicht übertrieben, als er mir erzählt hat, wie nett ihr alle seid.«

»Das behaupten die Leute immer von uns«, erwiderte ihr Bob.

»Es sind halt wirklich liebe Kerle«, meinte Jasmin grinsend.

»Lasst die Frauen doch erst einmal in Ruhe ankommen«, schlug ihnen Gid vor. Zu seinen Füßen stand das Gepäck, das er schon aus dem Auto geholt hatte. »Unsere Gäste sollten es sich erst einmal bequem machen. Sicher wollt ihr euch nach der langen Reise duschen und wissen, wo ihr die kommenden Nächte verbringen könnt?«

»Nur allzu gerne«, antwortete ihm Jasmin.

Sie nahm sich ihre Reisetasche, während Bob ihren Koffer trug. Die beiden gingen schnurstracks auf das lachsfarbene Mobilheim zu.

»Komm mit, Kate. Das hier ist meins«, erklärte ihr Patrick.

Er nahm Kates Koffer und deutete auf ein beigefarbenes Haus. Kate schnappte sich ihre Reisetasche und folgte ihm.

Als sie das Mobilheim betreten hatten, standen sie in einem geschmackvoll eingerichteten Wohnbereich, der eine kleine offene Küche beinhaltete.

»Das ist aber hübsch hier«, murmelte Kate, wobei sie sich neugierig umsah. »Du hast ja sogar einen eigenen Fernseher, eine urgemütliche Couch und eine Küche.« Sie ging interessiert darauf zu. »Patrick, deine Küche ist schöner, als meine zu Hause.«

Patrick nahm Kates Gepäck an sich und ging damit auf eine Tür zu.

»Na, dann bin ich gespannt, was du zu dem Bad sagst. Komm her und sieh es dir an.«

Er öffnete eine helle Holztür.

Neugierig sah sie sich in dem Duschbad um. Es hatte große Fenster, die bis zum Boden reichten, doch handelte es sich um opakes Weißglas, damit man nicht hindurchsehen konnte. Der Raum war angenehm hell. Nur ein Fenster war aus normalem Glas. Es befand sich oberhalb des Spiegels, der über dem Waschbecken hing.

Kate ging jetzt auf die Dusche zu, die recht groß war und eine Glasschiebetür hatte.

»Bevor du duschen willst, möchte ich dir noch zeigen, wo du schlafen kannst, Schatz.«

Patrick öffnete eine weitere Tür, die sich gleich neben dem Bad befand. Das Schlafzimmer hatte ein Bett, das etwa ein Meter zwanzig breit war und unter einem Fenster, seitlich an der Wand stand. Daneben befand sich noch ein 3-türiger Kleiderschrank.

»Ich habe dir ein Schrankteil leergeräumt. Du kannst dich ruhig breitmachen«, erklärte er ihr. »Natürlich nimmst du das Bett. Ich schlafe draußen auf der Couch. Allerdings könnten wir auch zusammen, …« Er deutete mit einem verschmitzten Lächeln auf das Bett.

»Ach Patrick. Das können wir überall oder etwa nicht? Aber, da wir gerade dabei sind; hast du nicht auch Lust zu duschen? Komm, die Dusche ist doch groß genug für uns beide.«

»Kate, Kate, Kate. Du hast keine Ahnung, aber es wird nicht nur beim Duschen bleiben. Ich war schon viel zu lange ohne dich«, sagte er breit grinsend.

»Das ist nett von dir, Bob. Aber ich würde lieber die Couch nehmen«, plapperte Jasmin vor sich hin, während sie ihre Kleider in einen Schrank räumte. »Du weißt doch, dass ich nachts ewig wach bin und nicht einschlafen kann. So wecke ich dich nicht, wenn ich noch mal an den Kühlschrank gehe, oder den Fernseher anmache. Nein, nimm du ruhig dein Bett, das geht schon in Ordnung.«

»Du hast recht, Jasmin. Ich habe ganz vergessen, dass du Schlafprobleme hast«, sagte Bob.

Er öffnete sich eine Dose Bier und setzte sich damit auf seine breite Couch.

»Hast du auch noch ein Bier für mich?«, erkundigte sich Jasmin, nachdem sie ihre Kleider fertig ausgepackt hatte.

»Klar bediene dich einfach am Kühlschrank. Fühle dich wie zu Hause. Ich dachte nur, dass du nach so einem langen Flug zuerst unter die Dusche willst?«

»Das mache ich gleich nach dem Bier. Vorher möchte ich das alles erst einmal genießen. Ach, ist das traumhaft hier!«

Sie pflanzte sich neben Bob auf die Couch, nahm einen kräftigen Schluck und atmete tief durch.

»Du hast Kate also im Flugzeug kennengelernt? Erzähl mal, wie ist sie? Ich habe bisher nur von Patrick erfahren-«

Jasmin unterbrach ihn.

»Ich habe Kate erst nach dem Zwischenstopp in Dubai kennengelernt«, erklärte sie ihm, nahm sich noch einen Schluck und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum von ihren Lippen. »Davor saßen wir getrennt. Sie ist wirklich nett. Leider scheint sie keine Ahnung von der Paläontologie zu haben. Sie wusste noch nicht mal von eurer neuen Theorie. Spricht Patrick denn nicht mit ihr über seine Arbeit?«

»Nein, ganz bestimmt nicht.« Jasmin sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ich kann dir das erklären«, sagte Bob beschwichtigend. »Patrick hat mir damals gesagt, dass er es langsam angehen will, als er Kate kennengelernt hat. Patrick hatte immer Pech mit Frauen, weil er mit ihnen ständig über seine Arbeit gesprochen hat. Diesen Fehler möchte er bei ihr nicht mehr machen. Keine Frau interessiert sich für jahrtausendealte Knochen.«

»Ausnahmen bestätigen die Regel«, meinte Jasmin lächelnd. »Hattest du nicht gesagt, dass euer Investor übermorgen hierherkommen will?«

»Das ist korrekt«, sagte Bob, der nun aufstand, um ein paar Unterlagen von einem Sideboard zu holen. »Hier, sieh dir das an. Diese Dokumentationen dürften alles erklären. Wenn du Lust hast, können wir, wenn du geduscht hast, zusammen hinüberfahren. Dann kann ich dir unseren Fund zeigen?«

»Das wäre toll.«

Sie nahm sich die Schriftstücke in die Hand, lehnte sich entspannt zurück und blätterte die einzelnen Seiten aufmerksam durch.

»Du bist wirklich etwas ganz Besonderes, Jasmin. Ich kenne keine andere Frau, die solch ein Interesse an dieser Arbeit hat, wie du.«

»Da kann es nur einen Grund dafür geben, Bob«, sagte sie neckisch. »Du kennst eben nicht viele Frauen.«

Kaum hatte sie das ausgesprochen, sprang sie von der Couch auf, rannte in das kleine Bad und schlug schnell die Tür hinter sich zu, damit er ihr nicht folgen konnte.

»Du kleiner Frechdachs!«, rief er ihr durch die verschlossene Tür nach. »Beeil dich, damit wir losfahren können. Ich bin gespannt, was du zu unserem Velociraptor sagst.«

Im selben Augenblick klingelte sein Handy.

Als Patrick aus seinem Mobilheim kam, hatte er noch nasse Haare, doch wirkte er äußerst zufrieden mit sich.

»He Patrick!«, rief ihm Bob zu. »Wir müssen rüber, Richard hat mich gerade angerufen. Irgendwas muss bei ihnen vorgefallen sein. Wir sollten so schnell wie möglich abfahren. Jasmin duscht noch, aber sie beeilt sich.«

»Kate macht sich auch gerade fertig«, erwiderte ihm Patrick. »Hat Richard gesagt, um was es geht?«

»Jemand muss was beschädigt haben. Genau weiß ich es auch nicht.«

»Was ist los, Jungs?«, fragte Henry. Er war damit beschäftigt mehrere Holzscheite, mittig des geschotterten Platzes aufeinander zu häufen.

»Keine Ahnung«, antwortete ihm Bob schulterzuckend. »Irgendwas soll kaputt sein.«

»Habe ich eben richtig gehört?«, fragte Gid. »Etwas wurde beschädigt? Doch nicht unser Velociraptor?«

»Hoffentlich nicht«, brummte Patrick. In diesem Moment kam Kate zu ihnen auf den Hof. »Schön, dass du fertig bist, Schatz! Wir müssen zu unserer Ausgrabungsstätte fahren. Irgendwas scheint dort nicht in Ordnung zu sein. Kommst du mit?«

»Klar«, sagte sie sofort. »Was ist denn passiert?«

Jetzt kam auch Jasmin zu ihnen.

»Fertig! Lasst uns am besten gleich losfahren«, meinte sie, schlug Gid dabei sanft auf seine Schulter und stieg einfach bei ihm ins Auto ein.

Bob beeilte sich und stieg ebenfalls bei Gid ein.