Kathedrale und Stiftsbibliothek St. Gallen - Josef Grünenfelder - E-Book

Kathedrale und Stiftsbibliothek St. Gallen E-Book

Josef Grünenfelder

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Beschreibung

Die Kathedrale St. Gallen wurde 1755–1770 als Kirche der 1805 aufgehobenen Benediktinerabtei erbaut. Diese, entstanden am Platz der Einsiedelei des hl. Gallus, war im Früh- und Hochmittelalter eines der bedeutendsten Klöster des Abendlandes. Noch heute bewahren die Stiftsbibliothek und auch das Stiftsarchiv Schriftzeugnisse aus jener Zeit. Die barocke Klosteranlage zeugt von der Blüte der Fürstabtei im 17. und 18. Jh. Die Kirche wie die Bibliothek, errichtet nach den Plänen von Peter Thumb und ausgestattet von den besten süddeutschen Künstlern, bilden den monumentalen Endpunkt in der langen Reihe der von Vorarlberger Baumeistern verwirklichten barocken Klosterkirchen. Der Stiftsbezirk St. Gallen, die Sammlungen der Stiftsbibliothek und des Stiftsarchivs sind in der Liste des Weltdokumentenerbes der UNESCO eingetragen.

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Josef Grünenfelder · Cornel Dora

Kathedrale und Stiftsbibliothek St. Gallen

Kanton St. Gallen

Geschichte und Baugeschichte bis zum Neubau des 18. Jahrhunderts

Die Zelle des hl. Gallus

Das Benediktinerkloster

Kurze Geschichte der Abtei St. Gallen

Baugeschichte bis zur Barockzeit

Baugeschichte und Schicksal der barocken Stiftskirche

Bau des Langhauses und der Rotunde 1755–1757

Künstlerische Ausstattung 1757–1760

Bau des Chores ab 1761

Chorausstattung

Bauliche Anpassungen nach der Klosteraufhebung 1805

Renovationen und Restaurierungen

Das Äussere der Stiftskirche

Die Doppelturmfassade

Grundriss und Äusseres

Ein Rundgang im Innern

Innenraum

Deckengemälde und Stuckaturen

Ausstattung

Krypten

Sakristeien und Kirchenschatz

Die Stiftsbibliothek

Kleine Geschichte der Stiftsbibliothek

Die barocke Stiftsbibliothek 1758–1784

Anhang

Übersichtsplan

Im grossen Kuppelgemälde vereinigen sich auf verschiedenen Wolkenrängen Vertreter des Alten Bundes, Selige und Heilige, gruppiert nach den acht Seligkeiten der Bergpredigt in der Anbetung der Dreifaltigkeit.

1 Dreifaltigkeit

2 Maria

3 Johannes der Täufer

4 Anna und Joachim

5 Joseph

BEATI PAUPERES SPIRITUSelig die dem Geiste nach Armen

6 Gallus

7 Kolumban

8 Franziskus

9 Coelestin

10 Niklaus von Flüe

11 Johannes Kalybita

12 Alexius von Edessa

BEATI MITESSelig die Sanftmütigen

13 Franz von Sales

14 Johannes Gualbertus

15 David

16 Moses

17 Notker

18 Elisabeth von Ungarn

19 Monika

BEATI QUI LUGENTSelig die Trauernden

20 Viktor

21 Bruno

22 Maria Magdalena

23 Maria Aegyptiaca

24 Dismas

BEATI QUI ESURIUNT ET SITIUNT IUSTITIAMSelig die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit

25 Benedikt

26 Thomas

27 Ignatius

28 Bonaventura

29 Antonius Eremita

BEATI MISERICORDESSelig die Barmherzigen

30 Karl Borromäus

31 Tobias

32 Ludwig

33 Purchart

34 Martha

35 Martin

BEATI MUNDO CORDESelig die reinen Herzens sind

36 Scholastika

37 Gerold

38 Katharina von Alexandrien

39 Kaiser Heinrich II.

40 Kunigunde

BEATI PACIFICISelig die Friedfertigen

41 Papst Clemens II.

42 Leo der Grosse

43 Ulrich

44 Bernhard

45 Elisabeth von Portugal

46 Cyrill

BEATI QUI PERSECUTIONEM PATIUNTURSelig die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen

47 Idda

48 Eusebius

49 Johannes Nepomuk

50 Bonifatius

51 Otmar

52 Ignatius Theophorus

53 Barbara

Geschichte und Baugeschichte bis zum Neubau des 18. Jahrhunderts

Die Zelle des hl. Gallus

Die Gründungsgeschichte des Klosters St. Gallen reicht ins Jahr 612 zurück. Damals entschloss sich der irische Abt und Missionar Kolumban, der sich längere Zeit in Bregenz am Bodensee aufgehalten hatte, nach Norditalien weiterzuziehen. Eine Krankheit hinderte Gallus, einen seiner Gefährten, mitzugehen. Er zog sich als Einsiedler in den Arboner Forst zurück. Im Hochtal der Steinach baute er eine Zelle und ein Bethaus.

Der hl. Gallus (um 550–um 645)

Gallus gehörte zu einer Gruppe von Mönchen, die unter der Leitung ihres Abts Kolumban das Kloster Bangor in Irland verliessen, um in Gallien als Wandernde Christus nachzufolgen und Bekehrungsarbeit zu leisten. Im Burgund gründeten sie das nachmalige Kloster Luxeuil, wurden von dort vertrieben und gelangten auf Umwegen in den Zürichgau nach Tuggen, wo Gallus im Eifer einen Götzen (Bildnis einer heidnischen Gottheit) zerschlug, und schliesslich nach Bregenz am Bodensee, wo die Gruppe eine christliche Gemeinde antraf und längere Zeit blieb. Gallus war krank und blieb deshalb zurück, als Kolumban ins langobardische Italien weiterzog und dort das Kloster Bobbio gründete, wo er 615 starb.

Auf der Suche nach einem Ort für seine Einsiedlerzelle im Arboner Forst, dem Urwald südlich des Bodensees, stürzte Gallus in der Nähe des Wasserfalls der Steinach über eine Baumwurzel, was er als Hinweis Gottes verstand, dass dies der Ort sei, wo er bleiben sollte. Einem Bären befahl er, Holz für das Feuer herbeizuschaffen und schenkte ihm dafür ein Brot. Deshalb wurde der Bär das Attribut (Kennzeichen) des Heiligen (ABB. 1) und gelangte als solches in die Wappen der Fürstabtei, der Stadt St. Gallen sowie der beiden Appenzell. Gallus war ein Priestermönch, philosophisch und theologisch gebildet, gleichzeitig eigenwillig und naturverbunden. Er verstand sich ausgezeichnet aufs Fischen. Viele suchten ihn in seiner Zelle auf, um von ihm Rat zu erhalten. Berufungen, in Konstanz Bischof und in Luxeuil Abt zu werden, schlug er aus. Schon bald scharte er eine kleine Mönchsgemeinschaft um sich. Gallus verstarb um das Jahr 645, und sein Grab wurde zum Ziel vieler Pilger. Eine erste Vita (Lebensgeschichte des Heiligen) wurde bereits wenige Jahrzehnte nach seinem Tod aufgeschrieben.

ABB. 1, 2 Sandstein-Skulpturen von Johann Christian Wenzinger an der Nordfront der Rotunde.

Der hl. Gallus, ein irischer Wandermönch, gründete um 612 eine Einsiedelei am Platz des späteren Klosters.

Der hl. Otmar gab der Mönchsgemeinschaft um 747 die Regel des hl. Benedikt und wurde der erste Abt des Klosters.

Das Benediktinerkloster

Im Jahr 719 übernahm der in Chur ausgebildete Priester Otmar, ein Alemanne, die Führung der Eremitengruppe. Er gab ihr 747, auf Druck des fränkischen Hausmeiers Karlmann, die Regel des hl. Benedikt und wurde damit zum Gründer der Benedikterabtei St. Gallen, die mehr als ein Jahrtausend Bestand haben sollte.

Der hl. Otmar (um 690–759)

Otmar etablierte die St. Galler Mönchsgemeinschaft nachhaltig als Kloster. Als Alemanne aus der Bodenseegegend wurde er am rätischen Bischofssitz in Chur zum Priester ausgebildet und 719 vom Arboner Tribun Waltram zum Vorsteher der geistlichen Gemeinschaft beim Grab des hl. Gallus berufen. Seit Anfang des 8. Jh. sind in den Urkunden des Stiftsarchivs Schenkungen von Land, Leuten und Rechten ans Galluskloster belegt. Politische Machenschaften führten zu Otmars Verbannung auf die Insel Werd bei Stein am Rhein, wo er 759 verstarb. Seinen Leichnam holten die Mönche nach St. Gallen zurück; dank dem Wunder, dass das Weinfässchen, das sie als einzigen Proviant mitführten, nie leer wurde, überstanden sie einen Sturm auf dem Bodensee unbeschadet. Deshalb wird der hl. Otmar mit dem Weinfässchen als Attribut dargestellt (ABB. 2). 864 wurde er heiliggesprochen.

Kurze Geschichte der Abtei St. Gallen

Schon um 700 und zunehmend zur Zeit Otmars erhielt die St. Galler Gemeinschaft eine ganze Reihe von Schenkungen an Land, Leuten und Rechten. Sie erblühte im 9. Jh. zu hohem Ansehen und galt mit ihrer Schule besonders unter den Äbten Gozbert, Grimald, Hartmut, Salomo und Ulrich I. sowie mit bedeutenden Lehrern wie Notker dem Deutschen als Vorbild monastischen und wissenschaftlichen Lebens. Im Kloster und in seiner Schreibstube entfalteten sich hohe benediktinische Gelehrsamkeit und Kunst. Ein günstiges Schicksal bewahrte die Zeugen dieser Kultur bis heute, verwahrt in der Stiftsbibliothek und im Stiftsarchiv (s. S. 46).