Keine Zeit mehr, abzuwarten - Rita Süssmuth - E-Book

Keine Zeit mehr, abzuwarten E-Book

Rita Süssmuth

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Beschreibung

Die Corona-Pandemie hat uns schmerzlich vor Augen geführt, bei wie vielen Themen Deutschland hinterherhinkt. Rita Süssmuth, Familienministerin und Bundestagspräsidentin a. D., mahnt: Das Zögern muss ein Ende haben, wir müssen jetzt handeln! Dabei nimmt sie in den Blick, welche Entwicklungen die weltweite Pandemie ausgelöst hat – die positiven – wie der selbstlose Einsatz für andere –, aber auch die negativen: Verschwörungstheoretiker, die leugnen, verharmlosen, »Freiheit für alle« fordern und dabei mit den Neuen Rechten in einem Boot sitzen. Oder Politiker, die Schutzmasken beschaffen und dafür »Prämienzahlungen« kassieren. Versprechungen, die gebrochen werden. Und das Gefühl vieler Bürgerinnen und Bürger, mit ihren Anliegen und Sorgen nicht ernst genommen zu werden. Über allem steht die Frage: Worauf können wir uns überhaupt noch verlassen? Was muss in Bezug auf das Bildungswesen, die nötige Agrarwende, die Verkehrspolitik und den Klimawandel dringend getan werden? Wo sind die Grenzen des Wachstums? Sind sie nicht längst überschritten? Wann hat das angefangen, das Maßlose, das Gierige? Welche zentralen Werte und Handlungsanweisungen können und müssen aus dem christlichen Glauben abgeleitet werden? Was ist unsere Verantwortung für die nächste Generation? Und wie werden wir ihr gerecht? Wie können wir, jede*r Einzelne, all den schlimmen Entwicklungen Einhalt gebieten? Das zornig mahnende Buch einer der bekanntesten Politikerinnen Deutschlands. Für eine Zeit, in der guter Rat für unsere Generation vielleicht wichtiger als je zuvor ist.

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Rita Süssmuth

Keine Zeit mehr, abzuwarten

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Die Corona-Pandemie hat uns schmerzlich vor Augen geführt, bei wie vielen Themen Deutschland hinterherhinkt. Rita Süssmuth, Familienministerin und Bundestagspräsidentin a. D., mahnt: Das Zögern muss ein Ende haben, wir müssen jetzt handeln!

Dabei nimmt sie in den Blick, welche Entwicklungen die weltweite Pandemie ausgelöst hat – die positiven – wie der selbstlose Einsatz für andere –, aber auch die negativen: Verschwörungstheoretiker, die leugnen, verharmlosen, »Freiheit für alle« fordern und dabei mit den Neuen Rechten in einem Boot sitzen. Oder Politiker, die Schutzmasken beschaffen und dafür »Prämienzahlungen« kassieren. Versprechungen, die gebrochen werden. Und das Gefühl vieler Bürgerinnen und Bürger, mit ihren Anliegen und Sorgen nicht ernst genommen zu werden. Über allem steht die Frage: Worauf können wir uns überhaupt noch verlassen?

Was muss in Bezug auf das Bildungswesen, die nötige Agrarwende, die Verkehrspolitik und den Klimawandel dringend getan werden? Wo sind die Grenzen des Wachstums? Sind sie nicht längst überschritten? Wann hat das angefangen, das Maßlose, das Gierige?

Welche zentralen Werte und Handlungsanweisungen können und müssen aus dem christlichen Glauben abgeleitet werden?

Was ist unsere Verantwortung für die nächste Generation? Und wie werden wir ihr gerecht? Wie können wir, jede*r Einzelne, all den schlimmen Entwicklungen Einhalt gebieten?

Das zornig mahnende Buch der Grande Dame der deutschen Politik. Für eine Zeit, in der guter Rat für unsere Generation vielleicht wichtiger als je zuvor ist.

Inhaltsübersicht

Es ist Zeit

1 // Das Selbstvertrauen hat einen Riss bekommen

2 // Liegt wirklich Mehltau über dem Land?

3 // Klimawandel: Längst ein Faktum

4 // Landwirtschaft:Wir müssen umdenken

5 // Demokratie: Nehmt die Menschen mit

6 // Parität: Ohne Frauen keine Veränderungen

7 // Bildung: Raus aus der Sackgasse

8 // Renten: Geht ehrlichermiteinander um

9 // Endlich die Tatsachen anerkennen!

10 // Steht auf!

Epilog

Danksagung

Es ist Zeit

Der Ruf junger Menschen auf den Straßen, die sich um das Klima und die Zukunft der Menschheit sorgen, ist unüberhörbar geworden. Sie stehen auf, überall auf der Welt, um den Herrschenden zuzurufen: »Leute, macht endlich was! Es ist Zeit, etwas zu tun! Hört auf, euch hinter Politikergeplänkel zu verstecken! Lasst die Taktiererei und die leeren Versprechen! Packt selbst mit an, damit sich etwas bewegt! Wir erwarten das von euch. Um den Klimawandel aufzuhalten, braucht es die allergrößten Anstrengungen. Und wir brauchen endlich auch mehr soziale Gerechtigkeit!«

Die jungen Menschen haben recht. Wir haben keine Zeit mehr, abzuwarten. Weder die westlichen Demokratien Europas und Nordamerikas noch die autoritären Systeme Russlands oder Chinas, weder die brasilianischen Bolsonaros noch die weißrussischen Lukaschenkos dieser Welt. Wir alle haben keine Zeit mehr, den dramatischen Entwicklungen ihren Lauf zu lassen. Es gilt, dem Rad in die Speichen zu fallen, wie es Dietrich Bonhoeffer formuliert hat.

 

Gott sei Dank machen die Jungen den Mund auf. Ihre Stimmen stoßen auf Resonanz, werden auch von Regierungen gehört. Wir sehen an Greta Thunberg und der von ihr maßgeblich beeinflussten Bewegung Fridays for Future, welche Macht eine Gruppe junger Menschen entwickeln kann, die sich engagiert. Junge Leute, die nicht lockerlassen, Maßnahmen einzuklagen, die den Klimawandel stoppen können.

Wir alle sind gefordert, unsere Stimme zu erheben und laut zu sagen: »So geht es nicht weiter!« Es geht um das Überleben der Menschheit.

Denn wenn wir jetzt nicht aufpassen und sehr bald handeln, dann könnte die letzte Chance verpasst werden, die Katastrophe noch abzuwenden. Der Klimawandel ist längst da, wir sind schon mittendrin: Dürren und Starkregenfälle, Hungersnöte und Überflutungen, heftige Wirbelstürme – sie bestimmen und bedrohen längst das Leben von Millionen von Menschen. Abwenden können wir manches nicht mehr. Aber wir können darauf hoffen, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern, indem wir jetzt endlich die notwendigen Maßnahmen ergreifen.

Das betrifft viele Bereiche, beispielsweise unsere Agrarpolitik, der Irrweg des »Schneller-Höher-Weiter« – Tierwohl, Gesundheit und Umwelt gehen dabei vor die Hunde genauso wie die Qualität unseres Essens. Es ist längst Zeit, umzusteuern!

 

Ich bleibe politisch aktiv, denn wir sind alle, generationenübergreifend, für das verantwortlich, was geschieht – und auch für das, was unterbleibt. Unsere Demokratie, die kostbarste Errungenschaft, die Deutschland in seiner Geschichte jemals besaß, ist gefährdet. Die Umtriebe Rechtsradikaler nehmen in den letzten Jahren kontinuierlich zu, Populisten und Rattenfänger streuen ihre gefährliche Saat an vielen Stellen. Gewalttätigkeit, Aggression und die Anzahl der Morde sind gestiegen. »Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!«, schrieb Bertolt Brecht. 70 Jahre nach Kriegsende scheint diese Prophezeiung zutreffender als je zuvor.

Aber für den Erhalt der Demokratie sind noch mehr zentrale Themen wichtig. Sind wir wirklich auf dem richtigen Pfad, wenn wir glauben, dass es in unserem Land vor allem mehr akademische Bildung braucht? Wir sind stolz darauf, dass 51 Prozent eines Altersjahrgangs Abitur machen. Aber wo bleiben die anderen Jugendlichen? Der Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss hat sich signifikant erhöht und die Schulleistungen sind im Durchschnitt schlechter geworden. Wir sind aus der Balance gefallen, die es früher zwischen akademischer und beruflicher Bildung gab. An diesem Punkt müssen wir zu einer größeren Ausgewogenheit zurückkehren. Beide Wege, berufliche Ausbildung und Studium, sind gut und wichtig, beides braucht eine intensive Unterstützung durch die Politik. Und gehen wir wirklich in die richtige Richtung, wenn wir die Integration von Menschen aus anderen Ländern immer noch nicht als Chance begreifen? Deutschland ist ohne Zweifel ein Einwanderungsland, auch wenn es manche Zeitgenossen aus der rechtskonservativen Ecke immer noch nicht wahrhaben wollen.

Wie müssen sich Politiker und Politik verändern, wenn sie die Menschen in unserem Land vor Spaltung schützen und manche für eine gemeinschaftliche Gesellschaft neu gewinnen wollen? Was müssen wir tun, wenn unsere freiheitliche Demokratie angesichts vielfacher Bedrohungen von innen wie von außen auch zukünftig Bestand haben soll? Wir müssen jetzt handeln. Das muss sichtbar werden!

*

Sich wegzuducken ist keine Lösung. Schwierige Zeiten fordern klare Worte. Damit jeder versteht, worum es geht: um Wertschätzung, Demokratie, Teilhabe, Respekt vor dem anderen. Es geht um nichts weniger als unsere gemeinsame Zukunft. Deshalb ist überlegtes, rasches Handeln geboten. Wir bleiben verantwortlich bis ins hohe Alter – gedanklich und praktisch. Weil das mir ein Herzensanliegen ist, habe ich dieses Buch geschrieben. Denn mit meinen nunmehr 85 Jahren bin ich immer noch ein politischer Mensch. Und ich sorge mich um das Wohl der nächsten Generationen und der Schöpfung.

 

Mir war es immer wichtig, deutlich zu machen, dass wir nicht ohnmächtig sind. Veränderung ist möglich – und zwar durch jede und jeden Einzelnen. Es ist keine Option, nur betroffen dazustehen und zu sagen: »Tja, da kann man nichts machen …« Dass man gegen unmenschliche Zustände gemeinsam kämpfen und etwas verändern kann, zeigt die Geschichte der Menschheit. Es braucht ein starkes Wir – quer durch alle Generationen.

1 // Das Selbstvertrauen hat einen Riss bekommen

Die offene Gesellschaft, die wir uns nach dem Zweiten Weltkrieg auf Basis unseres Grundgesetzes erkämpft haben, ist nicht zuletzt durch die Auswirkungen der Pandemie in die Defensive geraten. Viele Freiheiten des Einzelnen mussten zum Teil beschränkt werden, um alle zu schützen – besonders die Alten, Kranken und Schwachen; Erwachsene und Kinder. Persönliche Begegnungen waren plötzlich schwierig, wir konnten Verwandte und Freunde für längere Zeit nicht besuchen.

Kinder mussten zu Hause bleiben. Kindergärten und Schulen waren geschlossen. Läden durften nicht öffnen oder nur eine beschränkte Anzahl an Kunden einlassen. Kulturveranstaltungen waren untersagt, Sportvereine mussten den Betrieb einstellen. So etwas war bis dahin unvorstellbar.

Wir haben gemerkt, wie abhängig wir von einer funktionierenden Weltwirtschaft sind. Zeitweise gab es zu Beginn der Pandemie massive Versorgungsengpässe, wochenlang waren bestimmte Waren nur mit Mühe zu bekommen. Und noch immer leidet der sehnsüchtig erwartete Wirtschaftsaufschwung unter der Tatsache, dass die weltweiten Lieferketten der Industrie nicht richtig funktionieren.

Für viele ist im März 2020 das bisherige Weltbild angekratzt worden. Die Jahrzehnte genährte Vorstellung, vieles selbst entscheiden und gestalten zu können, hat einen Riss bekommen. Auf einmal war alles anders. Und wir saßen zu Hause fest.

Unser Gesundheitssystem ist an die Grenze der Belastbarkeit gekommen. Intensivstationen waren zeitweise nahezu komplett belegt, alle nicht zeitkritischen Operationen mussten aufgeschoben werden.

Das Virus hat uns alle herausgefordert. Und die langfristigen sozialen und ökonomischen Folgen sind noch nicht absehbar. »Long Covid« ist ein neues Krankheitsbild. Aber auch sonst werden wir manches, was wir erlebt haben, nicht mehr los. Zeit also, den Blickwinkel auf das Leben zu verändern. Was hat die Corona-Pandemie für Entwicklungen ausgelöst?

 

Viele spüren eine starke Verunsicherung. Es gibt plötzlich ungekannte Existenzängste. Weltweit sind über fünf Millionen Menschen am Covid-19-Virus gestorben. In Deutschland haben wir bis zum Jahresanfang 2022 mehr als 100000 Tote zu beklagen. Unser sonst so stabiles Land befindet sich im Krisenmodus.

 

Auf der einen Seite sehen wir einen Staat, der zupackt und vieles auch im internationalen Vergleich recht gut zu gestalten versucht. Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Gesundheitsämtern und andere, die sich der Verbreitung der Pandemie entgegenstellen und sich um die Erkrankten kümmern: Viele Menschen sind in der Krise über sich selbst hinausgewachsen, haben Unglaubliches geleistet. Freiwillige Helfer übernahmen vielfältige Aufgaben: Für ältere und kranke Menschen wurde eingekauft, vor Pflegeheimen Musik gemacht, jede Menge Geld für Bedürftige gespendet. Viele haben ihren Nachbarn Mut gemacht. Lokale Händler wurden unterstützt. Ich denke an zahlreiche private Initiativen, die sich für andere eingesetzt haben.

Es gab verblüffende Erfolge – beispielsweise die Schnelligkeit, mit der es gelungen ist, durch internationale Zusammenarbeit neue Impfstoffe zu entwickeln. Und wir haben gemerkt, wie rasch Politik handeln kann – aber wir haben auch ein manchmal zögerliches Schwanken zwischen einem erneuten Lockdown und Öffnungen erlebt. Mit all dem ging die Enttäuschung vieler Hoffnungen einher. Die vierte Welle der Pandemie im Herbst 2021 war besonders hart.

Zahlreiche bittere Momente und schwere Stunden kommen jedem von uns in den Sinn, wenn wir an die Zeit der Pandemie denken. Aber wir dürfen im Rückblick dankbar dafür sein, dass unserem Land schlimme Situationen wie die in anderen Ländern erspart geblieben sind. Denken Sie nur an die Bilder aus Bergamo, die zeigten, wie Kolonnen von Militärlastwagen Särge mit Corona-Toten abtransportierten.

 

Gleichzeitig gibt es ein bisher unbekanntes Leugnen von Tatsachen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, ein Verharmlosen von Risiken. Für mich ein bislang in dieser Form für unmöglich gehaltener Eindruck des Irrationalen, der jeden Diskurs einer bürgerlichen, offenen Gesellschaft belastet. Trotzdem gilt die Mahnung von Verfassungsrichtern wie Udo Di Fabio, mit diesen Widerständen entsprechend unserer Rechtsgrundlagen differenziert und sachlich umzugehen.

 

Bis Ende Dezember 2021 haben sich trotz aller Bemühungen staatlicher Stellen erst etwas mehr als 70 Prozent der Erwachsenen in Deutschland zweifach impfen lassen. Zudem stellte sich bei einigen eine gewisse Sorglosigkeit ein. Dabei denke ich an die Bilder vom Karneval im Rheinland, wo Tausende dicht an dicht feierten, ohne im Blick zu haben, dass wir längst mitten in der vierten Welle der Pandemie waren. Eine deutlich höhere Impfquote wäre schon viel früher möglich und nötig gewesen, um auch die Schwächeren unter uns zu schützen. Doch solche Solidarität, so scheint es, ist in Deutschland angesichts von Fake News und fanatisierten Überzeugungen nicht mehr möglich.

Aber das Zögern und Verweigern in Sachen Impfschutz und der verharmlosende Vergleich der Auswirkungen einer Covid-19-Erkrankung mit einer Grippe sind für mich nicht die einzigen Ungereimtheiten in der Pandemie-Zeit.

*

Wir haben durch die Pandemie zahlreiche Tote und Erkrankte zu beklagen. Vergessen wurden oft die Frauen, die vielfach die Hauptlast von Kinderbetreuung, Homeschooling und Krisenorganisation in der Familie zu tragen haben. »Kirche, Küche, Kinder«, hieß es früher – »Corona managen«, heißt es jetzt beruflich und privat.

Schon längst hätte der zweihundert Jahre währende Kampf für die politische und gesellschaftliche Beseitigung von Ungleichheit und geringer Wertschätzung der Frau, insbesondere in der Politik erfolgreicher sein können. Die Herstellung von Geschlechter-Gerechtigkeit ist notwendiger denn je – denn die Corona-Pandemie hat die Frauen zurückgeworfen.

Wir müssen feststellen: Deutschland ist, was die Frauenfrage angeht, nicht im Aufstieg, sondern in Stagnation begriffen. Das müssen wir jetzt verändern.

*

Die Corona-Pandemie mit ihren politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen ist historisch ohne Vergleich. Hinzu kommt seit Längerem, alles überragend, die Klimakatastrophe. Unser Planet Erde ist in Gefahr.

Bereits 1972 hat der Club of Rome, ein Netzwerk von Wissenschaftlern, Ökonomen, Unternehmern und Diplomaten aus aller Welt, einen ersten, weltweit beachteten Bericht zur Lage der Menschheit veröffentlicht: »Die Grenzen des Wachstums«. Das Buch wurde in 30 Sprachen übersetzt und 30Millionen Mal verkauft. Schon damals haben die Experten ein düsteres Szenario zur Zukunft der Menschheit vorgelegt. Vieles von dem, was damals aufgezeigt wurde, ist nun eingetreten: Das Ozonloch wird größer. Die Erderwärmung nimmt zu. Die Gletscher schmelzen weiter ab. Die Meeresspiegel steigen. Tornados verwüsten ganze Landstriche. Anhaltende Dürre und Überflutungen spiegeln, dass das Wetter verrücktspielt.

Die Fakten liegen auf dem Tisch und die aktuellen Erkenntnisse der Klimaforscher geben uns eine deutliche Botschaft: Wenn wir mit unseren bisherigen, nur halbgaren Bemühungen um den Klimaschutz so weitermachen wie bisher, dann wird nicht nur das 1,5-Grad-Ziel verfehlt, sondern auch die 2,0-Grad-Marke. Deren Überschreitung schätzen Wissenschaftler als katastrophal ein. Leider sieht es ganz so aus, als käme es noch schlimmer: Wir steuern bei Beibehaltung unseres bisherigen Tempos globaler Langsamkeit schnurstracks auf eine Klimaerwärmung von 2,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu. Ein Albtraum. Wenn dieser Fall eintritt, sind die Konsequenzen weltweit verheerend.

 

Wer angesichts solcher Fakten noch meint, genügend Zeit zu haben, das Unvermeidliche abzuwenden, verpasst die Signale der Zeit. Oder er kennt keine Verantwortung. Doch warum wird so wenig umgesetzt? Wollen unsere Politiker nicht wahrnehmen, dass es in zentralen Fragen schon fünf nach zwölf ist?

Viel zu lange hat man geglaubt, dass permanentes Wirtschaftswachstum die Menschen beruhigt, weil wir meinen, dass es immer so weitergeht. Und dass wir ohne Rücksicht auf Verluste die Ressourcen der Erde ausbeuten können. Erdöl, Kohle, Gas – der Verbrauch ist über die Jahrzehnte immer weiter gestiegen. Und das, obwohl längst bekannt war, wohin dies am Ende führen kann – und führen wird. Es wurde viel zu viel und zu lange diskutiert. Und es gab vonseiten der Verantwortlichen zu viele leere Versprechungen, zu viele reine Lippenbekenntnisse. Nun ist es höchste Zeit, das Ruder herumzureißen und für ein nachhaltigeres Wirtschaften zu sorgen, endlich auf alternative Energien zu setzen. Seit wenigen Monaten haben wir in Deutschland eine neue Regierung, die den Klimaschutz und die Pandemiebekämpfung in den Mittelpunkt ihres Handels gestellt hat.

Um die Gefahren abzuwehren, sind harte Entscheidungen nötig. Hat uns das die Politik schon jemals so deutlich gesagt? Wie kann es denn sein, dass wir – aufgrund eines wie auch immer getroffenen Konsenses – ein Jahrzehnt länger als nötig Braunkohle abbauen und verfeuern, obwohl wir wissen müssten, dass uns jeder Tag dem Klima-Abgrund näher bringt? Dass Interessensgruppen darum kämpfen, die in Jahrzehnten erworbenen Vorteile bis aufs Blut zu verteidigen – nur damit die eigene Klientel von Preissteigerungen oder anderen Nachteilen verschont bleibt? Wie kommt es, dass Zehntausende Stahlwerker in Berlin auf die Straße gehen, um die Koks-Produktion und Verfeuerung in ihren Hochöfen verbissen zu verteidigen – obwohl sie doch eigentlich wissen können, dass dieser Weg in eine Sackgasse führt? Sind Arbeitsplätze wichtiger als das Überleben der Welt?

 

Eine Energiewende ist möglich. Wir stecken mittendrin. Längst gibt es für vieles Alternativen. Es ist an der Zeit, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Entscheidend ist, ob es gelingt, die neuen Herausforderungen und Alternativen anzunehmen, auf sie zu reagieren und weitere Initiativen zu entwickeln. Es sind technische, ökonomische, soziale und ethische Probleme, die wir zu lösen haben – wenn wir überleben wollen.