Kinder und Karriere, aber richtig! - Nadja Schwarz - E-Book

Kinder und Karriere, aber richtig! E-Book

Nadja Schwarz

0,0
20,00 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ursprünglich ging man davon aus, es läge allgemein an geschlechtertypischen Unterschieden, dass der Frauenanteil in der Wirtschaft mit jeder Karrierestufe geringer wird. Doch heute steht fest: Der niedrige Frauenanteil im oberen Management hat in erster Linie mit der Mutterschaft zu tun. Auch wenn in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr viele Frauen einer Erwerbsarbeit nachgehen, so tun sie dies doch meist in karrieretechnisch ungünstigen Teilzeit-Pensen. Nachhaltige Frauenförderung muss daher zum Ziel haben, ein Arbeitspensum im hohen Prozentbereich zu ermöglichen, ohne dass die Familie darunter leidet. Das Buch führt aus, wie das gelingen kann, und behandelt folgende Themen: - Voraussetzungen für höhere Frauenanteile im Management - die klassischen Fallen für Mütter im Erwerbsleben - die Rolle der Partner - die Gründe, weshalb Firmen ihre Mitarbeiterinnen verlieren - konkrete Handlungsfelder für Unternehmen und ambitionierte Frauen

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 204

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Titel

Prolog

Vorwort

Zweifel oder Interesse?

Vereinbarkeit von Karriere und Kindern

Warum es mehr Frauen braucht, die Karriere machen

Nachhaltige Maßnahmen

Einleitung

Mutterschaft als Karrierenachteil

Ein kleiner Teich

Spagat zwischen zwei Welten

Teil I

Auslegeordnung – Wo stehen wir 2020?

Frauenförderung und Diversity-Programme

Schmale Spitze

Familienplanung als Tabu-Thema

Viele Frauen arbeiten – die meisten Teilzeit

Gläserne Decke?

Gut ausgebildete Frauen mit Potenzial

Auslegeordnung im Überblick

Arbeit und Karriere – Broterwerb oder Berufung?

Arbeit

Karriere machen

Veraltete Modelle

Spielregeln überdenken

Berufliche Laufbahn im Kontext des Familienmodells

Aufopfernde Mutter vs. Identifikation mit dem Beruf

«Mein Mann, unser Ernährer»

Arbeit im Wandel

Corona-Krise als Katalysator

Wirtschaftssektoren und Gesellschaftsformen

Arbeit und Karriere im Überblick

Erreichbarkeit statt Präsenz – Die wichtigsten Voraussetzungen für höhere Frauenanteile im Management

New Work als große Chance

Wissensarbeit, die geistige Ergänzung der Digitalisierung

Selbstdisziplin gefordert

Prozente hoch! Sonst bringt alles nichts

80 Prozent, Vollzeit und mehr

Eine Frage der Haltung

Work Smart: mehr Flexibilität

Örtliche Mobilität

Zeitliche Flexibilität

Win-win

Selbstständigkeit im Angestellten-Dasein

Selbstbestimmung

Ein natürliches Bedürfnis

Kein Platz für Ineffizienz

Ideale Kombination gesucht

Klare Grenzen: Work-Life-Balance

Erreichbarkeit statt Präsenz im Überblick

Die Rolle der Männer – Warum Frauenförderung beide Geschlechter betrifft

Offenbarungen im Corona-Modus

Digitalisierung verändert den Arbeitsalltag – auch den der Männer

«Papi-Tag» und «Mami-Tag»

Rollenverteilung

Die Rolle der Arbeitgeber

Mutterschaftsurlaub oder Elternzeit?

Gemeinsam anpacken

«Milchbüchlein»-Rechnung

Die Rolle der Männer im Überblick

Push- und Pull-Faktoren – Warum Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen verlieren

Push-Faktoren: Was Frauen vom Karrierepfad abbringt

Pull-Faktoren: Was Frauen an ihr Zuhause fesselt

Achtung Falle – Die klassischen Stolpersteine auf dem weiblichen Karrierepfad

Die Fallen im Überblick

Fazit – Konkrete Handlungsfelder für Unternehmen

Nichtrückkehrerinnen verursachen Kosten

Mutige Maßnahmen statt HR-Marketing-Storys

Modernisierung der Anstellungsbedingungen

Modernisierung der Arbeitsformen im Kontext der Digitalisierung

Modernisierung der Geschlechterstereotypen

Fazit – Konkrete Handlungsfelder für ambitionierte Frauen

Der richtige Job

Das richtige Umfeld

Hohe Arbeitsmarktfähigkeit

Konkrete Handlungsfelder im Überblick

Teil II

Bitte nachmachen – Frauen, die ihre Doppelrolle erfolgreich meistern

Anne-Kathrin: Partnerschaftliche Verteilung der Betreuungs- und Erziehungsarbeit

Annalisa: Vorsicht vor der Teilzeit-Falle

Céline: Kurze Wege als Grundvoraussetzung

Christa: Homeoffice birgt auch Gefahren

Corinne: Finanzielle Last gut verteilt

Esther: Großer Karriereschritt im Mutterschaftsurlaub

Flora: Traumjob dank passendem Arbeitgeber

Gabriela: In mehreren Etappen zum richtigen Setting

Jacqueline: Pendeln zwischen Vollzeitjob und Vollzeit-Hausfrau

Julia: Gute Vereinbarkeit dank origineller Arbeitszeiten

Karin: Schwanger zum Führungsjob

Katharina: Lieber kollegialer Austausch als totaler Freiraum

Nadine: Flexibilität im Familienverbund

Petra: Flexibel dank gutem Netzwerk

Backcover

Nadja Schwarz

Kinder und Karriere, aber richtig!

Der Zytglogge Verlag wird vom Bundesamt für Kultur miteinem Strukturbeitrag für die Jahre 2016 – 2020 unterstützt.

© 2020 Zytglogge Verlag, BaselAlle Rechte vorbehaltenLektorat: Dr. Irène Fasel

Nadja Schwarz

Kinder und Karriere, aber richtig!

Ein Leitfaden für Frauen, die beides wollen, und für Unternehmen, die Kompetenzen sichern möchten

Für Maja, Hanna, Paula und Dora

Prolog

Nadja Schwarz geht in ihrem Buch einem Thema nach, das hoch aktuell ist und einen zentralen Punkt im Leben vieler berufstätiger Frauen darstellt. Als hoch qualifizierte Fachfrau und Mutter von vier Kindern spricht sie einerseits aus Erfahrung, ergänzt ihren persönlichen Standpunkt andererseits durch umfassende Recherchen und Interviews mit Direktbetroffenen. Ihr Buch ist ein Beitrag zur Richtigstellung eines negativ besetzten Dilemmas: Mutter zu sein und Karriere zu machen sollte nicht als unvereinbar angesehen werden, sondern als Ausdruck einer eigenen Identität. Das Buch zeigt Instrumente und Lösungen auf, um dies zu ermöglichen.

Es liefert auch konkrete Beispiele für diese Instrumente und Lösungen, um Organisationen zu befähigen, mutige Schritte in Richtung eines geschlechtergerechten Arbeitsplatzes zu unternehmen.

Jetzt, da Work Smart zur Norm wird, haben wir eine große Chance, das Paradigma zu ändern und sowohl Männern als auch Frauen zu ermöglichen, alle Aspekte ihres Lebens effektiver und ausgewogener zu gestalten.

Simona Scarpaleggia, CEO EDGE Strategy

Vorwort

Unsere vierte Tochter war gerade sieben Wochen alt. Ich hatte für einen Tag Stillkleid gegen Business-Outfit getauscht und stand vor der versammelten Geschäftsleitung eines potenziellen Arbeitgebers. Ich war im Rennen für eine Leitungsfunktion im Vollzeitpensum und hatte gerade fünfzehn Minuten lang präsentiert, was ich als Fachexpertin zu bieten habe und wie ich mir meine Führungsrolle im Unternehmen vorstelle. Nun folgte die Fragerunde. Ich war gewappnet für diverse Fragen: zu meinen Qualifikationen, zu mehr oder weniger vorhandenen Erfahrungen und zu meinen Branchen-Kenntnissen.

Doch die Runde, die mir an jenem Nachmittag gegenübersaß, war vor allem an einem Thema interessiert. «Wie machen Sie das mit den Kindern?» Dies kam in Varianten drei Mal zur Sprache. Und so fand ich mich auf einmal in einem Verteidigungsplädoyer wieder. Ich argumentierte, dass mein Mann eine wichtige Rolle bei der Erziehung und Betreuung der Kinder einnehme und dass wir als Familie sehr gut organisiert seien. Gleichzeitig überlegte ich mir, ob man einem männlichen Bewerber mit vier Kindern die gleichen Fragen gestellt hätte.

Zweifel oder Interesse?

Die Problematik «Wie geht das mit Kindern und Job?» ist mir nicht neu. Alle Frauen, die ich kenne, die im hohen Prozentbereich arbeiten und Kinder haben, sind in ihrem Alltag damit konfrontiert. Ich gehe davon aus, dass es vor allem mit dem Exotenstatus zu tun hat, den wir als berufstätige Mütter fernab vom Halbtagsjob in der Schweiz bis heute einnehmen. Die Frage nach dem Wie kann jedoch ganz unterschiedlich motiviert sein: Während künftige Vorgesetzte daran interessiert sind, dass eine Arbeitnehmerin ihre Leistung erbringen kann, steht bei jüngeren Kolleginnen mehr die Option im Zentrum «Wäre das auch etwas für mich?»

Vereinbarkeit von Karriere und Kindern

Um diese Frauen geht es in diesem Buch. Was brauchen sie, um beruflich auch als Mütter am Ball zu bleiben? Wie kann sich eine junge Familie organisieren, damit beide Elternteile ihre beruflichen Pläne weiterverfolgen können? Und was sind die entscheidenden Faktoren, dass sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zwar als dichtes und anspruchsvolles Programm anfühlt, aber gleichzeitig auch unglaublich viel Spaß macht? Diese Fragestellungen haben mich schon beschäftigt, lange bevor ich selbst Mutter wurde. Ich habe genügend Kolleginnen gesehen, die trotz überdurchschnittlicher Intelligenz, guter Ausbildung und viel Erfahrung nach dem Mutterschaftsurlaub in unattraktiven Teilzeitjobs landeten. Mir persönlich war irgendwie immer klar, dass ich dereinst auch mit Kindern weiter meinen Beruf ausüben möchte – mit einem hohen Pensum.

Später, als ich bereits Kinder hatte und mein Arbeitgeber erste Versuche zur Erhöhung des Frauenanteils im Management unternahm, kam zur persönlichen Frage «Wie können wir das als Familie optimal schaukeln?» auch die allgemeine: «Was müssen Unternehmen machen, damit sie ihren Frauenanteil im Management nachhaltig steigern können?» Wie können Unternehmen verhindern, dass sie Mitarbeiterinnen aufbauen, die nach der Geburt der Kinder nicht mehr oder nur in einem kleinen Pensum an ihren Arbeitsplatz zurückkehren? 2019 bekam das Thema Lohngleichheit in der Schweiz mit dem Frauenstreik zusätzlichen Schub, die Vereinbarkeit von Karriere und Kindern wurde zum Trendthema. Und in Gesprächen mit Frauen, die beruflich ebenfalls im hohen Prozentbereich arbeiten, kam ich immer wieder zum Schluss: Wir brauchen keine spezielle Förderung als Frauen. Wir brauchen nur die Möglichkeit, unseren Weg zu gehen. Wir brauchen ein Umfeld und Vorgesetzte, die uns erlauben, unseren Berufsalltag so zu organisieren, dass wir unserer Rolle als Mutter dennoch gerecht werden können.

Ja, die Doppelbelastung ist unglaublich intensiv. Gerade wenn die Kinder noch klein und die Nächte nicht immer erholsam sind und gleichzeitig an der Jobfront sehr viel von einem verlangt wird. Aber wer – wie ich – auch im Job mit viel Herz bei der Sache ist, kann jede Menge positive Energie aus der Arbeit ziehen. Sein Geld mit etwas verdienen zu können, das einem Spaß macht und in dem man gut ist, das wirkt total beflügelnd.

Warum es mehr Frauen braucht, die Karriere machen

Die Debatten um die Altersvorsorge der Frauen, um Geschlechterquoten und der Fachkräftemangel machen deutlich, dass wir es uns als Gesellschaft nicht leisten können, auf das Potenzial des weiblichen Anteils unserer Bevölkerung größtenteils zu verzichten.

Die Wissenschaft hat das längst erkannt. 2014 veröffentlichte die Juristin Regula Kägi-Diener im Auftrag der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen EKF ein Arbeitspapier mit dem Titel «Frauenquoten in den Führungsetagen der Wirtschaft». Kägi-Diener war an der Universität St. Gallen Titularprofessorin für öffentliches Recht und hat in ihrem Aufsatz sehr schön ausgearbeitet, warum es mehr Frauen in der Unternehmensführung braucht. Neben rechtlichen/ rechtspolitischen Beweisführungen und internationalen Verpflichtungen führt sie auch wirtschaftliche Gründe an: zum einen das Diversity-Argument, weiter die Tatsache, dass mehr Frauen in der Führung mehr Rentabilität bedeuten und schließlich den Vorteil, dass Teams mit einem gewissen Frauenanteil näher an den weiblichen Zielgruppen eines Unternehmens sind. Für mich persönlich zentral ist jedoch das volkswirtschaftliche Argument: Während überall von drohendem oder bereits realem Fachkräftemangel geredet wird, nehmen wir es als Gesellschaft noch immer billigend in Kauf, dass ein Teil der gut ausgebildeten Arbeitskräfte nach der Geburt ihrer Kinder aus dem Wirtschaftssystem verschwindet oder in Positionen arbeitet, für die sie überqualifiziert sind. «Talente, die mit Steuergeldern ausgebildet wurden, brach liegen zu lassen, rechtfertigt sich aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht, wenn es darum geht, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und den demografischen Wandel zu bewältigen», schreibt Regula Kägi-Diener in ihrer Studie.

Wenn zahlreiche Studien belegen, dass durchmischte Gruppen bessere Leistungen erzielen und wir es uns als Gesellschaft eigentlich nicht leisten können, einen Teil unseres Potenzials einfach aus dem System auszuschließen, drängt sich die Frage auf, was wir machen müssen, um Frauen mit Kindern das Weiterverfolgen ihrer beruflichen Laufbahn zu ermöglichen.

Nachhaltige Maßnahmen

Dieses Buch soll Managern und HR-Verantwortlichen Wege aufzeigen, wie sie in ihrem Unternehmen den Frauenanteil im Management nachhaltig steigern können. Acht Experten aus der Wirtschaft teilen in Interviews ihre Ansichten und langjährigen Erfahrungen als CEOs, Geschäftsleitungsmitglieder und HR-Leiter. Sie alle bekräftigen mit ihren Aussagen die These, dass es neben den organisatorischen und technischen Voraussetzungen vor allem die Motivation der Frauen braucht, auch mit Kindern im hohen Prozentbereich zu arbeiten und einen anspruchsvollen beruflichen Weg zu beschreiten.

Dieses Buch soll deshalb auch junge Frauen motivieren, ihre beruflichen Ziele nicht einfach hinten anzustellen, wenn sie Mütter werden. Mit Porträts über Frauen, die keine Super-Managerinnen aus dem Silicon Valley sind und keinen Stab an persönlichen Mitarbeitern zu Hause haben, soll dieses Buch aufzeigen, dass die Doppelrolle Mutter/Fachexpertin oder Mutter/Führungsperson auch für normale Frauen machbar ist.

Natürlich muss am Ende jede Frau für sich selbst entscheiden, wie stark sie sich als Mutter im Beruf engagieren will. Doch mein Anspruch ist es, dass sich die Frauen zumindest die Frage stellen, ob es außer dem klassischen Modell mit Vater im Vollzeitjob und Mutter mit Mini-Pensum auch noch andere Optionen gäbe. Mein Ziel ist es, dass wir berufstätigen Mütter mit hohem Arbeitspensum irgendwann unsere Exotenrolle ablegen können und unsere Wirtschaft einen vertretbaren Frauenanteil im Management vorweisen kann.

Einleitung

In Zukunft müssen in der Schweiz börsenkotierte Firmen in der Geschäftsleitung einen Frauenanteil von 20 Prozent aufweisen. Unternehmen, die diese Quote nicht erreichen, sind verpflichtet, sich im Vergütungsbericht zu erklären und entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Nicht erst seit National- und Ständerat 2018 respektive 2019 den entsprechenden Antrag des Bundesrats für eine sogenannt «weiche Frauenquote» angenommen haben, wird überall der Ruf nach mehr Frauen in den obersten Führungsetagen laut. In größeren Unternehmen wurden schon in den 1990er-Jahren im Rahmen umfassender Diversity-Initiativen Maßnahmen zur Förderung der weiblichen Mitarbeitenden ins Leben gerufen.

Mutterschaft als Karrierenachteil

Während ursprünglich vor allem die Geschlechterunterschiede ins Feld geführt wurden, um die schlechteren Chancen der Frauen im Karussell der beruflichen Karrieren zu erklären, steht heute fest: Es geht nicht wirklich ums Geschlecht. «Einer der Hauptgründe, warum Arbeitgeber weibliche Mitarbeiter nicht berücksichtigen, wenn es um die Besetzung neuer Posten, die Erweiterung des Aufgabenbereichs oder eine Beförderung geht, ist nicht die Tatsache, dass sie Frauen sind», schreibt Simona Scarpaleggia in ihrem Buch Die andere Hälfte. Frauen fördern für eine starke Wirtschaft. Simona Scarpaleggia war neun Jahre lang CEO von IKEA Schweiz, dann globale Chefin für die digitale Transformation der Arbeit im schwedischen Möbelkonzern und seit September 2020 globale CEO von EDGE Strategy. Sie sagt: Der Grund für die Karrierenachteile der Frauen liegt in ihrem Muttersein.

Die deutsche Betriebswirtin Olga Kemer geht in ihrer Publikation Frauenförderung in Unternehmen noch einen Schritt weiter: «Mutterschaft, sei sie nun gegeben oder nur potenziell, scheint sich als Handicap auszuwirken.» Allein die Möglichkeit, dass eine Frau in den nächsten Jahren Mutter werden könnte, dämpft ihre Karrierechancen. Der Grund dafür, dass auch 2020 die Frauen in den Führungsgremien noch immer untervertreten sind, ist also nicht ihre Weiblichkeit an sich. Es liegt an der Mutterschaft, respektive der Möglichkeit einer späteren Mutterschaft.

Es gibt erwiesenermaßen Fälle, in denen Frauen aufgrund der Tatsache, dass sie Mutter wurden, von ihrem Arbeitgeber benachteiligt wurden. Ein prominentes Beispiel ist hier sicher die Ärztin Natalie Urwyler, die sich vor Gericht erfolgreich gegen die diskriminierende Kündigung durch das Berner Inselspital wehrte. In der breiten Masse sind es jedoch nicht zwingend Vorgesetzte und Arbeitgeber, die den Frauen die Karrierechancen als Mütter verwehren. Es sind auch die Frauen selbst, die sich durch die Wahl ihres Arbeitspensums nach dem Mutterschaftsurlaub ein Stück weit aus dem Rennen nehmen: Auch wenn eine stattliche Anzahl Frauen in der Schweiz gut ausgebildet und voller Potenzial ist, so landet am Ende doch ein großer Teil davon in einem Teilzeitjob mit wenig Verantwortung.

In solchen Positionen ist es um ein Vielfaches schwieriger, die nötigen Erfahrungen für einen Managementjob zu sammeln. «Wenn Frauen, während sie kleine Kinder zu Hause haben, mehrere Jahre in niedrigem Pensum arbeiten, entsteht eine sehr große Teilzeit-Lücke», sagt Daniel Zimmermann, Leiter HR Management und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung bei der CSS Versicherung. Er ist einer der Experten aus der Wirtschaft, die im Rahmen dieses Buchprojekts interviewt wurden.

Ein kleiner Teich

Die wenigen Managerinnen, die es in der Schweizer Wirtschaft nach ganz oben geschafft haben, sind auf dem Markt begehrt. Auch auf der zweiten und dritten Führungsstufe werden die qualifizierten Frauen von Headhuntern umgarnt. Unternehmen, die eine nachhaltige Personalpolitik betreiben und sich ihre Führungskräfte intern aufbauen wollen, brauchen weiter unten genügend Frauen mit dem Potenzial für den Sprung ins Topmanagement. Da reicht es nicht aus, nur auf diejenigen Frauen zu setzen, die kinderlos sind. «Denn das führt dazu, dass der Pool, in dem wir auf der Suche nach Bewerbern fischen können, auf der Frauenseite wahnsinnig klein ist», sagt HR-Expertin Nadine Gembler im Interview.

Anders als im angelsächsischen Raum, in Teilen Asiens oder in Frankreich dominiert in der Schweiz ein Familienmodell, das nicht vorsieht, dass die Kinder die ganze Woche in der Kita betreut werden. Paare, die als Eltern beide Vollzeit arbeiten – ohne dass es finanziell zwingend nötig wäre – sind in der Minderheit. Unser Gesellschaftssystem und die Rollenbilder in unseren Köpfen sind auch 2020 noch darauf gepolt, dass der Mann als Haupternährer und die Mutter als Hauptverantwortliche für Haus und Nachwuchs funktionieren. «In der Deutschschweiz gehört es einfach nicht zum guten Ton, dass die Kinder fünf Tage pro Woche in der Fremdbetreuung sind», sagt die ehemalige CEO Adecco Schweiz Nicole Burth im Interview. Wenn wir den beruflichen Weg nach ganz oben nicht nur für kinderlose Frauen oder in Ausnahmefällen ermöglichen wollen, benötigt es Instrumente, die es Frauen im Alter zwischen dreißig und fünfundvierzig Jahren erlauben, im hohen Prozentbereich zu arbeiten und so karrieretechnisch am Ball zu bleiben. Auch dann, wenn sich außerhalb des Büros gerade alles um die Familie dreht.

Spagat zwischen zwei Welten

Wie soll das gehen? «Ich kann doch nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.» Doch. Zumindest zu einem gewissen Grad ermöglichen uns Digitalisierung und neue Arbeitsformen, im Beruf voll präsent zu sein und trotzdem am Alltag der eigenen Kinder teilhaben zu können.

Dieses Buch zeigt in einer umfassenden Auslegeordnung, wo wir im Jahr 2020 beim Thema «Frauen in der Wirtschaft» stehen. Es beschäftigt sich mit der Frage, was arbeiten für uns bedeutet und was eine Karriere definiert. Dann beleuchtet es die Bedeutung, die durch die Verschiebung von der Präsenzkultur zu einem Arbeitsumfeld, bei dem die Erreichbarkeit im Vordergrund steht, für weibliche Karrieren entsteht. Es analysiert die Pull- und Push-Faktoren, die dazu führen, dass Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen nach der Geburt der Kinder verlieren, und zeigt auf, welche typischen Fallen auf dem Karrierepfad auf Mütter lauern.

Weiter geht es mit konkreten Maßnahmen, wie Unternehmen ihren Frauenanteil nachhaltig steigern können, und mit Handlungsfeldern, in denen sich die Frauen selbst optimale Bedingungen für ihre berufliche Laufbahn schaffen können.

Im zweiten Teil kommen Frauen zu Wort, die ihren beruflichen Weg auch mit Kindern weiterverfolgt haben. Die als Fachexpertinnen oder Führungspersonen Karriere machen und so als Vorbild für junge Frauen dienen.

Teil I

Auslegeordnung – Wo stehen wir 2020?

Die Bestrebungen, die Chancen für Schweizer Frauen auf der Karriereleiter zu verbessern, sind nicht neu. 1994 verlangten 27‘000 Unterzeichnende vom Bundesrat die Einführung eines bezahlten Mutterschaftsurlaubs für erwerbstätige Frauen. Bis der heute bestehende, 14-wöchige Mutterschaftsurlaub vom Stimmvolk angenommen wurde, dauerte es jedoch noch zehn Jahre.

Ein Jahr nach der ersten offiziellen Forderung einer Erwerbsausfallversicherung für Mütter wurde am 22. März 1995 die «Quoten-Initiative» eingereicht. Die Initianten forderten in ihrem Papier eine angemessene Vertretung der Frauen «unter Berücksichtigung der jeweiligen Eigenheiten jeder Behörde» in allen Bundesbehörden.

Frauenförderung und Diversity-Programme

Ein Ausdruck des Zeitgeists der 1990er-Jahre. Auch in größeren – meist internationalen – Unternehmen wurden damals erste Diversity-Programme auf die Beine gestellt. Neben der Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft und sexueller Orientierung sowie von Menschen mit Behinderungen ging es damals schon um die Förderung weiblicher Arbeitskräfte. «Aus meiner Sicht war es für die Frauen-Thematik hilfreich, dass sie durch den ganzheitlichen Diversity-Ansatz aus der Emanzipations-Ecke heraus kam», sagt Michael Auer, langjähriger Bankmanager und heute Präsident des Hochschulrats der Fachhochschule Ostschweiz im Interview.

Als HR-Chef und Mitglied der Geschäftsleitung der Raiffeisen Schweiz schuf Michael Auer vor zwanzig Jahren eine Diversity-Fachstelle. Die Bank setzte auf ein umfangreiches Mentoringprogramm, veränderte die Anstellungsbedingungen zugunsten von Teilzeitarbeit in qualifizierten Berufsbildern und Führungsfunktionen, integrierte für mehr Managementdruck entsprechende Ziele in die Reporting-Instrumente und eröffnete eigene Kinderkrippen. Trotzdem zieht Michael Auer heute teilweise eine ernüchternde Bilanz: «Die Maßnahmen hatten nicht in der Zeit zum Erfolg geführt, wie wir uns das ursprünglich erhofft hatten.» Zwar hätten es in seinem ehemaligen Unternehmen ein paar Frauen nach oben geschafft, «aber das hat nicht allein mit dem Diversity-Programm zu tun.»

Warum das? «Einer der Hauptgründe, warum diese Maßnahmen in unzähligen Firmen nicht den gewünschten Effekt haben: Das Management wehrt sich unbewusst dagegen. Im tiefen Innern sind wir nicht am gleichen Punkt wie auf intellektueller Ebene», ist der Manager überzeugt.

Schmale Spitze

Wo stehen wir also heute? Sechsundzwanzig Jahre nach dem ersten politischen Vorstoß für einen bezahlten Mutterschaftsurlaub für Arbeitnehmerinnen in der Schweiz? Auch 2019 hatten gemäß Schillingreport gerade einmal vier der hundert größten Arbeitgeber hierzulande eine Frau an der operativen Spitze. Das ist nur ein Bruchteil des Frauenanteils bei der Gesamtbelegschaft (38 %). Wie erwartet nimmt der Anteil der weiblichen Mitarbeitenden mit jeder Hierarchiestufe etwas mehr ab: Während im mittleren Management knapp jede vierte Person weiblich ist, sind es im Topmanagement noch 16 Prozent Frauen und auf Geschäftsleitungsebene schließlich 10 Prozent.

Wenn wir den Frauenanteil auf der obersten Stufe ohne harte Quotenregelung steigern wollen, braucht es fähigen und willigen Nachwuchs. Und selbst wenn wir auf eine Quotenlösung setzen, braucht es die Mitarbeiterinnen, die nicht nur aufgrund ihrer Kompetenzen und Erfahrungen das nötige Rüstzeug mitbringen, ganz oben mitzuspielen. Sie müssen es auch wollen.

Familienplanung als Tabu-Thema

Gerade diesen wichtigen Faktor ignorieren herkömmliche Programme zur Frauenförderung jedoch häufig. Während viel Energie darauf verwendet wird, die Frauen in der Unternehmung zu finden, die von der Ausbildung, von der Erfahrung und von den persönlichen Eigenschaften her das Potenzial mitbringen, oben mitzuspielen, wird eine Thematik meist ausgeklammert: Ist die Frau bereit, auch mit Kindern ein hohes Arbeitspensum zu leisten? Die Ursache dafür liegt sicher auch in der Tatsache, dass Vorgesetzte ihre Mitarbeiter nicht fragen dürfen, ob sie Eltern werden möchten. Da Fragen zum Kinderwunsch arbeitsrechtlich in die Privatsphäre gehören, zählen sie im Bewerbungsgespräch zu den unerlaubten Fragen, die gegebenenfalls sogar mit einer Lüge beantwortet werden dürfen.

Was als Schutz der Arbeitnehmerinnen angedacht ist, damit sich aus ihrem Kinderwunsch keine Nachteile ergeben, kehrt sich in der Realität aber eher ins Gegenteil um: Wer mit seinem Vorgesetzten nicht offen über eine mögliche Familienplanung sprechen kann, hat auch nicht die Möglichkeit, verschiedene Szenarien einer Berufstätigkeit als Mutter frühzeitig durchzudiskutieren.

Die Folge: Der Themenbereich Kinder und Familienplanung wird «großräumig umfahren», wenn es um die Karriereplanung einer Mitarbeiterin geht. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Angestellte eröffnet, dass sie schwanger ist. Und dann? Früher war klar: Meist schon mit der Heirat, spätestens mit der Geburt des ersten Kindes schieden die Frauen aus der beruflichen Laufbahn aus. Arbeit fand Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr statt, Teilzeitpensen kannte man kaum. Daher leuchtet es ein, dass erste Programme zur Frauenförderung vor allem auf die Ermöglichung der Teilzeitarbeit setzten.

Viele Frauen arbeiten – die meisten Teilzeit

Diese Maßnahmen haben nachweislich gefruchtet: Immer mehr Frauen bleiben nach der Geburt der Kinder berufstätig, meldete das Bundesamt für Statistik im Frühling 2019. Wir haben in der Schweiz heute im internationalen Vergleich einen der höchsten Anteile weiblicher Erwerbstätigkeit. Die sogenannte Frauenerwerbsquote ist mit 79,9 Prozent (2018) sehr hoch. Doch die Erwerbsbeteiligung der Frauen ist von Teilzeitarbeit geprägt: Knapp ein Viertel (2018: 24,4 %) arbeitet in einem Teilzeitpensum von unter 50 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Männern liegt dieser Wert bei 6,6 Prozent. Besonders groß ist der Anteil teilzeitarbeitender Frauen bei jenen, die Kinder haben: 2015 arbeiteten 80,6 Prozent der erwerbstätigen Mütter Teilzeit. Entsprechend hat nur jede fünfte Mutter einen bezahlten Vollzeitjob. Das durchschnittliche Pensum von Müttern mit Kindern unter neun Jahren liegt knapp über 50 Prozent. Wenn der Nachwuchs das 15. Lebensjahr erreicht hat, steigt das Arbeitspensum auf 59 Prozent an.

Das erklärt, warum sich der Frauenanteil von der Gesamtbelegschaft bis hoch zur Geschäftsleitung sukzessive ausdünnt. Teilzeitpensen unter 80 Prozent sind Karrierekiller – das lässt sich nicht schönreden. Unternehmen, die ihren Frauenanteil im mittleren und oberen Management steigern wollen, sollten sich also dafür engagieren, dass die Frauen im hohen Prozentbereich arbeiten. Eine Thematik, die bei den männlichen Mitarbeitern so gut wie keine Rolle spielt. Doch im Gegensatz zu den Männern sind die beruflichen Biografien der Frauen eng mit ihrer familiären Situation verknüpft.

«Teilzeit-Lücke ist ein Problem, wenn es um höhere Management-Positionen geht»Daniel Zimmermann,Leiter HR CSS Versicherung   

Daniel Zimmermann ist Leiter Konzernbereich HR Management bei der CSS Versicherung und in dieser Funktion seit 2016 Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung. Eine Steigerung des Frauenanteils im Kader ist seiner Meinung nach nur möglich, wenn die Anstellungsbedingungen modernisiert werden.

Wie wichtig ist es Ihnen, einen vernünftigen Frauenanteil im Management zu haben?

Daniel Zimmermann: Das ist uns ein großes Anliegen. Und zwar nicht einfach, weil das Thema gerade modern ist. Wir sind als Unternehmen und ich auch ganz persönlich davon überzeugt, dass Vielfalt einen sehr wertvollen Erfolgsfaktor darstellt. Entsprechend ist Diversity in unserer Strategie einer der Erfolgsparameter. Wir verstehen darunter nicht nur die Geschlechterthematik, sondern auch Generationenmanagement und Vielfalt beim Thema Gesundheit.

Wie sieht es bei Ihnen im Unternehmen derzeit mit dem Frauenanteil aus?

Im gesamten Konzern ist der Anteil relativ hoch, er liegt bei 60 Prozent. Im Kader ist der Anteil 31 Prozent, das liegt unter dem Branchenschnitt in der Assekuranz von 34 Prozent, und diesen Prozentsatz wollen wir mit unterstützenden Rahmenbedingungen proaktiv entwickeln. Wir verfügen über großes Potenzial aufgrund der Geschlechterverteilung an der Basis und haben nun gezielt Initiativen lanciert, um den Frauenanteil im Kader zu steigern.

Was machen Sie konkret?

Wir sind uns bewusst, dass das ein langfristiger Prozess ist. Unser Ziel ist es, den Anteil von Jahr zu Jahr leicht zu erhöhen. Zu diesem Zweck wollen wir Rahmenbedingungen schaffen, die es den Frauen ermöglichen, im Beruf voranzukommen. Eine der Maßnahmen war die Modernisierung unserer Anstellungsbedingungen beziehungsweise Arbeitsmodelle wie Jobsharing, Homeoffice oder flexible Arbeitszeiten. Zudem ermöglichen wir mehr Flexibilität beim Mutterschaftsurlaub: Unsere Mitarbeiterinnen können frei wählen, ob sie nach der Geburt einen 16-wöchigen Mutterschaftsurlaub bei vollem Lohn beziehen möchten oder ob sie lieber zwanzig Wochen zu Hause bleiben und dafür in dieser Zeit nur 80 Prozent ihres Lohnes bekommen.

Diese Änderung betrifft Mitarbeiterinnen aller Stufen. Gibt es auch Maßnahmen, die explizit auf die Kaderleute abzielen?

Ja. Wir haben die Bedingungen für einen Kadervertrag angepasst. Mitarbeitende können ihre Kaderposition nun auch behalten, wenn sie Teilzeit arbeiten. Es müssen einfach mindestens 60 Prozent sein.

Wie ist es mit Führungspositionen?

Hier haben wir bewusst neue Möglichkeiten geschaffen. Heute haben wir bereits erfolgreiche Beispiele für Co-Leitungen im Unternehmen.

Wie kann das aussehen?