Kirche und Kultur wohnen nun einmal bei einander im Erdenhaus -  - E-Book

Kirche und Kultur wohnen nun einmal bei einander im Erdenhaus E-Book

4,8

Beschreibung

Nachdem Band 1 das Leben von Fritz Philippi vorstellt, das von den ungeheuren Umbrüchen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts geprägt ist, lesen Sie im Supplementband Texte im Original: Kurzfassungen der langen Romane, aber auch Zeitschriftenbeiträge und Erzählungen in Originallänge. Der Band ist für die gedacht, die sich anhand der Quellen eine eigene Meinung bilden möchten über die Suche nach Lösungen für die frühe Moderne und ihren offenen Fragen. Das umfangreiche literarische Werk Philippis ist mit zwei Ausnahmen nicht mehr zugänglich, darum lohnt der Blick in diese Chronik, die mit einer Bibliographie beginnt und über sie hinaus zahlreiche Zeitschriftenbeiträge enthält, die das Denken eines theologisch und politisch wachen Zeitgenossen dokumentiert. Die Arbeiten wurden eigens erfasst, sodass die Lesenden sich nicht mit faksimilierten Fraktur-Texten plagen müssen. Einen Schwerpunkt bildet die Zeit des Ersten Weltkriegs, in der die nationalistische Begeisterung eine christliche Betrachtung weitgehend überdeckt. Die völkischen Lösungen, denen Philippi nahesteht, können im Hinblick auf eine Auseinandersetzung mit einem christlichen Fundamentalismus gelesen und studiert werden.

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Kirche und Kultur wohnen nun einmal

im gleichen Haus.

Fritz Philippi,

eine intellektuelle Existenz

im Spiegel literarischer Arbeiten

Ralf-Andreas Gmelin (*1958) hat in Tübingen, Frankfurt am Main, Marburg und Mainz Theologie und zeitweise Sozialwissenschaften und Germanistik studiert und ist seit 2001 Pfarrer an Philippis Wiesbadener Ringkirche. Er war - ähnlich wie Philippi - eine Zeitlang journalistisch tätig allerdings hauptamtlich und im Frieden für die Evangelische Kirchenzeitung, Frankfurt.

Supplementband, Einleitung

Fritz Philippi ist auch im übertragenen Sinne ein toter Dichter: Natürlich ist er 1933 gestorben, aber darüber hinaus kann man die allermeisten seiner Werke bestenfalls – wenn überhaupt – antiquarisch erwerben als alte, in Fraktur gesetzte Schmöker mit vielen Jahrzehnten auf den vergilbten Seiten. Noch schwieriger ist es, sich seinen zahlreichen Zeitschriftenbeiträgen anzunähern, da nur spezielle Bibliotheken im Besitz z.B. der „Christlichen Welt“ und anderer Zeitschriften dieser Zeit sind. Das ist der Grund für diesen Supplementband.

Er macht möglich, Philippis Zeitschriftenaufsätze zu lesen und andererseits einen Eindruck von seinem literarischen Hauptwerk zu gewinnen. Den Gedanken, sein Werk – zum Beispiel die Kriegsberichterstattung vollständig wiederzugeben, musste wegen der schieren Menge aufgegeben werden. Der Herausgeber hat sich bemüht, eine typische und zeitbezogene Wahl zu treffen.

In der serifen Garamond gesetzte Beiträge ohne Namensnennung stammen von Fritz Philippi. Beiträge von Dritten werden namentlich gekennzeichnet. Die Rechtschreibung folgt weitgehend den Schriftquellen. Texte in sansserifer Calibri stammen vom Herausgeber oder sind längere Textzitate die vom Fließtext abgesetzt wurden (dabei können auch Zitate von Philippi sein). Die inhaltlich erschlossenen Werke werden vorgestellt. Die Seitenangaben finden sich i.d.R. im Text nach der angegebenen Ausgabe. Die chronologische Reihenfolge gilt jeweils nur dem Erscheinungsjahr; innerhalb eines Jahres werden die Werke alphabetisch aufgeführt.

Der Textband dient der Überprüfung der Entscheidungen, die der Verfasser des Lebensbildes von Fritz Philippi im ersten Band getroffen hat, kann aber auch unabhängig als Quelle für das Denken in einer uns fernen Zeit gelesen werden.

In hellgrauen Rahmen finden sich zwischen den literarischen oder journalistischen Beispielen Auszüge aus dem Protokollbuch des Kirchenvorstands der Ev. Ringkirchengemeinde. Manche Autoren aus der Generation von Fritz Philippi waren hauptberuflich Schriftsteller. – Diese Einträge machen deutlich, mit welchen Fragen Philippi sich über die pastoralen Routinedienste und seinem schriftstellerischen Engagement hinaus in seinem amtlichen Bereich auseinandersetzen musste. Sie sind den beiden Bänden Sitzungsberichte des Kirchenvorstandes der Ringkirchengemeinde zu Wiesbaden, Band I.: 1. April 1892 bis 3. November 1919, Band 2: November 1919 bis 12.1.1954 entnommen. (Msms. im Archiv der Ev. Ringkirchengemeinde). Einige Rezensionen und Hinweise über Philippi werden in der Sitka small gesetzt und zeigen, wie Philippi und seine Werke in seinem zeitlichen Umfeld aufgenommen wurden.

Wiesbaden, im Juni 2017Ralf-Andreas Gmelin

Kirche und Kultur wohnen nun einmal bei einander im Erdenhaus

Inhalt:

B. Fritz Philippi, Bibliographie der meist selbständigen Veröffentlichungen

1

Alphabetisches Werkverzeichnis

Chronologisches Werkverzeichnis

Neuauflagen

Verstreute Werke

Chronologie von Leben und Werk

C. Chronologisches Lesebuch von Beiträgen und Zusammenfassungen von Veröffentlichungen

Jahrhundertwende

Der Wandel: Deutschland im Krieg. Fritz Philippi als begeisterter Kriegssänger

Die Zeit nach dem ersten Weltkrieg Die Krise in Volk und Kirche

D. Zeitgenössische Würdigungen der Person F. Ph.s

Die Frucht der Arbeit

Das Ende, Rückblick

E. Index

Stichwortverzeichnis

Anlage des Supplementbandes

1 Literarische Texte wurden bevorzugt vor journalistischen aufgenommen.

B. Fritz Philippi, Bibliographie der meist selbständigen Veröffentlichungen

I. Alphabetisches Werkverzeich- nis der meist selbständig erschienenen Werke

Adam Notmann 08.

Veröffentlicht: 1906

Umfang: 343 Seiten

Ein Leben in der Zelle. Roman

Grote’sche Sammlung von Werken zeitgenössischer Schriftsteller, Bd. 88, Gustav Grote, Berlin, 1906

Adams Wiederkunft 16.

Veröffentlicht: 1911

Umfang: 93 Seiten

Ein neues Mysterium in 5 Bildern

Otto Rippel, Hagen in Westfalen, 1911, 1913.

Altmutter, Art. 34.

Veröffentlicht: 1916

Umfang: 43 Seiten

Bauerndrama aus der Zeit des großen Krieges in 4 Aufzügen. In: Christliche Welt, Jahrg. 30, Nr. 32.

Christliche Welt, Marburg an der Lahn, 1916.

An der Front 35.

Veröffentlicht: 1916

Umfang: 86 Seiten

Feldpredigten.

H. Staadt, Wiesbaden, 1916.

(In der Nass. Landesbibliothek falscher Titel: AB der Front)

Auf der hohen Heide 42.

Veröffentlicht: 1921

Umfang: 299 Seiten

Bauerngeschichten aus dem Westerwald

Buchschmuck von Karl Weckerling

Bibliographisches Institut, Leipzig, 1921.

Auf der Insel 14.

Veröffentlicht: 1910

Umfang: 176 Seiten

Zuchthausgeschichten.

Buchverlag der „Hilfe“, Berlin-Schöneberg, 1910.

3. und 4. Tsd. 1911 (179 Seiten)

Aus dem Westerwald 52.

Veröffentlicht: 1927

Umfang: 444 Seiten

Gesammelte Erzählungen. Volksverband der Bücherfreunde, Wegweiser-Verlag, Berlin, 1927.

Aus der anderen Wirklichkeit 51.

Veröffentlicht: 1926

Umfang: 206 Seiten

Predigten. Evangelischer Verlag, Heidelberg, 1926.

Aus der Stille 02.

Veröffentlicht: 1901

Umfang: 176 Seiten

Lieder. Verlag von Eugen Salzer, Heilbronn, 1901.

Aus meinem Guckkasten 36.

Veröffentlicht: 1916

Umfang: 104 Seiten

Erzählungen. Otto Rippel, Hagen in Westfalen, 1916

Belial 48.

Veröffentlicht: 1924

Umfang: 75 S.

Ein unwahrscheinlich Mensch- und Teufelsspiel. Vorspiel und vier Bilder. Bücherstube am Museum, Wiesbaden, 1924.

Das geistliche Gespenst

Veröffentlicht: 2008

Umfang. 188 S.

Geschichten aus dem Westerwald /

Hrsg. und mit einen Nachwort versehen von Johann Peter

ISBN: 978-3-939816-07-2

Nomen Verlag, Frankfurt am Main, 2008.

Der Armensarg 27.

Veröffentlicht: 1914

Erzählung

In: Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben - 19(1914), S. 360-364

Der Enkelsohn vom alten Fuchs. 03.

Veröffentlicht: 1902

Erzählung

In: Das literarische Echo: Halbmonatsschrift für Literaturfreunde - 5 1902/03,Sp.827-830

Der freie Protestantismus und das Wirtschaftsleben 28.

Veröffentlicht: 1914

Der freie Protestantismus und die Kultur: 1 / Karl Lieber Der freie Protestantismus und das Wirtschaftsleben:

2/ Philippi u.a.

Verfasser: Philippi, Fritz, Lieber, Karl

Wiesbadener kirchenpolitische Vorträge

(Karl Lieber war Pfarrerkollege an Philippis Ringkirche.)

Volksbildungsverein H. Staadt, Wiesbaden, 1914.

Der goldene Vogel u. a. 17.

Veröffentlicht: 1911

Drei Erzählungen von Fritz Philippi: Der goldene Vogel; Die politische Pfarrwahl; Gickel und Gimbert.

Volksbildungsverein H. Staadt, Wisesbaden, 1911.

41.-55.Tsd. mit Vorrede von Karl Pagenstecher, Volksbildungsverein H. Staadt, Wiesbaden 1911, 47 Seiten.

Der Hexenmüller 55.

Veröffentlicht, posthum: 1934

Erzählung, „Ein Märchen aus dem Wispertal“. (Geschrieben vermutlich Ende 1932, letzte literarische Arbeit.)

In: Alt-Nassau, Blätter für Geschichte, Kultur, Volkskunde und Schrifttum der Heimat. Beilage des Wiesbadener Tageblatts Nr.5/ 16. Mai 1934.

Der Paragraphenteufel 53.

Veröffentlicht; 1927

(1927) Komödie (aufgeführt am Wiesbadener Staatstheater).

Angeführt bei Weckerling, Fritz Philippi, 319.

Der Wahrheitsnarr, Art. 05.

Veröffentlicht: 1904

(1904) Erstes Drama des Verfassers. (Pfarrerdrama in der „Christlichen Welt“). Zitiert im Wiesbadener Tagblatt 19.2.1963 zum 30. Todestag von Fritz Philippi s.u. angeführt bei Weckerling, Fritz Philippi, 319.

Die heimliche Stimme 32.

Veröffentlicht: 1915

Umfang: 125 Seiten

Lyrik. Otto Rippel, Hagen in Westfalen, 1915,

Spätere Ausgabe: J.J. Weber von F.Ph. angekündigt ca.1925?

Disziplin in Gewissenssachen? 20.

Veröffentlicht: 1912

Umfang: 14 Seiten

H. Staadt, Wiesbaden, 1912.

Einfache Geschichten von Fritz Philippi 01.

Veröffentlicht: 1899

Umfang: 104 Seiten

Selbstverlag, Dillenburg, 1899

Es ist vollbracht 24.

Veröffentlicht: 1913

Umfang: 16 Seiten

Volksbildungsverein H. Staadt, Wiesbaden, 1913.

Erdrecht 43.

Veröffentlicht: 1922

Umfang: 258 Seiten

Roman eines Weltwinkels. Ursprünglicher Titel: Weiße Erde, 1913

(22.). Bibliographisches Institut, Leipzig, 1922.

Gibt es eine richterliche Instanz in Glaubensdingen? 18.

Veröffentlicht: 1911

Umfang: 15 Seiten

Eine Kanzelrede zum Fall Jatho. H. Staadt, Wiesbaden, 1911.(Carl Jatho wurde als Pfarrer nach einem Lehrbeanstandungsverfahren 1911 vom altpreußischen Evangelischen Oberkirchenrat relegiert und aus dem Dienst entlassen.)

Haß.

Veröffentlicht: 1915

In: Blätter für evangelische Freiheit und kirchlichen Fortschritt Evangelisches Gemeindeblatt, Neue Folge Nr. 17

2. Mai 1915, S. 122ff.

Hasselbach und Wildendorn 04.

Veröffentlicht: 1902, 1913

Format: 196 Seiten

Erzählungen aus dem Westerwälder Volksleben von Fritz Philippi

Bauerngeschichten. Eugen Salzer, Heilbronn, 1902.

2., vermehrte Auflage, Eugen Salzer, Heilbronn 1913

Hemmungen 39.

Veröffentlicht: 1917

Erzählung

In: Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben - 22, 1917 S. 442-446

Im Netz 21.

Veröffentlicht: 1912

Umfang: 175 Seiten

Schicksalsnovellen. Otto Rippel, Hagen in Westfalen, 1912.

In Oppenheim zur letzten Rast 54.

Veröffentlicht: o.J., 1932

Umfang: 16 Seiten

Volkstümliches Lutherspiel. Carl Ritter, G.m.b.H., Wiesbaden, o.J. ca. 1932 („zum Besten des neuen Gemeindehauses“,Bau 1928-1931)

Jeremia (Der neue Tag) 07.

Veröffentlicht: 1905, 1919

Umfang: 48 Seiten

Dramatische Dichtung in fünf Aufzügen.

Eugen Salzer, Heilbronn, 1905.

Rud. Bechtold & Co, Wiesbaden, 1919 (zweite, umgearbeitete Ausgabe)

Zwei 3. Auflagen:

Buchdruckerei Albert Kempf, Wiesbaden, o.J.

Verlag der Bücherstube am Museum, Wiesbaden,

o.J. Neuauflage: Kessinger Pub Co, 15. Oktober 2009

Judas Ischariot, Art. 22.

Veröffentlicht: 1912

Format: 16 Seiten

Drama. In: Christliches Kunstblatt. Otto Rippel, Hagen in Westf.,

1912. (Jahresangabe in der Deutschen Bibliothek: 1913)

Kriegspredigten 29.

Veröffentlicht 1914

Teil: H. 1, Für Bordlesegottesdienste

Teil: H. 2

Teil: H. 3, Festandachten

Druck: Hermann Krause, Kiel, 1914

Meineid. 06.

Veröffentlicht: 1904

Eine Erzählung aus dem Westerwälder Volksleben

In: Der Türmer

Monatsschrift für Gemüt und Geist - 7,II (1904/05), S.603-609

Menschenlied 09.

Veröffentlicht: 1906

Format: 108 Seiten

Lyrik. Eugen Salzer, Heilbronn, Angabe bei Weckerling: 1906.

Mose 49.

Veröffentlicht: 1924

Format: 55 Seiten

Ein sagenhaftes Spiel in vier Handlungen.

Verlag der Büchstube am Museum, Wiesbaden, 1924.

Niemandsland 46.

Veröffentlicht: 1923

Umfang: 239 Seiten

Zeitroman. Union, Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig, 1923 (1. Aufl.)

Paulus und das Judentum nach den Briefen und der Apostelgeschichte – nachgelassener Versuch 37.

Veröffentlicht: 1916

Umfang: 68 Seiten

J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig, 1916.

Pfarrer Hellmund 25.

Veröffentlicht: 1913

Umfang: 95 Seiten

Bürgerliches Schauspiel in 5 Akten (in Köln uraufgeführt)

Otto Rippel, Hagen in Westfalen, 1913 (1.+2. Auflage)

Pfarrer Hirsekorns Zuchthausbrüder 50.

Veröffentlicht: 1924

Umfang: 163 S.

Eine menschliche Geschichte. Verlag J.J. Weber, Leipzig, 1924.

Aufnahme in die „Weberschiffchen-Bücherei“ 1937

Neuausgabe:

Thielmann,Dillenburg,2015

Umfang: 169 S. :

Hrsg. von der Roderich Feldes Gesellschaft. Vorw. von Albrecht Thielmann. Nachw. von Johann Peter.ISBN:978-3-9813197-5-0

Strafvollzug- und Verbrecher 23.

Veröffentlicht: 1912

Umfang: 84 Seiten

Lebensfragen. Herausgegeben von H. Weinel, Nr. 25.

J.C.B. Mohr (Pauls Siebeck), Tübingen, 1912.

Stummfritz. 13.

Veröffentlicht. 1908

Eine Zuchthausnovelle

In: Die Hilfe: Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und geistige Bewegung - 14 (1908), S.408-410; 425-426; 441-442

Unser Ehrenmitglied. 15.

Veröffentlicht: 1910

Aus den Papieren eines Zuchthäuslers

In: Die Hilfe: Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und geistige Bewegung - 16 (1910), S.419-420; 435-436; 451-453; 466-468

Unter den langen Dächern 10.

Veröffentlicht: 1906, 1907

Umfang: 247 S.

Neue Erzählungen aus dem Westerwald.

Mit Buchschmuck von Karl Weckerling.

Eugen Salzer, Heilbronn, 1906 (1. Auflage), 1907 (2. Auflage).

Verfassung der Nassauischen Landeskirche 44.

Veröffentlicht: 1922

Umfang: 50 Seiten

Entwurf im Anschluss an die bereits vorgeschlagenen Fassungen.

Bearbeitet von Fritz Philippi, Franz Meinecke, Martin Schmidt.

Wiesbaden: E. Voigts Nachf. Prüß & Werner, Wiesbaden, 1922. (Ein Exemplar im Zentralarchiv der EKHN 1/4479 mit handschriftl. Einträgen von F. Ph.)

Vom Pfarrer Hirsekorn und seinen Leuten 47.

Veröffentlicht: 1923, 2013

Umfang: 150 Seiten

J. J. Weber, Leipzig, 1924.

Neuausgabe:

Verlag Albrecht Thiemann, Dillenburg, 2013

herausgegeben von der Roderich Feldes Gesellschaft mit einem Vorwort von Albrecht Thielmann, einem Nachwort von Johann Peter und der Beigabe von Klaus-Peter Mücke über seine Zeit als Pfarrer. ISBN: 978-3-9813197-4-3

Vom Weibe bist du 19.

Veröffentlicht: 1911, 1922

Umfang: 316 S.

Ein Roman aus dem Zuchthause

Otto Rippel, Hagen in Westfalen, o.J. (1911),

Bibliographisches Institut, Leipzig, 1922, 2. Auflage 45.

Von der Erde und vom Menschen 12.

Veröffentlicht: 1907

Umfang: 236 Seiten

Mit Buchschmuck von Karl Weckerling.

Eugen Salzer, Heilbronn, 1907.

Weiße Erde 26.

Veröffentlicht: 1913

Format: 380 Seiten

Roman. Ursprünglicher Titel von Nr.44,

Otto Rippel, Hagen in Westfalen, 1913

Weltflucht 41.

Veröffentlicht: 1920

Format: 255 Seiten

Roman einer Siedelung. J. J. Weber, Leipzig, 1920

Wendelin Wolf 38.

Veröffentlicht: 1916, 1931

Umfang: 196 S.

Roman eines Landstreichers. Otto Rippel, Hagen in Westfalen, 1916 Spätere Ausgabe: Gotthelf-Verlag, Bern, Leipzig, 1931.

Westerwälder Volkserzählungen 11.

Veröffentlicht: 1906,1910

Obertitel der Erzählungen Freibier (Band 1)

und Das Stoppelkalb (Band 2)

Emil Behrend, Wiesbaden, 1906, 1910

Wie es dem Doktor Allwissend im Klub der alten Hunde erging 40.

Veröffentlicht: 1917

In: Jugend: Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben - 22 (1917), S. 226-230a

Wiesbadener Kriegspredigten. 30.

Veröffentlicht: 1914

Ein Gedenkbuch für die Wiesbadener Gemeinde. Wiesbaden, E. Voigt’s Nachf., 1914.

Wir aber müssen siegen! 31.

Veröffentlicht: 1914

Umfang: 15 Seiten

Kriegspredigt nebst einem Anhang von Kriegsliedern. H. Staadt, Wiesbaden, 1914.

Wir sind das Volk des Zorns geworden: Kriegslieder 33.

Veröffentlicht: 1915

Umfang: 16 Seiten

Kriegslieder, Auszüge aus „Die heimliche Stimme“ Otto Rippel, Hagen in Westfalen, 1915

II. Chronologisches Werkverzeichnis

Die Chronologie gilt im Hinblick auf die Jahreszahl desErscheinungsjahres; innerhalb eines Erscheinungsjahres werden dieTitel alphabetisch aufgeführt.

1899Einfache Geschichten01.1901Aus der Stille, Lieder02.1902Der Enkelsohn vom alten Fuchs.03.1902Hasselbach und Wildendorn, Westerwälder Erzählungen04.1904Der Wahrheitsnarr,  Pfarrerdrama in der „Christlichen Welt“05.1904Meineid06.1905Jeremia, Dramatische Dichtung07.1906Adam Notmann, Ein Leben in der Zelle08.1906Menschenlied09.1906Unter den langen Dächern,  Westerwälder Erzählungen10.1906Westerwälder Volkserzählungen  Bd.1: Freibier. Bd. 2: Das Stoppelkalb11.1907Von der Erde und vom Menschen12.1908Stummfritz13.1910Auf der Insel, Zuchthausgeschichten14.1910Unser Ehrenmitglied15.1911Adams Wiederkunft16.1911Der goldene Vogel, 3 Erzählungen17.1911Gibt es eine richterliche Instanz  in Glaubensdingen?18.1911Vom Weibe bist du (45.)19.1912Disziplin in Gewissenssachen20.1912Im Netz, Schicksalsnovellen21.1912Judas Ischariot, Drama22.1912Strafvollzug und Verbrecher23.1913Es ist vollbracht, Predigt24.1913Pfarrer Hellmund, Schauspiel25.1913Weiße Erde, Originaltitel von „Erdrecht“26.1914Der Armensarg27.1914Der freie Protestantismus  und das Wirtschaftsleben28.1914Kriegspredigten29.1914Wiesbadener Kriegspredigten30.1914Wir aber müssen siegen, Kriegspredigt31.1915Die heimliche Stimme, Lyrik32.1915Haß. 1915Wir sind das Volk des Zorns geworde  Kriegslieder33.1916Altmutter, Bauerndrama34.1916An der Front, Feldpredigten35.1916Aus meinem Guckkasten, Erzählungen36.1916Der Schloßherr von Bellrose 1916Paulus und das Judentum  nach den Briefen und der Apostelgeschichte – nachgelassener Versuch.37.1916Wendelin Wolf, Roman38.1917Hemmungen39.1917Wie es dem Doktor Allwissend im Klub  der alten Hunde erging40.1920Weltflucht, Roman41.1921Auf der hohen Heide42.1922Erdrecht (vorm. „Weiße Erde“,22.)43.1922Verfassung der Nassauischen Landeskirche44.1922Vom Weibe bist du, Roman (15)45.1923Niemandsland, Zeitroman46.1923Vom Pfarrer Hirsekorn und seinen Leuten47.1924Belial, Spiel in 5 Bildern48.1924Mose, Spiel in vier Handlungen49.1924Pfarrer Hirsekorns Zuchthausbrüder50.1926Aus der anderen Wirklichkeit, Predigten51.1927Aus dem Westerwald, Erzählungen52.1927Der Paragraphenteufel53.1932In Oppenheim zur letzten Rast54.1932/3Der Hexenmüller (AltNassau, 1934)55.

III. Neuauflagen

2008Das geistliche Gespenst 2009Jeremia: Dramatische Dichtung In Funf Aufzugen (orthographische Abweichungen durch Verlag)05..2013Vom Pfarrer Hirsekorn und seinen Leuten. Hrg. von der Roderich-Feldes-Gesellschaft, Thielmann, Dillenburg.412015Pfarrer Hirsekorn und seine Zuchthausbrüder44.

IV. Verstreute Werke

1. Zeitschriftenaufsätze

Viele Beiträge aus „Die Christliche Welt“, hrg. von Martin Rade2, Marburg und anderen Zeitschriften finden sich in der „Chronologie von Leben und Werk“.

Angaben von Gedichten Philippis in der Bibliothek des Deutschen Literaturarchivs im Schiller Nationalmuseum:

Nacht. [Gedicht]

In: Westermanns Monatshefte: WM; d. Kulturmagazin - 110 (1911), S.536

Nun schneit die ew'ge Ruh ins Land. [Gedicht] 1908 In: Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte: ein Familienbuch für das gesamte geistige Leben der Gegenwart - 105 (1908/09), S.537

Weib und Kind. Eine lyrische Weihnachtssymphonie. [Vier Gedichte]

In: Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte: ein Familienbuch für das gesamte geistige Leben der Gegenwart - 103 (1907/08), S.552

Herbst. [Zwei Gedichte]

In: Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte: ein Familienbuch für das gesamte geistige Leben der Gegenwart - 103 (1907/08), S.303

Zwei Lieder vom See. Im Schifflein. - Jenseits. [Gedichte]

In: Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte: ein Familienbuch für das gesamte geistige Leben der Gegenwart - 102 (1907), S.720

Lebensfreude. [Gedicht]

In: Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte: ein Familienbuch für das gesamte geistige Leben der Gegenwart - 102 (1907), S.272

(Aus dem Katalog des Marbacher Literaturarchivs)

2. Gelegenheitsdichtung

Die Revolution im Harem.

Eine Schauerpuppenkomödie in zwei Aufzügen.

Vermutlich innerfamiliäres Stück, maschinenschr. Ms. im Archiv der Ringkirchengemeinde, o.J. (Ende Zwanziger?), → Seiten Durchschlagspapier.

3. Veröffentlichungen in Anthologien:

Deutsche Monatsschrift für das gesamte Leben der Gegenwart.

Dichtungen in: Bände III und IV herausgegeben von Julius Lohmeyer, Duncker, Berlin, 1903.

Der heilige Garten. Ein Hausbuch religiöser Lyrik

Gesammelt von Rudolf Günther. Verlag: Eugen Salzer, Heilbronn 1920

Neun Gedichte Philippis sind enthalten:

Ob ich Gott will. Elia (aus: Aus der Stille). Er sah mich an. Du wehrtest dich. Du hast mich Vater werden lassen. Mensch. Aus dem Gedicht: Herr meine Seele schmachtet sehr. Mich aber richtete die Nacht (aus: Die heimliche Stimme). Lieder des Predigers.

4. Vertonungen

Sieg!

Musikdruck veröffentlicht: 1915

O Weib, O Mägdelein

Singweise von Max Ludwig. Singweise von Georg Winter. Sieg!:

Gedicht von Karl Bauer. O Weib, O Mägdelein: Gedicht von Fritz Philippi

Verlag: Comeniusbibliothek Leipzig

Männerchöre in Partiturausgaben 1916

Teil: Sammelheft 2., Blatt 11-20 d. Einzelausgabe

Enthält u.a.: Wenn die Landwehr kommt / Götze, (Fritz Philippi)Vertonung eines Gedichts aus „Die heimliche Stimme“, das inhaltlich dem damaligen Hurra-Patriotismus entspricht.(RAG)

Wenn die Landwehr kommt! o.J.

Marsch / Musik von Arthur Wagner, Text von Fritz Philippi Deutsches Orchester mit Gesang. 1 Schellackplatte[78 UpM]; 25 cm Schellackplatte im Bestand der Deutschen Bibliothek, Leipzig

Und wenn die Welt von Feinden starrt 1914

Fünf Kriegslieder für eine Singstimme und Klavier Musik: Paul Natorp, Julius Lorenz, Arnold Mendelssohn, Theodor Röhmeyer.

Texte: Emanuel von Bodman, Fritz Philippi, Gerhart Hauptmann.

Partitur. Eugen Diederichs, Jena, 1914.

Das Glöcklein beim Gewitter 1926

Lieder op. 26 No. 3 von Johann Pfeifer.

Texte von Fritz Philippi

Hansa Verlag, Berlin-Wilmersdorf, ca. 1926.

2 (Paul) Martin Rade, 1857-1940 studierte Ev. Theologie in Leipzig bei Harnack und war Pfarrer an der Frankfurter Paulskirche, bevor er Professor für Systematische Theologie an der Universität Marburg wurde. Herausgeber der „Christlichen Welt“, die als Sprachrohr der Religionsgeschichtlichen Schule innerhalb der liberalen Theologie in Deutschland angesehen werden konnte (bis 1940). Politisch aktiv in der verfassungsgebenden Versammlung, Befürworter der Weimarer Republik. Vgl. RGG, 3. Aufl.

V. Chronologie von Leben und Werk

Die Chronologie der Werke gilt im Hinblick auf die Jahreszahldes Erscheinungsjahres; innerhalb dieses Erscheinungsjahreswerden die Titel alphabetisch aufgeführt.

DatumBiographieLiterarisches Werk5.1.1869Geburt in Wiesbaden. Mit fünf Brüdern aufgewachsen in der Hellmundstraße 37 Ostern 1888-Herbst 1891 1891

1891 Febr. 1893

Studium der Ev. Theologie in Berlin, Tübingen und Marburg

Theologisches Seminar in Herborn, I.Examen Tod des Vaters II.Examen

 Februar bis Oktober 1893Vikar in Altstadt, heute Ortsteil von Hachenburg, Westerwald Okt.1893-1894Soldat im preuß. Füsilier-Regiment von Gersdorff, Wiesbaden 7.10. 1894Ordination in Wiesbaden 1894-30.6.1895Vikar in Freiendiez 1.7.1895 bis 30.6.1897Pfarrverwalter von St. Peter, Altendiez Vor Juli 1897Heirat in Limburg von Elisabeth Amalia, geb. Zimmermann Der Ehe wurden vier Töchter geschenkt: Hanna (* 1898 später Kußmaul) Erika, (*28.8.1900, später Schlie) Ruth (*6.9.1903) Traute (*15.11.1907, stud. phil. später Bürkle) 12.2.1897Bewerbung in Breitscheid 1.7.1897Pfarrer in Breitscheid, am 4.7. eingeführt im Gottesdienst 1898Start der literarischen TätigkeitRegelmäßiger Kolumnist in der Christlichen Welt 1899 Einfache Geschichten18.10. 1904Wahl zum Pfarrer in Altendiez, einstimmig1901 Aus der Stille, Lieder

1902 Hasselbach und Wildendorn, Westerwälder Erzählungen

10.11.1904 Eintrag in Breitscheider Pfarrchronik1904 Der Wahrheitsnarr, Pfarrerdrama in der „Christlichen Welt“1.12.1904Amtsantritt als Pfarrer in Diez1905 Jeremia, Dramatische Dichtung  1906 Adam Notmann, Ein Leben in der Zelle 1906 Menschenlied, Lyrik 1906 Unter den langen Dächern, Westerwälder Erzählungen 1906 Westerwälder Volkserzählungen. Titel der Bände Freibier und Das Stoppelkalb8.12.1907

1908 26.8.1909

Mitglied des Nassauer Landeskirchenamtes Verlust der Mutter Bewerbung nach Wiesbaden an die Ringkirche1907 Von der Erde und vom Menschen27.11.1909Wahl, einstimmig Philippi nimmt die Wahl an 8.12.1909Philippi nimmt die Wahl an 1.1.1910Pfarrer an der Ringkirche Wiesbaden (Pfarrstelle II von August Merz, der Nachfolger von Pfr. Lieber auf der Pfarrstelle I wurde)1910 Auf der Insel Zuchthausgeschichten16.1.1910Einführung im Gottesdienst der Ringkirche 1911 1911 Adams Wiederkunft, Mysterium in 5 Bildern

1911 Der goldene Vogel, drei Erzählungen

  1911 Gibt es eine richterliche Instanz in Glaubensdingen?

1911 Vom Weibe bist du

1912 Disziplin in Gewissenssachen

  1912 Im Netz, Schicksalsnovellen

1912 Judas Ischariot, Drama

  1912 Strafvollzug und Verbrecher

1913 Er ist vollbracht, Predigt

1913 Pfarrer Hellmund, Schauspiel

  1913 Weiße Erde, Originaltitel von „Erdrecht“

1914 Der Armensarg (Jugend)

  1914 Der freie Protestantismus und das Wirtschaftsleben1914Ph. führt Anfang August ein kurzes Tagebuch.1914 Wir aber müssen siegen, Kriegspredigt1915-1918Ab Mai 1915 Freiwilliger Feldgeistlicher, dann Divisionspfarrer im Ersten Weltkrieg, 111. Infantrie Division, Fronteinsatz im Raum Arras1915 Die heimliche Stimme Lyrik

1915 Wir sind das Volk des Zorns geworden, Kriegslieder

  1916 Altmutter, Bauerndrama1916 1916 An der Front, Feldpredigten

1916 Aus meinem Guckkasten, Erzählungen

  1916 Paulus und das Judentum nach den Briefen und der Apostelgeschichte – nachgelassener Versuch.  1916 Wendelin Wolf, Roman  1917 Hemmungen  1917 Wie es dem Doktor Allwissend im Club der alten Hunde erging30.11.1918Entlassung aus dem Heeresdienst durch Verfügung des Feldpropstes   1920 Weltflucht, Roman

1921 Auf der hohen Heide

  1922 Erdrecht (vorm. „Weiße Erde“)

1922 Verfassung der Nassauischen Landeskirche

  1922 Vom Weibe bist du, Roman (1911,2)  1923 Niemandsland, Zeitroman

1923 Vom Pfarrer Hirsekorn und seinen Leuten

  1924 Belial, Spiel in 5 Bildern  1924 Mose, Spiel in vier Handlungen

1924 Pfarrer Hirsekorns Zuchthausbrüder

1925Eintritt in die Landeskirchenregierung 8.11.1926Antrag auf Wohnungswechsel (Alwinenstr.)1926 Aus der anderen Wirklichkeit, Predigten8.12.1927Philippi wird Theologischer Landeskirchenrat im Nebenamt.1927 Aus dem Westerwald Erzählungen  1927 Der Paragraphenteufel1930Nach dem Tod des Dekan Schüßler zum Dekan des Dekanats WiesbadenStadt gewählt. Mit 22 der 47 Stimmen gewählt, Philippi nimmt nach Bedenkzeit am 28. Oktober die Wahl an.1929 In Oppenheim zur letzten Rast.  1933, Der Hexenmüller (Art.) abgedruckt 1934 in Alt-Nassau1.1.1933Letzte Predigt in der Ringkirche, über Röm 8, 31-39 20.2.1933Tod in der Eisenbahn in der Nähe von Karlsruhe bei der Rückfahrt vom Sanatorium in Freiburg nach Wiesbaden mit 64 Jahren. 23.2.193318 Uhr Trauerfeier für Fitz Philippi in der Ringkirche. Liturgie: Wilhelm Hahn, Predigt: Lb. Dr. Kortheuer zu 1. Petrus 1, 24f. 15.4.1933Gedächtnisfeier für Fritz Philippi (Karsamstag) 

C. Chronologie von Beiträgen und Zusammenfassungen umfangreicher Veröffentlichungen

I. Jahrhundertwende

1899 Einfache Geschichten

01.

1901 Aus der Stille, Lieder

02

.

Aus der Stille

Lieder. Verlag von Eugen Salzer, Wiesbaden, 1901

Philippi legt mit dem Bändchen 62 Gedichte in drei Abteilungen vor: Teil I enthält Gelegenheitsgedichte, Teil II dreht sich um das Ende und Teil III umfasst im engeren Sinn geistliche Gedichte. Die metrisch meist sorgfältig gestalteten Gedichte sind im Hinblick auf den Reim eher zufällig gestaltet. Ab und an gelingt ein Endreim, was den Verdacht hervorbringt, dass die reimlose Gestalt nicht eigentliche Absicht des Dichters war. So sind bei dem Gedicht „Halt mich!“ (17) der erste und dritte Vers mit Kreuzreimen gestaltet – der mittlere Vers aber nicht. - Den Untertitel „Lieder“ löst der Autor nicht ein. Nicht oft gelingt es ihm, eine strenge Gestalt der Strophen oder Verse einzuhalten, die musikalisch umzusetzen wäre. Sprachlich changieren die Arbeiten zwischen neuromantischem Pathos und expressionistischer Freiheit. Ein Gedicht wie „Am Abend wird die Tiefe leuchten“ (18f) deutet darauf hin, dass Philippi eine spontane Ergriffenheit flott in Sprache gesetzt hat – ohne dann noch mühevoll weiterzuarbeiten. Dass es auch traditionell, handwerklich sauber geht, zeigt ein Gedicht wie „Ernte“ (24), in dem er Metrum und Reimschema sorgfältig beachtet. Moderner erklingt der Identitätszweifel in „Daß ich nicht bin, was ich bin!“. (75)

Inhaltlich sind die Gedichte stärker der Neuromantik verpflichtet; Naturbilder lassen Assoziationen im Betrachter wach werden, die ihn an sein Menschsein und dessen Geheimnisse gemahnen. Zum Beispiel ist es im Gedicht „Dennoch“ (14) ein knorriger Baum, der an seiner Felswand den Betrachter zum Ausharren ermutigt. Die gleiche Botschaft trägt im Gedicht „Ich halte aus!“ der Wintertann zum Leser. (35) Im weiten Sinne sind alle Gedichte religiösen Charakters, insofern sie das Ewige im vertraut Alltäglichen aufzuspüren suchen oder die Schöpfung als Gelegenheit begreifen, ihren Schöpfer dahinter zu ahnen.

Der Humor, der vor allem die autobiographische Prosa von Philippi würzt, fehlt in den meisten Gedichten. Entfernt kann man ihn ahnen bei „Der Tod in der Großstadt“, wo der leibhaftige Tod das Stadtgewimmel nutzt, um unerkannt zu verschwinden (44), oder bei „Du klagst, mein Freund“, in dem der provinzielle Geist belästert wird, er gebe sich wie ein Hahn auf dem Mist, der nie anderes gesehen habe. (46)

Die Bekenntnisgedichte des III. Teils sind dem heutigen Lyrik-Freund eher fremd, aber es ist durchaus vorstellbar, dass sie um 1900 auch im gottesdienstlichen Rahmen genutzt worden sind. Zu Golgatha findet sich ein ganzer Gedichtzyklus, „Hoch ragt das Kreuz auf Golgatha“ (63-70), der an den sieben Worten Christi am Kreuz orientiert ist. Es wechseln hier rezitativartige Passagen mit Choralanteilen, wie bei den Bach-Passionen.

Die Arbeiten sind höchst unterschiedlich: Ein tiefer Ernst trägt „Mich aber richtete die Nacht“, ein carpe diem (80); handwerklich sehr gut gearbeitet ist das Neujahrsgedicht (86). Ausgerechnet unter dem Titel „Gott ist die Liebe“ findet sich ein süßlicher Kitsch, der wenigstens dem Leser nach Ablauf eines Jahrhunderts kaum erträglich scheint (88): „Da ging ich beglückt zum Wald hinaus, Wollt pflücken mir einen Blumenstrauß. Und wollte auf sonniger Haide liegen/ Ohne Sorge und schaun, wie die Wolken fliegen.“ Hier wird Eichendorffs Naturmystik bis zur Karikatur getrieben. Ein nationalistisches und konfessionsenges Lutherlied und ein hoffnungsfroheres Christusbekenntnis „Komm, Herr Jesu!“ (96) stehen am Ende der Sammlung.

Die Lyrik aus der Zeit um 1900 ist nicht leicht zu bewerten und Kritik sollte ihre Maßstäbe aus dieser Zeit nehmen. Eine Anthologie religiöser Lyrik aus dem Jahr 1920 enthält neben klassischen Dichtern des 19. Jahrhunderts von Gegenwartsautoren fast nur Gedichte von Fritz Philippi. So mag sich auch der Zeitgeschmack gewandelt haben („Der heilige Garten“; Ein Hausbuch religiöser Lyrik. Gesammelt von Rudolf Günther, Eugen Salzer, Heilbronn, 1920). Dennoch hätte man dieser Sammlung Philippis einen etwas strengeren Lektor gewünscht; lieber ein paar Gedichte weniger, aber dafür eine qualitätvollere Auswahl, hätte vielleicht geholfen, dem Dichter Fritz Philippi etwas größeren Nachruhm zu bereiten. Das Pathos der damaligen Lyrik – auch ihrer bekannteren Vertreter wie Stefan George oder Hugo von Hoffmannsthal - ist nicht immer leicht verdaulich. Selbst Rilkes „Werkleute sind wir“ von 1899 zeigt, dass religiöse Lyrik um 1900 ein schwieriges Thema ist. Andererseits zeigen Gedichte von Fontane, George oder Ricarda Huch ein solches Maß an Perfektion, dass sich damit die Werke Philippis nur schwer vergleichen lassen.

Das hübsche jugendstilgeprägte Leinenbändchen mit Gedichten Philippis kann dem heutigen Leser inhaltlich nicht durchweg zur Lektüre oder Erbauung empfohlen werden.

1902Der Enkelsohn vom alten Fuchs03.1902Hasselbach und Wildendorn,  Westerwälder Erzählungen04.1904Der Wahrheitsnarr,  Pfarrerdrama in der „Christlichen Welt“05.1905Jeremia, Dramatische Dichtung07.1906Adam Notmann, Ein Leben in der Zelle08.1906Menschenlied, Lyrik09.

„Lieder des Predigers“3

1. Gott, was schaffe ich dir?

Am Wegrand saß auf einem Stein

Ein Taglöhner, schlug zwischen sein Bein

Mit dem Hammer, daß die Funken stoben;

Hat sich beim Abendgeläut erhoben,

fuhr in sein Wams und sah zurück…

Ich neidete ihn um diesen Blick!

Gott, was schaffe ich dir?

Zeig, was ich schaffe, daß ich es sehe,

was durch den Pfarrer für dich geschehe.

Jahrelang schwing ich die Saaten aufs Land,

laß mich schauen der Saaten Stand!

Darf der Ärmste sich wärmen am Herde,

nach des Tagewerks Beschwerde

wissend, was er am Tag gemacht? …

Gott, was hat der Pfarrer vollbracht?!

Fragst du mich heut: Was ist die Frucht,

die der Herr am Menschen sucht,

dem er den Himmel zum Atmen gegeben,

Kraft zum Graben und Brot zum Leben, …

Wenn du mich fragst?

Sag, warum dann der Pfarrer spricht:

„Ich weiß es nicht!“?

2. Du aber sprichst

Menschlein, mein Wort ist meine Tat,

des Lebens oder Todes Saat! …

Du machtest eine Predigt daraus?

Die Glocken rufens ins Land hinaus.

Mit Gesangbuch in die Kirchenbank

Rückt der Jammer rot, der Jammer krank.

Sie lauschen, was das Wort verspricht:

„Ist ein Gott im Himmel, oder nicht?“ –

Ihr Sang tönt auf … Sie rufen dich!

Pfarrer, mein Wort zu ihnen sprich!

Sie beten: „Brich uns das liebe Brot!“ –

An der Schwelle draußen lehnt der Tod.

Du steigst die hohe Treppe hinauf;

Stehst oben und sagst deine Predigt auf?

Mit Thema und Teilen nach der Reih?

Und meinest, daß mein Wort es sei?

Mein Wort bin Ich! Des Volkes Rund,

Mich will es hören aus deinem Mund!

Gott!

Ich sitze auf der Bank vor dir,

Gott!

Und mach dich in deiner Predigt irr!

3. Aber, sie glauben mir nicht

Und ruf ich: „Gott! Gott!“ – Sie schweigen

„Du Menschlein, heilig sein sollst du!“

Kein Wimpernzucken im ganzen Haus.

Nach dem Amen ist die Predigt aus.

Sie wandeln über die Kirchenschwell.

Es grinst der Tod. Sie lachen hell.

Die Alten schwatzen im Biederton:

„Lob sei dem Vater, Geist und Sohn!

Der Pfarrer hat eine gute Brust.“-

Die Linden schüttelt der Tod vor Lust. --

Sie glauben mir nicht! Ich stehe allein.

Gebt Antwort, Menschen! Und sagtet ihr: nein!

4. Es ist genug

Dann aber sprach zu mir Gott übers Feld.

Im Spätjahr wars, und auf der Heide lag

Es gram und schwer, war blind und stumm.

Schneeluft strich ab von dunkler Bergeswand

Und fingert träumend in der jungen Saat.

„Bei wem sind diese Saaten aufgehoben?

Wer weckt den Keimling im Gehäus?

Und wenn der Tod die Saat nun überschneit,

wenn in dein Erdgesicht dann aus dem Grab,

was starb, die kahlen Äste streckt…

Bei wem sind diese Saaten aufgehoben?

Es ist genug, daß Gott dich will gebrauchen,

mit seinem Odem Menschen anzuhauchen.“

Fritz Philippi

1906Unter den langen Dächern, Westerwälder Erzählungen10.1906Westerwälder Volkserzählungen. Obertitel der Bände Freibier und Das Stoppelkalb11.1907Von der Erde und vom Menschen12.1908Stummfritz13.

Aus den Kirchenvorstandsprotokollen:

Heute, den 27. November 1909, Vormittags 10 Uhr fand unter dem Vorsitz des Königlichen Kommissarius Herrn Dekan Bickel, die Pfarrwahl für die zweite Pfarrstelle statt. Von 28 Wählern waren 26 erschienen. Alle 26 Stimmen fielen auf Pfarrer Philippi, bisher an St. Peter in Diez.

Zur Beglaubigung:

Merz, I. Pfarrer

Kirchenvorstandssitzung vom 7. Januar 1910:

TOP 3: Der Kirchenvorstand nimmt Kenntnis davon, daß Pfarrer Philippi dem Küster Lenhard seine Bodenkammer zur Benutzung lassen will. Der Kirchenvorstand stellt fest, daß dem Küster hieraus kein Rechtsanspruch erwächst, da der Kirchenvorstand überhaupt nicht über die Dienstwohnung zu verfügen hat. …

1910

Auf der Insel. Zuchthausgeschichten

11.

1910

Rezension zu: „Auf der Insel“

Rezensentin: K. Weiß, ChW

Auf der Insel. Zuchthausgeschichten. Von Fritz Philippi. Berlin Schöneberg, Buchverlag der Hilfe, 1910. 176 Seiten 3, gebunden 4 Mark.

Diese Geschichten sind kein Weihnachtsbuch, aber gerade deswegen dürfen wir uns ihren erschütternden Ernst nicht entziehen auch in der Freudenzeit. Mich haben diese Erzählungen aus der Ruhe und Fassung gebracht: Muß denn das Böse so gewaltig herrschen in dem Menschen, muß Menschenrecht so entsetzlich grausam sein? Da sperren sie jahraus, jahrein die ungeratenen Mitglieder ihrer Gesellschaft in die Zuchthäuser, und die Humanität revidiert das Essen und sorgt, dass Arzt und Pfarrer zugelassen sind. Und dann drückt die Menschheit befriedigt die Eisentür hinter ihren Parias zu: sie sind erledigt. An diesen Abgetanen hat Philippi den würdigen Gegenstand seiner Kunst gefunden.

Der Dichter Philippi hatte in unserer deutschen Literatur eine ganz neue Phase des Verbrecherromans eingeleitet mit seinem „Adam Notmann“, er führt diese Arbeit auf weit höherer Stufe fort in den vorliegenden Novellen, deren gedrängte Kürze ihn besonders geglückt ist. Hatte der Verbrecherroman sich bislang mit dem handelnden Bösewicht und vor allem mit der Psychologie des Verbrechens beschäftigt, hat diese Sorte Literatur den Abstieg von der Genialität Dostojewskys bis zur Sensation der Zeitungsrubrik „Gerichtssaal“ mit Konsequenz verfolgt und nicht wenig zur Verrohung unseres Volkes beigetragen, so steht Philippi im Gegensatz zu dieser Kunst und Pseudokunst mit seinem Interesse für den büßenden Verbrecher. Wir pflegen als geruhsame Bürger und gebildete Menschen uns an der Theorie von der reinigenden Macht der Buße zu stärken und wissen als Ethiker die Erleichterung der Sühne so prachtvoll psychologisch zu erhärten, dass man auf dem Sühnezustand der Verbrecherseele ordentlichen neidisch werden möchte. Theorie! Der Dichter weiß uns die Wahrheit anders zu sagen, und furchtbar kleidet seine Erzählergabe die nackten Tatsachen in Mitleid erregende Formen. Ich bin zu wenig Ästhet, um die Kunstmittel des Schriftstellers Philippi genau zu ergründen. Ich weiß nur, dass die Form und Sprache, die der Dichter für diese kurzen Geschichten wählt, geradezu genial den ethischen Absichten dienen, die der Denker, der Mensch Philippi erreichen will. Wie ist dieser Dichter als Zuchthauspfarrer gewachsen! Welcher Aufstieg von den Westerwaldgeschichten zu diesen Zuchthausnovellen, die Tragödie über Tragödie türmen! Die eine Novelle „Auf den Bock“: kann sie Jemand lesen, ohne ein für allemal mit der Prügelstrafe fertig zu sein? – Doch wie schützen wir wirksam die Diener der Gerechtigkeit vor der Rohheit dieser vertierten Gewaltmenschen? – Dadurch, dass wir sie ganz zum Tier hinabstoßen? – „Und nun weißt du, wie es um den Verbrecher steht. Weißt, dass der Strafvollzug an den Rückfälligen Bankerott gemacht hat und – automatisch weiter straft.“

Ich werde das Buch einigen jungen Juristen schenken, damit sie ernster werden.

1910, Aus Gott

ChW, Spalte 777

O Gott, o Gott! Erbarm Dich sein!

Da läuft ein Mensch in die Welt hinein,

und hat sich selbst verloren.

Ward selber sich ein Rätselding Und dreht sich toll im dunklen Ring …

Und ist aus Gott geboren.

1910, Unhörbar leis

ChW, Spalte 788

Unhörbar leis

Das Leben wächst, das Leben stirbt.

Es kommt der Tag, der Tag verdirbt.

Es naht die Nacht Und ist vollbracht,

unhörbar leis.

Wer kommt so sicher, geht bestimmt?

Und Niemand seinen Schritt vernimmt? …

Der Tag kehrt mir sein Antlitz zu;

Die Nacht sich wendet stumm zur Ruh …

Ich rede rauh:

Wer bist Du, Deiner so gewiß?

Indeß ich selber mich zerriß

In lauter Not? …

Bist Du mein Gott?!

1910, Wollt den Herrgott nicht lassen Herrn sein…

ChW, Spalte 830

Wollt den Herrgott nicht lassen Herrn sein…

Da ließ er mich gehen für mich allein. –

Zwischen Himmel und Erd‘ auf wegloser Haid

mit streichenden Reisern griff mich die Zeit.

Wollt den Herrgott nicht sagen lassen sein Wort…

Da heulte der Sturmwind fort und fort. –

Auf Krücken rumpelt als Wimmernde Not

zuletzt mein Leben und fürchtet den Tod.

Die Wolken brüllten, es geistert der Wind.

Bettet niemand zur Ruhe sein hilfloses Kind? –

Wohin ich – o himmelschwer –

Gewalten schreiten gewaltig einher…

Am Ende schrie ich: Gib mir mein Grab!

Oder, Herrgott, nimm mich mir selber ab!4

Mit diesem Gedicht „Jesus“ macht die Nr. 40 der „Christlichen Welt“ auf:

1910, Jesus

ChW, Spalte 937

Komm! Lass mich nicht so lange nach Dir rufen.

Lass mich nicht bangen, dass du mich nicht hörst.

Ich sah Dich stehen auf weißen Marmorstufen,

Jesus, wie du mit beiden Händen mich beschwört.

Du sahst auch mich. Und über jene Menge

Der lang Verstorbenen ergriffst du mich.

Du zogst mit Deinem Blick mich durchs Gedränge.

Vor Deine Augen mußt‘ ich nahen, dicht vor Dich.

Du hast das Herz mir aus der Brust genommen.

Ich schrie dich an: Du hast mich in der Hand! –

Und wo ich dann von dir bin hingekommen,

Ein Fremdling, fremd war ich in jedem Land.

Wo bist du, Jesus, dass mein Herz ich finde?

Ich suche mich, und bin durch Dich verstört.

Komm! Schon hab ich geschrieen in die Winde

Um dich, weil doch mein Herz dir einmal zugehört.

1910 Die Kirche, Rezension, A. Bonus

Die folgende Rezension aus der Feder Fritz Philippis zeigt dessen Unbehagen am Kulturprotestantismus, in dessen Zentralorgan er hier publiziert. Er ist von der Idee eines „religionslosen Christentums“ im Sinne des bald auftretenden Karl Barth fasziniert. Dabei lässt er sich von Arthur Bonus und von dessen Vision einer völkischen germanischen Kirchenidee im Rahmen einer selbst geschaffenen Religion nicht anstecken:

1910 Die Kirche

Von Artur Bonus5. Band 26 der Sammlung „Die Gesellschaft“. Ohne Jahr (1909). 92 Seiten, 1,50 Mark.

ChW, Spalte 1015

Bei einer Arbeit von Bonus weiß ich im Voraus, dass ich ihr etwas verdanken werde. Auch seine „Kirche“ hat mir viel Freude und viel Mühe gemacht.

Es gibt eine Kirchennot des gegenwärtigen gebildeten Menschen, sofern er noch einer reinen Sehnsucht fähig ist und sich darüber klar wurde, dass diese Sehnsucht sich nur entzünden und stark werden will in einer Seelengemeinschaft mit Gleichgesinnten.

Was hat solchen alsdann eine Kirche zu bieten? Wie können Sie sich mit einer der geschichtlichen Kirchenbildungen abfinden? Können Sie es überhaupt?

Bonus bittet um Gehör, seine Meinung von der Kirche zu sagen; in seiner Sprechweise: er warnt zunächst seine Leser vor sich. Um Popularität ists ihm nicht zu tun. Viel lieber ists ihm, wenn sich der dichte Kreis der Köpfe lichtet, bis er die Gesichter sehen kann, Einzelne. Darum bekennt er vorweg „das so reich vorhandene Bedürfnis nach moralischer Entrüstung und kulturellem Hochgefühl nicht sättigen zu können, schon weil es mir an der dazu nötigen die Ehrfurcht vor unserer Moral und Kultur fast völlig fehlt.“ … „Ich fürchte, dass das, was dem Leser am anstößigsten an den Kirchen ist, das Einzige sein wird, was mir an jenen imponiert“ … „ich fürchte, sie werden, wenn Sie mich gehört haben, sagen: das sei noch schlimmer als die Kirche.“

Ich glaube, dass er Recht gefürchtet hat. So ist Autor Bonus, stachlicht und, wo er am tiefsten empfindet, innig grob. Es ist nicht die Sache solcher rücksichtslos religiösen Einzelmenschen, „gerecht“ zu sein. Ihm braucht man nicht ins Stammbuch zu schreiben: „Seien Sie nicht zu gerecht.“

Bonus will eine Biologie der Kirche geben, einen psychologischen Aufriss von ihrem Lebensgebilde. Er spürt den Ort des Bedürfnisses im Menschen auf, wo das Verlangen nach einer Kirche erwächst nach eigenen Lebensgesetzen.

Das bedeutet, Bonus skizziert das Ideal der Kirche, das Selbstbewusstsein ihrer Idee. Er legt den Seelentrieb, die Geheimkraft, bloß, dadurch vernünftige Leute zu dem Widerspruch „Kirche“ getrieben werden. Denn, vorausgesetzt, dass die Geheimkraft (Mythos heißt es Bonus), die zur Kirche treibt, religiöse Wurzeln hat, ist auch die echte Kirche zuerst Widerspruch gegen die Weltvernünftigkeit – Paradoxie. Wer sich, wie die ersten Christen, einer Kirche anschließt und sie ernst nimmt, tut nach dem Urteil der Gasse und der Bierstube etwas Unvernünftiges. Das hält Bonus fest und lässt es nicht mehr los. Seine Leute, die er als Eideshelfer zitiert, sind die letzten großen Widersprecher aus Religion: Kierkegaard, Tolstoj und Nietzsche.

Nun bedeutet es einen Gewinn und eine innere Erhebung zu sehen, mit welch feiner Sicherheit Bonus den religiösen Ort der Idee einer Kirche durchforscht. Wie das religiöse Erlebnis vorerst den Menschen als Einzelnen heraushebt aus der ganzen Welt und dann, wenn das Religiöse Herr geworden ist, ihm befiehlt, sich seiner Gemeinschaft anzugliedern. Wie die Gemeinschaft der mystische Leib der Gottheit wird. Einen neuen Menschentypus zu ermöglichen, ist letztlich Zweck der wahren Kirche.

Eine solch starke religiöse Spannung entlädt sich naturgemäß gewitterhaft gegenüber der Welt. Sie erzeugt Kampfes Stimmung, fasst die Ihrigen mit Schau vom Zwang zusammen und legt ihnen Lasten auf. Eine echte Kirche muss immer wieder die Gegensätzlichkeit gegen die Daseinswelt als Kraft schaffen.

So spitzt sich für Bonus das Thema Kirche zu einem Protest gegen die Kultur zu. Eigentlich müsste seine Arbeit „Kirche und Kultur“ überschrieben werden und bedeutete eine leidenschaftliche Absage gegen alle Bestrebungen, Kirche und Kultur zu versöhnen. Nichts Schlimmeres gibt’s für die Kirche, als dass sie Kulturinstitution wird. Die staatliche Landeskirche, der staatliche Religionsunterricht, die staatlichen Fakultäten, als Kulturdiener trivialisieren sie die Religion.

Es ist klar, Bonus kommt auf seinem Weg zur Sekte, oder wo es möglich ist, zum Personalgemeindetum, das sich angliedert an einen religiös Starken. Vieles ließe sich Für und Wider sagen. Ich sage eins: So wie Bonus will, wird uns in unserer Kirchennot nicht geholfen. Gewiss ist diese Herbigkeit religiöser Selbstbehauptung, die aus Bonus uns anhaucht, uns dringend heilsam. Bonus trifft unseren ganzen Jammer, wenn er die feile Liebedienerei vor den Tageswerten unerträglich schilt. Dieses Schielen nach Einfluß und Beifall, diese Kundschaftsjägerei, dieses feige sich Ducken vor behördlichem(!) Stirnrunzeln, dieses Angekettetsein an der Staatskrippe. Und dass jede Versöhnung zwischen Religion und Kultur dem Heiligen etwas zumutet, was unrecht ist, das unterschreiben wir völlig.

Aber mit einer Kur Doktor Eisenbarts ist Kirche und Kultur nicht geholfen. So unversöhnlich Religion und Kultur innerlich sein mögen, es gibt doch ein Ideal der religiösen Beeinflussung der Kultur. Und es ist wertvoller einstweilen, da Werktagsarbeit zu tun, gleichsam als Kohlenträger im Taglohn Hand anzulegen, als im weißgestärkten Hemd reinlich den Herrenstandpunkt zu vertreten.

Ich will hier das persönliche Recht von Bonus nicht antasten. Er hat für seine Persönlichkeit das Recht der Ausnahme als seinen Beruf. Aber wenn sie Schule machte – was er natürlich nicht will – wär’s nicht gut. Kirche und Kultur wohnen nun einmal bei einander im Erdenhaus. Kein Teil setzt den andern Mieter auf die Gasse. Und man soll nicht aus dem Auge verlieren, dass die Menschheitsgeschichte die Tragik des Unzulänglichen ist. Schlankweg gesagt: Um den Kompromiß zwischen dem Ideal und dem zeitlich Unzulänglichen kommt kein Tagesarbeiter herum. Und die Tragik des Kompromisses ist – Sündigenmüssen (!) auf den Weg nach dem Ideal. Das Ziel im Blick, stolpern und fallen wir über unsre eigenen Beine; stehen auf, nehmen das Ziel abermals ins Auge, schmerzlich brennend in Sehnsucht. Aber Herrenschritte machen wir nicht.

Wir wollen jeden neuen Kompromiß, das Wohlsein darin und das Geschäftemachen damit, von Herzen hassen. Unser Kompromißlertum ist die Not der Knappheit, die von der Hand in den Mund lebt. Wir empfinden es als Stachel und Peitsche. Aber wir haben die Zuversicht: ein weniges kommen wir doch vorwärts.

Aus den Kirchenvorstandsprotokollen:

Kirchenvorstandssitzung vom 14. Juli 1910:

Betrifft Neuherstellung des Saales im Pfarrhause wird von der Ausführung der von Architekt Thomä vorgelegten Pläne zur Ausmalung abgesehen, dagegen wird Pfarrer Philippi beauftragt, sich mit einer künstlerischen Kraft in Verbindung zu setzen und nach den Ferien dem Kirchenvorstand wieder Vorlage zu machen.

1910

Unser Ehrenmitglied

15.

1910, Christabend

ChW, Spalte 1209

Eine Seele bin ich, die draußen steht,

Um alle Ecken die Unruh fährt,

Wo der Eiswind auf den Gassen weht.

Eine Seele bin ich, die heimbegehrt.

Der Werktag haspelt die Stunde ab.

Tausend Füße treten dazu den Trab.

Unhörbar naht die Nacht heran.

Der Werktag steckt die Laternen an.

Ich arme Seele, wo soll ich hin?

Ich frage die Stadt hinaus und hinein.

Weiß niemand, wo daheim ich bin?

Und soll doch Gottes Seele sein.

Gell heult ein Pfiff durch Mauern und Haus.

Gleich fährt eine rußige Schlange heraus.

Der Werktag stockt, er löscht den Schein

und dicht die Nacht schleicht hinterdrein.

Muß Gottes Seele versterben heut?

Die Nacht schon drückt ihr die Augen zu.

Gottes Seele sich zu Tode schreit

Durch die ehern ewige Himmelsruh… -

Wallende Klänge! Rufendes Licht!

Die Nacht enthuscht. Der Himmel spricht.

Entzaubert hallen die Gassen mit …

Christheiland zu der Seele tritt.6

1911Adams Wiederkunft16.1911Der goldene Vogel, 3 Erzählungen17.1911Gibt es eine richterliche Instanz in Glaubensdingen?18.1911Vom Weibe bist du. Zuchthausroman Inhaltsangabe unter Nr. 45., 1922.19.

1911, Rezension zu: „Vom Weibe bist du“ von Dora Rade

ChW, Spalte 1183

Vom Weibe bist du. Roman von Fritz Philippi. Hagen i.W., Otto Rippel (1911). 316 S. 3, gebunden 4 Mark. Abb. der zweiten Auflage 1922

„Vom Weibe bist du“ – darum kannst du nicht sein ohne den Einschlag, den Gottes Wille durch das Weib in Leben und Sein hineingewoben hat, darum kommt auch dein Leben erst zur Erfüllung durch die Frau. – Ein Mann hat den Roman geschrieben: es ist ein starker Appell an uns Frauen, mitzuhelfen am großen Werk des Lebens, die gerade uns verliehenen Gaben und Kräfte in den Dienst derer zu stellen, die wir lieben, die in unseren Daseinskreis treten; unsre weibliche Eigenart wirken zu lassen auch auf die schweren großen Menschheitsfragen; zu helfen, zu bessern durch die Unmittelbarkeit unseres Empfindens, durch unsere

Mütterlichkeit, durch Reinheit und Güte. Philippi hat ein hohes Frauenideal und erweist sich in der Zeichnung seiner Heldin auch auf diesen Gebieten als feinen zarten Psychologen.

Das Leben in und um das Zuchthaus mit all seinen schweren Problemen bildet den Rahmen der Erzählung. Viel Erlebtes und Erkämpftes steht darin und dahinter. Der Dichter Philippi ist Herr geworden über das, was er schaute und durchlebte. So ist sein Buch ein ernster Genuß, Freude und Ansporn zugleich für Mann und Frau.DR

1911

Der Narr in Christo

Die nachfolgende ausführliche Rezension von Fritz Philippi zu dem Jesus-Roman von Gerhart Hauptmann gibt uns einerseits den Einblick in die poetische Werkstatt des Verfassers und zum anderen erfahren wir seine Verbundenheit mit Hauptmann:

1911,

Der Narr in Christo

Vergl. 1910 Nr. 50 und 1911 Nr. 1

ChW, Spalte 295ff

Und nun soll abermals das Gespräch anheben über Gerhart Hauptmanns Christus Roman.7 Der „Stoff“ und seinen Dichter verlangts. Aber leicht wird mir das Referat nicht, und je tiefer ich meine Fühler in diese mächtige Dichtung senkte, desto schwerer ist’s dann, mit deren Worten Bericht zu erstatten.

Ich darf verweisen auf meine Voranzeige vor Weihnachten, in der wir feststellten, dass Gerhart Hauptmann die Heilandssehnsucht, die noch nie endgültig starb, sich verdichten ließ in seinem Emanuel Quint, der anfangs der 90er-Jahre in einer Hütte im Riesengebirge aufstand, der Mittelpunkt eines Herdes geistiger Erregungen wurde und sich für den wiedererstandenen Christus hielt. Er erlebt das Heilands Leben innerlich und auch – so will es der Dichter – fast völlig nach dem äußern Verlauf wie in dem Evangelium.

Zweierlei erweckte bei dem ungeheuren Unternehmen, das Heil ans Leben in die Gegenwart zu übersetzen, unsere Anteilnahme sonderlich. Einmal, ob die Dichtung die Höhe ihres Gegenstands durchhält; zum andern interessierte uns des Dichters Christusbild als sein eignes Bekenntnis.

Ich darf auch Hinweisen auf Heinrich Spieros trefflichen Aufsatz zu Neujahr, der zwar manches anders sieht. Aber bei Gerhart Hauptmann muss der Erklärer, also auch ich, mit doppeltem Nachdruck das Recht des Irrtums geltend machen.

Kann ein solcher Wurf gelingen?

Für die wissenschaftliche Schriftstellerei ist die Leben-Jesu-Zeit vorüber.8 Sie hat fruchtbare Arbeit getan und die Umrisse der Jesusgestalt, der ursprünglichen, uns gesichert, aber auch die Grenzen der Forschung abgesteckt. Dadurch braucht sich des Dichters unbegrenzte Möglichkeit nicht eingeschränkt zu fühlen.

Nun soll ja einer nicht wähnen, dass Gerhart Hauptmann damit, dass er sich an den äußeren Verlauf des geschicht-lichen Lebens Jesu band, es sich mit seiner Dichtung leichter gemacht habe. Das Gegenteil ist der Fall. Und nur der Um-stand, dass der Dichter jahrelang in sich das Heilandsleben wiegte, wie eine Mutter ihr Kind, konnte trotz dieser Bindung an das Vorbild der Bibel dies Nacherleben in der Gegenwart lebendig schaffen, statt es zu verhölzern. Ja, man muss gestehen, dass die Partien im Roman, die ein biblisches Gegenstück haben, Höhepunkte sind.

Ohne alles Drum und Dran, schlicht und echt beginnt die Dichtung. Gerade die verblüffende Selbstverständlichkeit, mit der das Unglaubliche vor uns auftritt, ist dazu angetan, in uns die Heilandsstimmung zu erzeugen. Wir staunen, reiben uns die Augen, ob wir nicht träumen. Und doch sind wir ganz eingefangen in des Dichters Netz und rufen: Komm, Herr Jesus!

Wie sich das alles ganz von selber macht und wir auf Schritt und Tritt echten Heilandsboden betreten! Nach dem Quint auf dem Marktplatz zu Reichenhall seinen Bußruf erhob und seine religiöse Naivität den Hohn der Menge und den Hochmut des zünftigen Religionsdieners erweckte, wird er polizeilich verwarnt seines „groben Unfugs“ wegen und geht wieder dem Gebirge zu. Hinter ihm von ferne die Gebrüder Scharf; man darf sagen, die Söhne Zebedäi. In ihnen hat dieser Selbstlaut religiöser Ursprünglichkeit, den sie aus Emanuel Quint hörten, einen starken Widerhall gefunden. Sie bitten ihn, er möge mit ihnen gehen und ihren alten Vater, der bettlägerig sei, gesund machen. Emanuel weist das ab. Trotzdem folgt er den Brüdern: „Weil ein sonderbares Zutrauen aus ihren Blicken und Bitten sich auf ihn übertrug und seine nun einmal vom Schwarmgeiste in Besitz genommenen Seele fast widerwillig zum Rauschen des Wunders zog.“

Nun geschieht das erste „Wunder“. Der Alte schaut versteinert Emanuel an: „Hilf, Herr Jesus Christus!“ Und schlägt vor Entsetzen nach ihm. „Aber dieser, die langen brandroten Wimpern über die Augen gesenkt, blickte nur in sich hinein. Er hob seine lange, blasse Hand ein wenig empor und legte sie weich und leise auf die mit Runzeln und Falten bedeckte Stirn. Darunter entschlief der Alte sogleich.“

Dies Wunder schlägt jene Bande um Emanuel und treibt ihn wieter auf den Weg. Er lernt den Bußprediger Nathanael, einen Herrnhuter Bruder, kennen und dieser tauft ihn in der Ekstase, ganz gegen den Brauch der Brüdergemeinde, die bekanntlich mit den Wiedertäufern nichts gemein hat.

„Als er nun das Wildtaubenpärchen aus den langen grünen Behängen der Birken heranschweben sah und plötzlich über dem Täufling dahinblitzen, kam der sich vor wie Johannes der Täufer, und der Himmel schien ihm geöffnet zu sein.“ Nun geht Emanuel in die Einöde des Hochgebirges und erlebt die Versuchungen Jesu. –

Leider kann ich nur kurz skizzieren; aber die biblische Parallele mag das Fehlende ergänzen. Unter den armen Webern im Riesengebirge findet Emanuel seine ersten Jünger. Die Zöllner und Sünder haben ein treffliches Gegenstück in den Schmugglern an der deutsch-österreichischen Grenze. Die „Mühseligen und Beladenen“ klammern sich immer fester an Emanuel, sie nennen ihn gradheraus den wiedererstandenen Heiland und wecken in ihm Erschrecken und Widerstreben, das mit Mitleid und Hingabe streitet. Bald ruft es in ihm: „Rette dein Himmlisches vor der Welt! Fliehe hinein in Gott! Das andre Mal treibt es mich an, mich wie der Heiland am Kreuz der Menschheit zum Wohl nochmals zu opfern. Die Menschen, selbst wenn sie sich roh geberden, nicht zu lieben, gelingt mir nicht. Ich fühle ein schmerzliches Mitleid bis zur Qual, wenn ich sie gegen sich selbst, den Menschen, blind wüten sehe.“

Er will nichts, „nur leben wie Jesus“. – Es muß ausdrücklich hervorgehoben werden, wie zart und innerlich der Dichter, in der Weise des johanneischen Christustypus, mit der Heilandsüberlieferung verfährt. Niemals wirkt Hauptmann da verletzend und selbst der Fachmann – Gerhart Hauptmann hat übrigens Theologie studiert9 – wird selten in der Lage sein zu widersprechen. Viel, viel treffender ist dieses Jesusbild als das von Gustav Frenssen.10

Fasse es, wer es fassen mag: die Spuren meiner Füße sind die Stapfen des Menschensohnes. Ich rede Worte des Gottessohnes, wie sie der Vater mir zu sagen ins Herz gegeben hat. Allein ihr kommt von allen Seiten zu mir, und schreit: Du bist wahnsinnig!“

Das Gerücht von Emanuels Wundertaten geht immer weiter um und schafft Erregung für und wider. Er wird als Narr vom Gendarm ins Elternhaus zurückgeschafft, wo sein Stiefvater mit Fäusten über ihn herfällt. Aber der Ruf des Wundertäters lockt die bresthafte Not vor die armselige Hütte. Die Anhänger wissen ihren Meister zu finden. Er hält im Freien eine Versammlung ab, die durch einen wüsten Überfall, der als gesunde Reaktion der beleidigten christlichen Volksseele im Kreisblatt geschildert wurde, auseinander gesprengt wird.

Emanuel kommt verletzt in das Krankenhaus des „Gurauer Fräuleins“, einer adligen, frommen und exzentrischen Dame und lebt dann als Genesender auf einem der Schlösser seiner Gönnerin, lebt dort ein Jahr der Stille und des Studiums.

Seine Jünger haben sich indessen in der Talmühle mit allerlei Schwarmgeistern zusammengefunden als „Talbrüder“, einer chiliastisch-kommunistischen Gemeinschaft, in deren Versammlungen es zu denselben pathologischen Erscheinungen kommt wie in Großalmerode.11

Wieder geht die Initiative von den Talbrüdern aus. Endlich folgt Emanuel dem Drängen seiner Anhänger, um sie in gesunde Bahnen zurecht zu weisen. „Er fühlte wohl den Bann der Gefahr ihrer Zähigkeit. Sie liefen wie eine nach Erlösung lechzende Meute hinter ihm her… Er erlebte schon jetzt das kurze Entsetzen des Augenblicks, wo er sich selbst als das Wild fühlte.“

Dennoch geht er mit. Seinerzeit hat er im Gefängnis die mystische Hochzeit mit dem Heiland gefeiert. „Nämlich, indem Quint und die Gestalt des Heilands, wie Brüder, die sich lieben und lange vermißt haben, mit geöffneten Armen einander entgegen kamen, schritten sie ganz buchstäblich einer in den anderen hinein; derart zwar, daß Quint den Körper des Heilands in sich eintreten und in sich aufgehen fühlte.“ Nun, da die rohen und grellen Forderungen seiner Jünger an ihn herantreten, war er genötigt, sein Heilandsbewußtsein zu vergröbern und es der niederen Bedürftigkeit anzupassen.

Es gelingt ihm nur vorübergehend, die Schwarmgeisterei der Talbrüder zu dämpfen. Er löst die Gemeinschaft auf und wendet sich in einem plötzlichen Entschluß – man versteht nicht recht, warum – mit seinen nächsten Jüngern nach der Hauptstadt, Breslau. Hier versagt die Parallele mit dem Jerusalem der Bibel, und von nun an geht es mit Emanuel Quint abwärts, verzettelt sich das Jesusbild Hauptmanns, dem es ja immer an der geschlossenen Kraft des biblischen Jesus fehlte, in Einzelheiten. Er will sich opfern, ohne daß man weiß, wo nur entfernt eine solche Notwendigkeit wie in der Bibel erwüchse.12

Auf dem Weg nach der Hauptstadt, wo der Feind, der Mammon, haust, sucht er seinen leiblichen Vater, einen katholischen Priester, auf, geht mit in dessen Kirche und schlägt alles vom Hochaltar herunter; also eine mindere Art der Tempelreinigung.

Und in Breslau kehrt er mit den Seinen in ein Wirtshaus ein, ist täglich in einer übelberüchtigten Kellnerinnenkneipe zu finden, wo er unter allerhand Decadenten und begabten Leuten wirkt.

Es sind Lichtblicke darunter, und ein hoher Menschenglaube spricht sich in dem Verhalten Emanuels zu den Verlorenen aus. Seine Reinheit bleibt unangetastet. Aber die sichere Linienführung ist dem Dichter aus den Händen gekommen. Um sich zu helfen, häuft er die Zahl der auftretenden Personen, bringt immer neue herbei, und immer weiß ihnen der Narr in Christo etwas zu sagen, was wertvoll ist.

Aber wie „lange soll das noch währen?“13 Wo bleibt der Verräter Judas, der ein Ende macht? Als solcher ist schon lange der „böhmische Josef“, ein Schmuggler und pudelartig häßlicher Mensch, vorgezeichnet. Er schreibt einem Mädchen, das von der Gurauer Zeit her schwärmerisch an Emanuel hängt, einen Brief mit Quintens Unterschrift, lockt es herbei und begeht an ihm einen Lustmord.

Der Narr in Christo wird verhaftet und setzt der Anschuldigung hartnäckiges Schweigen entgegen, und als der böhmische Josef in Verdacht kommt, bestreitet er dessen Schuld, man muß sagen, wider besseres Wissen. Warum? Nun, er will sich doch opfern.

Das gelingt ihm aber nicht. „Judas“ entleibt sich und „Jesus“ wird aus dem Kerker entlassen.

Und nun geht er um als armer Narr. An den Stätten, wo er früher war, klopft er an die Tür. „Wer ist draußen?“ Eine Stimme murmelt „Christus“! Und die Tür wird zugeschlagen. In Berlin, in Frankfurt taucht er auf. Überall schlägt man dem bettelnden Christusnarr die Tür zu.

Endlich, als im Frühjahr der Schnee wegtaut, findet man ihn erfroren oberhalb des Gotthardhospizes. „Auf einem Briefbogen, den man in seiner Tasche fand, waren die Worte noch deutlich zu lesen, „Das Geheimnis des Reichs?“ 14–

Muß es nur der Berichterstatter noch ausdrücklich verneinen, daß der Dichter die Höhenlinie bis zuletzt halten konnte? Ich denke nicht. Wir sind ihm ohnedies viel zu dankbar, um billig zu kritisieren.

Des Dichters persönliche Stellung

Es ist nun doch nicht so, daß es uns gleichgültig sein kann, wie Hauptmann persönlich zu seinem Werke steht. Vorweg uns in der christlichen Welt ists wissenswert, wie in einem Gerhart Hauptmann die Zeitgedanken über den Heiland und damit die tiefsten und letzten Fragen sich spiegeln. Denn ein Zeichen der Zeit ists, daß Emanuel Quint geschrieben wurde, und ein hocherfreuliches. Vor dreißig Jahren wäre solch ein Buch nicht entstanden und gelesen worden.

Ich halte es nun, entgegen mancher anderen Meinung, die ich hörte, für gänzlich ausgeschlossen, daß eine Jesusdichtung, geschaffen werden kann, ohne daß der Dichter vorerst Jesus erlebt und seinen Christus darstellt. Wir dürfen hier getrost von dem Christusbild Gerhart Hauptmanns, und was dann unausbleiblich ist, von seiner Stellung zur Religion, zu Kirche und Staat reden.

Darin darf uns der Chronist nicht irre machen. Es ist ja immer so, daß eine Dichtung heiliges Spiel, auch Versteckspiel ist. Dieser dürre Aktenschreiber und Chronist ist natürlich nicht der Dichter, sondern die philisterhafte öffentliche Meinung. Schmunzelnd läßt der Dichter ihn reden, und wenn er viele gute Leute dabei auf falsche Fährten lenkt über sein Idol, das ihm am Herzen liegt und er am liebsten abseits von der Menge birgt, so ists ihm um so angenehmer.i

Dies Versteckspiel liegt aber einem Gerhart Hauptmann ganz besonders, noch aus einem tieferen Grund, wie wir hernach sehen werden. Er macht es uns nicht leicht, seine bunten Ostereier zu finden. Wir schwanken lange: nimmt er seinen Emanuel ernsthaft oder nicht? Will er sagen, daß der Heiland eine pathologische Erklärung verlange?

Aber achten wir da auf gewisse, bedeutsame Nebenfiguren. Da ist Kurt Simon, ein sehnsüchtiger Zweifler. Religiöse und ästhetische Regungen ziehen ihn mächtig zu Emanuel, er ist eine Zeitlang ganz dabei, in einer „reinen bebenden Fröhlichkeit“. Aber, nachdem er eben noch „die göttliche Gegenwart gefühlt, war das Göttliche jetzt entwichen.“ „So, gleichsam um etwas Köstliches, kaum gewonnen, nicht wieder einzubüßen, nahm er kürzesten Abschied.“ Er hats aber schon eingebüßt: denn wie er sich umsieht, gleitet ihm das Wort „Obskuranten“ durch die Seele.

Man achte auch auf die Gebrüder Hassenpflug, Kandidaten der Philosophie, von denen der jüngere Karl heißt – „Schwärmer, Dichter und Sozialisten“.15 Wir denken unwillkürlich an das Dichter-Brüderpaar Hauptmann. „Der eine und ältere gefiel sich in einer spöttischen Lustigkeit, womit er die Äußerungen des jüngeren Bruders meist begleitete.“ Ich behaupte fest, daß Ger-hart Hauptmann hier seiner selbst spottet. Und nun sehe man, wie die Gebrüder schwanken, ob sie Emanuel für einen Narren oder ein Genie halten sollen.

Wir schauen schon klarer. Und, wir kennen doch den Dichter nicht erst seit heute! Gerhart Hauptmann ist zum guten Teil Mystiker, und die philosophierende Mystik des Johannesevangeliums, in dessen Redeweise oft wunderbar tief sich Emanuel ergeht, liegt dem Dichter durchaus. Er ist in der Bibel heimisch; er hat sich hineinversenkt, hat sein Nest gemacht in Einzelheiten, so liebevoll, daß es gar nicht anders möglich ist: er ist mit innerster Seele dabei. Und wie der Verfasser – soll man nicht auch sagen, Dichter? – des vierten Evangeliums seine Freude hat daran, seinen Helden als den Unverstandenen im Nachgerede der Menge weitab zu rücken vom profanen volgus, so möchte Gerhart Hauptmann seinen Emanuel schildern als den Unverstandenen aller, um ihn allein zu besitzen.

Er möchte – wenns ihm gelänge!

Wir kommen hernach darauf. Vorerst gilt es zu erwägen: weshalb fiel der Dichter aus der Rolle und schob, abweichend von dem biblischen Verlauf, das Jahr der Muße und des Studiums im Schloß des Gurauer Fräuleins ein? Hier sieht doch scharfäugig eine Absicht heraus! Der naive Emanuel soll in Berührung kommen mit dem Zeitwissen. Seine geniale Ursprünglichkeit soll, ohne sich selber zu verlieren, das nachholen, was die Moderne auch ihm zu bieten hat. Er soll sich weiterbilden.

Und nachdem das geschehen, kann der Dichter fortfahren in seinem Jesusthema.

Sein Jesus ist nun schrankenloser Subjektivist16, nur dem „Vater in ihm“ untertan. Er braucht nur in sich hinein zu lauschen, so spricht die Stimme, und mit verblüffender Sicherheit nimmt er Stellung im Wirrwarr der Welt. Der weitergebildete Hauptmann-Jesus ist los von der Inspiration. Weltenweit ist nun der Abstand zwischen ihm und den Schwarmgeistern. Sie liegen ihm an als Last. Eine neue Menschensorte hängt sich an ihn, Simplizissimusleute17, Anarchisten, junge Selbstmordkandidaten – Decadance.

Dies unbedingte Ausleben seiner inspirierten Persönlichkeit leidet auch nicht, daß zwischen ihn und den Gott in ihm sich die Bibel stellte. Als er gewahr wird im Kreise der Talbrüder, in welch krankhafte Verirrung sie sich hineingelesen haben, verbietet er ihnen das Bibelbuch. „Ja, er packte das Buch, das neben dem Tisch lag und warf es, daß es in Fetzen ging wider die Wand.“18

Wen vermag es zu beirren, daß der Dichter dies Geschehen durch seinen Chronisten so einleiten läßt: „Nun verrichtete Emanuel Quint, der arme Narr in Christo, jene hoffentlich unbedachte Tat der Lästerung, die später, als er eines schweren Verbrechens beschuldigt