Klassiker der Erotik 60: Die schöne Cauchoise - Andrea de Nerciat - E-Book

Klassiker der Erotik 60: Die schöne Cauchoise E-Book

Andréa de Nerciat

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Beschreibung

"Schön wie die Sünde", seufzt der Kavalier, als er das hübsche Bauernmädchen im Salon seiner Tante sieht. Und bald liegt nicht nur er, sonder die Lebewelt von halb Paris zu Füßen der reizenden Couchoise. Sie erhört sie alle: die Herzöge, die Kardinäle, Offiziere, Anwälte - und auch die Kutscher und Lakaien. "Schön zu sein wie die Sünde verpflichtet zur Liebe", meint sie, die sich später Madame Dumoncey nennt und die fortan zu den großen Kurtisanen zählt.

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Andrea de Nerciat

Die schöne Cauchoise

OderDie Memoiren einer berühmten Courtisane

Inhalt

Einleitung

Die schöne Cauchoise oder Die Memoiren einer berühmten Courtisane

Einleitung

Das französische Original dieser Memoiren, die hier zum erstenmal ins Deutsche übersetzt vorliegen, erschien 1783. Wenngleich unter Anonymus veröffentlicht, so kann man doch mit großer Wahrscheinlichkeit Andrea de Nerciat als Verfasser annehmen. Das beweisen schon die Hinweise des Autors im Vorspann „An den Leser“, die sich nach unserem Kenntnisstand nur auf Andrea de Nerciat beziehen können.

Andrea de Nerciat, geboren 1739, gestorben 1800, führte ein bewegtes Leben. So war er 1780 am Hofe des Landgrafen in Kassel als Theaterdichter und Bibliothekar angestellt. Im Jahre 1782 ist er als Baudirektor beim Prinzen von Hessen, Rheinfelden und Rothenburg tätig, doch war er zeitweise auch Polizeiagent. Später trat er in die Dienste der Stadt Neapel und wurde in Rom von den Franzosen verhaftet. Bald nach seiner Freilassung ist er gestorben.

Der Memoiren-Roman „Die schöne Cauchoise“ erzählt den Lebensweg des Bauernmädchens Morantcour aus Caux bei Le Havre. Der Name „Cauchoise“ bedeutet eigentlich „das Mädchen aus Caux“. Später, als sie in Paris eine begehrte Lebedame war, nannte sie sich Dumoncey.

Das Werk ist in einer Zeit entstanden, als die Lebewelt in Europa von einer neuen Welle der Syphilis heimgesucht wurde. Das Erlebnis dieser schrecklichen Seuche hat deshalb an vielen Stellen des Romans seine Spuren hinterlassen. Die Heldin wird das Opfer dieser Krankheit und infiziert absichtlich ihre Liebhaber. Ansteckung mit der Syphilis aus Rachsucht war damals in gewissen Kreisen üblich, wie wir aus zahlreichen zeitgenössischen Quellen wissen.

Auch die meisten der eingestreuten Gedichte beschäftigen sich mit der Syphilis und deren Folgen. Es mag zunächst seltsam anmuten, daß man über einen solchen Stoff Gedichte schreibt. Aber diese „Syphilis-Gedichte“ haben eine lange literarische Tradition in Europa. Schon im 16. Jahrhundert, kurz nach dem ersten Auftreten dieser Seuche, haben sich in Italien, Frankreich und Deutschland die bedeutendsten Dichter dieses Themas angenommen.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts reagierte der absolutistische Staat auf diese neue Welle der Krankheit mit scharfen Maßnahmen, die sich besonders gegen die Dirnen richteten. Nur so ist es verständlich, daß die schöne Cauchoise eine panische Angst hat, ins Hospital eingeliefert zu werden.

Der Memoiren-Roman „Die schöne Cauchoise“ ist nicht zuletzt auch wegen der kultur-, sitten- und literaturgeschichtlichen Fakten ein wichtiges Werk der erotischen Literatur. Er beschreibt sehr genau den Zustand der Gesellschaft vor der französischen Revolution. Die Ausschweifungen und das verschwenderische Leben des Adels, der Geistlichkeit, der Finanziers und der reichen Steuerpächter werden durch einzelne Personen plastisch vor Augen geführt. Wenn man liest, daß das Volk den Adel immer mehr haßt, so sind das die Signale der kommenden Revolution. Wohl nur unter dem Schutz der Anonymität konnte der Autor es wagen, die Grausamkeit und Brutalität französischer Gardesoldaten anzuprangern.

Sittengeschichtlich bedeutsam sind seine, Mitteilungen über Verbreitung und Ausübung der lesbischen Liebe und Homosexualität, die zusammen mit dem Analverkehr mit Frauen unter dem Begriff „Sodomie“ zusammengefaßt werden. So finden wir in diesem Werk Hinweise, daß man im Analverkehr nicht nur eine lüsterne Variante des Geschlechtsaktes sehen muß, sondern sich dieser Form bediente, um eine Ansteckung mit der Syphilis zu vermeiden. Man muß aber noch hinzufügen, daß der Analverkehr auch zur Empfängnisverhütung diente. Die drastisch-derbe Volksweisheit „Das Glied im Hintern erspart ein Kind“ ist in zahlreichen Variationen Thema französischer und italienischer Sprichwörter. Abgesehen von den Syphilis-Gedichten und der Beschreibung einer Bibliothek, wo eine Orgie stattfindet, ist für die Geschichte der erotischen Literatur auch das Vorwort wichtig. Modern ausgedrückt, könnte man es als eine Literatursoziologie der Erotik bezeichnen.

Helmut Werner

An den Leser!

Viele unter Euch wenden sich - zuweilen mit Recht - gegen die Schreibwut und die Vielzahl der Bücher. Ja, diese Sucht trieb noch nie solche Blüten. Wir sind tagtäglich ihre Zeugen und unglücklicherweise auch ihre Opfer.

Es gibt heute niemanden, besonders nicht unter den jungen Leuten, der nicht Ruhm durch Schreiben erlangen möchte, was auch immer es kostet.

Wie gewaltig ist die Zahl der Druckwerke aller Art! Oh, gütiger Gott! Welche Bücher werden jeden Tag gedruckt! Was Denken bedeutet, weiß man nicht! Aber vom Schreiben glaubt man etwas zu verstehen! Man will berühmt werden - aber man macht sich auf diese Weise nur lächerlich.

Man gibt vor, seine Vorgänger übertreffen und die gelehrte Welt bereichern zu wollen. Tatsächlich aber macht man sie nur ärmer.

Man glaubt ab und zu vielleicht, daß dieser oder jener Autor Talent, Geist und selbst Genie hat, doch zeitigt andererseits die Sucht, sein Geschreibsel drucken zu lassen, nicht verheerende Folgen in den Köpfen vieler junger Leute?

Genügt es übrigens, für das Schreiben nur Verstand zu haben? Muß man zuvor nicht wenigstens sein Sprachgefühl bilden, Sinn und Bedeutung von Ausdrücken kennen, zu denken verstehen, Gedanken miteinander verbinden können und, was das Wichtigste ist, seinen Geschmack formen, reinigen und vervollkommnen?

Nicht ohne Grund haben deshalb viele Autoren die Schande des Mißerfolges dadurch zu meiden versucht, daß sie ihre Werke unter Pseudonymen erscheinen ließen. Oder es gelang ihnen, ihre Fehler unter dem Schleier eines anderen Namens zu verbergen oder durch dieses Aushängeschild die Neugier der Leser zu wecken.

Es wird von einem sehr gebildeten und glaubwürdigen Franzosen berichtet, daß ein deutscher Baron ihm auf seiner Reise im deutschen Reich die Ehre erwies, seine Bibliothek zu betrachten. Sie galt als eine der größten und erlesensten in diesem Land. Wird man mir glauben, daß sie fast ausschließlich aus französischen Büchern bestand, von denen dieser gebildete Mann kaum einen Titel kannte? Der Fremde konnte seine Überraschung nicht unterdrücken und der Besitzer dieser Schatzkammer sein Erstaunen nicht verbergen, denn er hielt den Franzosen schließlich für einen Ignoranten.

Nun kann es sein, daß unser Franzose überhaupt nicht wußte, daß solche Bücher in Holland und selbst in Frankreich gedruckt werden, ohne daß man ein einziges Exemplar in Paris verkauft. In ganzen Stößen sieht man sie aber auf den Messen in Leipzig und Frankfurt. Dort hören die einheimischen Buchhändler, die ebenso geschickt wie die unsrigen sind, nicht auf, ihren Kunden zu erzählen, daß diese Werke bei uns sehr beliebt seien und einen großen Erfolg hätten. Dieses Gerede veranlaßt dann die ganze deutsche Nation, sie zu kaufen.

Noch eine merkwürdige Tatsache muß ich anführen, die auch über jeden Zweifel erhaben ist.

Ein Mann, hinter dem man niemals einen Autor vermutet hätte, erzählte eines Tages einem seiner Freunde unter dem Siegel der Verschwiegenheit, daß er von Zeit zu Zeit auf seine Kosten Romane drucken lasse, die er verfaßt habe. Aber er hüte sich, sie in Paris zu veröffentlichen, wo der Erfolg sehr unsicher sei und sie außerdem den Streichungen durch eine unbarmherzige Zensur ausgesetzt wären. Er habe aber einen einzigartigen Weg gefunden, um auf seine Kosten zu kommen, seinen Ehrgeiz zu befriedigen und sich vor der Armut und der Abhängigkeit eines mittelmäßigen Schriftstellers zu schützen.

Man bat ihn inständig, sein Geheimnis mitzuteilen. „Mein lieber Freund“, antwortete er, „ich schicke die ganze Auflage meiner Romane in die Kolonien, so wie man dorthin ganze Ladungen von Waren hinschickt. Ich bekomme dafür Kaffee, Zucker, Kochenillen, Mousseline, Stoffe aus Indien - und das alles veräußere ich mit Gewinn weiter. Das geht so vor sich: Für ein kleines Buch, das mich hier insgesamt höchstens 40 Sou kostet, werden mir je nachdem 100 Sou und sogar 6 Francs bezahlt. Ja, das heiße ich bei einem Geschäft Gewinn machen.“

Unsere besten Schriftsteller mit all ihrem Genie kommen nicht in 100 Jahren auf so ein Geschäft!

Und so wie man Bücher für fremde Länder und Kolonien herstellt, so werden solche auch für die verschiedenen Klassen der Leser verfaßt und an sie verkauft.

Die Landpfarrer, Mönche, Beamten, Anwälte, Schüler, Kleinbürger, Küster, Arbeiter, Dienstmädchen, das Vorzimmerpersonal, die Köche, Stallknechte, Türsteher und die Dienerschaft - sie alle möchten lesen, sowohl um sich zu amüsieren, als auch, um sich zu bilden. Sie brauchen Bücher, die sie verstehen. Doch glücklicherweise haben wir viele Schriftsteller, die in der Lage sind, gerade nur so viel Geist zu gebrauchen, daß er für die betreffende Art von Leuten ausreicht.

Lesen wir einen Roman mit Freude, langweilen sich andere zu Tode, weil, sie noch nie etwas von den geistreichen Werken gehört haben, in denen die große Welt mit Delikatesse dargestellt wird. Ebenso können wir kaum die Lektüre eines Buches ertragen, die Anspruchslosere beglückt, weil sie Sitten und Gebräuche darin beschrieben finden, die uns in keiner Weise interessieren.

Es liegt an dem Leser zu entscheiden, für welche Klasse das hier vorgelegte Werk geschrieben wurde, das den Titel trägt: „Die schöne Cauchoise oder Die Memoiren einer berühmten Courtisane.“

Es stammt von ein und demselben Autor, der schon bekannt wurde durch das dramatische Gedicht „Les Héros Américains“ und ebenso den „Almanach des Spectacles“, worin man seinen Namen und die Liste einiger seiner Werke zwischen denen anderer zeitgenössischer Autoren findet.

Die schöne Cauchoise oderDie Memoiren einer berühmtenCourtisane

Es ist so üblich, daß man versucht, die Freuden der Liebe schlechtzumachen, wenn man sie selbst nicht mehr genießen kann. Aber weshalb eigentlich will man so die Jugend verwirren? Ist nicht sie jetzt an der Reihe, sich auszutollen und die Liebe zu fühlen? Und das bezieht sich auch auf die Freuden, die man in Griechenland gern genießt. Wir wollen sie nicht verdammen, sondern sie verteidigen, um ihren Reiz und ihre Fülle zu vergrößern.

Also, Ihr Greise, die Ihr schon alt seid vor dem eigentlichen Greisenalter: seid doch wenigstens erträglich und bemüht Euch, ein wenig liebenswürdig zu sein!

Dieser Umriß meiner Philosophie muß dem Leser genügen, um ihm vorweg einen Zugang zu dem zu ermöglichen, woran ich ihn bald teilnehmen lasse. Und jetzt will ich ohne weitere Vorrede zur Sache kommen.

Alle vernunftbegabten Lebewesen haben Neigungen, die sie leiten und die für alle anderen Bestrebungen Bedeutung zu haben scheinen. Das gleiche gilt auch für mich. Bei mir sind es die Freuden der Liebe oder besser gesagt: der Liebe im Bett. Wahrlich, das ist die Ursache für meine ganze Torheit und Liederlichkeit. Und das wird meinem Leser auch genügen, damit er meinen Beruf erraten kann.

Ich bin eine Courtisane, und ich gestehe es ohne Scham ein. Ist das etwas Schlechtes? Denn - um es genauer zu betrachten - was ist eigentlich die körperliche Liebe? Das ist doch ein Zustand, in dem man sich der Natur anpaßt, ohne sich Zügel anlegen zu müssen. Ist nach dieser Definition nun eine Courtisane etwas Verdammenswertes?

Was soll ich noch sagen? Sie kennt gründlich die menschliche Natur und läßt sich nur von ihren Erfahrungen leiten. Was gibt es denn Vernünftigeres? Das alles genügt, wie ich glaube, um die Vortrefflichkeit meines Standes zu beweisen. Im übrigen verlange man auch nicht mehr von mir. Ich bin durchaus nicht geeignet dafür, etwas zu leisten, was lange und folgerichtige Überlegungen erfordert. Längere Sätze habe ich immer verabscheut. Vorausgesetzt, ich drücke mich verständlich aus, dann genügt mir das. So, ich wiederhole es, nun will ich ohne Umschweife zur Sache kommen.

Ich stamme aus einfachen Verhältnissen. Dieses schlichte Eingeständnis ist bei Frauen meines Standes höchst ungewöhnlich. Ich kenne nämlich viele liebe und teure Kolleginnen, die sich einer vornehmen Abkunft rühmen, ohne daß sie deswegen vornehm wären. Wenn man sie nämlich sieht, würde man kaum einen Katzenbuckel vor ihnen machen, es sei denn, man würde wissen, daß sie die Tochter eines Prälaten, die Nichte eines Rates oder die Cousine eines Herzogs oder Pairs sind.

Was für eine Narretei ist eine solche Genealogie! Eine zünftige Dirne muß etwas von der Wollust verstehen! Sie verachtet die Herkunft und die Eltern. Sie kennt keine andere Leidenschaft als die, ihre Lust zu befriedigen. Sie versucht, sich nur nützliche und angenehme Bekannte zu verschaffen. Doch zur Sache.

Ich wurde in einem Dorf geboren, das zwei Meilen von Havre-de-Grace entfernt ist, und wo man noch nicht weiß, was ein Gymnasium ist. Mein Vater war ein Wagenmacher. Ich bin so großgezogen worden, wie es auf dem Lande üblich ist. Was also meine Erziehung anbelangt, so war sie denkbar schlecht. Ich wäre auch mein ganzes Leben lang eine Bäuerin geblieben, wenn ich nicht ein so schönes Äußeres gehabt hätte.

In meiner Jugend passierte nichts Ungewöhnliches, nur bemerkte man bei mir schon im zarten Alter eine gewisse Lebhaftigkeit, die meine Intelligenz verriet. Im ganzen Dorf war ich deshalb bekannt. Die Tochter eines Wagenbaumeisters gilt als gute Partie, und so geschah es auch, daß man für mich geeignete Freunde im voraus bestimmte. Bis zum zwölften Lebensjahr war ich mit den übrigen Bauernkindern zusammen und hatte nur Lesen und Schreiben gelernt. Ich konnte zwar nur dies, aber dafür recht gut.

Als meine Eltern sahen, wie ich zusehends größer wurde, beschlossen sie, mich zur Arbeit mit heranzuziehen. Sie glaubten offenbar, daß ich ihnen helfen könnte. Aber ich war sehr faul. Diesen angeborenen Hang zur Faulheit findet man oft bei meinesgleichen.

Da ich bei meinem Vater nichts taugte, beschloß er, mich in die Stadt zu schicken, damit ich meine Trägheit verliere. Es dauerte aber lange, bis ich seinem Wunsch Folge leistete. Mit viel Tränen und Ärger daheim hat man mir das Versprechen abgekauft, daß ich für ihn in die Stadt ginge.

So kam endlich der Tag, wo mein Vater mich mit einem Korb mit Butter und Eiern nach Havre schickte, um sie zu verkaufen. Ich brach mit einer bewundernswerten Fröhlichkeit auf, aber ich verlor sie bald bei all den schönen Herren in dieser Stadt. Wie war ich zu dieser Zeit töricht! Wie verändert bin ich heute!

Unter den Personen, die mein Vater mir aufgeschrieben hatte, war auch ein alter Beamter der Admiralität, zu dem ich den Korb bringen sollte. Ein junger Mann - es war der Sohn des Hauses - hatte mich beim Eintritt in das Haus seines Vaters gesehen und war nun neugierig, mich näher kennenzulernen und mit mir zu sprechen. Er schmeichelte mir während der ganzen Zeit, die ich in diesem Haus war. Von den schönen Dingen, die er mir sagte, verstand ich nur soviel, daß sie alle meine Schönheit rühmten. Eine Frau hat für so etwas immer ein Ohr!

Im übrigen war dieser junge Mann keineswegs eine Schönheit. Seine blauen Augen lagen tief unter einer höckerigen Stirn, die Nase war sehr gebogen, die Farbe seines Gesichtes bleich, und es war übersät mit kleinen Narben. Ja, so sah der aus, der mir zum erstenmal den Hof machte. Man kann sich vorstellen, daß ich ihm zunächst nicht antwortete. Ich war noch zu furchtsam, um es zu wagen, ihm eine Antwort zu erteilen. Ich hatte meine Redegewandtheit im Dorf zurückgelassen, was ich in diesem Augenblick aufrichtig bedauerte.

Nachdem ich das Haus verlassen hatte, verkaufte ich den Rest meiner Ware. Dann kehrte ich freudig zu meinem Vater zurück, ohne mir irgendwelche Gedanken zu machen. Ich war nämlich so unbekümmert, daß ich gar nicht mehr an die wichtigsten Dinge dachte, die man mir auf getragen hatte. Zurückgekehrt zu meinem Vater fragte man mich, wie es mir in der Stadt gefallen habe.

„Sehr schlecht“, sagte ich zu meiner Mutter.

„Warum denn?“ erkundigte sich meine gute Mutter.

„Ah! Die Männer dort“, erwiderte ich sogleich, „lassen mich ganz rot werden.“

Auf Grund dieser Antwort stellte man meine Unschuld fest. Zum Schluß sagte ich, ich wolle nicht mehr in die Stadt gehen, aber mein Vater hörte nicht darauf. Einige Tage später mußte ich wieder dorthin.

Ich hatte täglich dieselbe Aufgabe, und daraus kann man leicht ersehen, daß ich auch zu dem alten Beamten ging. Ich bemühte mich sehr, nicht auf seinen Sohn zu treffen. Der drollige Bursche war aber gerissen, und da er ahnte, daß ich wiederkommen würde, gab er acht, mich ja nicht zu verfehlen.