Kleines Gebetskino - Bernhard Heindl SJ - E-Book

Kleines Gebetskino E-Book

Bernhard Heindl SJ

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Beschreibung

Würde Ignatius von Loyola heute Filme drehen? Das fragt sich der Jesuit und Exerzitienbegleiter Bernhard Heindl. Immerhin geht es Ignatius doch darum, an biblischen Geschichten ganz nah dran zu sein. Das Gebet wird zu einem inneren Kino. In 50 kurzen Szenen erzählt Bernhard Heindl von persönlichen Methoden, Gedanken und Begegnungen, die für sein eigenes spirituelles Drehbuch wichtig sind.

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BERNHARD HEINDL SJ

KLEINESGEBETSKINO

50 SPIRITUELLE IMPULSE

1. Auflage 2019

Ein camino.-Buch aus der

© Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart, 2019

Alle Rechte vorbehalten.

Für die Texte der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift

vollständig durchgesehene und überarbeitete Ausgabe

© Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart 2016

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung und Satz: wunderlichundweigand, Schwäbisch Hall Hersteller gemäß ProdSG:

Druck und Bindung: Finidr s.r.o., Lípová 1965, 737 01 Český Těšín, Czech Republic Verlag: Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Silberburgstraße 121, 70176 Stuttgart

www.caminobuch.de

ISBN 978-3-96157-094-9

eISBN 978-3-96157-977-8

Inhalt

Vorspann

Bewegte Bilder

1 Gebetskino

2 Fährtenleser

3 Klappe halten!

4 Originalvater

5 Noch ein alternatives Ende

6 Baumkletterer

7 Heiliger Pflichtverteidiger

8 Gehörsturz

9 Showmaster

10 Hide and Seek

11 Blickkontakt

12 Bibliodrama live I

13 Nervensäge

14 Milchkaffeegebet

15 Scouting mit Jesaja 43,19

16 The Secret

17 Wie Simon Rattle

Große Fragen

18 Sich jeden Schuh anziehen

19 Glücksbringer mit 11 Buchstaben

20 Kampf dem Zweifel!

21 Spiel mit dem Feuer

22 Petrus oder Wie Verheißungen ticken

23 Fuß vom Gas

24 Zirkeltraining

25 Himmel, Himmel, Himmel

26 Der Aktivierungscode

27 Osterwunder Nr. 2

28 Integrationsproblem Gnade

29 Maschinenraum

30 Glaubenspriviatisierer

31 Appell aus dem All

Kleine Heldentaten

32 Olympia

33 Innere Freiheit üben

34 Schöner als Fliegen

35 Kurzformel

36 Zukunftsorientiert

37 Rechenbeispiel

38 Herzensgründe

39 Höllenpredigt

40 Ein Fall für den Theologen

41 Moralapostel

42 Das Programm

43 Trias

44 Geistlich kämpfen

45 Gefühlsüberschuss

46 Supergau

47 Mach sie fertig …

48 Heiliger Kooperationsgeist

49 Plan B

50 Nach dem Film

Abspann – ein Jesuitenwitz

VORSPANN

Beten ist für viele eine Sehnsucht. Es ist aber auch eine Übungssache und eine Frage der Disziplin. Ohne gut überlegtes Übungsprogramm, das mich in meinem Anliegen unterstützt, bleibt Beten oft eine unerfüllte Sehnsucht.

Wenn ich mich jeden Tag neu befragen muss: »Wann kann ich beten? Wo kann ich es tun und auf welche Weise will ich es tun?«, dann — Hand drauf! — werde ich das Beten bald einstellen. Das ist zu anstrengend, zu zermürbend und es geht kostbare Zeit verloren, die ich besser ins Beten selbst investieren kann.

Also, mit Realismus und aus Liebe zur Wirklichkeit, sich einmal hinsetzen und die drei W’s überlegen:

Wann kann ich beten?

Zu welcher Tageszeit? Manche sagen: »Ich bin kein Morgentyp, aber am Abend schlafe ich immer ein.« Na, dann lieber den inneren Schweinehund überwinden und etwas früher aufstehen. Zehn Minuten sind besser als nichts!

Wo kann ich beten?

Ein ruhiges Plätzchen zu Hause ist schnell organisiert: eine Kerze auf den Tisch, ein Kreuzzeichen gemacht und es kann losgehen. Und wenn zu Hause immer Halligalli ist, gibt es vielleicht eine offene Kirche auf meinem täglichen Arbeitsweg.

Wie will ich beten?

Ich muss nicht das Rad neu erfinden: Ich lese ruhig eine Bibelstelle, z.B. das Tagesevangelium, also die Jesus-Geschichte, die heute in der Kirche vorgelesen wird. Die Texte findet man leicht im Internet, im Schott-Messbuch oder im Te Deum.

Suche ich Stille, dann reichen zwei Worte wie beim Herzensgebet: Ich lege den Namen Jesu in meinen Atem, spreche und denke beim Ausatmen »Jesus«, beim Einatmen »Christus«. Alle Gedanken, die mir sonst noch kommen – und es werden viele sein! –, lasse ich wie Wolken am Horizont weiterziehen, sein Name ist mein Anker im Hier und Jetzt.

Dann kommt es auf eine Experimentreihe an. Wenn es irgendwo hakt, kann ich nachbessern, aber um Himmels willen nicht jeden Tag das ganze Übungsprogramm neu infrage stellen und über den Haufen werfen! Launigkeit tut keiner Beziehung gut, auch nicht der zu Gott.

Gott handelt an mir

Mit dem Beten klappt es nicht jeden Tag gleich gut. Deswegen habe ich noch eine ermutigende Geschichte für Sie aus meiner persönlichen Glaubensbiographie aufgeschrieben.

Ein Kollege leitet die morgendliche Stillemeditation an. Das Übliche – er nimmt Bezug auf unsere Körperhaltung, die Füße stehen fest auf dem Boden, ich habe Kontakt zur Sitzfläche, der Scheitel spürt über den Abstand hinweg zur Decke. Ein, zwei Sätze zur Atmung … und dann sagt er: »Ich muss jetzt nichts tun. Gott handelt an mir.«

Warum verblüfft mich dieser Satz so? Gott handelt an mir! So schlicht habe ich Gottvertrauen noch nicht ausgedrückt! Egal, ob ich zerstreut bin oder gesammelt, Gott handelt an mir. Egal, wie diese Gebetszeit abläuft, hoch konzentriert oder fahrig, Gott handelt an mir. Egal, ob ich es merke oder nicht, es geschieht!

Ich sitze da und erzähle Gott, wie überrascht ich bin: »Du handelst an mir. Hm. Meine Güte, was soll der ganze Heckmeck, den ich innerlich immer veranstaltet habe, um mich ruhig zu bekommen?! Du handelst an mir, ich muss nur sitzenbleiben! Es wird seine Wirkung zeigen, jetzt oder später!”

Wieder zu Hause sitze ich auf meinem Gebetshocker. Vor meinem Fenster, auf dem Kirchhof, eine Autohupe. Irgendjemand ärgert sich. Vor diesem Erlebnis wäre der Ärger auf mich übergesprungen: »So kann ich nicht meditieren!«

Jetzt aber kann ich es. Irgendwas wirkt.

Herzenssache Gebet

Es gibt aber auch einen anderen Blick auf das Gebet. Beten heißt: ganz bei der Sache sein, so, dass man die Uhr vergisst. Einfach da sein und etwas mit ganzem Herzen tun. Immer, wenn mir das gelingt, bin ich glücklich und zufrieden.

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft (Dtn 6,5). Ungeteilten Herzens vor Gott da sein. Wie geht das? Schafft man das? Irgendetwas beansprucht mich immer, fordert Aufmerksamkeit, zieht Energie ab, selbst wenn ich beten will.

Ist der Anspruch nicht zu hoch, zu romantisch, einfach nicht alltagstauglich? Der Wunsch bleibt, ich sehne mich nach selbstlosen Momenten vor Gott, wo ich ganz und ausschließlich für ihn da bin. Doch wer sagt, dass solche Momente nur auf meinem Meditationshocker stattfinden können?

Wenn mein Tun selbstlos ist, dann ist es Gebet. Denn Gottes- und Nächstenliebe lassen sich im Christentum nicht trennen. Sich mit ganzer Kraft für andere einsetzen, so, dass man die Uhr vergisst. Es macht glücklich und ist eine Form des Gebets, eine alltagstaugliche!

In den 50 spirituellen Impulsen, in den Zwischenrufen und Gebeten, die jetzt folgen, geht es um Begegnungen mit Menschen, die nach Gott fragen. Wir alle haben unsere Sehnsucht, suchen unsere ganz persönliche Berufung und das Gespräch mit Gott. Manchmal reicht es, einfach mal zuzuschauen!

Viele Begegnungen, die ich aufgeschrieben habe, wirken wie Szenen aus einem Film, bei dem die Helden eine innere Wandlung durchleben oder eine große kleine Erkenntnis davontragen. Anderen bei ihrer Suche wie erwartungsvolle Kinobesucher zuschauen zu dürfen, kann uns helfen, den richtigen Weg für uns selbst zu finden. Und wenn unsere Suche nach Gott so intensiv ist wie ein guter Kinofilm, dann haben wir schon viel erreicht!

Bernhard Heindl SJ

BEWEGTE

BILDER

SCENE 1

GEBETSKINO

Szene Lukas 1,26 – die erste! Sie sind der Regisseur Ihres eigenen Gebets: Malen Sie kurz die Szene aus, in der Maria dem Erzengel Gabriel begegnet.

Beten, ich würde gerne über beten sprechen!«

Eine kleine Glaubensgruppe auf Themensuche. Die junge Frau, die ihren Wunsch genannt hat, wird genauer:

»Findet ihr beten auch so anstrengend? Ich würde gerne beten, aber ich frage mich, warum es so anstrengend ist?«

Die Anderen fragen nach, wie sie betet und was es so anstrengend macht?

»Ich bitte, ich danke, klage, frage, bin auch mal still, aber letztlich läuft es immer auf Nachdenken hinaus und das finde ich so anstrengend«, erklärt die junge Frau.

Ich glaube sie zu verstehen und antworte, dass beten für mich um so anstrengender wird, je mehr ich dabei mit mir selbst beschäftigt bin. »Aber es gibt eine Gebetsweise, die liebe ich! Sie hilft mir, mich zu vergessen. Bei dieser Methode kreise ich nicht dauernd um mich selbst und versuche nicht ständig meine Gedanken zu vergessen. Sie ist, als ob man einen Film anschauen würde.«

Und ich beginne zu erklären: Ignatius von Loyola lässt bei biblischen Geschichten, die er zum Gebet empfiehlt, immer »den Schauplatz bereiten« und er meint damit, dass ich mir die Geschichte so lebendig wie möglich ausmalen soll.

Eigentlich geht Ignatius noch weiter! Er lockt mich mit einer Tarnkappe auf die Bühne, damit ich unbemerkt alles möglichst direkt miterleben kann.

Es ist wie inneres Kino und ich gehe ganz darin auf. Zuerst schaue ich mir die Szenerie an, ob Landschaft, Haus oder Raum, wo das Ganze spielt. Dann sehe ich mir Details genauer an: den Raum, indem gleich der Erzengel Gabriel Maria fragen wird, ob Gott in seinem Heilsplan mit ihr rechnen kann. Ist es ein heller oder dunkler Raum, mit oder ohne Mobiliar. Wenn ja, welches?

Ich sehe die beteiligten Personen: was Maria gerade macht, bevor Gabriel bei ihr eintritt. Ich schaue, wie Maria reagiert und höre, was die beiden miteinander sprechen.

Ich lasse alles auf mich wirken und natürlich frage ich mich am Ende, was mich besonders bewegt und angesprochen hat, und sicherlich stelle ich mir auch die Frage, warum es dieses oder jenes Wort, Detail oder Verhalten war?

Aber wie im Kino sind das Fragen, die sich mir erst hinterher stellen. Während der Film läuft, bin ich abgetaucht, ganz im Film.

Bete ich so, dann ist es meist das Piepsen meines Timers, das das Wort »Ende« auf meinen inneren Bildschirm projiziert und ich muss mir noch ein paar Minuten geben, um mich wieder an das Tageslicht um mich herum zu gewöhnen.

SCENE 2

FÄHRTENLESER

Was klingt in Ihrem Leben nach Gott? Wann sind Sie als Gottsucher unterwegs?

Spi-ri-tu-al …«, mein Gegenüber spricht meine Berufsbezeichnung mit Konzentration Silbe für Silbe nach: »Und was macht ein … Spiritual?«

Während in meinem Kopf eine Antwort entsteht, denke ich kurz, vielleicht wäre das als Antwort besser gewesen: »Ich bin geistlicher Begleiter.«

Geistlicher Begleiter geht sicherlich leichter über die Lippen, aber auch da folgt rasch: »Und was macht ein geistlicher Begleiter so?«

»Also, ich unterhalte mich mit den Leuten im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt. Zu mir kommen Menschen, die Gott suchen … und zwar in ihrem Leben, ganz konkret. Menschen, die etwas mit Gott erlebt haben und es noch besser verstehen wollen.«

»Und das klappt? Ich meine, das geht? Verstehen die dann Gott besser?«

Ich lache: »Na ja, sicherlich nicht ganz und gar, aber darum geht es auch nicht. Es geht darum, den nächsten Schritt in Richtung Gott zu finden. Und da sehen vier Augen und da hören vier Ohren eben mehr als zwei.«

Es ist ein schöner Beruf, ich bin täglich auf göttlicher Spurensuche. Spiritual, das ist eine Art Fährtenleser, und die Bibel, die Heiligen, ihre Erfahrungsgeschichte mit Gott und meine eigene im Hinterkopf, höre ich aufmerksam zu und wo ich eine Spur entdecke, sage ich: