Knightsbridge United - Marina Neumeier - E-Book + Hörbuch
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Knightsbridge United Hörbuch

Marina Neumeier

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Beschreibung

Sie will sich nicht verlieben, doch er stürmt mitten in ihr Herz.

Davina King hat zwei Prinzipien: Sie will sich niemals wieder an einen Mann binden, und der Welt mit ausgestrecktem Mittelfinger zeigen, dass sie es als Frau in der Sportberichterstattung schaffen kann. Dieser Plan gerät allerdings ins Wanken, als sie während eines Pub-Besuchs eine Panikattacke erleidet und ausgerechnet auf Knightsbridge-United-Profi Alec Ward trifft, und dieser sie tröstet. Als Alec dann auch noch versehentlich ausplaudert, dass Davina sein neuer Glücksbringer ist, verleitet das die beiden dazu, einen Deal einzugehen: Um die mediale Aufmerksamkeit zu ihrer beider Vorteil zu nutzen, werden sie für ein halbes Jahr ein Paar spielen. Ohne jegliche Gefühle, versteht sich. Ein Kinderspiel für Davina, die sich nach ihrer letzten, fatalen Beziehung geschworen hat, nie mehr einen Mann zu nahe an sich heranzulassen. Alec und sie sind fake, aber das ändert sich, als ihr Ex wieder auftaucht und droht, ihre schlimmsten Albträume zurückzuholen.

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Zeit:11 Std. 47 min

Veröffentlichungsjahr: 2025

Sprecher:Jeremias KoschorzNatalie Mukherjee

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Cover: Knightsbridge United von Marina Neumeier

Zum Buch

Davina King hat zwei Prinzipien: Sie will sich niemals wieder an einen Mann binden, und der Welt mit ausgestrecktem Mittelfinger zeigen, dass sie es als Frau in der Sportberichterstattung schaffen kann. Dieser Plan gerät allerdings ins Wanken, als sie während eines Pub-Besuchs eine Panikattacke erleidet und ausgerechnet auf Knightsbridge-United-Profi Alec Ward trifft, und dieser sie tröstet. Als Alec dann auch noch versehentlich ausplaudert, dass Davina sein neuer Glücksbringer ist, verleitet das die beiden dazu, einen Deal einzugehen: Um die mediale Aufmerksamkeit zu ihrer beider Vorteil zu nutzen, werden sie für ein halbes Jahr ein Paar spielen. Ohne jegliche Gefühle, versteht sich. Ein Kinderspiel für Davina, die sich nach ihrer letzten, fatalen Beziehung geschworen hat, nie mehr einen Mann zu nahe an sich heranzulassen. Alec und sie sind fake, aber das ändert sich, als ihr Ex wieder auftaucht und droht, ihre schlimmsten Albträume zurückzuholen.

Zur Autorin

SPIEGEL-Bestsellerautorin Marina Neumeier, 1995 in Erding geboren, studiert Kunstgeschichte in München und arbeitet nebenbei in einem Auktionshaus. Vor allem ihr Studium dient ihr als rege Inspirationsquelle für ihre Geschichten. Sie ist eine begeisterte Leseratte, liebt es zu verreisen und nutzt jede freie Minute, um an neuen Ideen zu arbeiten. Unter @marina.writing ist die Autorin auch auf Instagram und TikTok aktiv, wo sie Einblicke in ihren Schreiballtag und die Entstehung ihrer Geschichten gibt.

Marina Neumeier

KNIGHTSBRIDGE UNITED

Offsided

Roman

reverie

Originalausgabe

© 2025 reverie in der

Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH

Valentinskamp 24 · 20354 Hamburg

[email protected]

Covergestaltung von bürosüd, München

Coverillustration von Petra Braun

E-Book Produktion von GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783745704730

www.reverie-verlag.de

Jegliche nicht autorisierte Verwendung dieser Publikation zum Training generativer Technologien der künstlichen Intelligenz (KI) ist ausdrücklich verboten. Die Rechte der Urheberin und des Verlags bleiben davon unberührt.

Liebe Leserinnen und Leser,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Deshalb findet ihr am Romanende eine Themenübersicht, die demzufolge Spoiler enthalten kann.

Wir wünschen euch das bestmögliche Erlebnis beim Lesen der Geschichte.

Eure Marina und euer Team von reverie

Für dich, Papa.Danke für alles <3

Playlist

Dotan – Home

Kelly Clarkson – Because of You

Imagine Dragons – Warriors

The White Stripes – Seven Nation Army

Coldplay – Fix You

RAYE – Oscar Winning Tears

HAVEN – Allergic

Imagine Dragons – Machine

Shawn Mendes – Treat You Better

Duncan Laurence – Arcade

Taylor Swift – Look What You Made Me Do

Little Mix – Power

Sam Smith – Good At Goodbyes

Glossar

BNN (British News Networt) – fiktives TV-Medienhaus mit Sitz in London, Isleworth

Knightsbridge United – fiktiver Premier-League-Fußballverein mit Sitz im gleichnamigen Stadtteil Knightsbridge, südlich des Hyde Park, der zum Stadtbezirk Kensington and Chelsea gehört

KOSGEN Hyde Park Stadium (auch genannt The Castle) – fiktives Stadion von Knightsbridge United

Premier League – höchste Spielklasse im englischen Fußball, umfasst 20 Teams, mit einem Saisonzeitraum von August bis Mai

Field Reporter – Journalist*innen, die direkt am Spielfeldrand eines Fußballspiels arbeiten, um live zu berichten, Interviews zu führen und aktuelle Geschehnisse einzufangen

Hinrunde – erste Hälfte einer Saison in einer Fußballliga, in der jedes Team ein Mal gegen alle anderen Mannschaften spielt. Beginnt mit dem Saisonstart (meist im Sommer), endet zur Winterpause

Mixed Zone – Bereich in einem Stadion, in dem Reporter und Sportler direkt nach einem Spiel für Interviews aufeinandertreffen können. Oft in der Nähe der Kabinen oder am Spielfeldrand

Flash Zone – Bereich am Spielfeldrand für Kurzinterviews mit Spielern und Kluboffiziellen zur Halbzeit und unmittelbar nach Spielende

Touchline Area – Bereich entlang der Seitenlinie (Touchline) des Spielfelds, in dem sich die Trainer und ihre technischen Teams während des Spiels aufhalten dürfen. Journalist*innen eingeschränkt, mit Sondergenehmigung

Presseakkreditierung – offizielle Genehmigung, die Journalist*innen, Fotograf*innen oder Medienvertreter*innen den Zugang zu bestimmten Veranstaltungen, Orten oder Bereichen ermöglicht, um über diese zu berichten

Jumbotron – große digitale Videowand in einem Stadion oder einer Arena, die Livebilder, Wiederholungen, Spielstände und andere Informationen für das Publikum anzeigt

1

Davina

»Nein, Mann, sag mir nicht, dass Jennifer Atchcombe heute Abend die Berichterstattung übernimmt!«

»Was stört dich an ihr, Archie?«

»Ach, die hat doch keine Ahnung, wovon sie da überhaupt spricht. Und sie hat nicht mal was in der Bluse, um einen dafür zu entschädigen. Warum moderiert Doppel-D-Davina nicht?«

»Oh, fuck ja, Davina King könnte den ganzen Abend nur Müll labern, und ich würde nicht wegschalten. Steph hasst sie und meint, ihre Titten wären operiert.«

»Selbst wenn sie das wären. Ich hab den überteuerten Sportsender von BNN hauptsächlich ihretwegen abonniert, und dann ist sie nie während der Champions-League-Übertragungen dabei! Schweinerei.«

Die Theke des überfüllten Pubs in Holland Park, an die ich mich mit bloßen Unterarmen lehne, fühlt sich von dem verschütteten Bier des Tages feucht und klebrig an. Mehrere Mitarbeitende flitzen hinter dem Tresen emsig hin und her, um die Gäste, die gekommen sind, um sich das Ligaphasen-Champions-League-Spiel von Liverpool gegen Rom anzusehen, mit Getränken zu versorgen. Ringsum an den Wänden zeigen Flachbildschirme dieselbe Einstellung: eine hochgewachsene, schlanke Blondine mit straffem Pferdeschwanz, die kurz vor Spielbeginn am Rand des Felds steht und zusammen mit zwei Experten letzte Prognosen und Analysen durchspricht. Der Lärmpegel im Pub übertönt die Vorberichterstattung, doch auch ohne einen Satz zu verstehen, weiß ich, dass Jenn einen blendenden Job macht. Wie immer, wohlgemerkt, was diesen Schwachmaten neben mir auffallen würde, wenn sie ihr tatsächlich zuhören würden, statt ihr lediglich auf den Ausschnitt zu starren. Erbärmlich. Natürlich ist es nicht das erste Mal, dass ich solche Meinungen über mich oder meine Kolleginnen beim Sportfernsehen aufschnappe, und wie immer kocht diese hitzige Rage in mir hoch. Ich war noch nie jemand, der klein beigibt oder den Mund hält, um nicht anzuecken, doch in Situationen wie dieser hier … Nun, ich musste einmal zu oft herausfinden, dass es bei manchen Kerlen kein Durchkommen gibt. Vielleicht schafft man es, sie einen Moment lang in Verlegenheit zu bringen, doch schon am nächsten Tag werden sie munter weitermachen und vor ihren Arbeitskollegen damit flexen, Doppel-D-Davina im Pub getroffen zu haben. Und dass sie sie natürlich hätten abschleppen können, wenn sie gewollt hätten. Als ob ich bis zu meiner Menopause vorhätte, noch mal einem Kerl auf diese Art nahezukommen.

Die beiden Prachtexemplare direkt neben mir, deren Gespräch ich unfreiwillig mit anhöre, während ich auf die Runde Chardonnay für unseren Tisch warte, führen ihren Fachdiskurs indes munter fort.

»Davina ist eine, die es will. Dieser Schlafzimmerblick … Sie fickt einen praktisch durch den Fernseher.«

Gott, ich würde so gerne … Ein Teil von mir lechzt danach, mich zu ihnen umzudrehen, den Schock auf ihren Gesichtern zu beobachten, sobald sie erkennen, wer da direkt neben ihnen steht, und sie fragen, ob sie das wiederholen wollen. Ob sie es mir ins Gesicht sagen können, worüber sie gerade fantasiert und hergezogen haben. Aber da ich die Antwort bereits kenne, ist es mir meine Energie heute nicht wert. Deswegen wende ich mich wieder ab, meine langen schwarzen Haare wie einen schützenden Schild zwischen ihrem Bullshit und mir, ehe ich mich wieder auf einen der Bildschirme konzentriere. Zumindest so lange, bis sich einer der Barkeeper an seinen Kollegen vorbei zu meinem Platz an der Bar durchzwängt und mir meine Bestellung zuschiebt. Ich nehme das Tablett mit einem dankbaren Lächeln entgegen, ehe ich mich daranmache, mir einen Weg durch das dichte Gedränge im Pub zu bahnen. Dabei lasse ich automatisch meinen Blick über die Anwesenden gleiten; nur um sicherzugehen. Egal, wie viele Monate inzwischen vergangen sind … ich kann es nicht abstellen, meine Umgebung zu scannen, wenn weiterhin die reelle Chance besteht, dass er auftauchen könnte. Schaffe es nicht, meine beschleunigte Atmung zu beruhigen oder das nervöse Ziehen in meiner Magengrube in den Griff zu bekommen, wann immer ich mich in überfüllte öffentlichen Räumen bewege. Alles in mir schreit danach, die Paranoia abzuschütteln, mich nicht davon kleinkriegen zu lassen, auch wenn mich die Erfahrung etwas anderes gelehrt hat. Es ist so schwer, mich gegen diese Beklemmung zu wehren, sie niederzuringen und ihr nicht länger die Macht darüber zu geben, wie ich mein Leben angehe. Das habe ich mir selbst vor Monaten geschworen, weil ich nicht will, dass er mir auch nur eine weitere positive Sache in meinem Leben nimmt. Einfach, weil er es kann. Ich bin stärker, und genau deswegen recke ich den Kopf. Tue zumindest nach außen so, als würde ich innerlich nicht vor Sorge beben, und fokussiere mich darauf, dass es die richtige Entscheidung war, heute Abend mit meinen beiden besten Freundinnen hergekommen zu sein. Tess und Rosie lieben das Royal Archer im gediegenen Holland Park, vor allem aufgrund der feuchtfröhlichen Pub-Quiz-Abende oder der Spielübertragungen wie heute. Und ich bin es mir selbst schuldig, endlich diese ängstliche Beklemmung abzuschütteln und meinem Leben nicht länger von ihm Ketten anlegen zu lassen. Schlimm genug, dass er mich im Job verfolgt, gefühlt an jeder Ecke lauert; da will ich ihn zumindest in meiner Freizeit dorthin verbannen, wo er hingehört: in den hintersten Winkel der Hölle, die ihn eines Tages holen kommen wird. Was das angeht, bin ich mir verdammt sicher.

Meine besten Freundinnen slash Mitbewohnerinnen blicken mir strahlend entgegen, als ich mir meinen Weg zu unserem lauschigen Platz in einem der Erker des mittelalterlichen Gebäudes bahne. Kaum sehe ich die beiden, löst sich ein Teil des angespannten Knotens in meiner Brust, und alle Gedanken über die Idioten an der Bar oder andere Scheißkerle geraten in den Hintergrund. Tess und Rosie sind seit der Uni meine Felsen in der Brandung; die Menschen, die immer für mich da sind, egal, mit welchem Mist ich gerade zu kämpfen habe. Schwestern könnten sich nicht näherstehen, und ich würde alles, was ich habe, für sie hergeben.

»Ladys.« Mit großer Geste stelle ich meine Ausbeute auf unserem Tisch ab, ehe ich mich neben Rosie auf die Sitzbank fallen lasse.

»Ich kann euch gar nicht sagen, wie sehr ich nach diesem Tag einen Drink brauche«, ächzt Tess augenrollend und macht sich direkt daran, den eisgekühlten Wein in die drei Gläser zu gießen, die ich mitgebracht habe.

»Was hat Grant heute wohl verbrochen?« Verschwörerisch knufft mich Rosie in die Seite. »Hat er sich wieder die bessere der beiden Visagistinnen gekrallt und wollte nicht teilen?«

Tess’ hübsches, elfengleiches Gesicht verdüstert sich unheilvoll. »Oh, erinner mich nicht daran. Das mit Natasha werde ich ihm nie vergeben.«

Sie schiebt uns die großzügig gefüllten Gläser zu, und ich lächle in meinen Wein hinein. Tess, Rosie und ich stehen alle für den Londoner Fernsehsender British News Network, kurz BNN, vor der Kamera. Rosie ist für die Promi-und-Lifestyle-Sendung Buzz im Einsatz, ich bin Busenwunder aka Sportreporterin in der Premier League, und Tess moderiert eine Sendung im Frühstücksfernsehen. Auf dem Papier hat Tess mit Morning Brew by BNN karrieretechnisch den Jackpot geknackt, wäre da nicht ihr Co-Moderator Grant Garfield. Laut meiner besten Freundin ein pedantischer, überkorrekter Klugscheißer, der sie tagtäglich zur Weißglut treibt. Während der Liveübertragungen mimen die beiden auf ihrer Studiocouch ein Herz und eine Seele, wofür das ganze Land sie heiß und innig liebt. Doch kaum sind die Kameras aus, fliegen die Fetzen zwischen ihnen. Ich kann nicht damit aufhören zu sticheln, dass sie einfach noch in Phase eins einer perfekten Haters-to-Lovers-Romance feststecken, doch Tess will davon nichts hören. Sie hasst Grant aus tiefster Seele und zieht den Job mit ihm nur tagtäglich durch, weil sie sich in der Zukunft eine Beförderung zu den Abendnachrichten erhofft. Was Grant auch will. Drama, wie es schöner nicht sein könnte. Deswegen stütze ich auch jetzt interessiert das Kinn auf meine Hand und schenke Tess meinen erwartungsvollsten Welpenblick. »Schieß los, Epton. Was hat Grant the Grinch heute angestellt?«

Tess nimmt einen großzügigen Schluck von ihrem Wein – aka sie ext das halbe Glas –, ehe sie loslegt. »Er hat während der Einspieler damit angefangen, meine Aussprache zu korrigieren. Von wegen ich würde nuscheln und hätte Soiree falsch betont. Entschuldigung? Wir konnten nicht alle in Cambridge studieren und haben den Upper-Class-Jargon mit der Muttermilch aufgesogen?«

Ah, einer der typischsten Streitpunkte zwischen ihnen und ein unerschöpflicher Quell amüsanter Kleinkrieganekdoten.

Die nächste Stunde hindurch haten wir mit Tess leidenschaftlich auf Grant, tauschen BNN-Gossip aus und verfolgen mit halbem Auge das Fußballspiel – zumindest ich. Auch wenn ich im Job tagtäglich mit dem Sport zu tun habe, werde ich es nicht leid, mich auch in meiner Freizeit damit zu beschäftigen. Dabei ist es gerade mehr ein Nebenherschauen, weil die Mädels den Großteil meiner Aufmerksamkeit fesseln und mich davon abhalten, gedanklich zu sehr im Spiel zu versinken. Work-Life-Balance und so. Zur Mitte der zweiten Halbzeit liegt Liverpool 1:2 zurück, und die Stimmung im Pub nähert sich ihrem spannungsgeladenen Siedepunkt. Auch wenn wir hier in London sind, lässt die Teilnahme eines englischen Clubs in der europäischen Königsklasse für den Moment jegliche nationale Rivalitäten in den Hintergrund rücken – alle feuern Liverpool zum Ausgleich an. Immer mehr Gäste drängen ins Royal Archer, scharen sich um die Flatscreens und kommentieren jede Aktion mit Anfeuerungsrufen oder theatralischem Stöhnen. Man müsste gar nicht hinsehen, um zu wissen, wie das Spiel verläuft, natürlich luge ich dennoch zu den Fernsehern. Recke den Hals, um an einer Freundesgruppe vorbeischauen zu können, die mein Sichtfeld blockiert, und dann … ist er da. In der einen Sekunde bin ich noch herrlich entspannt, gelöst dank des Weins, den ich mir mit meinen Mädels gegönnt habe, einen Wimpernschlag später flutet eisiges Grauen meine Adern. Ein Gefühl, so mächtig und überwältigend, dass meine Muskeln verkrampfen und mir jäh Schweiß ausbricht. Das hier hat nichts mit der nervösen Paranoia zu tun, die ich vorhin auf dem Rückweg von der Bar noch irgendwie von mir schieben konnte. Die Angst, die jäh in mir ausbricht, hat mich so sehr im Griff, dass ich es nur über mich ergehen lassen kann. Hektisch blinzele ich, kann nicht wegstarren von der Stelle, an der ich dunkles Haar und einen kräftigen Kiefer zu sehen glaube. Die typisch stolze Art, auf die er den Kopf hält, ehe er den Blick zu mir wandern lässt und … ich winzig bin. Und allein. Und in Tränen aufgelöst, die wie Säure auf meinen Wangen brennen, weil Worte manchmal tiefere Wunden schlagen als Hiebe. Er ist gekommen, er weiß, wo ich bin, er wird mich niemals in Ruhe lassen.

Für einen grauenvollen Moment bin ich mir absolut sicher, ihn zwischen den Menschen mit Fanschals und überlaufenden Pints zu entdecken. Er schaut nicht in meine Richtung, noch nicht, doch das ist auch nicht nötig. Ein Hauch von ihm genügt, um mich zurückzustoßen. In all die Erinnerungen, die mit einem Mal wieder zu meiner Realität werden. Seine sanfte Stimme, die mir zuflüstert, dass ich ein Niemand bin. Nichts wert ohne ihn, weil er meine Welt ist und ich froh darüber sein kann, dass er mich gewählt hat. Du gehörst mir, Davina. Meine Mangelware, die nur dank mir wieder glänzt.

Das Atmen fällt mir mit jedem Zug schwerer, dennoch kann ich nicht wegsehen; immer wieder blinzelnd, um zu testen, ob er vielleicht doch nur eine Illusion ist, aber sein Anblick bleibt eingebrannt in meine Netzhaut. Ob er nun in diesem Pub ist oder nicht. Sein Anzug wie immer makellos, die Miene ein kontrollierter Spiegel, der der Welt um ihn herum stets genau das gibt, was sie von ihm erwartet. Der charismatische Businessmann mit der prominenten Freundin aus dem Fernsehen am Arm. Das Traumpaar, die Vorzeigebeziehung, Boyfriendgoals. Doch wenn die Tür hinter ihm zufiel … wenn da nur er und ich und meine Schwächen waren, die hinter meiner billigen Pappmascheefassade aus Selbstbewusstsein und Boldness lauerten … dann … dann …

Die Luft – stickig und beinahe dunstig aufgrund der unzähligen Körper, die sich unter der niedrigen Balkendecke des Pubs drängen – flirrt vor meinen Augen. All die Menschen, ihre Stimmen und Jubelrufe und Beschimpfungen vermischen sich von einem Moment auf den anderen zu einem Rauschen, das meinen Bezug zur Realität kappt. Was bleibt, ist nur dieses Wummern in meinem Kopf, und der einzige Mensch, den ich in diesem überlauten Strudel aus Gliedmaßen und Klängen gestochen scharf zu erkennen glaube, ist er. Mein Herz zieht sich zusammen, im ersten Moment dämlicherweise eine Spur sehnsüchtig, ehe es getrieben vor Angst losjagt. Weil es genau weiß, was Spencer getan hat. Was es bedeutet, ihn hier, in meinem neuen Stamm-Pub, entdeckt zu haben. Frieden und Sicherheit und Schutz sind Worte, die in diesem Moment aus meinem Vokabular verschwinden. Sie werden wegradiert von dunklem, halblangem Haar, klugen blauen Augen und einem Mund, der so lange mein Meister war. Mein Peiniger. Mein Alles. Zwar habe ich den Absprung geschafft, aber mich tatsächlich von ihm zu lösen? Das wollte er nie zulassen – natürlich wollte er das nicht. Ich sehe den Beweis dafür gerade vor mir. Weil ein Teil von mir glaubt, dass er hier ist und ich nicht mehr atmen kann. Nicht mehr blinzeln. Kein bisschen normal funktionieren, als würde mich die Angst bei lebendigem Leib verschlingen.

Tess und Rosie sind in ein angeregtes Gespräch vertieft und schauen zum Glück gar nicht auf, als ich irgendwie »Toilette« hervorpresse.

Hastig springe ich auf, werfe jedoch einen prüfenden Blick dorthin, wo ich Spencer gerade eben noch gesehen habe, entdecke ihn jedoch nicht mehr. Ist er wieder in der Menge untergetaucht, um mich in Sicherheit zu wiegen, oder habe ich ihn mir doch nur eingebildet … Egal, ich muss raus hier, ehe er beschließt, in meine Nähe zu kommen. Bevor mich all die grölenden, trinkenden Menschen ringsum weiter einkesseln und erdrücken. Sie kommen schon jetzt näher, während ich mich durch die Menge nach draußen kämpfe; überhastet, mit spitzen Ellenbogen und so atemlos keuchend, als hätte ich einen olympischen Vierhundert-Meter-Sprint hinter mir. Schweißfeuchte Haut, die meine streift; raue, behaarte Unterarme, heißer Atem in meinem Nacken. Die Berührungen, die mir zu nah sind, kriechen wie Insektenbeine über meine Haut und verschlimmern das Engegefühl in meiner Brust. Weiter, weiter, weiter. Wenn ich es bis nach draußen schaffe, wird zumindest niemand von den Anwesenden etwas davon mitbekommen, wie ich zusammenbreche. Oder was geschieht, sollte Spencer mir folgen – in Person oder in Form von Erinnerungen. Ich will nicht, dass all die Archies in diesem Lokal bemerken, wie Davina King, die sie aus dem Fernsehen kennen, eine Panikattacke erleidet. Für sie mag ich nicht mehr als ein Sexsymbol im Fußball sein, dagegen kann ich wenig ausrichten, doch alles, was mich noch antreibt, ist der Gedanke, dass ich den Leuten um mich herum keine weiteren Facetten von mir geben will. Die verletzlichen und schwachen und gebrochenen.

Am ganzen Körper zitternd, fliehe ich quer durch den quadratischen Schankraum, halte mich mit letzter Willenskraft aufrecht, bis ich endlich über den Windfang nach draußen gelange. Ich sehe nichts, denke nichts, bin nichts, als ich die ersten Schritte über den Asphalt stolpere; vorbei an den Sitzmöbeln für den Außenbereich, die für die Nacht bereits zusammengestapelt worden sind. In meiner Hast knalle ich mit dem Knie gegen einen der Stühle, aberder Schmerz dringt nicht wirklich zu mir durch, übertüncht von meiner Panik, die so viel tiefer schmerzt. Meine Beine fühlen sich regelrecht taub an, dennoch kämpfe ich mich weiter; ein Stück den Gehweg entlang, weg vom Licht, das seine langen Finger aus dem Royal Archer nach mir ausstreckt. Holland Park ist bedeutend schicker als die Ecke von Shepherd’s Bush, in der ich seit Kurzem mit den Mädels in einer WG wohne, und trotzdem sind zwei der Laternen entlang dieser Straße ausgefallen. Was mich unter normalen Umständen innehalten und aufmerksamer auf meine Umgebung hätte achten lassen, ist mir jetzt mehr als willkommen. Alles, was ich will, ist, nicht gesehen zu werden, um endlich auf dem regenfeuchten Bordstein niedersinken und darauf warten zu können, dass es vorbeigeht. Dass es vorbeigeht und … wusch. Keine Ahnung, wie oder wieso, aber ich kollidiere ungebremst mit einem Hindernis. Einem großen, massiven, ziemlich harten Hindernis, das beim Aufprall ein unterdrücktes Stöhnen von sich gibt. Meine Lunge, die es ohnehin kaum schafft, Sauerstoff in mein System zu pumpen, wird zusammengedrückt wie ein nutzloser Blasebalg, während ich langsam realisiere, dass ich mit einer Person zusammengeprallt bin. Hände umfassen meine Oberarme, und mein erster Gedanke ist: Spencer. Es würde zu ihm und seinem perversen Katz-und-Maus-Spiel passen, mich aus dem Pub zu treiben, nur um mich draußen mit wartenden Armen zu empfangen. Damit ich zu ihm fliehe, wie ich es in der Vergangenheit so oft getan habe. Ich drohe endgültig vor Panik zu zerspringen – mein Blickfeld verschwimmt, und ich schmecke kupfriges Metall auf der Zunge –, bis eine Stimme es durch meine brüllenden Gedanken schafft. Sie durchdringt die kopflose Angst, sodass etwas in mir für einen kostbaren Moment lang innehält. Um zuzuhören, weil diese Stimme schön klingt – warm und tief und beruhigend – und sie so gar nicht Spencer ähnelt. So gar nicht …

Noch im selben Moment nehme ich die Hände wahr, die mich nicht länger festhalten, sondern in gleichmäßigen Bewegungen meine Oberarme hinauf und hinunter streichen. Ein stetiger, fester Rhythmus, der mich packt wie ein Angelhaken. Zurückholt aus dem Gefängnis in meinem rasenden Kopf, bis ich mich endlich auf seine Worte konzentrieren kann.

»Du musst atmen, Love. Tief atmen.« Obwohl meine Brust sich weiterhin wie zugeschnürt anfühlt und jedes Luftholen schmerzt, konzentriere ich mich auf den warmen Unterton, lasse mich von ihm einhüllen, bis meine Gedanken in sanften Wellen hin und her wiegen, statt weiterhin gegen meine Schläfen zu branden.

Als er verstummt, greife ich sofort blind nach ihm, suche in meiner Panik nach etwas, woran ich mich klammern kann, etwas, das mich erdet und von der einen Person ablenkt, der ich so unbedingt entfliehen will. Ein Zischen dringt an mein Ohr, als ich meine Nägel in seine Schultern kralle, fest, dennoch macht er keine Anstalten, mich wegzuschieben. Sondern versteht meine wortlose Bitte.Es fühlt sich wie eine Belohnung an, als er wieder spricht.

»Schhhh, ich bin ja da. Du bist nicht allein, alles gut.« Behutsam legt er einen Arm um meinen Rücken, zieht mich näher zu sich heran, und ich kann nichts anderes tun, als in diese Nähe zu schmelzen. Zu vergehen und zu vergessen und zu akzeptieren, dass mich ein Wildfremder auffängt.

Keine Ahnung, wieso, doch diese vier Worte … du bist nicht allein sinken in mich wie ein Mantra. Atemzug um stockenden Atemzug zwinge ich in meine Lunge, kämpfe darum, die Kontrolle über meinen Geist zurückzuerlangen, der Amok läuft und meinen Körper erbarmungslos mit sich reißt.

»Soll ich mit dir reden? Hilft dir das?« Ich nicke, fokussiere mich gänzlich auf die Worte dieses Unbekannten, der mich aus irgendeinem Grund davor bewahrt, komplett in mir selbst unterzugehen. Stattdessen studiere ich seinen Tonfall, nehme wahr, wie der satte Bariton regelrecht über meine Haut streicht, und frage mich, welcher Ecke von London ich seinen kaum wahrnehmbaren Dialekt zuordnen soll. Eine Spur von East End scheint darin mitzuschwingen, ganz sicher bin ich mir jedoch nicht. Eine ganze Weile lang wiegt er mich in Phrasen, die samtig über seine Lippen rollen. Atmen, Love. Du machst das wunderbar, alles ist gut. Keine Angst, es geht vorbei. Tief einatmen …

Keine Ahnung, wie viel Zeit vergeht, doch irgendwann werde ich endlich ruhiger. Meine Atemzüge gleichen nicht länger schluchzenden Keuchern, sondern werden wieder regelmäßiger, dennoch streicht er weiter in einem beruhigenden Rhythmus über meinen oberen Rücken. Er scheint genau zu spüren, ab wann ich beginne, mich zu fangen, und fängt an zu plaudern, als wollte er versuchen, mich mit seichten Themen gedanklich weiter abzulenken.

»Ich bin nach draußen gekommen, weil ich nicht packe, wie Liverpool dieses Spiel gegen die Wand fährt. Konnte keine Sekunde länger dabei zusehen, wie sie eine Torchance nach der nächsten vergeben.«

Dankbar nehme ich den Anker an, den er mir hinwirft. »Solange sie Ned Silvers in der Sturmspitze lassen, wird sich daran auch nichts ändern. Er hat eine schlimmere Torflaute als Alec Ward und würde das Tor nicht einmal treffen, wenn er der einzige Mann auf dem Feld wäre. Manchmal ist es wie verflucht.«

Ein tiefes, rollendes Lachen steigt in seiner Brust auf, und verdammt, irgendwas daran gibt mir das Gefühl, ihn zu kennen oder zumindest schon mal mit ihm gesprochen zu haben. Auch wenn ich meiner Wahrnehmung gerade nicht über den Weg traue, klammere ich mich dennoch daran, weil sie mich davon abhält, tiefer in meiner Spencer-Panik zu versinken.

»Du bist also ein Fußball-Mädchen?«, hakt er nach, und ich nicke.

»Könnte man so sagen, ja.« Den Blick auf einen Punkt hinter seinen breiten Schultern gerichtet, weil ich nach wie vor das Bedürfnis habe, meine Umgebung zu scannen. Auch wenn ich mir jetzt, da die Attacke abgeflaut ist, relativ sicher bin, mir seine Anwesenheit nur eingebildet zu haben.

»Und du glaubst an Flüche?« Seine Nachfrage, seltsam eindringlich, bewahrt mich einmal mehr davor, in die Untiefen meiner Unsicherheit abzudriften.

»Im Sport? Hmm, zumindest kommt es mir so vor, als wäre es manchmal der Fall. Besonders Fußballer können ein ziemlich abergläubischer Haufen sein.«

Dafür ernte ich ein weiteres leises Lachen. »Oh, da könntest du recht haben.«

Dieser Augenblick mit ihm ist wie ein Rettungsseil, das sich unbemerkt um meine Taille geschlungen hat und mich Stück für Stück zurück an die Oberfläche zieht. Ein vollkommen Fremder, der mich hält und mir aus meiner Ausweglosigkeit hilft, ohne mit der Wimper gezuckt zu haben. Und ich, die ich hier bei ihm stehe und es annehmen kann. Nicht, weil er mir keine Wahl lässt, sondern weil ich mich nicht entziehen kann – und es auch nicht möchte. Eigentlich gehöre ich zu denjenigen, die lieber allein sind, wenn es ihnen schlecht geht, weshalb ich mein Verhalten auf die Anonymität zwischen uns zurückführe. Keine Ahnung, woher sonst das Gefühl kommt, bei ihm in Sicherheit zu sein.

»Was würdest du jemandem raten, der dazu neigt, an so was zu glauben? An Flüche und Pechsträhnen und Glücksbringer.«

Da muss ich nicht lange überlegen. »Wenn du wirklich an solche Dinge glaubst, brauchst du einen Talisman. Oder einen Exorzisten.«

Ich schaue ihm nach wie vor nicht ins Gesicht; muss meinen Blick auf die Dunkelheit hinter ihm richten, um nicht zu riskieren, wieder Spencer vor mir zu sehen. Gleichzeitig bade ich in dem Lachen, das aus ihm herausbricht. Noch besser, noch brillanter, noch herzerwärmender. Es ist wundersam, aber mit einen Mal fühle ich mich wieder ein wenig wie ich selbst. Wie die Davina davor, die ich so lange nur gefaked habe.

»Ist das eine Drohung oder ein Angebot?«, gluckst er, sein Tonfall klingt beinahe neckisch.

»Kommt drauf an, wie du dich entscheidest.«

»Dann würde ich den Talisman wählen.«

Mein Mund ist offen, bereit für die nächste Erwiderung, die er aus mir herauskitzelt wie ein begnadeter Talkmaster, ehe mir etwas Besseres einfällt. Mit einem Mal habe ich das Bedürfnis, ihm diesen Talisman, den er sich offenbar wünscht, zu schenken, egal, wie lächerlich das auch erscheinen mag. Ein Versuch quasi, mich auf die einzige Art, die mir möglich ist, für seine Hilfe zu bedanken und ihm etwas zurückzugeben.

Also rücke ich ein Stück von ihm ab, klemme den Zeigefinger meiner rechten Hand unter den Daumen und schnipse ohne Vorwarnung gegen seine Stirn. Einen köstlichen Moment lang sind da nur Augen, deren Farbe ich in der Dunkelheit ringsum nicht genau erkennen kann, die mich entsetzt geweitet anstarren.

Unfähig, ein Grinsen zurückzuhalten, erwidere ich seinen Blick. »Ein Glücksbringer für dich, der deinen Fluch in Schach halten sollte. Dank mir später.«

Weiterhin ziemlich verdattert schaut er mich an; seine Mundwinkel zucken, doch er scheint zu beschäftigt damit, mich zu mustern. »Irgendwoher kenne ich dich doch.«

Ah, fuck. Fuck, fuck, fuck. So viel zur Anonymität. Er ist, was … offenbar ein Fußballfan, der mich garantiert schon mal während eines meiner kurzen Interviews nach Spielende gesehen hat. Zu flüchtig, um mich sofort zu erkennen, und dennoch einprägsam genug, um nicht komplett unentdeckt zu bleiben. Ich bemerke das oft in der Öffentlichkeit: die nachdenklichen, konzentrierten Blicke der Leute, die mich ansehen und sich dabei fragen, woher sie mich kennen. Und denen wahrscheinlich erst zu Hause, sobald sie BNN anstellen, einfällt, dass ich Doppel-D-Davina bin.

Die Krux an der Sache ist gerade allerdings … er kommt mir genauso bekannt vor. Allerdings bin ich noch zu konfus, zu aufgewühlt, um in den richtigen Schubladen nachzusehen. Wahrscheinlich wird es mir wie den anderen gehen, und ich komme erst sehr viel später drauf, wem ich hier in die Arme gelaufen bin. Sobald …

»Davina?« Mein Kopf schnellt herum, als Rosies Stimme besorgt über den Gehsteig schallt. Ach, verdammt, die Mädels! Ich habe komplett ausgeblendet, wie lange ich schon hier draußen bin, statt vom Klo zu ihnen an den Tisch zurückzukehren. Logisch, dass sie sich allmählich Sorgen um mich machen …

»Sorry, ich muss los. Aber danke. Danke dir so sehr!« Ich mache mich von meinem fluchgeplagten Retter los, der mich widerstandslos freigibt, und haste auf meine Freundin zu.

Hinter mir höre ich seine Stimme. »Moment mal … Davina? Bist du …« Doch da habe ich Rosie schon erreicht, die zusammen mit Tess vor dem Pub steht und mir besorgt entgegenblickt.

Beherzt legt Tess eine Hand auf meine Schulter und scannt mich einmal von oben nach unten, als fürchte sie, Verletzungen an mir zu finden. »Heilige Scheiße, D! Wo hast du gesteckt? Wir dachten schon, Spen…«

»Jetzt nicht«, unterbreche ich sie und stelle erleichtert fest, dass sie bereits unsere Taschen und Jacken mit nach draußen gebracht haben. »Können wir einfach gehen? Jetzt?«

»Warum? Ist dir was passiert? Dir ist was passiert, oder? Verdammte …«

»Nein, Tess. Ich hab nur das dringende Bedürfnis, eine Cinderella-Verschwindenummer einzulegen, weil ich etwas wirklich Davina-Untypisches getan habe.«

2

Alec

»Alter, Alec, was war heute los mit dir?«

Mit quietschenden Badelatschen, ein Handtuch um die Taille geschlungen, tappe ich gerade von den Duschen zurück in die Gästekabine, als Trent sich mir in den Weg stellt – seines Zeichens einer meiner besten Freunde und zweite Hälfte der Flügelzange von Knightsbridge United, als die wir beide einen gewissen legendären Status genießen. Nun, bis vor Kurzem zumindest.

Jetzt baut er sich vor mir auf, die Hände in die Seiten gestemmt, splitterfasernackt. Sein Gesichtsausdruck ist das perfekte Abbild tadelnden Vorwurfs, und ich weiß, dass ich mich auf eine Ansage gefasst machen kann, aber ernsthaft … wie zum Teufel soll ich ihn ernst nehmen, wenn sein Sack direkt vor mir herumbaumelt?

Trent ist trotz seiner Blitzernummer nicht in der Lage, mein siegestrunkenes Grinsen zu dimmen, als ich mich an ihm vorbeischiebe und auf meinen Spind zulaufe. Weil ich im Gegensatz zu ihm Wert darauf lege, mir erst mal was anzuziehen. Alle Jungs hier drinnen sind abgehärtet von all den Jahren in Gemeinschaftsduschen, deshalb ist Nacktheit nicht wirklich etwas, weswegen jemand von uns überhaupt noch mit der Wimper zucken würde. Nur erfordern manche Gespräche einfach Klamotten und …

»Wurdest du von Aliens entführt, die deinem Hirn eine Neuverkabelung verpasst haben? Hat dich der Blitz getroffen oder …«

»Trent …«, versuche ich ihn zu bremsen, dabei nimmt er gerade erst richtig Fahrt auf. Auf dem Platz hat er mich noch hochgehoben und gejubelt, als hätten wir die Meisterschaft schon in der Tasche, dabei hätte mir klar sein sollen, dass er nachbohren würde. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie einige unserer Teamkollegen verstohlen mithören – innehalten, während sie sich frische Socken anziehen oder in ihren Taschen wühlen –, unverkennbar begierig auf jedes Detail. Arghh, ich liebe diese Jungs unendlich, aber dass sie so ziemlich die schlimmsten Klatschtanten der Insel sind, kann auch ganz schön nervtötend sein.

Gleichzeitig kann ich es ihnen ausgerechnet heute nicht verübeln. Sie fragen sich, genau wie Trent, was beim heutigen Spiel gegen Brighton mit mir los war – und nach Monaten, in denen ich alle nur angeschnauzt habe und ein Arsch gewesen bin, ist er als Einziger unverblümt genug, mich nach Spielende zu konfrontieren. Am liebsten würde ich mich komplett in diese Euphorie sinken lassen, in der die anderen durch das High eines Sieges schwelgen. Für ein paar Stunden vergessen, wie mies meine Performance in letzter Zeit gewesen ist, und stattdessen so tun, als würde ich wieder obenauf schwimmen. Genießen, mich zur Abwechslung mal gut zu fühlen, statt es durchzuanalysieren, aber es gelingt mir nicht wirklich.

Ein wenig ernüchtert streiche ich mir durch die Haare, die noch feucht von der Dusche sind. »Ich weiß nicht, was heute anders war, okay?« Das sage ich zu Trent, aber auch zum Rest der Mannschaft. Den Jungs, die mich schon in der Halbzeitpause wie eine verdammte Fata Morgana angestarrt haben, weil ich zum ersten Mal seit Monaten Tore geschossen habe, drei Stück, zwei davon bereits in den ersten zwanzig Minuten des Spiels. Drei fucking Tore. So viele, wie ich in der ganzen Rückrunde der letzten Saison nicht geschissen bekommen habe. Dank meiner Treffer haben wir heute einen fulminanten Sieg eingefahren, dennoch kann ich mich nicht darüber freuen. Will nicht darüber sprechen. Weil sich dieser Hattrick wie ein Ausrutscher anfühlt, den ich mir selbst nicht wirklich erklären kann. Es ist, als wäre ich auf den Platz getreten und mein Körper hätte sich mit einem Mal an das erinnert, was über die letzten Wochen und Monate verloren gegangen ist. Das, was mir so leicht wie Atmen gefallen ist, seit ich mich erinnern kann: Fußball spielen, das Feld dominieren, einen verdammten Ball ins Netz packen. Seit letzter Saison stecke ich in der miesesten sportlichen Krise meiner Karriere, und egal, was ich getan habe, nichts konnte mir helfen, meine anhaltende Torflaute zu brechen. Bis heute. Wo sich auf magische Art ein Schalter umgelegt hat und ich mich seit einer Ewigkeit nach Abpfiff nicht wie ein Versager fühle.

Ich will vor Dankbarkeit aufseufzen, als unser Torwart Armando De Luca von hinten auf Trent zutritt und ihm ohne Umschweife ein Handtuch um die Hüfte knotet. »Pack dich mal ein, deine Lordschaft. So beeindruckend ist deine Ausstattung auch wieder nicht.« Dabei versucht er, einen blasierten Upper-Class-Akzent zu imitieren, was ihm nur mäßig gelingt, da die italienische Färbung wohl nie ganz aus seiner Stimme verschwinden wird.

Trent nimmt ihn gar nicht richtig zur Kenntnis – ebenso wenig wie die scherzhafte Anrede Lordschaft, die das Team so gerne nutzt, weil Trenton de Montfort tatsächlich dem Adel entstammt. Er ist ein Baron, wird irgendwann den Titel eines Earls erben und hasst es normalerweise wie die Pest, darauf reduziert zu werden. Stattdessen wollte er sich schon immer lieber mit seinem Talent durchsetzen und nicht wegen des Namens seiner Familie.

Der Blick meines besten Freundes durchbohrt mich; eindringlich und ein wenig zu aufmerksam. Als könnte er Dinge in meinem Kopf sehen, die ich selbst nicht wahrhaben will.

»Du bist also heute Morgen aufgewacht und hast dir gedacht: Hm, ich hab mich jetzt monatelang vor Selbsthass zerfressen und mir eingeredet, auf dem Feld ein Verlierer zu sein – wär mal an der Zeit, was anderes zu probieren?!«

Genervt von seiner ungeschönten Direktheit, balle ich die Hände zu Fäusten, gehe aber nicht wie sonst sofort mental in den Verleugnungsmodus. Weil … seine Worte bei mir einen Nerv treffen. Heute Morgen, wie schon in den Tagen zuvor, war tatsächlich etwas anders als sonst. Ich bin nicht einfach nur wach geworden, habe erst mal verschlafen an die Decke gestarrt und mich gefragt, welcher Tagesordnungspunkt wohl als Erster auf meiner Agenda steht. Stattdessen habe ich etwas vor mir gesehen, noch ehe ich die Lider geöffnet habe: ein Paar Augen. Überschattet von Angst und den schlechten Lichtverhältnissen auf der Straße vor dem Pub, dennoch bin ich mir ziemlich sicher, dass sie eine außergewöhnliche Farbe hatten. Ein heller Ton, irgendwo zwischen Blau und Grün, in dem ich gerne länger verweilt wäre, um ihn mir genauer anzusehen. Um mehr über die Frau zu erfahren, die erst blind vor Panik in mich gerannt ist, um dann über Flüche und Exorzisten zu scherzen und … Fahrig hebe ich die Hand zu meinem Gesicht und berühre mit den Fingern meine Stirn, gegen die sie an diesem Abend vor einigen Tagen geschnippt hat. Irgendwie fühlt es sich an, als würde das pochende Echo des Schnalzers noch immer dort sitzen und bis in mein Stammhirn ausstrahlen. Als hätte sie eine Spur auf oder in mir hinterlassen. Nein, keine Spur, sondern … Ein Glücksbringer für dich, der deinen Fluch in Schach halten sollte.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie keine Ahnung hatte, wer ich war – sonst hätte sie meinen Namen vermutlich nicht mit der Pechsträhne von Liverpools Ned Silvers in Verbindung gebracht (zugegeben, das hat kurz wehgetan). Sie kann nicht gewusst haben, worum es mir bei dem Fluch ging, über den ich ehrlich gesagt auch nur halb im Scherz geredet habe. Ich habe einfach drauflosgeplappert, wild entschlossen,diese Unbekannte, die sich an mich geklammert hat, als wären ihr alle Schrecken der Hölle auf den Fersen, aufzuheitern. Abzulenken von was auch immer, das sie in diese Panik versetzt hatte.

Sie gibt dir einen Talisman mit auf den Weg, und dann stehst du heute das erste Mal seit einer Ewigkeit auf dem Platz und kriegst was geschissen? Ich brauche meine innere Stimme nicht, um zu dieser Schlussfolgerung zu gelangen. Und zu erkennen, was sie bedeuten könnte.

Wir Fußballer klammern uns recht irrational, aber heftig an jeden Schnickschnack, von dem wir uns einreden, er würde uns helfen zu gewinnen. Glücksschuhe, Pre-Game-Routinen, Vorzeichen. Und seit Neuestem wohl auch Stirnschnipser von Fremden? Wobei, Fremde … inzwischen bin ich mir ziemlich sicher zu wissen, wem ich da begegnet bin. Davina haben ihre Freundinnen vor dem Pub sie genannt. Kein absolut seltener Name, doch gepaart mit dem Eindruck, dass sie mir irgendwie bekannt vorkam …

Es war definitiv nicht Davina King, das versuche ich mir jetzt seit mehreren Tagen zu sagen. Weil die Chancen, dass ich ihr in irgendeinem Pub in London über den Weg laufe, so ziemlich gegen null gehen. Nicht Davina… die absolut atemberaubende Field-Reporterin von BNN, auf die so ziemlich jeder Kerl in der Liga einen Crush hat – und vor der sie gleichzeitig insgeheim zittern. Weil sie dafür bekannt ist, die cleversten Fragen zu stellen, da nachzubohren, wo es wehtut, und einem aufgeblasenen Fußballgockel schneller das Ego zertreten kann, als Schiris eine Gelbe Karte abfeuern. Seit meine Down-Phase begonnen hat, bin ich Nachspielinterviews so gut wie möglich aus dem Weg gegangen, weswegen ich ihr seit einer Weile nicht mehr begegnet bin.

Aber fuck, das war Davina, nicht wahr? Aus irgendeinem Grund wollte ich es mir nicht eingestehen, dabei habe ich am Abend zuvor noch nach YouTube-Clips von ihr gesucht. Und egal, wie viele vergangene Interviewausschnitte ich mir angeschaut habe, um ihre Stimme abzugleichen, und wie gruselig mich das erscheinen lässt … ich habe die Gewissheit gebraucht. Vor allem jetzt, da sie mir womöglich zu meinem Befreiungsschlag auf dem Platz verholfen hat. Irgendwie muss ich ihr danken … irgendwie …

Mir entgeht nicht, wie eingehend Trent mich beobachtet, während ich gedankenverloren vor mich hin schweige. »Hmmm?«, macht er auffordernd.

Ehe ich antworten kann – und mich entschieden habe, ob ich das Detail mit dem Stirnschnipser-Talisman wirklich mit der ganzen Mannschaft teilen möchte –, mischt sich eine vor Arroganz triefende Stimme hinter uns ein.

»Wenn ihr mich fragt, sollten wir Ward einfach zur UKAD schicken. Dann klären sich deine Fragen garantiert, Montfort.«

Blitzartig drehe ich den Kopf in Richtung von Dan Ashmore, den ich nicht ausstehen kann, seit er im September mit seinem schleimigen Grinsen als Sommer-Transfer zu den Knights gestoßen ist. Es ist wirklich eine Schande, dass ein dermaßen begabter Mittelstürmer wie Dan gleichzeitig so ein formidables Arschloch ist. Dass er vor allen vorschlägt, mich zur UKAD aka der UK-Anti-Doping-Agency zu schicken, um mich auf unerlaubte Substanzen zu testen, treibt meinen Puls jäh in die Höhe. Miese kleine Ratte …

Blasiert stößt Trent die Luft aus. »Dich hat aber niemand gefragt, Ashmore. Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß.«

Dan bläst die Wangen auf, offenkundig nicht gewillt, Trents Rat zu folgen. »Es geht mich was an, wenn Ward seit Saisonbeginn spielt wie ein lustloser Knacker, der langsam zu alt für eine Stürmerposition wird, und heute plötzlich performt, als hätte er über Nacht neues Lebenselixier bekommen. Und drei Tore im Alleingang macht, obwohl ich mindestens zweimal frei stand und hätte übernehmen können!«

Neunundzwanzig. Ich bin verdammte neunundzwanzig Jahre alt und muss mir schon jetzt von einem Kind wie Dan anhören, ich würde zu alt werden. Die Scheiße ist, dass er nicht der Einzige ist, der diese Meinung vertritt – seien es die Medien, der Verein oder mein eigenes Management. Du kannst das Niveau nicht mehr lange halten, sei klug, denk nach. Ein Titel mit Knightsbridge ist nicht alles.

Fuck it! Ich kann und ich werde, und selbst wenn es bedeutet, einem Egomanen wie Dan auf die Füße zu treten, indem ich ihm die ein oder andere Vorlage verweigere. Seine Trefferbilanz wird drüber wegkommen.

Angepisst funkele ich ihn an. »Arbeite du mal lieber daran, länger als eine Saison beim selben Verein zu bleiben und dich in einer Mannschaft zu etablieren, dann reden wir noch mal über Assists, die ich dir überlasse, Kleiner.« Ich werde mich bestimmt nicht dafür entschuldigen, alles zu geben, selbst wenn ich dafür ab und zu egoistisch sein muss.

Im Eiltempo ziehe ich mich an, packe mein Zeug zusammen und verfluche Dan dafür, dass er mir meine Siegerstimmung so erfolgreich vermiest hat – Dopingkontrolle, ich glaub, es hackt. Ich bin gerade im Begriff, mir ein dunkelblaues Knights-Cap aufzusetzen, als Mando mit geschulterter Tasche zu mir tritt und mich in die Wange kneift, als wäre er ein altes Tantchen.

»Kopf hoch, Ragazzo, du bist heute der Mann des Tages!« Er legt mir den freien Arm um die Schultern und lässt den Blick über die restlichen Jungs in der Kabine schweifen. »Gebt unserer Nummer sieben mal den Hype, den er nach diesem Hattrick verdient hat. Hipp, hipp …!« Sein italienischer Akzent lässt Letzteres ganz ulkig nach ipp, ipp klingen und bringt mich gegen meinen Willen zum Schmunzeln.

Die anderen grinsen und wirken unschlüssig, ob sie sich diesem etwas albernenJubelruf wirklich anschließen sollen. Natürlich ist es Trent, der schließlich auf eine Sitzbank steigt und mitreißend grölt: »Hurra!«

»Hipp, hipp!«

»Hurra!« Angeheizt von Trent, stimmt nun auch das restliche Team mit ein, und spätestens als der Kapitän persönlich einen der beliebtesten Fangesänge anstimmt, ist Dans Spitze vergessen.

»Like King Arthur’s knights, we fight with pride!

Knightsbridge United, side by side!

We are Knightsbridge, on this quest,

Blue and Silver, fuck the rest!«

Morgen wartet das eintönige Tagesgeschäft auf uns, und der Weg bis zur Tabellenspitze ist weit, doch für den Moment … Ich spüre selbst, wie ich lockerlasse. Mitgerissen werde von der Welle an Euphorie, während die Jungs einen Kreis um mich bilden, wild herumspringen und furchtbar schief singen. Zum ersten Mal seit einer ganzen Weile fühle ich mich nicht wie ein Versager, sondern erlaube mir, mich einfach nur gut zu fühlen.

»We are Knightsbridge, sword and shield! From the legend, we never yield!«

»Das kommt so was von auf TikTok!« Ich drehe den Kopf in Richtung der vergnügten Stimme, die von rechts über mir ertönt, und entdecke Dixie aus dem Social Media Team der Knights. Sie muss sich hereingeschlichen haben, ist wie Trent vorhin auf eine der wackeligen Bänke geklettert und filmt uns nun. Unter ihrem linken Arm klemmt … Als sie bemerkt, dass sie sich meine Aufmerksamkeit gesichert hat, schwenkt sie zu mir rüber und ruft über das Grölen der anderen hinweg: »Hey, Ward, vergiss nicht deine Hattrick-Trophäe!« Mein Herz legt einen Zahn zu, weil ich diese Premier-League-Tradition wirklich beinahe vergessen hätte. Wer in einem Match drei Tore geschossen hat, bekommt am Ende den Ball, den das gesamte Team signiert.

Der Wurf, mit dem Dixie mir den grasbefleckten Spielball der heutigen Partie zukommen lässt, ist gelinde gesagt miserabel. Lediglich jahrelanges Profitraining erlaubt es mir, blitzschnell vorzuhechten und ihn aufzufangen, ehe er auf dem Boden aufkommt.

»Schau dir das an, Mando! Ward macht dir deine Keeper-Position noch streitig. Den Kerl stoppt ab heute gar nichts.« Ich glaube, es ist Ray, der das brüllt, und folge dem Schwenk von Dixies Smartphone, die prompt unseren Torwart ins Visier nimmt. Mando wirkt in keinster Weise besorgt, lächelt nur lässig durch die drei Kameras hindurch scheinbar direkt zu unserer TikTok-Beauftragten, während er vielsagend ruft: »Er kann es ja versuchen. Aber wir wissen alle, dass ich der einzig wahre Keeper der Knights bin – und der Herzen. Si, cuore?«

Dixies Wangen färben sich pink, dennoch löst sie den Augenkontakt mit Mando und fokussiert sich ganz auf das Display vor ihr.

Ich bin mir sicher, dass dieses Material aus der Gästekabine noch vor Mitternacht online landen und viral gehen wird. Dixie hat ein Händchen für Content, der uns zur Mannschaft mit dem beliebtesten Onlineauftritt der Liga gemacht hat.

Indes hat jemand einen schwarzen Filzstift hervorgezaubert, sodass der Spielball durch die Hände des Teams wandert. Ohne hinsehen zu müssen, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich mindestens ein krakeliges Wanker oder Twat vorfinden werde – dabei gilt: Je tiefer die Beleidigungen zielen, desto größer die Zuneigung. Dixie lässt mich anschließend noch für ein paar Aufnahmen mit meinem Ehrenpreis posieren, und als ich schon glaube, endlich für den Abend entlassen zu sein, steckt Marten von der Presseabteilung des Vereins den Kopf in die Gästekabine. O nein, nicht er auch noch …

Mit der Zielsicherheit eines Falken nimmt der schmächtige Kerl mich ins Visier. »Alec, dich brauche ich! Alle wollen ein Interview mit dir, ein paar kurze Worte …«

»O nein, Marten, ernsthaft? Ich …« … stand schon so lange nicht mehr vor den Kameras nach einem Spiel, dass ich mich ganz eingerostet fühle. Und keine Ahnung habe, ob ich heute Abend irgendwas von dem Mediatraining abrufen kann, das Spielern in ermüdender Regelmäßigkeit eingeprügelt wird. Ich war mal ein Profi in so was, bin dem Ganzen aber nun schon so lange aus dem Weg gegangen, dass ich nicht weiß, ob meine frisch aufgekratzte Stimmung gerade für die Öffentlichkeit geeignet ist.

Marten macht mit erhobenem Zeigefinger einen Schritt auf mich zu. »Keine Widerrede. Ich war lange genug geduldig mit dir. Die Leute können die Visagen von Mahapatra und Montfort langsam nicht mehr sehen.«

Von den beiden kommen prompt lautstarke Proteste, aber ich gebe mich geschlagen. Marten mag schmal gebaut und kleiner sein als ich, doch wenn er sich mal etwas in den Kopf gesetzt hat, ist er unerbittlich – und zugegebenermaßen auch ziemlich angsteinflößend. Lieber bringe ich das hier schnell hinter mich, damit ich mit dem restlichen Team in den Bus steigen und hoffentlich bald nach Hause kommen kann. Mein Körper schmerzt nach über neunzig Minuten auf dem Platz, und langsam, aber sicher sickert Erschöpfung in meine Knochen. Ich will einfach nur meinen Kater Tor begrüßen, mit ihm im Schlepptau ins Bett fallen und mich daran erinnern, dass der heutige Spieltag kein Traum gewesen ist. Sondern der Wendepunkt meines verfluchten Abwärtstrends.

Zumindest ist es das, was ich dem landesweiten Fernsehpublikum erklären werde.

3

Davina

Unbekannte Nummer: Guten Morgen, mein Engel. Hab diese Nacht von dir geträumt

Unbekannte Nummer: Kann es nicht erwarten, dich endlich wiederzusehen

Unbekannte Nummer: Ich weiß, du brauchst noch Zeit, aber ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich immer an dich denke und jeder deiner Schritte auch meiner ist. Du bist mein Leben, ich liebe dich!

Es ist schon über zwei Stunden her, dass ich diese Nachrichten direkt nach dem Aufwachen gelesen habe, und doch geistern sie mir unaufhörlich durch den Kopf. Mein Magen hat sich in ein schmerzhaftes, schlingerndes Knäuel verwandelt, weil ich einfach nicht glauben kann, dass es Spencer schon wieder gelungen ist, an meine Handynummer zu kommen. Egal, wie oft ich sie wechsele, für ihn scheint es nichts weiter als ein Spiel zu sein, indem er mich zwei, drei Wochen in Sicherheit wiegt, ehe er mir wieder schreibt. Und anruft. Und mich daran erinnert, dass er weiterhin an mir festhält. Ich weiß nicht genau, wie er es immer wieder anstellt, an meine Daten zu gelangen, aber etwas sagt mir, dass er seine beeindruckenden Connections dafür missbraucht. Doch am meisten gruselt es mich, mit welcher Leichtigkeit er mir auf den Fersen bleiben kann. Kennt er die Adresse meiner neuen WG womöglich längst? Ist es nur ein weiterer seiner Schachzüge, um mich mürbe zu machen? Indem er sich erst mal fernhält, um dann in einem unerwarteten Moment zuzuschlagen?

Jeder deiner Schritte ist auch meiner. Deutlicher könnte Spencer nicht machen, dass er weiterhin über alles, was ich tue, Bescheid weiß, und ich … argh, ich hasse es. Alles. Den Schrecken, der mich lähmt, wann immer ich etwas von ihm höre. Seine Fähigkeit, mir den Tag von dem Moment an zu vermiesen, in dem ich die Augen öffne. Die Hartnäckigkeit, mit der er mich heimsucht.

Ich dachte, der Albtraum mit Spencer hätte endlich ein Ende, als ich es nach mehreren erfolglosen Versuchen endlich geschafft habe, Schluss zu machen und aus unserer gemeinsamen Wohnung auszuziehen, doch offensichtlich habe ich die Rechnung ohne ihn gemacht. Zwar ist er inzwischen mein Ex, nachdem es mir vor sechs Monaten gelungen ist, mich zu trennen, aber akzeptieren will er es bis heute nicht. Habe ich angenommen, sein Verhalten während unserer Beziehung wäre schlimm gewesen, so ist es nichts im Vergleich zu dem Terror, dem er mich auch ein halbes Jahr später noch aussetzt. Um mich ihm zu entziehen, bin ich sogar so weit gegangen, meine besten Freundinnen darum zu bitten, mit mir in eine WG zu ziehen, weil sich allein wohnen nicht mehr sicher angefühlt hat. Aber weil der Wichser Anwalt ist, findet er natürlich immer neue, perfide Wege, um mich zu drangsalieren, ohne mir eine Grundlage zu ermöglichen, zur Polizei zu gehen und ein Kontaktverbot zu erwirken. Er schickt mir keine Drohungen, sondern Blumen und teure Geschenke und Unterwäschesets. Er wird nicht handgreiflich, sondern taucht nur immer wieder in meiner Nähe auf – scheinbare Zufallsbegegnungen beim Einkaufen oder Ausgehen –, und schreibt mir ellenlange Liebesbriefe. Tess und Rosie meinen, dass selbst das genügen würde, um eine Anzeige gegen ihn zu erwirken, aber die Wahrheit ist: Ich habe noch immer zu viel Angst davor. Spencer hat während unserer Trennung mehr als deutlich gemacht, dass er als Medienanwalt alle Fäden in der Hand hält, um mich und meine Karriere öffentlichkeitswirksam zu zerstören, und ich bezweifle das keine Sekunde. Während wir ein Paar waren, habe ich zu oft aus erster Hand miterlebt, wie er Menschen vernichtet hat, ohne dass diese auch nur etwas davon mitbekommen haben. Sie standen vor dem Nichts, bevor ihnen überhaupt bewusst geworden ist, dass jemand eine Schmutzkampagne gegen sie fährt, und dann war es längst zu spät. Momentan wiege ich mich in der angespannten Sicherheit, Spencer in seinem Wahn, mich zurückzubekommen, einfach machen zu lassen, bis er einsieht, dass es nichts bringt. Aber ich werde den Teufel tun und ihn in eine Ecke drängen, indem ich die Behörden ins Spiel bringe. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass ihn das über die Kante schubsen würde, und einer derartigen Schlammschlacht fühle ich mich gerade nicht gewachsen.

Während ich seine neuesten Nachrichten so anstarre, regt sich Wut in mir. Auf mich selbst, weil ich ihn überhaupt erst in mein Leben gelassen und von Anfang an alle Red Flags tunlichst übersehen habe. Ich war so verliebt in diesen charismatischen Mann, der vorgegeben hat, mir die Welt zu Füßen zu legen. Bis immer deutlicher wurde, dass ich es bin, die zu seinen Füßen liegen sollte. Klein und hörig und brav. So wollte er mich haben, und beinahe wäre es ihm gelungen, mich zu brechen. Beinahe … An diesem kleinen Wort muss ich mich festhalten. Egal, welche Beklemmung allein der Gedanke an ihn in mir auslöst, ich bin nicht mehr bei ihm. Stehe nicht mehr unter seinem Diktat und kann seine Nachrichten getrost ignorieren. Weswegen ich mein Handy letztlich kurzerhand ausgeschaltet habe, obwohl mir auf dem Sperrbildschirm die Vorschauen etlicher anderer Mitteilungen angezeigt worden sind. Die müssen erst mal warten.

Dennoch haben Spencers Nachrichten dafür gesorgt, dass ich zerstreut und in Gedanken versunken bin, auch noch, als ich längst im Hauptsitz von BNN in Isleworth angekommen und auf dem Weg zu einem frühmorgendlichen Redaktionsmeeting bin. Heute bin ich wie auf Autopilot unterwegs, so sehr, dass ich beinahe frontal in Elliott, unseren Ressortleiter für die Premier League bei BNN Sports, laufe. Er scheint im Flur vor den Besprechungsräumen auf ausgerechnet mich gewartet zu haben und tritt mir in den Weg, als ich wie eine Schlafwandlerin auf ihn zusteuere.

»Guten Morgen, King. Na, alles fit?«

Im letzten Moment lege ich einen abrupten Stopp hin, um nicht wirklich mit ihm zu kollidieren. Dabei ist seine gewohnt dröhnende Stimme genau das, was ich gebraucht habe, um ins Hier und jetzt katapultiert zu werden. BNN, Redaktionsmeeting, ARBEIT, sage ich mir und straffe die Schultern, um den Schreck des Morgens endgültig abzuschütteln.

»Morgen, Elliott.« Ich verzichte darauf, auf seine Alles-fit-Frage einzugehen – Herrgott, muss er so unsensibel sein und nachfragen, obwohl man mir deutlich ansehen kann, dass das nicht der Fall ist? Trotz aller Schminktipps, die ich mir in den letzten Jahren beim Fernsehen angeeignet habe, habe ich mir beim Fertigmachen zu Hause selbst ansehen können, wie mitgenommen ich wirke. Es sind der dumpfe Ausdruck in meinen Augen und die angespannten Linien um meinen Kiefer, die kein Concealer dieser Welt übertünchen könnte. Sagen wir so: An diesem feinen Morgen strahle ich nicht gerade Esprit und ungebrochene Lebensfreude aus. Was ein Glück, dass ich nicht wie Tess beim Frühstücksfernsehen bin und wie ein Sonnenschein in die Kameras strahlen muss. Keine Ahnung, wie sie das tagtäglich um sechs Uhr morgens hinkriegt.

Elliott indes beweist mal wieder das Feingefühl eines Verkehrspollers und geht über meinen mangelnden Enthusiasmus vollkommen hinweg. »Wollte dich nur kurz daran erinnern, an das Skript für den Beitrag über das Lokalderby in Manchester morgen zu denken. Bevor ich es im Meeting vergesse. Die Cutter brauchen es bis spätestens morgen früh.«

Als ich das höre, muss ich mir wirklich Mühe geben, nicht laut aufzustöhnen. Jep, Sportreporterin beim Fernsehen zu sein, beinhaltet leider nicht ausschließlich die aufregenden Aspekte, wie quer durch die Stadien des Landes zu reisen oder am Spielfeldrand Interviews zu führen. Dazu gehört auch die redaktionelle Arbeit abseits der Kamera. Als studierte Sportredakteurin bin ich mit dafür verantwortlich, tagtäglich Beiträge zu erstellen, auch wenn ich heute liebend gern darauf verzichtet hätte.

Dennoch zwinge ich mich zu einem Grinsen, als wäre diese Aufgabe die Erfüllung meiner Träume. »Klar, Chef. Ist quasi erledigt.« Lüge, aber das muss Elliott nicht wissen. Bei ihm habe ich trotz seiner kumpelhaften Fassade konstant das Gefühl, mir keine Schwäche erlauben zu dürfen. Weil mir überaus klar ist, dass von seinem Wohlwollen einiges für mich abhängt. Er ist derjenige, der mit den Sendungs-Producern Woche für Woche entscheidet, zu welchen Spielen ich als Reporterin geschickt werde. Ob ich die prestigeträchtigen, umkämpften Toppartien zur Primetime bekomme oder ein Gurkenspiel, das niemanden interessiert. Was wiederum beeinflusst, wie und ob sich meine Popularität beim Fernsehpublikum erhöht. Sehen sie mich öfter, bringe ich sie regelmäßig mit gewitzten Fragen an Spieler und Vereinsverantwortliche zum Grinsen, stärkt das meine Marke als Moderatorin. Beliebtheit ist gleich Einschaltquote, und ich bin hungrig nach mehr davon. Quasi unersättlich.

Elliott schenkt mir ein gönnerhaftes Lächeln, eines von der Art, das jeder Frau in dieser Redaktion vor Augen führt, dass er tief im Inneren davon überzeugt ist, dass eigentlich nur Männer was in der Sportberichterstattung zu suchen haben. Dumm nur, dass er sich mit dieser Einstellung an mir die Zähne ausbeißen wird, weil ich gekommen bin, um ihn mit meinem Sachverstand das Fürchten zu lehren. Und ich habe das Gefühl, dass ich allmählich auf einem verdammt guten Weg in die Richtung bin. Immerhin habe ich für morgen das Topspiel der Woche, Liverpool gegen Chelsea, abgestaubt. Nachdem die Reds sich in der Champions League gegen Rom nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben, warten nun alle ganz gespannt darauf, wie sie sich bei ihrem nächsten Ligaspiel schlagen werden. Mein Kopf sprudelt bereits über vor Fragen, mit denen ich es unter die Haut der Spieler schaffen und ihnen so richtig auf die Nerven gehen will. Je mehr Emotionen ich ihnen entlocke, desto besser.

Ein schneller Blick auf meine Armbanduhr verrät mir, dass mir gerade noch genug Zeit bleibt, um mir in der Teamküche einen Kaffee zu holen, ehe das Redaktionsmeeting beginnt. Dankbar, dem Büroflur-Small-Talk mit meinem Vorgesetzten fürs Erste zu entkommen, entschuldige ich mich bei Elliott und eile davon. Zu den internen Meetings werden zwar immer über das Facility Management von BNN kleine Snacks und mindestens zwei Thermoskannen Kaffee in den Besprechungsraum bestellt, doch was auch immer sie mit der Brühe anstellen, die sie uns dort kredenzen wollen, sie ist jedes Mal ungenießbar. Den Aufwand, sich selbst eine Tasse zu kochen, ist es allemal wert.

Zehn Minuten später betrete ich mit einem dampfenden Keramikbecher Raum 205, wo sich in der Zwischenzeit das übrige Team eingefunden hat. Hastig rutsche ich auf meinen üblichen Platz am hinteren Ende des Konferenztisches, bereit, den Anfang des Meetings über zu simulieren, mehr als nur körperlich anwesend zu sein, bis die zweite Dosis Koffein des Tages Wirkung zeigt. Normalerweise fahre ich wunderbar mit dieser Taktik, weil Elliott sich gerne selbst reden hört und erst mal geraume Zeit in Anspruch nimmt, um über irgendwelche Sendungsstatistiken und Konzepte zu dozieren. Heute allerdings ist etwas anders. Ich brauche schätzungsweise sechzig Sekunden, um zu wittern, dass irgendwas in der Luft liegt. Meine Kolleginnen und Kollegen, die normalerweise genauso im komatösen Zustand an ihren Bechern nippen, kommen mir heute seltsam aufgekratzt vor. Ständig werden Blicke getauscht, Köpfe zusammengesteckt, und – sind die lebensmüde? – es wird unter der Tischkante auf private Handys gelinst. Elliott hat eine strikte Anti-Handy-Regel in seinen Redaktionsmeetings – ausgenommen sind unsere beruflichen Geräte auf dem Tisch, über die theoretisch jeden Moment News-Updates reingehen könnten, die für den Sender relevant werden könnten. Aber jeder, den er an seinem persönlichen Smartphone erwischt, fliegt hochkant raus, sogar dann, wenn er nur ein Vibrationsgeräusch aus einer Tasche vernimmt. Alle Nicht-BNN-Geräte haben stumm geschaltet oder ausgestellt zu sein, und mir ist mein Job zu wichtig, um mich gegen diese Regeln aufzulehnen. Den anderen normalerweise auch, doch Omar, der zwei Plätze von mir entfernt sitzt, scrollt gerade definitiv durch Social Media, ehe er das Display unter der Tischplatte seinem Sitznachbarn hinhält, der sich leicht runterbeugt, um bessere Sicht zu haben. Eigentlich könnte mir das egal sein, wenn sie direkt darauf nicht mich anstarren würden. Mir ist klar, dass ich seit der Sache mit Spencer ein ungesundes Maß an Paranoia entwickelt habe und gelegentlich überempfindlich reagiere, doch das bilde ich mir definitiv nicht ein. Sie starren mich an, auf eine Art, die ein unwohles Kribbeln meine Wirbelsäule hinunterrieseln lässt. Als … als hätten sie irgendwas über mich herausgefunden, das sie schockiert.

Nein, sage ich mir energisch und versuche, mich auf unseren Ressortleiter zu konzentrieren, der von alledem noch nichts mitbekommen hat. Du steigerst dich da jetzt nicht rein und beziehst alles auf dich und machst dir Sorgen.

Doch auch in den nächsten Minuten kann ich einfach nicht ignorieren, dass die anderen sich komisch verhalten. Unser Chefmoderator Neil schaut immer wieder zu mir rüber, die runden Wangen gerötet, und sogar Jenn, über die Archie und sein Kumpel letztens im Pub so liebevoll hergezogen sind, zieht die Brauen hoch.

»Sagt mal …« Elliott knallt mit den flachen Händen auf die Tischplatte und wirft einen entnervten Blick in die Runde. Anscheinend ist nun auch ihm klar geworden, dass keiner der Anwesenden auch nur so tut, als würden sie ihm zuhören. »… was ist los mit euch? Ist überhaupt einer hier bei der Sache?«

Ein paar der anderen ziehen schuldbewusst die Köpfe ein oder rutschen nervös auf ihren Plätzen herum. Elliott ist wirklich kein cholerischer Chef, aber wir alle wissen, dass er unleidig wird, wenn seine Abläufe gestört werden.

Ich wünschte wirklich, jemand würde sich zu der Frage äußern, was eigentlich los ist, denn die Stimmung ist und bleibt komisch.

Elliott kehrt schließlich schnaubend zu seinem Tagesordnungspunkt zurück, während … während Omar sich in seinem Stuhl nach hinten lehnt und mir an Jerry vorbei zuraunt: »Hey, Davina, ist es wirklich wahr?«

Meine Augenbrauen schießen in die Höhe, und das Unwohlsein in mir verstärkt sich jäh. Was zum …? Was meint er?

»Winslow, ist das ein privates Handy?«, donnert Elliott, zu abgelenkt, um Omars Getuschel überhaupt zu bemerken.

Ich fahre zu Tim Winslow herum, der ganz ungeniert sein Smartphone in den Händen hält, die Augen groß wie Untertassen. Was auch immer er sich da anschaut, scheint ihn so sehr in den Bann zu ziehen, dass er seinen Ressortleiter kaum zur Kenntnis nimmt.

»Keine Handys in meinen Meetings …« Elliott nimmt Fahrt auf wie eine wütend herandonnernde Dampflokomotive, aber Tim bremst ihn mit einem Kopfschütteln aus.