Kommando-Operation: Drei Military Action Thriller in einem Band - Alfred Bekker - E-Book
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Kommando-Operation: Drei Military Action Thriller in einem Band E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

3 Military Action Thriller in einem Band aus der Feder von Jerry Cotton-Autor Alfred Bekker. Meisterhaft setzt der bekannte Autor die packende Handlung um Sonderaufträge militärischer Spezialeinheiten in Szene. Dieser Band enthält die (auch einzeln lieferbaren) Romane: EINSATZ UNTER DEM EIS Speziakräfte lösen das Rätsel illegaler Atombomentests unter der Eis der Antarktis CODENAME REVOLUTION In einem osteuropäischen Land wird das Personal der deutsch-französischen Botschaft in Geiselhaft genommen - der Colonel und seine Truppe müssen sie befreien. KOMMANDO-UNTERNEHMEN ANGKOR Ein Colonel und sein Team im Kampf gegen das Drogensyndikat von Kambodscha, das ein ganzes Land in den Würgegriff nimmt. Unter dem Pseudonym Jack Raymond schreibt Alfred Bekker, geboren 1964 und Autor zahlreicher Spannungsromane, darunter die Military Action Thriller UNTER DEM EIS und CODENAME REVOLUTION.

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Seitenzahl: 371

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Alfred Bekker

Kommando-Operation: Drei Military Action Thriller in einem Band

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

CassiopeiaPress

Unter dem Eis Thriller

Erster Teil

Zweiter Teil

Dritter Teil

Vierter Teil

Fünfter Teil

Codename REVOLUTION

Erster Teil

Zweiter Teil

Dritter Teil

Vierter Teil

Kommandounternehmen Angkor

Erster Teil

Zweiter Teil

Dritter Teil

Vierter Teil

Fünfter Teil

Sechster Teil

Impressum neobooks

CassiopeiaPress

AlfredBekker

KOMMANDO

OPERATION

Drei Military Action Thriller in einem Band!

EINSATZ UNTER DEM EIS

CODENAME REVOLUTION

KOMMANDO-UNTERNEHMEN ANGKOR

Die drei enthaltenen Romane sind auch einzeln lieferbar.

© 2004, 2010 by Alfred Bekker

© 2012 der Digitalausgabe by AlfredBekker/CassiopeiaPress

Unter dem Eis Thriller

© bei Alfred Bekker

Neuausgabe Dezember 2010

WWW.ALFREDBEKKER.DE

CassiopeiaPress

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

Einsatzort: Antarktis

Unter dem Eispanzer der Antarktis existiert ein riesiger See, der über tausend Meter tief ist. Bislang habe lediglich Forscher einige Wasserproben dieses prähistorischen, abgekapselten Sees genommen. (Soweit die Fakten).

Der Grund dieses Sees ist ein idealer Ort, um möglichst unbemerkt Atomwaffen zu testen. Die Wassermassen und die Eisschicht schirmen die Neutronenstrahlung weitgehend ab und machen es auch sehr viel schwerer, den charakteristischen Gamma-Outburst anzumessen, der normalerweise jede Atombombenexplosion global messbar macht.

Ein internationales Industriekonsortium, das sich unter der Kontrolle eines reichen arabischen Geschäftsmanns aus Dubai befindet, betreibt dort die angebliche Forschungsstation X-Point, die sich in Wahrheit allerdings mit Tests von Atomwaffen befasst.

Die seismischen Erschütterungen sind natürlich weltweit spürbar, nur kann man sie nicht eindeutig zuordnen. Doch die Verdachtsmomente verdichten sich, nachdem amerikanische Wissenschaftler Messungen machen, die die Möglichkeit von A-Tests nahe legen.

Wenig später ist von den amerikanischen Wissenschaftlern kein Lebenszeichen mehr zu hören. Sie bleiben verschollen und wurden vermutlich ermordet.

Das Szenario ist bedrohlich: Durch die Atomtests könnten (was die Betreiber, die diese Tests im Auftrag „interessierter Staaten“

durchführen, nicht berechnet haben) nach und nach Teile des Eispanzers in Bewegung geraten, schlagartig ins Meer stürzen und einen Riesen-Tsunami auslösen, dessen Mörderwellen Buenos Aires, Rio, New York etc. unter Wasser setzen würden.

Eine Truppe von Spezialisten wird ins Gebiet gebracht, um aufzuklären, was sich dort abspielt und wenn möglich weitere Tests zu stoppen. Die Truppe muss sich beeilen: Der Winter bricht bald ein und der bedeutet in der Antarktis nicht nur mörderische Temperaturen, sondern auch dauerhafte Dunkelheit...

Und dann ist da in der Tiefe unter dem Eis die Bombe, die den Super-Tsunami auslösen wird...

UNTER DEM EIS

von Jack Raymond

Das gepanzerte Kettenfahrzeug quälte sich über die hart gefrorene Schneedecke, die sich bis zu den fernen, schroff aus dem Eis ragenden Gebirgszügen erstreckte, bei denen es sich um erste Ausläufer des transantarktischen Gebirges handelte. Eine einzige, weiße Fläche, die das Licht der Mitternachtssonne grell reflektierte.

Das Fahrzeug hielt an.

Eine Klappe am Heck öffnete sich und Bewaffnete in weißen Thermoanzügen sprangen in den Schnee. Sie trugen MPis. Einer von ihnen deutete auf das nahe Biwak, dessen rote Außenhaut einen markanten Kontrast zur Gleichförmigkeit der südpolaren Schneewüste bildete. Daneben befanden sich zwei Motorschlitten.

„Da sind sie!“, rief der Bewaffnete. Die Kältemaske aus Neopren sorgte dafür, dass seine Stimme dumpf klang. Er lud seine MPi vom Typ Uzi durch und nahm sein Funkgerät vom Gürtel. „Hier Hunter 13. Wir haben die Bastarde gefunden!“

„Verstanden Hunter 13. Hier X-Point. Sorgen Sie dafür, dass man nichts von ihnen findet! Weder die Leichen noch ihr technisches Gerät.“

*

Eine Öffnung entstand in der Außenhaut des Biwaks. Jemand zog den Reißverschluss herunter und reckte den Kopf heraus. Ein vollbärtiger Mann mit Schneebrille. Seine Züge wurden starr vor Entsetzen.

Die Angreifer eröffneten das Feuer. Aus mehr als einem Dutzend Maschinenpistolen wurde geschossen. Der Mann mit dem Vollbart zuckte zusammen, sank zu Boden und riss dabei den Reißverschluss vollends auf.

Die Außenhaut des Biwaks wurde von den Einschüssen geradezu perforiert. Ein wahrer Geschosshagel prasselte auf das Lager hernieder.

Schließlich gab der Kommandant der Angreifer per Handzeichen das Signal zur Feuereinstellung.

Das Biwak war in sich zusammengebrochen.

Ein blutrotes, zerfetztes Leichentuch, das sich gnädig über das Opfer gelegt hatte.

Der Anführer der Gruppe trat darauf zu. Er trug die handliche Uzi jetzt an einem Riemen über der Schulter. Eine Hand war noch immer am Griff, sodass er die Waffe blitzschnell abfeuern konnte, wenn sich wider Erwarten unter dem Zeltstoff doch noch etwas regte.

Er bückte sich, hob die Zeltplane und riss sie zur Seite.

Ein zweiter Bewohner des Biwaks kam zum Vorschein.

Er lag in seinem Schlafsack, die Augen starr in den makellos blauen antarktischen Spätsommerhimmel gerichtet.

Neben ihm befanden sich einige Messgeräte sowie ein Laptop, die ebenso wie der Mann im Schlafsack von mehreren Dutzend Kugeln getroffen worden waren.

Der Kommandant kniete nieder, schob die am Riemen befestigte Uzi nach hinten und drehte einen der Apparate herum.

„Seismische Messgeräte“, kommentierte einer der anderen Bewaffneten. „Diese Schmeißfliegen haben Verdacht geschöpft, sonst wären sie mit ihren Apparaten nicht hier in die Gegend gekommen.“

Der Kommandant nickte leicht.

Er hob den Kopf und ließ den Blick schweifen. Dann entfernte er weitere Teile der Zeltplane, nahm nun das Kampfmesser zu Hilfe, das er am Gürtel trug.

Einer der anderen Bewaffneten meldete sich zu Wort, während er sich gerade an den beiden Motorschlitten zu schaffen machte. „In den Tanks ist Treibstoff für höchstens 50 Kilometer.“

„Dann wissen wir ja, wie groß der Radius ist, in dem wir nach ihnen suchen müssen“, meinte der Kommandant. „Schließlich werden sie sich genug Treibstoff für den Rückweg übrig gelassen haben…“

Ein weiterer Bewaffneter deutete auf die Messinstrumente und das zerschossene Laptop. Es war aufgeklappt. Wie durch ein Wunder hatte die LCD-Anzeige keine Kugel abbekommen. Dafür hatte die Kälte sie im wahrsten Sinn des Wortes gefrieren lassen. Bei Temperaturen von unter minus sechs Grad wurde es kritisch für den Betrieb von Rechnern aller Art. Auf dem Schirm war ein erstarrtes Diagramm zu sehen. Der Rechner war abgestürzt.

„Das Ding sollten wir mitnehmen.“

Der Kommandant zuckte die Achseln.

„Nichts dagegen.“

Das Laptop war mit einem Satellitentelefon verbunden.

„Wenn wir Pech haben, dann ist es diesen Typen gelungen, ihre Weisheiten über das Internet in die ganze Welt zu verschicken!“, kommentierte einer der anderen Männer.

Der Kommandant nickte.

„Wir müssen den Rest von ihnen finden und ausschalten!“, murmelte er.

*

Camp Boulanger, ca. 35 Kilometer entfernt, 2356 OZ

Es war fast Mitternacht, aber dennoch hell wie am Tag. Die endlosen Eis- und Schneeflächen, die sich nach allen Seiten hin bis zu den mächtigen Bergmassiven erstreckten, reflektierten das Licht der inzwischen schon recht tief stehenden Sonne.

Nicht mehr lange und dieser Glutball würde für ein halbes Jahr hinter dem Horizont versinken. Schon jetzt ließen eiskalte Winde ahnen, was ein antarktischer Winter bedeutete. Orkanartige Stürme und monatelange Dunkelheit, die in den wenigen klaren Nächten nur vom Funkeln der Sterne und den geisterhaften Polarlichtern unterbrochen wurde.

Professor Albert Boulanger hatte lange an der Sorbonne in Paris gelehrt, ehe er an der University of California in Berkeley einen Lehrstuhl für Geologie und die Leitung eines international angesehenen Instituts für Erdbebenforschung übertragen bekommen hatte.

Mit insgesamt einem Dutzend Kollegen betrieb er im Camp Boulanger seismische Messungen auf dem sechsten Kontinent.

Außerdem führten die Wissenschaftler Untersuchungen durch, die weiteren Aufschluss über die unter dem teilweise kilometerdicken Eispanzer begrabene geologische Struktur der Antarktis geben sollten.

Boulangers Atem gefror.

Das Camp bestand aus insgesamt fünf Baracken, die in einem Abstand von jeweils nicht mehr als zwanzig Meter errichtet worden waren. Die Baracken waren wie ein längsseitig halbierter Zylinder geformt. Die Rundung an der Oberseite bot den mörderischen Stürmen, die auch im Sommer bisweilen über die vergletscherten Weiten fegten, weniger Angriffsfläche.

Für die wenigen Meter von einer Baracke zur anderen hatte Boulanger darauf verzichtet, die volle Polarkleidung anzulegen, aber schon dieser kurze Weg hatte ausgereicht, damit sich Raureif an Boulangers Bart und auf seinem Pullover bildete. Er dampfte förmlich.

War man länger im Freien, konnte es tödlich sein, wenn Feuchtigkeit durch die Kleidung nach außen drang. Sie gefror sofort.

Die Barackentür ging auf, noch ehe Boulanger sie erreicht hatte.

Eine junge Frau trat ins Freie.

Sie hieß Teresa Gonzales, hatte einen Doktortitel in Geologie und arbeitete in Boulangers Institut. Selbst in ihrem unförmigen Thermo-Overall wirkte sie noch attraktiv.

Ihre dunklen Augen waren schreckgeweitet.

„Professor, kommen Sie schnell!“, rief sie.

„Was ist passiert?“

„Joe hatte Funkkontakt mit Randy und Frank!“

„Und?“

„Erst hörten wir Schussgeräusche, dann brach der Kontakt ab….“

„Was?“

Albert Boulangers Gesicht erstarrte zur Maske. Er ging an der jungen Frau vorbei ins Innere der Baracke. Der Leiter des Boulanger-Camps zwängte sich zwischen großen Transportkisten hindurch und erreichte schließlich Joe Keller, den Funker der Station.

„Was ist mit unseren Leuten?“, platzte es aus Boulanger heraus.

„Ich habe keine Ahnung!“, erwiderte Joe Keller ziemlich düster. Er schluckte. Sein Gesicht wirkte blass. Er schien noch ganz unter dem Schock des Geschehenen zu stehen. „Gerade als wir Funkkontakt hatten, waren plötzlich Schussgeräusche zu hören. Frank rief noch, dass sie angegriffen würden. Dann wurde der Kontakt unterbrochen. Das Letzte, was ich hörte war ein Schrei oder so etwas.“ Er zuckte die Achseln. „Ich bin mir da aber nicht hundertprozentig sicher. Das Mikro des Funkgeräts hat ziemlich übersteuert, sodass alles vollkommen verzerrt wurde!“

Boulanger nickte düster.

„Ich glaube nicht, dass Frank und Randy noch jemand helfen kann.“

Inzwischen war Teresa Gonzales hinzugetreten. „Was sollen wir tun?“, fragte sie.

„Ich nehme an, dass die Killer auf dem Weg hier her sind.“

„Dann müssen wir sehr schnell sein, um uns in Sicherheit zu bringen…“, meinte Joe Keller.

Boulanger lachte heiser.

Verzweiflung klang darin mit.

„In Sicherheit? Was könnte das für eine Sicherheit sein? Mit dem nötigsten Gepäck in die Eiswüste zu fliehen klingt für mich nicht gerade nach Sicherheit. Aber wir haben wohl kleine andere Wahl. Die Chance, dass wir durchhalten, bis uns irgendjemand aufspürt und abholt ist wahrscheinlich doch etwas größer, als, dass diese Killer uns am Leben lassen.“

„Ich sage den anderen Bescheid“, kündigte Teresa Gonzales an.

Boulanger nickte. „Tun Sie das. Aber zuerst müssen wir dafür sorgen, dass sämtliche Daten noch über den Äther gehen…“ Er wandte sich an Keller. „Stellen Sie schon einmal eine Satellitenverbindung her.“

Keller zögerte.

Wie angewurzelt saß er an seinem Platz.

„Die werden uns anpeilen“, stellte er fest.

Boulanger bestätigte dies. Der Blick seiner eisgrauen Augen wirkte entschlossen. „Ich weiß“, murmelte er. „Aber das, was hier geschieht, muss unter allen Umständen bekannt werden…“

…auch wenn wir dafür mit dem Leben bezahlen müssen!, fügte der Professor in Gedanken hinzu. Aber die Sache, der Boulanger und sein Team eher zufällig auf die Spur gekommen waren, sprengte einfach alle Maßstäbe. Eine Gefahr bisher ungeahnten Ausmaßes begann sich auf dem weißen Kontinent zu manifestieren.

Und die Zeit wurde knapp.

*

An einem anderen kalten Ort, Tausende von Kilometern entfernt, 0605 OZ

Lieutenant Mark Haller schälte sich aus dem Spezialschlafsack. Sein Atem gefror augenblicklich zu Raureif. Er vermochte sich kaum zu bewegen. Selbst die aus mehreren Schichten von High-Tech-Fasern bestehende Spezialkleidung für Einsätze unter Polarbedingungen hatte ihn nicht wirklich vor der mörderischen Kälte schützen können.

„Haller, Sie sind der Letzte!“, stellte Colonel Ridge fest. „Beeilen Sie sich!“

„Ja, Sir!“, gab der deutsche Nahkampfspezialist zurück, der im Alpha Team der Omega Force One den Rang eines Lieutenant bekleidete.

Gleichzeitig war er Ridges Stellvertreter.

Haller blickte sich um.

Die anderen waren längst fertig und hatten die Kampfausrüstung angelegt.

Haller ärgerte sich über sich selbst. Es ging dem ehrgeizigen Lieutenant, der eigentlich als Mister Perfect der Truppe berüchtigt war, entschieden gegen den Strich, dass er so weit im Felde war.

Ina Van Karres, Militärärztin und Psychologin des Teams, stand nur zwei Meter von ihm entfernt. Die blonde Niederländerin legte gerade Kältemaske und Schneebrille an. Von ihrem Gesicht war jetzt so gut wie gar nichts mehr zu sehen. Aber bei längerem Aufenthalt im Freien war es unbedingt erforderlich, sich gegen die schneidende Kälte zu schützen. Vor allem dann, wenn Wind aufkam. Andernfalls riskierte man Erfrierungen im Gesicht, wie Ridge ihnen immer wieder eingeschärft hatte.

„Soll ich dir helfen Mark?“, fragte Ina.

„Danke!“, knurrte Haller ärgerlich. „Ich komme schon zurecht!“

Schließlich war auch Haller fertig.

Ridge begutachtete kritisch die Ausrüstung seiner Teammitglieder.

Haller hasste die ultramodernen Kampfanzüge für den Einsatz in arktischen Gebieten. Außer den verschiedenen Schichten zur Wärmeisolierung, die möglichst keine Körperwärme oder gar Feuchtigkeit nach außen dringen lassen durften, enthielten diese Anzüge auch noch eine Kevlar-Schicht, die zumindest gegen leichte Projektile einen gewissen Schutz bot.

Haller fühlte sich damit noch deutlich unbeweglicher als mit einer normalen Splitterweste. Aber angesichts der Temperaturen war das wohl nicht zu ändern.

„Merde!“, durchdrang plötzlich ein Fluch auf Französisch die eiskalte, klare Luft.

Pierre Laroche, der Kommunikationsexperte des Teams, saß zusammen mit dem russischen Techniker Miroslav „Miro“ Chrobak vor einer Ausrüstungskiste, auf der sich ein Laptop befand.

„Was ist los?“, wollte Ridge mit zusammengekniffenen Augen wissen. Sein Atem wurde zu einer Wolke.

„Abgestürzt“, kommentierte Chrobak gewohnt lakonisch.

Pierre Laroche hatte versucht, sein Speziallaptop mit ein paar Finessen so auszustatten, dass es auch bei extrem niedrigen Temperaturen betriebsbereit blieb. Auf allen Expeditionen in Polargebiete war dies heut zu Tage eines der gravierendsten Probleme.

„Tja, sieht so aus, als kämst du doch nicht darum herum, jedes Mal das Biwak aufzuschlagen und gut zu heizen, bevor du dein Wunderding aufklappst“, meine Marisa „Mara“ Gomez spöttisch. Die argentinische Elitekämpferin hatte den Bemühungen von Laroche und Chrobak von Anfang an skeptisch gegenübergestanden.

„Ich bekomme das noch hin“, versprach Laroche hartnäckig. Der Franzose war einfach nicht bereit aufzugeben.

„Wenn mehr Kriege in arktischen Gebieten geführt würden, wäre das Problem sicher längst gelöst worden“, meldete sich nun Alberto Russo, der Italiener im Alpha-Team der Omega Force One zu Wort. „Offenbar will aber partout niemand ein paar Eisbrocken erobern!“

Marisa Gomez wandte ihm den Kopf zu.

Auf Grund ihrer Maskierung war von ihrem Gesicht nicht mehr als die Augen zu sehen. Aber Russo konnte sich den verächtlichen Ausdruck durchaus vorstellen. Sie stand in einem permanenten Wettbewerb mit Russo und schien ihm ständig zeigen zu wollen, dass sie besser war als er. Russo wiederum dachte im Hinblick auf Gomez an ganz andere Dinge. Auch wenn ihm die Argentinierin in schöner Regelmäßigkeit abblitzen ließ, so konnte der Italiener es doch nicht lassen, ihr immer wieder Avancen zu machen.

Ein Umstand, der Gomez schon deswegen völlig kalt ließ, weil Russo so ziemlich jeder weiblichen Person in seiner Reichweite dieselbe Aufmerksamkeit schenkte.

„Gib dir besser keine Mühe, besonders klug daherzureden, Alberto“, raunte sie ihm unter ihrer Maske zu. „Wenn man nicht viel drauf hat, wirkt es am besten, wenn man schweigt!“

„Scusi, aber die Kälte muss dich wohl endgültig zu einem Eisklotz verwandelt haben“, bedauerte Russo.

Ridge wandte sich jetzt an Laroche.

„Notfalls müssen wir uns im Einsatz auch ohne Ihre Cybertricks durchschlagen, Laroche! Auch wenn Ihnen der Gedanke schwer fallen mag!“

Haller überprüfte seine Ausrüstung.

Es war ein routinemäßiger Ablauf.

Das Schlimmste an dieser Übung ist, dass wir nicht wissen, für was für eine Art von Ernstfall wir trainieren!, ging es ihm durch den Kopf.

Er stieß aus Versehen mit dem Ellbogen gegen eine der Schweinehälften, die an Fleischerhaken von der Ecke des Kühlhauses hingen.

Es war Ridges Idee gewesen, hier für den nächsten Einsatz zu trainieren, über den der Colonel offenbar mehr wusste als seine Soldaten.

Selbst Haller als sein Stellvertreter war mit keinem Wort eingeweiht worden.

Reinold Messner hatte vor seiner Antarktisdurchquerung zusammen mit Arved Fuchs in Kühlhäusern das Übernachten bei zweistelligen Minusgraden ausprobiert.

Einerseits, um den Körper an die eisigen Temperaturen zu gewöhnen, andererseits um Schwachpunkte der Ausrüstung im Vorfeld aufspüren zu können.

Ridges Handy klingelte.

Es war nur ganz leise zu hören, da er es dicht am Körper trug.

Andernfalls hätte es ebenso den Dienst eingestellt wie Laroches Laptop.

Ridge fluchte, weil er zunächst seine verschiedenen Schichten an Kleidung öffnen musste, um an das Gerät zu gelangen.

„Ja? Hier Ridge!“, knurrte er anschließend in das Mikro, als er das Handy endlich am Ohr hatte.

Ridge sagte dreimal kurz und knapp: „Jawohl, Sir!“

Dann war das Gespräch beendet.

Der Colonel steckte das Handy wieder ein und wandte sich an seine Leute. „Die Übung ist zu Ende“, ordnete er an. „Jetzt wird es ernst!“

*

Die Männer und Frauen des Alpha-Teams der Omega Force One schwitzten erbärmlich, als sie einen der Briefing-Räume in den Verwaltungsgebäuden von Fort Hennessy betraten. Es war keine Zeit mehr zum umziehen gewesen. Worum auch immer es bei dieser Sache gehen mochte - die Situation musste sich innerhalb kürzester Zeit auf eine Weise zugespitzt haben, die einen schnellen Einsatz wahrscheinlich machte.

Ridge und seine Leute waren es gewöhnt, unter diesen Bedingungen ihr Bestes zu geben.

Die OFO-Kämpfer nahmen Platz.

Sie entledigen sich zumindest der obersten Schichten ihrer Polarausrüstung.

„Nach diesen kalten Nächten kommt einem die Luft hier wie ein Backofen vor“, meinte Alberto Russo etwas missmutig.

Mara Gomez verzog das Gesicht und meinte spitz: „Wenigstens ist dir mal heiß genug!“

„Warum gehen wir nicht mal zusammen in eine richtige Sauna“, versuchte Russo sein ewiges Spiel mit dem Feuer wieder aufzunehmen.

In Mara Gomez' Augen blitzte es.

Es war General Outani persönlich, der Russo vor einer geharnischten Erwiderung der Argentinierin bewahrte, in dem er das Briefing eröffnete. Gomez war Profi genug, um einen persönlichen Streit nicht wichtiger zu nehmen als die Mission.

Und die Mission begann jetzt.

In dem Augenblick, da General Outani sich räusperte. Der südafrikanische Gründer der Spezialeinheit im Dienst der Vereinten Nationen stellte die direkte Verbindung zum UN-Generalsekretariat dar.

Outani ließ den Blick im Raum umherschweifen und musterte die Männer. Er konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als er den Aufzug sah, in dem sie erschienen waren.

„Wie ich sehe, haben Sie sich bereits intensiv auf die klimatischen Bedingungen in ihrem nächsten Einsatzgebiet vorbereitet“, meinte er.

„Aus Geheimhaltungsgründen war es bisher nicht möglich, Ihnen Einzelheiten mitzuteilen und wir haben bis jetzt gehofft, dass Ihr Einsatz nicht nötig sein würde. Aber inzwischen ist eine Entwicklung eingetreten, die ein Eingreifen der Vereinten Nationen unumgänglich macht, wollen wir nicht das Leben und die Sicherheit von vielen Millionen Menschen riskieren.“

Mach's nicht so spannend! , dachte Haller und fragte sich dabei gleichzeitig, wohin diesmal wohl die Reise ging. Es musst sich um ein Gebiet handeln, in dem zweistellige Minustemperaturen um diese Zeit an der Tagesordnung waren. Grönland und die arktischen Gebiete Kanadas und Russlands kamen dafür ebenso in Frage wie das vergletscherte Dach der Welt im Himalaja.

Es war nichts von alledem.

General Outani aktivierte den Beamer seines Laptops. An der schneeweißen Wand des Briefing-Raums wurde eine Projektion sichtbar. Sie zeigte die Kartenumrisse der Antarktis.

„Na großartig“, maulte Russo. „Jetzt können wir uns unter dem Ozonloch über dem Südpol den Pelz verbrennen lassen!“

„Keine Sorge, Ihre Kleidung absorbiert UV-Licht“, erklärte Outani.

„An diesen Punkt wurde bei der Entwicklung Ihrer Ausrüstung bereits gedacht.“

„Ich dachte, es gäbe einen Vertrag, nachdem jegliche militärische oder wirtschaftliche Nutzung der Antarktis untersagt ist“, sagte Ridge.

Outani nickte. „Den gibt es auch. Zuvor hatte es auf dem sechsten Kontinent Ende der vierziger Jahre ausgedehnte Manöver der US-Army gegeben, die damit wohl während des aufkommenden kalten Krieges unter Beweis stellen wollte, dass sie selbst unter extremsten arktischen Bedingungen - wie sie ja auch in weiten Teilen Russland herrschen -

jederzeit einsatzfähig ist. Aber die Erfahrungen von damals lassen sich auf diesen Einsatz kaum übertragen, schließlich werden die Vereinten Nationen nur mit einer kleinen Spezialeinheit an den Ort des Geschehens gehen und nicht mit riesigen Planierraupen Landefelder für Transportflugzeuge in den Schnee walzen.“

Auf der Antarktiskarte wurde ein Punkt markiert.

„Hier befindet sich Camp Boulanger“, berichtete Outani. „Es ist nach seinem Leiter, Professor Albert Boulanger benannt. Etwa ein Dutzend Wissenschaftler betreiben dort geologische Forschungen. Insbesondere versuchen sie durch Ultraschall-Messungen, die unter einem bis zu dreitausend Meter gelegene Oberfläche des Kontinents kartographisch genau zu erfassen.“ Outani markierte einen Bereich in der Zentral-Antarktis. „Von besonderem Interesse ist dabei dieses gewaltige Areal, das etwa die Ausmaße Italiens hat. Unter der Eisschicht befindet sich hier wie man inzwischen herausgefunden hat, ein gewaltiger See, dessen Wasser seit Millionen Jahren vollkommen abgeschlossen ist.

Dieser See hat Wassertiefen bis zu tausend Meter und stellt nach dem Baikal-See in Sibirien eines der größten Süßwasserreservoire der Erde dar.“ Outani zuckte die Achseln. „Wenn die globale Verknappung von Trinkwasser in diesem bestehenden Ausmaß anhält, werden um diese Reservoire in fünfzig Jahren vielleicht Kriege geführt. Aber das soll jetzt nicht unsere Sorge sein.“ Outani ließ eine weitere Markierung erscheinen, mit dem ein Gebiet gekennzeichnet wurde, das mitten in dem prähistorischen, von tausend Metern Eis abgedeckten See lag.

„Bei der Position, die ich jetzt markiert habe, liegt vermutlich das Forschungscamp eines privaten Industriekonsortiums. Das Camp trägt die Bezeichnung X-Point. Dort soll angeblich Materialforschung im Auftrag großer und zahlungskräftiger Industriekonzerne durchgeführt werden. Inzwischen haben wir den Verdacht, dass dort etwas ganz anderes geschieht. Die Wissenschaftler von Camp Boulanger stießen auf Unregelmäßigkeiten in ihren seismische Messungen. Es gab Erschütterungen, die nicht durch natürliche geologische Prozesse erklärbar waren, sondern einen Verdacht aufbrachten, der bislang undenkbar schien.“ General Outani deutete auf jenes Gebiet, unter dem sich der verborgene See befand. „Dieser See wäre ein idealer Ort, um geheime Atomtests durchzuführen. Und genau das vermuteten Professor Boulanger und sein Team. Die Wasser- und Eismassen schirmen eine Test-Explosion, die am Grund des verborgenen Sees durchgeführt wird in einer Weise ab, wie das an keinem anderen Ort der Erde möglich wäre. Die Strahlung wird fast völlig absorbiert. Normalerweise ist der Outburst einer Wasserstoffbombe weltweit messbar. In diesem Fall waren nur die durch die Explosionen verursachten seismischen Erschütterungen überall auf der Welt zu verzeichnen und wurden zunächst mit natürlichen Phänomenen in Verbindung gebracht. Erst Boulangers Erkenntnisse legen einen anderen Verdacht nahe.“

„Das bedeutet, da sitzt wahrscheinlich jemand am Südpol, hat sich durch die tausend Meter Eis gebohrt und lässt in schöner Regelmäßigkeit Wasserstoffbomben auf den Grund eines unterirdischen Sees sinken“, stellte Ridge fest.

Outani nickte.

„Genau das vermuten wir“, erklärte der Südafrikaner. „Das Boulanger-Team hat weitere Messungen durchgeführt.

Atomexplosionen weisen durchaus charakteristische Muster auf, die auch nachweisbar sind, wenn man keine erhöhten Strahlungswerte vorliegen hat. Die Daten wurden gestern über eine Satellitenverbindung zu Boulangers Institut in San Francisco überspielt - zusammen mit einem Notruf, der besagt, sie seien angegriffen worden.“

Ridges Stirn zog sich in Falten.

„Angegriffen?“, echote er. „Von wem?“

„Ein gute Frage, die Sie und Ihr Team vielleicht aufklären können.

Der Funkkontakt brach ab. Ein Flugzeug startete vom Flugzeugträger U.S.S. INDEPENDENCE, der derzeit im Südatlantik kreuzt. Die Maschine stürzte aus unerfindlichen Gründen ab. Ursache unbekannt.“

Outani hob die Schultern. „Die Wetterverhältnisse waren schlecht - der Absturz der Maschine kann durchaus auch damit in Zusammenhang stehen. Genaueres werden wir vielleicht bald wissen…“

„Gibt es Hinweise darauf, dass die Maschine angegriffen wurde?“, fragte Ridge.

„Nein, bislang nicht. Aber die Vermutung liegt natürlich nahe. Vor einer halben Stunde traf die Analyse des Boulanger-Instituts in Berkeley ein. Sie haben sämtliche Daten herangezogen, die verfügbar waren und sie mit den Messergebnissen in Zusammenhang gebracht, die das Boulanger-Team in der Antarktis noch übermitteln konnte. Die Ergebnisse übertreffen unsere schlimmsten Befürchtungen. Danach wurden in den letzten sechs Monaten mindestens drei Atom-Tests unter dem Eispanzer der Antarktis durchgeführt. Das steht so gut wie fest. Es gibt Dutzende von Staaten, die ein Interesse haben könnten, im Geheimen ihre Atomwaffen zu testen, während sie nach außen hin in der Weltöffentlichkeit mit sauberer Weste dastehen. Wer immer dieses Geschäft betreibt, dürfte keinen Mangel an Aufträgen haben.“

Ridge runzelte die Stirn. „Ich dachte, das wäre klar! Dieses Konsortium aus Dubai…“

„…ist möglicherweise nur ein Deckmantel. Es wird derzeit fieberhaft daran gearbeitet, die Geldströme dieses Konsortiums zu analysieren.

Möglicherweise steckt Nexus dahinter. Aber das ist noch keineswegs bewiesen, sondern nur eine ganz private Vermutung meinerseits.“

Einige Augenblicke lang herrschte Schweigen.

Haller beobachtete das Gesicht des Generals. Da war noch irgendetwas, was Outani bisher nicht gesagt hatte. Haller sollte Recht behalten.

„Der Grund, der uns zu einem sofortige Einsatz von Omega Force One zwingt, ohne dass wir weitere Aufklärungsmissionen abwarten können ist schnell erklärt. Erstens bricht in Kürze der antarktische Winter herein. Dann ist der Kontinent für ein halbes Jahr im wahrsten Sinn des Worts eine dunkle Zone. Alle Spuren - sowohl vom Verbleib des Boulanger-Teams als auch von X-Point werden nach den Schneestürmen nicht mehr aufzufinden sein. Ein zweiter Grund sind die Berechnungen der Wissenschaftler des Boulanger-Instituts in Berkeley.

Es besteht nämlich die Gefahr, dass sich bei weiteren Atomexplosionen die Erschütterungen dahingehend auswirken, dass Gletscher in Bewegung geraten und es zu einer Art Eisrutsch in den Südatlantik kommt. Die Folge wäre ein gigantischer Tsunami. Eine Monsterwelle würde Richtung Norden rasen und an den Küsten Zerstörungen und ungeheuren Ausmaßen anrichten. In zwanzig Stunden wäre sie in New York…“

„Diese Leute riskieren eine Katastrophe dieses Ausmaßes?“, wunderte sich Ridge.

„Ich glaube nicht, dass man das in X-Point überhaupt bedacht hat“, meinte Outani. „Schließlich sind das keine Geologen, geschweige denn, dass sie über die Möglichkeiten des Boulanger-Instituts verfügten.“

Mark Haller meldete sich jetzt zu Wort.

„Wie viele dieser Unterwasser-Explosionen können wir uns denn noch leisten?“, fragte er.

„Nach den vorliegenden Berechnungen kann es bei jeder weiteren zu einem Eisrutsch und damit zu dem gefürchteten Tsunami kommen. Und wenn die Verantwortlichen bei ihrem bisherigen Rhythmus bleiben, dann wäre der nächste Test in spätestens zwei Wochen.“

„Nicht viel Zeit für uns“, stellte Russo fest.

*

Zentrale Antarktis, 0043 OZ

Vor einer Stunde waren das Aufklärungsflugzeug und die beiden Begleitjäger vom Typ F-18 Super Hornet zu ihrer Mission gestartet.

Ausgangspunkt war der Flugzeugträger USS INDEPENDENCE

gewesen, der zurzeit im Südatlantik kreuzte.

Erst vor kurzem hatte die US Air Force ein weiteres Flugzeug in der Antarktis verloren.

Der Kontakt zum Piloten war abgebrochen.

Nähere Umstände oder Gründe für den Absturz waren nicht bekannt.

Zuvor hatte er jedoch über Störungen der elektronischen Systeme geklagt.

Der Verband näherte sich der letzten Position der abgestürzten Maschine.

„Was ist mit den Signalen des Positionssenders, den der Pilot bei sich hatte?“, fragte Lieutenant Commander Rick Duffley.

„Es gibt keine Signale!“, stellte der Copilot des Aufklärungsflugzeugs fest. Sein Name war Grady.

„Das verstehe ich nicht. Selbst wenn er tot ist, müssten wir die Signale empfangen!“

„Vorausgesetzt, der Sender wurde nicht zerstört“, wandte Grady ein.

„Wenn es beim Aufprall eine Explosion gab, wäre das nicht unwahrscheinlich!“

„Normalerweise hätte der Pilot selbst bei einem Totalausfall der Maschine die Möglichkeit, noch mit dem Schleudersitz auszusteigen!“

„Offenbar hat er das nicht getan!“, stellte Duffley fest.

Ein paar Minuten später fanden sie das Flugzeugwrack. Die Maschine war schräg in den antarktischen Eispanzer hineingeschrammt.

Die exakte Position der Trümmerteile wurde an die U.S.S.

INDEPENENCE gefunkt.

*

U.S.S. Independence, Südatlantik, genaue Position unterliegt der Geheimhaltung

Der Langsteckentransporter war sicher auf dem Flugdeck der U.S.S.

INDEPENDENCE gelandet. Ein eiskalter Wind blies Mark Haller aus Richtung Süden ins Gesicht, als er ins Freie trat. Dieser Wind war so heftig, dass er seine Mütze festhalten musste.

„Na, wenn das kein Vorgeschmack auf das ist, was uns erwartet“, meinte Ridge grinsend.

Eine Gruppe von Offizieren ging auf das OFO-Team zu und begrüßte es.

„Willkommen an Bord“, sagte ein breitschultriger, grauhaariger Mann. „Ich bin Admiral Thompson und versichere Ihnen, dass wir Ihre Mission unterstützen, so weit es in unseren Möglichkeiten liegt.“

„Danke, Sir“, gab Ridge zurück.

„Leider werden Sie nicht einmal mehr Gelegenheit bekommen, die Qualität der Küche an Bord der USS INDEPENDENCE zu testen. Die Hubschrauber, die Sie ins Zielgebiet bringen sollen, stehen schon bereit.

Ihre Ausrüstung kann sofort umgeladen werden.“

Russo seufzte hörbar.

„Und dabei hatte ich mich schon auf einen gemütlichen Kreuzfahrt-Aufenthalt im Südatlantik gefreut!“, meinte er.

Admiral Thompson wandte sich an den maulenden Italiener.

„Wenn Sie zurückkommen, dürfte immer noch Gelegenheit genug sein, um Pinguine und Schwertwale zu beobachten!“

Gomez sandte Russo einen spöttischen Blick zu.

„Selbst der Admiral hat schon gemerkt, dass Sie stets einen untrüglichen Blick für das Wesentliche haben!“, lästerte sie.

„Liegen irgendwelche neuen Erkenntnisse vor, was die Absturzursache Ihres Flugzeugs angeht?“, erkundigte sich Ridge.

Der Admiral schüttelte den Kopf. „Bis auf die Tatsache, dass wir die genaue Lage des Wracks gefunden haben nein. Eine Hubschrauberstaffel ist in das Gebiet unterwegs. Wir werden natürlich die Umstände genau untersuchen, aber es gibt bisher keinerlei Anhaltspunkte für eine Fremdeinwirkung.“

„Verstehe…“, murmelte Ridge.

„Die Flugbedingungen waren extrem. Da kann sowohl die Technik als auch der Mensch versagen.“

„Und was ist mit Boulanger und seinen Leuten?“

„Ich habe bereits Leute dort, die sich umsehen.“

„Sie haben noch keine Meldung erhalten?“, mischte sich Haller ein.

Es platzte einfach aus ihm heraus.

Ridge wandte den Kopf in Richtung des Deutschen. Sein Gesicht blieb unbewegt. Aber Haller kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass dieser Blick einer Missbilligung gleichkam.

„Das ist Lieutenant Haller von der Bundeswehr. Er ist mein Stellvertreter im Team“, sagte Ridge dann und stellte sich damit demonstrativ vor ihn.

Admiral Thompson musterte Haller einen kurzen Moment lang durchdringend. „Ich habe bislang keine Meldung erhalten, weil unser Ermittler-Team absolutes Funk-Verbot hat. Wir gehen davon aus, dass die andere Seite über leistungsfähige Antennen verfügt und uns abhört.

Funkbotschaften lassen sich zwar verschlüsseln, aber ich möchte nicht, dass unsere Gegner auch nur ahnen, dass da jemand ist.“

„Verstehe“, nickte Haller. „Ich finde nur, dass wir wissen sollten, was mit Boulanger und seinen Leuten geschehen ist, bevor wir uns X-Point nähern.“

Admiral Thompson nickte.

„Das werden Sie“, kündigte er an. „Sie werden dort eine Zwischenlandung einlegen. Captain Rick Sutarro leitet den Einsatz dort.“

*

Kurze Zeit später war die Ausrüstung der OFO-Kämpfer in einen Kampfhubschrauber vom Typ Seahawk umgeladen worden. Der Seahawk bot 55 Marines und ihrer Ausrüstung Platz und konnte notfalls sogar kleinere Geländefahrzeuge transportieren. Das Gepäck der zu Alpha Team der Omega Force One gehörenden Soldaten beschränkte sich hingegen auf ihre Rucksäcke.

Als der Seahawk wenig später abhob, machten es sich die Männer und Frauen des OFO-Teams im Laderaum bequem. Sie legten ihre Polaranzüge und ihre Kampfausrüstung an.

Pierre Laroche holte sein Speziallaptop hervor und klappte es auf.

„Die Temperaturen hier drin sind zwar nicht ganz so hoch wie hinter Großmutters Ofen, aber ich hoffe, dass wir keine Schwierigkeiten mit dem System bekommen!“, erläuterte der Franzose. Die anderen versammelten sich um ihn und kauerten sich dabei so hin, dass sie einigermaßen erkennen konnte, was auf dem Bildschirm abgebildet wurde.

Eine Karte der Antarktis erschien. Laroche zoomte an das Zielgebiet heran. Der verborgene See unter dem Eispanzer wurde in seinen Umrissen markiert. Umrisse, die sich inzwischen ins Gedächtnis der Männer und Frauen eingebrannt hatten.

„Das Gebiet, in dem wir landen werden, liegt etwa hundert Kilometer von der Position von X-Point entfernt“, erklärte Ridge. „Es ist zwar kein Zuckerschlecken, eine so lange Distanz zu Fuß durch diese Eiswüste zu marschieren, aber verglichen mit der Strecke, die Reinhold Messner zurücklegte ist es nur ein Katzensprung. Daran sollten Sie denken, wenn Sie Ihre Füße nicht mehr spüren und glauben, dass es unmöglich ist.“

„Nach diesen Nächten im Kühlhaus spüre ich sie jetzt schon nicht mehr“, kommentierte Mark Haller.

Ina Van Karres grinste.

Ridge hingegen quittierte diese Bemerkung mit einem tadelnden Blick.

Erstaunlicherweise meldete sich der sonst eher lakonische Miroslav Chrobak zu Wort. „Ich kenne diese Temperaturen von zu Hause und bin an kalte Winter gewöhnt!“

„Nur, dass wir hier Sommer haben“, belehrte Van Karres.

„Wir haben keine andere Wahl, als uns zu Fuß an die Station heranzupirschen.“, fuhr Laroche fort. „Andernfalls würde man uns sofort bemerken. Das Gebiet um X-Point herum ist eine glatte, schneebedeckte Eisfläche. Da gibt es kaum Deckung. So etwas wie den Schutz der Dunkelheit gibt es auch nicht, da die Sonne hier ja bekanntermaßen in dieser Jahreszeit 24 Stunden am Tag nicht untergeht.

Funkkontakt ist nur im Notfall möglich. Auch die Kommunikation über Satellit ist sparsam einzusetzen. Das gilt selbst für die Navigationssysteme.“

Pierre Laroche seufzte hörbar.

„Mon dieu, ich wusste, dass das kein Einsatz nach meinem Geschmack wird! Erst die Kälte und nun dun auch noch das!“

„Sie als Fachmann brauche ich ja wohl nicht von der Notwendigkeit dieser Maßnahmen zu überzeugen“, meinte Ridge.

„Ist es nicht ziemlich unwahrscheinlich, dass man die Satellitensignale ortet?“, fragte Chrobak.

„Man könnte uns wie ein Handy anpeilen“, erwiderte Laroche. „Und im Gegensatz zu den meisten anderen Einsatzorten landen wir in einer fast menschenleeren Eiswüste. Wenn die andere Seite auch nur irgendetwas von uns auffängt, wissen sie bescheid, dass da jemand ist…“ Laroche hackte jetzt mit seinen gelenkigen Fingern auf der Tastatur herum. Er ließ eine Videodatei abspielen, die offensichtlich aus einem Aufklärungsflugzeug heraus aufgenommen worden war. „So sieht unser Ziel aus“, sagte er dazu. „Quel image!“

„Man sieht überhaupt nichts“, meinte Dr. Ina Van Karres. Die Militärärztin und Psychologin des Teams runzelte die Stirn und strich sich eine verirrte blonde Strähne aus den Augen.

Laroche grinste.

„C'est vrais!“, stimmte der Franzose zu. „Diese Aufnahmen stammen von einem Aufklärungsflug, der vor drei Wochen stattfand. Die angebliche Forschungsstation X-Point ist nur sehr schwer zu erkennen.

Ich zeige euch mal eine vergrößerte Wiederholung der Videosequenz in Zeitlupe.“ Nachdem Laroches Finger erneut über die Taten getanzt waren, wurde die Sequenz zu zweiten Mal abgespielt. Laroche stoppte sie durch einen weiteren Tastendruck an einer ganz bestimmten Stelle.

Er deutete mit dem Finger auf eine dunkle Stelle. „Auf den ersten Blick kann man es für einen Schatten halten, in Wahrheit ist es der Eingang zu einer Baracke, die ansonsten unter Schnee begraben ist. Die anderen Baracken sind in diesem Bereich, daneben ein paar Lagerhallen…“ Laroche deutete mit dem Zeigefinger.

„Die scheinen sich mit der Tarnung alle Mühe zu geben“, meinte Haller.

„Sie werden ihre Gründe dafür haben“, ergänzte Dr. Van Karres.

„Leider machen Sie unseren Job dadurch nicht gerade leichter.“

Laroche meldete sich wieder zu Wort. „Wir wissen nicht, wie die Station aussieht. Aber es gibt einige hypothetische Überlegungen dazu.

Vermutlich wurde die Station ins Eis hinein gegraben.“

„Hört sich sehr aufwändig an“, meinte Haller.

„An anderen Orten auf der Welt würde man eine Bunkeranlage bevorzugen, das ist mindestens so aufwändig“, erwiderte Laroche. „Und vor allem ist die Antarktis wahrscheinlich einer der ganz wenigen Orte, an denen man eine derartige Anlage ziemlich unbeobachtet errichten kann. Wenn zum Beispiel der Iran eine vergleichbare Anlage zu errichten versuchte, hätte das Pentagon innerhalb von 24 Stunden gestochen scharfe Satellitenbilder von den Baumaßnamen.“

„Aber wer schaut schon auf die Antarktis!“, murmelte Ridge. „Wir werden improvisieren müssen, soviel steht jetzt schon fest. Es gibt keinen festen Einsatzplan, sondern nur eine flexible Reaktion auf die Umstände, die wir vorfinden.“

„Ich liebe präzise Befehle!“, meinte Russo ironisch.

„Eins steht fest“, sagte Ridge. „Wir müssen die nächste Atomexplosion verhindern.“

Erster Teil

Camp Boulanger, einige Stunden später

Der Seahawk-Helikopter landete dort, wo sich eigentlich die Forschungsstation Camp Boulanger hätte befinden müssen. Zwei weitere Seahawks waren dort bereits gelandet. Die Maschine sank mit ihren Kufen auf die glatte Schneefläche.

Chrobak öffnete die Außentür. Ein kalter Wind blies ins Innere des Helis.

Aber noch waren die Temperaturen in einem Bereich, der das Tragen von Gesichtsmasken nicht unbedingt erforderlich machte. Allerdings war es unerlässlich, Stirn und Wangen mit einer UV-Schutzcreme einzureiben.

Haller war der Erste, der ausstieg. Das Marschgepäck ließen die OFO-Kämpfer im Laderaum des Seahawk.

Ridge folgte als zweiter und danach stieg Dr. Van Karres aus der Maschine.

Captain Rick Sutarro vom Marine Corps der US Navy kam ihnen entgegen und grüßte militärisch korrekt.

"Wo ist das Camp geblieben?", fragte Ridge. "Ich kann hier nirgends etwas erkennen, das auch nur im Entferntesten Ähnlichkeiten mit einem Forschungscamp hätte."

"Es hat Neuschnee gegeben, Sir. Und das nicht zu knapp! Außerdem hatten wir einen der ersten Stürme dieses Jahres, was zu Schneeverwehungen geführt hat. Da können ein paar unscheinbare Baracken schon mal von der Bildfläche verschwinden."

"Klingt nicht gerade beruhigend, Captain."

"Darum bin ich auch sehr froh, dass unsere üblichen Einsatzorte einige Breitengrade weiter nördlich sind!", gab Sutarro zurück. Der Captain deutete zum Horizont. Das Wetter war diesig. Die Sonne war zu einem verwaschenen Fleck geworden. "Sehen Sie, wie tief der Sonnenstand bereits ist? Wir haben schon drei Stunden nach Mitternacht und sie steht trotzdem nur einige Grad über dem Horizont."

"Wird wohl bald Winter!", meinte Haller.

Sutarro nickte.

"Die Forschungsstationen werden jetzt überwiegend geräumt. Eine Bevölkerung von schätzungsweise dreihundert Personen bewohnt im Sommer diesen Kontinent, der größer als Europa ist. Im Winter sind es höchstens noch ein Dutzend. Und wer sich entschlossen hat hier zu bleiben, muss damit rechnen, für Monate nicht wegzukommen."

Captain Sutarro führte Ridge und seine Leute zum Eingang einer Baracke, die fast völlig unter Schnee begraben war. Der Wind hatte die Schneemassen verweht und dafür gesorgt, dass sie sich überall zu Bergen auftürmten, wo sich auch nur der geringste Widerstand bot.

Die OFO-Kämpfer folgten Sutarro ins Innere.

Angehörige der Militärpolizei und des Geheimdienstes der Navy untersuchten die Station.

„Wir haben bis jetzt von Professor Boulanger und seinen Leuten keine Spur“, berichtete Sutarro. „Sie sind verschwunden. Wir haben allerdings inzwischen einen Blutfleck gefunden. Außerdem befand sich auffällig wenig elektronisches Equipment im Camp.“

„Was glauben Sie, ist passiert?“, fragte Haller.

Sutarro zuckte die Achseln. „Boulanger hat an das Institut in Berkeley gemeldet, dass sein Camp angegriffen würde. Das ist das letzte, was wir von ihm und seinen Leuten gehört haben…“

„Dann wurden die Wissenschaftler vielleicht verschleppt“, vermutete Ridge.

„Ja - oder man hat lediglich die Leichen verschwinden lassen. Genau wie sämtliche Aufzeichnungen. Wenn Sie mich fragen, da wollte jemand Spuren verwischen.“

*

Eine Stunde später war das OFO-Team wieder in der Luft. Der Ausgangspunkt für ihre Mission lag etwa hundertzwanzig Kilometer von Camp Boulanger entfernt. Der Seahawk ging hinter einer Kette von felsigen Anhöhen nieder, die allerdings nichts anderes als aus dem Eispanzer herausragende Gebirgsgipfel waren.

Gomez war die erste, die in voller Kampfmontur ausstieg. Das Marschgepäck war auf das Nötigste reduziert. Die OFO-Kämpfer hatten Nahrungsrationen bei sich, die überwiegend aus reinem Speck bestanden. Wahre Kalorienbomben waren das - aber in dieser Umgebung überlebenswichtig. Insgesamt drei Biwaks hatte das Team dabei. Die Einzelteile waren auf das Gepäck aller 7 OFO-Soldaten des Alpha-Teams verteilt. Jeder war außerdem mit einer sechzehnschüssigen automatischen Pistole vom Typ P226 ausgerüstet.

Gomez und Russo trugen zusätzlich spezielle Scharfschützengewehre, die sich auch mit Explosivgeschossen bestücken ließen. Alle anderen waren mit der üblichen MP7 von Heckler & Koch ausgerüstet.

Nachdem das gesamte Team ausgestiegen war, hob der Seahawk wieder vom Boden ab. Seine kreisenden Rotorblätter wirbelten Schneewolken in die Luft.

„Jetzt hängt es nur noch von uns ab“, sagte Ridge durch seine Gesichtsmaske hindurch. Seine Stimme klang dumpf. Über eine Interlink-Verbindung konnten die Team-Mitglieder notfalls jederzeit miteinander in Kontakt treten. Aber einstweilen galt dafür dasselbe wie für alle anderen Funkkontakte. Sie waren auf Notfälle zu beschränken und möglichst zu unterlassen.

Haller setzte sich an die Spitze des Trupps.

Sie stapften durch den Schnee.

Wortlos.

Vor ihnen türmten sich die aus dem Schnee ragenden Gipfelspitzen gigantischer Felsmassive auf, von denen nur die letzten paar hundert Meter sichtbar waren. Gemessen am Oberflächenniveau des antarktischen Eispanzers handelte sich nur um Anhöhen und kleinere Felsen. Dahinter schloss eine Eisebene an, unter der sich der unterirdische See befand.

Von da an würde es keinen Schutz und keine Deckung mehr geben, bis sie X-Point erreicht hatten.

Niemand konnte wissen, was sie dort erwartete.

Eine graue Wand bedeckte den Himmel. Die Sonne war kaum zu sehen.

„Es riecht nach Schnee“, meinte Chrobak.

„Ich hoffe, dass Sie sich irren, Sergeant!“, gab Ridge zurück.

„Vielleicht ist schlechtes Wetter im Augenblick unser bester Verbündeter!“, meinte Haller.

Ridge lachte kurz auf.

„Sagen Sie das noch einmal, wenn Sie frierend im Biwak sitzen, Ihnen der Magen knurrt und Sie auf einem zähen Stück Speck herumkauen, Lieutenant!“

*

Stunden krochen dahin, in denen die Mitglieder des OFO-Teams beinahe wortlos durch die öde, weißgraue Landschaft stapften.

Der Wind wurde heftiger, Schneefall setzte ein. Der Himmel verdüsterte sich. In dem zerklüfteten Gebiet, das sie zu durchqueren hatten, kamen sie nicht besonders schnell voran.

Die Temperatur sank auf unter minus 20 Grad und schien sich in einer Art freien Fall zu befinden.

„Für die Touristen-Saison sind wir wohl etwas spät dran“, meinte Alberto Russo. Der Italiener war der letzte im Team, der auch seine Gesichtsmaske angelegt hatte. Die OFO-Soldaten waren daher äußerlich kaum unterscheidbar, lediglich die Statur und Einzelheiten der Ausrüstung konnten einem Hinweise darauf geben, mit wem er es zu tun hatte.

Die einzige Reaktion, die auf Russos Bemerkung erfolgte, war die wegwerfende Handbewegung, die eines der beiden weiblichen Mitglieder des Teams vollführte.

„Dachte ich mir doch, dass Sie die Ski-Saison bevorzugen, Marisa“, meinte der Italiener.

„Mit Skifahren kenne ich mich nicht besonders aus“, kam die Erwiderung. „Bei uns in den Niederlanden gibt es nämlich kaum Berge.“

Damit war klar, dass er Dr. Van Karres angesprochen hatte.

Ein Geräusch ließ alle aufhorchen. Russos Flachsereien waren auf einmal Nebensache.

„Das ist ein Helikopter“, stellte Haller fest.

Sie starrten in die graue Wolkenwand hinein. Die Maschine näherte sich genau aus jener Richtung, in der das Ziel von Ridge und seinen Leuten lag: X-Point, die mysteriöse Station mitten in der Eisebene.

„In Deckung!“, rief Ridge.

Die Teammitglieder hechteten zwischen die Felsen, warfen sich zu Boden. Ihre Bekleidung war ohnehin in weißer Wintertarnfarbe gehalten, ganz im Gegensatz zu gewöhnlichen Polarexpeditionen, deren Kleidung in der Regel in Signalfarbe gehalten war, um im Notfall eine Rettung zu ermöglichen.

Die Männer und Frauen der Omega Force One kauerten in ihrer Deckung. Die Waffen waren im Anschlag.

Russo und Gomez bestückten ihre Spezialgewehre mit panzerbrechender Explosivmunition. Mit gezielten Treffern in die Rotoraufhängung konnte man damit auch gegen Helikopter notfalls etwas ausrichten. Vorausgesetzt man kam überhaupt noch zum Schuss und es handelte sich nicht um einen schwer bewaffneten Kampfhubschrauber, dessen Granatwerferbatterien Dauerfeuer spuckten.

Ein dunkler Punkt bildete sich in der grauen Wand, wurde langsam größer.

„Ein Apache-Kampfhubschrauber“, murmelte Haller.

„Ja, aber ohne die US-Kennung“, stellte Ridge fest, der ganz in Hallers Nähe kauerte.

Ein zweiter Apache-Helikopter kam aus der grauen Wolkenwand heraus und zog im Tiefflug einen Bogen.

„Sind Sie wirklich sicher, dass die Kameraden von der US Navy uns informiert hätten, wenn sie irgendeine Aufklärungsaktion im Zielgebiet geplant hätten?“, fragte Haller an Ridge gewandt. Er schrie es fast und versuchte dabei den Lärm der Rotoren zu übertönen. Schnee wirbelte auf. Aber der trug ironischerweise zu ihrer Tarnung bei.

Beide Helikopter flogen in einem weiten Bogen zurück und verschwanden wenig später hinter den nächsten Anhöhen.

„Das sind nicht unsere Leute“, meinte Ridge an Haller gerichtet, nachdem die Maschinen verschwunden waren. „Dann wüssten wir davon. Außerdem würde es auch keinen Sinn machen, Kampfhubschrauber in das Gebiet um X-Point zu schicken.

Luftaufnahmen gibt es ja inzwischen genug von der Station!“

„Nur das man auf ihnen leider nicht das sieht, was wirklich dort geschieht!“, ergänzte Laroche.

„Wenn unsere Gegner über Apaches verfügen, dann sind sie ziemlich gut ausgerüstet“, stellte Haller fest.

Ina Van Karres konnte sich diesem Urteil nur anschließen. „Vor allem muss die Station dann Ausmaße haben, die weit über das hinausgehen, was bis jetzt vermutet wurde!“

Haller zuckte die Achseln. „Es ist viel leichter, einen Bunker ins Eis hineinzubauen als in felsigen Untergrund“, gab er zu Bedenken.

Ridge deutete Richtung Süden.

„Vorwärts“, befahl er.

Sie setzten ihren Weg fort.

Der Wind wurde immer heftiger. Ein Sturm kündigte sich an. Von den Helikoptern sahen sie nichts mehr. Wahrscheinlich waren sie längst zu ihrer Ausgangsbasis zurückgekehrt.

An einer geschützten Stelle schlugen die Männer und Frauen der Omega Force One ihr Lager auf.

Nachtlager war dafür nicht der richtige Ausdruck, schließlich blieb es die ganze Zeit über hell, sodass an diesem Einsatzort ein gewöhnlicher Tag/Nacht-Rhythmus nicht existierte. Aber erstens mussten Ridges Leute nach dem anstrengenden Marsch durch die Felsen ein paar Stunden regenerieren und zweitens war bei dem aufkommenden Sturm an ein schnelles Fortkommen ohnehin nicht zu denken. Der Wind kam ihnen direkt entgegen. Noch boten ihnen die umgebenden Berge und Felsen Schutz vor der Gewalt dieser Windstärken. Wenn sie das Hochland erst einmal hinter sich hatten, würde sich das ändern.

Gomez und Van Karres bewohnten ein Biwak zusammen, während Chrobak und Russo ebenfalls gemeinsam in einem Zelt schliefen. Das dritte Biwak war größer als die beiden anderen. In ihm kampierten Ridge, Chrobak und Haller. Das Aufstellen und verankern der Zelte hatten sie dutzendfach geübt. Jeder Handgriff saß. Es musste schnell gehen, denn niemand konnte sagen, ob das Wetter nicht noch schlechter werden würde.

Die Biwaks waren ebenso wie der Rest der Ausrüstung in weißer Wintertarnfarbe gehalten.

Wahrscheinlich dauerte es ohnehin kaum länger als eine halbe Stunde, ehe sich zudem eine Schneeschicht auf die Außenhaut gelegt hatte. Wurde sie zu schwer, musste eventuell einer der Insassen noch einmal hinaus.

Die OFO-Soldaten rollten sich in ihre Schlafsäcke. Allein die Körperwärme der Insassen heizte das Biwak schon mit der Zeit gegenüber der Umgebung erheblich auf. Zudem wurde der Wind durch die isolierende Spezialbeschichtung der Außenhaut fern gehalten.

Pierre Laroche kramte unruhig in seinen Sachen herum.

„Ihr Laptop lassen Sie einstweilen besser dort, wo es jetzt ist“, meinte Ridge dazu. „Erstens sollen wir Funkstille halten und zweitens bekämen Sie bei diesem Wetter wahrscheinlich ohnehin keinen Kontakt zum Satelliten.“

„Keine Sorge“, meinte Laroche. Er holte das Hochleistungsfunkgerät hervor. „Wir müssen zwar Funkstille halten - aber niemand kann etwas dagegen sagen, wenn wir mithören, was sich im Äther um uns herum so tut.“

Ridge zuckte die Achseln. „Wenn Sie sich davon etwas versprechen.“

„Alors, ich bin eben gerne gut informiert, mon Colonel!“