König Ludwig und der verschwundene Mops - Kirsten Kaiser - E-Book

König Ludwig und der verschwundene Mops E-Book

Kirsten Kaiser

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ruhe, Erholung und die unberührte Natur - das wünscht sich Ludwig II. nach den Aufregungen der letzten Wochen. Dafür reist er extra in sein Königshaus auf den Herzogstand. Doch dann geschieht das Unglaubliche: Sein über alles geliebter Mops Sigi wird entführt!

Der Erpresser will den vierbeinigen Liebling nur im Tausch gegen einen berühmten Diamantring freilassen und schickt sogar ein blutiges Ohr mit - igittigitt! Doch der gemeine Hundedieb hat die Rechnung ohne den Kini und seine ermittelnde Entourage gemacht ...

Dies ist der dritte Band der Neuschwanstein-Krimi-Reihe rund um Herzogin Sophie und den legendären König Ludwig II. von Bayern. Ein exzentrischer Monarch, eine Adelige mit Grips, Charme und dem richtigen Riecher für Verbrechen aller Art - und das alles mit dem Prunk und Pomp des 19. Jahrhunderts. Herrlich bayerisch, unkonventionell und charmant.

ÜBER DIE SERIE

Bayern, Ende 19.Jh.: Ludwig ist Erfinder, Freigeist, Architekt - ach ja, und König von Bayern. Was für eine lästige Verantwortung! Viel lieber würde er den ganzen Tag Wagner hören, fliegende Kutschen konstruieren oder Märchenschlösser bauen. Na gut, zumindest Schlösser kann er bauen. Und was für welche! Doch nicht zuletzt deshalb ist Bayern finanziell angeschlagen und von Feinden umzingelt. Also sind seine königlichen Pflichten gefragt.

Und als wäre das nicht genug, muss er neuerdings auch noch die Arbeit der Gendarmerie übernehmen. Egal, ob tote Preußen oder entführte Hunde - auf seinen Schlössern geschehen allerhand mysteriöse Verbrechen und seltsame Missetaten. Gottlob, dass er seine Cousine Herzogin Sophie an seiner Seite weiß. Gemeinsam mit ihr überführt der König jeden Halunken und Scharlatan ...

Weitere Folgen aus dieser Serie:

König Ludwig und der tote Preuße
König Ludwig und der gläserne Dolch
König Ludwig und der brennende Diamant
König Ludwig und das tödliche Mysterium

Für Fans von BUNBURRY, CHERRINGHAM und TEE? KAFFEE? MORD!

ebooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 218

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Neuschwanstein-Krimis – Die Serie

Über diese Folge

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Über die Autorin

Impressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass du dich für ein Buch von beTHRILLED entschieden hast. Damit du mit jedem unserer Krimis und Thriller spannende Lesestunden genießen kannst, haben wir die Bücher in unserem Programm sorgfältig ausgewählt und lektoriert.

Wir freuen uns, wenn du Teil der beTHRILLED-Community werden und dich mit uns und anderen Krimi-Fans austauschen möchtest. Du findest uns unter be-thrilled.de oder auf Instagram und Facebook.

Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich auf be-thrilled.de/newsletter für unseren kostenlosen Newsletter an.

Spannende Lesestunden und viel Spaß beim Miträtseln!

Neuschwanstein-Krimis – Die Serie

Königreich Bayern, Ende 19.Jh: Ludwig II. ist Erfinder, Freigeist, Architekt – ach ja, und König von Bayern. Was für eine lästige Verantwortung! Viel lieber würde er den ganzen Tag Wagner hören, fliegende Kutschen konstruieren, die Natur genießen oder Märchenschlösser bauen. Na gut, zumindest Schlösser kann er bauen. Und was für welche! Doch nicht zuletzt deshalb ist Bayern finanziell angeschlagen und von Feinden umzingelt. Also sind seine königlichen Pflichten gefragt. Und als wäre das nicht genug, muss er neuerdings auch noch die Arbeit der Gendarmerie übernehmen. Egal, ob tote Preußen oder entführte Hunde – auf seinen Schlössern geschehen allerhand mysteriöse Verbrechen und seltsame Missetaten. Gottlob, dass er seine Cousine Herzogin Sophie an seiner Seite weiß. Gemeinsam mit ihr überführt der König jeden Halunken und Scharlatan ...

Über diese Folge

Ruhe, Erholung und die unberührte Natur – das wünscht sich Ludwig II. nach den Aufregungen der letzten Wochen. Dafür reist er extra in sein Königshaus auf den Herzogstand. Doch dann geschieht das Unglaubliche: Sein über alles geliebter Mops Sigi wird entführt! Der Erpresser will den vierbeinigen Liebling nur im Tausch gegen einen berühmten Diamantring freilassen und schickt sogar ein blutiges Ohr mit – igittigitt! Doch der gemeine Hundedieb hat die Rechnung ohne den Kini und seine ermittelnde Entourage gemacht ... 

Dies ist der dritte Band der Neuschwanstein-Krimi-Reihe rund um Herzogin Sophie und den legendären König Ludwig II. von Bayern. Ein exzentrischer Monarch, eine Adelige mit Grips, Charme und dem richtigen Riecher für Verbrechen aller Art – und das alles mit dem Prunk und Pomp des 19. Jahrhunderts. Herrlich bayerisch, unkonventionell und charmant. 

Kirsten Kaiser

König Ludwig und der verschwundene Mops

Ein Fall für Herzogin Sophie und den Märchenkönig

Kapitel 1

Auszug aus dem Tagebuch Ludwigs des II.:

»Oh du herrlichster Tempel der Natur

ist mein karges Leben hier geheiligt nur

fließt in mein Herz die grüne Wonne

wie die strahlend-göttlich Sonne

und erwärmt meine ...?

(Nonne? Regentonne? Verflixt. Vermerk: Sauerstoffinfusionen direkt ins königliche Hirn, damit Dichtfähigkeit verbessert wird? Vorstellung schrecklich, aber alles für die Kunst!)«

Natur. Freiheit. Oh, wie hatte Ludwig danach gelechzt. Und nun, endlich, war ihm gegen alle ministerialen Widerstände die Flucht aus seinen bedrückenden königlichen Zwängen hinaus in die geliebten Berge gelungen. Dem einzigen Ort, an dem er wirklich er selbst sein durfte. Und diese phänomenale Aussicht! Ludwig der II., König von Bayern, lehnte sich über das hölzerne Geländer der fast acht Meter großen Aussichtsplattform auf dem Dach seines Königshauses auf dem Herzogstand. Die Plattform ermöglichte einen wunderbaren Blick auf den im Tal liegenden Kochelsee. Auf dessen Oberfläche spiegelten sich im Licht des späten Nachmittags die Wolkenformationen wider, die über Ludwigs Kopf hinwegzogen. Hinter dem See begann das Alpenvorland mit seinen weiten Flächen, dessen Bäume sich bereits rot und gelb färbten und daran erinnerten, dass der Herbst mit kleinen Schritten Einzug hielt. Der König schloss für einen Moment die Augen und genoss das Rauschen der Fichten im Wind, das gelegentliche Wiehern der Pferde, die unten vor dem Haus standen, und die Wärme der Herbstsonne auf seiner Haut. Tief sog er die würzige Luft ein. Dieser Wohlgeruch der ätherischen Öle des Harzes, von feuchter Erde und leicht vermoderten Blättern. Was konnte vorzüglicher, was berauschender sein? Wer würde hier nicht aufleben?

»Oh edle Mutter Natur, atemberaubender Odem der sanften Winde, die Bäume, die Wipfel, höchste Lust und Gnade. Wie herrlich. Wie wunderbar. Meine Seele frohlockt«, deklamierte Ludwig ergriffen. Nach ein paar Sekunden der Stille öffnete er die Augen, drehte sich um und stemmte die Hände in die Hüften. »Jetzt sag doch auch mal was, Karlchen. Oder bist du heimlich verstorben?«

»Ich lebe und bin beglückt wie Ihr, Eure Majestät«, behauptete Karlchen, Ludwigs Kammerdiener, mit einem steinernen Gesichtsausdruck, der das Gegenteil verhieß. Der weißhaarige Mann hielt mit einer Hand seinen im Wind flatternden Wollschal fest und mit der anderen die goldglänzende, nagelneue Festtagsleine von Siegfried, Ludwigs königlichem Mops.

»Du wirkst dennoch ein wenig angespannt, wenn ich das sagen darf.« Der König schaute forschend auf sein deutlich kleineres Gegenüber herunter. »Sind es die Knochen? War der Ritt herauf zu beschwerlich für dich?«

»Es geht mir ausgezeichnet, Eure Majestät. Danke der Nachfrage. Aber der schneidende Wind hier oben ...« Karlchen zog den warmen Mantel, den er über seinem Trachtenwanderanzug aus dicker Schurwolle trug, enger um sich.

»Das ist nicht dein Ernst! Dieses laue Lüftchen ist dir schon zu viel, Karlchen?« Ludwig hob das Gesicht probeweise in den Wind, spürte aber nur einen zarten Hauch auf seiner Haut.

»Laues Lüftchen, Eure Majestät? Das ist mindestens Windstärke sieben ...« Karlchen verlor das Gleichgewicht und ruderte mit den Armen. Der um ihn herumlaufende Siegfried hatte seine Leine wie ein Lasso um die Knöchel des Dieners gewickelt.

»I wo, das ist höchstens eine vier«, beruhigte Ludwig Karlchen und hielt ihn am Ellbogen fest, damit er nicht fiel. Interessiert schaute er dabei zu, wie der Diener versuchte, sich aus dem Leinengewirr zu befreien. Sigi sabotierte seine Versuche frohgemut, indem er Karlchen zwischen den Beinen hindurchlief und die Leine dadurch immer enger um ihn schlang. »Gib mal her, sonst kippst du noch um.« Ludwig nahm Karlchen die Leine ab, wickelte sie vom Diener und zog den Mops zu sich herüber, der sich prompt auf den Hintern setzte, dann aber stoisch über den Boden schleifen ließ.

»Es wäre nicht das erste Mal, Majestät«, schnaufte Karlchen. »Mein Allerwertester schmerzt immer noch vom letzten unerfreulichen Sturz im Schlosspark.«

»Tatsächlich? Er hat dich zu Fall gebracht? Du schlimmer Finger.« Ludwig beugte sich zu Siegfried herunter, zupfte spielerisch an den schwarzen kleinen Ohren und kam wieder in die Höhe. Gemeinsam mit seinem Mops trat der König auf die andere Seite der Plattform. Von dort aus sah man aufgetürmte dunkle Wolkenberge, die Ludwig zu gern fotografiert hätte, weil sie derart dekorativ bedrohlich wirkten. Vielleicht konnte er Augusto, den Universalgelehrten am Hof, überreden, einmal eine Fotografierreise mit ihm hierher zu machen? Es waren nur schlappe sechzig Kilometer von Schloss Berg. Die schaffte man zu Pferde leicht in einer Nacht, wenn man unterwegs nichts Überflüssiges tat, wie zum Beispiel essen, trinken oder seine Notdurft verrichten.

»Eure Majestät?« Karlchen war dem König gefolgt und hinter ihn getreten.

»Was ist?« Ludwig wandte sich bedauernd von der Aussicht ab, während in der Ferne ein leises Grollen erklang.

Der lange Kerl von Ludwigs Leibwache, der bislang schweigend neben der Außentreppe gestanden hatte, das Gewehr völlig überflüssigerweise im Arm, weil hier oben außer ihnen sowieso keine Menschenseele war, spähte mit zusammengezogenen Augenbrauen nach oben.

»Vielleicht sollten wir hinunter und ins Haus gehen, Eure Majestät? Es scheint, ein Gewitter zieht auf.«

»Auf keinen Fall. Ich will die Natur in ihrer Reinheit genießen, solange es geht. Keine Zivilisation, kein Luxus. So muss es sein.« Ludwig warf den Kopf in den Nacken.

»Dessertwein zum Nachtisch, Eure Majestät?« Ludwigs dicker Sommelier, der eine Flasche hellen Wein in die Höhe hielt, schaute über den Rand der Plattform. Er klammerte sich mit der freien Hand an das Geländer der Außentreppe, die aufs Dach führte.

»Selbstverständlich. Und sage dem Assistenzkoch, ich möchte frische Früchte und Schokoladenpudding dazu!«, rief Ludwig.

»Sehr wohl, Eure Majestät.« Der Sommelier nickte und stieg die Treppe schwankend wieder hinunter.

»Eure Majestät erlauben ...« Karlchen trat an Ludwig heran und zupfte ein paar Fichtennadeln aus dem Revers seines Wanderjacketts, die sich dort verfangen hatten. Grimmig betrachtete er ein kleines Loch, das eine Nadel in der weichen Wolle von Ludwigs Jacke hinterlassen hatte. »Das kommt davon, wenn man Bäume umarmt«, murmelte der Diener verstimmt.

Für Ludwig war klar, dass Karlchens Knochen ihn malträtierten. Sonst war der Diener nicht so übellaunig.

Ein dicker Regentropfen traf die Nasenspitze des Königs.

»Es regnet gleich. Und zwar heftig, Eure Majestät.« Karlchen schnippte die Nadeln weg und schaute mit gerunzelter Stirn nach oben.

Ludwig musste zugeben, dass sich der Nachmittagshimmel ernstlich verdunkelte. Aber das war kein Grund, feige die Flucht ins Innere anzutreten. Zumindest nicht, bevor das Abendessen bereitet war. »Das bisschen Wasser wird uns schon nicht umbringen. Außerdem haben Sigi und ich zu tun.« Ludwig ließ die Leine los, damit sich der Hund ungehindert bewegen konnte. Das umlaufende Geländer war mopssicher konstruiert. Er holte einen kleinen Ball aus Hartgummi aus seiner Jackentasche und warf ihn über Sigis Kopf hinweg ans andere Ende der Plattform. Sigi folgte dem Flug des Objektes mit seinen vorstehenden Augen und nahm regungslos zur Kenntnis, wie der Ball neben ihm aufprallte und dann wegrollte.

Ludwigs Leibwache stoppte den Ball mit dem Fuß, hob ihn auf und gab ihn an den König zurück. »Eure Majestät.«

»Danke.« Ludwig seufzte leise und steckte den Ball ein. Sigis chronische Apportierschwäche machte ihm Sorgen. Und nicht nur die. Er schaute auf seinen Mops, der verstohlen an die Schuhsohlen des Gardisten heranrobbte. Man konnte deutlich erkennen, wie traumatisiert das arme Möpschen war. »Sein Selbstvertrauen liegt in Scherben. Meinst du nicht auch, Karlchen?« Ludwig blickte fragend zu seinem Diener.

»Siegfrieds, Eure Majestät?«

»Wessen sonst, Karlchen? Und es ist ja auch kein Wunder nach den jüngsten Ereignissen.« Ludwig spielte darauf an, dass Siegfried vor einiger Zeit auf Hohenschwangau von dem widerwärtigen Attentäter von Hagen mit einem von Ludwigs Hemden gefesselt und in den Schrank gesperrt worden war.

»Glaubt Ihr nicht, er sollte sich inzwischen erholt haben, Eure Majestät? Zeit genug hatte er.«

»Die Zeit heilt leider nicht alle Wunden, Karlchen. Und ich fürchte, das Maria-Stuart-Debakel vor ein paar Wochen hat seine Traumata noch verstärkt.« Ludwig zog einen Teil seines cremefarbenen Seidenhemdes unter dem Ärmelaufschlag hervor. »Siehe und staune.«

Siegfried ließ davon ab, die Gardistenstiefel zu beknabbern, hob den Kopf, zog die Lefzen hoch und begann leise zu knurren.

»Quod erat demonstrandum, Karlchen.« Ludwig stopfte die Seide wieder unter den Jackenärmel. »Ich habe jetzt übrigens hellgraue Hemden bei der Schneiderin bestellt. Mal sehen, ob ihm das genehm ist.« Ludwig krauste die Nase, die inzwischen ziemlich nass war. Die Regentropfen fielen jetzt in schnellerer Folge herab. Aber Ludwig wollte partout nicht ins Haus. Da saß er wegen seiner vermaledeiten Regierungsgeschäfte wahrlich oft genug, weshalb ihm geschlossene Räume derzeit generell verhasst waren.

Ein Donner wie ein Kanonenschuss erklang, dann öffneten sich die Pforten des Himmels endgültig. Wie aus Kübeln ergoss sich Regenwasser über Ludwig. Innerhalb von Sekunden war er bis auf die Haut durchnässt. Er zog die Schultern beinahe bis zu den Ohren hoch, weil ihm das kalte Wasser unangenehm in den Kragen und sogar bis ins Unterhemd lief. Es fühlte sich schaudrig an! Verhasste Innenräume hin oder her – das war genug Naturerlebnis.

Er bückte sich, hob Sigi auf, klemmte ihn sich unter den Arm und eilte zur Treppe, vorbei an Karlchen, der sich eilig seinen Schal als Schutz gegen den Regen um den Kopf wickelte, und dem Gardisten, der sein Gewehr mit dem Oberkörper vor dem Wolkenbruch abzuschirmen versuchte. Ludwig machte sich einhändig an den Abstieg, weil er es keinem anderen zutraute, Sigi sicher nach unten zu bringen. Der Mops ließ sich seinen festen Griff ungnädig zappelnd gefallen. Blitze zuckten links und rechts über den Himmel. Ludwig erinnerte sich vage, dass der Baumeister irgendetwas von einer Blitzschlagneigung hier oben gebrabbelt hatte. Einerlei. Ludwig war der König, und zwar ein guter. Und nur schlechte Könige wurden vom Blitz erschlagen.

Am Fuße der Treppe angekommen, verstärkte er den Griff um den sich windenden Sigi, weil er Ludwig beinahe aus den nassen Fingern gerutscht wäre. Hinter ihm kam Karlchen verbissen fluchend die Treppe herunter.

»Nach Euch, Majestät.« Der Leibdiener war an Ludwig vorbeigeeilt und hielt ihm die Eingangstür zum königlichen Berghaus auf, die sich ein paar Schritte links von Ludwig befand.

Doch der schaute sich schweigend um, fasziniert von dem Naturspektakel, das sich ihm bot. Sein Königshaus stand auf der letzten Alm vor dem Gipfel, sodass sich zu seinen Füßen grüne, fruchtbare Wiesen ausbreiteten. Um die Alm begann der Wald mit bizarr geformten Felsen und im Wind wogenden Nadelhölzern, die im Helldunkelspiel der Blitze plötzlich wie böse Kreaturen aus einer anderen Welt wirkten. Rechts von ihnen war der Abgrund mit seinen schroffen, flechtenbewachsenen Felsen, der steil nach unten abfiel. Ludwig spähte durch den Regen den schmalen Weg entlang, der aus dem Tal in diversen Schlangenlinien herauflief, direkt am Haus vorbeiführte und nach vielleicht zwanzig Metern bergan hinter einer Wegbiegung verschwand. Wieder donnerte es derartig, dass Ludwig das Gefühl hatte, seine Kiefer würden durch den Druck aufeinandergepresst. Es knallte ohrenbetäubend, und für einen Augenblick wurde alles ringsum taghell. Der beißende Geruch nach verbranntem Holz und Ozon stieg in die Luft.

»Majestät.« Das klitschnasse Karlchen zeigte auf eine Fichte, in die der Blitz eingeschlagen hatte. Sie stand nur ein paar Meter neben der hölzernen Remise seitlich vom Haus, in der die Pferde angebunden waren. Funken sprühten in alle Richtungen und kamen der Remise gefährlich nahe. Der schlaksige Pferdeknecht war von irgendwoher herbeigeeilt. Er stolperte, fiel der Länge nach hin, rappelte sich auf, rannte zu den Pferden, hängte sich an die Trense von Ludwigs sich aufbäumender Stute und bemühte sich, ein anderes Pferd mit Worten zu beruhigen, das lauthals schnaubte und versuchte, sich loszumachen. Selbst im diffusen Licht des Gewitters konnte Ludwig das Weiß der Pferdeaugäpfel leuchten sehen. Der Knecht ließ versehentlich die Zügel los und fiel wieder hin, diesmal lang ausgestreckt auf den Rücken. Ludwig war bereits auf dem Weg hierher aufgefallen, dass die Gehirn-Körper-Koordination des Pferdeknechtes nicht die Beste zu sein schien.

»Eure Majestät. Bitte!« Das war wieder Karlchen. Diesmal mit deutlicher Ungeduld in der Stimme.

»Ich komme gleich.« Ludwig beobachtete die letzten noch sprühenden Funken, die gottlob schnell im Regen erloschen, ohne das Holz der Remise zu entzünden. Er atmete erleichtert auf. »Bin schon auf dem Weg.«

Sigi rotierte energisch einmal um die eigene Körperachse und sprang von Ludwigs Arm. In einem für einen Mops rekordverdächtigen Tempo schoss er an dem Reitknecht und den Pferden vorbei und verschwand ein paar Sekunden später hinter der Wegbiegung nach oben zum Gipfel, seine Leine hinter sich herziehend.

»Sigi! Hierher!« Ludwig machte Anstalten, ihm hinterherzulaufen.

»Stopp! Es ist zu gefährlich, Majestät.« Karlchen, dem das Wasser vom Kinn tropfte, hielt Ludwig am Ärmel fest.

Wie zur Bestätigung schlug ein erneuter Blitz nicht weit von ihnen ein.

»Ich kann ihn nicht allein lassen!« Ludwig wollte sich losmachen, aber Karlchens Griff war ungewöhnlich eisern dafür, dass er bereits über sechzig war. »Finger weg!« Ludwig zog stärker.

»Ihr werdet nicht unter meiner Aufsicht vom Blitz erschlagen, mein König.« Karlchen hielt ihn störrisch fest.

»Das entscheide nur ich!« Ludwig legte sich mit seinem gesamten Gewicht von einhundertzehn Kilo nach vorne und stemmte seine Füße in den Morast, sodass Karlchen seinen Griff nicht länger halten konnte. Der König lief eilig bergan, während ihm der Regen ins Gesicht peitschte. Sein Herz schlug bis zum Hals. Sein zarter Liebling war dort draußen in den wilden Bergen, zwischen Blitz und Donner, blutrünstigen Wölfen und hinterhältigen Füchsen. »Siegfried!«, rief Ludwig aus vollem Hals, aber seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern im Lärm des Donners. Hinter der nächsten Wegbiegung blieb er stehen. Kein Sigi. Er drehte sich um und wollte den Weg verlassen, um ins steinige Gelände neben dem Weg zu klettern, auch wenn die Felsen beängstigend nass im Licht der Blitze schimmerten.

»Majestät.« Der Gardist versperrte Ludwig den Weg. Wo war der jetzt auf einmal hergekommen?

»Hinfort!«, befahl der König.

Der Gardist trat gehorsam beiseite, aber Karlchen war schon herangekommen. »Er ist nicht mehr zu sehen, Eure Majestät. Ihr werdet ihn nicht finden.«

»Doch, das werde ich. Ich muss nur ...« Ludwig spähte in alle Richtungen.

»Bitte, Eure Majestät. Wir suchen nach ihm, sobald das Gewitter nachlässt!«, brüllte Karlchen gegen den Sturm an, der jetzt so stark war, dass er Ludwig beinahe von den Beinen fegte.

Der König ließ den Kopf hängen, weil ihm dämmerte, dass Karlchen recht hatte. Die Chancen, in diesem Inferno einen handtaschengroßen Mops zu finden, waren gleich null. Trotzdem schaute er nochmals um sich, bevor er Karlchen im Trab folgte. Bei jedem Schritt fühlte Ludwig sich wie ein Verräter, ein schlechter Hundevater, ja, ein schlechter Mensch. Sein Bauch verkrampfte sich furchtsam, und er versuchte sich des übermächtigen Gefühls zu erwehren, dass eben ein großes Unheil über ihn hereingebrochen war.

Eine halbe Stunde später ließ das Gewitter endlich nach. Ludwig stieß die Tür auf, sobald der letzte Donner verklungen war, und stürmte ins Freie, vorbei an den Pferden und einem klitschnassen Pferdeknecht, der unter der Remise Schutz vor dem Gewitter gesucht hatte. Er war von oben bis unten schlammbedeckt; selbst seine Haare hatten ein Moorbad genommen. Einen flüchtigen Moment lang hätte Ludwig gern gewusst, wie der Mann es geschafft hatte, sich quasi in toto in eine Schlammsäule zu verwandeln. Aber der flüchtige Augenblick schwand und wurde erneut durch Angst um sein Möpschen ersetzt. Ohne auf die Rufe von Karlchen zu achten, nahm Ludwig Sigis Fährte wieder auf. Sein kleiner Freund sollte nicht länger allein sein als unbedingt nötig. Ludwig spähte unter jeden Stein, in jede Felsspalte und unter jeden Baum. Je weiter er kam, desto spärlicher wurde der Pflanzenbewuchs. Ihm war vage bewusst, dass sein Gardist ihm folgte, aber das war ihm einerlei. Ludwig rannte, stoppte, bückte sich, kam in die Höhe, rannte wieder – und das alles in gefühlt ewiger Wiederholung. Er betete dabei permanent, dass Sigi nicht vom Berg gefallen war. Aber nirgendwo war ein Mops aufzufinden. Nur herabgewehte Äste, Spinnen, Käfer, Ameisen und anderes Getier.

Nach einer Weile war der König auf dem Gipfel angekommen und lehnte sich schwer atmend ans hölzerne Gipfelkreuz. »Merde.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, während sein Gardist sich keuchend auf einen kniehohen Felsen ein Stück weiter rechts setzte, sein Gewehr an ein Bein lehnte und sich die Waden massierte. Ludwig schaute angespannt ins Tal. Ihm schauderte, wenn er daran dachte, wie einsam und verlassen sein Liebling sich in dieser schroffen Landschaft fühlen musste. Sigi war ein Königshund durch und durch und nur gemütliche Schlösser und ungefährliche Parks gewöhnt. Hier würde er nicht lange überleben. Wo konnte er nur sein? Hatte er irgendwann kehrtgemacht und war bergab gelaufen? Ja, das musste es sein. Das war die einzige Möglichkeit, die Sinn ergab. Sie mussten sofort aufbrechen und zu Pferde bergabwärts nach ihm suchen.

»Majestät. Endlich habe ich Euch.« Karlchen kam schnaufend heran und blieb schwer atmend vor Ludwig stehen, den feuchten Schal wieder um den Hals geschlungen. »Der Assistenzkoch hat etwas vor der Tür der Hütte gefunden.«

Ludwig stieß sich vom Kreuz ab und griff sich ans Herz. »Doch nicht ...«

»Keine Sorge, Eure Majestät«, sagte Karlchen hastig. »Nicht Sigi. Etwas, was ich Euch zeigen muss. Hier, Eure Majestät.« Er zog vorsichtig ein durchnässtes Blatt dickes Papier aus der Tasche.

»Was ist das?« Ludwig nahm es entgegen. Es fühlte sich kalt und unangenehm schwammig an, weil es so durchweicht war.

»Lest es besser selbst, Eure Majestät«, entgegnete Karlchen unbehaglich, während der Gardist den Hals reckte, um mitzubekommen, was in dem Brief stand.

Ludwig starrte auf das Blatt und brauchte einen Moment, um zu verstehen, was er dort sah.

Irgendjemand hatte sich die Mühe gemacht, aus einer Zeitung Buchstaben auszuschneiden und diese aufzukleben. Sie waren angenehm verschnörkelt und hatten schön gestaltete, übergroße Anfangsbuchstaben.

»Der Hund ist meine Geisel«, las Ludwig den ersten Satz laut vor, dann wurden ihm die Knie weich. »Karlchen.« Er reichte seinem Diener das Papier mit zitternden Händen.

Der nahm den Brief und räusperte sich. »Der Hund ist meine Geisel«, wiederholte er. »Wenn Ihr ihn lebend wiedersehen wollt, erfüllt meinen Willen. Kehrt zurück nach Berg. Dort folgen weitere Anweisungen. Keine Gendarmen!« Karlchen ließ das Papier sinken.

Ludwig wurde es schwarz vor Augen. Er stützte sich auf einen hüfthohen Felsen neben sich und rang nach Luft. »Mein armer, armer Sigi ist entführt worden. Er schwebt in Lebensgefahr. Wir müssen sofort zurück nach Berg!«

Kapitel 2

Die nachmittägliche Sonne schien freundlich und warm auf das U-förmig gebaute, weitläufige Schloss Possenhofen, das direkt an den Ufern des Würmsees lag. Der Springbrunnen in der Mitte des runden Vorplatzes schoss elegant seine Fontänen in die Höhe, wodurch feine Wassertröpfchen wie Nebel in der Luft schwebten und dann glitzernd auf das feuchte Pflaster sanken. Von irgendwoher kam das Geräusch eines Hammers, der auf Metall schlug, und der Duft nach frischem Brot drang aus der Küche. Sophie blieb unwillkürlich etwas abseits vom Brunnen stehen, um die vertraute Szenerie in sich aufzunehmen, die sie monatelang nicht gesehen hatte. Sie hatte sie vermisst. Dennoch – sie war erst seit einer Stunde wieder in ihrem Elternhaus und wünschte sich bereits sehnlich auf die andere Seite des Sees zurück, zu Ludwigs Residenz Berg. Aber sie musste einen ganzen Tag in Possenhofen hinter sich bringen. Und das Schlimmste lag zu allem Überfluss noch vor ihr.

»Was ist, Kind, warum bleibst du stehen? Wir haben es eilig. Man wartet auf uns.« Sophies Mutter Ludovika verharrte direkt neben Sophie. Sie hatte ihre mittelalte Zofe Resi im Schlepptau, die einen seidenen Sonnenschirm unter dem Arm trug.

»Ich wollte mich nur kurz umschauen«, entgegnete Sophie vage.

»Umschauen? Hast du dein Elternhaus etwa so schnell vergessen, dass du die Erinnerungen daran auffrischen musst? Nun, das überrascht mich nicht, wenn man bedenkt, dass du einen fremden Hof deinem Zuhause beharrlich vorziehst. Das verstehe, wer will.« Ludovika begutachtete ihre Tochter von oben bis unten. »Stell dich gerade hin und nimm die Schultern zurück, Sophie. Du siehst aus, als ob du nach Pilzen suchst, und kein Mann will eine Pilzsammlerin zur Ehefrau.«

»Ja, Mama.« Sophie richtete sich auf und nickte einer alten Bediensteten zu, die mit einem Korb aus dem Waschhaus kam und zum Schlosseingang eilte.

Ludovika runzelte die Stirn, während die Frau eilig knickste und im Hauptgebäude verschwand. »Wieso ist deine Taille überhaupt derart unvorteilhaft geschnürt? Was hat Erika sich dabei gedacht?«

»Erika ist in München, Mama. Ich musste mir heute Morgen beim Anziehen die Zofe von Gräfin Wallau ausleihen, und die ist mit dem Schnüren des Korsetts nicht zurande gekommen.«

»Wie bitte? Dies ist der wichtigste Tag in deinem Leben. Der Tag, den dem du deinen zukünftigen Ehemann endlich kennenlernst. Und da verlustiert sich deine Zofe in München? Nicht zu fassen. Wieso, bitte, hast du sie gehen lassen? Hat Ludwig denn nicht interveniert?«

Sophie atmete tief durch. »Weil ihre Schwester krank ist und jemanden braucht, der sich um die Kinder kümmert, solange sie selbst dazu nicht in der Lage ist. Ludwig ist vorgestern zu seiner Hütte auf dem Herzogstand abgereist. Außerdem wüsste ich nicht, was er mit der Frage zu tun hat, ob ich meiner Zofe einige Tage Urlaub gewähre.«

Ihre Mutter schüttelte den Kopf mit der eleganten dunklen Hochsteckfrisur, die wie Sophies Haare mit teuren Kämmen aus Silber verziert war. »Zum Glück hast du meine Figur geerbt. Da fällte das Malheur nicht so auf.« Ihr eigenes Korsett war so straff gezogen, dass ihre Taille kaum mehr als zwei Hand breit war. Das war kein Zufall. Sophies Mutter achtete rigoros auf ihre Ernährung. »Und was ist mit der Gräfin Wallau? Ist deren Schwester ebenfalls krank? Warum hast du sie nicht mitgebracht? Ich muss dir wohl nicht sagen, dass es sich nicht schickt, dass du alleine in der Weltgeschichte herumgondelst, selbst wenn Ludwig dich mit seinem Dampfschiff hat herüberbringen lassen.« Die Gräfin Wallau war Sophies Benimmdame und unterrichtete sie in der allgemeinen Etikette, solange Sophie am Hof von Ludwig lebte, wie sie es derzeit tat. Unter den adeligen Töchtern Bayerns war die Gräfin weithin gefürchtet für ihre harsche Art sowie ihre schmerzhaft unkonventionellen Unterrichtsmethoden.

Sophie bemühte sich, ihre zunehmende Irritation nicht zu zeigen. »Wie du schon sagst, Mama: Ich war nicht alleine, sondern wurde von Ludwigs Schiffsbesatzung und ein paar seiner Diener begleitet. Das gilt wohl kaum als ›alleine in der Weltgeschichte herumgondeln‹. Und was die Gräfin betrifft: Ist es wirklich dein Wunsch, dass sie mich begleitet, wenn der Herzog uns zum ersten Mal aufsucht?« Sophie gab sich betont unschuldig. Sie war sicher, ihrer Mutter war bewusst, dass die achtzigjährige Gräfin den Herzog mit ihrem grimmigen Todesblick stante pede in die Flucht schlagen würde, sofern der nicht über Nerven aus Stahl verfügte. Sophie gab sich in Gedanken einen Tritt. Warum war sie bloß nicht auf diesen Einfall gekommen? Ein in die Flucht geschlagener Herzog wäre ein Segen. Zumindest für Sophie.

»Vielleicht nicht gleich beim ersten Besuch«, gab ihre Mutter widerstrebend nach. »Aber ich erwarte, dass du den Anweisungen der Gräfin folgst und sie in dein Leben miteinbeziehst. Über deine unangemessene Gutherzigkeit deiner Zofe gegenüber sprechen wir noch, wenn das hier vorbei ist. Einstweilen wartet der Herzog unten am See auf uns. Also lass uns diese leidigen Themen auf später verschieben.«

»Wie du wünschst, Mama.« Sophie hörte selbst, wie ablehnend sie klang. Aber es fiel ihr mit jedem Tag schwerer, gute Miene zur fürchterlichen Verlobung zu machen.

Leider bemerkte auch Ludovika Sophies Unterton. »Ich hoffe, dass du ihn deine destruktive Haltung nicht wirst spüren lassen, Kind. Er ist deinetwegen eigens aus England angereist, und das nur für einen Tag. Heute Abend muss er weiter nach Wien.«

»Und was ist, wenn ich ihm zufällig gefalle?«, fragte Sophie. »Reist er dann auch ab? Oder bleibt er in dem Fall?«