KOPFJÄGER - Tim Curran - E-Book

KOPFJÄGER E-Book

Tim Curran

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Beschreibung

Vietnam 1970. Eine grüne Hölle, wo der Tod hinter jedem Baum, in jedem Schatten und jedem Nebel lauert. Sprengfallen und Munition, Landminen und Raketen. Mike McKinney ging dorthin, um über den Krieg zu schreiben, über den Terror und die Frustration, über Soldaten und Menschen und eine Landschaft, die durch den Krieg für immer verändert wurde … doch dann begegnet ihm noch etwas anderes: Ein urzeitlicher Horror, entsprungen dem dunkelsten vietnamesischen Aberglauben. Eine groteske Abscheulichkeit, die durch den Dschungel und über die Hochebenen schleicht, auf der Suche nach menschlichen Köpfen. Nun ist es auf der Jagd nach ihm. Und nichts kann es stoppen. ---------------------------------------------------------- "Tim Curran ist ein Poet des Grauens. Seine Sprache strotzt vor gewaltigen Bildern, die sich mit Stacheln und Widerhaken in der Erinnerung festsetzen und nicht mehr verdrängen lassen." [Andreas Gruber, Autor] "… handelt es sich um ein echtes Highlight und hat mir extrem gut gefallen. Daumen hoch." [Lesermeinung] "Dunkelster Horror von einem Meister. Ich bin hin und weg." [Lesermeinung] "Sauspannend und spukig macht TC Vietnam zum ultimativen Endzeiterlebnis." [Lesermeinung]

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Der Autor

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Leseproben

Der LUZIFER Verlag

KOPFJÄGER

Tim Curran

übersetzt von

Nicole Lischewksi

This Translation is published by arrangement with SEVERED PRESS, www.severedpress.com

Title: HEADHUNTER. All rights reserved. First Published by Severed Press, 2013. Severed Press Logo are trademarks or registered trademarks of Severed Press. All rights reserved.

Impressum

Deutsche Erstausgabe
Originaltitel: HEADHUNTER
Copyright Gesamtausgabe © 2014LUZIFER-Verlag
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Cover: Michael Schubert
Übersetzung: Nicole Lischewski

ISBN: 978-3-95835-011-3

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

»Ich glaube, in diesen gespenstischen Wäldern sollten kleine große Mädchen besser nicht alleine spazieren gehen.«

Ronald Blackwell

- 1 -

Als ich zuerst davon hörte, dass in Vietnam irgendetwas hinter Köpfen her war – etwas nicht ganz Menschliches –, stand ich mit Truppenteilen der 101. Airborne in den Ruinen eines belagerten Dorfes gleich nördlich von Khe Ta Laou, in der Nähe der entmilitarisierten Zone. Der Gestank von verbrennendem Fleisch hing beißend in der Luft und eine schmierige Rauchdecke lag wie ein Leichentuch über uns. Ich wartete dort mit diesem Geruch in der Nase und feuchtem Dunst im Gesicht, während Fallschirmjäger Leichen aus dem Dschungel und den Hütten zerrten. Leichen der nordvietnamesischen Armee und von Dorfeinwohnern, die das Pech gehabt hatten, ins Kreuzfeuer zu geraten. Zu dem Zeitpunkt war ich seit sieben Monaten im Land. Nicht als Soldat, sondern als Kriegskorrespondent, und ich schien nicht damit aufhören zu können, die Toten anzustarren. Ob es nun unsere oder die des Feindes waren, meine Augen waren einfach nicht schlau genug, sich abzuwenden. Es war etwas, das mich nachts in Saigon wachhielt, gebadet in kaltem Schweiß; und kein Alkohol, Pot oder Pillen, egal in welchen Mengen, konnten diese Bilder aus meinem Gehirn verbannen.Manchmal dachte ich, dass ich dort nicht hingehörte. Dann wieder war ich mir sicher, dass ich nirgendwo sonst hingehörte. Ein Fallschirmjäger – ein magerer Schwarzer aus Detroit, den sie Soul Man nannten – stand neben mir und sagte: »Weißte was, Mac? Diese toten Schlitzaugen hier, manche sehn wie alte Omas und kleine Jungs und Kinder und alle mögliche Scheiße aus. Aber das heißt nichts, kapierste? Hey, die sind nicht anders als Charlie, die helfen seinem knochigen Arsch. Wenn du mit Hunden schläfst, Baby, wachste mit Flöhen auf. Bumm, bumm, bumm.« Er küsste den Lauf seiner M-16 und zielte damit entlang der gut drei Dutzend aufgehäuften Leichen, grinste dabei wie der Tod persönlich. »Was hast du vor dem Krieg gemacht?«, fragte ich ihn die typische Journalistenfrage. Er fuhr mit einem knochigen Finger über seine Nase, seine Wangen, und zog ihn schnell wieder weg, als könnte er nicht ertragen, wie sich sein eigenes Fleisch anfühlt. »Äh … was zum Teufel ich gemacht hab? Oh ja … shit … Ich hab zuhause in Dee-troit mit meinen Kumpels rumgehangen, einen losgemacht. Ich war echt 'ne Gefahr für die elende Scheißgesellschaft, aber jetzt nicht mehr, Mann, Nam hat's mir gezeigt.« Er begann mit einem hohen, hysterischen Lachen zu gackern und hatte Mühe aufzuhören, nachdem er damit angefangen hatte. »Weißte was, Mac? Wir gewinnen den Krieg nicht, weil's nämlich kein Krieg ist und wir ihn nicht gewinnen sollen … aber, Scheiße auch, die Viets werden sich an uns noch lang erinnern. Wir werden denen einen schwarzen, hässlichen Fleck auf dem Land hinterlassen, der sich auch in hundert Jahren nicht rauswaschen wird.« Er ging zu den Leichen hinüber und stierte auf sie hinab. Tränen aus Regenwasser liefen über die starren, blicklosen Gesichter … bei denen, die noch Gesichter hatten. Soul Man nahm sie mit seiner M-16 ins Visier, mähte sie still mit dem Maschinengewehr nieder. Wie ein Kind, das Krieg spielt. Captain Morales, ein Hartgesottener auf seiner zweiten Vietnam-Tour, den die anderen ›den Bestatter‹ nannten, da er mehr als nur ein paar Opferzahlen vorweisen konnte, stand da und sah sich die Verwüstung grinsend wie ein ausgehöhlter Kürbis an. In dem Grinsen lagen keinerlei Gefühle, lediglich die grimmige Befriedigung, die vom Töten des Feindes kam – vom Töten in hohen Zahlen. Die Befehlshaber mochten Zahlen. Das war etwas, das sie durchrechnen, erklären und diskutieren konnten. Morales gab ihnen gerne, was sie haben wollten. Er war Berufssoldat und verdammt stolz darauf; sagte, dass er eines Tages zum Generalstab gehören würde. Und wenn er einem das erzählte, stimmte man besser immer zu, auch wenn man darüber lachen wollte, denn Morales war verrückt. Allein wenn man sah, wie er mit Westmoreland und seinen Jungs herumhing und alle paar Stunden in der nächsten Leichenhalle verschwand, um bei den Kalten seinen Kick zu kriegen. Schon klar, das war echtes Führungskaliber. Aber in diesem Krieg … vielleicht. Morales stand also da in seiner Splitterschutzweste und der Yankeemütze. Der verrückte Bastard weigerte sich, einen Helm oder eine Schutzkappe zu tragen – nur die zerknautschte Mütze, von der ich wetten würde, dass sie wie ein Leichentuch roch – und bellte Befehle darüber, dass er die nordvietnamesischen Armeekadaver nicht mit den toten Dörflern durcheinandergebracht haben wollte. »Wir wollen das alles gut organisiert haben«, brüllte er zu seinen Sergeants. »Ordentlich soll das sein.« Ordentlich. Ihm gefiel das Wort. Gern stellte er klar, dass Charlie, die Vietcong, nichts so ordentlich wie wir machten. Er bestand immer aufs Aufräumen, wenn seine Jungs ein Dorf oder Basislager angriffen, oder ein paar Vietcong-Guerillas auflauerten. »Diese gottverdammten Gelbhäute«, sagte er dann, »diese Schweine sind nicht so ordentlich wie wir.« Das Dorf, in dem wir uns befanden, wurde Bai Loc genannt und es war bei einer Such- und Zerstörungsaktion der 101. eingenommen worden, um das siebte nordvietnamesische Armeehauptquartier auszuheben und zu vernichten. Ich war seit dem Tag zuvor dabei; einen Hügel hoch und den nächsten wieder runter, durch Sumpf und Dschungel stapfen, immer auf der Jagd sein. Es regnete ständig und ich war bis auf die Haut durchnässt. In der Ferne konnte ich andere Einheiten der 101. Dörfer angreifen und die nordvietnamesische Armee (NVA) entlang des ganzen Hügelgrats in den Kampf verwickeln hören: das Rattern von Maschinengewehren und das Donnern von Artillerie. Morales hatte zwei Männer verloren und ein dritter hatte einen Bauchschuss. Er war wie ein leckgeschlagener Reifen zusammengeflickt worden und wartete auf seine Evakuierung. Einer der Dorfjungen rannte herum, abwechselnd die Fallschirmjäger anschreiend und lachend, den Kopf schüttelnd und nickend. Er war durchgedreht, als er seine ganze Familie mit mehr Löchern als ein Fliegennetz auf dem Boden liegen gesehen hatte. Morales hatte ihn bald satt und sagte den Sanitätern, dass er ihn auf einen Spaziergang mitnehmen würde, wenn sie ihm nicht was spritzen würden, damit er still war. Niemand kam je wieder zurück, der mit Morales ›spazieren‹ ging. Der Nebel im Tal war dicht und regungslos, hing an allem und jedem wie eine klebrige Decke fest. Regen fiel, wir wurden nass. Er rann vom Rand unserer Helme herunter, über den Rücken unserer Hemden, tröpfelte in unsere Stiefel. Alles sah grau aus – Menschen, Hütten, der Dschungel. Obwohl Morales im Umkreis einige Wachposten aufgestellt hatte, ertappte ich mich immer wieder dabei, nach Anzeichen unseres Feindes Ausschau zu halten. Der Dschungel war verfilzt und niedrig, dicht, undurchdringlich, voller Schlingen aus Ranken, Kletterpflanzen und Baumwurzeln. Eine Schlange konnte sich dort aus Versehen verknoten. Die Trooper hatten alle Leichen herausgeholt. Was vom Dorf übrig geblieben war, wurde in Brand gesetzt. In der starken Feuchtigkeit brannten die Flammen niedrig und langsam, aber sie brannten. Und das war ein Glück, denn Morales wollte nicht abziehen, ehe Bai Loc in Asche gelegt war und der Feind keinen Schutz mehr fand. Die restlichen Dorfbewohner wurden in einem engen Kreis am Fuß eines gesprengten Mahagonibaums zusammengedrängt, der mit Gewehrfeuer und Schrapnell bombardiert worden war. Sechs oder sieben Fallschirmjäger standen herum, die Gewehre auf sie gerichtet. Als ich dort ankam, hänselte Soul Man sie gerade … er und ein weißer Prolet aus Arkansas, den sie ›Ständer‹ nannten, da er immerzu einen hatte. Der Typ holte sich drei oder vier Mal am Tag einen runter, selbst wenn er regelmäßig was bekam. Er schämte sich deswegen auch überhaupt nicht. Er konnte genau vor dir stehen und dir etwas über einen Angriff, bei dem er dabei war oder die Schweinefarm seines Alten in den Ozarks erzählen, und dabei die ganze Zeit seinen Schwanz befummeln.Ständer kickte etwas Matsch ins Gesicht einer Frau, die auf ihren Fersen vor und zurück schaukelte. »Hey,mamasan… du ficki-lutschi mich bumm-bumm ganz toll?«Soul Man lachte, weil die Frau keine Zähne und ein seltsames Geschwür im Gesicht hatte. »Mann«, sagte er, »dein Schwanz ist dir echt nichts wert, wenn du ihn in die Scheiße da stecken willst.«Sieben oder acht von ihnen waren in matschverklebte, schwarze Pyjamas gekleidet. Vom Pech verfolgte vietnamesische Dorfbewohner, die von uns, der NVA, den Franzosen und den Japanern benutzt und missbraucht worden waren. Jeder, der hier durchkam – und das war im Laufe der Zeit fastjedergewesen – schiss auf diese Menschen. Und sie akzeptierten es. Benutzt zu werden und vom Leben nichts geschenkt zu bekommen, war ihre Art zu leben. Sie kannten es nicht anders.Zuerst hatte ich großes Mitleid mit ihnen gehabt, aber sieben Monate voller Untaten, Tod und Bösem hatten meinen Verstand hart wie einen Schleifstein gemacht, und zu diesem Zeitpunkt gab er nicht einmal mehr einen Funken Mitleid her. Ich starrte einfach auf sie herunter, meine Augen so tot wie Treibholz. Ein alter Mann sah zu mir herüber, sein Gesicht eine sonnengetrocknete, windzerborstene Maske, braun und hartpoliert wie der Streichriemen eines Barbiers. Er hatte keine Augen, nur geschwärzte Höhlen, als ob sie mit einem heißen Stock ausgebrannt worden waren. Er sah mich, grinste, ließ seine letzten beiden gelben Zähne blitzen und begann zu lachen. »A-ha-ha-ha-ha«, machte er. »A-ha-ha-ha-ha-ha!« Eine Frau neben ihm mit einer Narbe von der Schläfe bis zum Kiefer, die ihr linkes Auge zu einem Schlitz verzerrte, zeigte auf mich und fing an, in einem seltsamen Dialekt zu murmeln, den ich noch nie gehört hatte. Soul Man lächelte. »Sie will dich ficken, Mac. Dich so durchficken, Baby, dass dir die Milz wehtun wird.« Aber sie schwatzte weiter, die Augen gelb überzogen, wild gestikulierend. Und auch neben ihr der alte Mann lachte immer noch. Es war ein hohes, verrücktes Geräusch, das durch den feuchten Dunst und den Dschungel hallte. Plötzlich waren wir alle still, weil es uns Angst machte. Allen von uns – und Typen wie Soul Man oder Ständer erschütterte so leicht nichts.Dann sagte sie auf Englisch: »Hey, geh nach Hause, Joe! Tot, tot, tot! Tot überall! Du jetzt auch tot! Wir alle tot!« Sie und der alte Mann schüttelten beide die Köpfe und lachten. Dann hörte sie auf und sah mich an, mit einem Blick, der mein Blut zu Eis gerinnen ließ. »Hey, Joe, er find dich, eh?Nguoi san ddau! Nguoi ddi sang ddau!Du kennst jetzt, eh? Ja, immer du kennst ihn …«Ich stand einfach da, wie verwurzelt, mit Stiefeln, die immer tiefer in den stinkenden schwarzen Matsch sanken. Der Krieg schien Lichtjahre weit weg zu sein. Ich drehte mich zu Soul Man und den anderen um, aber sie sahen alle blass und hilflos aus, wollten mich nicht ansehen. »Kopfjäger«, sagte eine Stimme hinter mir. Es war Lieutenant Gentry, der Nachrichtenoffizier. »Sie sagt ›Kopfjäger‹, Mac.«Die anderen Viets betrachteten eingehend den Boden, trauten sich aus irgendwelchen Gründen nicht hochzuschauen. Aber der augenlose Mann lachte immer noch und die alte Frau stach weiterhin mit einem Finger in meine Richtung. »Du ihn findest und er dich findet, ja?« Sie spuckte auf die Erde und rieb ihre Sandale darin. »Ac qui ddi san ddau! Nguoi san ddau! Ac quy ddi san ddau!Jetzt genau er dich riecht und wartet auf dich, Joe!«Ich nahm mir eine Zigarette und sah sie scharf an, obwohl mir etwas an ihr und der ganzen Situation den Magen umdrehte. »Was sagt sie?«Gentrys Lippen bewegten sich still, formten die Silben nach, wie sie es ihm in der Armeesprachschule beigebracht hatten. »Sie sagt … hm … ›Der Teufel, der Köpfe jagt.‹ Irgend so was. ›Kopfjäger. Der Teufel, der Köpfe jagt.‹ Verrücktemamasan.«Ich sah sie wieder an. Sie nickte vehement. Ich wandte mich ab, mir war übel, und betrachtete die Leichen der NVA, die wie eine Sammlung Vogelscheuchen dalagen – abgezehrte Arme und Beine sowie Münder, die mitten im Schrei erstarrt waren. Der Gestank nach Tod war durchdringend. Aus der Ferne hörte ich Hubschrauber kommen. Ein Armeefotograf schob sich an mir vorbei, begann Bilder des gefallenen Feindes zu machen. Ich hatte solche Bilder schon auf irgendeinem Beistelltisch eines Militärhilfskommandanten in Saigon gesehen. Gesprächsstoff.Morales kam herüber. Sofort hörte die verrückte Frau auf zu lachen. »DuVau-Ce, eh, mamasan? Du bumm-bummVau-Ce? Viele Amerikaner totgemacht?«Aber sie weigerte sich, ihn anzusehen oder ihm zu antworten. Ein paar andere erklärten stolz: »KeinVau-Ce! KeinVau-Ce!«Ich wollte nicht zusehen, wie Morales sie tyrannisierte, aber konnte mich auch nicht abwenden. Alles, was ich allerdings sah, war ein alter Mann ohne Augen, der mich beobachtete – die ganze Zeit beobachtete. Ich wusste, dass er mich nicht sehen konnte, aber er schien trotzdem in meine Richtung zu starren. Es war unheimlich. Eine Zigarette puffend kam Gentry zu mir herüber. »Dieses Kopfjägerding … das ist bei diesen Leuten nur Aberglaube, Mac«, sagte er. »Ich hab davon schon mal gehört … ein Ungeheuer oder Monster, das Menschen jagt. Schwachsinn. Die glauben aber daran. Die glauben an alle möglichen Dämonen und Teufel und Geister. Wenn man ihnen lang genug zuhört, glaubt man am Ende selbst, dass es auf jedem Quadratzentimeter dieses Landes spukt.« Nun, das glaubte ich bereits.

- 2 -

In Saigon gab es eine Bar, die keinen richtigen Namen hatte, nur ein paar rostige Leisten, an denen vor Jahren mal ein Schild gehangen hatte. Sie lag in einer Hintergasse, und wenn man nicht wusste, wo sie war, hätte man nie hingefunden. Ein Australier namens Finch führte sie, den alle bloß ›Vet‹ nannten, da er ein Ex-Special-Air-Service-Veteran und ehemaliger Söldner war, der in so ziemlich jedem großen und kleinen Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg mitgekämpft hatte und es mit seinen Narben auch eindrucksvoll beweisen konnte.