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Johanna steht mit beiden Beinen in einem sehr geordneten Leben. Sie hat einen Mann, ein schönes Haus, zwei wohl geratene Kinder und einen gut bezahlten Job. Alles da, alles sicher, alles gut. Und dann wird alles anders. Ihre Mutter stirbt und damit auch die gute Tochter. Johanna kann selbst kaum fassen, was sie alles tut und treibt. Mit einer unglaublichen Zielstrebigkeit fährt sie mit einem Bulldozer durch ihr Leben und walzt alles nieder, was nicht niet- und nagelfest ist. Sie trennt sich von allem, das ihr vertraut ist und das ihrem Leben Stabilität gibt. Das alte Leben gibt es nicht mehr und ein neues hat noch nicht begonnen. In dieser Schwellenzeit versucht sie herauszufinden, wer denn eigentlich Johanna ist. Sie möchte die Zusammenhänge zwischen gestern und morgen verstehen. Wo kommt sie her und wo will sie hin? Und irgendwo dazwischen ist Jetzt. Und da erlebt sie die verrücktesten Geschichten. Hinzu kommt, dass ihre tote Mutter dabei immer noch gerne ein Wörtchen mitreden möchte.
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Seitenzahl: 509
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Annemarie Singer
KOPFSTAND
Wenn du keinen Boden mehr unter den Füßen spürst
ROMAN
Die Wahrheit hat viele Gesichter. Das, was gestern Gültigkeit hatte, kann heute schon nicht mehr stimmen. Sie verändert sich in dem Maß, in dem wir bereit sind, dies anzuerkennen. Sie wächst mit den Möglichkeiten, die wir in Betracht ziehen und sie gewinnt an Leichtigkeit, wenn wir akzeptieren, dass sie auch vollkommen falsch sein könnte.
Texte: © Copyright by Annemarie SingerUmschlag: © Copyright by Annemarie Singer
Verlag:
Annemarie Singer
Innthal 183139 Sö[email protected]
www.treffpunkthollerbusch.de
Es erzählt eine Geschichte über eine Frau, die auf der Suche ist. Ich habe im Laufe meines Lebens viele von ihnen getroffen und gehöre selbst auch zu diesem Kreis. Eine Mischung aus Unzufriedenheit und Neugier treibt uns an, immer weiter zu gehen. Niemals stehen zu bleiben. Dabei wissen wir gar nicht genau, was wir eigentlich finden möchten. Uns selbst? Das große Glück? Den Sinn des Lebens? Von allem etwas, nehme ich an.
Meine Suche fand über viele Jahre im Außen statt. Doch kein Mann, keine Karriere, auch nicht Geld und Besitztümer, nichtmal Freundschaft oder Liebesglück konnten mich so füllen, dass ich dauerhaft Frieden fand.
Es bedurfte eines gewissen Alters, dass ich bereit war für die Innenschau und ich wählte dafür eine sehr abenteuerliche, unsanfte Variante, um auf dem Grund meiner eigenen Gefühlswelt anzukommen. Ich trennte mich von allem, was mir Halt und Sicherheit gab, schlug wild um mich und fand mich am Ende mit mir allein wieder. Ich hatte unwissentlich eine Reise angetreten, um endlich Heimat in mir zu finden.
Mein eigener Weg wurde zur Vorlage für dieses Buch. Nichtsdestotrotz möchte ich betonen, dass es ein Roman ist, mit frei erfundenen Figuren und Charakteren und eventuell auftauchende Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, der Interpretation des Lesenden entspringen.
Es war einer dieser Momente, die sich tief einprägen. Man erinnert sich nicht nur an die Geschichte selbst, sondern man kann jederzeit abrufen, welchen Geruch man in der Nase hatte, welche Lichtverhältnisse herrschten, ob es kalt oder warm war und sogar welchen Geschmack man im Mund hatte. Es dauerte nur ein paar Minuten und passierte in jener Art von stiller Präsenz, die alles, was nicht zu diesem Augenblick gehört, verschwinden lässt. Die Welt bleibt einfach stehen, hört auf sich zu drehen. Da gibt es keinen Platz und keine Zeit mehr für Gedanken. Ich hatte bisher nicht viele Erlebnisse, an die ich mich in einer solchen Intensität erinnern konnte. Und auch wenn es hier keine Momente des Glücks zu erleben gab, so bin ich doch sehr dankbar, dass ich dabei war und möchte es bis heute nicht missen.
Meine Schwester und ich blieben die Nacht über im Krankenhaus, weil der Arzt bereits am Vortag sagte, dass sie nur noch wenige Stunden leben würde. Meine Mutter war 90 Jahre alt und nach einem Schlaganfall ohne Bewusstsein. Bei Außenstehenden sagt man in solchen Fällen, dass es in diesem Alter Zeit ist, zu gehen, und dass der Tod zum Leben gehört. Wir wissen alle, dass das so ist und es war nicht meine erste Berührung mit dem Tod. Doch in Verbindung mit meiner Mutter warf er mich total aus dem Gleichgewicht. Sie hatte sich die letzten Wochen verändert und auch wenn die Nachricht, dass sie sterben würde, nicht vollkommen überraschend kam, war meine erste Reaktion Panik. Dass sie diese eine Nacht noch durchhielt, war wie ein Geschenk für mich. Sie war nicht mehr ansprechbar und doch gab es mir Zeit, mich in der Situation zurechtzufinden. Zu sagen, ich hätte begriffen, was da gerade passierte, wäre wahrscheinlich übertrieben. Ein Schwebezustand, der so irrational erscheint, so weit weg von dem, was wir mit dem Verstand erfassen können. Der Tod hat etwas Dramatisches, Unfassbares und unausweichlich Endgültiges. Natürlich konnte ich mich mit dem Gedanken trösten, dass meine Mutter in meinem Herzen weiterlebte, nur dass sie eben nicht mehr aktiv auf mich und meine Entscheidungen Einfluss nehmen konnte, sondern ihre Rolle in meinem Leben zukünftig aus dem bestehen würde, was ich in meinen Erinnerungen an sie zulasse. Doch hatte ich das in gewisser Weise nicht immer schon gemacht? Ich meine, jemand sagt oder tut etwas, und wie viel unserer Wahrnehmung ist dann tatsächlich im Sinn unseres Gegenübers und wie hoch ist der Anteil, der durch unsere vorgefertigte Meinung oder Denkweise festgelegt wird? Ich fragte mich, wie groß der Einfluss meiner Mutter auf mich tatsächlich war und wie sehr sie mein Leben mit ihrer Persönlichkeit, mit all dem, was sie ausmachte, prägte. Was gab sie mir mit auf meinen Weg, mit welchen Worten hat sie mich berührt und was bewirkten ihre Taten in mir?
In meinem Fall sollte ich wohl auch fragen: Was machten all ihre Geheimnisse und unausgesprochenen Worte mit mir? Ich habe nur sehr wenige Erinnerungen an meine ersten Lebensjahre und trage das Bild eines sehr traurigen Kindes in mir. Woher das kommt und warum es mich so beschäftigt, werde ich jetzt wohl nicht mehr klären können. Vielleicht hätte sie mir auch nicht weiterhelfen können, doch dass ich nicht irgendwann versucht hatte, mit ihr darüber zu sprechen, bereue ich sehr.
Welche der Geschichten und Wahrheiten, die ich in mir trage, entsprechen den Tatsachen und welche habe ich mir ausgedacht? Es gibt so wenige Antworten in meinem Leben und das Nichtwissen verunsicherte mich sehr. Was ich aber ganz sicher weiß, ist, dass der Geist meiner Mutter auch nach ihrem Tod noch eine ganze Weile in mir nachhallte und sich sehr lebendig anfühlte.
Wer war sie also, diese Frau, die mich geboren hat? Ich kenne natürlich die Eckdaten ihres Lebens und die großen Ereignisse. Doch die Kleinigkeiten und Feinheiten dazwischen, das, was eine Geschichte zum Leben erweckt und erzählt, wer sie wirklich war, das liegt für mich im Verborgenen. Sie war mir sehr wichtig und wir haben die letzten Jahre vor ihrem Tod viel Zeit miteinander verbracht. Trotzdem sprachen wir nie über ihr Leben, über ihre Träume und Emotionen. Warum nicht? Ich weiß es nicht. In unserer Familie wurden keine Gefühle gezeigt. Nicht im Positiven und auch nicht im Negativen. Es wurde laut geschrien und eine Türe zugeknallt, aber zu sagen, ich sei traurig oder verletzt – vollkommen undenkbar. Wir sagten uns auch nicht, dass wir uns gerne haben. Wirklich Persönliches wurde nicht besprochen und deshalb kam es mir nicht in den Sinn, meine Mutter nach dem zu fragen, was unter der Oberfläche steckte, nach ihren Ängsten und Wünschen, ihrer Leidenschaft und Freude. Vielleicht hat es mich in jüngeren Jahren nicht interessiert oder ich hielt es nicht für möglich, dass sie neben ihrem Muttersein auch eine Frau aus Fleisch und Blut war mit dem Anspruch auf ein eigenes Leben. Als ich älter wurde und all die Fragen in mir hatte, fand ich die Worte nicht. Ich hatte Hemmungen, es anzusprechen und ein wirkliches Gespräch wäre mir mehr als unangenehm gewesen.
Diese Art des „Nicht-Sprechens“ in meiner Familie sorgte dafür, dass ich einen Teil meines Selbst unterdrückte, und das verursachte eine große Einsamkeit in mir. Ich war traurig und konnte mich niemandem anvertrauen, zumal ich den Grund für die Traurigkeit ja gar nicht benennen hätte können. Die Möglichkeit, über ein Gefühl, das über das körperliche Maß hinausgeht, zu sprechen, war für mich schlichtweg nicht vorhanden. Ich entwickelte einen Mechanismus, der mich vor bestimmten Gefühlen und Ereignissen die Augen verschließen ließ. Nur nicht hinschauen oder, gar noch schlimmer, etwas aussprechen und einen Konflikt erzeugen. Der einzige Weg, den mein System zuließ, hieß „Schotten dicht und durch“. Das war für mein Umfeld ein Freifahrtschein, weil es mich vollkommen wehrlos machte. Ich ließ Dinge einfach geschehen und fand in meinem Kopf immer die entsprechenden Erklärungen oder Entschuldigungen dafür. Ich habe diese Strategie so viele Jahre lang geübt, dass sie mir in Fleisch und Blut überging. Alles, was mir widerfuhr, egal, ob gut oder schlecht, wurde von mir hingenommen.
Ich konnte sprechen, aber eine Stimme hatte ich nicht. Noch heute fällt es mir schwer, für mich einzustehen und einfach „Nein“ zu sagen. Als ich etwa achtzehn Jahre alt war - ich hatte gerade meine Lehrzeit begonnen - stellte mich ein damaliger Kollege jemandem mit den Worten vor: „Das ist Johanna, die junge Frau, die sich vor nichts fürchtet.“ Ich war damals sehr stolz darauf, nahm es als tolles Kompliment und hatte gleichzeitig keine Ahnung, wie er auf diese Idee kam. Im Grunde war genau das Gegenteil der Fall: Ich bestand eigentlich nur aus Angst. Und die Furchtlosigkeit, die dieser Kollege in mich hineininterpretierte, war lediglich der äußere Ausdruck nicht vorhandener Grenzen. Ich machte einfach alles mit, ohne darüber nachzudenken, ob ich das wirklich wollte oder nicht. Und ich lachte dazu, weil das mein Weg war, meine Unsicherheit nicht zu zeigen.
Woher kam diese grenzenlose Anpassungsfähigkeit, die bei genauerer Betrachtung fast unterwürfig wirkt? Wurde ich schon so geboren oder wurde dieses Verhaltensmuster durch bestimmte Erfahrungen und Lebensumstände hervorgerufen? Natürlich erkannte ich im Laufe fortschreitenden Alters, dass da etwas falsch lief und läuft. Es gab auch das ein oder andere Vorkommnis, das Erinnerungen aus der Kindheit zurückholte, aber über vielem liegt noch immer ein grauer Schleier. Vielleicht ist es gut so. Es könnte mehr sein, als ich zu sehen bereit bin.
Von diesen inneren Kämpfen und meiner Sehnsucht nach einem anderen Leben war für mein Umfeld so gut wie nichts sichtbar. Ich bin mir sicher, dass Familie, Freunde und Bekannte mich als eine sehr freundliche, positive Frau beschrieben hätten. Doch seit mehr als 30 Jahren hatte ich mir unterdrückten Kummer und Traurigkeit auf meine Schultern geladen. Und immer mal wieder wollten die beiden ausbrechen. Dann krochen sie über den Nacken nach oben, bis mir schier der Kopf zerplatzte und mein Magen rebellierte. In der Schulmedizin werden diese Symptome als Migräne diagnostiziert. Die vielen Schmerztabletten trugen dazu bei, noch mehr zu unterdrücken, was sich mit so viel Kraft zeigen wollte.
Es kam mir nicht in den Sinn, dass das, was ich wollte, in irgendeiner Form relevant sein könnte oder die Verwirklichung für mich im Bereich des Möglichen stünde. Ich lebte wie ein Fähnlein im Wind in verschiedenen Parallelwelten. Und neben diesen gab es auch noch ein Leben, das in erster Linie in meinen Träumen stattfand. Ich wäre gerne eine wilde Rebellin gewesen, eine Abenteurerin und Räuberbraut. Doch leider existierte diese Welt für mich nur in meiner Fantasie.
Mit wenigen Ausnahmen war ich eine brave Tochter und folgte dem vorgezeichneten Weg. Richtig sein bedeutete, einen soliden Beruf zu erlernen, ein Haus zu bauen, zu heiraten und Kinder zu bekommen. Und die Steigerung von richtig war dann noch, ein großes Haus zu bauen, einen Mann mit viel Geld zu heiraten und funktionierende Kinder zu haben. Auch wenn ich mir oft vorstellte, auszubrechen, besaß ich doch nicht den Mut, es wirklich zu tun. In der von mir geschaffenen Realität war ich abhängig vom Wohlwollen und der Anerkennung meiner Umgebung. Wer wäre ich denn ohne sie gewesen? Nichts, einfach gar nichts.
Dann starb meine Mutter und mit ihr ein Teil von mir. Die Dinge fingen an, sich zu verändern. Ich begann mich zu verändern. Anfangs schleichend und unbewusst, später dann sehr deutlich und auch nach außen hin für jedermann sichtbar. Mein Körper warf Ballast ab. Die Menschen in meiner Umgebung wollten wissen, was für eine Diät ich mache, da ich richtiggehend aufblühte.
Vielleicht erscheint es weit hergeholt, meine Veränderung mit dem Tod meiner Mutter in Verbindung zu bringen und doch fühlt es sich sehr wahr an. Obwohl ich sie vermisste und sehr um sie trauerte, gab es tief in mir etwas, das sich unweigerlich befreit fühlte. So zu denken und zu reagieren beschämte mich sehr. Dieser kleine, befreite, radikale Teil arbeitete in mir. Er flüsterte: „Ganz egal, was du jetzt tust, sie wird es nicht mehr wissen und du musst es nicht mehr rechtfertigen.“ Gleichzeitig war es eine Verpflichtung. Es gab keine Ausrede mehr, warum ich Dinge nicht tun konnte oder durfte. Ich musste die Verantwortung für mein Leben selbst übernehmen. Das hört sich verrückt an, doch das ist Teil der neu gewonnenen Freiheit.
Ich bin 45 Jahre alt, Mutter von zwei erwachsenen Kindern, in zweiter Ehe verheiratet, habe diverse Ausbildungen durchlaufen und Abschlüsse gemacht. Ein erwachsenes Leben möchte man meinen. Und doch ist jetzt erst die Zeit gekommen, aufzustehen und meine eigene Stimme zu finden.
Ich saß an ihrem Sterbebett und verrichtete immer wieder die kleinen Dinge, die mir die Krankenschwester gezeigt hatte. Die Lippen mit einem Wattestäbchen befeuchten und etwas Creme auftragen, damit die Schleimhäute nicht austrockneten. Ganz sanft und voller Liebe streichelte ich ihr die Wange. Mit dem Alter war alles an meiner Mutter weich und rund geworden. Nicht nur ihre Haut und ihr Äußeres, auch ihr ganzes Wesen. Doch ich erinnere mich noch sehr gut an eine andere Seite. Als ich ihr vor vielen Jahren beichtete, dass ich mich von meinem ersten Ehemann trennen wollte, hat sie den Kontakt zu mir abgebrochen. Es passte nicht in ihr Bild und ihre Antwort darauf war erst unmissverständliche Ablehnung und dann Schweigen. Sie gewöhnte sich irgendwann daran, aber wie so oft musste der Lauf der Zeit das Problem lösen. Wir waren beide nicht fähig auszusprechen, was uns bewegte und enttäuschte. Und so fügten wir durch unser Schweigen unserer Enttäuschung noch eine weitere Wunde hinzu: Ich wurde wieder Kind, ich wollte geliebt werden und sie kehrte mir den Rücken zu, weil ich nicht war, wie ich sein sollte. Heute ist mir klar, dass ich ihre Liebe und Anerkennung wollte. Damals wusste ich weder von meiner Sehnsucht, noch wie ich sie hätte stillen können. Für eine wirkliche Selbsterkenntnis war die Zeit noch nicht gekommen. Und so landete ich bald wieder in einer festen Beziehung, die mein Leben bestimmte. Ich hatte einen Mann mit dem anderen ausgetauscht und war in Sicherheit. Alles verlief wieder in geregelten Bahnen und ich konnte in den Schoß eines geordneten Familienlebens zurückkehren. Im Nachhinein könnte man meinen ersten Versuch auszubrechen als gescheitert ansehen. Aber letztendlich war es ein Schritt meiner Entwicklung.
Und wieder frage ich mich, welchen Einfluss die Geschichte meiner Mutter auf mein Leben hatte. Sie sagte mir in ihren letzten Lebensjahren oft, wie unglücklich sie war, als sie erfahren hatte, dass sie mit mir schwanger war, dass sie jetzt aber so froh sei, mich zu haben. Ein ungewolltes Kind, das war exakt die Beschreibung, die auf mein Lebensgefühl zutraf. Ob dieses späte Bekenntnis ihre Art war, mir zu sagen, dass sie mich liebte, oder ob es noch eine tiefere Geschichte hinter der unglücklichen Empfängnis gab, weiß ich nicht. Ich habe nicht danach gefragt, und sie hat es mir nicht von sich aus erzählt. Doch ich habe sehr wohl die Überschrift ihrer Aussage gehört und die hieß ganz klar „nicht gewollt“. Vernommen, abgespeichert und ausgeblendet. Und damit ging sie los, die Geschichte des Erwachens. Die Reise, die ich nichts ahnend antrat und mit der ich mich zwang, mich endlich selbst zu sehen, zu hören und zu erkennen.
Ich sehe sie dasitzen, alleine, energielos, unmotiviert, traurig und total überfordert. Meine freundliche, allseits beliebte Tochter. Gerne würde ich ihr helfen, doch sie kann mich weder sehen, noch würde sie die Botschaften als die meinen erkennen. Die Menschen sind in ihren Nöten so verhaftet, sie lieben es, sich in ihrem Unglück hin und her zu wälzen, und dabei wäre es so einfach. Nur ein kleiner Blick aus meiner Perspektive und sie müssten allesamt hell auflachen über die seltsamen Dinge, die sie sich ausdenken, um in ihrem unglücklichen, aber immerhin bekannten Zustand zu verweilen. Ich war ihr keine gute Mutter. Es tut mir leid, aber ich konnte es nicht besser. Sie hat mir weit mehr gegeben, als ich in der Lage war, für sie zu tun. Ich ließ sie mehr als einmal im Stich, war gefangen in meiner Geschichte und sie war bei Gott kein Wunschkind. Ich hatte schon genug eigene Sorgen. Ein weiteres Kind war bestimmt nicht das, was ich wollte. Ich hatte die 40 weit überschritten und war bereits Mutter von vier Kindern. Meine Ehe hatte sich wieder etwas stabilisiert, wir funktionierten, aber es gab viele unausgesprochene Enttäuschungen und zerplatzte Hoffnungen. Wie das eben so war auf einem Bauernhof in einem kleinen Dorf Ende der 60er Jahre. Das waren die Umstände, in die meine Tochter Johanna hineingeboren wurde. Eine unglückliche Mutter, vier ältere Geschwister und ein Vater, der zwar kein Interesse an der schwangeren Frau hatte, aber sich nichtsdestotrotz mit stolz geschwellter Brust seiner Manneskraft rühmte. Dieses kleine Mädchen war von der ersten Minute an auf sich gestellt. Sie musste schon lernen, tapfer zu sein und zu kämpfen, als sie noch in mir war. Nur: Die Strategie, die sie entwickelte, um zu überleben, entfernte sie weit von sich selbst. Es wird Zeit, mein liebes Kind, etwas zu verändern und endlich als die mutige Frau zu leben, die du bist.
Mein Gott, es war kaum zu glauben, was in dieser Firma alles möglich war. Vor eineinhalb Jahren, kurz nach dem Tod meiner Mutter, suchte ich mir eine neue Arbeitsstelle. Das Unternehmen hatte seinen Sitz in Italien und sie suchten jemanden für das Büro der Tochtergesellschaft in Deutschland. Ich fand es spannend, für eine international agierende Firma zu arbeiten. Nachdem meine Kinder beide zu Hause ausgezogen waren und ich mein Abendstudium erfolgreich abgeschlossen hatte, war diese Stelle genau die Herausforderung, nach der ich suchte. Regelmäßige Geschäftsreisen nach Italien, megacool. Eine Position, in der Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gefragt waren, endlich eine Gelegenheit zu zeigen, was alles in mir steckte. Wir hatten festgelegt, dass ich Anfang Januar anfangen sollte. Zur Einarbeitung und um die Firma und die Arbeitsabläufe kennenzulernen, war geplant, dass ich die ersten Wochen im Haupthaus in Italien arbeiten sollte. Alles klang wunderbar, und ich freute mich wirklich riesig, dass ich diesen Job an Land gezogen hatte.
Bei Vertragsunterzeichnung fragte mein zukünftiger Chef ganz spontan, ob ich nicht Lust hätte, schon zur Weihnachtsfeier zu kommen, um meine neuen Kollegen in ungezwungener Atmosphäre vorab kennenzulernen. Na klar hatte ich Lust! Ich konnte es kaum erwarten, dass meine neue Karriere losging, und war total aufgeregt.
Am letzten Wochenende vor Weihnachten fuhr ich nach Italien, um meine neuen Kollegen kennenzulernen. Alles war vorbereitet und gut organisiert. Man hatte mir ein Hotelzimmer gebucht und eine Einladungskarte mit den Informationen geschickt, wo die Feier stattfinden sollte. Ein neuer Arbeitgeber und etwa hundert fremde Menschen! Selbstverständlich war ich pünktlich um halb acht in dem genannten Restaurant. Was ich bisher an Firmenfeiern erlebt hatte, waren ausnahmslos sehr förmliche Angelegenheiten gewesen: Abendessen, eine Ansprache und auf keinen Fall daneben benehmen. Doch hier schien das alles anders zu sein. Ich stand in dem Lokal, in dem die Weihnachtsfeier meines neuen Arbeitgebers hätte stattfinden sollen, aber da war niemand. Also zumindest niemand, der nach Weihnachtsfeier aussah. Ein großer Saal, in dem noch gedeckt wurde, und eine Bar, an der sich mehrere Leute lautstark unterhielten. Ich kam mir dämlich vor, vollkommen deplatziert und verunsichert. Zudem war ich für dieses Umfeld völlig overdressed, dabei wollte ich doch um jeden Preis einen guten Eindruck machen. Souverän und selbstbewusst, genau das, was ich in dem Moment überhaupt nicht war. Was war denn so schwierig daran, einfach zu fragen, ob hier die Weihnachtsfeier meiner neuen Firma stattfinden würde? Ich stand noch ein bisschen verloren herum, habe mich dann schließlich doch aufgerafft einen Kellner zu fragen. „Ich bin zu einer Firmenfeier eingeladen. Können Sie mir bitte sagen, wo die stattfindet? Ich bin eine neue Mitarbeiterin aus Deutschland.“ „Si, Signora, da sind Sie schon richtig. Ihre Kollegen werden bald kommen. Möchten Sie schon etwas trinken?“ Wie bestellt und nicht abgeholt stand ich da im kleinen Schwarzen, inmitten laut lamentierender Italiener, die völlig unbeeindruckt über mich hinweg diskutierten. Ich stellte mich an die Theke und bestellte ein Glas Wein, damit ich etwas hatte, an dem ich mich festhalten konnte. Ganz allmählich kamen mehr und mehr Leute. Der Geräuschpegel war enorm und die bereits konsumierten Alkoholmengen auch. Es war seit meiner Ankunft bestimmt schon eine Stunde vergangen, bis sich der Festsaal so nach und nach füllte. Irgendwann entdeckte ich dann endlich die zwei Geschäftsführer, die ich vom Vorstellungsgespräch kannte. Es herrschte ein Durcheinander, wie auf einem Volksfest. Die einen standen nach wie vor an der Bar, andere hatten sich bereits gesetzt und schmetterten aus voller Kehle italienische Lieder. Die Tischnachbarn sahen sich dadurch veranlasst noch lauter zu grölen, um die singenden Kollegen zu übertönen. Manche standen in kleinen Gruppen zusammen, um sich zu unterhalten, andere setzten sich an die Tische, an denen bereits der erste Gang serviert wurde. Ich war von dem Bild, das sich mir bot, so überfordert, dass die Komik dieser Situation nicht bis zu mir durchdrang. Einer meiner Chefs stellte mir ein paar der deutschen Kollegen vor und ich war froh mich nicht mehr ganz so außenstehend zu fühlen. Aber ehrlich gesagt, hielt sich das Interesse an mir in Grenzen. Meine neuen Kollegen wollten einfach nur trinken und feiern, genau in dieser Reihenfolge. Zu guter Letzt stand ein mir unbekannter Herr auf, ich schätzte ihn auf gut dreißig Jahre, klopfte an sein Glas, räusperte sich und startete eine Art Weihnachtsansprache. Wie hätte es anders sein sollen? Niemand interessierte sich sonderlich dafür und die Mitarbeiter ließen sich keinesfalls in ihrer Feierlaune stören. Auf Nachfrage sagte man mir mit einem Augenzwinkern, dass der junge Mann hier der Herr Generaldirektor ist. Jetzt konnte selbst ich mir, in meiner angespannten Stimmung, ein Lachen nicht mehr verkneifen. Es platze förmlich aus mir heraus. Das war also mein neuer Arbeitgeber!
Man möchte meinen, dieses Fest hätte mich gewarnt oder mich in irgendeiner Form abgeschreckt. Aber dem war nicht so! Ich war total fasziniert. Es war eine Herausforderung. Ich war nicht nur auf fachlicher Ebene gefordert, sondern das Ganze versprach, ein großes Abenteuer zu werden. Das Umfeld, in dem ich mich bisher bewegt hatte, waren meine Familie und gleichaltrige Freunde. Die Firma, in der ich die letzten 13 Jahre gearbeitet hatte, bestand aus meinem Chef, einem Herrn im fortgeschrittenen Alter, und seiner Ehefrau. Jetzt hatte ich ungefähr hundert Kollegen mit einem Durchschnittsalter von dreißig Jahren. Über was sollte ich mich um Himmels Willen mit diesen jungen Leuten unterhalten? Doch eines war absolut klar für mich. Ich wollte unbedingt dazu gehören und ich wollte wichtig und gebraucht sein in dieser Firma.
Hochmotiviert und voller Erwartungen trat ich Anfang Januar meine neue Stelle an. Die Kollegin, die mich unter ihre Fittiche nahm, war ausgesprochen nett und erklärte mir die internen Strukturen, das Computersystem, mit dem die Firma arbeitete, und nach und nach viele der Aufgaben, die ich zu übernehmen hatte. Sie und auch andere Kollegen waren heilfroh, dass es endlich jemanden gab, der für alle anfallenden Arbeiten verantwortlich war, die Deutschland betrafen. Und so wurde ich in allen Abteilungen mit offenen Armen empfangen. Es gab viel zu tun, aber im Großen und Ganzen fühlte ich mich den Anforderungen durchaus gewachsen. Ein größeres Problem war die sprachliche Hürde, wenn es um kollegiale Gespräche ging. Es herrschte ein lockerer Umgangston und es wurde viel gelacht. Leider konnte ich mich nicht so oft am Gespräch beteiligen, wie ich wollte, weil jeder einen anderen Dialekt sprach und ich zwar dem Grundgespräch folgen konnte, die Pointen aber meist verpasste. Doch ich lachte offenbar an den richtigen Stellen und so dachten wahrscheinlich alle, die neue Kollegin ist nett, aber ein bisschen zurückhaltend oder schüchtern. Nach drei Wochen Einarbeitung übernahm ich mein Büro in Deutschland.
Die anfängliche Euphorie dauerte in etwa neun Monate, dann setzte allmählich der Verstand wieder ein. Man sagt ja, der erste Eindruck täusche nicht. Hätte ich dem mehr Gewicht geben sollen? Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass ich in einem Irrenhaus gelandet war, umgeben von lauter Verrückten - oder war am Ende ich die Verrückte, weil ich hier mitspielte? Eine Anstalt mit eigenen Regeln und Gesetzen. Meine Vorgesetzten waren sich noch nicht ganz sicher, ob sie den Größenwahn oder das Chaos bevorzugen sollten oder vielmehr, sie teilten die Rollen geschickt auf.
Sie waren alle absolut liebenswürdige Persönlichkeiten, die ich sehr mochte. Mit ihnen zu arbeiten, war eine Katastrophe, sie tiefenpsychologisch zu analysieren hingegen, die helle Freude. Stellt euch einen Zirkus vor: Da gibt es den Direktor, der die Zügel in der Hand hält und die Pferdchen traben lässt, ganz wie es ihm gefällt. Er lebt in seiner eigenen Welt der Träume und Visionen. Für die Arbeit im herkömmlichen Sinne hat er die Geschäftsführer, die er mal in die eine und dann wieder in die andere Richtung dirigiert. Was außerhalb der Manege, außerhalb seiner Bühne passiert, interessiert ihn herzlich wenig. Na ja, die Zuschauerzahlen müssen natürlich stimmen und damit auch die Kasse. Zugleich gibt es jede Menge Artisten, die auf der Bühne tanzen und jonglieren, und sich im Glanz der großen Show sonnen. Wer mitspielen will, sucht sich einfach seine Lieblingsnummer aus und gibt sein Bestes. Wer keine Lust hat, macht nichts und setzt sich auf die Zuschauerbank, klatscht ein bisschen Applaus oder schläft eine Runde. Ich musste mir unweigerlich die Frage stellen, was hier meine Rolle war. Ich passte gut dazu, keine Frage! Ich habe mein Leben immer schon lieber in meiner Fantasie gelebt als in der Wirklichkeit. Eine Weile hatte ich großen Spaß an meiner deutschen Spezialeinlage und habe eifrig geübt, gestaltet, getan und gemacht. Dann kam die Zeit, in der ich feststellen musste, dass mein Programm sich mit dem von anderen Artisten überschnitt, diese aber nur bedingt bei mir mitspielen wollten. Es fing an, anstrengend zu werden. Doch wie auch immer, noch war es einfach aufregend, Teil dieser vollkommen verrückten Welt zu sein.
Ich arbeitete in der Verwaltung und man möchte meinen, das wäre eher langweilig, aber in Anbetracht des Zirkuslebens gab es hier immer etwas zu staunen und zu belachen. In dieser Firma war nichts so gewiss wie die Unbeständigkeit und man konnte immer mit einer Überraschung rechnen. So gab mir meine Arbeit, bei der es ja in erster Linie um Zahlen und die klaren Gesetzmäßigkeiten der Buchhaltung ging, das Gefühl, wenigstens etwas unter Kontrolle zu haben. Zudem erlaubte mir meine Position, mich mächtig wichtig zu fühlen, da ich verantwortlich war, dass die Geschäfte ordentlich abgewickelt wurden. Doch nach und nach musste ich erkennen, dass ich auf verlorenem Posten kämpfte. Vollkommene Misswirtschaft entgegen der Regeln der Betriebswirtschaft und bar jeglichen gesunden Menschenverstandes kann man auch mit einer korrekten Buchhaltung nicht wettmachen. Es war also alles nur eine Frage der Zeit, bis sich hier etwas Grundlegendes ändern oder die Bombe platzen würde. An dieser Stelle sollte ich wohl erwähnen, dass ich durchaus alles dafür tat, meine persönliche Lage dem Firmenchaos anzupassen.
Mutter - Beobachterin
Da ist Luca, 31 Jahre alt. Er hat vor ein paar Monaten seine Freundin quasi vor dem Traualtar stehen lassen und plagt sich mit Schuldgefühlen. Gleichzeitig wird er von der Gier getrieben, Abenteuer zu erleben. Er will das Leben spüren, sich spüren, und kennt dabei keine Grenzen. Er trinkt viel, schläft kaum, arbeitet mit vollem Einsatz, lernt nachts und treibt dabei noch exzessiv Sport.
Und da ist meine Tochter Johanna, 46 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern. In geordneten Verhältnissen lebend, Familie, Haus, Karriere. Brav, lieb und nett. Es ist ihr noch nicht bewusst, aber für sie hat ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Sie wird aussteigen aus ihrem Leben. Neue unbekannte Wege gehen.
Diese zwei Menschen, so unterschiedlich ihre Lebenssituationen auch sein mögen, brauchen einander, um bestimmte Erfahrungen zu machen und voneinander zu lernen. Sie steuern zielgerichtet aufeinander zu. Der erste Schritt wurde schon getan, als Johanna die Stelle in der Firma annahm, in der auch Luca arbeitet. Es hat etwas gedauert, aber heute Abend ist es Zeit für den zweiten Schritt.
Eine klassische Situation, Firmenfeier und viel Alkohol. Sie sitzen noch an getrennten Tischen, aber im Laufe des Abends werden sie sich annähern, den ersten wirklichen Kontakt aufnehmen. Johanna kommt zu später Stunde an seinen Tisch. Es dauert nicht lange, da sitzt sie neben ihm und er legt seinen vom Alkohol bleischweren Arm um sie. Es macht ihr nichts aus, dass er sie mit seinem Gewicht schier zu erdrücken droht. Sie genießt seine Berührung und seine Aufmerksamkeit genauso, wie seine Unbekümmertheit, seine schönen Augen und seine Jugend.
Er ist fasziniert von seiner Wirkung auf diese reife Frau. Es eröffnet ihm die Möglichkeit, eine andere Welt kennenzulernen und das Alte, Bekannte, das er nicht mehr wollte, hinter sich zu lassen.
Luca - Kontrolle
Ich war wieder einmal betrunken. Wie so oft in den letzten Monaten. Amüsierte mich mit ein paar Kolleginnen und dabei trafen meine Augen auf die der Deutschen. Eine interessante Frau, Johanna. Sie war älter als ich und hatte etwas, das mich reizte. Sie war anders als die Mädchen, die ich kannte. Reifer, weiblicher, eine Frau mit Erfahrung. Und in ihrem Blick lag etwas, das Ja zu mir sagte. Eine unausgesprochene Übereinkunft, dass wir beide dieses Abenteuer wollten. Ich hielt mich nicht zurück, konnte mich allein schon wegen des Alkohols nicht kontrollieren, auch wenn ich gewollt hätte. Blicke, Berührungen, ein paar zugeflüsterte Worte. Sie provozierte mich, um sich dann gleich wieder zurückzuziehen. Ich sagte ihr, dass ich Liebe mit ihr machen wollte und sie lachte dazu.
Johanna - Faszination
Ich war vollkommen fasziniert davon, im Zentrum seiner Aufmerksamkeit zu stehen und keines klaren Gedankens mehr fähig. Etwas hatte von mir Besitz ergriffen, das mich mit aller Macht in diese Geschichte drängte, es gab kein Zurück mehr. Was auch immer hier auf mich zukam, ich wollte es erleben.
Dabei sollte ich gar nicht auf diesem Fest sein. Ich hatte bereits mitgeteilt, dass ich nicht kommen würde, weil wir, mein Mann und ich, zu diesem Termin eine Wochenendreise geplant hatten. Doch wie so oft hatte mein Mann kurzfristig abgesagt, weil er lieber einen Geschäftstermin wahrnehmen wollte. Es passte mir ganz gut, weil ich immer gerne nach Italien fuhr. Ich war dort eine andere als zu Hause. Die letzten Monate hatte ich einiges an Gewicht verloren und das viele Yoga straffte meinen Körper, dazu kamen die ganzen Umstände mit meinem neuen Job. Das alles gab mir ein neues Selbstbewusstsein.
An diesem Abend wurden durch ein paar Komplimente und tiefe Blicke in die blauesten Augen, die ich je gesehen hatte, etwas in mir ausgelöst, das mein ganzes Leben auf den Kopf stellte. Luca fragte in seiner Alkohollaune: „Wann darf ich dich lieben?“ Ich lachte nur, war geschmeichelt und verunsichert gleichermaßen. Doch wenn ich es mir heute recht überlege, wollte ich, dass er es ernst meint. Vor kurzem hörte ich einen Mann sagen: „Für eine jüngere Frau bin ich noch nicht alt genug.“ Konnte es sein, dass ich genau im richtigen Alter für einen jüngeren Mann war?
Wir waren uns vorher schon einige Male im Büro begegnet und hatten dabei ein paar Worte gewechselt, aber wirklich unterhalten hatten wir uns bei diesen Gelegenheiten nicht. Dabei war ich vom ersten Moment an fasziniert und zugleich irritiert von seinen unglaublichen Augen, was mich prompt in eine ziemlich peinliche Situation brachte. Ganz zu Anfang, als ich zur Einarbeitung in Italien war, wurden wir einander vorgestellt und ich fragte ihn, was er denn so mache und wollte natürlich wissen, was seine Aufgabe in der Firma sei. Er hat meine unglückliche Formulierung so ausgelegt, als ob ich ihn gefragt hätte, was er am Abend vorhätte. Er reagierte vollkommen gelassen und sagte: „Heute Abend habe ich leider keine Zeit, aber morgen könnten wir ja eine Pizza essen.“ Na ja, ich bin natürlich knallrot angelaufen, habe das Missverständnis aufgeklärt und bin leider nicht mit ihm essen gegangen. Es war eine lustige Geschichte. Andere lachen darüber und vergessen es im gleichen Augenblick. Mir hingegen prägen sich solche Begegnungen tief ins Gedächtnis ein. Ist mein Leben so langweilig und ereignislos, dass ich alles Nebensächliche so wichtig nehmen muss? Wie auch immer, in diesem Fall beschreibt die Szene noch viel mehr. Luca wollte spielen, ich machte für mich eine Riesensache daraus.
Es dauerte ein knappes Jahr, bis ich von der allgemein italienischen Frohnatur gelernt hatte, wie man Feste feiert und sich mein Körper an wenig Schlaf und viel Alkohol gewöhnt hatte. Und dann kam dieses besagte Firmenfest. Wir haben uns da nicht wirklich unterhalten und doch war ich ihm schon in dieser Nacht widerstandslos verfallen.
Luca - Jagdinstinkt
Ich hatte keine große Erinnerung an diese durchzechte Nacht. Doch meine Kollegen lieben es, nach solchen Festen über die Vorkommnisse zu tratschen und das alkoholisierte Benehmen des ein oder anderen in tausend Einzelteile zu zerlegen. So wurde an mich herangetragen, dass ich unsere deutsche Mitarbeiterin ziemlich angebaggert hatte. Zwei Wochen später traf ich sie bei einer offiziellen Firmenveranstaltung wieder. Ich war echt angetan: Was für eine heiße Frau. Sie trug ein enges Kleid und hochhackige Stiefel. Es war nicht nur der Alkohol, ich war scharf auf sie.
Johanna - Hitzeperiode
Nach der Party passierte zunächst gar nichts, doch nach dem „Tag der offenen Tür“ ging es richtig los. Wir hatten angefangen, uns zu schreiben. Nutzten dafür jede Form der modernen Kommunikation und waren nach kurzer Zeit praktisch zu jeder Tages- und Nachtzeit in Verbindung. Er schickte mir Links von Videos, die ihm gefielen. Wir mochten die gleiche Musik und sprachen über die Bücher, die wir lasen, über Kunst und Philosophie. Ich, die Facebook bis dahin nur von meinen Kindern kannte, entdeckte plötzlich die positiven Aspekte von Social Media und eröffnete einen Account, damit ich mir seine Bilder anschauen konnte. Es gab kein Thema, vor dem wir halt machten, und wir tauschten uns intensiv über Gott und die Welt aus. Irgendwann schlichen sich zweideutige Bemerkungen ein, aus Komplimenten wurden Absichtserklärungen. Wir wurden immer mutiger und die Erinnerung an die ungenierte Lust, mit der wir unsere erotischen Wünsche teilten, lässt mir immer noch die Schamröte ins Gesicht steigen. Aber ich erinnere mich auch an das Feuer, das in mir brannte, und die Kraft, die dahinter steckte. Habt ihr den Hauch einer Ahnung, was mit mir los war?
Nach etwa zwei Monaten kam uns ein „Ruf“ aus der Geschäftsleitung mehr als recht. Ich wurde gebeten, für mehrere Tage in die Hauptstelle zu kommen, um an einem Projekt mitzuarbeiten. Wir verabredeten uns in dem Hotel, in dem ich untergebracht war. Er kam auf mein Zimmer und wir verloren keine Zeit mit langen Begrüßungsformeln oder einem verlegenen „Wie geht es dir?“. Er sagte „Hallo“, küsste mich und begann mich auszuziehen. Es ging hier nicht um den Austausch von Zärtlichkeiten. Er wirkte fast animalisch auf mich, nicht grob, einfach nur geradlinig, echt, ohne Schnörkel. Mir fehlt das richtige Wort für ihn. Ein Tier, das die Beute vor Augen hat und zum Sprung ansetzt. Mit Augen, tiefer als das Meer. Sehr männlich. Hat mir das gefallen? Ja und Nein. Dieser atemberaubende Mann, jung und wild, begehrte mich. Dass die Art, wie er mich liebte, nichts mit tantrischer Liebeskunst zu tun hatte, spielte dabei keine Rolle.
Als er spät in der Nacht ging, heulte ich Rotz und Wasser. Meine Tränen schienen kein Ende zu haben. Noch vor kurzem hätte ich mir nicht vorstellen können, meinen Mann zu betrügen und doch hatte ich es gerade getan. Und keine Frage, wenn sich mir die Gelegenheit böte, würde ich es wieder tun!
Luca - verunsichert
Wir haben uns wieder getroffen. Dieses Mal hatte ich das Hotel ausgesucht und plante die Inszenierung einer Liebesnacht. Ich war berauscht von meinen eigenen Fantasien. Meinen Bildern von ungehemmter Leidenschaft und Lebenslust. Wenn alle Hemmungen fallen, man keine Gedanken mehr hat und nur noch ist. Mit Johanna war das möglich. Sie hatte den gleichen Hunger wie ich. Etwas in ihrem Blick spiegelte mir meine tiefsten Sehnsüchte: „Mehr, mehr, ich will mehr.“
Am Morgen verabschiedeten wir uns im Hotel und fuhren getrennt in die Firma. Spätestens am Abend würden wir uns bei einer Firmenfeier wiedersehen. Und dann passierte etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte: Ich war eifersüchtig. Sie unterhielt sich mit einem Kollegen, hing förmlich an seinen Lippen und folgte seinen Geschichten. Lachte laut über seine Pointen. Als die Kollegen meiner Abteilung mich an die Bar riefen, war mir das nur Recht. Das war so nicht geplant!
Johanna - verloren
Wir standen in einer kleinen Gruppe und unser Kollege Michele erzählte Geschichten von seinem letzten Urlaub. Es fiel mir schwer, mich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren als auf Luca. Wie gerne hätte ich ihn berührt. Doch plötzlich war er weg. Ging ohne ein Wort. Erst Stunden später sah ich ihn wieder, als er an der Bar Getränke holte. Er ignorierte mich und versuchte offensichtlich, mir aus dem Weg zu gehen. Ich rief ihn zweimal und dann trafen mich seine Augen mit solch einer Wucht, dass es mir die Sprache verschlug. Er zischte mich an, ob ich mit Michele Spaß hätte. Es war furchteinflößend und gleichzeitig faszinierte es mich, dass ich diese heftige Reaktion auslösen konnte. Ein Gewitter entlud sich über mir und seine Worte trafen mich wie Blitzschläge. Er beschimpfte mich und dann, vollkommen unerwartet, kam der Stimmungswechsel. Er berührte mich. Ganz langsam und zart strich er mit dem Finger über meinen Wangenknochen, seine Augen wurden weich und es war keine Frage, als er sagte: „Gehen wir aufs Zimmer.“
Ich hatte mich verloren. Ich hätte alles getan, um im Spiel zu bleiben. Ich hätte geschworen, dieser Sex war der beste, den ich bis dahin je erlebt hatte, vollkommen ungeachtet der Tatsache, dass es nicht stimmte und auch nicht das war, wonach ich mich wirklich sehnte. Ich war gefangen in der Geschichte, die ich mir in meiner Fantasie um diesen Mann ausgemalt hatte, und wie besessen davon. Alle meine Gedanken drehten sich darum und jeder Zweifel, der aufkommen wollte, wurde sofort unterdrückt. Luca hingegen erkannte relativ schnell, dass diese Affäre in eine Richtung ging, die er nicht wollte. Ich berührte ihn nicht nur körperlich, sondern auch emotional an Stellen, die zu fühlen er nicht bereit war. Ich denke, dass er in Momenten, in denen er in seinen Alltag zurückkehrte, ziemlich erschrocken gewesen sein musste über sich selbst und das, was er da tat. Seine Nachrichten wurden halbherzig und waren bald nur noch einsilbig. Die Zeitabstände verlängerten sich von stündlich auf täglich und schließlich kamen die Nachrichten nur noch alle paar Tage. Er schob es auf viel Arbeit.
Wir hatten uns schon vor einigen Wochen für einen Abend verabredet. Ich sollte zu einer Besprechung nach Italien kommen, für die der Termin lange im Voraus festgelegt worden war. Das war zu einer Zeit, als Lucas Feuer noch hell loderte. Er wollte sich wieder um das Hotel kümmern, in dem wir die Nacht verbringen konnten. Doch er meldete sich einfach nicht mehr. Ich hing total in der Luft und natürlich roch ich den Braten. Doch ich wollte nicht wissen, was im Grunde klar auf der Hand lag. Deshalb erkundigte ich mich auch vor dem Termin nicht bei ihm nach unserer Verabredung und buchte mein Hotel selbst. Als ich dann vor Ort war, konnte ich es wider besseren Wissens nicht lassen. Ich empfand mich als würdelos und klein und trotzdem ging ich in sein Büro und fragte ihn, ob wir uns später noch wie abgesprochen sehen würden. Die Antwort war: „Nein, ich habe keine Zeit. Ich muss mich um einen Freund kümmern.“ Er schaute mich dabei nicht mal an, hatte mich fallen lassen, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Ich habe es wortlos hingenommen, bin gegangen und war zutiefst verletzt. Ein erbärmliches Häuflein Elend mit Liebeskummer. Und es war erst der Anfang von vielen tränenreichen Nächten.
Wie konnte ich nur in diese Situation geraten? Mich in einen viel jüngeren Kollegen zu verlieben, empfand ich nicht unbedingt als Glanzleistung und doch stürzte ich mich mit meiner ganzen Sehnsucht nach Aufregung in dieses Abenteuer. Ich hatte jeden Bezug zur Realität verloren. Mein ganzes Leben bestand nur noch aus Warten. Warten auf Nachrichten aus Italien und warten auf das nächste heimliche Treffen. Nachdem er mich versetzt hatte, war erst mal Funkstille, doch ich gab nicht auf und irgendwann nahmen wir unsere Unterhaltungen wieder auf. Es war erniedrigend. Ich machte mich klein, und wenn auch nicht in dieser Konstellation, so hatte ich doch das Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben. Die Tragik war: Es war mir bewusst und ich konnte mich trotzdem nicht dagegen wehren. Obwohl ich alle Parallelen zur Vergangenheit sah, konnte ich nicht anders, als mein altes Muster zu wiederholen. Ich hatte mich in eine Fantasie verliebt. Ich bildete mir ein, eine intelligente Frau zu sein. Meine Gehirnwindungen funktionieren ganz passabel und ich kann auch sehr praktisch und klar denken, wenn es um Organisation und Planung geht. Doch in diesem Fall war ich vollkommen hilflos. Was war nur mit mir los? Dieses ständige Auf und Ab zwischen Hoffen und Bangen. Warum durfte es nicht nur ein Abenteuer sein? Warum musste ich mich komplett verlieren? Ich malte mir einen Hollywoodfilm aus mit dem ganzen Kitsch wilder Leidenschaft. Gleichzeitig rief ich ein Geschwader von Minderwertigkeitskomplexen ab, die mir erklärten, dass meine Träume nicht wahr werden könnten. Ihr wisst schon, zu alt, zu dick, nicht schön genug, nicht gescheit genug. Warum sollte sich jemand so Tolles dauerhaft für mich interessieren. Wie sollte ich nur dieser Endlosschleife entkommen?
Was macht sie nur? Sie kommt von der Arbeit nach Hause, setzt sich an den Computer und wartet auf Nachrichten. Wie deutlich ist ihre Abhängigkeit und doch kann sie es nicht sehen. Da rennt sie dauernd zum Yoga und zur Meditation und redet von Bewusstsein und vom Leben im Hier und Jetzt, und das alles nur, um sich nicht der Wahrheit stellen zu müssen! Die Diskrepanz zwischen Wollen und Tun ist offensichtlich. Andererseits muss ich sagen, dass sie sich intuitiv eine Situation schafft, mit der sie sich selbst und die Menschen in ihrem Umfeld zwingt, etwas zu verändern. Sie will die Katastrophe. Steuert geradewegs darauf zu. Und das ist gut so: Wenn sie nicht den Mut und die Kraft hat, aktiv ihr Leben nach ihren Wünschen zu gestalten, dann ist es umso besser, dass hier eine höhere Macht die Kontrolle übernimmt. Dieser junge Mann verdient ihre Liebe nicht, trotzdem kann sie ihm sehr dankbar sein. Durch diese Liebelei benimmt sie sich zu Hause so unmöglich, dass ihr Mann sie verlassen wird. Zeit meines Lebens wollte ich glauben, dass er der richtige für sie sei. Doch jetzt muss ich erkennen, dass er nur passt, solange sie nicht bereit ist, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Und es scheint so, als wäre genau das der größere Plan hinter diesem menschlichen Drama.
Ich benahm mich meinem Ehemann gegenüber unfair. Ich fühlte mich schlecht und trotzdem konnte ich einfach nicht anders. Ja, ich weiß, wenn man will, dann kann man auch. Zu sagen ich konnte nicht anders, ist eine Ausrede, um die Verantwortung für mein Handeln nicht übernehmen zu müssen. Wenn ich nach Büroschluss nach Hause fuhr, aus meinem Auto stieg und die Haustüre aufschloss, baute ich eine Art Panzer um mich herum auf. Ich wollte nicht sprechen und am liebsten wollte ich, dass er sich in Luft auflöst. Das wäre natürlich furchtbar gewesen, aber in meinem Verdrängungsmodus war das der einfachste Weg. Ich versuchte, ihm aus dem Weg zu gehen. Je mehr ich mich zurückzog, umso mehr bemühte er sich um Gemeinsamkeit, um eine Kommunikation in irgendeiner Form. Tausend Fragen auf seiner Seite erhielten keine Antwort, nur mein Schweigen. Das ist letztendlich auch eine Form der Antwort. Allerdings eine, die für den Fragesteller nicht sehr befriedigend ist. Ich zog mich in eine Kapsel zurück, verbarrikadierte mich, so dass mich nichts erreichen konnte. Ich wollte zu Hause den Schmerz nicht fühlen, den ich verursachte, und auch nicht die Schuldgefühle, die mich plagten. Ich war alleine, Luca würde mir nicht helfen, mein Problem zu lösen. Ich wusste nicht mehr aus noch ein und war vollkommen handlungsunfähig, gelähmt von der Angst, etwas auszusprechen, was mir selbst so ungeheuerlich vorkam.
Die Situation wurde schier unerträglich. Wir versuchten es mit einer Eheberatung, doch die Würfel waren längst gefallen. Mein Mann sagte einmal in einer Sitzung zur Therapeutin: „Kann es sein, dass meine Frau depressiv ist?“ Und ihre Antwort lautete: „Ich habe eher das Gefühl, da sitzt ein Vulkan vor mir, der kurz vorm Ausbruch steht.“ Es gab kein Zurück mehr für mich. Ich war irgendwo zwischen Leiden und der leisen Ahnung und Hoffnung nach mehr Leben. Was auch immer das heißen mag, ich wusste, dass ich mehr wollte. Auch wenn das „Mehr“ die negativen Seiten mit einschloss. Ich machte noch ein paar Vorschläge für alternative Beziehungsformen, doch davon wollte mein Mann nichts wissen. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass das nach meiner damaligen Gemütsverfassung auch nicht erfolgreich gewesen wäre.
Ich erinnere mich an einen Sonntagnachmittag, an dem er sich zu einer Bergtour bereit erklärt hatte. Er war wirklich bemüht, denn im Normalfall fand er Wandern einfach furchtbar. Ich fragte ihn unterwegs: „Was sind denn deine Träume? Was möchtest du in deinem Leben noch machen? Und was ist aus unseren gemeinsamen Plänen geworden?“ Als wir uns kennenlernten, hatten wir oft darüber gesprochen, dass wir, sobald meine Kinder aus dem Haus sind, an einem anderen Ort leben möchten. „Wenn du mich so fragst“, sagte er, „dann würde ich gerne mit dem Motorrad die Pan Americana entlangfahren.“ Ein kurzer Hoffnungsschimmer glomm in mir auf und ich wollte wissen, wann wir aufbrechen. Doch der Strohhalm war so schnell weg, wie er aufgetaucht war. „Es ist beruflich im Moment einfach nicht möglich. Danach ist mein Job weg“, war seine Antwort. Hätten wir etwas in der Art gewagt, einen wirklich radikalen Schnitt durch unseren Alltag, wäre unsere Ehe vielleicht noch zu retten gewesen. Oder machte ich mir damit etwas vor? Hatte ich den Entschluss, alleine weiterzugehen, längst gefasst? Lange vor diesem Gespräch? Vielleicht sogar lange vor Luca? War es nur eine bequeme Ausrede für mich, dass wir keine gemeinsamen Ziele mehr hatten und die Dinge, die uns wichtig waren, meilenweit voneinander entfernt lagen?
Mein Mann machte den Vorschlag einer kleinen Auszeit. Er wollte für einige Wochen auf Geschäftsreise gehen. Das verschaffte mir Luft, ich konnte wieder atmen und gleichzeitig wusste ich, dass es nur ein Aufschub war. Ich habe diese Wochen alleine sehr genossen. Abends heimzukommen ohne mich verstecken zu müssen, war Entspannung pur. Trotzdem nagte in mir das Gefühl des Versagens. Ich war dabei, meine zweite Ehe in den Sand zu setzen und fühlte mich schuldig. Nicht nur, dass ich Schuldgefühle meinem Mann gegenüber hatte, da war noch mehr. Eine Stimme, die mir zuflüsterte, ich dürfe mir nicht einfach alles nehmen, was ich möchte, jemand der mir sagte, dass ich mich für diese Ehe entschieden hätte und es mir jetzt nicht einfach anders überlegen könne. Ich dürfe nicht mein Glück über das eines anderen stellen. Diese Stimme in mir hatte auch eine Adresse. Ich projizierte diese Gedanken und Ängste in mir auf meine Familie, die Wertvorstellungen meiner verstorbenen Eltern und meiner Geschwister. Stellvertretend sah ich dabei vordergründig meine älteste Schwester. Was hatte ich für einen Heidenbammel, mich ihr und damit letztendlich meinen eigenen Ängsten zu stellen. Dabei musste sie längst bemerkt haben, dass in meiner Ehe etwas nicht stimmte. Sie hatte meinen Mann und mich an Silvester sprachlos nebeneinander erlebt.
Ich musste meinen ganzen Mut zusammen nehmen und nutzte die Abwesenheit meines Mannes, um sie für ein Wochenende einzuladen. Es brauchte ein paar Anläufe, bis ich das Thema wirklich zur Sprache brachte. Anfangs sehr ungelenk. All die Worte, die ich mir zurechtgelegt hatte, kamen total verquer daher. Aber ich habe es geschafft. Ich habe ihr von meinen Ängsten erzählt, die ich bei dem Gedanken hatte, ihr zu erzählen, dass ich mich von meinem Mann trennen wolle. Von meiner Sorge, wie es dann finanziell weiter gehen sollte und überhaupt, wie es um mich stand. Nur Luca ließ ich aus. Letztendlich spielte er auch keine tragende Rolle, was die Trennung selbst betraf. Ihr Kommentar war schlichtweg: „Na und?“. Das war für mich mehr als Absolution, das war nach vorne schauen, als hätte sie das Licht am Ende des Tunnels eingeschaltet. Warum fällt es mir so schwer, ich zu sein und ehrlich auszusprechen, was mich bewegt. Dabei sollte es doch das Normalste auf der Welt sein. Mit diesem Gespräch hatte sich eine Türe für mich geöffnet und es war ein wichtiger Schritt für mich und das, was ich vorhatte. Es zeigte mir auch, wie befreiend es ist, sich seinen Dämonen zu stellen. Sie lösen sich in Luft auf und verwandeln sich in Chancen.
Noch eine Nacht und ein Tag dann ist meine Auszeit vorbei und ich würde Farbe bekennen müssen. Um mir Unterstützung und Kraft zu holen, wollte ich am Abend zu einem Satsang gehen. Einer meiner Yogalehrer war der Veranstalter. Ihr müsst euch das so vorstellen: Die Teilnehmer sitzen in Stuhlreihen wie bei einem Konzert oder einem Vortrag. Der Sprecher sitzt vor den Zuhörern und neben sich hat er einen freien Stuhl. Anfangs spricht er über ein frei gewähltes Thema, über Wahrheit, das Hier und Jetzt und den Augenblick. Irgendwann kommt der Punkt, an dem er das Publikum auffordert, Fragen zu stellen. Der Haken ist, dass man dabei nicht sitzen bleiben kann, sondern man aufstehen und nach vorne auf den freien Stuhl kommen muss, um sein Anliegen los zu werden. Ich hätte sehr gerne meine persönliche Situation vorgebracht, aber ich war nicht mutig genug. Das Gute war, ich musste mich gar nicht trauen, weil eine andere Frau das für mich übernahm. Ihr Anliegen war nicht eins zu eins identisch mit dem meinen, aber es ging auch bei ihr um eine langjährige Beziehung und die Frage, ob sie sich trennen oder der Partnerschaft noch eine Chance geben soll. Ich weiß gar nicht mehr genau, um was es dann im Detail ging, doch plötzlich stand folgender Satz im Raum: „und dann tauschst du einen Mann mit dem anderen aus, doch was hat sich dadurch tatsächlich verändert?“ Autsch - damit hatte ich nicht gerechnet. Eine böse Frage, über die ich zweifelsohne einmal genauer nachdenken sollte. In Bezug auf meine Ehe konnte sie aber nichts mehr bewirken.
Mein Mann kehrte von seiner Reise zurück und wollte wissen, ob es meinerseits neue Erkenntnisse gäbe. Sein Gepäck stand noch im Flur und der Zeitpunkt erschien mir ziemlich unpassend. Ich fühlte mich kaltherzig. Doch lügen wollte ich auch nicht. So kam es, dass ich ihm zehn Minuten nach seiner Heimkehr sagte, dass ich nicht mehr mit ihm leben wolle.
Nie hätte ich gedacht, dass sie unglücklich sein könnte oder sich ein anderes Leben wünschte. Sie strahlte so viel Freundlichkeit aus. Sie hatte einen fürsorglichen Ehemann, zwei gescheite, gesunde Kinder, eine gut bezahlte Arbeit, ein schönes Haus, alle mochten sie. Und allem voran, sie brachte Abwechslung in mein Leben. Sie kam oft sonntags zum Kaffee oder sie und ihr Mann holten mich ab und wir gingen zum Essen aus oder saßen in ihrem wilden Garten am Teich. Sie hatte ein perfektes Leben und hätte sie mir etwas anderes erzählt, ich hätte es nicht verstanden und das wusste sie. Nach all den Schmerzen, die ich in meinem Leben hatte überstehen müssen, wollte ich nur Frieden und meine kleinen Freuden des Lebens genießen. Sie machte einen Großteil davon aus. Es schmerzt mich im Nachhinein zu erkennen, dass mir nicht bewusst war, welchen Preis sie dafür bezahlte. Und doch muss jeder seinen eigenen Weg finden und die Verantwortung für das, was man tut und lässt, liegt immer in einem selbst.
Durch das Eintauchen in meine Erinnerungen, erwachten längst vergessen geglaubte Ereignisse zum Leben. Scheinbar vollkommen banale Kleinigkeiten wurden plötzlich zum Symbol für einen ganzen Lebensabschnitt. Es ist schon einige Jahre her und wir hatten zu einem Osterbrunch Gäste eingeladen. Ich hatte gekocht und gebacken, so dass der Tisch prall gefüllt war mit tollen Leckereien. Die ersten warmen Sonnenstrahlen des Frühlings waren schon zu spüren und es hätte ein schöner Tag sein können. Eines meiner Kinder hatte etwas getan oder gesagt, das seinem Stiefvater nicht passte. Es kann nichts furchtbar Schlimmes gewesen sein, sonst würde ich mich daran erinnern. Aber er hat den ganzen Tag ein beleidigtes Gesicht aufgesetzt. Wenn er etwas sagte, dann nur, um einen blöden Spruch oder etwas Beleidigendes loszuwerden. So lange er sich so benahm, wenn wir alleine waren, konnte ich es verdrängen, mich ablenken oder weggehen. Doch im Beisein der Gäste wurde es wahr, ich sah es in und durch deren Augen. Ich war unglücklich und versteckte mich in der Abstellkammer zum Heulen.
Oder eine andere Situation: Ich unterhielt mich über den Gartenzaun mit einem Nachbarn. Er erzählte mir von seinem Wunsch, eine Frau zu finden und wir spannen Ideen, was für Möglichkeiten es denn gäbe, jemanden kennen zu lernen. Da kam mein Mann dazu, sagte „Hallo“ zum Nachbarn, nahm meine Hand, machte noch einen kleinen Scherz und zog mich dann mit sich ins Haus. Es war nicht die einzige Situation, in der er meine Gespräche auf diese oder ähnliche Weise beendete.
Ich bin immer noch traurig, wenn ich daran zurück denke, weil das Leben so nicht sein sollte. Wie viele Abendessen im Familienkreis habe ich erlebt, die nach dem folgenden Schema abliefen: ich koche, wir setzen uns an den Tisch, eins der Kinder benimmt sich nicht seinen Vorstellungen entsprechend oder sagt etwas, das er für falsch hält, und er reagiert lautstark, als würde man ihn persönlich beleidigen, obwohl es überhaupt nicht um ihn geht. Im besten Fall beenden wir das Essen unter drückendem Schweigen oder er verschwindet hinter der knallenden Tür in seinem Büro.
Wie bricht man aus solchen Mustern aus? Ich konnte mich dessen nicht erwehren und wusste beim besten Willen nicht, wie ich das ändern sollte. Es gab nur Aushalten für mich. An eine Trennung habe ich damals nie gedacht. Es wurde zum Alltag, dass er jederzeit explodieren konnte. Ich hatte jede Menge Erklärungen für seine Ausbrüche. Sein Leben war nicht einfach. Er war freischaffend tätig und hatte ständig Sorgen, genügend Aufträge zu bekommen. Die Beziehung zu seiner Familie, also seinem Elternhaus, war schwierig und belastend. Er war voller Schmerz. Und ich war in gewisser Weise abhängig von ihm. Ich hatte mich vollkommen auf meine Rolle als Ehefrau und Mutter eingelassen. Sie war mein Leben, meine Anerkennung, meine Identität. Was würde von mir übrig bleiben, wenn ich sie nicht mehr hätte?
Während der Trennungsphase hatte er mich oft nach dem „Warum“ gefragt. Er wollte Gründe von mir hören, weshalb ich nicht mehr mit ihm leben wollte. Er meinte, er hätte mir doch nie etwas Böses getan. Er hätte mich nie geschlagen, mich nie betrogen, wir hätten genug Geld und uns gehe es doch gut. Wie sollte ich ihm nur meinen Wunsch nach einem erfüllten, glücklichen Leben erklären, wenn ich doch selber gar nicht wusste, was ein solches ausmacht. Meine Tochter sagte mir, ich hätte eine „Midlife-Crisis“. Ja, die hatte ich. Ich habe in der Mitte meines Lebens Bilanz gezogen und festgestellt, dass es nur noch aus Grautönen bestand, dass sich alles in mir nach Leben sehnt, nach Singen, Tanzen und Leichtigkeit. Kennt ihr diese Sehnsucht, dieses Ziehen im Herzen?
Die Auszeit, die mein Mann uns gewährte, fand im März statt. Nachdem danach feststand, dass wir uns trennen würden, musste noch eine weitere Entscheidung gefällt werden. Wir hatten im letzten Jahr für Mitte April eine relativ teure Urlaubsreise gebucht und jetzt war die Frage, was damit passierte. Sollten wir zusammen fahren und das Ganze als Abschiedsreise zelebrieren? Ganz absagen? Zu guter Letzt und relativ kurzfristig habe ich mich entschlossen, alleine zu fahren.
Es war eine unglaublich schöne Rundreise durch Israel. Ich genoss es, auf niemanden Rücksicht nehmen zu müssen, zu essen, wann und wie ich wollte, so weit und so schnell oder langsam zu laufen, wie ich Lust hatte, zu sprechen, wenn es mir danach war - es fand sich immer jemand für ein Gespräch, wenn ich wollte - und zu schweigen, wenn ich nichts zu sagen hatte. Es machte mir Freude die biblischen Orte zu besuchen und die Geschichte sowohl von ihrer historischen als auch der mystischen Seite zu erleben. Stundenlange philosophische Betrachtungen über Bibelzitate und Sichtweisen von Glauben und Religion.
Nach einem erfüllten Tag saß ich abends noch irgendwo alleine und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Immer mit diesem Hochgefühl der plötzlichen Freiheit. Ich weiß, dass Freiheit im eigenen Kopf anfängt und aufhört und ich noch viel an mir arbeiten muss. Es wäre ein Trugschluss, zu glauben, ich hätte schon irgendetwas von dem, das die Schieflage in meinem Leben verursachte, geklärt, nur weil ich mich gerade so gut fühlte. In dieser zu Hause so anstrengenden Zeit, war es einfach erholsam, mich von neuen Eindrücken und fremden Landschaften ablenken zu lassen. Raus aus der Waschmaschine in meinem Kopf, die seit Monaten auf Schleudergang gestellt war. Raus aus meinen Gedanken, die sich Tag und Nacht gebetsmühlenartig wiederholten. Ich machte ganz einfach Urlaub.
Das I-Tüpfelchen am Ende meiner herrlichen Reise war eine wundervolle Begegnung mit einem tollen Mann. Ich saß am Flughafen und mein Flug wurde zum Boarding aufgerufen. Ich hatte keine Lust, in der Schlange zu stehen und deshalb blieb ich noch sitzen und beobachtete die Menschen, wie sie alle ihre Bordkarten vorzeigten und durch die Türe hinter der Kontrolle verschwanden. Dabei fiel mir der große dunkelhäutige Mann auf. Sehr sympathisch, gut aussehend mit freundlichen Augen. Was soll ich lange herum reden, er saß im Flugzeug neben mir. Wir hatten eine Dreierreihe für uns zu zweit. Carlos war auf dem Heimflug nach Brasilien und hatte geschäftlich in Tel Aviv zu tun gehabt. Er erzählte mir, dass er die Geschäftsreise auch noch genutzt hatte, um sich von einem alten Freund zu verabschieden, der sehr krank war und im Sterben lag. Kein Smalltalk zwischen zwei Menschen, die sich gerade im Flugzeug zum ersten Mal gesehen haben. Es fühlte sich eher an, wie zwei Menschen, die sich schon sehr lange kannten. Wir brauchten nicht viele Worte und sprachen auch nur kurz über unsere jeweiligen aktuellen Lebensumstände. Es war nicht wichtig. Wir hörten über einen Kopfhörer mit jeweils einem Stöpsel im Ohr zusammen Musik und hatten furchtbar viel Spaß bei dem Versuch, Entspannungsübungen zu machen. Er fragte mich: „Was hast du noch vor in deinem Leben? Was sind die Dinge, die du noch ausprobieren oder sehen möchtest?“. Er schrieb mir seine Email-Adresse in das Buch, das ich gerade las. Zum Abschied hielten wir uns lange in den Armen und dann habe ich nie wieder etwas von ihm gehört. Es war eine intensive und sehr berührende Begegnung, an die ich immer noch gerne zurück denke.
In dieser Stimmung kam ich nach Hause. Doch sie hielt nicht lange an, denn mein Leben holte mich schlagartig wieder ein. Mein Mann eröffnete mir, dass er eine Wohnung gefunden habe und in der kommenden Woche ausziehen würde. Das war eine harte Landung in der Wirklichkeit. Alles, was ich gewollt und mit meinen Gedanken und durch mein Handeln heraufbeschworen hatte, wurde jetzt wahr. Jetzt musste ich Neuland betreten und ich fürchtete mich sehr vor den Konsequenzen und all dem Unbekannten, das die Veränderung mit sich bringen würde.
Sie zieht es tatsächlich durch. So sehr drängt es sie in ein neues Leben, dass alle Ängste und Zweifel sie nicht zurück halten können. Wäre ich noch am Leben, ich hätte es nicht gut geheißen. Doch jetzt muss ich sagen: „Ich bin stolz auf dich mein Kind!“ Ich wünschte, ich wäre dir ein besseres Vorbild gewesen oder hätte dich mehr unterstützt. Und ich frage mich: „Wie war denn das bei mir? Was hat mir meine Mutter weiter gegeben?“ Du hast deine Oma nie kennen gelernt. Sie war eine starke Frau, musste ihre Familie in zwei Kriegen zusammenhalten und hat auch sonst viel Leid erfahren. Hatte sie eine andere Wahl als es schweigend zu ertragen, wenn sie nicht zerbrechen wollte? Das war es, was sie mich gelehrt hat: den Schmerz verbergen und das Beste daraus machen.
In diesem Zusammenhang würde ich dir gerne eine Geschichte über deine Großeltern erzählen. Letztendlich eine Lügengeschichte, die einmal in die Welt gesetzt wurde, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. Eine verlogene Ordnung von Anstand und Moral. Nach den vielen Jahren des Schweigens hatte ich selbst fast vergessen, dass sich dahinter eine andere Wahrheit verbirgt. Ich war noch ein Kind und trotzdem hatte ich dieses Wissen in mir, dass etwas daran nicht stimmte. Wobei, von Wissen zu sprechen setzt ein Bewusstsein voraus, das ich gar nicht hatte. Es war mehr eine Ahnung, die wie ein Windhauch, der kommt und geht, gleich wieder vergessen ist und doch tief in unserem Empfinden abgespeichert wird.
Auf dem Hof meiner Eltern gab es viele Dienstboten. Mein Vater war ein gerechter Dienstherr und kümmerte sich gut um seine Leute. Und doch kam es mir seltsam vor, dass ich ihn nachts manchmal die Treppe zu den Kammern hochsteigen hörte. Ich hörte auch die Mägde manchmal über Dinge tuscheln, die ich nicht verstand. Eine von ihnen war schwanger. Sie war am Hof bis kurz vor der Entbindung. Dann ist sie, ich weiß nicht wohin, verschwunden. Einige Wochen später war plötzlich ein Baby da und alle sprachen davon, dass eines Morgens ein Findelkind vor unserer Haustüre gelegen hatte. Und weil der Bauer ja ein rechtschaffener, wohl angesehener Mann war, nahm er sich des kleinen Buben an, sorgte für dessen Unterkunft und Verpflegung. Ich glaube nicht an den Zufall! Den rechtmäßigen Platz in der Familie oder als Sohn durfte er aber nie einnehmen. Ob dieses Arrangement von meinem Vater alleine beschlossen worden war oder er das Einverständnis seiner Frau hatte, weiß ich nicht. Ich glaube eher nicht. Die Lüge war geboren und alle Beteiligten, allen voran meine Mutter, lebten damit. Du hast meinen Halbbruder ein- oder zweimal gesehen und kennst sein Schicksal. Er war kein glücklicher Mann und hat nie seinen Platz in unserer Familie und auch nicht in seinem Leben gefunden.
Warum mir diese Geschichte gerade jetzt wieder einfällt? Alles ist miteinander verbunden und der Einfluss den das Verborgene, das wir zu verdrängen versuchen, auf uns hat, ist enorm. Was macht uns solche Angst, dass wir meinen, Dinge unter den Teppich kehren zu müssen. Lieber wegschauen vor der Realität als sie anzuerkennen? Und welche neuen Ängste schüren wir, wenn wir die alten verdrängen?
Du fängst an, dich deinen Aufgaben zu stellen. Schweigen und Ertragen ist ein Vermächtnis deiner Vorfahren und du durchbrichst das alte Muster. Ein heilvoller Weg für dich und vor allem auch für alle, die nach dir kommen.