Krank durch Früherkennung - Frank Wittig - E-Book

Krank durch Früherkennung E-Book

Frank Wittig

4,8

  • Herausgeber: Riva
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Medizinische Früherkennung ist dazu da, Symptome rechtzeitig zu erkennen, um dadurch Krankheiten besser heilen zu können. Diese Vorstellung ist weit verbreitet, doch sie ist naiv. Vor allem in der Krebsmedizin werden durch Früherkennung zu häufig Frühstadien von Krebs entdeckt, die den Betroffenen niemals Probleme bereitet hätten. Inzwischen belegen seriöse Studien, dass durch das Brustkrebs-Screening für ein durch das Screening gerettetes Leben bis zu zehn Frauen unnötigerweise einer Chemotherapie, Bestrahlung oder Operation ausgesetzt werden. Auch der allgemeine Gesundheitstest beim Arzt, hierzulande als »Check-up 35« bekannt, erscheint sinnlos, denn Studien mit über 150 000 Teilnehmern haben gezeigt, dass solche Check-ups keinerlei Einfluss auf die Sterblichkeit haben. Allerdings erzeugen sie mehr »Kranke«. Schließlich fahnden Mediziner dabei nach überschrittenen Grenzwerten, etwa beim Blutzucker, dem Blutdruck und dem Cholesterin. Doch genau diese Grenzwerte sind von den industrienahen medizinischen Fachgesellschaften in den vergangenen Jahren immer weiter gesenkt worden. In diesem Buch spricht der mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftsjournalist und Bestsellerautor Frank Wittig über Sinn und Unsinn aller einschlägigen Screening-Maßnahmen, von der Mammografie über die Hautkrebs-Früherkennung bis zur Darmspiegelung. Er berichtet von absurden, komischen und bewegenden Erlebnissen im Zuge seiner Recherchen und belegt, dass die medizinische Früherkennung ein profitgetriebener Industriezweig ist, der in erster Linie den Ärzten und der Pharmaindustrie nutzt und nicht unbedingt die Patienten gesünder macht.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 263

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,8 (16 Bewertungen)
13
3
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen:
[email protected]
Originalausgabe
2. Auflage 2015
© 2015 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlaggestaltung: Maria Wittek
Umschlagabbildung: Shutterstock
Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern
ISBN Print 978-3-86883-630-1
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86413-783-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86413-784-6
Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter:
www.rivaverlag.de

Inhalt

Aus dem »Eid des Hippokrates«
Widmung
Vorwort
Einleitung
Wie sieht die ideale Früherkennung aus?
Spezifität und Sensitivität
Sichere Katastrophe versus unklares Risiko
Erfolgversprechende Handlungsoptionen
Die Kosten
Zwischen Skylla und Charybdis
Deutsche Ärzte sind meist nicht auf dem neuesten Stand
1. Krebs-Früherkennung
Brustkrebs
Verwirrende Zahlen zum Verhältnis von Nutzen und Schaden
Viele Gynäkologen raten vom Screening ab
Wie groß ist der Nutzen des Mama-Screenings?
Das Verwirrspiel mit absolutem und relativem Risiko
Irreführende Informationen überarbeitet
Das Screening rettet kein Frauenleben
Der Schaden durch das Screening: erschreckend hoch
Enorme seelische Belastung
Als potenzielle Todeskandidatin gefühlt
Absolute Zahlen und verzerrte Statistiken
»Es ist Zeit, dass unser Rechtssystem einschreitet«
Nachtrag: Was mache ich bei einer familiären Belastung?
Früherkennung mit MR und Ultraschall
Prostatakrebs und der PSA-Wert
Abzocke ohne die empfohlene Beratung
Inkontinenz und Impotenz durch Prostatachirurgie
Daten zum PSA-Test
Prostatakrebs ist im fortgeschrittenen Alter »normal«
Fallstricke der Statistik
Scheinerfolge stärken das Früherkennungssystem
Der PSA-Test und die Biopsie
Der Grenzwert: willkürlich gesetzt
Was passiert dann?
Überdiagnosen gehören zwingend zur Logik der Früherkennung
Prostatakrebs-Früherkennung: ein Milliardengeschäft
Die Ergebnisse der »positivsten Studie«: eine Katastrophe
Was ist Krebs?
Krebszellen sind unsterblich
Programmierter Zelltod und komplexes Leben
Gestörtes Selbstmordprogramm lässt Krebszellen entstehen
Krebs ist so alt wie das Leben
Der gesunde Körper: ein perfekter Multikulti-Organismus
Entfesselte Zellteilung
Krebszellen sind entdifferenziert
Krebszellen sind genetisch instabil
Hautkrebs-Screening: Betrug von langer Hand eingefädelt?
Screening: 15 Millionen neue Kunden
Wer suchet, der findet
Eine Machbarkeitsstudie anstelle einer Wirksamkeitsstudie
Viele falsche Diagnosen und Entwarnungen
Zweifelhafte Fortbildungsmaterialien
Was sagen die Statistiken zum Sinn des Screenings?
Alltägliche Desinformation
Das Schreckgespenst aufblähen
Und dem Gespenst geht die Luft aus
2. Check-up 35 – der große Fischzug
»Böses« Cholesterin
Cholesterin: eine lebenswichtige Substanz
Der Ursprung der Cholesterin-Angst
Kein Zusammenhang zwischen Cholesterin und Arteriosklerose
Cholesterin und Schlaganfall
Primärprävention und Sekundärprävention
2,5 Millionen Kranke durch Früherkennung
Exkurs: die Manipulation der Öffentlichkeit
Irreführende Studien
Die schicke 4S-Studie
Manipulierte Wissenschaft: ein Kavaliersdelikt?
Die Deutsche Lipid-Liga und die Industrie
Lipid-Liga gegen das Bundesinstitut IQWiG
Die »Ethik« der Deutschen Lipid-Liga
Schädliche Cholesterinsenkung
Gedächtnisstörungen, Depression, Krebs
Fassen wir das Wichtigste kurz zusammen
Blut(hoch)druck
Ab wann ist der Blutdruck zu hoch?
Am Ende unseres Lebens sterben wir …
Im Sinkflug: Grenzwert für den Risikofaktor Blutdruck
Grenzwerte und die industrienahe Fachgesellschaft
Korruption im Gesundheitswesen
Ist »milder Hochdruck« Hochdruck?
Kritik an der Studie
Wirkungsloser Eingriff bei Therapieresistenten
Schaden durch Blutdrucksenkung
Blut(hoch)druck: Schluss
Blutzucker
Typ-1-Diabetes
Typ II: Resistenz gegen Insulin
Sinnvolle Früherkennung?
Was die Studien zum Diabetes-Screening sagen
Tod durch »Idealwert-Strategie«
Übrig bleibt: Fitness ist gesund
Die große Welle von »Risikopatienten«
3. Früherkennungsmedizin: resistent gegen wissenschaftliche Studien
4. Gynäkologische Früherkennung
Eierstockkrebs-Früherkennung
Großzahl der Frauen sinnlos kastriert
Profit rangiert vor Patientennutzen
Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung
Deutsche Gynäkologen sind »PAP-hyperaktiv«
Konisation – Eingriff mit Nebenwirkungen
5. Krebs-Früherkennung, die Zweite
Darmkrebsvorsorge
Zwei Bekannte an der Darmspiegelung gestorben
Spiegelung mit positivem ­Nutzen-Schadens-Verhältnis
Der Nutzen: 50 Prozent oder 1 Promille?
Der deutsche Sonderweg
Stuhltest: verborgenes Blut
Früherkennung von Schilddrüsenkrebs
»Suchen Sie so rasch wie möglich Ihren Arzt auf«
Die rätselhafte Zunahme der Krebsfälle
6. Früherkennung weiterer Alterskrankheiten
Glaukom-Früherkennung
Glaukom-Früherkennung »sehr ans Herz« gelegt
Umstrittener Parameter: Augeninnendruck
Keine Bestätigung der Methode
Einmal mehr: Behandlung eines »Surrogatparameters«
Osteoporose-Früherkennung
Eine Krankheit wird definiert
Hat die Hälfte aller Frauen über 70 Jahre Osteoporose?
In Bewegung bleiben!
7. Kleine IGeL-Parade
Thrombose-Check per Protein-C-Kontrolle
Keine Prognosesicherheit und keine Behandlungsoption
Bestimmung von Immunglobulin-G bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Transportdefekte im Dünndarm
Intoleranzen von Allergien unterscheiden
Überzeugendes Erklärungsmodell
Warum der IgG-Immuntest schädlich ist
Kernspintomografie (MRT) zur Früherkennung einer Alzheimer-Demenz
Medikamente gegen Alzheimer?
Kleiner Nutzen – erhebliche Nebenwirkungen
Dort finden Sie im Internet gute Informationen
Shared decision-making – gemeinsam gute Entscheidungen treffen
Schluss
Hinweis
Dank

Aus dem »Eid des Hippokrates«

»Ich schwöre und rufe Apollon, den Arzt, und Asklepios und Hygeia und Panakeia und alle Götter und Göttinnen zu Zeugen an, dass ich diesen Eid und diesen Vertrag nach meiner Fähigkeit und nach meiner Einsicht erfüllen werde. […]

Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden. […]

In alle Häuser, in die ich komme, werde ich zum Nutzen der Kranken hineingehen, frei von jedem bewussten Unrecht und jeder Übeltat […]

Wenn ich diesen Eid erfülle und nicht breche, so sei mir beschieden, in meinem Leben und in meiner Kunst voranzukommen, indem ich Ansehen bei allen Menschen für alle Zeit gewinne; wenn ich ihn aber übertrete und breche, so geschehe mir das Gegenteil.«

Gewidmet:

meiner Frau Christiane und meinen Kindern Lion und Mira

Vorwort

Im Jahr 2014 habe ich die Dokumentation Krank durch Früherkennung für die Reportage-Reihe Betrifft für das SWR-Fernsehen produziert. Der leitende Redakteur der Sendung hatte mein Exposé angenommen und mir damit im Prinzip grünes Licht für mein Projekt gegeben. Schließlich hatte ich darin auf die wissenschaftlichen Studien hingewiesen, die diverse medizinische Früherkennungsmaßnahmen als wirkungslos oder gar als gefährlich entlarvt hatten. Aus Gesprächen mit dem Redakteur wusste ich aber, dass er dennoch »Bauchschmerzen« dabei hatte. Früherkennung so sehr infrage zu stellen – war das nicht doch gefährlich? Am Ende wären wir womöglich dafür verantwortlich, dass Menschen krank werden oder gar sterben, denen dieses Schicksal durch Früherkennung vielleicht erspart geblieben wäre. Zunächst einmal ist es ja auch wirklich schwer zu verstehen, warum Früherkennung nicht das sein sollte, als das wir sie ständig von der Ärzteschaft »verkauft« bekommen: ein Segen. Ganz nach dem Motto: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

Am 4. Juni stand die Abnahme an. Die Abnahme ist ein wichtiger Termin, bei dem der Autor dem Redakteur erstmals den Film zeigt und dazu den Entwurf für den Sprechertext vorliest. Ich hatte mich auf eine schwierige Abnahme gefasst gemacht. Darauf, dass ich jede Menge Details und Formulierungen würde diskutieren müssen, die dem Verantwortlichen für diesen Programmplatz zu gewagt erscheinen würden. Aber es kam anders. Der Redakteur kam gut gelaunt und völlig entspannt in den Schnittraum und es gab kaum inhaltliche Diskussionen. Was war passiert?

Der Redakteur hatte am Abend zuvor Nachrichten gesehen. Und da ­hatte Ärztepräsident Dr. Frank Ulrich Montgomery öffentlich Kritik an den Screenings zur Früherkennung von Krankheiten geübt. Auch er verwies auf Wissenschaftler, die gezeigt hatten, dass sich die Zahl der Todesfälle durch solche Screenings – wenn überhaupt – nur marginal senken ließ. Und das bei einer gleichzeitig gravierenden Erhöhung des Risikos, durch sinnlose medizinische Vorsorge Schaden zu erleiden. Dr. Frank Ulrich Montgomery forderte, alle Früherkennungsprogramme auf den Prüfstand zu stellen. Sowohl die zur Früherkennung von Krebs als auch die allgemeinen Gesundheits-Check-ups. Dieser Vorstoß des Ärztepräsidenten war ein Geschenk für mich.

Nur: An der medizinischen Praxis hat sich seither nichts geändert. Montgomerys Forderung ist über ein Jahr alt und Früherkennung wird in Deutschland genauso offensiv propagiert wie all die Jahre zuvor. Mich wundert das allerdings nicht wirklich, denn Früherkennung führt zu einer Ausweitung des medizinischen Geschäfts. Weil man sich mit Früherkennungsmedizin endlich nicht mehr nur auf die Behandlung von Kranken beschränken muss. Nein, Früherkennung macht auch die Gesunden zu Kunden der Medizin. Die verantwortlichen Fachgesellschaften werden daher auch weiter alles dafür tun, dass Früherkennung in Deutschland groß geschrieben wird, denn sie fördert die Bedeutung der beteiligten Mediziner und ihren Umsatz. Und wer wollte darauf schon verzichten?

Für Sie – liebe Leserin, lieber Leser – hat das eine wichtige Konsequenz: Wenn die Ärzteschaft nicht bereit ist, Früherkennung kritisch unter die Lupe zu nehmen, müssen Sie es tun. Und dabei soll Ihnen dieses Buch helfen. Für die wichtigsten Früherkennungsprogramme habe ich die wissenschaftliche Datenlage aufbereitet und zu einer – wie ich hoffe lesbaren – Übersicht zusammengestellt. Es geht immer darum, den möglichen Nutzen einer Früherkennungsmaßnahme dem möglichen Schaden gegenüberzustellen. Man könnte auch sagen, wir beleuchten Chancen und Risiken von Früherkennung. Damit Sie eine gut informierte Entscheidung treffen können.

Einleitung

Krank durch Früherkennung? Im ersten Moment mag sich das widersinnig anhören. Bei Früherkennung – sei es bei der Krebs-Früherkennung oder beim allgemeinen Gesundheitscheck, der hierzulande unter dem Titel »Check-up 35« vermarktet wird – versuchen Ärzte, Krankheiten in Vor- oder Frühstadien zu entdecken. Und sie versprechen uns, dass man diese Frühstadien besser heilen kann. Oder bei entdeckten Vorstadien sogar den Ausbruch der Krankheit verhindern kann. Das klingt durchaus überzeugend. Was könnte auch sinnvoller sein? Wie sollte eine solche Früherkennung zu einer Krankheit führen?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!