Kriegerjahre - Jan Ove Ekeberg - E-Book
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Kriegerjahre E-Book

Jan Ove Ekeberg

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Beschreibung

Norwegen im Jahr 1028. König Olav kehrt in seine Heimat zurück. Nachdem er in Dänemark geschlagen wurde, ist sein Königreich verloren. Jetzt herrscht Dänemark über Norwegen. Olav kennt nur ein Ziel: Er will den Thron zurückerobern. Während er in Russland Unterstützung sucht, beginnen für seinen Halbbruder Harald harte Zeiten. Der ungestüme Harald will um jeden Preis an Olavs Seite kämpfen. Unter der Zucht des Kriegers Hane soll aus Harald ein großer Kämpfer geschmiedet werden. Gleichzeitig gerät Harald in eine Familienfehde und muss um sein Leben kämpfen. Harald beweist sich immer wieder in Kampf und List, bis er schließlich Seite an Seite mit Olavs Mannen für die Freiheit Norwegens kämpft …

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Seitenzahl: 507

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Das Buch

Nach einer verlorenen Schlacht gegen den dänischen König Knut kehrt König Olav im Jahr 1028 in seine Heimat Norwegen zurück. Er hat nur noch wenige Männer um sich, sein Königreich ist verloren. Er will es zurückerobern und muss neue Kämpfer um sich scharen.

Aus seinem jüngeren Bruder Harald soll ein ganzer Mann und Kämpfer werden. Ein langer, steiniger Weg liegt vor Harald, der alle Herausforderungen und Kämpfe meistert, bis er schließlich von Olav und dessen Getreuen respektiert wird.

Seite an Seite rüsten sich die Brüder gegen den feindlichen Kalv, der sich indessen mit König Knut verbündet hat. Unter seiner Führung versammelt sich ein gigantisches Heer gegen Harald und Olav …

Der Autor

Jan Ove Ekeberg lebt und arbeitet in Norwegen als ­Autor, Journalist und Nachrichtensprecher. Schon seit früher ­Jugend fasziniert ihn die Welt der Wikinger. Für seine ­Romane um die historische Figur von Harald dem Harten hat Ekeberg jahrelang recherchiert. In Norwegen wird seine Trilogie »Der König der Wikinger« von Publikum und Presse gefeiert.

JANOVEEKEBERG

KRIEGERJAHRE

KÖNIGDERWIKINGER 1

Aus dem Norwegischen von Andreas Brunstermann

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Die Originalausgabe Den siste vikingkongen – Krigens læregutt erschien 2017 bei Headline Publishing Group, London

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Vollständige deutsche Erstausgabe 10/2019

Copyright © 2016 by Jan Ove Ekeberg

Copyright © 2019 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Heiko Arntz

Umschlaggestaltung: DAS ILLUSTRAT, München, unter Verwendung von Motiven von © Shutterstock (lassedesignen, d-e-n-i-s)

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-21322-0V001

www.heyne.de

· I ·Königsbruder

Im Herbst 1028 muss Olav Haraldsson Norwegen aufgeben. Zum Jahreswechsel flieht der König durch Schweden und über die Ostsee in das russische Reich zu seinem Schwager, Fürst Jaroslaw.

Knut der Große von Dänemark und England übernimmt die Herrschaft über das Land und setzt Håkon ­Ladejarl als seinen Statthalter in Norwegen ein.

Olavs junger Halbbruder, Harald, bleibt in der Heimat zurück. Der Dreizehnjährige lebt bei seiner Mutter, Åsta, auf Hof Stein in Ringerike.

1

In jener Nacht errang der Winter den letzten und endgültigen Sieg über den Herbst. Im Morgengrauen schwebten kleine weiße Nebelschwaden über einer dünnen Schneeschicht. Sie erinnerten an feine Sommerwolken, die schnell an einem bleichen Himmel dahintrieben. An anderen Orten jedoch war der Nebel so dicht, dass er eins wurde mit dem Schnee, alles zu einem undeutlichen Weiß verschmelzen ließ und vom Sieg des Winters Zeugnis ablegte.

Harald Sigurdsson gefiel es, dass der Winter gekommen und das Eis unten auf dem Steinsfjord so dick geworden war, dass er darauf reiten konnte.

Er blickte über die Landschaft hinweg auf das eisbedeckte Wasser. Eine Wuhne war dort draußen ins Eis geschlagen worden, doch im morgendlichen Halbdunkel wurde das Loch, aus dem sie Wasser für das Vieh holten, erst sichtbar, wenn man ganz dicht herankam. Der Viehbrunnen war von einer dünnen Eisschicht bedeckt, auf die sich Schnee gelegt hatte, der die Öffnung verbarg.

Mit schnellen Schritten überquerte Harald den großen Hofplatz und trat auf den Stall zu. Ein paar dünne, verlorene Halme ragten steif und erfroren aus dem Schnee hervor, als wollten sie dem Winter trotzen.

Sein Herz schlug. Für gewöhnlich dachte er nie daran, dass sein Herz schlug. Heute allerdings tat er es, denn dieser Tag war nicht wie andere. Sollte es nötig sein, würde er an diesem Tag ein Leben auslöschen, ein menschliches Leben. Das erste. Wenn er müsste.

Zwei Tage waren vergangen, seit er auf Hof Bønsnes an der Tür gestanden hatte. Wie so oft war er dort hingeritten, um seinen zwei Jahre älteren Kameraden Ragnar zu besuchen. Doch gerade als er die Halle des Hofs betreten hatte, hörte er, wie jemand seinen Namen erwähnte. Er war wie angewurzelt im Halbdunkel stehen geblieben. Es war Ragnar, und der hatte im selben Moment hinzugefügt: »… dieser Sohn des Schweinemistbauern Sigurd Syr«.

Im Dunkeln verborgen, hatte er den ganzen niederträchtigen Plan über seine Ermordung und die seiner Brüder mit angehört, den Ragnar und dessen Vater geschmiedet hatten, um Hof Stein in ihre Gewalt zu bringen …

Harald setzte seinen Weg über den Hofplatz fort. Als er den Stall betrat, mistete Stallbursche Kårstein gerade die Boxen aus.

»Du siehst ja heute zeitig nach ihm, Harald.«

»Kümmer du dich um den Mist.«

»Wenn du willst, kann ich Steinsvarten holen.«

»Du sollst ausmisten, sag ich!«

Kårstein stützte sich auf die Mistgabel. Harald spürte den Blick des alten Knechts im Nacken, während er den Stall durchquerte. Kårstein konnte doch unmöglich wissen, was heute geschehen würde?

Die ganze Syr-Sippe stinke nach Schweinedreck, hatte Ragnar gesagt. Und dennoch wollte er sich mit Ingerid vermählen, denn wenn er sie erst zur Frau genommen hätte, könnte er den Reichtum und das Ackerland von Hof Stein übernehmen. Und wenn es so weit wäre, wollte er zum Speer greifen und Harald und seine Brüder töten.

Als Ragnars Vater, Sigvald, ihn daran erinnerte, dass die Syr-Sippe unter dem Schutz König Olavs stehe, hatte Ragnar erwidert, er habe keine Angst vor einem Feigling wie Olav. Der König habe sich zwar schon gegen einige der Häuptlinge gewandt, sowohl im Westen als auch in Trøndelag, aber niemals würde er es wagen, sich ihnen entgegenzustellen, die zur Sippe des Häuptlings Kalv Arnesson aus Trøndelag gehörten. Dann hatten Ragnar und Sigvald die Becher erhoben. Lange hatte Harald sie reden hören, bis sie einander schließlich schworen, dass Hof Stein ihnen zufallen sollte, noch bevor die ersten Triebe auf den Feldern sichtbar wären.

Harald ballte unwillkürlich die Fäuste. Ragnar würde ihn anflehen und die Worte zurücknehmen müssen. Wenn er es nicht tat, musste er sterben.

Das Pferd folgte gehorsam, als Harald es hinaus in den Stallgang führte. Er bürstete Rücken und Flanken ab. Nachdem er es gesattelt hatte, gab er dem Pferd eine Handvoll Hafer. Über fünfzig Pferde konnten sie auf Stein halten, aber nur der junge Hengst bekam ­Hafer. Ragnar hatte es ihm beigebracht. Im letzten Sommer waren sie viel zusammen gewesen. Ragnar hatte ihm gezeigt, wie er sein eigenes Pferd behandelte.

»Gib ihm etwas direkt aus der Hand, dann weiß das Pferd, wer es füttert«, hatte Ragnar gesagt, als sie auf Bønsnes im Stall standen. Damals hatte Ragnar sich eingeschmeichelt und ihn glauben lassen, sie seien Freunde.

Harald lenkte das Pferd auf den Hof und ließ es den Weg nach Bønsnes einschlagen. Im Galopp ritt er über die weite Ebene unterhalb der Siedlung. Unter den Hufen knirschte der hart gefrorene Schnee.

Vor zwei Tagen auf Bønsnes hatte er sich vorsichtig aus dem Langhaus geschlichen und das Pferd leise weggeführt, bis er außer Sichtweite war. Niemand hatte ihn gesehen, und niemand sollte erfahren, was er gehört hatte. Stattdessen hatte er darüber nachgedacht, wie er Ragnar und dessen Vater aufhalten könnte. Jetzt, da der Tag gekommen war, brannte der Gedanke in seinem Kopf. Kaum nahm er die kleinen Bauernhöfe wahr, die den vertrauten Weg über die Halbinsel nach Bønsnes säumten. Auch Menschen und Tiere nicht.

Bønsnes war nicht so groß wie Hof Stein. Doch der Hof lag auf einer hübschen Anhöhe, die Aussicht auf den breiten Tyrifjord bot. Nachdem Olav Bønsnes als seinen ersten Königshof in Norwegen übernommen hatte, war dort eine Kirche errichtet worden, ähnlich der auf Hof Stein.

Als Harald Bønsnes fast erreicht hatte, hielt er etwas oberhalb der Ansiedlung an. Dort unten sah er Ragnar aus dem Stall kommen. Er führte seinen grauen Hengst auf den Hofplatz, setzte die linke Stiefelspitze in den Steigbügel, stieß sich fast unmerklich ab und schwang sich in den Sattel.

Harald war zweimal mit Ragnar um die Wette geritten und musste beide Male den grauen Hengst an sich vorbeiziehen lassen. Doch dieses Mal hatte er nicht die Absicht, zu verlieren. Sein Plan beruhte darauf, dass er das Wettrennen gewann. Er setzte den jungen Hengst in Bewegung und ritt zum Hof hinunter.

Ragnar blickte auf. Harald hob den Arm.

»Ich soll dich von Ingerid grüßen«, sagte er.

Ragnar antwortete nicht, lächelte aber.

Ragnar hatte Ingerid ein kleines Silberkreuz geschenkt, nachdem er im Jahr zuvor von einer Wiking­fahrt zurückgekommen war. Harald hatte eine Münze mit eigenartigen Zeichen von Ragnar bekommen. Ragnar hatte gesagt, die Münze sei vom König in England geschlagen worden, eine Monatsreise entfernt. Die Zeichen stünden zur Ehre ihres Gottes darauf, ­Jesus Christus. Harald war stolz gewesen, jemanden wie Ragnar zu kennen, der über das Meer gesegelt war, sich wie ein erwachsener Mann in den Kampf begeben hatte und mit einem Silberschatz zurückgekehrt war.

Mit dem Silber und einer Geschichte über seine Großtaten hatte Ragnar Ingerids Gunst gewonnen und ihn selbst glauben lassen, sie seien Freunde.

Die Herrschaft über den Königshof Bønsnes sowie die meisten Einkünfte daraus hatte Olav einst Ragnars Vater, Sigvald Sigvaldsson, überlassen und diesen zu seinem Statthalter in Ringerike ernannt. Jetzt wollten Sigvald und Ragnar sich gegen den König und seine Sippe auf Stein wenden.

Harald war froh, dass er den Mund gehalten hatte. Nur er allein konnte Ragnar und dessen Vater aufhalten. Nur er konnte ihre niederträchtigen Pläne durchkreuzen und die Ehre seines eigenen Geschlechts retten.

Seite an Seite ritten sie jetzt im Schritttempo ein Stück des Wegs. Als die Pferde warmgeritten waren, trieb Ragnar seinen grauen Hengst zu einem leichten Trab an. Harald folgte seinem Beispiel. Sie ritten weiter. Der Weg von Bønsnes nach Stein führte über eine große Halbinsel mit mehreren Höfen. Als sie aus einem Waldstück kamen und eine kleine Anhöhe erreichten, lag die weite Ebene, hinter der Hof Stein lag, direkt unter ihnen.

»Steinsvarten zählt fünf Winter. Jetzt wagst du es wohl nicht mehr, mit mir um die Wette zu reiten?«, rief Harald.

Ragnar verzog den Mund zu einem höhnischen Grinsen, sagte aber weiterhin nichts.

Harald ritt dichter an ihn heran und stieß ihm den Ellbogen gegen die Schulter. Seine Stimme klang lauter als beabsichtigt:

»Ich hab ihn mit Hafer gefüttert und gut gepflegt. Genau wie du gesagt hast. Sieh nur, wie kräftig er geworden ist.«

Ragnar lachte, und Harald fuhr fort:

»Deshalb willst du kein Wettrennen mehr. Du hast Angst, zu verlieren.«

Ragnar drehte sich zu ihm. Da war etwas mit seinen Augen. Etwas, das Harald nie zuvor gesehen hatte. ­Wichen Ragnars Augen seinem Blick etwa aus?

»Dein Pferd ist ein verkrüppeltes Fohlen, deine Mutter wischt dir immer noch den Arsch ab, und du willst mit mir um die Wette reiten?«

Harald spürte, wie ihm die Röte in die Wangen stieg. Ragnar strich seinem Hengst über den Nacken.

»Nun denn, Zeit für einen Galopp. Meinetwegen kannst du auch einen kleinen Vorsprung bekommen.«

Inzwischen waren sie unten auf der Ebene angelangt. Harald stieß dem Hengst die Stiefel in die Flanken. Das Tier stürmte fröhlich los. Harald machte sich ganz leicht in den Steigbügeln und beugte sich flach nach vorn. Als er die nach Stein führende Anhöhe hi­naufraste, drehte er sich um und sah, dass Ragnar einige Längen zurücklag. In scharfem Galopp ritt er über den Hofplatz und konnte gerade noch zwei Männern ausweichen, die ein Pferd an einem Schlitten führten. Der junge Hengst lief ungestüm über die Äcker auf den eisbedeckten Fjord zu. Hinter sich hörte Harald die Hufschläge von Ragnars Pferd näherkommen.

Ein Baumstamm lag am Rande des Viehbrunnens, damit man ihn besser erkennen konnte. Harald hob sich in die Steigbügel, das Pferd folgte willig und sprang. Auf der anderen Seite der Viehtränke landeten sie hart auf dem Eis. Gleich darauf hörte er hinter sich heftiges Platschen im Wasser. Die dünne Eisschicht war gebrochen, Ragnars Pferd schrie in Panik.

Als er sich umdrehte, sah Harald, dass der graue Hengst in der eisigen Brühe verzweifelt nach Halt suchte. Ragnar klammerte sich an der Eiskante fest, doch ohne Hilfe würde er sich nicht retten können.

Harald stieg ab und zog das Pferd hinter sich her zum Viehbrunnen.

Ragnar rang nach Luft und rief stammelnd: »Zieh mich hoch! Ein Seil … schnell!«

»Ich habe dich und deinen Vater gehört! Was ihr euch ausgedacht habt, um Hof Stein zu bekommen … eure Mordpläne. Ich habe an der Tür gestanden und jedes Wort gehört!«

»Bist du verrückt geworden? Zieh mich hoch!«

Ragnar sank tiefer ins Wasser. Die Eiskante war glatt.

Harald trat einen Schritt vor, damit Ragnar ihn noch besser hören könnte: »Halt dich von Ingerid fern. Versprich mir, dass du sie in Frieden lässt. Schwöre es, dann ziehe ich dich hoch.«

Ragnar machte einen Versuch, sich aus dem eisigen Wasser zu hieven. Raureif überzog sein Haar. Wie lange würde es wohl dauern, bis er versank?

»Schwör es! Schwör es, und du rettest dein Leben! Den Hof wirst du ohnehin nie bekommen. Eher wird Olav dich in Stücke hauen.«

Trotzig blickte Ragnar zu ihm auf. Er öffnete den Mund, aber heraus kam nur ein unartikulierter Laut. Harald beugte sich vor.

»Was sagst du? Schwörst du es?«

Ragnar nickte, aber Harald schüttelte den Kopf.

»Sag es! Du musst es sagen!«

»Ich halt … mich von Ingerid fern. Ich halt mich von Stein fern … Ich schwöre … ich schwöre!«

Harald schwang sich auf seinen Hengst und warf Ragnar das am Sattelknauf befestigte Seil zu.

Er hatte gewonnen.

Ragnar zog sich aus dem Wasser und erhob sich mühsam. Das eisige Wasser troff von seinen Kleidern. Er hielt die Hände vors Gesicht. Harald hörte kaum, was er sagte:

»Wir müssen das Pferd rausholen.«

Der graue Hengst kämpfte noch immer im Eisloch, aber nicht mehr so wild wie zuvor.

Als Harald nicht reagierte, sah Ragnar ihn wütend an. »Hör zu, du dreckiger Schweinehirt, wenn Gråfaks stirbt …«

Daran hatte Harald nicht gedacht. Das Pferd. Er wollte dem Tier nichts Böses.

Ragnar trat einen Schritt auf ihn zu. Die feuchten schweren Kleider machten seine Bewegungen träge. Doch Harald wurde überrascht. Plötzlich ergriff Ragnar Steinsvartens Zügel und zerrte hart daran. Der junge Hengst erschrak und bäumte sich auf. Harald verlor den Halt und fiel vom Pferd. Er schlug mit dem Kopf hart aufs Eis. Dann spürte er Ragnars Gewicht auf sich.

»Sterben sollst du! Stirb, du Dreckskerl!«

Das Eis knackte. Harald hielt sich an Ragnars Gürtel fest. Ragnar hob den Arm. Seine Kleider waren schwer vom Wasser, es dauerte einen Augenblick, dann aber traf seine Faust mitten in Haralds Gesicht. Warmes Blut rann ihm aus der Nase.

»Lass meinen Gürtel los!«

Die Hände brannten vor Kälte. Die dünnen Handschuhe waren tropfnass. Ragnar versuchte, ihn wegzustoßen. Harald hielt sich weiter am Gürtel fest, spürte aber, dass seine Kräfte nachließen. Dann brach das Eis unter ihnen, und beide glitten ins Wasser.

Harald sank hinab und sah, wie das Licht die Eisbrühe über ihm verfärbte. Silber, schwarz, grün und ein helles klares Blau. In der Stille unter Wasser hörte er wieder sein Herz schlagen. Später dachte er, dass es sein Herz gewesen war, das ihn geweckt hatte. Er streckte die Arme aus und kämpfte sich mit kräftigen Zügen nach oben.

Als er die Oberfläche durchbrach, sah er als Erstes Ragnars Gesicht. Eine gute Armlänge trennte sie voneinander.

Würde er die Axt ziehen können, die an seiner Hüfte hing? Er tastete mit der Hand danach.

Wenn er sich nicht beeilte, würde die Eiseskälte ihn bald willenlos machen. Wie gelähmt würde er tiefer ins Wasser hinabsinken. Hinab zu dem grauen Hengst, der nicht mehr zu sehen war.

Jetzt sah er, wie sich Ragnar durch die zähe Eismasse auf ihn zubewegte. Sein Gesicht war feuerrot, als stünde es in Flammen. Er kam näher. War nur noch eine knappe Armlänge entfernt.

Harald hatte die Axt zu fassen bekommen und hieb sie jetzt in die Eiskante. Er versuchte sich hochzuziehen, merkte aber, dass Ragnar ihn am Stiefel festhielt. Er trat nach hinten aus und fühlte, dass er etwas traf. Aber kein Laut war zu hören. Endlich war er frei und kämpfte sich aus dem Wasser.

Sein Körper zitterte so sehr, dass er ihm kaum noch gehorchen wollte. Er drehte sich zum Viehbrunnen um. Dort sah er, wie Ragnar sich aus dem Wasser zog.

Harald nahm alle Kraft zusammen und schwankte auf den Rand des Eislochs zu, wo Ragnar jetzt lag. Er hob die Axt, zitterte aber plötzlich so stark, dass er hinfiel. Noch immer bebend blieb er auf dem Eis liegen und schaffte es nicht, wieder auf die Füße zu kommen. Plötzlich war Ragnar da und zerrte an seinem Rock.

Der Blick. Das Leuchten in den Augen. Jetzt sah er es. Wie die Augen sich verändert hatten, und das Gesicht leuchtete so rot wie die innersten Flammen eines Feuers. Als Ragnar zu sprechen ansetzte, flossen seine Worte so zäh wie die Eisbrühe im Viehbrunnen.

»Schaffst du es nicht mal, einen wehrlosen Mann zu töten?«

Harald riss sich los und hob sich auf die Knie, um Kräfte zu sammeln. Sie waren beide erschöpft. Doch ein letzter Hieb sollte ihm wohl glücken. Er hob die Axt, konnte aber nichts weiter tun. Eine starke Hand hielt ihn zurück.

»Bist du so ehrlos geworden?«

Widerstand war zwecklos. Er hatte keine Kräfte mehr, um sich zu wehren. Halvdan, sein Bruder, zog ihn wie ein Kind hinter sich her. Ein Bauer stand mit Haralds Pferd ganz in der Nähe. Halvdan stieß den Bruder zu ihm hin.

Harald schwankte das kurze Stück über das Eis und lehnte sich an das Pferd. Es trippelte auf der Stelle, gab ihm aber ein wenig von seiner Körperwärme ab. Zitternd verharrte er. Seine Kleidung klebte am Körper, der Frost drang beißend in die Haut.

Der Bruder hatte Ragnar aus dem Wasser gezogen, half ihm jetzt, den nassen Rock abzulegen, und gab ihm seinen eigenen Umhang. Harald starrte zu ihnen hinüber. Ragnar erwiderte seinen Blick mit grimmiger Miene. Halvdan war ganz ruhig.

»Du wirst dein Pferd hergeben, Harald. Steinsvarten gehört jetzt Ragnar.«

Ragnar schnitt eine triumphierende Grimasse.

»Steinsvarten gehört mir«, erwiderte Harald. »Ich werde ihn niemals hergeben. Dafür müsstest du mich erst erschlagen. Ragnar will uns alle betrügen. Er und …«

Der Schlag kam überraschend. Eine flache Hand, die einen heißen Schmerz auf der Wange hinterließ. Als Harald die Augen wieder öffnete, hielt der Bruder die Zügel des Pferdes. Verblüfft über den Schlag, hatte Harald sie losgelassen.

»Ich weiß, was passiert ist. Einer der Bauern hat alles gesehen«, sagte Halvdan.

Harald war unfähig, etwas zu erwidern. Trotzig blickte er den Bruder an.

»Deine Torheit wird dich eines Tages noch das Leben kosten, Harald.«

Der Bruder half Ragnar in den Sattel. Der Bauer hatte ein altes Schaffell über der Schulter liegen. Ragnar bekam es und legte es sich über die Schenkel. Vom Rücken des Pferdes sah er auf Harald herunter. Seine Stimme war noch immer so zäh wie halbgefrorenes Eis.

»Glaub ja nicht, dass du nur mit dem Pferd davonkommst, Harald. Dein Bruder hat recht. Deine Torheit wird dich das Leben kosten, und ich werde derjenige sein, der es dir nimmt.«

Halvdan hielt immer noch die Zügel des schwarzen Hengstes in der Hand. Er sah zu Ragnar auf.

»Achte auf deine Worte, Ragnar Sigvaldsson«, sagte er kühl.

»Du sprichst mit den Brüdern des Königs. Nimm das Pferd. Steinsvarten wird schon bald genauso stark sein wie dein grauer Hengst. Jetzt reite nach Bønsnes und vergiss, was geschehen ist.«

Ragnar trieb das Pferd an und ritt dann ruhig über das Eis. In einiger Entfernung drehte er sich kurz um. Nach und nach wurde seine Gestalt vor dem weißen Hintergrund immer undeutlicher.

Eine schreckliche Wut hatte Harald erfasst. Er spürte sie wie ein Feuer in sich lodern. Ein Feuer, das ihm neue Kräfte verlieh.

»Du bist ein Dieb, Halvdan. Du stiehlst mir mein Pferd und gibst es Ragnar, der uns den Hof wegnehmen will. Ragnar will Ingerid zur Frau nehmen und uns alle töten. Ich habe es selbst gehört.«

Halvdan antwortete nicht, blickte ihn nur verwundert an. Glaubte er ihm etwa nicht? Harald umfasste seinen Ellbogen. Als Halvdan den Arm fortriss, war es, als würde er Harald zugleich die Fingernägel ausreißen. Obwohl er die Hände unter die Achselhöhlen schob, schwoll der Schmerz fast unerträglich an. Mit steifgefrorenen Beinen stolperte er auf das Langhaus zu. Als er hinfiel und sich mit den Armen abstützte, fuhr erneut ein stechender Schmerz durch seine Glieder. Er schrie, doch hauptsächlich vor Wut.

Keiner der Männer auf Stein machte den Versuch, ihm zu helfen.

Halvdan sprach kein weiteres Wort.

2

Das alte Königsschiff Visund stampfte schwer durch die Wellen. Dieses Schiff hatte Finn Arnesson schon in der Schlacht bei Nesjar gesteuert, als er und seine Brüder, Torberg und Kalv, für Olav gekämpft und Norwegen für ihn gewonnen hatten. Sie hatten viele Schiffe Sveins versenkt und somit die Herrschaft des Ladejarls über Norwegen beendet.

Immer tiefer sank die Visund ins Meer. Im Heer des Königs ging niemand widerstandlos in den Tod. Auch nicht die Schiffe. Nun jedoch war die Visund verloren. Durchweicht und von Würmern zerfressen, wurde das Schiff von der Dünung bezwungen, die vom großen Meer hereinrollte. Nichts half, egal, wie viel sie auch schöpften und über Bord kippten. Das winterkalte Meer war zwischen die Planken gedrungen und hielt das Schiff mit tödlichem Griff umfangen.

Finn signalisierte den Männern an Bord, Segel sowie alle Gerätschaften, Waffen und Vorräte zusammenzusuchen und auf die anderen Schiffe zu bringen. Sogleich begannen die Vorbereitungen zum Verlassen der Visund. Alle wussten, dass es der einzige Ausweg war.

Auch die anderen beiden Schiffe lagen schwer im Wasser. Trotz des günstigen Windes aus Südwest ­kamen sie nur langsam voran. Aber niemand verfolgte sie mehr.

Auch damit hatte Olav recht behalten. Die Männer von Erling Skjalgsson waren mit ihrem toten Häuptling in die Heimat aufgebrochen. Der Jæren-Häuptling wurde jetzt zum Hof in Sola gebracht. Dort würde er zu Grabe getragen werden, nach christlichem Brauch. Seine Männer sprachen sicher schon davon, Olav und dem Königsheer nachzusetzen, um Rache für Erling einzufordern. Angesichts von Olavs geschwächter Macht würden sie ihren Häuptling zehnfach rächen können.

Doch statt weiter darüber nachzudenken, war es besser, sich des günstigen Windes zu erfreuen. Schon früh am Nachmittag würden Olavs Männer Hof Borgund erreichen.

Finn lenkte die Visund dicht an das nächste Schiff heran. Alle kamen unbeschadet an Bord. Kurz danach versank die Visund in den Wellen. Zuletzt sahen sie nur noch den Achtersteven mit dem goldenen Adler aus den Fluten herausragen.

Im Fjord bei Borgund lagen viele kleine Schiffe und ein großes. Das große war Aslak Fitjaskalles Langschiff. Aslak, der seine Axt in Erling Skjalgssons Kopf geschlagen hatte, und dies, nachdem König Olav dem Jæren-Häuptling Gnade gewährt hatte.

An Land wurden sie willkommen geheißen. Doch Finn spürte sofort, dass etwas geschehen war – noch bevor der Borgundbauer berichtete, man habe Aslak erschlagen. Auch König Olav war an Land gekommen. Er wollte die Leiche sehen, und sie führten ihn zum Hof hinauf.

Der Tote lag aufgebahrt auf einer breiten Schiffsplanke. Der Schädel war zerschmettert. Aslaks Gesicht war nicht mehr zu erkennen. Olav bat Bischof Grimkjell, für den Ermordeten zu beten. Die Männer ­wichen zur Seite, als Grimkjell mit zwei jüngeren Priestern auf die verunstaltete Leiche zutrat.

Niemand verstand die seltsamen Worte, die der Bischof in seiner Priestersprache sagte. Der Gottesdienst dauerte lange. Doch alle standen still, viele falteten sogar die Hände. Als die Geistlichen geendet hatten, stieg der König neben den toten Aslak auf die Planke und wandte sich an die Männer auf dem Hof.

»Aslak war einer meiner besten Männer, und ihr wisst, dass ich ihm Hof Fitjar gab, damit er Erling Skjalgsson für mich im Zaum halten konnte. Aber ich habe ihn nicht darum gebeten, Erling zu töten. Ich habe es immer wieder erlebt, dass tote Feinde gefährlicher sind als ­lebende. Aslak ist nicht der Erste und wird nicht der Letzte sein, der mit einer Axt im Hinterkopf endet.«

Olav hielt die Hand hoch und spreizte die Finger.

»Fünf Söhne hat Erling in Sola, fünfzig enge Verwandte und fünfhundert treue Freunde. Sie werden uns jetzt verfolgen.«

Der König deutete in die Ferne.

»Im Süden liegt die Flotte von Knut dem Großen in Viken, und in Trøndelag wartet Jarl Håkon. Der Weg über das Meer ist uns versperrt.«

Kalv Arnesson trat einen Schritt vor. Finn sah dem Gesicht des Bruders an, dass er dem König widersprechen wollte. Es war nicht das erste Mal.

»Wir können nach Trøndelag segeln! Es gibt dort viele gute Männer im Landesinneren. Meine Brüder herrschen in Giske und haben hier in Møre viele Unter­stützer. Wir können ein Heer versammeln, neue Schiffe beschaffen und Trøndelag einnehmen.«

Finn hoffte, der König würde Kalvs Rat beherzigen. Sein anderer Bruder, Torberg, und viele königliche Gefolgsmänner unterstützten Kalv.

Es dauerte eine Weile, bis der König antwortete.

»Ihr seid streitlustig. Das ist gut. Aber ich fürchte, wir sind zu schwach, um diesen Kampf aufzunehmen.«

Der König stieg von dem Brett und trat zu Kalv und den Männern, die den Häuptling aus Trøndelag umringten.

»Lasst die Männer essen und schlafen«, sagte er leise. »Heute Abend versammeln wir uns wieder. Dann werde ich euch sagen, wohin uns die Reise führt.«

Finn ging zurück zum Schiff. Wie immer würden sie Olav gehorchen.

Er nahm zwei Männer mit an Bord und bat sie, Rane Kongsfostre an Land zu tragen. Sie brachten ihn in die Schmiede. Seine linke Hand war abgeschlagen worden. Erling Skjalgsson war dafür verantwortlich.

Ein Schmiedeeisen wurde im Feuer erhitzt. Damit wurde die Wunde ausgebrannt. Es stank bestialisch. Weitere Männer kamen in die Schmiede. Finn erhob sich und ließ König Olav vortreten. Der König beugte sich über Rane. Hinter dem König stand Bischof Grimkjell und schlug das Kreuzzeichen.

»Die Männer sagen, ich sei schuld, dass du deine Hand verloren hast, weil ich dich vom Kampf gegen Erling zurückgehalten habe, Rane«, sagte Olav. »Und was hat es genützt, dass ich dir verboten haben, ihn mit deinem Speer zu durchbohren?«

Finn sah Olav plötzlich vor sich, zwölf oder dreizehn Winter alt, während er die Riemen an Ranes Stiefeln schnürte. Denn so war es einmal gewesen. Als Olav zum ersten Mal auf Wikingfahrt gegangen war, hatte er als Ranes Bursche in Dienst gestanden. Finn und Olav waren gleich alt, und Finn war einst Einar Tambarskjelves Bursche gewesen.

»Doch nun hat Aslak seinen Kopf verloren, und du bloß die Hand«, fuhr Olav fort. »Mögest du Trost in diesen Worten finden.«

Rane wandte den Kopf und musterte den König.

»Es wäre besser gewesen, wenn Erling mir den Kopf abgeschlagen hätte. Dann würde ich mich jetzt am Eber Særimne laben und Odins Bier trinken. Doch stattdessen liege ich hier im stinkenden Rauch meines eigenen verbrannten Fleisches, während mein Magen sich nach Speise und Trank verzehrt.«

»Verspotte nicht deinen König, indem du Odins ­Namen im Munde führst, Rane.«

Als Rane mit dem Armstumpf zuschlug, platzte die Wunde auf, und Blut spritzte hervor. Es geschah so plötzlich, dass Olav sich nicht schützen konnte.

»Siehst du nicht, dass die Hand ab ist?«, schrie Rane. »Du solltest deine Axt in meinen Schädel schlagen, Olav. Ich habe dir beigebracht, sie zu benutzen, und mit meiner Erziehung bin ich sehr zufrieden. Schlag die Axt in meinen Schädel, dann gehe ich auf direktem Weg zu Odin.«

König Olav zog sich zurück. Seine Stimme klang hart. Dieselbe Stimme, die befohlen hatte, Köpfe der Feinde abzuschlagen, Priester zu verstümmeln und Höfe und ganze Städte zu brandschatzen.

»Gebt Rane gekochtes Schweinefleisch und ­so viel Bier und Met, wie er vertragen kann. Dann werdet ihr seine Wunde säubern und abermals ausbrennen, damit sie zu bluten aufhört. Rane muss noch eine Weile auf den Tod warten, und wenn er kommt, wird er ­Jesus Christus begegnen und sehen, dass ich es war, sein ­König, der recht hatte.«

Olav ging. Finn setzte sich wieder neben Rane. Er packte den Armstumpf und hielt ihn fest. Ranes Arm war ohne jede Kraft. Finn sagte zu ihm, er sollte das Recht haben, zu sterben, wenn ihm selbst danach verlangte.

Zum zweiten Mal presste der Schmied das Eisen auf die Wunde. Dunkler, ekliger Qualm stieg auf. Es zischte und stank.

Rane erwiderte Finns Blick. Der Schweiß rann ihm übers Gesicht, die Falten in seinem Gesicht wurden zu kleinen Bächen.

Als der Schmied das Eisen wegziehen wollte, haftete es für einen Augenblick am Armstumpf. Doch Ranes Blick wich nicht aus. Er starrte Finn weiter mit aufgerissenen Augen an. Finn dachte, dass er niemanden wie Rane Kongsfostre kannte. Und vielleicht war es gut, dass es nicht zu viele solcher Männer gab.

Auf Hof Borgund gab es eine kleine Kirche. Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, wollte der König das Gotteshaus aufsuchen. Finn begleitete ihn zusammen mit den Brüdern und Olavs engstem Vertrauten, Bjørn Stallare. Olavs Sohn, Magnus, und Bischof Grimkjell kamen ebenfalls mit.

Ganz hinten in der halbdunklen Kirche stand ein Schnitzwerk, das Christus darstellte. Olav und Grimkjell knieten vor der Figur nieder. Der junge Magnus stand zwischen den beiden Männern. Am Altar war kein Platz für viele Menschen, sodass Finn und die anderen an der Tür stehen blieben.

Das Innere der Kirche roch nach geronnenem Schafsblut. Die Männer standen in einem alten heidnischen Tempel. Es konnte nicht allzu lange her sein, dass der Borgundbauer die Odin-Figur durch das Holzkreuz ersetzt hatte. Vermutlich hatte er Odin in der Scheune versteckt, als er bemerkt hatte, wer sich dem Hof näherte.

Während Grimkjell die Messe las, blieb Olav lange auf den Knien liegen. Jesus Christus würde ihm in der Kirche ein Zeichen geben. Olav hatte gesagt, sein Gott werde ihm verraten, ob er in Norwegen bleiben und für sein Reich kämpfen oder ob er das Land verlassen solle. Plötzlich erhob er sich, und alle folgten dem ­König aus der Kirche. Finn begriff, dass Olav eine Entscheidung getroffen hatte.

Die Holzplanke mit der Leiche befand sich nicht mehr auf dem Hofplatz. Die Männer vom Hof hatten Aslak in die Scheune getragen, damit die Hunde nicht anfingen, an ihm zu nagen. Olav schritt durch die Reihe seiner Begleiter. Als er in der Mitte stand und etwas Platz um sich herum geschaffen hatte, sagte er: »Ich werde zu meiner Sippe nach Schweden und Russland fahren und dort Gefolgschaft auftreiben. Doch es kommt der Tag, an dem alle, die jetzt hier sind, mir dabei helfen werden, Knut den Großen aus dem Land zu vertreiben und alle seine Freunde zu töten, die in Norwegen von ihm gekauft wurden.«

Finn sah, dass sein Bruder Kalv ein wenig vom ­König abrückte. König Olav schien es ebenfalls bemerkt zu haben. Er trat zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Seine Stimme klang freundlich.

»Du, Kalv, wirst auf deinen Hof in Egge zurückkehren und dafür sorgen, dass die Menschen in Trøndelag nicht vergessen, wer ihr rechtmäßiger König ist.«

Als Kalv nicht antwortete, wandte sich der König Bjørn Stallare zu.

»Und du, Bjørn, gehst zu deinem Hof in Grenland und tust dort dasselbe.«

Bjørn nickte, sagte aber ebenfalls nichts. Schließlich ergriff Kalv das Wort.

»Du bist unser Herrscher, Olav, und wir gehorchen dir.« Kalv hielt inne, fuhr aber dann nach ein paar Augenblicken fort: »Aber ein König, der seinem Land den Rücken zukehrt und es seinen Feinden überlässt, wird nicht darauf vertrauen können, dass seine Freunde tatenlos auf ihren Höfen sitzen und abwarten, bis er seine Rückkehr für sicher hält.«

Der Zorn stieg Olav ins Gesicht. Alle konnten es sehen. Doch als er Kalv mit strengem Ausdruck musterte, hielt der dem Blick des Königs stand. Auch als der König mit bebender Stimme sprach, sah er ihm weiter in die Augen.

»Drohst du mir, Kalv? Streckst du deine Finger schon nach den Silberkisten Knuts des Großen aus? Freust du dich schon auf den Tag, da du auf Knien vor dem Dänenkönig liegen und sein Schwert küssen darfst?«

Als der König einen Schritt auf ihn zutrat, senkte Kalv den Blick und erwiderte mit leiser Stimme: »Habe ich dir etwa nicht all die Jahre treu gedient, Olav? Schon seit ich in der Schlacht bei Nesjar neben dir stand, bin ich dir mit Mann und Schiff gefolgt.«

Olav ließ die Schultern sinken. Er lächelte wieder.

»Gewiss doch, Kalv. Du bist mein erster Mann in Trøndelag und nach Bjørn der nächste in meiner Gefolgschaft. Aber da ich jetzt gezwungen bin, mein Land zu verlassen, muss ich wissen, ob ich auf dich vertrauen kann, wenn ich zurückkomme, um es mir wieder zu nehmen.«

Kalv zögerte. Doch alle Söhne Arnes hatten dem König Treue geschworen, und somit nickte Kalv. Finn aber gefiel das nicht. Er hatte viele Männer nicken ­sehen, ohne dass dies etwas bedeutet hätte. Der König hätte Kalv auffordern sollen, ihm mit lauter Stimme die Treue zu schwören, sodass es alle hören konnten.

Stattdessen richtete der König seine Aufmerksamkeit auf ihn und Torberg, den anderen Bruder.

»Finn wird mich begleiten. Einer der Söhne Arnes soll dem König stets folgen. So ist es Brauch. Torberg soll zehn gute Männer auswählen und mit meinem Sohn Magnus zu König Anund nach Schweden gehen. Wir haben dort Verwandte und mächtige Freunde.«

Torberg verbeugte sich vor dem König. Olav schob ihm den Jungen zu, doch Magnus war unwillig und blickte zum Bischof hinüber. Olav musste es gesehen haben, deshalb sagte er, dass Torberg die beiden Priester und Grimkjell mit sich nehmen solle, sodass sie sich um den Jungen kümmern könnten. Dann hob Olav die Hand.

»Brich noch heute Abend auf, Torberg. Fahr zu deinem Hof in Giske und so schnell du kannst weiter zu König Anund. Dein Bruder Kalv wird dich begleiten.«

Kurz nachdem Olav geendet hatte, segelten Torberg und Kalv davon. Finn blickte ihnen nach. Es würde wohl eine Weile dauern, bis er Kalv wiedersah, überlegte er. Was dachte sein ältester Bruder jetzt? Welcher Schwur hatte wohl hinter dem Nicken verborgen gelegen?

Es war dunkel geworden, als der König und seine Männer an Hof Hellesylt vorbeiruderten. Kurze Zeit später passierten sie ein hohes Gebirge. Gezackt und düster lag es wie ein nachtschwarzer Riese im Norden, und Finn wusste, dass sie sich dem Ende des Fjordarms näher­ten, den die Menschen in der Gegend Sunnylvs­fjord nannten. Am Ufer angekommen, gab er den Männern Anweisung, die Schiffe so weit wie möglich an Land zu ziehen. Dann sollten sie ein letztes Mal auf den Schiffen übernachten.

Als der Morgen kam, wurden alle Vorräte und Wertgegenstände aus den Schiffen geholt und am Ufer abgelegt. Die Männer aßen gut und lange, und schließlich ließ der König alle vor die beiden ausgeräumten Schiffe treten und bat Bjørn an seine Seite.

»Mein Sohn ist jetzt auf dem Weg nach Norden. In Giske bekommen sie Pferde und werden von Kalv bis an die Reichsgrenze begleitet. Die Söhne Arnes werden Magnus wohlbehalten zu unseren Verwandten und Freunden nach Schweden bringen.«

Olav deutete auf die Schiffe.

»Zwei Schiffe sind alles, was von der Königsflotte übrig geblieben ist. Aber wir werden sie nicht unseren Widersachern überlassen, wenn wir über das Gebirge nach Ottadalen und weiter nach Ostnorwegen gehen.«

Olav legte den Arm um Bjørns Schultern.

»Unsere Väter waren Brüder, und wir sind selbst wie Brüder, Bjørn und ich. Wir sind zusammen aufgewachsen und haben das gleiche Blut in uns. Jetzt werden wir zuerst zum Hof unserer Väter gehen. Von dort aus soll Bjørn weiterziehen und Männer um sich scharen, die mit uns gehen können, wenn der Tag der Rache kommt.«

Der König hielt inne und blickte sich um. Niemand sagte etwas. Finn aber dachte, dass alle dasselbe sahen wie er: Die Gefolgschaft des Königs war nie kleiner gewesen, seit Olav zurückgekehrt war. Nur die Stimme des Königs war so kräftig wie zuvor.

»Sobald ich meinen Fuß auf das Land meiner ­Väter in Digernes gesetzt habe, werde ich meine Mutter und meine Familie in Ringerike aufsuchen. So wie es sich ziemt für Menschen, die ihr Land verlassen. Ich werde ihnen sagen, dass wir zurückkommen, und darauf könnt auch ihr euch verlassen.«

Finn Arnesson sah sich um. Mehrere Männer blickten zu Boden. Nach Wochen an den Ruderriemen und im Kampf gegen die Übermacht waren sie erschöpft. Mutlose Männer waren leicht als solche zu erkennen. Finn hob seinen Schild und schlug das Schwert dagegen. Dann brüllte er, dass er dem König folgen wolle, wohin er auch ging. Als er das Schwert zum zweiten Mal gegen den Schild schlug, tat es ihm sein Nebenmann nach. Schon bald lärmten alle mit ihren Waffen. Finn spürte das Blut in seinen Adern pulsieren.

Olav machte dem Treiben schnell ein Ende und sagte, dass sie ihre Kräfte nun für andere Dinge als einen Waffenzug benötigten. Finn dachte, dass Olav recht hatte. Mit nur einem Pferd mussten sie jetzt über das Gebirge gehen. Das Pferd würde einen Schlitten mit einem handlosen Krieger ziehen. Nachdem Olav ihm den Tod verweigert hatte, schien es, als ob Rane auch die Sprache verloren hätte.

Gleich vor ihnen erhob sich eine Geröllhalde. Es war ungewiss, wie sie dort hinaufkommen sollten, und noch größere Mühe würden sie mit dem Pferd haben. Und oberhalb der Halde sah Finn das schneebedeckte Gebirge, soweit sein Auge reichte.

Aber sie schafften es. Als sie die Schneekante erreicht hatten, blickte Finn zurück auf die brennenden Schiffe. Wie seltsam es doch war, dass die durchweichten Schiffe so gut brannten. Doch natürlich waren sie sorgfältig mit Pech bestrichen worden. Olav achtete sehr genau auf die Schiffe. Das hatte er immer getan. Funken und Flammen stiegen zum grauen Himmel empor. Draußen auf dem Fjord schmolz alles zu einer Masse zusammen: Berge, Fjord und Himmel. Bald kam Regen. Im Gebirge würde es schneien.

Am Tag zuvor hatte Grimkjell etwas gesagt. Der Bischof hatte seinen Stabkalender hervorgeholt. Darauf waren die wichtigsten Tage mit Silber markiert. Doch für einen Tag gab es einen roten Stein. Der funkelte im Sonnenlicht, und Finn dachte, dass er mehr wert sein müsse als alles Silber zusammen. Grimkjell hatte einen Finger auf den roten Stein gelegt und gesagt, er stehe für den Tag der Geburt Jesu Christi. Da hatte der ­König den Stab ergriffen und ins Licht gehalten.

Dann hatte er Grimkjell gefragt, wann der Tag kommen würde.

Und Grimkjell hatte erwidert, es sei der folgende Tag.

Im Himmel feierten sie den Geburtstag Jesu Christi, dem Sohn der Jungfrau Maria. Und hier stand Olav, der König, der Norwegen für den Mariensohn zurückerobern wollte, mit seiner kleinen Gefolgschaft und sah die letzten Königsschiffe brennen.

3

Als er erwachte, sah Harald als Erstes die Augen seiner Mutter. Åsta strich ihm über die Stirn. Er brachte es nicht über sich, sich ihr zu entziehen.

»Dank sei dem Mariensohn, dass du lebst.«

Sie hielt einen Becher in der Hand und half Harald mit der anderen, den Kopf zu heben. Kühl floss das Wasser durch seine trockene Kehle. Wieder öffnete er den Mund, und die Mutter gab ihm zu trinken. Harald hustete und stützte sich auf einen Ellbogen.

»Wie lange …?«

»Es ist jetzt der zweite Tag.«

Noch einmal legte sie die Hand auf seine Stirn. Als Harald den Arm hob, um die Hand wegzustoßen, fiel er kraftlos auf das Bett zurück. Er spürte die Schmerzen in den Fingern. Noch immer waren sie da. Doch nicht mehr so schlimm wie zuvor, als er ins Langhaus gekommen war. In der behaglichen Wärme des Feuers hatte das Blut unter seiner Haut pulsiert. Es war wie eine große, brennende Wunde gewesen – im Innern seines Körpers.

Harald steckte die Finger der rechten Hand in den Mund. Bis auf den Daumen fanden alle Platz. Das half ein wenig. Sein ältester Bruder trat ans Bett. Guttorm überragte die Mutter.

»Liegst du hier und leckst dir die Pfoten, kleiner Bruder?«, sagte er fröhlich.

Harald streckte die Zunge heraus und schnitt eine Fratze. Der Bruder beugte sich hinunter und zerzauste ihm das Haar.

»So! Jetzt bist du noch hübscher.«

Solange Harald zurückdenken konnte, hatten alle Guttorm den »Bauer auf Stein« genannt, obwohl die Menschen wussten, dass ein ganz anderer Mann über den Hof herrschte.

Die Mutter kam mit heißer Grütze. Da sie die Schale selbst trug, wusste Harald, dass sie mit ihm reden wollte. Mit dem kleinen Löffel stocherte er im Gerstenbrei herum. Er konnte nicht viel essen und sank bald wieder zurück auf die Kissen. Er spürte, dass sein Körper langsam zur Ruhe kam, doch immer noch durchfuhren ihn kalte Schauder. Er erwiderte den Blick der Mutter. Sie sah ihn sonderbar an, als wüsste sie nicht, wer er war, obwohl sie doch jeden Tag seines Lebens zusammen gewesen waren.

»Ragnar will Ingerid, um uns den Hof zu rauben. Er nennt Olav einen Feigling. Er und sein Vater.«

Noch immer ruhte ihr forschender Blick auf ihm. Weshalb glaubte sie ihm nicht? War sie wütend? Er richtete sich halbwegs auf.

»Hörst du nicht, was ich sage? Ragnar und sein Vater behaupten, Olav sei feige.« Ein Hustenanfall unter­brach ihn, doch sobald er die Stimme wiedergefunden hatte, fuhr er fort: »Ragnar meint es nicht ehrlich mit Ingerid. Er will uns den Hof wegnehmen.«

Er rang nach Atem.

»Olav wird sie bestrafen, wenn er zurückkommt.«

Auch weiterhin war in den Augen der Mutter keine Reaktion erkennbar. Behutsam nahm sie seine Hände. Er widerstand dem Drang, sich loszureißen.

»Geh nicht gleich vom Schlimmsten aus, Harald. Jetzt, da Krieg und Unruhe herrschen, gibt es viele, die nach Höfen und Silber streben. So ist es immer gewesen.«

Vorsichtig löste er die Hände aus dem Griff der Mutter, doch sie fasste erneut nach ihnen, tätschelte sie leicht und zog sie zu sich.

»Wir werden schon dafür sorgen, dass uns Stein niemand fortnimmt«, sagte die Mutter. Sie ließ den Blick durch den leeren Raum schweifen und auch etwas weiter, wie Harald glaubte.

»Aber nicht immer sind Schwert und Axt die stärksten Waffen.«

Jemand kam zur Tür herein. Seine Schwester. ­Harald konnte ihr ansehen, dass sie wusste, was geschehen war. Halvdan musste es ihr erzählt haben. Dennoch fragte sie, und Harald berichtete, dass Ragnar versucht habe, ihn umzubringen.

Ingerid legte ihm die Hand auf die Wange.

»Du bist ganz heiß, Harald. Ruh dich aus. Wir reden darüber, wenn es dir besser geht.«

Ihre Hand war weich und roch gut. So war es immer gewesen. Schon als er seine ersten Schritte gemacht hatte, war Ingerids Hand immer da gewesen. Sie hatte sie ausgestreckt, und er hatte sie genommen und sich selbst auf die Füße gezogen. Sanfte Hände, die gut ­rochen. Er sah zu seiner Schwester auf. Vorsichtig löste sie ihre Haube und zog sie ab. Das lange braune Haar fiel auf ihre Schultern.

»Ragnar ist nicht gut genug für dich. Er ist …«

Sie unterbrach ihn mit einem Lächeln. Wie ein leichtes Zittern trat es auf ihre Lippen, ein Zittern, das an die Frostwehen in seinem Körper erinnerte. Die allerdings waren schwächer geworden. Nach der großen Kälte, die ihn fast getötet hatte, war nur noch ein leichtes Schaudern geblieben.

Ingerid nahm seine Hand. Eine Weile blieb sie neben ihm sitzen. So hatte sie es oft getan, als er noch klein war. Sie war immer die Einzige gewesen, die ihn trösten konnte. Er wollte erzählen, was Ragnar über sie gesagt hatte, über sie alle, über das Geschlecht auf Stein, aber die Schwester legte ihm einen Finger auf die Lippen.

»Schlaf jetzt, Harald. Ruh dich aus.«

Harald streckte den Arm nach ihr aus, doch sie war aufgestanden. Er blieb liegen und sah ihr nach.

Als er die Augen schloss, war Olav in seinen Gedanken – sein Bruder, der König. Mit dem Guttorm lautstark prahlte, wenn er zu viel trank. Und von dem die Mutter mit warmer Stimme sprach, wie sonst von niemandem.

4

Åsta wich nicht von Haralds Seite. Stundenlang saß sie an seinem Bett, während er schlief.

Sie wusste, weshalb er so sehr darunter litt, was er auf Bønsnes gehört hatte. Harald hatte zu Ragnar aufgesehen, so wie es Knaben gegenüber Älteren nun einmal tun. Harald war kein Lügner. Åsta glaubte ihm. Doch vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er die Wahrheit für sich behalten hätte.

Ingerid mochte Ragnar. Nachdem sie das Silberkreuz von ihm bekommen hatte, war es noch deutlicher geworden. Åsta hatte mit ihr geredet und gesagt, dass eine Frau nur eine Ehre habe. Verlöre sie diese, könne sie niemals zurückgewonnen werden. Bei den Männern war es etwas anderes. Sie konnten die Ehre verlieren und dann später wiedererlangen.

Ingerid verstand, und Åsta wusste, dass die Tochter sich gut betragen würde – bevor sie ins Ehebett stieg.

Fünf Tage vergingen, bis Harald wieder auf die Beine kam. Als Erstes begab er sich in den Stall. Das hatte er immer getan. Seit er laufen konnte, war er immer im Stall gewesen, bei Kårstein.

Später am Tag saß Åsta an der langen Tafel, als eine der Mägde hereingelaufen kam. Sie war ganz außer Atem und konnte kaum sprechen:

»Da … sind Leute gekommen. Häuptling Sigvald … mit mehreren Männern.«

Als Åsta unter das Vordach trat, saßen die Männer noch auf den Pferden. Es war zu kalt, um sich lange draußen auf dem Hofplatz aufzuhalten. Sie bat die Männer ins Haus und schickte die Magd zu Guttorm, da sie ahnte, was Sigvald wollte. Er war mit Ragnar, seinem Sohn, und mehreren Männern von Bønsnes gekommen.

Åsta bat Sigvald, mit ihr zusammen am Tisch Platz zu nehmen. Die Magd brachte ihm warmes Bier. Ragnar und die anderen Männer bekamen nichts. Mit Mützen und Handschuhen in den Händen blieben sie neben dem Tisch stehen.

Sigvald nahm einen großen Schluck aus dem Becher, hielt die Hand vor den Mund und rülpste.

»Danke für das Bier«, sagte er. »Es schmeckt besser als unseres auf Bønsnes. Du hast dich schon immer auf die Braukunst verstanden, und nicht nur darauf.«

Åsta bedankte sich mit einem Lächeln.

»Vermutlich bist du aber nicht wegen meines Biers hergekommen?«

Der Bønsnes-Häuptling beugte sich vor. Er war ein dicker Mann, und sein Gesicht glühte jetzt, nachdem er in die Wärme gekommen war.

»Wir haben schon früher darüber gesprochen.«

Åsta sah ihn fragend an.

»Ja, es ist an der Zeit, dass Ragnar Ingerid zur Frau nimmt«, sagte er.

Åsta wusste wohl, dass sie darüber gesprochen hatten, aber eine Heirat mit Ragnar kam überhaupt nicht infrage. Ingerid sollte mit einem besseren Mann verheiratet werden. Zwar war Sigvald der wichtigste Häuptling in Ringerike und eng verwandt mit Kalv Arnesson. Aber Åsta glaubte, einen besseren Ehemann für die Tochter finden zu können. Mithilfe von Olav. Vielleicht einen Jarl oder einen Königssohn! Ingerid würde schließlich eine große Mitgift in die Ehe einbringen.

Åsta winkte der Magd, die kam und Sigvald Bier nachschenkte. Er nahm einen großen Schluck und fuhr fort: »Vermutlich ist dir zu Ohren gekommen, dass dein jüngster Sohn Ragnar beinahe umgebracht hätte. Ragnar hat sein Pferd verloren und wäre fast ertrunken, wenn nicht … Nun, er hat lange im Fieberschweiß gelegen, aber jetzt ist er wieder auf die Beine gekommen. Ragnar ist ein zäher Bursche. Genau wie sein Vater.«

Der Bønsnes-Häuptling hielt inne, als sich die Tür öffnete und Guttorm das Langhaus betrat. Åstas Zweit­ältester schälte sich aus einem weiten dunkelbraunen Rock und streifte Mütze und ein Paar dicke Arbeitshandschuhe ab. Die Magd hob alles vom Boden auf und legte es ans Feuer. Guttorm begrüßte Sigvald und fragte, was ihn nach Stein geführt habe.

Doch es war Åsta, die das Wort ergriff: »Sigvald glaubt, Harald wollte Ragnar umbringen, als sie hinaus zum Viehbrunnen ritten. Doch das war wohl eher ein dummer Jungenstreich.«

Sigvald räusperte sich.

»Ragnar hat sein Pferd verloren.«

Sigvalds Sohn trat an den Tisch und mischte sich unaufgefordert ein.

»Harald wusste, wo der Viehbrunnen lag. Er hat mich in eine Falle gelockt.«

Sigvald drehte sich zu Ragnar um, doch der Sohn hielt dem Blick des Vaters stand.

Guttorm legte die Hand auf Ragnars Schulter und sagte ruhig, aber bestimmt: »Es ist doch wohl so, dass Halvdan dich aus dem Eiswasser gezogen und dir Haralds Pferd überlassen hat?« Guttorm lächelte. »Und jetzt bist du hier. Allzu groß kann der Schaden nicht gewesen sein.«

Åsta richtete den Blick auf Guttorm. Er verstand es, das Wort zu führen. Sie selbst sagte nichts. Und dennoch blickte Sigvald sie an, als er fortfuhr:

»Meiner Meinung nach ist Harald zu alt, um sich noch hier auf Stein herumzutreiben. Er hätte im letzten Frühling gleich nach dem Pflügen auf Wikingfahrt geschickt werden sollen.«

Åsta wusste, dass er recht hatte. Aber es war nicht leicht, den jüngsten Sohn fortzuschicken. Haralds Geburt war ein später Segen gewesen. Sie hatte bereits über vierzig Winter gezählt und nicht geglaubt, noch weitere Kinder bekommen zu können. Als ihr Mann, Sigurd, kurz danach gestorben war, schien es, als ob Harald die Erinnerung an ihn lebendig hielt.

Åsta liebte alle ihre Kinder, doch Harald auf eine andere Art als Ingerid und die älteren Brüder. Guttorm hatte das Gemüt seines Vaters geerbt. Er mochte die Arbeit auf dem Hof und war froh, nicht auf Wikingfahrt gehen zu müssen. Halvdan kam ebenfalls sehr nach dem Vater, doch Harald war wie Olav, der älteste ihrer Söhne. Beide hatten ein großes Herz und ließen sich oft von ihren Gefühlen leiten, was ihnen manchmal zum Verhängnis wurde. In seiner Jugend war Olav aber auch sehr halsstarrig gewesen. Deswegen hatte sie ihn fortgeschickt, als er erst zwölf Winter zählte. Noch immer konnte sie ihn vor sich sehen, wie er neben Rane Kongsfostre zur Küste ritt. Ein langer Kerl, aber dünn wie eine Bohnenstange, genau wie Harald heute.

Als König war er zurückgekehrt.

Als erwachsener Mann war Olav ein anderer geworden. Er erinnerte sie an Harald Grenske, ihren ersten Mann und Olavs Vater. Sie beide vermochten es, sich Männer und Frauen allein mit ihrem Blick gefügig zu machen. Auch Harald würde einmal so sein, dachte Åsta, wenn er nur nicht vorher erschlagen würde. Angesichts seines Jähzorns, der ihn manchmal bis an den Rand des Abgrunds brachte, fürchtete sie nämlich, dass dies geschehen könne.

Sigvald tat sich weiter am Bier gütlich und rülpste erneut. Als er wieder das Wort ergriff, klang seine Stimme schärfer.

»Harald kann mit mir kommen, wenn es Frühling wird. Ragnar geht dann zum zweiten Mal auf Wikingfahrt, und ich kann Harald unter meine Fittiche nehmen, so wie ich es mit meinem eigenen Sohn getan habe.«

Åsta erwiderte Sigvalds Blick, der daraufhin die Aufmerksamkeit auf seinen Becher richtete.

»Ob und wann Harald auf Fahrt geht, bestimme immer noch ich«, gab Åsta zurück.

Sigvald wurde sanfter.

»Seit ich zusammen mit deinem ältesten Sohn in seinem Heer kämpfte, haben unsere Sippen einander nahegestanden. Die Söhne Arnes, meine Neffen, sind ebenfalls treue Männer des Königs. Wäre Olav nicht Reichskönig geworden, hätte ich mich mit Fug und Recht König über Ringerike und all das Land bis zum Meer hinunter nennen können.«

Sigvald streckte den Rücken durch und sah Åsta an.

»Wenn ich Harald im Frühling mitnehme und wir Ragnar und Ingerid die Ehe eingehen lassen, wird die Verbindung zwischen unseren ehrenhaften Sippen noch enger werden.«

Åsta spürte Zorn in sich aufsteigen. Doch sie wusste, dass es am klügsten war, ihre Gefühle zu verbergen. Sie schwieg einen Augenblick, bevor sie etwas entgegnete.

»Harald erzählt, er habe dich und Ragnar reden hören, über den König und über die Heirat«, sagte sie schließlich.

Sigvald hob den Becher. Doch er zögerte. Dann stellte er ihn mit einem lauten Krachen zurück auf den Tisch.

»Mit den Häuptlingen im Westen und in Trøndelag steht Olav nicht mehr auf so gutem Fuß wie einst. Und wenn König Knut sich gegen ihn wendet …«

Åsta lachte auf.

»König Knut ist so fett geworden, dass er in England kaum noch auf seinen Thron steigen kann, sagt Olav.«

Sigvald grinste und klopfte sich auf den Wanst.

»Auch ich bin viele Jahre zusammen mit Knut gesegelt. Wir alle haben es uns gut gehen lassen.«

Åsta winkte Ragnar an den Tisch. Er setzte sich neben seinen Vater und trank aus dem Becher. Auch Guttorm setzte sich zu ihnen.

»Ich sage das, damit ihr beide es hört«, sagte Åsta, »Vater und Sohn. Ich werde mit Olav reden und dafür sorgen, dass Ragnar eines Tages deinen Platz einnimmt, Sigvald. Solange ihr Olav treu dient, sollt ihr über Bønsnes herrschen und die Einkünfte des Hofs behalten. Doch auf eine Heirat mit der Schwester des Königs dürft ihr nicht hoffen.«

Guttorm legte beschützend einen Arm um seine Mutter. Er fuhr fort.

»Es ist bedauerlich, dass Ragnar einen Groll gegen Harald hegt. Seit mein Vater, Sigurd Syr, als König über Ringerike herrschte, war es Brauch, den Frieden zu bewahren. Und dieser Brauch war gut für uns alle. Nie zuvor hat auf den Höfen in Ringerike solcher Wohlstand geherrscht wie jetzt. Sowohl Bønsnes als auch Stein sind mächtiger geworden.«

Guttorm prostete Sigvald zu.

»Du, Sigvald, bist ein treuer Diener meines Bruders, König Olav, und unsere Sippen sind versöhnt.«

Guttorm hielt inne, als sich die Tür öffnete. Alle wandten sich um. Harald kam herein. Åsta wollte ihm entgegengehen, da sie fürchtete, der Zorn könnte ihn übermannen. Doch noch bevor sie aufstehen konnte, war Harald bei ihnen. Er stellte sich hinter seinen Bruder und betrachtete grimmig Sigvald.

Der Häuptling wich seinem Blick aus. Åsta dachte, dass Sigvald nur froh sein konnte, wenn er nicht mit ihrem jüngsten Sohn auf Wikingfahrt gehen musste.

»Hat Sigvald dir erzählt, wie er und Ragnar unseren Hof an sich reißen wollen?«, fragte Harald unnötig laut und sah seine Mutter an. »Hat er es dir erzählt? Wie sie uns verraten wollen? Nachdem wir ihnen immer beigestanden haben!«

Åsta versuchte es mit einem zaghaften Lachen und hob die Hand, wie um anzudeuten, dass der Junge nicht wisse, was er rede. Doch Guttorms Miene wurde ernst. Er drehte sich um und klopfte mit der Hand auf den Platz neben sich. Da Harald jedoch stehen blieb, musste er sich abermals umwenden.

»Du hast Ragnar dein Pferd gegeben, und das ist nur recht und billig …«

Harald fiel dem älteren Bruder ins Wort: »Nie im Leben würde ich Ragnar ein Pferd überlassen. Halvdan hat das getan, und ich will Steinsvarten zurückhaben!«

Guttorm sah den Bruder streng an, sprach aber weiterhin mit ruhiger Stimme, in der ein Lachen mitschwang.

»Du bist nicht derjenige, der das entscheidet. Du hast auf Stein gar nichts zu bestimmen, weder über Menschen noch über das Vieh. Und das ist auch gut so. Könntest du entscheiden, würden wir vermutlich alle zusammen ein Wettrennen auf den Feldern veranstalten, und du würdest verlangen, dass bei unserer Rückkehr Milch und warmer Brei bereitsteht.«

Åsta sah, dass Harald rot wurde. Sigvald und Ragnar lachten laut.

Abermals gab Guttorm dem Bruder ein Zeichen, sich hinzusetzen, aber trotzig blieb Harald stehen. Guttorm wandte sich Ragnar zu.

»Wenn du willst, Ragnar, können wir in den Stall gehen, und du nimmst dir das Pferd, das du haben willst. Dann kann Harald seines zurückbekommen.«

Ragnar erwiderte nichts. Freundlich fuhr Guttorm fort: »Steinsvarten ist doch kaum mehr als ein großes Fohlen und eignet sich besser für einen Jungen als für einen jungen Mann wie dich, der auf Wikingfahrt gegangen ist.«

Ragnar zuckte mit den Schultern. Er machte eine abschätzige Miene.

»Es mag sein«, sagte er schließlich, »dass das Pferd nicht mehr ist als ein großes Fohlen. Aber mir gefällt die Wut, die ich in Haralds Augen sehe, denn sie bedeutet, dass er eines Tages kommt, um sich das Pferd zurückzuholen.«

Für einen Moment war es ganz still. Sigvald richtete sich auf, sah seinen Sohn verwundert an. Auch Åsta hatte nicht gedacht, dass Ragnar es wagen würde, so zu reden. Doch der fuhr fort.

»Und dann wird er mich kennenlernen, denn ­jeder Mann hat das Recht, sich und sein Eigentum zu verteidigen, ob sein Gegner nun Bruder des Königs ist oder nicht.« Ragnar sah zu Harald hinüber. »Es hilft dir nichts, dich hinter deinem großen Bruder zu verstecken.«

Åsta sah, dass Haralds Zorn wieder aufzuflammen drohte. Sie berührte begütigend seinen Arm. »Harald, im Stall gibt es viele Pferde.«

Er schüttelte ihre Hand ab und trat einen Schritt auf Ragnar zu. Ragnar sprang auf, und fast sah es aus, als würden sie sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Doch plötzlich war Ingerid bei ihnen und stellte sich vor ihren Bruder. Sie sagte nichts, sondern sah Ragnar nur an.

Er wagte es nicht, ihren Blick zu erwidern.

Einen Augenblick verharrten sie reglos. Dann drehte Ragnar sich um und verließ, gefolgt von seinem Vater, die große Halle.

5

Es war Nacht, als der König und sein Gefolge auf Stein eintrafen. Der große Hof zwischen dem Tyrifjord und dem Steinsfjord zeichnete sich als dunkle Silhouette vor dem Horizont ab. Feine, fast unsichtbare Streifen weißen Rauchs stiegen von vielen der Häuser empor, was es aussehen ließ, als bänden sie Himmel und Gebäude zusammen.

Nur mehr zehn Männer waren jetzt im Gefolge des Königs. Einer von ihnen lag auf einem Schlitten, und in regelmäßigen Abständen musste sie ihm eine Hand unter die Nase halten, um zu spüren, ob er noch lebte.

Sie hatten viele Männer verloren, als sie das Gebirge überquerten, denn dort oben hatte ein heftiger Sturm gewütet. Das Pferd war in einen Abgrund gestürzt, aber Olav hatte den Männern befohlen, den Schlitten zu nehmen. Er selbst hatte geholfen, ihn zu ziehen.

Nachdem sie über das Gebirge gekommen waren, hatte Olav gesagt, dass alle, die es wollten, zu ihren Höfen heimkehren könnten, und viele hatten es getan. Schon früh am selben Tag war Bjørn Stallare zu seinem Hof in Grenland aufgebrochen. Anders als geplant, hatte Olav ihn nicht dorthin begleitet. Weder Zeit noch schwindende Kräfte erlaubten jetzt einen Umweg. Mehr als dreißig Tage waren vergangen, seit sie die Schiffe am Ufer des Sunnylvsfjords in Brand gesteckt hatten.

Auf den Höfen, wo sie frische Pferde bekommen und den Bauern Hammelfleisch und Gerstenmehl abgekauft hatten, hieß es, Olav sei für geächtet erklärt worden. König Knut würde Olavs Kopf in Silber aufwiegen. Aber niemand hatte die Waffen gegen sie gerichtet, und sowohl in Gudbrandsdalen als auch in Hadeland hatten sie ungehindert handeln und kaufen können. Viele Bauern hatten ihnen sogar freie Unterkunft und Verpflegung angeboten und geäußert, Olav beistehen zu wollen, wenn er zurückkäme.

Als sie jetzt auf den Hofplatz traten, war niemand zu sehen. Plötzlich kam eine krumm gebeugte Gestalt aus dem Stall. Der Mann trug keine Kopfbedeckung, sein dünnes weißes Haar hing ihm über die Schultern und sah aus wie die Flechte an einer alten Birke.

Finn wurde klar, dass Olav den Mann kannte, denn der König stieg vom Pferd und begrüßte ihn. Das Gesicht des Mannes verzog sich zu einem zahnlosen Grinsen.

»Kårstein war hier schon Knecht, als ich das erste Pferd von meinem Stiefvater, Sigurd Syr, bekam«, sagte Olav. Er klopfte dem alten Stallknecht auf die Schulter und erkundigte sich nach den Pferden, bevor er das Langhaus betrat.

Mit steifen Bewegungen glitt Finn vom Pferd. Ein Schmerz durchfuhr die steifen Glieder, als seine Füße den Boden berührten. Kårstein trat zu ihm und hielt die Zügel. Finn rieb sich ein paarmal über die Schenkel und sagte:

»Für ein paar Tage wird es jetzt eng im Stall, Kårstein. »Bring unsere Pferde hinein, damit sie sich aufwärmen können.«

Der Stallknecht nickte. »Lasst sie einfach hier stehen«, erwiderte Kårstein. »Die armen Tiere werden in dieser Eiseskälte schon nicht weglaufen. Ich finde einen guten Platz für sie.«

Finn bat die anderen Männer, Kårstein mit den Pferden und dem Sattelzeug zu helfen. Dann beugte er sich über den Schlitten.

Rane lag mit geschlossenen Augen da. Seit die Männer den Sunnylvsfjord verlassen hatten, hatte er kein Wort gesprochen. Niemand hatte ihn essen oder trinken gesehen. Nichts, was sie ihm anboten, nahm er an. Aber sie ließen etwas Essbares auf dem Schlitten zurück, damit er sich bedienen konnte. Es verschwand, aber ob er es nun gegessen oder weggeworfen hatte, wussten sie nicht. Was er trank, hatte auch niemand beobachten können. Finn glaubte, er stecke sich Schnee in den Mund. Und davon gab es genug.

Finn ließ sich von einem der Männer helfen, und gemeinsam trugen sie Rane in das Langhaus. Sie brachten ihn mitsamt dem Schlitten hinein, denn der war nicht groß. Olav und eine Frau saßen auf einer Bank neben der Feuerstelle. Die Frau war groß und stattlich. Finn fiel auf, wie sehr sie Olav ähnelte, und schloss, dass es seine Mutter sein musste.

Olav drehte sich zu ihm und winkte ihn mit einer Handbewegung herein: »Stell den Schlitten ans Feuer, Finn. Damit Rane auftauen kann.«

Die Mutter blickte ihren Sohn fragend an. »Ist das wirklich Rane Kongsfostre? Gar nicht so leicht, ihn unter dem Bart zu erkennen. Und wie dünn er geworden ist.«

Olav antwortete mit einem breiten Grinsen.

Die Mutter sah erneut zu Rane und fuhr fort: »Er zählt schon mehr als siebzig Winter. So alt ist nicht einmal dein Stiefvater geworden, obwohl Sigurd doch hier auf dem Hof ein friedliches Leben führte.«