Krimi Doppelband 76 - Ein Privatdetektiv und ein Kommissar ermitteln! - Alfred Bekker - E-Book

Krimi Doppelband 76 - Ein Privatdetektiv und ein Kommissar ermitteln! E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Duell mit dem Henker (Cedric Balmore) Kommissar Tegeler und die Selbstgerechten (Alfred Bekker) Die Kriminalkommissare Ortwin Tegeler und Ludwig Härtl sind bei der Sondereinsatzgruppe der Bundespolizei in München beschäftigt. Doch dann werden beide zu einem Einsatz nach Berlin geschickt. Während Ludwig Härtl ganz offiziell dort als Ermittler auftritt, bekommt Tegeler eine neue Identität, um verdeckt arbeiten zu können. Der Mord an zwei Kriminalbeamten soll aufgeklärt werden, die einer Gruppe auf der Spur waren, die sich ,Justice Warriors‘ nennen. Da der Verdacht naheliegt, dass auch Kriminalbeamte des BKA involviert sind, ist äußerste Vorsicht geboten …

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Seitenzahl: 258

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Alfred Bekker, Cedric Balmore

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Doppelband 76 - Ein Privatdetektiv und ein Kommissar ermitteln!

Copyright

Duell mit dem Henker

Kommissar Tegeler und die Selbstgerechten: Kriminalroman

Krimi Doppelband 76 - Ein Privatdetektiv und ein Kommissar ermitteln!

Alfred Bekker, Cedric Balmore

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Duell mit dem Henker (Cedric Balmore)

Kommissar Tegeler und die Selbstgerechten (Alfred Bekker)

Die Kriminalkommissare Ortwin Tegeler und Ludwig Härtl sind bei der Sondereinsatzgruppe der Bundespolizei in München beschäftigt. Doch dann werden beide zu einem Einsatz nach Berlin geschickt. Während Ludwig Härtl ganz offiziell dort als Ermittler auftritt, bekommt Tegeler eine neue Identität, um verdeckt arbeiten zu können. Der Mord an zwei Kriminalbeamten soll aufgeklärt werden, die einer Gruppe auf der Spur waren, die sich ,Justice Warriors‘ nennen. Da der Verdacht naheliegt, dass auch Kriminalbeamte des BKA involviert sind, ist äußerste Vorsicht geboten …

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Alles rund um Belletristik!

Duell mit dem Henker

Ein Jack Braden Thriller

von Cedric Balmore

Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.

Der bekannte und beliebte Fernsehstar Arthur Selby wird ermordet. In Verdacht gerät sein ehemaliger Chauffeur Paul Reeder, der auf die schiefe Bahn geraten ist. Doch es stellt sich heraus, dass er ein Alibi hat. Jack Braden wird vor ein enormes Rätsel gestellt, dessen Auflösung nicht nur den Privatdetektiv in die Irre führt.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Die Hauptpersonen des Romans:

Paul Reeder – hat ein Alibi, aber das kostet 2 Jahre Zuchthaus

Mabel Reeder – hält treu zu ihrem Paul

Sarah Hickman – erlebt eine interessante Nacht

Lionel Corbett – ist ständig betrunken

Hood Flynn – sieht die Dinge nüchtern

Marc Sullivan – soll auf den elektrischen Stuhl

Anthony Gilford – ist dagegen

George Patterson – langweilt sich

Dawn Barris – sieht besonders reizend aus, wenn sie wütend ist

und Jack Braden – kommt dahinter

1

Der Mann, der beschlossen hatte, Arthur Selby zu töten, wusste genau, wie hoch sein Risiko war.

Der Einsatz war das eigene Leben. Das wusste der Mann.

Wenn der Mörder Arthur Selbys gefasst wurde, dann war ihm der Elektrische Stuhl sicher. Das stand von vornherein fest, daran konnten die geriebensten Anwälte nichts ändern.

Denn Arthur Selby war nicht irgendwer.

Ein Schrei der Empörung würde durch das ganze Land gehen, vom Atlantik bis zum Pazifik. Die Nation würde den Kopf des Mörders fordern. Und kein Richter, kein Staatsanwalt würde sich dieser Forderung entziehen.

Mildernde Umstände?

No, Sir!

Nicht für Selbys Mörder!

Arthur Selby galt als Verkörperung alles Guten und Edlen! Selbstlos, mutig bis zur Tollkühnheit und dennoch besonnen, ein Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit, ein Kerl aus Granit, gleichwohl aber ein Mensch mit einem gütigen, lauteren Herzen – das war Arthur Selby, wie die Nation ihn kannte und liebte.

Jedenfalls die große Masse, die überwiegende Mehrheit der Nation.

Seit drei Jahren lief die Fernsehserie. Seit drei Jahren war Selby das Idol aller Backfische zwischen siebzehn und siebzig – vor allem weiblicher, aber auch männlicher. Und seit drei Jahren hatten rührige Manager der Nation eingeredet, der Privatmann Arthur Selby sei genauso edel und gut wie der unübertroffene, unübertreffliche Held der inzwischen rund achtzig Fernsehfilme.

Selby bezog astronomische Gagen. Doch wenn man den Werbetrommlern glauben durfte, dann behielt er nur einen Bruchteil für sich selber, nur so viel, wie er brauchte, um in bescheidenem Wohlstand zu leben. Alles andere floss der Alice-Baker-Stiftung zu.

Alice Baker war Selbys Frau gewesen, sieben Monate lang. Die Nation hatte die beiden miteinander verkuppelt – man kann es kaum anders bezeichnen.

Alice war der weibliche Star einer früheren Fernsehserie gewesen, und die Nation hatte gefunden, dass Arthur Selby und sie füreinander geschaffen waren.

Die Trauungszeremonie war über nahezu alle Fernsehstationen gegangen, und fast die ganze Nation hatte innigen Anteil genommen.

Sieben Monate später war dann das Unfassbare geschehen, war Alice Baker-Selby tödlich verunglückt. Am Steuer ihres Sportwagens.

Und wieder hatte die Nation innigen Anteil genommen.

Am Tage nach der Bestattung aber war Arthur Selby spurlos verschwunden. Erst ein volles Jahr später hatte ihn ein findiger Reporter aufgespürt: Er lebte als Fischer und Jäger in einem Blockhaus in der kanadischen Wildnis. Ein Mann, der Millionen verdient hatte und weitere Millionen hätte verdienen können, dieser Mann war in die Wildnis gegangen, hatte alles hinter sich gelassen, lebte nur noch dem Andenken seiner verstorbenen Frau.

War Arthur Selby bis dahin nur ein Star gewesen – ein Spitzenstar unter zwei Dutzend anderen Spitzenstars – von nun an war er mehr. Die Nation, tief beeindruckt, hatte ihn vorher vergöttert, aber nun verehrte sie ihn.

Noch ein weiteres Jahr verstrich, ehe sich Selby – allem Vernehmen nach nur widerwillig – bereitfand, wieder vor die Fernsehkameras zu treten. Und das war nun wiederum drei Jahre her. Siebzig Folgen der neuen Serie waren seither über die Bildschirme geflimmert, und niemals hatte der Held auch nur mit einem weiblichen Wesen geflirtet. Das, so hieß es, habe er den Drehbuchautoren ausdrücklich abverlangt. Er fühle sich immer noch an Alice gebunden, und er werde nie aufhören, sich an Alice gebunden zu fühlen.

Die Nation fühlte mit!

Noch ehe Selby den neuen Vertrag unterschrieben hatte, war der Grundstein für das Waisenhaus gelegt worden: die Alice-Baker-Stiftung.

Dies also war der Arthur Selby von heute: ein glänzend aussehender Mann um die Vierzig herum, auf den Bildschirmen einen innerlich einsamen Strafverteidiger darstellend, der der Justiz am Fließband zu Unrecht angeklagte Opfer entriss, von Tragik umwittert, auf dem Bildschirm und im Privatleben.

Beides deckte sich ohnehin, wenigstens in den Augen der meisten.

Ein Mensch obendrein, der sich selber nur einen bescheidenen Lebensstandard zumaß und im Übrigen ausschließlich für die Waisen arbeitete.

Edel, gütig und selbstlos!

O ja! Der Mann, der beschlossen hatte, Arthur Selby zu töten, kannte sein Risiko. Niemand würde ihm glauben, dass Selby alles andere als ein edler Mensch war.

Niemand würde ihm glauben, dass Selby Alice Baker ermordet hatte.

Schon diesen Verdacht laut werden zu lassen, lief auf ein Sakrileg hinaus.

Wenn ich gefasst werde, grübelte der Mann, dann ist mir der Stuhl sicher, was auch immer ich sagen und Vorbringen mag. Der Stuhl – wenn ich Glück habe. Gut möglich aber auch, dass ich schon vorher gelyncht werde.

Dahingestellt, inwieweit diese Überlegungen richtig waren – der Mann dachte so und nicht anders. Das allein zählte.

Er war davon überzeugt, dass die ganze Nation Selbys Mörder jagen würde: jeder leidlich erwachsene Yankee ein Detektiv.

Die Nation würde keine Ruhe geben, bis Arthur Selbys Mörder gefasst war. Nicht nach Wochen, nicht nach Monaten, nicht nach Jahren.

Wenn ich überhaupt eine Chance haben will, so überlegte der Mann, dann muss ich der Nation den Mörder liefern, muss ich es so einrichten, dass ein anderer als vermeintlicher Mörder „überführt“ und verurteilt wird. Nur wenn mir das gelingt, werde ich ungeschoren bleiben. Im anderen Fall dürfte ich niemals sicher sein, nicht doch noch gefasst zu werden, nach Jahren oder gar nach Jahrzehnten. Eben weil die Nation keine Ruhe geben wird!

Das war der Ausgangspunkt. Die Grundkonzeption.

Wie die Idee in die Tat umzusetzen war, darüber dachte der Mann monatelang nach. Und dann brauchte er noch einmal viele Monate, um alles vorzubereiten, um die falsche Fährte zu legen, um die Minen einzubauen, die nach der Tat hochgehen sollten …

Laut Polizeibericht starb Arthur Selby in der Nacht vom 12. auf den 13. März. Der 13. war ein Freitag. Und wahrscheinlich überlebte Selby die ersten Stunden dieses Freitags noch.

Aber wir wollen nicht vorgreifen.

Selby starb in seinem Landhaus am Hudson River, nördlich von Irvington. In derselben Nacht hatte eine gewisse Sarah Hickman das Erlebnis ihres bis dahin reichlich eintönigen Daseins.

Sarah Hickman war kein Ausbund an Schönheit. Sie hatte ein sogenanntes Pferdegebiss, ihr fliehendes Kinn war endlos lang und die Stirn turmhoch.

Als Kind und als junges Mädchen war sie deshalb sehr unglücklich gewesen und entsprechend gehemmt, aber nun, nahezu vierzig geworden, trug sie ihr Los mit Gleichmut und Gelassenheit, jedenfalls nach außen hin.

Mit knapp dreißig war sie geheiratet worden, wobei sie sich keinerlei Illusionen hingegeben hatte: Martin Hickman hatte nicht sie gewollt, sondern ihr Geld.

Aber Hickman war der einzige Bewerber gewesen, der selber Geld gehabt hatte. Also hatte sie sich heiraten lassen, in der Hoffnung auf Kinder und damit auf ein erfülltes Leben.

Kinder waren ausgeblieben. Das lag an ihr, hatten mehrere Ärzte versichert.

Martin Hickman war vor fünf Jahren verstorben, seither war Sarah Hickman so gut wie ständig auf Reisen. Weshalb eigentlich, wusste sie wahrscheinlich selbst nicht, sie langweilte sich in Paris so wie in New York, in St. Tropez ebenso wie auf den Bermudas oder wo auch sonst immer.

Sie schlug einfach die Zeit tot, das war alles.

Trotz ihres Pferdegesichts hätte sie jederzeit wieder heiraten können. In jedem der internationalen Hotels, in denen sie Stammgast war, saßen etliche fragwürdige Figuren herum, die nach reichen Witwen Ausschau hielten, ganz egal, wie die aussahen.

Es soll nicht behauptet werden, dass sich Sarah niemals hatte einwickeln lassen. Hier und da schon. Für einige Wochen. Aber es war doch immer nur bei belanglosen Episoden geblieben.

Zur Zeit wohnte sie im „Majestic“, einem neu errichteten Sporthotel an der Sandy Hook Bay.

Irgendwo hatte sie von der Neueröffnung gelesen und war eben hingefahren. Nur so.

Schon am zweiten Tag hatte sie Max Hoover kennen gelernt. Das heißt, Hoover hatte ihre Bekanntschaft gesucht – auf die übliche Weise.

Unüblich war nur, dass dieser Mann ihr gefiel.

Genau genommen hatten ihr im Lauf der Jahre eine ganze Reihe von Männern gefallen, aber sie hatte doch nie vergessen, dass sie nur hinter ihrem Geld her waren.

Von Hoover glaubte sie das auch zu wissen, aber es störte sie nicht übermäßig. Sein Charme war bestrickend, sein jungenhaftes Lachen ansteckend. Und was das sympathischste war: Er machte gar kein Hehl daraus, dass er ein atmender Teufel war.

„Ich bin ziemlich down, Sarah!“ Beim Frühstück hatten sie einander kennengelernt, und schon beim Dinner nannte er sie beim Vornamen. Sie hatte nichts dagegen. „Ich hatte ein Geschäft, Früchte Im- und Export. Es gab einige Rückschläge. Ich habe Kredite aufgenommen und – na, immer so weiter. Es kam zum Konkurs. Ich schulde meinen Gläubigern eine beträchtliche Stange Geld. Mehr, als ich durch Arbeit je erwerben könnte. Um ganz offen zu sein, ich bin hierher gekommen, in der Hoffnung, mich durch eine reiche Heirat zu sanieren.“

„Sie sind aber verdammt offen!“, sagte Sarah drastisch.

Hoover lächelte fein. Resignierend und unendlich sympathisch, fand Sarah.

„Ich weiß, wer Sie sind. Ich habe mich nach Ihnen erkundigt, ehe ich mich zu Ihnen setzte. Ich hatte tatsächlich keine andere Absicht, als die, Sie … nun ja … Aber“, er breitete die Hände aus, „aber ich habe mich wohl überschätzt.“

Sarah war das Misstrauen selber. Vorsicht!, mahnte sie sich, das ist ein ganz abgefeimter Halunke, der reist eine ganz raffinierte Tour. Schicke ihn weg. Jetzt sofort.

Aber sie schickte ihn nicht fort. Im Gegenteil. Sie verabredete sich mit ihm für den nächsten Morgen im Hallenbad des Hotels.

Denn sie wusste, dass nur ihr Gesicht unhübsch war; dass ihre Figur aber noch auf jedem Laufsteg bestehen konnte.

Sie trug einen spärlichen Bikini, und es machte ihr Freude, sich Hoover so zu zeigen.

„Donnerwetter!“, sagte er in seiner entwaffnend offenen Art.

Sie spürte, dass sie rot wurde wie ein ganz junges Ding. Das war ihr seit Jahren nicht mehr passiert.

Übrigens sah auch er prachtvoll aus. Schmal in der Taille, aber breit in den Schultern. Muskulös. Ein Bild von einem Mann.

Abends, nach dem Dinner, saßen sie in der Bar.

„Wie hoch sind Ihre Schulden, Max?“, fragte Sarah.

Sie hatte sich vorgenommen, genau das auf gar keinen Fall zu fragen – nicht heute und nicht morgen und nicht während der nächsten Wochen, aber sie fragte es dennoch, ungeachtet der Tatsache, dass sie ihn nach wie vor für einen besonders ausgekochten Glücksritter hielt.

Er schüttelte den Kopf.

„Das ist doch ganz unwichtig geworden, Sarah!“

„Unwichtig?“

„Aber ja. So, wie wir jetzt zueinander stehen, kann ich keinen Cent mehr von Ihnen annehmen.“

„Wie viel?“ beharrte sie.

„Siebzigtausend“, sagte er wegwerfend. „Aber das interessiert nun nicht mehr.“

Siebzigtausend! Nicht gerade eine Bagatelle für Sarah, aber doch eine Summe, die sie ohne Weiteres entbehren konnte, ohne ihre Einkünfte – Dividenden und Zinsen – empfindlich zu verringern.

„Interessiert nun nicht mehr? Das verstehe ich nicht.“

Sie verstand es sehr gut. Aber sie wollte es nicht verstehen.

Seine gepflegten Finger berührten zart und sanft ihre Hände.

„Ich werde abreisen!“, sagte er. „Morgen früh! Solange ich noch die Kraft habe, das Gespinst zwischen Ihnen und mir zu lösen. Wenn ich Sie unter anderen Umständen kennengelernt hätte … Aber so!“

„Nehmen Sie mein Geld doch nicht so wichtig, Max!“

„Es ist wichtig!“, sagte er schroff. „Machen wir uns doch nichts vor, Sarah, wir sind doch keine Kinder mehr! Nehmen wir an, wir heirateten. Wie lange würde es gut gehen? Ein Jahr? Zwei Jahre? Drei, wenn es hochkommt? – Ihr Geld mag jetzt nicht wichtig sein, aber auf die Dauer? Sie und ich, Sarah, wir kennen doch das Leben. Wir müssten Engel sein, wenn die Ehe nicht früher oder später an dem Geld scheitern würde. – Mein Geld! – Ja, dein verdammtes Geld, ich wollte, du ersticktest daran! – Man kennt das doch. Ich hab’ nicht das Zeug zum Prinzgemahl! Früher oder später würde es die Hölle sein, und das wissen Sie, Sarah!“

Er hatte recht. So und nicht anders würde es kommen. Vielleicht bald, vielleicht nicht so bald, aber früher oder später gewiss.

„Ich werde morgen früh abreisen!“, wiederholte er. „Aber vorher … Sarah!“, sagte er leise und werbend. „Wir sollten uns etwas Unverlierbares schaffen: die unauslöschliche Erinnerung an eine gemeinsame Nacht. An diese Nacht.“

Es wurde Sarah schwer, nein zu sagen. Sehr schwer. Wenn sie dennoch den Kopf schüttelte, dann einzig und allein, weil sie fürchtete, sie könne sich ein für allemal an diesen Mann verlieren.

2

Das Girl in der Telefonzentrale des Majestic hieß Cindy Gray.

Es war kurz vor neun Uhr abends, als sie den Anruf entgegennahm, den sie bis heute nicht vergessen hat und auch niemals vergessen dürfte.

„Majestic Hotel!“, meldete sich Cindy mit routiniert-unverbindlicher Höflichkeit. „Guten Abend!“

„Guten Abend!“, kam die unverwechselbare Stimme aus der Membran. „Nach meinen Informationen soll unter Ihren Gästen ein Mr. Paul Reeder sein. R e e d e r. Würden Sie ihm bitte ausrichten lassen, er möchte Irvington Nr. 47 30 an rufen.“

„Mr. Selby!“, hauchte Cindy, die Arthur Selbys Stimme so gut kannte wie die ihres eigenen Vaters. Sie vergaß, dass sie als Telefonistin keine Person, sondern nur eine Funktion zu sein hatte. „Arthur Selby!“, japste sie. „Liebe Güte, ich werde verrückt!“

„Ich bin sehr in Eile!“, sagte Selby nachsichtig gütig. „Bitte, richten Sie aus, worum ich Sie gebeten habe. Mr. Paul Reeder. Irvington 47 30. – Ich danke, Ihnen!“

Und das Freizeichen tutete.

Cindy legte die Hände in den Schoß, atmete tief und beglückt: Sie hatte mit dem großen Arthur Selby gesprochen.

Erst nachdem sie die Seligkeit eine Weile ausgekostet hatte, ging sie die Zimmerliste durch.

Im Majestic wohnte kein Mr. Paul Reeder. Was natürlich nicht ausschloss, dass er in der Halle, im Restaurant, im Speisesaal oder in der Bar saß.

Cindy läutete nach einem Pagen, dem sie das große Ereignis erst lang und breit schilderte, obwohl es eigentlich herzlich wenig zu schildern gab.

Sie wäre erstickt, wenn sie die große Neuigkeit nicht sofort hätte erzählen dürfen – ganz egal, wem.

Der Page ging zum Portier. Und der Portier säuselte vornehm gedämpft in ein Mikrophon, dass Mr. Paul Reeder zur Rezeption gebeten werde.

Lautsprecher berieselten alle in Betracht kommenden Räume.

3

Hoover beugte sich Sarahs Entscheidung, ohne auch nur den Versuch zu machen, sie umzustimmen.

„Es ist wohl am richtigsten“, sagte er leise, wenn wir uns gleich jetzt trennen.“

Sarah senkte den Kopf und sagte nichts.

Von irgendwoher kam ein knackendes Geräusch.

„Attention, please!“, ließ sich die Stimme des Portiers aus einem unsichtbaren Lautsprecher vernehmen. „Mr. Paul Reeder wird gebeten, zur Rezeption zu kommen.“

Hoover erhob sich, aber ganz offensichtlich nicht in diesem Zusammenhang, für Sarah jedenfalls war das ganz offensichtlich.

„Madam!“, sagte er förmlich, mit einer steifen Verbeugung.

Sarahs Lippen formten ein stummes Wort.

Hoover machte hölzern kehrt und ging hoch aufgerichtet hinaus.

In der Halle blieb er ein paar Sekunden lang unschlüssig stehen, ehe er die Rezeption ansteuerte.

„Ich hätte gern meine Rechnung!“

„Selbstverständlich, Sir!“, antwortete der Portier zuvorkommend, um nach einer kleinen Pause hinzuzufügen: „Verzeihung, Sir: Sind Sie aus irgendeinem Grund unzufrieden, dass Sie so plötzlich …“

„O nein, es ist alles in Ordnung! Bitte, lassen Sie meine Sachen packen und meinen Wagen volltanken.“

„Sehr wohl, Sir.“

„Hat sich Mr. Reeder übrigens gemeldet?“

„Nein. Bisher nicht.“

„Nun, ich sehe ihn auch nirgends.“

„Sie kennen ihn, Sir?“

„Allerdings. Ich werde ihn wahrscheinlich noch heute Abend treffen. Kann ich ihm irgend etwas ausrichten?“

Der Portier schätzte Hoover ab. War dieser Mann vertrauenswürdig oder nicht? Er entschied für ja.

„Wenn Sie Mr. Reeder bestellen würden, dass er Irvington 47 30 anrufen möchte.“

„Aber gern!“, sagte Hoover.

Die große Uhr in der Halle zeigte 9.32 Uhr, als ihn die Drehtür nach draußen wirbelte.

Es regnete. Der Portier selber hatte Hoover nach draußen geleitet. Er blieb unter dem Vordach stehen, bis die Regenschnüre die Rücklichter des Wagens verdeckten.

4

Es regnete seit Stunden, und die Wetterfrösche hatten prophezeit, dass es während der ganzen Nacht nicht aufhören würde.

Es sah ganz so aus, als ob sie Recht behalten würden.

Der Mann, der auf einer Bank zwischen Büschen saß und die Fassade des „Majestic“ beobachtete, nahm die Himmelsbrause gelassen hin. Er fixierte zwei nebeneinanderliegende Fenster im ersten Stock, hinter denen Licht brannte. Von Zeit zu Zeit schob er den Ärmel seines Wettermantels zurück und blickte auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr.

„Lange kann es nun nicht mehr dauern!“, murmelte er vor sich hin, als es halb eins war.

Ein Wagen kam die Uferstraße entlang, schwenkte in die Auffahrt ein und stoppte vor dem Hauptportal.

Der Mann auf der Bank erhob sich, um über die Büsche hinwegsehen zu können. Aber er konnte nicht viel erkennen, der Regen fiel zu dicht.

Irgend jemand stieg aus und betrat das Hotel.

Mehr war von der Bank aus nicht auszumachen.

Der Portier blickte dem späten Gast entgegen. Das war ein stämmiger Mann Anfang Dreißig, und noch ehe er die Rezeption erreicht hatte, wusste der Portier, dass dies kein Gast war. Seine Erfahrung sagte es ihm.

Der Portier war nicht unfehlbar, er hatte sich zum Beispiel in Hoover geirrt. Aber dass der Stämmige von der Polizei war, stand sozusagen quer über dessen Stirn geschrieben.

Für den Portier, ja.

„’n Abend!“ sagte der Mann breit. „Detektiv Sergeant Genester.“ Er ließ kurz seine Marke blicken. „Ich habe nur ’ne kurze Frage – zunächst jedenfalls. Kann allerdings sein, dass sich mehr draus entwickelt.“

Er langte in die Innentasche, brachte ein Kuvert zum Vorschein, zog drei Fotos heraus. Aufnahmen ein und desselben Mannes, eine en face und zwei en profil.

Der Stämmige bearbeitete seinen Kaugummi und unterbrach diese Tätigkeit nicht.

„Kennen Sie ihn?“

Der Portier ließ sich Zeit. Da kein Gast mehr in der Halle war, durfte er sich Zeit lassen.

„Nein, Sergeant!“, sagte er schließlich bestimmt und entschieden.

„Nie gesehen?“

„Jedenfalls nie mit Bewusstsein gesehen.“

„In dem Haus wohnt er nicht?“

„Nein.“

„Hat auch nicht hier gewohnt?“

„Nein.“

„Irrtum ausgeschlossen?“

„Irrtum ausgeschlossen. Wir haben ja erst am 1. eröffnet. Mit derselben Sicherheit könnte ich es Ihnen allerdings auch sagen, wenn wir schon eine volle Saison hinter uns hätten. Ich vergesse das Gesicht eines Logiergastes nicht, jedenfalls für sehr lange Zeit nicht. Entweder man hat diese Gabe, oder man taugt nicht zum Portier eines großen Hotels.“

Der Stämmige grinste kurz. „Dann sollten Sie zur Polente gehen. Da könnten Sie mit dieser Gabe was werden.“

„Danke, ich bin hier auch ganz zufrieden! – Wer ist das, wenn ich fragen darf?“

„Die Fragen stelle ich, wenn’s recht ist. Gucken Sie noch mal ganz genau hin! Stellen Sie sich vor, dass der Bursche sich vielleicht ziemlich verändert hat. Bart, Brille, andere Frisur, womöglich auch andere Haarfarbe, und was es sonst noch für Kniffe gibt. – Na? Dämmert Ihnen was?“

„Tut mir leid, nein.“

„Er heißt Reeder. Paul Reeder. Aber so nennt er sich ganz bestimmt nicht.“

Der Portier warf den Kopf auf.

„Paul Reeder? Das ist allerdings merkwürdig! Kurz vor neun kam ein Anruf für einen Mann dieses Namens – und wissen Sie, von wem?“

„Nein, aber ich platze gleich vor Neugier!“, sagte der Stämmige pomadig.

„Von Arthur Selby! Wirklich sehr merkwürdig.“

„Das ist überhaupt nicht merkwürdig, sondern die natürlichste Sache der Welt. Insofern nämlich, als Reeder erst vor etlichen Wochen aus dem Knast gekommen ist und insofern, als Selby neben seinen vielen Tugenden auch die der Barmherzigkeit hat. Anders ausgedrückt, er betätigt sich in der Gefangenenfürsorge oder so ähnlich. Ist Ehrenpräsident, oder so was, irgendeines Verbandes, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, entlassene Sträflinge wieder auf den goldenen Pfad der Tugend zu führen.“

„Eine sehr löbliche Aufgabe!“, sagte der Portier, der offenbar auch zu den Arthur-Selby-Fans gehörte.

„Sicher. Sofern sie nicht bloß der Selbstbeweihräucherung dient!“, maulte der Stämmige leidenschaftslos. „Was wollte Selby von Reeder? Hat er was gesagt?“

„Ja. Reeder sollte zurückrufen. Irvington 47 30.“

„Reeder war also nicht hier?“

„Nein. Ich sagte es schon. Allerdings …“

„Yeah? Quatschen Sie sich ruhig aus!“

Der Portier stufte den Sergeant endgültig als ungehobelten Wichtigtuer ein. Nein, diesem Mann gegenüber würde er Mr. Hoover nicht erwähnen. Er, der Portier, betrachtete es als seine vornehmste Aufgabe, die Gäste des Hauses gegen Misshelligkeiten aller Art abzuschirmen. Wahrscheinlich gehörte Mr. Hoover demselben gemeinnützigen Verband wie Arthur Selby an. Daher mochte er Reeder kennen. Das aber ging diesen breitspurigen Kaugummi-Kauer nichts an.

„Ist sonst noch etwas, Sergeant?“

„Nee. Von mir aus nicht. Aber Sie wollten gerade noch was sagen!“

„Ich? Nein. Nicht, dass ich wüsste.“

„Nichts? – Na ja. Schön, ’n Abend!“ Der Stämmige wiegte sich zur Drehtür. Den Hut hatte er die ganze Zeit aufbehalten, dieser … dieser Polizist.

Der Portier hieß übrigens Aising. Er ahnte nicht, dass er Mr. Hoover ganz und gar keinen Gefallen getan hatte, dass manches ganz anders gekommen wäre, wenn er den Mund aufgetan hätte.

Der Mord an Arthur Selby wäre allerdings nicht mehr zu verhindern gewesen.

Es war Freitag, der 13. März, 1 Uhr 45.

Um diese Zeit war Arthur Selby schon tot.

5

Um 2 Uhr 36 war das Licht hinter den beiden Fenstern erloschen. Nun waren nur noch die Hallenfenster erleuchtet – und die Neonröhren unter dem Vordach.

Noch eine Viertelstunde!, beschloss der Mann auf der Bank.

Er nahm den durchweichten Hut ab, griff in die Tasche seines Wettermantels, brachte einen Damenstrumpf zum Vorschein, den Schaft eines Damenstrumpfes. Das Fußstück war abgeschnitten, der Schaft an einem Ende zugeknotet.

Der Mann stülpte sich den Schaft über den Schädel, holte aus derselben Tasche eine Baskenmütze und setzte sie auf.

Dann zog er den Mantel aus, wickelte den Hut hinein, deponierte beides unter der Bank. Nun zog er Handschuhe über.

Hinter den hohlen Händen zündete er sich eine Zigarette an.

Er inhalierte drei, vier Züge, schnippte den Zigarettenrest dann weit hinter sich und ging langsam auf das Hotel zu.

Quer über den ersten Stock lief ein Balkon. Man musste kein Artist sein, um am Regenrohr nach oben zu klettern. Der Mann schaffte es ohne sonderliche Mühe.

Vor einer bestimmten Balkontür blieb er stehen, wischte ein Stück der Scheibe trocken und setzte einen Gummisauger darauf. Kreisförmig um den Sauger herum führte er dann einen Glasschneider. Der Regen prasselte und übertönte das kratzende Geräusch.

Der Mann drückte den Ausschnitt nach innen. Ein kurzes, trockenes Knacken. Dann gähnte ein Loch.

An dem Sauger war eine Schnur befestigt. Mittels dieser Schnur ließ der Mann das ausgeschnittene Stück drinnen zu Boden gleiten. Dann langte er durch das Loch – fand die Klinke …

6

Als Detektiv-Sergeant Coester in die Polizeistation Richmond Valley zurückkehrte, blickte sein Kollege auf.

„Na, Eddy?“

Coester zuckte die Schultern. „Fehlanzeige. Freund Reeder wohnt nicht im Majestic, hat auch nicht dort gewohnt. Sag mal: Kam dir die Stimme des Anrufers irgendwie bekannt vor?“

„Nee. Nicht, dass ich wüsste.“

„Könnte es Arthur Selby gewesen sein?“

„Der Schauspieler?“

„Ja, natürlich.“

„Keine Ahnung. Ich bin kein Fernsehfan. Außer gewissen aktuellen Sendungen habe ich mir seit Jahr und Tag nichts mehr angesehen. – Wie kommst du ausgerechnet auf Selby?“

Coester erklärte es, während er die Fotos in das Fahndungsbuch zurückheftete. Dann suchte er die Vorwahlnummer für Irvington und griff zum Telefon. Irvington 47 30.

Es passierte überhaupt nichts. Die Leitung war tot.

Coester rief die Störungsstelle Irvington an.

„Tut mir leid, Sir!“, sagte ein Girl. „Da kann ich Ihnen nicht helfen. 47 30 ist eine Geheimnummer, und …“

„Sie gehört Arthur Selby. Ich will ja nur wissen, was mit der Leitung los ist.“

„Mr. Selby dürfte den Stecker herausgezogen haben, das tut er oft, wenn er seine Ruhe haben will, Sir. Sehr oft, wirklich.“

„So? Na ja. Vielen Dank!“

Coester legte auf und wandte sich dann an seinen Kollegen.

„Gib mir mal das Wachbuch rüber, Harry!“

Coester vervollständigte die letzte Eintragung. Komplett sah sie nun so aus:

„0 Uhr 15 Anruf einer unbekannten männlichen Person. Anrufer behauptet, der zur Fahndung ausgeschriebene Paul Reeder wohne im Hotel Majestic. Detektiv Sergeant Coester fuhr sofort hin. Reeder wohnt nicht im Majestic, ist auch nicht dort gesehen worden.“

7

Sarah Hickman war gerade eingeschlafen, als sie auch schon wieder geweckt wurde. Jemand zupfte an ihrem Nachthemd.

Sarah schlug die Augen auf. Und im selben Moment wurde eine behandschuhte Hand hart auf ihren Mund gepresst.

„Keinen Laut, wenn Ihnen was an Ihrem Leben liegt!“, raunte eine heisere Stimme. „Keinen Laut, verstanden!“

Die Nachttischlampe brannte. Sarah hatte sie ausgeschaltet, aber nun brannte sie wieder. Der Mann, der ihr den Mund zuhielt, trug Blue Jeans, dazu eine enganliegende schwarze Lederjacke über einem schwarzen Rollkragenpullover. Sein Schädel steckte im Schaft eines Damenstrumpfes, auf dem Kopf saß eine Baskenmütze, in der freien Hand hielt er eine Pistole. Und diese Pistole zeigte auf Sarahs Stirn!

Sarah Hickman war alles andere als eine ängstliche Natur. Ihr Herz paukte trotzdem hart und arhythmisch. Sie fühlte ihren Pulsschlag bis in die Fingerspitzen.

„Sie werden sich nicht mucksen, wenn ich Ihren Mund freigebe!“ Seine Stimme war heiser und extrem tief, er verstellte sie offenbar. „Wenn Sie schreien …“ Eine bezeichnende Bewegung mit der Pistole. „Wenn Sie vernünftig sind, wird Ihnen nichts passieren. Ist das klar? Antworten Sie mit den Augen!“

Sarah senkte kurz die Lider. Der Mann zog die Hand zurück – und in diesem Augenblick wusste sie, wer er war. Denn für einen winzigen Moment war seine Armbanduhr sichtbar geworden. Diese Uhr, die sie so gut kannte.

Sie empfand keine Furcht mehr. Nur noch Trauer. Und Scham. Scham darüber, dass sie auf einen miesen Hoteldieb hereingefallen war. Auf den ach so charmanten, ach so charakterfesten Max Hoover.

Oder war das vielleicht nur ein Scherz, der geschmacklose Scherz eines Romantikers? Eine vage Hoffnung, die sofort zerstört wurde.

„Wo ist Ihr Schmuck?“

„Im Hotelsafe“, log sie. Und sie fügte bitter und angewidert hinzu: „Mein Geld ist in meiner Handtasche. Dort liegt sie. Nehmen Sie das Geld, und verschwinden Sie.“

„Ich weiß, dass Ihr Schmuck hier in Ihrem Appartement ist. Die paar Dollar Bargeld interessieren mich nicht. Der Schmuck ist hier. In diesem Zimmer oder nebenan. Also los! Raus aus dem Bett! Sie werden mir das Zeug geben. Dann werde ich Sie fesseln und knebeln. Sie werden einige unangenehme Stunden verbringen, aber sonst geschieht Ihnen nichts, sofern Sie vernünftig sind.“

Sarah war sich darüber klar, dass er auf gar keinen Fall merken durfte, dass sie ihn erkannt hatte.

„Raus aus dem Bett! Wird’s bald!“, kommandierte er.

Sarah Hickman war eine kultivierte Frau. Wiewohl sie ihre Nächte allein verbrachte, waren ihre Nachthemden doch jederzeit vom letzten Schick. Das seidige Nichts, das sie in dieser Nacht gewählt hatte, war transparent wie ein Spinnennetz.

Niemals, unter gar keinen Umständen, würde sie sich so vor dem Mann zeigen.

Sie resignierte.

„Der Schmuck liegt nebenan in der Schublade des Sekretärs. Der Schlüssel zu dieser Schublade ist in meiner Handtasche.“ Die Handtasche lag auf dem Nachttisch. „Nehmen Sie den Schmuck, und verschwinden Sie dann.“

„Nein. Ich werde Sie nicht hier allein lassen! Wir gehen gemeinsam nach drüben. Also kommen Sie hoch!“

Bisher waren ihre Schultern frei gewesen. Nun zog sie sie das Plumeau bis zum Hals empor.

„Ich habe schon gesehen, dass Ihr Nachthemd durchsichtig ist! Aber dort hängt Ihr Morgenrock! Ich werde mich solange umdrehen! Warten Sie noch!“

Er ging rückwärts bis zur Balkontür.

„Keine Dummheiten!“, warnte er noch einmal. Dann machte er kehrt.

Sarah Hickman besaß eine Browning Pistole. Ganz legal. Mit Waffenschein. Die Browning steckte in der Handtasche.

„Fertig?“, fragte er.

„Fertig!“, sagte sie.

Als er sich umdrehte, lehnte sie blass, aber entschlossen am Türpfosten, die linke Hand in der Tasche des Morgenrocks und die rechte mit dem Browning vor dem Leib.

Wenn der Mann verblüfft war, dann verbarg er das meisterhaft. Er lachte leise.

„Ich habe gute Nerven!“, warnte sie. „Ich werde abdrücken, wenn Sie …“

„Bravo!“, sagte er. Und lachte wieder leise. „Bravo! Das haben Sie sauber hingekriegt. Respekt, Respekt!“

So unbegreiflich es ihr selber war, sie fand ihn nun doch wieder sympathisch. Nun doch wieder – oder immer noch. Sie war jetzt auch davon überzeugt, dass er nicht auf sie schießen würde, unter gar keinen Umständen.

„Warum tun Sie das, Max?“, fragte sie leise.

Und wieder zeigte er sich in keiner Weise verblüfft.

„Nochmals Respekt!“, sagte er mit seiner normalen Stimme.

„Warum tun Sie das?“, wiederholte sie.

„Es ist mein Beruf. Irgendeinen Beruf soll der Mensch schließlich ausüben. Dies ist meiner.“

„Sie sollten sich schämen!“

„Weshalb? Ich bin nun mal eine Abenteurernatur. Ich riskiere jedes Mal alles, das macht die Sache doch gerade so spannend. Andere nehmen Rauschgift oder spielen Hasard, um sich einen Nervenkitzel zu verschaffen. Ich bevorzuge diese Art. Hätte ich Sie etwa geschädigt? Sie sind doch versichert! Und die Versicherungen zahlen in einem solchen Fall ganz gern. Es ist ’ne Bombenreklame!“

„Sie lügen!“, sagte sie bitter.

„Aha. Inwiefern?“

„Ihnen liegt nur an dem Schmuck, nicht am Nervenkitzel, wie Sie es nennen. Sie sind nur gewaltsam eingedrungen, weil ich mich Ihnen verweigert habe. Sie haben mir eine erbärmliche Komödie vorgespielt, um in dieses Apartment zu gelangen. Und nur weil ich …“

„Das ist ein Irrtum, Sarah! Ich weiß, dass Sie mir nun nicht mehr glauben werden, aber ich hatte mich tatsächlich in Sie verliebt. Was heißt, ich hatte! Ich … Aber lassen wir das! Ich kann nicht erwarten, dass Sie mir das nun noch abnehmen.“

Er nahm die Baskenmütze ab und zog sich mit demselben Griff den Strumpfschaft vom Schädel.

„Am Anfang war ich nur auf Ihren Schmuck scharf, das ist richtig. Aber dann … Sie sind eine ungewöhnliche Frau, Sarah, und das wissen Sie! Ich wollte abreisen, ehe ich mich hoffnungslos in diese unsinnige Liebe verstrickte. Sie ist unsinnig, eben weil dies mein Beruf ist. Mein Steckbrief hängt auf jeder Polizeiwache, allerdings sehe ich auf den Fotos ein wenig anders aus. Ich wollte abreisen. Aber ich wollte die unverlierbare Erinnerung an eine gemeinsame Nacht mitnehmen. Alles das war ehrlich gemeint.“

„Und dennoch sind Sie …“

„Ich sagte schon, dass ich mir bewusst bin, dass Sie mir nun nicht mehr glauben können. Was Sie im Augenblick in mir sehen, ist im Grunde nichts anderes als ein abgewiesener Liebhaber, der sich eine billige Rache verschaffen wollte. Dessen schäme ich mich jetzt allerdings wirklich.“

Er warf die Pistole auf das Bett. „Vielleicht überzeugt Sie das da. Eine harmlose Gaspistole. Und es ist nicht mal eine Patrone drin. Also bitte! Dort steht das Telefon! Wenn Sie meinen, dass ich hinter Gitter gehöre – bedienen Sie sich! Ich kann und will Sie nicht daran hindern!“

Sarah schluckte ein paarmal. „Sie sind unglaublich arrogant! Widerlich arrogant!“

„Finden Sie?“

Hoover lachte sie an.

Oh, dieses jungenhafte, betörende Lachen. Er kam langsam auf Sarah zu …

8

Am Montagmorgen, zehn Uhr, wurde Arthur Selby im Studio acht der NOC erwartet. Zur ersten Sprechprobe für die neue Folge.

Der Mensch Arthur Selby unterschied sich in mancher Weise von dem Klischee, das der Öffentlichkeit verkauft worden war. Aber Unpünktlichkeit konnte ihm niemand vorwerfen.

Als er um halb elf noch nicht da war – und auch nicht angerufen hatte – ließ der Regisseur nach ihm telefonieren.

Selby hatte keine Stadtwohnung. Er bewohnte ein Fünfzimmer-Apartment im Fordham-Hotel im oberen Manhattan.

Aber dort war er nicht.

Und die Leitung zu seinem Landhaus bei Irvington war tot. Was niemanden überraschte. Jeder im Studio kannte Selbys Gewohnheit, den Stecker aus der Buchse zu ziehen, wenn er ungestört sein wollte.

„Wahrscheinlich schläft er noch!“, mutmaßte der Regisseur. „Hat wohl vergessen, den Wecker aufzuziehen.“

„Aber was! Die Aufwartefrau muss doch längst da sein!“, wandte der Regieassistent ein.