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Dieser Band enthält folgende Krimis: Volpe und der mörderische Monsignore Paulus (Meinhard-Wilhelm Schulz) Kubinke und die Killer (Alfred Bekker) Der Mörder feuert. Sein Werkzeug ist eine Pistole mit ausgesetztem Schalldämpfer. Der Killer tritt dann an die Leiche heran. Mit dem Fuß dreht er den leblosen Körper auf den Rücken und richtete die Schalldämpfer-Waffe geradewegs auf den Kopf des bereits toten Kriminalhauptkommissar Denner. Dann drückte er nochmals ab. Das Projektil spaltete den Schädel. Ein furchtbarer Anblick! Doch der Mörder wendet seinen Blick nicht ab. „Sicher ist sicher”, murmelte er. Ein neuer Fall für die Berliner Ermittler Harry Kubinke und Rudi Meier …
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Seitenzahl: 286
Veröffentlichungsjahr: 2021
Krimi Doppelband 95 - Zwei Krimis mit Tatorten in Venedig und Berlin
Copyright
Volpe und der mörderische Monsignore Paulus
Kubinke und die Killer: Kriminalroman
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Volpe und der mörderische Monsignore Paulus (Meinhard-Wilhelm Schulz)
Kubinke und die Killer (Alfred Bekker)
Der Mörder feuert. Sein Werkzeug ist eine Pistole mit ausgesetztem Schalldämpfer. Der Killer tritt dann an die Leiche heran. Mit dem Fuß dreht er den leblosen Körper auf den Rücken und richtete die Schalldämpfer-Waffe geradewegs auf den Kopf des bereits toten Kriminalhauptkommissar Denner. Dann drückte er nochmals ab. Das Projektil spaltete den Schädel. Ein furchtbarer Anblick! Doch der Mörder wendet seinen Blick nicht ab. „Sicher ist sicher”, murmelte er.
Ein neuer Fall für die Berliner Ermittler Harry Kubinke und Rudi Meier …
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Alles rund um Belletristik!
Venedig-Krimi von Meinhard-Wilhelm Schulz
Der Umfang dieses Buchs entspricht 155 Taschenbuchseiten.
Dr. Petrescu macht Urlaub in den Dolomiten, um einen hartnäckigen Husten loszuwerden und kehrt in Pozza di Fassa ein. Dort muss er miterleben, wie zwei Damen in den Bann eines auffällig schönen Mannes geraten und später auf mysteriöse Weise ums Leben kommen.
Als Petrescu endlich Freund Volpe einweiht, ist der vermeintliche Mörder spurlos verschwunden. Von nun an beginnt die Jagd auf ihn. Von Pozza über Venedig nach Rimini, Riccione und zurück in die Serenissima geht es. Stets ist der in hundert Masken auftretende Schuft Volpe und Petrescu um einen Schritt voraus.
Schließlich hat er eine reiche Witwe in seine Gewalt gebracht und ist mit ihr untergetaucht. Volpe weiß, dass es um Leben oder Tod geht und keine Zeit zu verlieren ist, aber als er den Sarg öffnet, in dem die schöne Witwe liegen müsste, blamiert er sich bis auf die Knochen …
Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / Cover: Steve Mayer nach Motiven von Pixabay, 2020
© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Dr. med. Sergiu Petrescu: ich, der Erzähler; Volpes Freund
Giuseppe Tartini, genannt ‚Volpe‘: venezianischer Privatdetektiv
Debora Rainone: Commissaria in Venedig; unsere liebe Freundin
Tenente Commissario Ambrosio di Fusco; Kripo-Mann in Venedig
Capitano Commissario Giulio Marcello; Kripo-Chef in Venedig
Giulia & Amanda Bertini: Schwestern im Bann des ‚Grafen‘
Francesco Conte di Leone: ein ‚Graf‘ mit unheimlichen Gaben
Monsignore oder Hochwürden Paulus: ein falscher Priester
Dottore Medico Paolo da Lucca: ein angeblicher Arzt
Antonio Gizzi: ehemaliger Gangster (Mafia)
Namenlos: Gizzis Komplizin
Marcantonio Cornelio: Bankier (Cornelio & Lupo; Campo di S. Polo)
Sir Roger London: britischer Gentleman; liebt Tullia Serafima
Tullia Serafima: reiche Witwe; von Gizzi als Opfer auserkoren
Verehrtes Lesepublikum, liebe Freunde des renommierten Verlagshauses, bei welchem zu publizieren ich die große Ehre habe: Dass mein venezianischer Freund Giuseppe Tartini, ob seiner feurig roten Haare, die er gerne schulterlang trägt oder in einem Zopf vereinigt, meist nur »Volpe« (der Fuchs/der Schlaumeier) genannt, über außergewöhnliche Gaben des Geistes verfügt, habe ich bereits in den ihm gewidmeten Büchern unter Beweis gestellt. Dem sei hier nur hinzu gefügt, dass er bei Weitem mehr Kriminalfälle löste, als ich es zu beschreiben vermag.
Da es sich in den meisten Fällen nur um Dinge wie gewöhnlichen Mord handelte, überließ er so gut wie immer den Ruhm der Taten seinem Freund Ambrosio di Fusco, dem wackeren Commissario Tenente der venezianischen Carabinieri, der ihn bis heute ständig über das aktuelle Geschehen informiert, und hielt sich bescheiden im Hintergrund. Was nämlich für den Commissario nüchterner Beruf und Broterwerb ist, betrachtet Volpe, den sein überragender Verstand inzwischen steinreich gemacht hat, nämlich als Kunst.
Sobald er aber einen seiner spektakulären Fälle gelöst hat, versinkt er in tagelanger Lethargie. Stunde um Stunde kann man ihm beim improvisierten Vortrag auf der Geige lauschen, worin er es zu einer beachtlichen Meisterschaft gebracht hat.
Stundenlang übt er die Tonleitern im Doppelgriff, um irgendwann zu den Solosonaten von Johann Sebastian Bach überzugehen. Während dieser Zeit darf man ihn nicht stören, denn er hasst es, aus diesen seinen Meditationen herausgerissen zu werden.
So hocke ich denn jedes Mal stumm dabei und genieße sein meisterhaftes Spiel auf der kostbaren Konzertgeige, bis er sich endlich dazu herablässt, mir zuzuhören, wenn ich ihm einen seiner genial gelösten Fälle, bei dem ich ihm zur Seite stehen durfte und den ich gerade frisch eingetippt gebracht habe, vortragen will.
Das pflege ihn zu erheitern und ins Leben zurück zu rufen, sagt er dann jedes Mal und belächelt meine Art, den Leser mit einer verzwickten Abfolge des Geschehens in die Irre zu führen, statt daraus ein Lehrstück für künftige Commissari zu gestalten. Dennoch hat er nichts dagegen, wenn meine sogenannten ‚Ergüsse‘ publiziert wurden, denn er ist nicht frei von Eitelkeit.
Die Angelegenheit, der ich mich im Folgenden widmen möchte, nahm ihren Anfang am Lido, Venedigs berühmtem Strand mit seinen Gästen der High Society aus der ganzen Welt, die bevorzugt im Grand Hotel Excelsior residieren, darunter einstmals kein Geringerer als Thomas Mann, Nobelpreisträger für Literatur.
An eben dieser Stelle wurde in den Jahren von 2015 bis 2020 jeweils die Leiche einer scheinbar ertrunkenen jüngeren Frau an Land gespült, bis sich unsere gemeinsame Freundin, die Commissaria Debora Rainone, mit Todesmut dem Fall widmete, von dem sie mir eines Abends, als wir nach der Cena im Kerzenschein beim süßen Weine saßen, ausführlich erzählte.
Ich habe ihren atemberaubenden Bericht samt Volpes Ergänzungen inzwischen auf Band genommen und bin zurzeit dabei, ihn ins Reine zu schreiben. Eines Tages, ja, demnächst schon, hoffe ich, mit ihrer beider Zustimmung den Fall unter ungefähr diesem Titel herausgeben zu können: Commissaria Debora, Volpe und die Frauenleichen vom Lido.
Falls Du, mein geliebter Leser (m/w/d), immer noch nicht an Venedigs Lido warst, könnten Dir die wenigen Worte, welche ich nun folgen lasse, weiterhelfen:
Er ist eine schmale, zwölf Kilometer lange Sandbank in nordöstlich südwestlicher Richtung, wie eine Fortsetzung der Halbinsel, auf der das gute alte Jesolo samt meiner Arztpraxis zu finden ist, und liegt wie ein gegen die aufbrausenden Fluten der See schützendes Bollwerk vor den dicht besiedelten Inseln Venedigs.
Im 19. und frühen 20. Jahrhundert galt der Lido als Erster Strand der ganzen Welt. Berühmtheiten aus allen Kontinenten kamen hierher und sorgten dafür, dass ebenso berühmte Hotels, die man heute noch bewundern kann, wie Pilze aus der Erde schossen, darunter das Gran Hotel Excelsior, in dem alle zwei Jahre die berühmten Filmfestspiele stattfinden.
Wie erwähnt, residierte auch Thomas Mann hier und ließ sich dabei zur Novelle »Der Tod in Venedig« hinreißen, der ich auch nach mehrfachen Lesen nichts abgewinnen kann, da mag ich die deutsche Literatur noch so schätzen.
Sein Dichter Aschenbach ist ebenso schwul wie Thomas Mann selbst, der Erfinder des Poeten. Wie der Teufel hinter der armen Seele her ist, so hat er es auf einen wunderschönen Knaben abgesehen, dem er prophezeit, er könne nicht alt werden. Damit überschreitet er aber hemmungslos die Grenze zum Kitsch.
Immerhin belässt er es dezent bei Aschenbachs vergeblichem Schmachten, und es kommt gottlob nicht zum Unsäglichen, denn er lässt seinen pädophilen Kollegen an einer in Venedig grassierenden Seuche sterben.
»So an Schmarrn«, würde mein Freund aus München dazu sagen, aber er versteht nichts davon, denn er liest keine Klassiker und ist Karl Valentin-Fan; zurück zum himmlischen Lido von Venedig!
Obwohl seine goldenen Zeiten der Vergangenheit angehören, wird er durch die »Biennale Cinema« auch heute noch aus dem Dornröschenschlaf gerissen. Weiteres hierzu zu schildern, möchte ich mir verkneifen. Man mache sich ein eigenes Bild davon und verbringe, so die Geldkatze wohlgespickt ist, dort im selben Luxushotel eine Urlaubswoche.
*
Im Herbst des Jahres 2019, der auf Volpes spektakulären Fall des Frauenmörders von Venedig folgte, hatte ich mir einen zähen Husten samt schmerzender Lunge zugezogen.
Giuseppe, wie immer um mich besorgt, meinte, das feuchtkalte Klima der Lagune sei ungesund. Ich solle mich daher in Cortina d‘Ampezzo oder besser noch im Val di Fassa auskurieren, denn die klare Luft des Gebirges sei das Beste bei jedem Lungenleiden und der Aufenthalt in den Dolomiten mit das Schönste im Leben, wenn man zufällig nicht in Venedig sei. Er warnte mich noch davor, einen Ausflug an den Karer Pass und Karer See zu unternehmen.
Im Herbst des Jahre 2018 sei nämlich ein kleiner Tornado über die einstmals göttliche Region zwischen Latemar und Rosengarten hinweg gefegt und habe sie in eine unwirkliche Mondlandschaft verwandelt, Vorbote dessen, was uns die Erwärmung der Erde sonst noch bescheren wird. Kaum ein Baum habe das Wüten des Sturmes überstanden. Alles sei kahl, öde und leer. Erst in vielleicht fünfzig oder hundert Jahren werde es wieder so sein, wie es war, wenn man Optimist bleiben dürfe.
Als gelernter Arzt wusste ich freilich selber, was meiner Gesundheit gut tat. Dennoch blieb ich wider besseres Wissen noch eine Zeitlang in Venedigs Sumpfluft, um nur ja nicht von der Seite meines Freundes zu weichen, bis dieser endlich ein Machtwort sprach und mich zur Erholung in die Dolomiten schickte. Die Kosten für Hotel und Logis übernahm er aus eigener Kasse.
Er hatte es ja, und es tat ihm gewiss nicht weh, denn seit er den riesigen Diamanten der Contessa di Sforza gefunden hatte (in meinem Bericht über den Garibaldi-Hasser dargestellt), hätte er in seinem kleine Palast im am Campo SS. Giovanni e Paolo, mit freiem Blick auf das unvergleichlich schöne Reitermonument aus der Werkstatt des Verocchio, in den Tag hinein leben und sich die Wände vergolden lassen können, falls es ihn nicht danach gelüstete, in einer unserer herrlichen Kirchen die Heilige Messe auf seiner Violine zu Orgelbegleitung zu vergolden.
So machte ich mich denn, begleitet von seinen guten Wünschen auf zur Kur in die Dolomiten, um am Rande von Pozza di Fassa und in der dahinter liegenden wilden Natur vor den pittoresk gezackten und fast senkrecht empor ragenden Torri di Vaijolet mitten in ein unheimliches Geschehen zu geraten, dessen grausiges Ende sich ausgerechnet in Venedig zutragen sollte.
Im ersten Teil des Dramas war ich übrigens ganz auf mich alleine gestellt, denn Volpe war nach Rom gereist, um die dortigen Carabinieri samt Tenente Annibale Ponchielli bei einem verzwickten Fall zu beraten. Den ohne mein Wissen geschehenen zweiten Teil erfuhr ich erst später von ihm selbst. Beim alles entscheidenden dritten Teil war ich wieder persönlich beteiligt.
Was ich nun zu schildern versuche, ist die dramatische Geschichte um einen wunderschönen Mann mit ebenso ungewöhnlichen Gaben wie Charaktereigenschaften, von denen er damals üblen Gebrauch machte. Seinem finsteren Treiben will ich mich im Folgenden ausführlich widmen. Mein herzallerliebster Leser (m/w/d), so führe Dir denn des Dramas ersten Akt zu Gemüte!
Das weltberühmte Val di Fassa scheint nur aus Hotels und Pensionen zu bestehen, zwischen denen hundert Gastwirte und Hoteliers auf Kunden sowie die Ärzte und ihre Helfer auf Patienten lauern. Dazwischen finden sich die unvermeidlichen Läden der Barbieri (Friseure), Heilgymnastik- und Massagepraxen und naturgemäß auch ein volles Dutzend Buden zum Stählen des Körpers, welche ich als moderne Folterkammern bezeichnen möchte.
Das in meinen Augen Anziehendste findet freilich im alten Kurbad statt, wohin es mich Tag für Tag zog, denn dort flanierten die schönen Frauen, die hier zu Gast waren, nur ein Nichts von Zweiteiler am Leib, welcher kaum das Allernötigste bedeckt, um möglichst viele Millionäre oder Filmproduzenten am Angelhaken zappeln zu lassen, nur nicht mich, den einfachen Dottore der Allgemeinmedizin, den Zugereisten aus Romania (Rumänien).
Ich jedenfalls konnte mich, wie der Leser mich ja kennt, kaum an diesen Schönen satt sehen, zwängte mich in meine zu eng gewordene Badehose und zog den Bauch ein. Wie lange war es eigentlich schon her, dass ich ein süßes Mädchen im Arm halten durfte und es mit ihr hatte? In jungen Jahren war ich dreimal hintereinander verheiratet gewesen und dreimal geschieden worden, das war meine ernüchternde Bilanz. Volpe meint, ich solle es wie er machen und lieber ledig bleiben. Er hat gut reden!
Jahre dünkten mir schon vergangen zu sein, obwohl es noch gar nicht lange her war, als ich die eine einzige Nacht mit der entzückenden Biene verbrachte, die ein Auftragsmörder verfolgte: Eines Tages werde ich vielleicht auch noch über diese wilde »Hetzjagd in Venedig« berichten.
Diese bezaubernde Frau war und ist mir unvergesslich geblieben, ja, ich stellte jetzt fest, dass ich das Mädchen immer noch liebte und mich nach ihr sehnte, obwohl sie um einige Jahre älter als ich gewesen war, als sie mich zu Gunsten eines anderen … Schwamm drüber! Ce la vie! Sie ist tot, das sagt alles; zurück in die Ereignisse bei und um Pozza di Fassa.
Die Entfernung von meiner Unterkunft, dem Grand Hotel Dolomiti, bis zum nächsten Forst betrug ungefähr 800 Meter, wenn ich der mit großen unregelmäßigen Steinplatten gepflasterten Promenade folgte. Aber es gab eine Abkürzung, einen Pfad über einen mit Gestrüpp überwucherten Hügel, auf dem ein bizarrer Felsen aus Dolomit wie ein rötlicher Turm in den Himmel spießte, von dessen oberster Plattform man aus einer Schwindel erregenden Höhe die herrlichste Aussicht über die ganze Val di Fassa genießen konnte, sobald man diese ‚Piccola Torre Rossa di Pozza‘ (deutsch: kleiner roter Turm von Pozza) über eine vor über hundert Jahren hinein gehauene Treppe erklommen hatte.
Über den oben genannten Pfad kehrte ich eines Abends nach Hause zurück, erschöpft vom Klettern in den Felsen. Es war später geworden als gewöhnlich, denn unterwegs hatte ich die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und eine der Damen, die da auf Wanderung waren, angequatscht. Eine Zeitlang war sie mit mir Hand in Hand gewandert, bis es mich ins Steile, ins Schroffe zog, wo sie mir nicht mehr folgen mochte und umkehrte.
Sie war eine süße Schmusekatze, ganz nach meinem Geschmack geraten: endlich einmal eine, die wenigstens einen halben Kopf kleiner als ich und nicht unbedingt schlank zu nennen war. Ich schätzte sie auf Mitte Dreißig. Ihre schwarz geringelten Locken hingen bis auf die Schultern herab. Die Kurven oben herum und der Schwung an den Hüften, das alles war aus Volpes strenger Sicht allzu üppig, allzu weiblich ausgefallen und auch sonst nicht von schlechten Eltern. Dazu hatte sie sich in ein um mindestens eine Nummer zu enges rotes Minikleid gezwängt. Den ausladend einladenden Hintern schwenkend, war sie herausfordernd vor mir her stolziert, bis ich sie einholte und begrüßte.
Schon am Vortag hatte sie mir gewisse Blicke, unter schwarz gefärbten Wimpern hervorschießend, zugeworfen und fand offenbar großen Gefallen an mir, obwohl ich bekanntlich von eher kleiner und gedrungener Statur bin und wenig Ähnlichkeit mit einem Adonis habe. Vergnügt plaudernd waren wir danach durch den schönen Ort flaniert, bis es mir gelungen war, sie erfolgreich zum Schwimmen einzuladen.
Arm in Arm hatten wir uns über die bequeme Treppe hinunter ins angenehm warme Elixier des Thermalbades gestürzt, wo sie mir um den Hals fiel, um mich abzuküssen und meinen Händen unter Wasser freies Spiel zu gewähren, wenn sie sich unter den störenden Stoff des stramm sitzenden Badeanzugs hinein ins Reich der beiden weichen und sanften Hügel verirrten.
Schon hatte ich mir vorgenommen, sie auf mein Zimmer zu bugsieren, aber ach! Das verdammte Schicksal hatte es nicht gut mit mir gemeint, und die Hoffnungen, die ich mir in meiner Dummheit gemacht hatte, zerstoben wie der Staub der Sahara im glühheiß fauchenden Scirocco.
Während nämlich die Sonne bereits tief über dem Horizont stand und die Dolomiten im unvergleichlichen Alpenglühen aufleuchten ließ, versuchte ich mich nicht länger als Klettermaxe und gelangte an den Waldrand, wo die Zuckerpuppe auf mich warten sollte, welche im gleichen Grand Hotel wie ich logierte, und da stand sie denn auch wirklich.
Schon wollte ich zu ihr eilen, da trudelte vor meinen sich weitenden Augen eine Luxuslimousine mit Chauffeur ein, ein echter riesiger Rolls Royce-SUV und hielt auf dem gekiesten Weg am Rand des Waldes an. Ein vornehmer Herr entstieg ihr, ein bärtiger Riese, gewaltig wie Herkules, auch wenn er seine Keule vergessen hatte, so breit wie ein doppeltüriger Kleiderschrank, mit Pranken statt Händen und Armen so dick wie meine Oberschenkel. Wie eine nordische Eiche ragte er seine rund 1, 90 Meter empor. Er reckte und streckte sich noch zusätzlich und gähnte herzhaft dabei, nachdem er ausgestiegen war.
Das mollige Püppchen aber, auf das ich so scharf war, fiel ihm um den Hals. Wie mir siedend heiß bewusst wurde, war meine Angebetete längst in festen Händen und mit einem Mann verbandelt, dem ich besser aus dem Weg gehen sollte. Gebe Gott, dass ihm die Klatschtanten nichts von unserem verliebten Stelldichein im Thermalbad erzählten!
Nachdem man sich gründlich abgeküsst hatte, nahm er sie am Patschhändchen und zog sie mit sich fort. Im Weggehen warf er mir unter düster herunter gezogenen Augenbrauen einen verächtlichen, ja, einen feindseligen Blick zu und petzte die Lippen dabei zum Strich zusammen, ganz so, als wollte er mir sagen:
»Wenn ich wollte, du lächerlicher Zwerg da unten, dann könnte ich dich zwischen Daumen und Zeigefinger zerquetschen. Glaube mal bloß nicht, ich hätte keine Ahnung von deinen Plänchen! Ich kenne sie. Ich durchschaue dich, du Ferkel, du Missgeburt. Daher Pfoten weg von meiner Braut, oder ich bringe dich um!«
Während ich geschockt Maulaffen feil hielt, lupfte er die Mollige vom Boden und trug mein Mädchen, als wäre sie leichter als eine Feder, auf und davon und setzte sie in die chromblitzende Edelkarosse hinein, während ich den ewigen Schwur leistete, mich fortan von der gefährlichen Frau fern zu halten, dem allmächtigen Gott dafür dankend, dass ich die Blume noch nicht gepflückt hatte, denn wer weiß, ob ich es überlebt hätte, wenn sie der Goliath in meinen Armen erwischt hätte. Während das Auto leise davonsummte und mir die Puppe auf immer und ewig aus den Augen schaffte, war die Dämmerung hereingebrochen.
Hastig begab ich mich auf den Trampelpfad, um nur ja nicht zur Cena (Abendessen) zu spät zu kommen, denn mein Magen begann zu knurren. Dort umfing mich die düstere Einsamkeit des Forstes mit seinem geheimnisvollen Wispern und Raunen der Tannen und Fichten, entzog mich Raum und Zeit und ließ mich in seinen unheimlichen Bann geraten.
An den Philosophen Seneca musste ich jetzt im Halbdunkel zwischen den Säulen der Baumstämme denken, der einst schrieb, hier in der Stille und Feierlichkeit des Waldes müsse man das Walten Gottes erkennen oder wenigstens erahnen, von welcher Sokrates, Vater der Philosophie, schon oft gesprochen hatte.
Es war bereits stockfinster geworden. Gebrochen rieselte das bleiche Mondlicht durch die Zweige und ließ wie Gespenster hell aufleuchtende Flecken unstet über den grasigen Grund wandern. Eine höchst seltsame Atmosphäre umfing mich, eine brodelnde Mischung von Glück und Grauen.
Auf einmal hatte ich es nicht mehr eilig, ohne dass ich wüsste, warum. Ich schlenderte lässig voran und hockte mich schließlich seltsam müde und dennoch hellwach auf den Stamm eines umgestürzten Baumes am Rande des Weges, um den im Mondschein darunter wimmelnden schwarzen Ameisen zuzusehen, die in endlosem Zug knisternd auf ihrem in den Boden gefrästen Bahnen daher eilten, auf und ab wie Autos auf einer vielspurigen Straße.
Manche krabbelten mit erbeuteten Insekten in den Kieferzangen daher, andere schleppten Fichtennadeln mit sich. Scheinbar sinnlos, ohne Ziel und wie ferngesteuerte Roboter, strebten sie in beide Richtungen, unaufhörlich, Tausende und Abertausende.
Noch rief ich mir die eindrucksvollen Worte des weisen Römers ins Gedächtnis, da drangen, widerwärtig störend, Stimmen aus dem Munde von Menschen in meine gequälten Ohren und fetzten das feierliche Schweigen des Waldes in Stücke.
Es war das erregte Reden eines Mädchens und die gebietend sonore Stimme eines Mannes in den besten Jahren. Dazwischen zischte immer wieder ein seltsam klatschendes Geräusch durch den Wald, auf welches jedes Mal schrill ein hysterisches Aufkreischen folgte, ganz so, als ob jemand mit der flachen Hand auf das bloß liegende Fleisch einer zarten Frau schlüge.
Ich ließ meine Augen jetzt, wie man so sagt, aus den Höhlen quellen, um zu erkennen, was sich da abspielte und spähte in die wie Gespenster sich in der Abendbrise wiegenden Umrisse der Gehölze, ohne irgendjemanden gewahren zu können.
Doch da ertönten die schrecklichen Stimmen aus größerer, aus größter Nähe und waren schließlich so nahe herangekommen, dass ich verstehen konnte, was von den Unsichtbaren gesagt wurde. Zunächst vernahm ich, was der Mann sagte.
Zornig rief er: »Wie kannst du es wagen, du niederes Geschöpf, du Erdenwurm, mir zu drohen, du Kind, das mir zu gehorchen hat, mir, dem göttlichen Gebieter?! Du bis ebenso aufsässig wie deine Schwester, und euch beiden wird das übel bekommen. Ihr wisst ganz genau, dass ihr gegen mich nichts ausrichten könnt. Versucht es erst gar nicht, den Aufstand zu proben! Dann nämlich werde ich dafür sorgen, dass ihr es bitter zu büßen habt, ja, ich werde euch in den Tod treiben, ihr unbedeutende Wesen weiblichen Geschlechtes.«
Wieder ertönte das abscheulich klatschende Geräusch. Wieder heulte die Frau auf und sagte, von Tränen erstickt: »Heißt das, mein Herr und Meister, dass du uns umbringen willst, mich und meine Schwester?«
»Was ich mit euch beiden vorhabe, geht euch nichts an, denn ihr habt nichts zu sagen. Ihr seid meine Sklaven und müsst euch unterordnen. Ich habe das Recht, mit euch zu machen, was ich will. Als meine beiden Frauen habt ihr euch unterzuordnen und mir zu dienen. Wenn ich dann beschließe, dass ihr zu sterben habt, werdet ihr sterben. Es sollte eine Freude für euch sein, von meiner Hand getötet zu werden.«
Nach diesen Worten trat Stille ein, Totenstille, während der ich weiterhin ins Finstere starrte. Stumme Hoffnung keimte in mir auf, das perverse Pärchen doch noch zu erspähen, denn als Gentleman fühlte ich mich dazu verpflichtet, dem misshandelten Mädchen zur Seite zu stehen und dachte, dass ich mir ausnahmsweise einmal als Lauscher an der Wand keine Vorwürfe machen müsste. Schließlich hatte der Mann ganz offen zugegeben, dass er plante, die unbekannte Frau samt ihrer Schwester zu ermorden.
Kurz darauf gewahrte ich das Paar auf dem schmalen Pfad im Walde, undeutlich und verschwommen, zwischen den Baumriesen hindurch wandeln. Er war groß, schlank und in einen hellen Mantel, einen Trenchcoat, gehüllt, der mit einem dunklen Gürtel in der Taille gegürtet war. Die Frau war erheblich kleiner, eher von zierlicher Gestalt, aber etwas pummelig. Sie trug ein leuchtend weißes Kleid. Es hatte kurze Ärmel, reichte ihr bis zur Mitte der Waden, und war in der Taille mit einem ledernen Band gegürtet.
»Das richtige Gewand an einem so lauen Oktobertag wie diesem«, dachte ich und bewunderte ihre Gestalt, die sich da im scheinbar grellen Schein des Mondes zeigte. Sie war anscheinend von üppig weiblicher Figur und ließ das lange krause dunkle Haar lose über Schultern und Rücken fallen.
Liebend gerne hätte ich mir die junge Frau nun auch noch aus unmittelbarer Nähe angeschaut, denn im Ungewissen des Zwielichtes vermochte ich sie nicht besser als oben geschildert einzuschätzen, doch das gelang mir nicht, denn schon schritten, nein! schwebten sie gespenstisch an mir vorüber, Arm in Arm wie ein Liebespaar und küssten einander so verliebt auf den Mund, dass heiß der Neid in mir empor kochte.
Da ich abseits des Weges im Schatten saß, konnten sie mich nicht bemerken. Daher setzten sie ihr Gespräch fort, jetzt aber so leise, dass ich nichts Genaues mehr verstehen konnte, so sehr ich meine Ohren auch spitzte.
Schließlich ballte der Mann die Fäuste und drohte damit, die Kleine zusammenzuschlagen. Sofort ließ sie sich zu seinen Füßen sinken und erhob flehentlich die Arme, die Hände mit auseinander gespreizten Fingern. Es kam mir vor wie eine typische Szene aus dem Schmierentheater, die ich da neugierig verfolgte, solange sie sich im gleißenden Licht eines Tümpels aus Mondlicht befanden und der Mann seine Blicke auf die vor ihm Kauernde richtete. Ich sah seine Augen aufblitzen, während er in der hochgereckten Hand einen Dolch zu schwingen schien, bereit, augenblicklich das um Schonung flehende Weib niederzustechen und zu töten.
Ich konnte das nicht zulassen, und es gab nun für mich kein Halten mehr. Mit einem, wie es mir vorkam, riesigen, in Wirklichkeit erbärmlich kurzen Satz sprang ich aus dem Schatten heraus, um ihm die Waffe zu entreißen, aber ich flog ins Leere und schlug längelang ins weiche Moos des Waldbodens, denn beide Gestalten hatten sich unter meinen Händen in Nichts aufgelöst.
Vom Wahnsinn der Gespensterfurcht geschüttelt und wie verrückt kreischend sprang ich nun so hektisch durchs Unterholz, dass mir die Kleider nur so zerrissen und suchte nach dem Mädchen, von dem ich irrig vermutete, dass sie meine Angebetete sei, aber sie war und blieb verschwunden. Keuchend und um Atem ringend machte ich schließlich Halt und lauschte, die zum Trichter geformten Hände hinter die Ohren gelegt.
Stille, Stille, Todesstille herrschte, untermalt nur vom feindseligen Säuseln und Wispern des auflebenden Windes sowie dem Rascheln und Knistern der toten Blätter an den Sträuchern. Mir fuhr es eiskalt durch die Glieder, und unter wildem Hämmern des Herzens machte ich mich daran, den Rest des Weges einher zu stolpern, immer am Hügel entlang.
Nie gekannte Gespensterfurcht folterte mich, den nüchternen Arzt, der E.T.A. Hoffmanns Geistergeschichten bislang für Märchen gehalten hatte. Schweißgebadet und am Ende meiner Kräfte gelangte ich schließlich ins belebte Pozza di Fassa zurück. Die strahlend erleuchtete Fassade des Hotels ließ mich zu mir kommen. Meine Schritte beschleunigten sich. Ich atmete auf.
Doch ich war zu spät gekommen, denn dort war die Cena bereits in vollem Gange. Lärmend hatten sich die illustren Gäste eingefunden, steckten die Köpfe zueinander, tuschelten und starrten mich an wie ein Wesen von einem fremden Stern, so angegriffen, so schmutzig sah ich nach dem obigen Erlebnis aus. Ich setzte mich an den erstbesten freien Tisch und starrte ins Leere.
Das Büfett war zum Bersten gefüllt mit allem, was das Herz begehrt, aber ich brachte keinen einzigen Bissen hinunter. Man kannte mich, den Dottore aus Jesolo, und alle wunderten sich, wie bleich und zittrig ich heute Abend war, sowie, dass ich, statt mir den Magen vollzuschlagen, wie das alle anderen taten, nur dem Wein zusprach, den ich gleich literweise in meinen trockenen Schlund kübelte, ohne mit jemandem das Gespräch zu suchen.
Schließlich erhob ich mich und torkelte unter dem Raunen der Leute zum Aufzug, um mein Zimmer zu gewinnen. Dort stellte ich mich minutenlang unter die Dusche und ließ mich dann ins Bett fallen, wie Gott mich geschaffen hatte, um mich einem Schlaf voller Alpträume zu überlassen.
Was war geschehen? Hatte ich etwa den Verstand verloren? War ich in der Einsamkeit des Waldes einer Illusion erlegen?
Oh, wäre nur Volpe bei mir gewesen! Mehrfach hatte es mich in der Hand gezuckt, ihn über das Mobilphon anzurufen, aber eine seltsame Scheu hielt mich davor zurück. Wahrscheinlich hätte er sich über mich, den Geisterseher, nur lustig gemacht. Also schwieg ich. Ob das ein Fehler war? Im Rückblick möchte ich zu meiner Verteidigung sagen, dass vielleicht nicht einmal ein Volpe das kommende Unheil hätte verhindern können.
Anderen Tages saßen wir Gäste in bequemen Sesseln mit runder Rückenlehne an einer langen Tafel einander gegenüber und nahmen die Colazione (das Frühstück) ein. Zu meiner rechten Seite hatte eine junge Frau Platz genommen, der ich zunächst nicht die geringste Beachtung schenkte, denn sie war eine durch und durch unauffällige Person, zwar kaum über Zwanzig, aber klein, pummelig, blässlich, und alles andere als attraktiv.
Das dunkelgraue langärmelige, fast bodenlange Gewand, das sie sich übergestreift hatte, war hochgeschlossen, ließ keine neugierigen Einblicke zu, auf welche die mondänen Damen des Hotels sonst den größten Wert legten. Nein, das Mädchen war wirklich nicht mein Fall, und meine Gedanken enteilten zu Flavilla, der Boxmeisterin, in die ich mich damals vergebens verliebt hatte, als Volpe an meiner Seite den üblen Fall des Garibaldi-Hassers übernahm, denn Flavilla war in allen Belangen das Gegenteil meiner Tischnachbarin … und daher rasch zurück zu den sonstigen Dingen an der Tafel im Grandhotel Dolomiti.
Während die blässliche junge Dame damit begann, sich starr und stumm dem Essen zu widmen, wehte eine weitere Frau herein und zog meine Blicke magisch an. Kennerisch schätzte ich sie auf Ende Dreißig bis Anfang Vierzig. Sie steckte in einem schneeweißen Minikleid, welches an Schnüren hing, die so fein gedreht waren, dass man sie kaum wahrnehmen konnte. Eben dadurch wurden die harmonisch geraden Schultern und die bis eine Handbreit unterhalb des Schlüsselbeins bloße Brust in einer Weise hervorgehoben, die in mir gewisse Gefühle der Begehrlichkeit weckte.
In der Wespentaille war der Fummel mit einem rosaroten Gürtel aus Stoff zusammengerafft, quoll über auffällig breite Hüften und glitt dann hinab bis zur Mitte der üppig ausgefallenen Oberschenkel, die freilich durch sanfte Wellen und Täler verunziert waren, ganz, wie sie bei allzu vielen allzu weiblichen Damen durch die sogenannte Zellulitis entstehen, welche zu Rubens‘ Zeiten als reizend empfunden wurde, während heutige Damen zum Schönheitschirurgen eilen, um das überflüssige Fett absaugen zu lassen.
Aber auch sonst war ihre Figur nicht von schlechten Eltern. Unterhalb der Waden, die mich an kopfstehende Sektflaschen erinnerten, erschienen zierlichen Füße (Größe 37?) und steckten in hellblauen Sandalen, deren Riemchen den Schwung der Unterschenkel fast bis hinauf zur Kniekehle umwanden und umschmeichelten.
Das dunkelblonde Haar hatte sie mit Hilfe eines von Glitzersteinchen besetzten blauen Bandes zu einer wahrhaft königlichen Krone aufgetürmt. Dadurch offenbarte sie ein vom Wust des Haares befreites hübsches Gesicht mit regelmäßigen Zügen: hochgewölbte Stirn, feine gerade Nase und herzförmig vorgewölbte rote Lippen, die meine eigenen Lippen brennen ließen. Die emporragenden Wangen waren mit feinem Rouge geschminkt. Volpe hätte lobend hervorgehoben, dass sie keine Sommersprossen hatte.
Kaum konnte ich die Augen von ihr losreißen, denn diese Honigbiene war voll und ganz nach meinen Geschmack.
Nach einem prüfenden Blick auf mich setzte sie sich der jüngeren Frau zur Rechten und begrüßte sie mit einem dahin geworfenen: »Wunderschönen guten Morgen, Schwesterlein«.
Der melodische Klang ihrer Stimme ließ mich in jähem Schrecken aufhorchen, denn es war zweifellos eben diese Frau, welche in der vergangenen Nacht vor dem unheimlichen Mann gekniet und um Gnade gefleht hatte, nachdem er sie misshandelt hatte. Ich erkannte jetzt auch rote Flecken überall da, wo ihre leuchtend weiße Haut nicht vom Kleid bedeckt war. Nun saß sie leibhaftig mit mir und ihrer erheblich jüngeren Schwester am selben Tisch und war der Beweis dafür, dass ich nicht geträumt hatte.
Kaum wagte ich es, zu ihr hinüberzusehen, so unbehaglich fühlte ich mich, wenn ich an die nächtlichen Ereignisse im Walde dachte, deren Zeuge ich geworden war. Ich fürchtete nämlich, als der Lauscher von gestern, als Voyeur erkannt zu werden. Daher schlang ich ein mit Butter und Honig belegtes Brötchen hektisch hinunter und stürzte einen Becher Fruchtsaft hinterher, um mich in aller Eile zu entfernen.
Das für kaum einen ganzen Tag kühle Oktoberwetter war bald darauf von einem Schwall afrikanischer Luft hinweg geweht worden, und das Thermometer überwand mühelos die Marke von fünfzehn Grad. Mir kam daher der Wunsch ins Gehege, mich wieder einmal ein wenig zu bewegen.
Während ich also beschwingt durch den Park schlenderte und mich dabei allmählich beruhigte, hörte ich einen Mann aus voller Brust und im schönsten Bariton Verdis berühmte Arie aus dem Rigoletto, ‚La donna è mobile‘, schmettern.
Obgleich mir seine Stimme wie die eines geübten Sängers vorkam, empfand ich dabei einen gewissen Abscheu oder Ekel, ohne begründen zu können, warum. Vielleicht war es der hämische Unterton, der mich betroffen machte, denn in der genannten Oper wird die Arie ja von einem Grafen gesungen, dem die Frauen zu Füßen liegen, darunter die bildschöne Tochter eines Buckligen, die vom eigenen Vater umgebracht wird.
In der deutschen Übersetzung ‚Oh, wie so trügerisch sind Frauenherzen‘ kommt die Bedeutung des ‚mobile‘ nicht recht zum Ausdruck. Gemeint ist vielmehr im Original, dass der Wüstling der Meinung ist, von der Tatsache Gebrauch machen zu dürfen, dass Frauen von Natur aus ‚mobile – unbeständig, beweglich‘ und damit alles andere als treu seien.
Dieser Meinung, die auch in Mozarts ‚Cosi fan tutte – So machen es alle Frauen‘ zutage tritt, kann ich mich nicht anschließen. Es gibt wahre Engel der Liebenswürdigkeit unter ihnen, darunter die reizende Commissaria Debora Rainone, von der ich noch ausführlich berichten werde.
Im tiefsten Inneren also war ich von diesem Mann abgestoßen, entfernte ich mich und begab mich auf einen Morgenspaziergang.
Als ich ungefähr eine Stunde später zum Hotel zurückkehrte, gewahrte ich meine beiden jungen Damen samt einem gut aussehenden Signore von etwa vierzig Jahren, der im teuersten Maßanzug steckte, auf dem Balkon des Hauses stehen. Ganz gewiss war es der Unheimliche vom nächtlichen Walde, ganz gewiss der oben genannte Sänger.
Neugierig, wie ich nun einmal bin, machte ich mich daran, über das seltsame Terzett so viel wie möglich zu erfahren, koste es, was es wolle, aber niemand im Hause konnte mir weiter helfen, da mochte ich fragen, wen ich wollte. Keiner kannte sie oder wusste, woher sie kamen. Niemand wusste etwas über sie. So blieb das Geheimnis um die drei vorerst ein Geheimnis.
Wenig später begegnete ich ihnen im Park. Ich sah sie von ferne und lenkte meine eiligen Schritte in ihrer Richtung, ohne mir einen bestimmten Plan zurechtgelegt zu haben, obwohl an mir kein Meister des spontanen Auftretens verloren gegangen ist.
Der Signore unterhielt sich, wie es schien, vollkommen ungezwungen mit den beiden oben genannten Frauen, aber als das Knirschen des Kieses mein eiliges Nahen verriet, brach er das Gespräch sofort ab und starrte mir entgegen.
Sein Blick war offen, aber die Augen hatten etwas Brennendes, etwas wie Feuer Loderndes, dem ich nicht standhalten konnte und das mich mit Ekel erfüllte, vielleicht sogar mit Furcht. Ich senkte daher den Blick zu Boden und versuchte, unbefangen zu tun.
Kaum aber wollte ich auf die drei zuschlendern, als wäre unser Zusammentreffen reiner Zufall, verschwanden die drei so plötzlich aus meiner Sicht, dass ich mich nicht genug darüber verwundern konnte. Als ich aber zu der Stelle gelangte, wo ich sie hatte stehen sehen, gewahrte ich einen Laubengang abzweigen, durch den sie sich meiner Zudringlichkeit entzogen hatten.
Von Ferne sah ich sie dann die geschwungene Freitreppe zum Portal des Hotels Dolomiti emporsteigen, welches sie verschlang und endgültig vor meinen Blicken verbarg.
Vorsichtig erkundigte ich mich beim Portier des Hauses samt seiner geschwätzigen Frau, die den Dienst mit ihm teilte, nach dem unheimlichen Trio und hörte all das, was ich schon längst wusste und dazu noch einiges mehr.
Die ungleichen Schwestern hießen Giulia und Amanda Bertini. Sie seien Waisenkinder, vernahm ich den Portier bedauernd sagen, seit ihre steinreichen Eltern bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommen waren, damals, als die Familie mit der eigenen Luxusjacht auf dem Atlantischen Ozean unterwegs war und von einem Tornado überrascht wurde. Während die Eltern den Tod fanden, hätten die Mädchen selbst im winzigen Rettungsboot überlebt, seien aber erst nach drei entsetzlichen Tagen von einem vorüberfahrenden Frachter aufgenommen wurden.
Signore Conte Francesco di Leone, ein ziemlich weitläufig entfernter Verwandter, habe sich dann auf liebevolle Weise der armen Kusinen angenommen und sie hierher gebracht, damit sie sich vom ausgestandenen Schrecken erholen könnten. Gewiss sei er ein herzensguter Mensch und stelle das mit seiner rührenden Fürsorge Tag für Tag eindrucksvoll unter Beweis.
Mich konnte das keineswegs überzeugen, denn ich hatte in der Finsternis des Waldes das Gegenteil erlebt. So beschloss ich denn, die drei so oft und genau wie möglich zu beobachten.
Dabei verstand ich es so einzurichten, dass ich ihnen immer einmal wieder begegnete. Manchmal waren sie nur zu dritt, gelegentlich auch in Begleitung anderer Gäste des Hauses unterwegs. Mit Spaziergängen und verschiedenen Touren ins Reich der Dolomiten vertrieben sie sich die Langeweile.
Manchmal fand sich Giulia, die ich oben als attraktiv geschildert habe, im Hallenbad des Hotels ein, und ich war zur Stelle, wenn ich Wind davon bekommen hatte, um sie im Bikini zu bewundern. Je öfter ich sie dort flanieren oder im kühnen Hechtsprung ins Becken springen sah, leider so gut wie immer mit Conte Francesco zusammen, desto heftiger verliebte ich mich in sie.
Das unheimliche nächtliche Ereignis hatte ich nämlich längst verdrängt und nahm mir vor, mich eines Tages an die Süße heranzupirschen, um ihr einen Heiratsantrag zu machen, denn ich wähnte, mindestens die gleichen Ansprüche wie Signore Leone auf sie zu haben. Aber wie nur sollte ich das bewerkstelligen?
Jedes Mal, wenn ich mir ein Herz fassen wollte, waren der Conte und die hässliche Schwester Amanda an ihrer Seite. Daher blieb es vorerst bei der flüchtigen Bekanntschaft, die sich darin erschöpfte, dass man sich höflich grüßte. Schließlich gelang es mir sogar, mich gelegentlich den dreien bei einem Spaziergang anzuschließen und wenigstens über das Wetter zu sprechen.
So verflog der goldene Oktober, und der November kam mit Nebel und Regen, der in höheren Lagen in Schnee überging, ins Val di Fassa geweht, als das düstere Unheil über mir, über uns allen hereinbrach. Es war der plötzliche und unerwartete Tod meiner heiß und innig geliebten Giulia Bertini, eingeleitet durch ein anders Unglück, das ich als den Vorboten des zweiten bezeichnen möchte.