Krimi ohne Kunst - Uwe Wittenfeld - E-Book

Krimi ohne Kunst E-Book

Uwe Wittenfeld

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Beschreibung

Krimikurzgeschichten aus dem Buch "Kunst und Krimi" ohne die Kunstwerke und eine zusätzliche Weihnachtsgeschichte. Im Herbst 2020 erschien das Buch »Kunst und Krimi«, Kunstwerke von Dr. Daniela Richter-Wittenfeld und Krimigeschichten von Uwe Wittenfeld. Das Buch wurde im Brillantdruck auf 200g-Bilddruckpapier gefertigt, um die Kunstwerke ansprechend zu präsentieren. Ein eBook, dass in der Regel auf einem Reader ohne Farbdisplay gelesen wird, kann die Aussagekraft der Kunstwerke auch nicht annähernd wiedergeben, so dass Künstlerin und Autor diese Möglichkeit ausgeschlossen haben. Nun soll es aber auch Krimi-Fans geben, die mit Kunst »nichts am Hut haben«. Schade, sie verpassen etwas aber für sie wurde dieses eBook gemacht: Es enthält nur die Krimis ohne die Kunstwerke. Quasi als Zugabe erhält der Leser noch eine kriminelle Weihnachtsgeschichte (»Die Weihnachtsmarktmafia«). Sie wurde dem Buch »Winnetou und die Frau in Weiß« entnommen. Diese Geschichte kann (mangels Weihnachtsmärkten) nicht im Jahr 2020 spielen. Wir hoffen, dass wir 2021 wieder auf den Weihnachtsmarkt gehen können und sich die Weihnachtsmarktmafia dann noch hinter schwedischen Gardinen befindet.

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Uwe Wittenfeld

Krimi ohne Kunst

Die Krimikurzgeschichten aus dem Buch

»Kunst und Krimi« und eine weitere Geschichte.

Ruhrkrimi-Verlag

Mülheim an der Ruhr

Autor

Uwe Wittenfeld erblickte im äußersten Zipfel Ostwestfalens das Licht der Welt. Nach dem Abitur floh er tief in den Westen, wo damals noch die Sonne verstaubte, um an der Ruhr-Universität Bochum Elektrotechnik und an der ev. FH Bochum Sozialpädagogik zu studieren.

Bis zur Jahrtausendwende war er Teilhaber eines Ingenieurbüros im Bereich Umweltmesstechnik, um dann als Studienrat an einem technischen Berufskolleg zu arbeiten.

Er hat seit 2014 drei Kriminalromane und in mehreren Anthologien Kurzkrimis veröffentlicht.

Uwe Wittenfeld ist Inhaber des Ruhrkrimi-Verlages und Mitglied im Syndikat.

Krimi ohne Kunst

Krimigeschichten

Von Uwe Wittenfeld

Ruhrkrimi-Verlag Mülheim an der Ruhr

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2020 Ruhrkrimi-Verlag, Mülheim an der Ruhr, www.ruhrkrimi.de

Druck: BoD, Norderstedt

ISBN 978-3-947848-11-9

(C) 12/2020

Lektorat: Dr. Daniela Richter-Wittenfeld

Titelhintergrund und Bild auf Seite 3: Dr. Daniela Richter-Wittenfeld

Alle Personen und Namen innerhalb dieses Buches sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

Die Verwendung von Text und Grafik ist auch auszugsweise ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elektronischen Systemen.

Inhaltsverzeichnis

Autor

Krimi ohne Kunst? Ein Vorwort

1. Bonnie und Claus

2. Vergeben und vergessen?

3. Die schöne Helene

4. La Mancha an der Weser

5. Wargame

6. Asparagus

7. Die Frau im Zug

8. Galopp

9. Thea und Lisa

10. Corona-Blitz

11. Rache ist kalt

12. Susi

13. Die Weihnachtsmarktmafia

Krimi ohne Kunst? Ein Vorwort

Im Herbst 2020 erschien das Buch »Kunst und Krimi«, Kunstwerke von Dr. Daniela Richter-Wittenfeld und Krimigeschichten von Uwe Wittenfeld. Das Buch wurde im Brillantdruck auf 200g-Bilddruckpapier gefertigt, um die Kunstwerke ansprechend zu präsentieren.

Ein eBook, dass in der Regel auf einem Reader ohne Farbdisplay gelesen wird, kann die Aussagekraft der Kunstwerke auch nicht annähernd wiedergeben, so dass Künstlerin und Autor diese Möglichkeit ausgeschlossen haben.

Nun soll es aber auch Krimi-Fans geben, die mit Kunst »nichts am Hut haben«. Schade, sie verpassen etwas aber für sie wurde dieses eBook gemacht: Es enthält nur die Krimis ohne die Kunstwerke.

Quasi als Zugabe erhält der Leser noch eine kriminelle Weihnachtsgeschichte (»Die Weihnachtsmarktmafia«). Sie wurde dem Buch »Winnetou und die Frau in Weiß« entnommen. Diese Geschichte kann (mangels Weihnachtsmärkten) nicht im Jahr 2020 spielen. Wir hoffen, dass wir 2021 wieder auf den Weihnachtsmarkt gehen können und sich die Weihnachtsmarktmafia dann noch hinter schwedischen Gardinen befindet.

Uwe Wittenfeld

1. Bonnie und Claus

Sein ganzes Leben hatte Claus Maschetzky in der Zechensiedlung ›fröhlicher Nachbar‹ gewohnt. Hier wurde er geboren, hier verlebte er seine Kindheit, hier zog er mit seiner Frau in das Nachbarhaus seiner Eltern. Es war eine glückliche Zeit, bis eines Tages seine Frau krank wurde und nach langer schwerer Zeit verstarb.

Claus hatte bis zur Schließung des letzten Pütts unter Tage als Hauer malocht und Kohle gemacht. Reichlich Kohle anderer Art war in dieser Zeit auf sein Konto geflossen. Die Behandlung und Pflege seiner Frau hatte seine Ersparnisse jedoch komplett verbraucht.

Die Zeit von Kohle und Stahl im Ruhrgebiet ging dem Ende entgegen und sein Pütt machte dicht. Das war lange abzusehen, aber niemand wollte es wahrhaben. Die Politiker feilschten mit der Ruhrkohle um jedes Jahr Aufschub. Sie wollten schließlich wiedergewählt werden, obwohl alle wussten, dass die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten war. Eines Tages standen Claus und seine Kumpel auf der Straße.

Wie üblich wurde eine Beschäftigungsgesellschaft gegründet. Offiziell, um die ehemaligen Bergleute wieder in Lohn und Brot zu bringen. Realistisch betrachtet war es nur ein soziales Feigenblatt, um die Malocher zu beschwichtigen und nicht schlagartig, sondern nach und nach in die Arbeitslosigkeit zu entlassen. Was für Jobs gab es für einen Püttkumpel, der 35 Jahre vor Kohle gearbeitet hatte? Seine dicken Finger, die sein komplettes Arbeitsleben lang grobes Werkzeug gehalten hatten, waren nicht für eine Computertastatur geeignet.

Claus schämte sich. Wie viele andere Kumpel war er Klient des Jobcenters geworden. Sein Sachbearbeiter wusste, dass es kaum möglich war, ihn wieder in ein normales Arbeitsverhältnis zu vermitteln. Das hielt ihn aber nicht davon ab, ihm mehrere überflüssige Weiterbildungen aufzudrücken.

Eines Tages lag wieder ein Brief der Agentur im Briefkasten. Claus dachte, das ist jetzt die Einladung zur x-ten Fortbildung. Einen Job würde er dadurch nicht bekommen, aber die Statistik der Agentur für Arbeit wurde für einige Zeit verbessert.

Es kam schlimmer wie befürchtet. Sein Sachbearbeiter teilte ihm im üblichen Behördendeutsch mit, er, Claus Maschetzky würde in einer Wohnung wohnen, die nicht angemessen für eine alleinstehende Person sei. Die Nettokaltmiete würde aufgrund der hohen Quadratmeterzahl weit über dem Maximum liegen. Die Agentur forderte ihn auf, sich kurzfristig um eine neue Wohnung zu kümmern. Zum Schluss war eine Liste von Paragrafen in diversen Gesetzen und Verordnungen aufgeführt. Als angemessen sieht die Agentur für einen Alleinstehenden eine Wohnung mit etwa 50m² zum ortsüblichen Mietpreis des Mietspiegels vor.

Claus war geschockt. Das konnte doch nur ein Versehen sein. Als er seinem Sachbearbeiter Schmitz gegenübersaß, wurde er unsanft auf den Boden der Tatsachen befördert.

»Mein lieber Herr Maschetzky«, eröffnete Herr Schmitz seine Rede mit einem süffisanten Grinsen, »das ist beileibe kein Irrtum. Schauen Sie mal, Sie wohnen alleine in einem ganzen Haus und die Allgemeinheit soll dafür aufkommen, dass Sie sich das leisten können, ohne dafür zu arbeiten. Seien Sie mal ehrlich, so etwas kann und darf doch wohl nicht sein. In Ihrem Haus könnten wir eine ganze Familie unterbringen.«

»Dass ich mein Leben lang hart geschuftet habe, ist hier wohl völlig egal?«

»Herr Maschetzky, für uns ist nur der gegenwärtige Status maßgeblich. Der besagt nun mal, dass Sie weder einen Job noch Rücklagen haben. Oder verfügen Sie etwa noch über Mittel, die Sie nicht bei uns angegeben haben?«

Claus kochte innerlich. Am liebsten wäre er über den Schreibtisch gesprungen und hätte diesem arroganten Jüngelchen seine Faust in die grinsende Visage platziert. Er atmete tief durch und beherrschte sich. Er musste hier raus und in Ruhe nachdenken. Als er auf der Straße stand, hätte er heulen können. Er war es gewohnt zu kämpfen. Claus Maschetzky würde nicht vor so einem Bürokratenarsch in die Knie gehen.

Freitags trafen sich viele Bewohner der Siedlung im ›Pütt-Eck‹. Das war eine typische Kneipe, wie es sie im Ruhrgebiet zu Hochzeiten des Bergbaus in jeder Siedlung gegeben hatte. Die Einrichtung hatte sich seit zwanzig Jahren nicht geändert. Tische und Stühle aus Eiche, wackelige Hocker an der Theke, die von Lampen mit der Reklame für ›Glückauf-Export‹ beleuchtet wurden. Die Brauerei war schon längst Geschichte.

Frikadellen unter einer Glasglocke und Soleier in einem großen verschraubbaren Glas, beides von der Wirtin persönlich hergestellt, durften nicht fehlen. Andere feste Nahrung wurde nicht angeboten. Bonnie, die Wirtin, hatte alles so gelassen, wie sie es von ihrem Vorgänger, dem alten August Stannik, übernommen hatte.

Der Niedergang des Bergbaus war auch an Bonnies ›Pütt-Eck‹ nicht spurlos vorbeigegangen. Früher standen die Männer nach Schichtende in einer Dreierreihe um die Theke. Wer in der Hitze unter Tage hart gearbeitet hatte, durfte nach der Schicht zwei, drei Bier ohne schlechtes Gewissen kippen.

Heute waren selten mehr als eine Handvoll Gäste anwesend. Der Pütt war zu und das Geld saß nicht mehr so locker. Mit den Preisen für Dosenbier vom Discounter konnte und wollte Bonnie nicht mithalten. Bei ihr gab es noch ein sorgfältig gezapftes Siebenminutenbier. Nur am Freitagabend brummte der Laden wie zu besseren Zeiten.

»Claus, wat is los? Du knüselst so vor dich hin und gesprächig biste auch nicht gerade«, fragte Otto, sein Nachbar.

»Ach Otto. Ich soll aus meine Bude raus.«

»Watt is los? Wer sacht denn so wat?«

»Der Fuzzi von Jobcenter. Die Bude wäre zu groß und zu teuer für mich alleine.«

»Der hat doch den Arsch offen. Du hast da doch immer schon gewohnt und so groß ist son Zechenhäuschen ja nu auch nicht.«

»Das ist dem doch egal. Der hat nur seine Paragrafen in Kopp. Die Leute sind dem doch scheißegal.«

Quelle: smial, Wikipedia, Lizens: CC

»Ich soll auch raus. Die Genossenschaft hat die Siedlung an eine internationale Wohnungsgesellschaft verkauft. Und die ham mir gleich die Kündigung geschickt.«

»Die Häuser gehören nich mehr der Genossenschaft?«

»Allet verscheuert. Die neue Gesellschaft hat ihren Sitz in London. Die wollen nur Kohle machen. Wir sind denen doch scheißegal«, klagte Otto.

»Mach mal ne Runde, Bonnie. Ich zahle«, rief Paul, der gerade zur Tür hereingekommen war.

»Paul hat wenigstens noch Knete«, kommentierte Bonnie.

»Na immerhin einer. Aber was sollen wir denn machen, wenn wir hier raus müssen. Ob uns jetzt die Jobagentur oder der neue Besitzer rausschmeißt, ist auch kein so großer Unterschied«, verkündete Otto.

»Jau. Wir sind alle am Arsch. Dat können wir uns doch nich gefallen lassen«, merkte Claus an.

»Wat willste denn machen? Ne Demo oder ein paar Plakate?«, fragte Paul. »Vielleicht sollten wir mal fragen, ob die uns eine günstige Ersatzwohnung anbieten, wenn wir schnell ausziehen.«

Claus war sauer. »Biste verrückt. Dat kannse doch nich im Ernst meinen. Mensch, ich bin hier geboren worden und ich fühl mich wohl hier. Wenn die Siedlung wenigstens unter Denkmalschutz stehen würde.«

»Darf ich dich dran erinnern, wer damals am lautesten geschrien hat, als es um den Denkmalschutz ging«, warf Otto ein.

»Jau, ich weiß. Dat is ja auch Mist, wenn du wegen jedem Scheiß die Denkmalschützer fragen musst, ob du dat auch darfst«, sagte Claus kleinlaut. »Warn Fehler, weiß ich jetzt auch.«

Am nächsten Freitag ging es hoch her im ›Pütt-Eck‹. Fast die ganze Siedlung war zu Bonnie gekommen. Auch sie hatte in dieser Woche ein Kündigungsschreiben bekommen. Den Einwohnern vom ›fröhlichen Nachbarn‹ war ihre Fröhlichkeit komplett vergangen und sie waren sich einig, dass sie sich nicht kampflos ergeben würden.

»Leute, seid doch vernünftig!« Paul versuchte zu beschwichtigen. »Dat bringt doch allet nix. Die sitzen doch am längeren Hebel.«

»Ach. Wat schlägse vor? Man könnte fast denken, du tätest für die arbeiten«, merkte Claus an.

Betretenes Schweigen breitete sich aus.

Beim nächsten Termin in der Jobagentur kam Schmitz ohne Umschweife direkt zur Sache.

»Herr Maschetzky, haben Sie sich schon um eine neue Wohnung gekümmert?«

»Nee. Hab ich nich. Ich hab schon eine.«

»Herr Maschetzky, Sie scheinen den Ernst der Lage nicht erkannt zu haben. Ich habe Ihnen doch erklärt, dass es so nicht weiter gehen kann.«

»Besorgen se mir nen neuen Job, dann is dat Problem gelöst.«

»Sie wissen doch selbst, wie die Chancen in Ihrem Fall stehen. Wir haben doch wirklich schon einiges probiert, leider ohne Erfolg. Wenn ich Ihnen einen persönlichen Rat geben darf: Ziehen Sie so schnell wie möglich in eine kleinere Wohnung.«

»Und wenn nicht?«

»Gut. Wenn Sie es nicht verstehen wollen, jetzt im Klartext: Wenn Sie nicht zum nächsten Ersten eine neue Wohnung haben, streiche ich Ihnen das Wohngeld.«

Claus stand auf und ging. Weitere zwei Minuten in Gegenwart dieses Schnösels und er hätte seine Fäuste nicht mehr unter Kontrolle gehabt. Was bildet der sich ein? Er hätte kotzen können. Jetzt konnte er sich denken, warum er Locher und Tacker immer aus der Schublade holte. Die waren prima als Wurfgeschosse geeignet.

Er musste mal Paul fragen, was das für ein Job war, den er jetzt hatte. Warum Paul sich so einfach aus der Siedlung verabschieden wollte, wo er doch, auch seit seiner Kindheit, dort gelebt hatte, blieb ihm unbegreiflich. Claus holte sich ein Bier an der Bude gegenüber der Jobagentur und setzte sich auf eine Bank. War das seine Zukunft, mit einem Bier in der Hand Passanten anzuschnorren?

»Geh arbeiten und lunger hier nicht rum!«, blaffte ihn ein vorbeikommender Passant an, der seinen Hund ausführte.

»Haste Arbeit für mich?«, maulte Claus zurück. »Ich fange morgen direkt an.« Der Hund knurrte und bellte ihn an. Der Mann ging ohne ein Wort kopfschüttelnd weiter.

In der Jobagentur, auf der anderen Straßenseite, war jetzt Feierabend. Die Angestellten strömten aus der Tür und verteilten sich auf ihre Autos oder liefen zur Straßenbahnhaltestelle. Auch sein spezieller Freund Schmitz war dabei. Er ging zu einem knallroten Audi A6, stieg ein und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Wie konnte der sich so eine Karre leisten?

Am Abend bezog Claus wieder einen Hocker bei Bonnie an der Theke.

»Du siehst nicht besonders glücklich aus, Claus.«

»Kein Job, kein Geld und bald keine Wohnung. Was erwartest du?«

»Ich kann dich verstehen. Aber irgendwat musste doch unternehmen.«

»Ich hätte neulich schon fast dem Fuzzi von der Agentur auf die Nase gehauen.«

»Gewalt ist keine Lösung.«

»Biste sicher? Das ist doch die einzige Sprache, die sie nicht mit Paragrafen zuschütten können. Zumindest fühlt man sich dann besser.«

»Genau. Und dann haste auch kein Wohnungsproblem mehr. Eine schöne Zelle auf Staatskosten und ein paar Euro fürs Tütenkleben. Dann sind alle Probleme gelöst. Vorläufig wenigstens.«

»Bonnie, du hast heute wieder deinen sarkastischen Abend.«

»Jau, hab ich.« Claus sah Tränen in ihren Augen.

»Ich muss doch auch hier raus und von euren paar Bierchen hier habe ich auch keine Reichtümer angesammelt.«

Beide schwiegen. Die Tür wurde geöffnet und Paul trat ein. Er setzte sich neben Claus.

Bonnie ging, ohne das er etwas gesagt hatte, zum Zapfhahn.

»Na Paul, kommt nix im Fernsehen oder ist dein Hansapils alle?«

»Ich freue mich eben, in netter Gesellschaft ein gepflegtes Bier zu trinken. Ich kann aber auch wieder gehen.«

»Paul! Spiel nicht die beleidigte Leberwurst. Du weißt doch, dass wir uns freuen, wenn du da bist.«

»Ja, danke, Claus.«

»Sag mal, was ist das denn für ein neuer Job, den du jetzt hast.«

»Och, nix besonderes. Den hat mir der Schmitz vonne Agentur besorgt.«

Nach einer Minute Schweigen wurde Claus ungeduldig. »Nu ma Butter bei die Fische. Bei wem arbeitest du und was machst du da?«

»Das ist schwer zu erklären.«

»Paul, du warst auch Malocher aufm Pütt wie wir. Die werden dich jetzt keine hochwissenschaftlichen Probleme lösen lassen.«

»Ja, das heißt nee, also ... Ich hab kein Bock das zu erzählen.«

»Paul, du machst dich gerade sehr unbeliebt. Irgendwann kommt es sowieso raus.«

»Also gut, auch wenn ihr mich dann rausschmeißt. Irgendwann werdet ihr es doch sowieso erfahren. Ich arbeite für die Immobilien-Verwaltungs-GmbH.«

»Ey sach mal, das ist doch der Laden, der uns hier alle rausschmeißen will«, sagte Bonnie.

»Ich kann euch allen eine Ersatzwohnung anbieten.«

»Son Betonwürfel im zehnten Stock? Verzichte. Du hast uns verraten, Paul.« Claus war sauer.

»Wat soll ich denn machen. Ich hab noch Schulden am Hals von meiner Scheidung. Da kann ich es mir nicht leisten, den Job abzulehnen.«

»Claus hat recht, du hast uns verraten und ich schmeiß dich jetzt raus und will dich hier nie wieder sehen. Du hast Hausverbot im ›Pütt-Eck‹. Bonnie schrie fast.

Paul knallte einen 10-Euro-Schein auf die Theke und verließ wortlos seine ehemalige Stammkneipe.

»Son Arsch.« Bonnie standen die Tränen in den Augen. Sie kam um die Theke herum und nahm Claus in den Arm. Tränen tropften auf sein Hemd und er nahm sie fest in seine Arme.

»Claus, darf ich mit zu dir kommen? Ich kann heute Nacht nicht alleine sein.«

Am nächsten Morgen erwachte Claus von Bonnies Weinen neben ihm und nahm sie in den Arm. »Mensch Süße, warum weinste denn nach so einer schönen Nacht?«

»Ich hatte gehofft, den Rest meines Lebens zufrieden als Kneipenwirtin zu verbringen und jetzt kommen diese Ärsche und gönnen mir noch nicht mal meine letzten paar Monate.«

»Wat is los? Wat heißt denn paar Monate?«

»Ach Claus, lass gut sein.«

»Wie sagst du immer: Butter bei die Fische. Also los, raus damit!«

Bonnie wurde von Weinkrämpfen geschüttelt.

»Claus, ich habe Bauchspeicheldrüsenkrebs. Spätestens Weihnachten sehe ich die Stiefmütterchen, die dann gar nicht mehr da sind, von unten.«

»Scheiße.«

»Ich könnte Paul und diese Immobilienbande umbringen.«

»Wie war dat? Gewalt ist keine Lösung.«

»Mensch hör auf. Irgendwann isset soweit, da muss die Säge sägen.«

»Ok! Aber mein Arbeitsagenturfuzzi wird gleich miterledigt.«

»Sie richtete sich auf und sah Claus an.«

»Wat?«

»Ich mach mit, wenn der Arbeitsagenturfuzzi auch dabei draufgeht.«

»Claus, du spinnst.«

»Und bevor wir in den Knast gehen, erfüllen wir deinen größten Traum.«

Bonnie sah Claus aus verweinten Augen fragend an.

»Los«, sagte er, »wat wollteste immer schon einmal machen? Wat is dein größter Traum, der nicht in Erfüllung gegangen is?«

Bonnie wischte ihre Tränen weg und schaute ihn lange an.

»Ach Claus.«

»Nix da, rücks raus!«

»Hast du als Kind diese Serie mit dem verkauften Lachen gesehen?«

»Ja, Tim Thaler. Das passt, wir haben unser Lachen ja auch verloren.«

»Ja, allerdings. Aber wir haben es nicht verkauft. Weißt du, ich fand diese Vulkanlandschaft so faszinierend.«

»Dat is auf Lanzarote auf den Kanarischen Inseln.«