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Dieses Buch enthält folgende Krimis: Alfred Bekker: Kommissar Jörgensen und der verkrachte Künstler Pete Hackett: Trevellian jagt die Henker Wilfried A.Hary: Aus dem Kreis geschleudert Alfred Bekker: Der Mann mit der Seidenkrawatte Die Agentin Natalia Ustinov soll auf Nobel Cooper aufpassen, der aus einer Organisation aussteigen will, die sich mit allen möglichen illegalen Dingen beschäftigt. Diese Organisation will seine Aussage natürlich verhindern. Natalia hat alle Hände voll zu tun, Cooper zu beschützen. Kommissar Harry Kubinke und sein Kollege Rudi Meier erfahren von einem großangelegten Verschwörungsplan. Die Sicherheit der Bundeshauptstadt Berlin steht auf dem Spiel. Aber Kubinke und sein Team haben kaum einen Ansatzpunkt für Ermittlungen. Eine Teenagerin hat zuviel gehört und stirbt, ein dubioser Ex-Agent scheint mehr zu wissen, ein Profi-Killer tritt in Aktion und ein Mann mit einer Vorliebe für Seidenkrawatten glaubt, dass seine grausame Rechnung aufgehen wird…
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Seitenzahl: 475
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Krimi Quartett Superband 1018
Copyright
Kommissar Jörgensen und der verkrachte Künstler: Hamburg Krimi
Trevellian jagt die Henker
Aus dem Kreis geschleudert
Der Mann mit der Seidenkrawatte
Dieses Buch enthält folgende Krimis:
Alfred Bekker: Kommissar Jörgensen und der verkrachte Künstler
Pete Hackett: Trevellian jagt die Henker
Wilfried A.Hary: Aus dem Kreis geschleudert
Alfred Bekker: Der Mann mit der Seidenkrawatte
Die Agentin Natalia Ustinov soll auf Nobel Cooper aufpassen, der aus einer Organisation aussteigen will, die sich mit allen möglichen illegalen Dingen beschäftigt. Diese Organisation will seine Aussage natürlich verhindern. Natalia hat alle Hände voll zu tun, Cooper zu beschützen.
Kommissar Harry Kubinke und sein Kollege Rudi Meier erfahren von einem großangelegten Verschwörungsplan. Die Sicherheit der Bundeshauptstadt Berlin steht auf dem Spiel. Aber Kubinke und sein Team haben kaum einen Ansatzpunkt für Ermittlungen. Eine Teenagerin hat zuviel gehört und stirbt, ein dubioser Ex-Agent scheint mehr zu wissen, ein Profi-Killer tritt in Aktion und ein Mann mit einer Vorliebe für Seidenkrawatten glaubt, dass seine grausame Rechnung aufgehen wird…
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /
© dieser Ausgabe 2024 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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von ALFRED BEKKER
Der Himmel über der Elbe hatte eine melancholische, graue Färbung angenommen, als ich mich an die Kaimauer des Hamburger Hafens setzte und meine Angelrute ins Wasser hielt. Ein stiller Wind wehte über das Wasser, spielte mit den losen Fischernetzen und ließ die Schiffe sacht schaukeln. Dies war mein Rückzugsort, eine kleine Ecke in dieser gigantischen Stadt, wo ich einfach nur ich sein konnte – Hauptkommissar Uwe Jörgensen, abseits von Mord und Totschlag, jenseits der Verbrechen, die Hamburg in Atem hielten.
Angeln war für mich weniger eine Aktivität als ein Zustand des Seins. Ich war nicht hier, um Fische zu fangen – es ging mir mehr darum, meine Gedanken zu ordnen und eine gewisse innere Ruhe zu finden. Der Hafen war dazu perfekt: Hier konnte ich den Lärm der Großstadt hinter mir lassen und mich dem zeitlosen Rhythmus des Wassers hingeben.
Ich betrachtete die schaukelnden Schiffe und die Möwen, die lautstark umherflogen. Diese Stadt, meine Stadt, steckte voller Leben und Tod. Seit ich bei der Kriminalpolizei arbeitete, habe ich die dunkelsten Abgründe der Menschheit gesehen. Jeder Fall war einzigartig und doch so erschreckend vertraut – jedes Verbrechen eine neue Herausforderung, die mich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich forderte.
Hamburg war mehr als nur mein Arbeitsplatz. Es war meine Heimat, mein Lebenselixier. Ich kannte jede Straße, jede Ecke, jeden Kanal dieser Stadt. Ich war hier aufgewachsen, hatte die Veränderungen erlebt, die sie durchgemacht hatte, und wusste wie kein anderer, wie sie tickte. Aber mit jedem neuen Verbrechen lernte ich sie auch auf eine neue, oft düstere Weise kennen.
Meine Gedanken wanderten zu meinem neuesten Fall – ein verkrachter Künstler, tot aufgefunden in seinem heruntergekommenen Atelier in St. Pauli. Die Kunstszene war ein Mikrokosmos für sich, voller Dramen und Leidenschaften, oft nur schwer verständlich für jemanden, der nicht Teil dieser Welt war. Es schien eine klare Sache zu sein, doch die Intuition, die mich nie im Stich ließ, sagte mir, dass dies mehr sein würde als ein einfacher Mord.
Ich zog leicht an der Angel, obwohl ich wusste, dass nichts angebissen hatte. Es war eine Geste der Besinnung, mehr für mich selbst als für die Fische im Wasser. Meine Arbeit war nicht einfach. Sie verlangte Opfer, forderte unermüdlichen Einsatz und oft auch das Überschreiten der eigenen Grenzen. Aber es war auch die Arbeit, die ich liebte. Jede Spur, jeder Hinweis, jedes noch so kleine Detail konnte der Schlüssel zur Lösung eines Falls sein. Und in dieser Stadt mit all ihren Geheimnissen und Geschichten musste man ein wahrer Meister der Interpretation sein, um die Puzzleteile zusammenzusetzen.
Meine Gedanken wanderten weiter zu meinem Kollegen Roy Müller, einem Freund und vertrauten Gefährten in diesem und vielen anderen Fällen. Wir ergänzten uns perfekt – er, der pragmatische Denker, ich der intuitive Ermittler. Gemeinsam standen wir an der Front, immer bereit, gegen das Chaos und die Dunkelheit anzutreten, die unser Alltag waren.
Was würde uns der neue Fall bringen? Verrat, Leidenschaft, Eifersucht – oder etwas ganz anderes? Jeder Mord hinterließ eine Narbe, nicht nur an der Stadt, sondern auch in uns. Es war unsere Aufgabe, Licht ins Dunkel zu bringen, Gerechtigkeit zu suchen und dabei gleichzeitig das Menschliche nicht zu vergessen.
Ich nahm die Angel aus dem Wasser und packte meine Sachen zusammen. Die Pause war vorbei. Es war an der Zeit, zurückzukehren zur Realität, zur Arbeit, zur Stadt, die niemals schläft. Hamburg wartete und mit ihr die vielen Geheimnisse, die es zu lösen galt.
„Also los, Uwe“, murmelte ich zu mir selbst, als ich mich vom Hafen abwandte. „Es gibt immer noch viel zu tun.“
So begann ein weiterer Tag in meinem Leben als Hauptkommissar Uwe Jörgensen von der Kriminalpolizei Hamburg. Die Herausforderungen waren groß, die Belastungen immens, aber ich wusste – dies war mein Weg, und ich würde ihn bis zum Ende gehen, was auch immer auf mich wartete.
Die ersten Sonnenstrahlen brachen durch die dichten Wolkenfelder und tanzten auf der Elbe, als Roy und ich durch die Straßen von St. Pauli fuhren. Es war einer dieser rare Momente, in denen Hamburg fast friedlich wirkte, bevor die Stadt vollständig erwacht. Doch unser Tag hatte bereits mit einer Nachricht begonnen, die keine Ruhe zuließ.
„Wir haben einen neuen Fall“, sagte Roy trocken, während er den Einsatzwagen durch das enge Straßengewirr manövrierte. Die Fensterläden eines heruntergekommenen Gebäudes an der Ecke Talstraße baumelten schlaff wie Schweizergardisten nach einer langen Nacht im Dienst. „Ein Künstler, tot aufgefunden in seinem Atelier. Scheint nicht ganz freiwillig das Zeitliche gesegnet zu haben.“
Ich zog meine Jacke enger um mich und griff zur Kaffeetasse, die noch halbwegs warm war. „Mal sehen, was uns erwartet“, murmelte ich, auch wenn ich eine Ahnung hatte. Die Kunstszene von Hamburg war nicht nur für ihre Kreativität bekannt, sondern auch für ihre Exzentrik und ihre verschlungenen Beziehungen. Es würde also spannend werden.
Als wir am Tatort ankamen, erwartete uns bereits eine Polizeisperre, die neugierige Passanten von dem verfallenen Atelier fernhielt. Roy hielt an und stieg aus. „Na dann, Kollege, auf ins Vergnügen“, sagte er mit einem schiefen Lächeln.
Der Raum, den wir betraten, war eine Mischung aus Chaos und kreativen Melancholie. Überall lagen Pinsel, Farbspritzer auf dem Boden, und Skizzenblätter mit halbfertigen Zeichnungen verteilten sich wie der Fächer eines seltsamen Kartenhauses. Und dort, zwischen all den Werken seiner ungerichteten Leidenschaft, lag der ehemalige Künstler. Ein Mann mittleren Alters mit einem Gesicht, das Erschöpfung und Verzweiflung spiegelte, jetzt jedoch für immer erstarrt war.
„Viktor Schmidt“, sagte der uniformierte Polizist, der uns den Weg zeigte. „Niemand hat was gesehen oder gehört. Ein Unbekannter Künstler, der wohl mal die großen Träume hatte, aber nie wirklich durchstartete.“ xxx
Roy kniete sich neben den toten Körper und beäugte das Messer in der Brust des Opfers so, als ob es ihm den Täter verraten könnte. „Ein verdammt unsanftes Aufwachen ist das“, stellte er nüchtern fest.
Plötzlich öffnete sich die Tür und ein hagerer Mann mit dünnem Haar und einer Brille trat in den Raum. Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim, unser Forensiker, mitsamt seinem gewohnten Ausdruck der Geringschätzung.
„Ah, da sind Sie ja“, sagte Förnheim, ohne auch nur Roy oder mich anzusehen. „Ein weiterer Künstler, der keine Bedeutung in der Welt hinterlässt. Wie originell.“ Er trat näher und begann, den Tatort mit seiner gewohnten Präzision zu inspizieren. Jede seiner Bewegungen war eine Anklage gegen die Inkompetenz aller anderen, die je einen Tatort betreten hatten.
„Dr. Wildenbacher ist auf dem Weg“, informierte ich Förnheim nüchtern. „Wir sollten den Körper nicht bewegen, bevor er hier ist.“
Förnheim zog die Augenbrauen hoch. „Als ob unser Wildenbacher noch mehr Erkenntnisse aus diesen sterblichen Überresten ziehen könnte“, murmelte er, während er akribisch eine Blutprobe entnahm. „Aber bitte, warten wir auf den großen Pathologen.“
Roy und ich tauschten einen kurzen Blick. Wir kannten das Spielchen gut genug. Nur Minuten später kam Dr. Gerold Wildenbacher herein, kräftig wie immer und mit der Direktheit eines Bulldozers. „Wo ist unser Opfer?“ fragte er und überflog die Leiche mit einem erfahrenen Blick. „Wieder jemand, dem die Kunst nicht gut bekommen ist.“
Während Wildenbacher seine Arbeit begann, trat ich an Roys Seite und flüsterte: „Wir sollten uns umsehen. Vielleicht gibt es Hinweise, die uns mehr über unser Opfer erzählen.“
Roy nickte zustimmend. „Fangen wir an. Und hoffen, dass der Tote uns zum Leben erwachen lässt, was an diesem Fall wirklich dran ist.“
Wir trennten uns und begannen, das Atelier systematisch zu durchforsten. Ich durchblätterte Skizzen und Leinwände, versuchte, einen Einblick in die Psyche des Künstlers zu gewinnen. Es war ein chaotisches Durcheinander von Farben und Formen, aber nichts, was direkt auf einen Feind oder eine Bedrohung hinwies. Roy hingegen widmete sich einem Schreibtisch in der Ecke, der mit Papieren, Rechnungen und wirren Notizen bedeckt war.
„Sieht aus, als hätte er nicht nur mit der Kunst, sondern auch mit seinen Finanzen gekämpft“, meinte Roy, während er eine Reihe unbezahlter Rechnungen sortierte. „Strom, Miete, Materialkosten. Der gute Viktor hatte wohl nicht viel Glück.“
Ich nickte und trat näher. „Kein Wunder, dass er verzweifelt war. Aber Verzweiflung bringt nicht zwangsläufig jemanden um. Wir müssen herausfinden, wer ihn genug hasste, um das zu tun.“
Gerade als ich überlegte, was unser nächster Schritt sein könnte, hörte ich meinen Namen laut von der Tür her. Es war Jonathan Bock, unser Kriminaldirektor, der in seiner gewohnten ruhigen, aber bestimmten Art den Raum betrat.
„Uwe, Roy“, begrüßte er uns, sein Blick wanderte über die Leiche und den Raum. „Was haben wir bisher?“
Roy dehnte seine Arme und deutete auf die Papiere, die er gerade durchgesehen hatte. „Unser Opfer ist Viktor Schmidt, ein mittelloser, verkannter Künstler. Stabiles Familienverhältnis scheint es nicht zu geben, eher finanzielle Probleme.“
„Und bislang keine Hinweise auf Täter oder Motiv“, fügte ich hinzu. „Allerdings gibt es immer noch viele Fragen, die beantwortet werden müssen.“
Bock nickte ernst. „Gut, dass Sie hier sind. Setzen Sie alles daran, diesen Fall zu klären. Und passen Sie auf, dass Sie sich nicht von den Exzentrizitäten der Kunstszene verwirren lassen.“
Kurz darauf zog sich Bock wieder zurück, um anderen Verpflichtungen nachzugehen. Roy und ich setzten unsere Arbeit fort, und bald darauf meldete sich Förnheim mit den ersten vorläufigen Ergebnissen.
„Es gibt keine Spuren eines Kampfes“, begann er, seine Brille dabei abnehmend und das Objektiv polierend. „Es scheint, als hätte unser Freund Viktor seinen Mörder gekannt. Der Stichwinkel und die Tiefe der Wunde deuten zudem darauf hin, dass der Täter über beträchtliche Kraft verfügte – oder zumindest entschlossen genug war, diese einzusetzen.“
„Interessant“, murmelte ich. „Also jemand, der ihm nahe stand. Jemand, dem er genug vertraute, um keine Gegenwehr zu leisten.“
In dem Moment trat Wildenbacher mit einem Federmesser in der Hand zu uns, das er wohl bei einer genaueren Untersuchung des Opfers gefunden hatte. „Das hier lag unter seinem Körper. Sogar ein Taschentuch mit Initialen haben wir. Wenn wir Glück haben, führt uns das zu jemandem.“
Ich sah mir das Messer an und bemerkte sofort die eingravierten Initialen: „M.S.“. Das war ein Anfang. „Könnte uns direkt zum Täter führen“, meinte ich.
Roy verengte die Augen und dachte laut nach. „Könnte auch jemand sein, der versuchte, den Verdacht auf eine andere Person zu lenken. Jedenfalls haben wir zumindest eine Spur.“
Wir beschlossen, unsere Nachforschungen fortzusetzen und zunächst Schmidts Bekanntenkreis zu durchleuchten. Eine Künstlerin, von der wir wussten, dass sie oft mit Viktor zusammenarbeitete, war Lena Sorensen, eine ebenfalls verkrachte Künstlerin aus Altona.
„Lassen Sie uns Frau Sorensen einen Besuch abstatten“, schlug Roy vor. „Wenn jemand Etwas weiß, dann vielleicht sie.“
Die Fahrt nach Altona verlief schweigend, jeder von uns in Gedanken versunken. Als wir schließlich an der Adresse ankamen, begrüßte uns Lena mit blassen Gesicht und wilden Augen. Sie ließ uns in ihre kleine Wohnung, die kaum größer war als Viktors Atelier und ebenso chaotisch.
„Was wissen Sie über den Tod von Viktor Schmidt?“ begann ich, bemüht, meine Stimme ruhig und beruhigend zu halten.
Lena brach fast zusammen. „Ich wusste, dass etwas nicht stimmt“, flüsterte sie. „Er kam in den letzten Wochen immer merkwürdiger rüber, als hätte er Angst vor irgendwas oder jemandem.“
Roy trat einen Schritt näher. „Hat er Ihnen gesagt, wovor oder vor wem?“
Lena schüttelte den Kopf, Tränen in den Augen. „Er wollte es mir nicht sagen. Ich dachte, es wären wieder nur seine inneren Dämonen. Es tut mir so leid…“
Die Verzweiflung in Lenas Augen war echt, doch es brachte uns keinen Schritt weiter. Es schien, als ob Elm Viktor mit einem Geheimnis gestorben war, das er niemandem anvertraut hatte. Doch ich wusste, dass wir weiter graben mussten, bis wir die Wahrheit ans Licht brachten.
Wieder im Polizeihauptpräsidium zurück, setzte ich mich an meinen Schreibtisch und begann, die bisherigen Erkenntnisse zu ordnen. Roy tat es mir gleich. Wir mussten jeden Hinweis, jede Spur genau analysieren. In dem Moment klingelte das Telefon, und ich nahm den Hörer ab.
„Jörgensen“, meldete ich mich.
„Hier spricht Dr. Wildenbacher“, kam es aus der Leitung. „Ich habe weitere Erkenntnisse zur Todesursache und möchte, dass Sie sich das sofort ansehen.“
„Wir sind unterwegs“, antwortete ich und gab Roy das Zeichen zum Aufbruch.
Es konnte das Teil des Puzzles sein, das uns weiterbrachte. Und ich wusste, dass wir die Antwort finden würden - egal, wie tief wir graben mussten.
Wir fuhren zügig zurück zum Polizeihauptpräsidium und begaben uns sofort in die Pathologie, wo Dr. Gerold Wildenbacher uns bereits erwartete. Der Raum war kalt, steril und von einer unheimlichen Kälte durchzogen, die nichts mit der Temperatur zu tun hatte.
„Schön, dass Sie so schnell gekommen sind“, begann Wildenbacher ohne Umschweife. „Unser Künstler Viktor Schmidt hatte nicht nur eine einzige Wunde. Bei der näheren Untersuchung habe ich festgestellt, dass er mehrere ältere Verletzungen an den Händen und Unterarmen hat. Sie sind nicht tödlich, aber deuten darauf hin, dass er bereits in der Vergangenheit Konflikte hatte.“
„Interessant“, erwiderte ich. „Konflikte, die vielleicht mit seinem Tod zusammenhängen könnten. Haben Sie noch mehr für uns?“
Wildenbacher nickte und reichte uns eine Reihe von Fotos, die die Wunden dokumentierten. „Anhand der Wundkanten und der Verheilungsstadien würde ich sagen, dass sie aus einem Zeitraum von mehreren Wochen stammen. Er wurde also mehrmals angegriffen oder verwickelte sich in Auseinandersetzungen."
Roy runzelte die Stirn und sah mich ernst an. „Dann müssen wir herausfinden, mit wem er sich in letzter Zeit so regelmäßig gestritten hat.“
Unser nächster Schritt war klar. Wir mussten weitere Personen aus Viktors Umfeld befragen. Unsere erste Adresse war die Flatbush Gallery, eine kleine, aber bekannte Galerie im Schanzenviertel, die dafür bekannt war, unausgeglichene Künstler wie Viktor auszustellen. Vielleicht konnte uns jemand dort mehr über seine letzten Wochen und Kontakte erzählen.
*
Wir erreichten die Galerie, die in einem alten Fabrikgebäude untergebracht war, und wurden von der Besitzerin, Britta Hammelmann, empfangen, die nicht überrascht schien, als sie hörte, dass wir wegen Viktor kamen.
„Viktor war ein schwieriger Mensch“, begann Britta, nachdem wir uns in ihrem düsteren Büro niedergelassen hatten. „Er hatte Talent, zweifelsohne, aber er war auch oft streitsüchtig und misstrauisch. Er hat sich in letzter Zeit mit fast jedem hier angelegt.“
„Gibt es jemanden, mit dem er regelmäßig in Konflikt geriet?“ fragte Roy und nahm seinen Notizblock heraus.
Britta zögerte einen Moment, bevor sie antwortete. „Da wäre Klaus Mertens, ein anderer Künstler, der hier ausstellt. Die beiden hatten ständig Meinungsverschiedenheiten über ihre Werke. Aber wenn Sie mich fragen, war das reine Eifersucht. Viktor konnte nicht damit umgehen, dass Klaus mehr Erfolg hatte.“
„Klaus Mertens“, wiederholte ich und notierte den Namen. „Wissen Sie, wo wir ihn finden können?“
„Er hat ein Atelier in der Marktstraße in Karolinenviertel“, antwortete sie. „Aber Klaus ist harmlos, davon bin ich überzeugt. Er konnte Viktor nicht ausstehen, aber ich glaube nicht, dass er ihm etwas angetan hätte.“
Wir bedankten uns bei Britta und machten uns auf den Weg zu Klaus Mertens. In seinem Atelier trafen wir auf einen großgewachsenen Mann mit kräftigen Händen und einem selbstbewussten Auftreten. Seine Gemälde, die Reihe um Reihe die Wände säumten, waren düster und intensiv.
„Klaus Mertens, die Kripo Hamburg“, stellte ich uns vor. „Wir untersuchen den Mord an Viktor Schmidt und haben gehört, dass Sie ihn gut kannten.“
Klaus zog seine Augenbrauen hoch und lehnte sich gegen einen der Staffeleien. „Mord? Also hat's ihn doch erwischt. Ich habe vermutet, dass er Trouble anzieht, aber das überrascht mich jetzt doch.“
„Uns wurde gesagt, dass es häufiger Konflikte zwischen Ihnen beiden gab“, fuhr ich fort und beobachtete seine Reaktion genau.
Mertens schnaubte. „Konflikte, ja. Aber nicht mehr als gesund für die Künstlerwelt wäre. Er war ein verfluchter Idiot, aber niemanden umbringen würde ich nicht.“
Während wir weiter fragten, ob es in letzter Zeit besondere Vorfälle gegeben hatte, erfuhren wir von einer weiteren Person, die in Viktor Schmidts Leben eine Rolle gespielt haben könnte. Sabine Wolf, eine Kunstkritikerin, deren Rezensionen Schmidts Werke häufig verissen hatten.
„Sie hat vor zwei Wochen eine besonders vernichtende Kritik über seine neueste Ausstellung geschrieben“, erinnerte sich Klaus. „Viktor war außer sich. Dieser Streit war weit intensiver als alles, was er je mit mir hatte.“
„Danke für die Information“, sagte Roy. „Wir werden Sabine Wolf aufsuchen.“
Unser nächstes Ziel war die Redaktion der Zeitung, für die Sabine schrieb. Sie war eine bekannte Größe in der Hamburger Kunstszene, gefürchtet wie respektiert. Als wir sie in ihrem Büro trafen, begegnete uns eine selbstsichere Frau mit scharfem Blick und einer beeindruckenden Sammlung an Kunstwerken an den Wänden.
„Herr Schmidt tot?“, fragte sie, ohne eine Mine zu verziehen. „Das kommt nicht überraschend. Er war nicht besonders stabil. Aber glauben Sie mir, ich habe ihn nicht umgebracht.“
„Gab es konkrete Drohungen von seiner Seite nach Ihrer letzten Rezension?“ fragte ich sachlich.
„Drohnungen? Oh, sicherlich. Doch das ist nichts Neues. Wenn jeder, der mich bedroht hat, auch wirklich einen Mord begehen würde, dann hätten wir hier ein Blutbad“, antwortete sie spöttisch.
Wir beendeten die Befragung, ohne greifbare Hinweise, aber mit dem Gefühl, dass wir weiter in die Verzweigungen von Viktors prekärem Leben eintauchen mussten. Neben Klaus Mertens und Sabine Wolf gab es weitere Personen, die wir befragen mussten: ehemalige Freunde, andere Künstler und vielleicht sogar alte Bekannte, die in die dunkleren Seiten seines Lebens involviert waren.
Es war klar, dass Viktor Schmidt mehr war als nur ein gescheiterter Künstler; er war eine tragische Figur in einem Netz aus Missgunst, Konflikten und ungeklärten Feindschaften, und irgendwo darin lag die Antwort auf seinen Tod. Und diese Antwort würden wir finden.
Klaus Mertens war eine polarisierende Figur in der Hamburger Kunstszene. Seine Werke, oft düster und provokant, hatten ihm eine ansehnliche Anhängerschaft und regelmäßige Aufträge eingebracht. Viktors Werke hingegen, chaotisch und oft unausgereift, konnten mit dem Erfolg von Klaus nicht mithalten. Das schürte nicht nur Viktors Neid, sondern entzündete auch eine Feindschaft, die weit über berufliche Konkurrenz hinausging.
Roy und ich fanden Klaus in seinem Atelier vor, vertieft in die Arbeit an einem neuen Gemälde. Die kräftigen Züge seiner Pinselstriche spiegelten die Intensität seiner Persönlichkeit wider. Als er uns bemerkte, legte er den Pinsel beiseite und wandte sich uns zu.
„Sie wollen mehr über Viktor und mich wissen?“, fragte er, seine Stimme ruhig, aber mit einem Hauch von Gereiztheit.
„Ja“, antwortete ich. „Ihre Beziehung zu ihm scheint mehr gewesen zu sein als nur die übliche Konkurrenz unter Künstlern.“
Klaus seufzte und setzte sich auf einen wackeligen Stuhl. „Viktor und ich haben gemeinsam angefangen. Wir haben zusammen hier in der Marktstraße unsere ersten Ateliers bezogen. Damals war alles noch offen, voller Möglichkeiten. Aber während ich mich weiterentwickelte und Erfolg hatte, blieben seine Werke in einem Stadium des ewigen Experimentierens stecken.“
„Das muss frustrierend für ihn gewesen sein“, vermutete Roy und machte sich Notizen.
„Frustrierend ist eine Untertreibung“, erwiderte Klaus. „Er hat sich in eine Negativspirale hineingesteigert. Statt sich auf seine Kunst zu konzentrieren, begann er, mich zu sabotieren. Er hat meine Werke kritisiert, meine Fertigkeiten infrage gestellt und sogar versucht, meine Kontakte zur Galerie zu untergraben.“
„Gab es konkrete Vorfälle, bei denen es zu Gewalt gekommen ist?“, fragte ich.
Klaus nickte langsam. „Ja, einmal hat er mir im Eifer des Gefechts einen Pinsel ins Gesicht geschleudert. Traf mich knapp neben dem Auge. Danach haben wir uns mehr oder weniger aus dem Weg gegangen, aber zwischen uns war immer eine Spannung, als könnte sie jeden Moment explodieren.“
Während Klaus sprach, bemerkte ich, dass er trotz seiner Abneigung gegen Viktor auch eine gewisse Form von Respekt für seinen ehemaligen Freund und Rivalen empfand. Es gab eine Verbindung zwischen ihnen, die nicht einfach durch Neid und Missgunst erklärt werden konnte - etwas Tieferes, vielleicht aus den Tagen, als sie beide noch Träume von Größe hegten.
„Gab es in letzter Zeit etwas, das ihn besonders aufgebracht hat?“, fragte Roy.
Klaus zögerte einen Moment, bevor er antwortete. „Ja. Vor etwa einem Monat kam Viktor mit einer Frau ins Atelier. Nadja, eine Sammlerin und Mäzenin aus Russland. Sie zeigte echtes Interesse an seinen Arbeiten, wollte seine Ausstellung unterstützen. Viktor war außer sich vor Freude. Es schien, als habe er eine zweite Chance bekommen. Aber dann begann Nadja, zwischen uns beiden zu lavieren, und Viktor wurde wieder misstrauisch. Er befürchtete, dass ich sie ihm ausspannen wollte.“
„Und wollten Sie?“, fragte ich direkt.
Klaus schüttelte den Kopf. „Nein. Meine Kunst und meine persönliche Integrität sind mir wichtiger als solche Spielchen. Aber Viktor konnte das nicht verstehen. Für ihn war alles ein Angriff, jeder Schritt eine Bedrohung. Seine Ängste haben ihn völlig aufgezehrt.“
Wir verließen das Atelier von Klaus mit gemischten Gefühlen. Seine Abneigung gegen Viktor war klar, aber war sie stark genug, um ihn zum Mörder zu machen? Oder hatte Viktors paranoides Verhalten vielleicht andere, unerwartete Feinde geschaffen, die schließlich Hand an ihn legten?
Nadja, die mysteriöse Sammlerin, rückte damit in den Fokus unserer Ermittlungen. Wir mussten herausfinden, welche Rolle sie in diesem Drama spielte und ob Viktors Misstrauen berechtigt war. Eine kurze Recherche ergab, dass Nadja nicht nur in der Kunstszene aktiv, sondern auch für ihre umstrittenen Methoden bekannt war. Sie hatte in der Vergangenheit einige Künstler unterstützt, jedoch oft zu ihrem eigenen Vorteil manipuliert.
Zurück im Hauptpräsidium, begannen wir, Nadjas Hintergrund genauer zu durchleuchten. Während ich die letzten Berichte über sie durchging, klingelte mein Telefon erneut. Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim, unser geniales Forensiker-Genie, war am Apparat.
„Jörgensen“, meldete er sich ohne Umschweife. „Die toxikologischen Untersuchungen von Viktor Schmidt haben Hinweise auf eine Beruhigungsmittelrückstände im Blut ergeben, die nicht zu den offiziell registrierten Medikamenten gehören. Interessant, nicht wahr?“
Meine Sinne schärften sich. „Beruhigungsmittel? Das klingt so, als habe jemand versucht, ihn ruhigzustellen, bevor er getötet wurde.“
„Genau, Inspector“, sagte Förnheim mit einem spöttischen Unterton. „Jemand wollte sicherstellen, dass er nicht viel Widerstand leisten könnte. Vielleicht wird Ihnen das helfen, den Kreis der Verdächtigen einzuengen? Denken Sie daran, nicht jeder hätte Zugang zu solchen Mitteln.“
Ich bedankte mich für die Information und legte auf. Die Sache wurde immer komplizierter. Eine weitere Ebene des Verrats und der Manipulation trat zutage.
„Roy, wir müssen Nadja finden und befragen. Sie könnte der Schlüssel zu diesem ganzen Rätsel sein“, sagte ich entschlossen. „Und wir müssen herausfinden, wer Zugang zu solchen Beruhigungsmitteln hat.“
„Ich bin bei dir“, antwortete Roy. „Lass uns dieses Netz weiter entwirren.“
Auf dem Weg zu Nadjas bekanntem Aufenthaltsort sponn ich meine Gedanken weiter. Viktor Schmidt war nicht nur das Opfer eines einfachen Mordes. Sein Leben schien ein Spiegelbild der Konflikte und Zwänge zu sein, die in der Kunstwelt und seinen persönlichen Beziehungen tobten. Mit jeder neuen Information fügte sich das Puzzle schwerfälliger zusammen, aber ich war entschlossen, es zu lösen. Trügerische Mäzene, ein kriselnder Künstler und alte Rivalitäten – irgendwo darin lag die Wahrheit, und wir würden sie ans Licht bringen.
Es war spät am Abend, als das Telefon in meinem Büro erneut klingelte. Die Dämmerung hatte schon lange über Hamburg hereingebrochen, und die Lichter der Stadt spiegelten sich auf der dunklen Oberfläche der Alster. Ich hob den Hörer ab, und eine vertraute Stimme am anderen Ende meldete sich – einer der Streifenpolizisten, der am Tatort von Viktor Schmidt beteiligt gewesen war.
„Kommissar Jörgensen, es gibt Neuigkeiten“, sagte er mit einer Ernsthaftigkeit in der Stimme, die sofort meinen vollen Fokus einnahm. „Lena Sorensen wurde tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Die Spurensicherung ist bereits vor Ort.“
Ein eisiger Schauer lief mir über den Rücken. Noch vor wenigen Stunden hatten wir die verzweifelte Künstlerin befragt, nun war sie das nächste Opfer in diesem bizarren Fall. „Ich bin sofort unterwegs. Informieren Sie Roy Müller“, sagte ich und legte auf.
Ich fand Roy im Archiv, wo er alte Fallakten durchforstete, um vielleicht Parallelen zu Viktors Mord zu finden. „Roy, wir haben ein Problem. Lena wurde umgebracht.“
Sein Gesicht erstarrte für einen Moment, bevor er entschlossen nickte. „Lass uns loslegen.“
Die Fahrt zu Lenas Wohnung in Altona war von schwerem Schweigen begleitet. Roy und ich wussten beide, dass dies kein Zufall sein konnte. Als wir eintrafen, hatten die Beamten den Tatort bereits abgesperrt, und eine kleine Gruppe von Schaulustigen hatte sich versammelt. Wir betraten die Wohnung und wurden erneut von Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim begrüßt, der gerade seine sorgfältigen Untersuchungen durchführte.
„Jörgensen, Müller“, eröffnete er und wies mit seinen Handschuhen in Richtung des Wohnzimmers. „Die Handlungsmuster sind auffallend ähnlich, jedoch nicht identisch. Lena Sorensen wurde ebenfalls mit einem Messer erstochen. Dieses Mal jedoch gibt es Zeichen eines Kampfes.“
Gleichzeitig brachte Förnheim sein gewohntes Maß an Geringschätzung in seine Stimme, als er fortfuhr: „Ich nehme an, Sie werden auch dieses Puzzles unter großen Anstrengungen zusammenfügen. Lassen Sie es mich einfacher für Sie machen: Die Wunde ist tiefer und das Messer ist aus ihrer eigenen Küchenschublade.“
„Was wissen wir über den Zeitpunkt des Todes?“ fragte ich.
„Sie wurde vor etwa zwei Stunden getötet“, sagte Förnheim. „Die Wunden und die Verteilung der Blutspuren deuten darauf hin, dass sie sich bis zum letzten Moment gewehrt hat.“
Roy und ich schauten uns um und bemerkten die Verwüstung, die den Kampf kennzeichnete. Während Förnheim weiter mit der Spurensicherung beschäftigt war, suchten wir nach Anhaltspunkten, die uns weiterhelfen könnten. Auf ihrem Schreibtisch fand ich eine Notiz, halb verdeckt durch Pinsel und Farben.
„Roy, sieh dir das an“, sagte ich, und er trat näher, um die handgeschriebene Nachricht zu lesen: „Treffen um 19 Uhr. K.”
„Klaus Mertens“, murmelte Roy. „Das könnte passen. Aber das könnte zu einfach sein. Es könnte genauso gut jemand sein, der ihn als Verdächtigen hinstellen will.“
Wir nahmen die Notiz als Beweisstück auf und beschlossen, erneut mit Klaus zu sprechen. Doch bevor wir das Atelier von Klaus erreichten, erreichte uns ein Anruf von Dr. Gerold Wildenbacher. „Jörgensen, wir haben etwas Interessantes am Tatort von Viktor gefunden. Ein Haar, das nicht von ihm stammt. Es könnte zu einer Frau gehören.“
„Wir sind auf dem Weg“, antwortete ich und fragte mich, ob dies Nadjas Haar sein könnte. Wir brauchten dringend ein Gespräch mit ihr, doch bislang war sie schwer zu fassen.
Klaus Mertens wirkte überrascht, als wir ungebeten in sein Atelier zurückkamen. „Sie schon wieder? Was gibt es diesmal?“
„Wissen Sie etwas über die Ermordung von Lena Sorensen?“ fragte ich direkt und beobachtete seine Reaktion.
Klaus schüttelte den Kopf. „Lena? Sie ist tot? Verdammte Scheiße. Wann ist das passiert?“
„Vor etwa zwei Stunden“, sagte Roy. „Und sie hatte eine Notiz mit einem Treffen um 19 Uhr. Initialen K.“
„Glauben Sie wirklich, ich würde jemanden umbringen und dann eine so offensichtliche Spur hinterlassen?“ Klaus fuhr sich aufgeregt durch das Haar. „Ich habe Lena gestern zuletzt gesehen. Sie war nervös, hat ständig über Viktor und Nadja geredet. Ich habe keine Ahnung, was da los war.“
„Wo waren Sie heute Abend um 19 Uhr?“ fragte ich ruhig.
Klaus zeigte auf seine Gemälde. „Hier. Die ganze Nacht. Sie können meine Nachbarn fragen. Ich habe keine Beweise, aber ich bin unschuldig.“
Wir beschlossen, Nadja endlich aufzuspüren und kontaktierten einige unserer Quellen in der Kunstwelt, bis uns schließlich ein guter Tipp erreichte. Nadja hielt sich in einem Luxushotel an der Binnenalster auf. Es war Zeit, sie zu konfrontieren.
Das Hotel war groß und prunkvoll, und die Rezeptionistin wies uns sofort den Weg zu Nadjas Zimmer. Sie öffnete uns die Tür und sah erstaunlich ruhig aus, als wir uns vorstellten.
„Mir war klar, dass Sie früher oder später kommen würden“, sagte Nadja in einem perfekten Deutsch mit nur einem Hauch von Akzent. „Kommen Sie herein.“
Das Zimmer war luxuriös und eklektisch mit Kunstwerken dekoriert. Nadja setzte sich auf das Sofa und bot uns Platz an. „Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Wir untersuchen den Mord an Viktor Schmidt und Lena Sorensen. Beide Morde scheinen irgendwie mit Ihnen verbunden zu sein“, begann ich.
Nadjas Augen verengten sich. „Viktor war oft paranoid und unberechenbar. Er glaubte, dass ich ihn betrügen würde, obwohl ich nur versucht habe, ihm zu helfen. Und Lena, arme Lena, sie war zu tief in Viktors Welt verwickelt.“
„Können Sie uns sagen, wo Sie heute Abend gewesen sind?“ fragte Roy.
Nadja lächelte ruhig. „Hier, im Hotel. Und ich habe genügend Augenzeugen, die das bestätigen können.“
Die Antworten führten uns keinen Schritt weiter, aber ich spürte, dass Nadja mehr wusste, als sie zugab. Wir verließen das Hotel mit einem mulmigen Gefühl. Nadja war schlau und einflussreich, was sie zu einer schwierigen Gegnerin machte.
Zurück im Präsidium berieten Roy und ich uns intensiv. Der Kreis der Verdächtigen wurde nicht kleiner, und neue Hinweise schienen uns immer weiter in ein Labyrinth aus Lügen und Halbwahrheiten zu führen. Doch eine Sache war sicher: In der Welt von Viktor Schmidt und Lena Sorensen war nichts so, wie es schien, und irgendwo hier lag der Schlüssel zur Lösung beider Morde.
Die Nacht war längst hereingebrochen, als wir uns in unserem Büro im Polizeihauptpräsidium wiederfanden. Roy und ich sanken auf unsere Stühle, die Müdigkeit der letzten Stunden schwer auf unseren Schultern. Die Mordfälle von Viktor Schmidt und Lena Sorensen hatten eine Komplexität erreicht, die niemand voraussehen konnte, und wir waren entschlossen, dem Täter auf die Spur zu kommen.
Roy warf einen Blick auf unsere Pinnwand, die inzwischen mit Fotos, Notizen und Fäden übersät war, die die Verbindungen zwischen den Verdächtigen und den Opfern darstellten. „Wir brauchen etwas, das all das zusammenführt, Uwe. Etwas, das uns den entscheidenden Hinweis gibt.“
Ich nickte und dachte an die toxikologischen Berichte, die Andeutungen von Konflikten und die Hinweise, die uns zu Nadja und Klaus geführt hatten. Dabei fiel mein Blick auf die Beruhigungsmittel, die in Viktors Blut gefunden worden waren. „Förnheim hat doch erwähnt, dass die Beruhigungsmittel nicht registriert sind. Vielleicht sollten wir herausfinden, ob jemand in Viktors Umfeld Zugang zu solchen Mitteln hatte.“
„Das ist eine gute Idee“, stimmte Roy zu. „Lass uns als erstes die Krankenakten von Viktor und Lena in den Krankenhäusern und bei den Ärzten überprüfen, bei denen sie in Behandlung waren.“
Wir begannen, Telefonanrufe zu tätigen und Anfragen zu verschicken. Während wir auf die Rückmeldungen warteten, durchforsteten wir noch einmal unsere bisherigen Befragungen und stellten sicher, dass wir keine Hinweise übersehen hatten.
Am nächsten Morgen klingelte mein Telefon erneut. Dieses Mal war es Dr. Wildenbacher, der uns mit neuen Informationen aus der Pathologie versah. „Uwe, ich habe hier etwas Interessantes gefunden“, sagte er. „Bei der genaueren Untersuchung von Lenas Körper habe ich Spuren derselben Beruhigungsmittel wie bei Viktor entdeckt. Das bringt uns weiter, nicht wahr?“
„Auf jeden Fall“, antwortete ich. „Vielen Dank, Dr. Wildenbacher.“
Ich legte auf und wandte mich an Roy. „Wir haben denselben Stoff sowohl bei Viktor als auch bei Lena. Das spricht für einen Zusammenhang, den wir tiefer erkunden müssen.“
Roy nickte. „Aber wer könnte an solch ein Mittel kommen? Jemandem, der medizinischen Hintergrund hat, oder vielleicht Zugang zu solchen Substanzen.“
Mein Gedanke wanderte sofort zu zwei Personen: Sabine Wolf, die Kunstkritikerin, die möglicherweise mehr zu verbergen hatte als nur eine Meinungsverschiedenheit, und Nadja, die mächtige Sammlerin. Beide hatten das Wissen und die Mittel, diese Mittel zu beschaffen oder zu beauftragen. Aber wer hatte das stärkere Motiv?
Bevor wir weiter spekulieren konnten, meldete sich der Krankenhausarchivar mit einer interessanten Information zurück. „Viktor Schmidt war vor einigen Monaten in psychiatrischer Behandlung bei einem bestimmten Dr. Werner Falk. Seine Behandlung beinhaltete stark wirkende Beruhigungsmittel.“
„Das könnte unsere Verbindung sein“, sagte Roy. „Dr. Werner Falk. Wir sollten ihn so bald wie möglich befragen.“
Es dauerte nicht lange, bis wir die Adresse des Psychiaters hatten. Dr. Werner Falk praktizierte in einer gut ausgestatteten Klinik im Westen von Hamburg. Als wir die Klinik erreichten, führte uns eine freundliche Empfangsdame zu einem hellen, gut eingerichteten Büro, in dem Dr. Falk bereits auf uns wartete.
Dr. Werner Falk war ein mittelgroßer Mann mit grauen Schläfen und einem freundlichen, aber ernsten Gesichtsausdruck. Nachdem wir uns vorgestellt hatten, setzte er sich hinter seinen Schreibtisch und faltete die Hände.
„Wie kann ich Ihnen helfen, Kommissare?“ begann er höflich.
„Wir untersuchen die Morde an Viktor Schmidt und Lena Sorensen“, sagte ich. „Beide hatten Spuren von Beruhigungsmitteln im Blut, die nicht offiziell registriert waren. Wir haben herausgefunden, dass Viktor unter Ihrer Behandlung stand. Können Sie uns mehr darüber erzählen?“
Falk zögerte kurz, bevor er antwortete. „Ja, Viktor war einer meiner Patienten. Er litt an schweren Angstzuständen und paranoiden Episoden. Ich habe ihm Beruhigungsmittel verschrieben, um ihm zu helfen, aber ich würde niemals etwas Illegales tun.“
„Diese Beruhigungsmittel sind jedoch nicht registriert“, hakte Roy nach. „Wie erklären Sie sich das?“
Falk sah forschend aus dem Fenster, als würde er seine Gedanken sammeln. „Es ist möglich, dass Viktor die Dosierung eigenmächtig verändert oder zusätzliche Mittel beschafft hat. Er war oft verzweifelt und suchte nach Wegen, seine Ängste zu kontrollieren.“
„Gibt es jemanden, der Zugang zu den Medikamenten gehabt haben könnte?“, fragte ich.
„Nun, die Klinik hat strenge Vorschriften, aber es gibt immer Lücken. Vielleicht sollten Sie mit meinem Assistenten, Herrn Patrick Meier, sprechen. Er hatte den meisten Kontakt zu den Patienten und könnte mehr wissen.“
Wir bedankten sich bei Dr. Falk und verließen das Büro, um Patrick Meier zu finden. Meier war ein junger Mann mit besonnenem Auftreten, der uns in einem kleinen Behandlungsraum in Empfang nahm.
„Herr Meier, haben Sie Probleme oder Auffälligkeiten bei Viktor Schmidt bemerkt, während er hier in Behandlung war?“ fragte ich.
Meier nickte langsam. „Ja, Viktor war oft unruhig und manchmal sogar aggressiv. Es gab Momente, da schien er fast von einem unsichtbaren Feind verfolgt zu werden. Aber er war auch ein gebrochener Mensch.“
„Haben Sie mitbekommen, ob er zusätzlich zu den verschriebenen Medikamenten andere Mittel beschafft hat?“ hakte Roy nach.
„Nicht direkt“, antwortete Meier. „Aber ich habe ihn einmal dabei erwischt, wie er mit einer Frau sprach, die mir verdächtig vorkam. Sie schien ihm etwas zu übergeben, und er wirkte danach ruhiger, fast benommen.“
„Können Sie diese Frau beschreiben?“ fragte ich gespannt.
„Ich erinnere mich an eine saubere, elegante Erscheinung. Ein starkes, aber ruhiges Auftreten. Sie schien keine gewöhnliche Besucherin zu sein. Wenn Sie mich fragen, könnte sie zu den Personen aus der oberen Kunstszene gehören.“
Wir verließen die Klinik mit gemischten Gefühlen. Die Hinweise führten uns vielleicht zu Nadja oder einer weiteren, unbekannten Person in Viktors Leben. Unsere nächste Station musste daher klar werden. Wir entschieden uns, mehr über den sozialen Kreis von Viktor in der Kunstszene herauszufinden und nahmen erneut Kontakt mit Britta Hammelmann von der Flatbush Gallery auf.
„Britta, wir brauchen Informationen über alle wichtigen Personen in Viktors Leben, besonders Frauen, mit denen er in den letzten Monaten näheren Kontakt hatte“, erklärte ich.
Britta überlegte einen Moment und begann dann, Namen aufzuzählen. „Neben Nadja fallen mir nur noch Lisa Lehmann und Anna Friedrich ein, beide Künstlerinnen und ziemlich oft bei unseren Ausstellungen anzutreffen. Viktor hatte wohl auch eine kurze Romanze mit Lisa, aber sie endete nicht gut.“
„Wir müssen mit beiden sprechen“, stellte Roy fest. „Sie könnten uns mehr über Viktors Kontakte und mögliche Feinde erzählen.“
Wir kontaktierten Lisa und Anna und vereinbarten Termine für die Befragungen. Lisa Lehmann, eine zierliche Frau mit ausdrucksstarken Augen, schien nervös zu sein, als wir sie in ihrem Atelier trafen.
„Viktor und ich hatten eine turbulente Beziehung“, begann sie. „Er war ein leidenschaftlicher Künstler, aber auch sehr besitzergreifend. Unsere Trennung war nicht einfach für ihn.“
„Haben Sie irgendeinen Verdacht, wer ihn ermordet haben könnte?“, fragte ich.
Lisa schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Er hatte viele Feinde, und seine Paranoia machte es schwer, Freunden von Feinden zu unterscheiden.“
„Danke für Ihre Zeit, Lisa. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren“, sagte Roy, als wir uns verabschiedeten.
Als nächstes trafen wir Anna Friedrich in einem Café nahe der Elbphilharmonie. Sie war entschlossen und ruhig, und ihre Augen zeugten von einem tiefen Verständnis der menschlichen Natur.
„Viktor war ein komplexer Mensch“, begann sie. „Er wollte Erfolg, Anerkennung, aber seine Ängste haben ihn oft davon abgehalten. Nadja hat versucht, ihm zu helfen, aber ihre Methoden waren nicht immer richtig.“
„Was meinen Sie damit?“, fragte ich.
„Sie war manipulativ, setzte ihn unter Druck, aber er konnte ihr nicht widerstehen. Ihre Beziehung war toxisch, und es würde mich nicht überraschen, wenn sie tiefer in diese Sache verwickelt ist, als ich je vermuten könnte.“
Wir beendeten das Gespräch und fühlten, dass wir einen Schritt näher an der Wahrheit waren. Zurück im Präsidium gingen wir noch einmal systematisch alle Hinweise durch.
„Es wird Zeit, Nadja noch einmal zu stellen“, sagte ich zu Roy. „Wir haben genug Indizien, um sie weiter unter Druck zu setzen.“
Damit war klar, dass der nächste Besuch zu Nadja uns möglicherweise die entscheidenden Antworten liefern würde. Und ich war bereit, jeden Stein umzudrehen, um diesen Fall zu lösen.
Es war ein grauer Nachmittag, als das nächste Unheil uns erreichte. Roy und ich hatten gerade unser Büro verlassen, um uns auf den Weg zu Nadja zu machen, als mein Handy vibrierte. Der Name auf dem Display ließ mich innerlich zusammenzucken – es war ein Streifenpolizist, der am Tatort von Lena Sorensen beteiligt gewesen war.
„Kommissar Jörgensen, Nadja Petrova wurde tot aufgefunden. Kollegen sind bereits vor Ort.“
In mir breitete sich eine beklemmende Ahnung aus. „Nicht schon wieder“, murmelte ich und drückte den Anruf weg. „Roy, wir haben ein weiteres Opfer. Nadja ist tot.“
Roy blickte mich ungläubig an. „Das kann nicht dein Ernst sein. Wer auch immer das ist, der tötet unsere Verdächtigen schneller, als wir ermitteln können.“
Wir machten uns sofort auf den Weg zum Luxushotel an der Binnenalster. Der Tatort war in einem gehobenen Teil des Hotels, sodass die Mordermittler bereits Schwierigkeiten hatten, die Sensationslüsternen Touristen abzudrängen. Die Tür zu Nadjas Suite stand halb offen, dahinter erwartete uns erneut das kalte, sterile Gefühl eines Tatortes.
Dr. Dr. Friedrich G. Förnheim war wie immer schon in vollem Gange und begrüßte uns mit seinem üblichen arroganten Lächeln. „Jörgensen, Müller, kommen Sie nur zu. Unsere werte Frau Petrova hat sich uns in einer besonders dramatischen Pose präsentiert.“
In Nadjas elegant eingerichtetem Zimmer lag sie auf dem luxuriös bezogenen Bett. Ihre Augen waren leer, ihre Haut blass. Wieder ein Messer, wieder die grausame Gewissheit des Todes. Förnheim deutete auf eine Flasche Rotwein und ein fast leeres Glas daneben.
„Beruhigungsmittel“, erklärte er, als ob er uns eine Banalität verkündete. „Dieselbe Substanz wie bei Viktor und Lena. Es scheint fast, als habe der Mörder ein Faible für Konsistenz.“
„Aber warum Nadja?“, fragte ich mehr zu mir selbst als zu ihm. „Was steckt wirklich hinter all dem?“
Förnheim zuckte nur mit den Schultern und wandte sich ab, um seine Arbeit zu erledigen. Roy und ich durchsuchten das Zimmer nach Hinweisen, die uns weiterbringen könnten. Das Schlimmste war, dass Nadja wahrscheinlich wichtige Informationen über die Morde an Viktor und Lena hatte – Informationen, die nun für immer verloren sein könnten.
Während wir suchten, klingelte Roys Handy. Es war eine Nachricht von Klaus Mertens. „Er sagt, er habe wichtige Informationen und wir sollen sofort zu ihm kommen“, teilte Roy mir mit.
„Wir müssen rüber, sofort“, sagte ich und verließ das Hotel mit Roy im Schlepptau.
Klaus wartete in seinem Atelier, sichtlich nervöser als bei unseren letzten Treffen. Seine Augen waren gereizt und seine Hände zitterten, als er uns ins Atelier führte.
„Was ist los, Klaus?“, fragte ich mit sachter Dringlichkeit.
„Es geht um Nadja“, begann er, seine Stimme brüchig. „Ich habe herausgefunden, dass sie in letzter Zeit immer öfter mit einem Kollegen von mir Kontakt hatte. Ein Maler namens Jakob Wiesen. Er ist ziemlich zwielichtig und hatte ein merkwürdiges Interesse an allem, was Viktor tat.“
„Jakob Wiesen“, wiederholte Roy. „Warum haben wir noch nichts von ihm gehört?“
„Weil er sich im Hintergrund hält und versucht, nicht aufzufallen“, antwortete Klaus. „Aber ich habe ihn und Nadja zusammen gesehen. Es war auffällig, wie oft sie sich trafen.“
Wir bedankten uns bei Klaus für die Informationen und machten uns auf, Jakob Wiesens Spur zu folgen. Seine Adresse führte uns in ein wenig bekanntes Viertel rund um die Schanzenbäckerei, einen belebten und dennoch vorwiegend unauffälligen Stadtteil.
*
Jakobs Atelier war düster und unheimlich, die Wände mit stark expressiven, fast beunruhigenden Gemälden bedeckt. Wir klopften an die schwere Holztür, die langsam aufschwang, um einen hageren, leicht verschlagenen Mann zu enthüllen.
„Kommissare“, sagte Jakob mit einem scharfsinnigen Lächeln. „Kommen Sie herein. Womit kann ich Ihnen helfen?“
„Wir untersuchen mehrere Morde in der Kunstszene“, begann ich ohne Umschweife. „Und Ihr Name ist aufgetaucht. Was können Sie uns über Nadja Petrova und Viktor Schmidt erzählen?“
„Och, Nadja“, begann Jakob mit einem Hauch von Nostalgie in seiner Stimme, „war eine interessante Frau. Immer auf der Suche nach den verlorenen Seelen der Kunst. Sie half Viktor eine Zeit lang, bis er sie schließlich verärgerte. Aber ein großer Verlust für die Szene, nicht wahr?“
„Und warum haben Sie sich mit so vielen Personen getroffen, die nun tot sind?“, fragte Roy scharf.
Jakob lachte trocken. „Ich bin Maler, kein Mörder. Vielleicht hat das Schicksal sie einfach ereilt.“
Ich spürte, dass seine Antwort nicht ehrlich war und seine Anspannung war offensichtlich. Wir entschieden uns, ihn weiter zu beschatten und weitere Informationen über seine Verbindungen zu den Opfern zu sammeln. Als wir gerade sein Atelier verließen, bemerkte ich ein Telefon, das einen Anruf versäumt hatte. Der Name auf dem Display war „Lisa L.“
„Roy, schau dir das an“, flüsterte ich. „Lisa Lehmann.“
„Das ist nicht gut“, antwortete Roy. „Wir müssen sie sofort finden.“
Wir eilten zu Lisas Atelier und fanden die Tür offen. Drinnen herrschte Chaos, und Lisas Schreie hallten durch die Räume. Jakob hatte sie angegriffen und war jetzt dabei, zu entkommen.
„Polizei! Stehen bleiben!“, rief Roy, während wir ihm nachjagten, aber Jakob war schnell. Ohne zu zögern, sprang er aus einem Fenster und verschwand in den Straßen von Hamburg.
Wir halfen Lisa auf, die zitternd versuchte, ihre Fassung wiederzufinden. „Er... er hat mich fast umgebracht“, flüsterte sie. „Er wollte wissen, was ich weiß.“
„Und was wissen Sie?“, fragte ich sanft.
„Ich habe herausgefunden, dass er Viktor und Nadja erpresst hat. Er benutzte Fotos und Dokumente, um sie zu zwingen, für ihn zu arbeiten und ihm Geld zu übergeben. Aber als sie nicht mehr mitspielten, wurde es für ihn gefährlich“, verriet Lisa erschöpft.
Ihre Informationen brachten Licht ins Dunkel. Jakob war der Katalysator dieser Ereignisse. Ein Künstler, der seine Macht durch Erpressung stärkte und schließlich in einen tödlichen Strudel der Gewalt verwickelt wurde. Unsere nächsten Schritte waren klar: Jakob Wiesen musste gefasst werden, und zwar schnell.
In der folgenden Nacht durchkämmen wir die Stadt nach ihm, ohne Ergebnis. Doch ich war entschlossen: Der Mörder würde nicht entkommen. Und wir würden Gerechtigkeit für Viktor, Lena und Nadja erlangen. Die Jagd hatte begonnen, und sie würde erst enden, wenn der Täter seiner Strafe zugeführt wäre.
*
Zurück im Präsidium sah ich Jonathan Bock hinter seinem Schreibtisch sitzen, den Kopf in die Hände gelegt, als wir sein Büro betraten. Er sah auf, seine Augenbrauen zusammengezogen und einen Ausdruck tiefer Sorge auf seinem Gesicht.
„Uwe, Roy, setzen Sie sich“, begann er mit einer Stimme, die das Gewicht der Situation widerspiegelte. „Was haben wir hier zur Hölle losgetreten? Drei Morde innerhalb weniger Tage, und wir rennen immer nur einem Schritt hinterher.“
„Bock, wir haben neue Informationen“, erklärte ich und brachte ihn auf den neuesten Stand zu Jakob Wiesen und seinem mutmaßlichen Erpressungsschema. „Er scheint der Verbindungspunkt zwischen Viktor, Nadja und möglicherweise auch Lena zu sein. Aber er ist jetzt auf der Flucht.“
Bock massierte seine Schläfen und seufzte tief. „Diese Sache wird immer schlimmer. Wir haben bereits die Medien im Nacken, und die Kunstszene von Hamburg steht unter Schock. Wir müssen ihn schnell schnappen, bevor ein weiteres Opfer zu beklagen ist oder der Täter endgültig untertaucht.“
„Wir haben den Großteil der Stadt in Alarmbereitschaft versetzt“, sagte Roy. „Alle verfügbaren Einheiten sind auf der Suche nach Jakob. Es kann nicht mehr lange dauern.“
Bock nickte, aber sein Gesichtsausdruck blieb ernst. „Das hoffe ich. Wir können uns keine weiteren Fehler erlauben. Ich habe eine Sondereinheit bereitgestellt, die sich ausschließlich diesem Fall widmen wird. Aber eure Intuition, Uwe, ist unbezahlbar. Wenn ihr noch irgendwelche Theorien oder Ideen habt, wie wir diesen Wahnsinnigen aufspüren können, bevor jemand anderes stirbt, dann legt los.“
Ich überlegte, während ich auf die Pinnwand starrte, die inzwischen einem wirren Netz aus Verbindungen, Fotos und Notizen glich. „Jakob kennt die Kunstszene zu gut“, sagte ich schließlich. „Er weiß, wo er sich verstecken kann. Vielleicht sollten wir tiefer in seine Vergangenheit graben und herausfinden, ob er irgendwo Verbindungen oder sichere Verstecke haben könnte.“
„Genau das werde ich tun“, bestätigte Roy. „Wir werden seine Verbindungen durchforsten, Personen ausfindig machen, die ihm nahe stehen oder in der Kunstszene Einfluss haben.“
Bock stand auf und trat ans Fenster. „Tun Sie, was immer nötig ist“, sagte er und wandte sich wieder zu uns. „Und, Roy, Uwe, seid vorsichtig. Dieser Kerl ist gefährlich und hat bereits bewiesen, dass er nicht zögert zu töten.“
Wir nickten und verließen Bocks Büro. Zurück in unserem eigenen Büro begannen wir sofort mit der Arbeit. Wir durchsuchten alle verfügbaren Datenbanken und Verzeichnisse nach möglichen Verstecken, bekannten Adressen und Verbindungen von Jakob Wiesen. Es war eine zähe, methodische Arbeit, aber sie war notwendig.
„Ich habe etwas“, rief Roy schließlich. „Jakob hat eine Schwester, Martina Wiesen, die in einem kleinen abgelegenen Haus am Stadtrand lebt. Er hatte in der Vergangenheit öfter Kontakt zu ihr.“
„Das könnte eine Spur sein“, erwiderte ich. „Wir sollten sofort dorthin.“
Die Fahrt zum Stadtrand war erneut von intensiver Anspannung begleitet. Es war schon dunkel, als wir das kleine Haus erreichten, das inmitten von dichten, unheimlichen Bäumen stand. Die Fenster waren dunkel, bis auf ein schwaches Licht im hinteren Teil des Hauses.
Wir näherten uns vorsichtig und klopften an die Tür. Eine Frau, die deutlich Jakobs Schwester Martina sein musste, öffnete. Sie sah uns überrascht und leicht nervös an.
„Frau Wiesen, wir sind von der Kripo Hamburg und untersuchen mehrere Morde“, begann ich. „Wir haben Grund zu der Annahme, dass Ihr Bruder Jakob hier gewesen ist. Wir müssen mit ihm sprechen.“
Martina zögerte, ihre Augen zeigten einen Hauch von Panik. „Er ... er ist nicht hier. Ich ... ich habe ihn seit Wochen nicht gesehen.“
„Frau Wiesen, wenn Sie uns nicht helfen, könnten noch weitere Menschen in Gefahr sein“, sagte Roy ruhig, aber bestimmt. „Bitte, sagen Sie uns die Wahrheit.“
Nach einem Moment des Schweigens brach sie zusammen. „Okay, okay. Jakob war hier. Er kam vor zwei Tagen und wollte, dass ich ihn verstecke. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Er ist mein Bruder, und ich wollte ihm helfen.“
„Ihre Hilfe bedeutet, dass Sie möglicherweise Menschenleben gerettet haben“, sagte ich. „Wo ist er jetzt?“
„Er ... er ist hinten im Schuppen. Ich habe ihn gebeten, dort zu bleiben, damit die Nachbarn nichts merken.“
Wir nickten, bedankten uns bei ihr und näherten uns vorsichtig dem Schuppen. Mit gezückten Waffen und einem scharfen Blick auf jede Bewegung öffneten wir die Tür. Drinnen fanden wir Jakob, der versuchte, seine Flucht vorzubereiten.
„Hände hoch, Jakob Wiesen! Sie sind verhaftet wegen des Verdachts auf mehrfachen Mord!“
Jakob hob die Hände, seine Augen weiteten sich vor Panik, doch er leistete keinen Widerstand.
Zurück im Präsidium, trafen wir auf Jonathan Bock, der uns mit einer Mischung aus Erleichterung und Sorge begrüßte.
„Gut gemacht, Uwe, Roy“, sagte er. „Aber das ist noch nicht vorbei. Wir müssen sicherstellen, dass wir genug Beweise haben, um ihn festzuhalten und vor Gericht zu bringen.“
„Wir werden ihn verhören“, sagte ich. „Und diese dunkle Serie von Morden endgültig aufklären.“
In der eiskalten Zelle der Verhörkammer saß Jakob, seine Augen flackernd und unsicher. Es war Zeit, die Wahrheit ans Licht zu bringen und dieser Serie von Schrecken und Tod ein Ende zu setzen.
Jakob Wiesen saß in der kleinen, kargen Verhörkammer des Polizeihauptpräsidiums von Hamburg. Das Neonlicht warf harte Schatten auf sein Gesicht, während er nervös auf seinen Händen trommelte. Die Spannung in der Luft war greifbar, als Roy und ich eintraten und uns gegenüber von ihm setzten.
„Jakob Wiesen“, begann ich ruhig, aber bestimmt, „Sie sind hier, weil wir Sie des mehrfachen Mordes und der Erpressung verdächtigen. Das Spiel ist aus. Es ist an der Zeit, die Wahrheit zu sagen.“
Jakob sah uns mit harten Augen an, sagte aber nichts.
„Wir haben Beweise“, schaltete sich Roy ein. „Ihre Verbindung zu Viktor, Nadja und Lena ist unbestreitbar. Wir wissen von Ihrer Erpressung und den Beruhigungsmitteln. Wir haben alles, was wir brauchen, um Sie vor Gericht zu bringen.“
Eine lange Minute verging, bevor Jakob schließlich tief durchatmete und anfing zu sprechen. „Ja, ich habe sie erpresst“, gab er bitter zu. „Aber ich habe niemanden getötet. Ich bin kein Mörder.“
„Dann erklären Sie uns, wie Viktor, Lena und Nadja umgekommen sind“, forderte ich.
Jakob zögerte, sobald er sprach, spürte man die Selbstachtung und die Wut in seiner Stimme. „Viktor war verzweifelt. Er konnte die ständige Angst nicht mehr ertragen. Die Beruhigungsmittel, die er nahm, habe ich ihm besorgt, um ihn ruhigzustellen, ja. Aber ich habe ihn nicht umgebracht. Ich wollte ihn nur erpressen, weil ich dachte, ich könnte dadurch endlich meine eigene Karriere in Schwung bringen.“
„Und Nadja und Lena?“, hakte Roy nach.
„Nadja hat herausgefunden, was ich tat“, gestand Jakob. „Sie wollte mich zur Rede stellen und drohte, alles offenzulegen. Ich traf mich mit ihr, aber ich habe sie nicht getötet. Sie war noch am Leben, als ich ging.“
„Und Lena?“, fragte ich erneut.
„Lena wusste von Viktors Problemen, aber auch von meiner Erpressung. Sie wollte das Ganze ebenfalls zur Anzeige bringen. Aber als ich das letzte Mal mit ihr sprach, war sie verzweifelt, nicht wütend. Ich... ich habe einen Fehler gemacht, aber ich habe sie nicht ermordet.“
Jakobs Aussagen fügte sich nicht nahtlos zusammen, und doch war es klar, dass er nicht allein war. Es musste jemanden geben, der die Verbrechen mit kühler Berechnung begangen hatte, um ein Netz aus Lügen und Gewalt zu spinnen.
Da unterbrach uns Jonathan Bock und trat in den Raum. Sein Blick auf Jakob war hart, aber ich kannte ihn gut genug, um zu sehen, dass er eine neue Idee hatte. „Uwe, Roy, wir sollten uns kurz besprechen.“
Wir verließen den Raum und folgten Bock in sein Büro. „Ich habe eine neue Information erhalten, die das Ganze möglicherweise in ein anderes Licht rückt“, begann er. „Es gibt Aufzeichnungen über häufige Besuche einer bestimmten Person bei Viktor. Eine Frau namens Dr. Anja Richter.“
„Anja Richter?“, fragte ich und runzelte die Stirn. „Wer ist das?“
„Sie ist eine renommierte Psychiaterin und war Viktors Therapeutin vor Dr. Falk. Sie hat ihn angeblich weiter privat behandelt, nachdem er aus der Klinik entlassen wurde“, sagte Bock.
„Warte“, sagte Roy plötzlich. „Wenn sie Zugang zu den Beruhigungsmitteln hatte und Viktor kannte, könnte sie viel tiefer in diese Sache verwickelt sein.“
Wir beschlossen, Dr. Anja Richter sofort zu befragen. Ihr Büro lag in einer ruhigen, wohlhabenden Gegend von Hamburg, und als wir ankamen, wirkte es eher wie ein Refugium als eine Praxis.
Dr. Richter begrüßte uns freundlich, aber ihre Augen verrieten eine tiefe Vorsicht. „Kommissare, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie.
„Wir untersuchen die Morde an Viktor Schmidt, Lena Sorensen und Nadja Petrova“, begann ich. „Uns wurde gesagt, dass Sie Viktor privat behandelt haben. Stimmt das?“
Dr. Richter nickte langsam. „Ja, das ist korrekt. Viktor war lange mein Patient. Er hatte schwere Angstzustände und Paranoia, aber ich tat mein Bestes, um ihm zu helfen.“
„Könnten Sie uns erklären, warum Beruhigungsmittel, die für Viktor bestimmt waren, in den Körpern der anderen Opfer gefunden wurden?“, fragte Roy direkt.
Ihre Augen weiteten sich leicht. „Was soll das heißen? Das kann nicht sein. Viktor hatte seine Medikamente bei mir, aber ich habe sie niemand anderem gegeben.“
„Wir haben Beweise, dass sie bei allen Opfern gefunden wurden“, sagte ich. „Es wäre besser, wenn Sie die Wahrheit sagen.“
Ihre Fassade begann zu brechen, und sie senkte den Kopf. „Viktor vertraute mir seine innersten Geheimnisse an. Er erzählte mir von den Menschen, die ihn verfolgten, die ihn erpressten. Ich wollte ihm helfen, ihn davor bewahren, sich selbst oder anderen zu schaden...“
„Was haben Sie getan, Dr. Richter?“, fragte Roy sanft.
„Ich... ich wollte seine Ängste beenden. Viktor hat Nadja zu mir geschickt, weil er dachte, sie wolle ihn zerstören. Lena wusste zu viel. Es war alles zu viel...“, ihre Stimme brach und sie begann zu weinen.
„Haben Sie sie umgebracht?“, fragte ich ernst.
Sie nickte schwach, Tränen liefen ihr über das Gesicht. „Ich wollte nicht, aber es schien der einzige Ausweg. Sie alle hatten ihn in der Hand. Sie haben ihn nur noch weiter in den Wahnsinn getrieben. Ich musste ihn schützen, aber es ist alles nur schlimmer geworden.“
„Dann haben Sie Viktor, Lena und Nadja ermordet?“, fragte Roy noch einmal, um sicherzugehen.
„Ja“, flüsterte sie. „Ich dachte, ich tue das Richtige, aber ich habe alles nur zerstört.“
Die Verhaftung von Dr. Anja Richter war bittersüß. Wir hatten den Mörder gefunden, aber die Tragödie, die Viktor Schmidts Leben und das seiner Freunde umgab, war erschütternd. Zurück im Präsidium saßen Roy und ich in unserem Büro, erschöpft, aber mit dem Gefühl, dass endlich Gerechtigkeit walten würde.
Jonathan Bock trat herein, eine Mischung aus Erleichterung und Traurigkeit auf seinem Gesicht. „Gut gemacht, ihr beiden. Wir haben es geschafft, aber dieser Fall wird uns noch lange beschäftigen.“
Roy nickte zustimmend. „Jeder in dieser Geschichte hatte seine eigenen Dämonen. Aber wenigstens konnten wir herausfinden, was wirklich passiert ist.“
Ich sah hinaus auf die Straßen von Hamburg, die langsam in den Abend dämmerte und erinnerte mich an die Worte eines berühmten Philosophen: „In der dunkelsten Stunde zeigt sich oft die wahre Natur der Menschen.“ Wir hatten die Wahrheit ans Licht gebracht, aber der Schatten dieser dunklen Episode würde noch lange bleiben.
Ein paar Tage nach der Verhaftung von Dr. Anja Richter saßen Roy und ich in einem kleinen Imbiss am Hafen, wo wir uns traditionell ein Fischbrötchen gönnten, sobald ein Fall abgeschlossen war. Es war eine Gelegenheit, unsere Gedanken zu ordnen und die letzten Ereignisse zu verdauen. Die Möwen kreisten über uns, die Geräusche des Hafens wirkten beruhigend, und für einen Moment schien die Welt um uns herum friedlich.
Roy nahm einen Bissen von seinem Fischbrötchen und lehnte sich zurück. „Uwe, ich muss zugeben, ich verstehe immer noch nicht, wie das alles mit Kunst zusammenhängt. Viktor, Lena, Nadja – sie alle waren tief in dieser Szene verwickelt, aber am Ende schienen ihre Leben und ihr Tod nichts mehr mit der Kunstwelt zu tun zu haben.“
Ich nickte langsam und kaute nachdenklich an meinem eigenen Brötchen herum, bevor ich antwortete. „Vielleicht haben wir Kunst immer nur als Ausdrucksform betrachtet. Etwas Schönes, Kreatives. Aber Kunst ist auch eine Welt voller Emotionen, Zweifel und Kämpfe. Für Viktor und die anderen war Kunst nicht nur ein Beruf. Es war ihr Leben. Und damit kamen all die Dunkelheiten und Dämonen, die in jedem von uns schlummern.“
Roy legte seinen Kopf schief und schluckte den letzten Bissen, bevor er antwortete. „Aber war es die Kunst, die sie zerstört hat, oder waren es ihre eigenen menschlichen Schwächen?“
„Vielleicht beides“, sagte ich. „Kunst kann Menschen miteinander verbinden, sie zu Höhenflügen und zu tiefen Abstürzen treiben. Kunst verlangt Hingabe, und diese Hingabe kann sowohl schöpferisch als auch zerstörerisch sein. Viktor, Lena und Nadja – sie alle suchten nach etwas durch ihre Kunst, und dieses Streben hat sie anfällig gemacht für die Dunkelheit in ihnen und in anderen.“
Roy kippte seinen Kopf zurück und sah in den klaren Himmel über dem Hafen. „Es macht einen nachdenklich, nicht wahr? Diese Menschen haben so viel Talent und Energie, aber am Ende sind sie doch nur Menschen mit all ihren Fehlern und Schwächen.“
„Und das ist es, was uns verbindet, Roy“, erwiderte ich. „Egal ob Künstler, Polizist oder einfach nur ein Mensch – jeder von uns hat seine Kämpfe, seine Dämonen. Die Kunst, und meinetwegen auch unsere Arbeit, ist nur ein Spiegel dieser inneren Welten.“
Ein Moment des Schweigens folgte, in dem wir beide den Klang der Möwen und die sanfte Brise genossen, die über den Hafen wehte. Schließlich nahm Roy einen Schluck von seiner Cola und grinste leicht.
„Weißt du, Uwe, manchmal denke ich, wir wären auch gute Künstler geworden“, sagte er mit einem Anflug von Humor in der Stimme.
Ich lachte und schüttelte den Kopf. „Vielleicht sind wir das schon, Roy. Nur eben in einer anderen Form. Unsere Leinwand ist das Leben – und unser Pinsel sind die Fragen, die wir stellen.“
Roy nickte, und wir verbrachten noch einige Zeit schweigend, aber in beruhigter Kameradschaft. Schließlich half uns der Imbiss, die Schwere der letzten Tage auszuschütteln und wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Die Welt der Kunst war chaotisch, emotional und komplex – und doch nicht so anders als unsere tägliche Arbeit als Ermittler. Beide Welten erforderten Scharfsinn, Leidenschaft und manchmal auch das Akzeptieren der eigenen Beschränkungen.
Als wir vom Hafen aufbrachen und zurück zum Polizeipräsidium gingen, fühlte sich die Last etwas leichter an. Der Fall war abgeschlossen, aber die Reflexion darüber würde uns noch lange beschäftigen. Doch das war in Ordnung. Denn manchmal war es nicht die Lösung, die zählte, sondern das Verständnis, das man auf dem Weg dorthin gewann. Und das hatten wir – in gewisser Weise – durch diese dunklen Ereignisse gelernt.
„Und vielleicht“, sagte ich, als wir die Tür des Präsidiums wieder öffneten, „ist das die wahre Kunst unserer Arbeit. Die Kunst, das Menschliche in all dem Chaos zu finden.“
„Hast du recht, Uwe“, erwiderte Roy und trat hinein. „Lass uns weitermachen.“
Und das taten wir. Bereit, uns dem nächsten Fall zu stellen, dem nächsten Rätsel der menschlichen Natur – und vielleicht, nur vielleicht, ein wenig mehr Klarheit zu finden, sowohl im Leben als auch in der Kunst.
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 119 Taschenbuchseiten.
Das Gericht spricht die Täter frei, aber die Männer sind doch schuldig der Vergewaltigung, der Körperverletzung und des Mordes. »Die Gerechten« machen es sich zur Aufgabe, die Täter im Geheimen zu verurteilen und das Urteil zu vollstrecken; für sie gibt es nur Tod oder Freispruch. Die FBI-Agenten Trevellian und Tucker müssen der Selbstjustiz einen Riegel vorschieben, aber wer sind die Leute?
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Harte Augen musterten Craig Nichols. Die fünf Männer trugen Perücken, Bärte und Sonnenbrillen. Es war kein richtiges Gericht. Aber sie nannten sich »die Gerechten«. Soeben hatten sie den Stab über Craig Nichols Kopf gebrochen.
»Die Gerechten sind zu folgendem Spruch gekommen«, hatte einer der Kerle gesagt. »Der Beschuldigte Craig Nichols wird des Mordes an Kim Curry für schuldig befunden und daher zum Tod durch Erhängen verurteilt. Das Urteil wird noch in dieser Nacht vollstreckt.«
Craig Nichols war klar, dass dies kein Spiel war. Sein Leben hing an einem seidenen Faden. Er keuchte: »Nein! Das dürft ihr nicht. Es – es wäre Mord. Dieser Schuldspruch ist eine Farce.«
»Wir verschaffen dem Gesetz Geltung«, erhielt er zur Antwort. Der Sprecher schaute einen rotblonden Mann an. »Ihr könnt ihn wegbringen.«
Craig Nichols sprang auf und wandte sich zur Tür. Ehe er sie erreichte, schnitt ihm ein dunkelhaariger Bursche den Weg ab. Nichols prallte gegen ihn. Der Dunkelhaarige stand wie ein Fels, und Nichols taumelte zurück. Der Rotblonde packte seinen rechten Arm und drehte ihn auf den Rücken. Der Dunkelhaarige nahm Nichols linken Arm und bog ihn ebenfalls nach hinten.
»Lasst mich!«, brüllte Nichols.
Er hatte den beiden nichts entgegenzusetzen. Seine Hände wurden gefesselt. Dann band ihm der Rotblonde ein Tuch um den Mund. Nichols konnte nur noch dumpfe Töne ausstoßen. Er zerrte an seinen Fesseln. Die Schnur hielt. Tief schnitt sie in sein Fleisch. Das Blut konnte nicht mehr richtig in die Hände zirkulieren und Nichols Finger wurden taub.
»Das dürft ihr nicht«, wollte er hervorstoßen, doch aus seinem Mund drangen wegen des Knebels nur unartikulierte Laute. Er verschluckte sich und musste husten. Seine Augen quollen hervor. Schließlich überwand er den Hustenanfall. Er atmete rasselnd. Seine Brust hob und senkte sich unter den keuchenden Atemzügen.