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Dieser Band enthält folgende Romane: Trevellian und die blutigen Diamanten (Pete Hackett Jagd auf Jack Jones (Pete Hackett) Doppeltes Spiel (Alfred Bekker) Das unbekannte Gift (Max Dalman) John Kellerman, ein großer Drogenboss, kauft Heroin im Wert von zwei Millionen Dollar und lässt dieses von seinem Gehilfen Dave Ross abholen. Diesem wird allerdings auf der Flucht das Auto samt Drogen von der Motorradgang 'Red Devils' gestohlen. Kellerman gibt Dave Ross drei Tage Zeit, um die Drogen zurückzuholen. Dieser will sich den Boss der Rocker, Jack Jones, vornehmen, gerät allerdings an den namensgleichen Schüler. Jack muss Ross jetzt klarmachen, dass er mit der Sache nichts zu tun hat und handelt dabei des Öfteren auf eigene Faust.
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Seitenzahl: 859
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Krimi Quartett Superband 1025
Copyright
Trevellian und die blutigen Diamanten
Jagd auf Jack Jones: Action Thriller
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Doppeltes Spiel
Das unbekannte Gift
Titelseite
Cover
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Dieser Band enthält folgende Romane:
Trevellian und die blutigen Diamanten (Pete Hackett
Jagd auf Jack Jones (Pete Hackett)
Doppeltes Spiel (Alfred Bekker)
Das unbekannte Gift (Max Dalman)
John Kellerman, ein großer Drogenboss, kauft Heroin im Wert von zwei Millionen Dollar und lässt dieses von seinem Gehilfen Dave Ross abholen. Diesem wird allerdings auf der Flucht das Auto samt Drogen von der Motorradgang 'Red Devils' gestohlen. Kellerman gibt Dave Ross drei Tage Zeit, um die Drogen zurückzuholen. Dieser will sich den Boss der Rocker, Jack Jones, vornehmen, gerät allerdings an den namensgleichen Schüler. Jack muss Ross jetzt klarmachen, dass er mit der Sache nichts zu tun hat und handelt dabei des Öfteren auf eigene Faust.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
von Pete Hackett
Sassou Mubato kommt aus Sierra Leone. Er gehört zur Oppositionspartei RUF, deren Mitglieder beschlossen haben, ihre Anliegen mit besonderem Nachdruck voranzutreiben. Mubatos Auftrag ist es, Waffen zu kaufen. Mubato hat Rohdiamanten verkauft und dafür zehn Millionen Dollar bekommen. Den Preis, den der Waffenhändler für seine Ware fordert. Als Mubato sich auf dem Weg zum Waffendepot befindet, wird er jedoch abgefangen. Am nächsten Tag sind die zehn Millionen verschwunden und Mubato tot. Aber auch von den Diamanten fehlt jede Spur.
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Alles rund um Belletristik!
"Ich muss mal ins Badezimmer", sagte Diana Ashborne, die hübsche 22-Jährige Hostess, die dem feisten Jack Hunt von der Agentur Dolphin vermittelt worden war. Es war Punkt 24 Uhr. Die behaarten Arme Hunts gaben die Kleine frei. Sie setzte sich auf, schwang die Beine vom Bett, und erhob sich geschmeidig.
Sie waren beide nackt. Der dicke, unförmige Mann, der für die Liebe bezahlte, und die schlanke, grazile Diana, die sich für die Liebe bezahlen ließ. Mit schwingenden Hüften verließ sie das Badezimmer. Die schwarzen, leicht gewellten, langen Haare fielen weit auf ihren Rücken. Ein habgieriger Ausdruck trat in Jack Hunts Blick. Er konnte in dieser Nacht nicht genug kriegen von ihr.
Doch im Treppenhaus war bereits sein Mörder. Er wartete nur, dass ihm die Tür geöffnet wurde...
Diana drückte die Schlafzimmertür hinter sich zu, doch sie schloss sie nicht, sondern ließ sie nur angelehnt. Ihre Brüste wippten bei jedem Schritt, den sie machte.
"Beeil dich!", hörte sie Jack Hunt heiser vor heißem Verlangen rufen.
Diana eilte zur Wohnungstür, nahm vorsichtig die Sicherungskette aus der Verankerung, schob leise den Riegel auf, und drehte den Schlüssel herum. Dann öffnete sie die Tür einen Spalt breit und lief anschließend ins Bad.
Die Wasserspülung rauschte. Jack Hunt starrte erwartungsvoll auf die Tür. Gleich musste das wunderschöne Geschöpf wieder erscheinen, das ihn so sehr antörnte und über sich hinauswachsen ließ. Sie war ein Jungbrunnen, sie verstand es, ihn zu immer neuer Leistung anzuspornen, er fühlte sich in dieser Nacht um Jahre zurückversetzt, er war unermüdlich...
"Na endlich!"
Die Tür schwang auf. Aber es war nicht Diana Ashborne, die das Zimmer betrat. Es war ein hochgewachsener Mann im Jeansanzug, unmaskiert, mit kurzen, blonden Haaren und - einer Glock in der rechten Faust, auf deren Mündung ein klobiger Schalldämpfer geschraubt war.
Der Mund Jack Hunts sprang auseinander wie zu einem Schrei, doch dieser blieb ihm in der Kehle stecken. Über seine Lippen brach lediglich ein zerrinnendes Stöhnen. Der Schreck lähmte Hunt. Die kreisrunde Mündung des Schalldämpfers glotzte ihn an wie das Auge eines Totenschädels.
"Wo hast du das Zeug versteckt?", fragte der Mann.
Hunt schluckte. Es war, als würgte ihn eine unsichtbare Faust. Seine Lippen bewegten sich, doch die Todesangst versiegelte sie.
"Wo?", peitschte die klirrende Stimme.
"Ich - ich - großer Gott...", entrang es sich Hunt schließlich. "Wie sind Sie hereingekommen? Was - was wollen Sie von mir? Was - was ist mit dem Mädchen?"
"Ich will wissen, wo du das Zeug versteckt hast", knurrte der Bursche im Jeansanzug. "Du wolltest Freeman betrügen, Hunt, das Geschäft zu seinen Lasten machen. Hast du allen Ernstes gedacht, er lässt das durchgehen?"
"Das - das stimmt nicht", stammelte Jack Hunt. Er stemmte sich auf die Ellenbogen hoch. "Woodards Leute haben mir die Ware abgenommen. Sie hätten mich erschossen, wenn ich..."
Der andere winkte ungeduldig ab. "Erzähl keinen Scheiß, Hunt. Woodard also. Du hast mit der Ratte gemeinsame Sache gemacht und Freeman um zehn Millionen Dollar erleichtert. Eigentlich um 20 Mios. Aber den entgangenen Gewinn will ich gar nicht rechnen."
"Nein!" Hunt rang die schweißnassen Hände. Seine Stimme klang weinerlich. Schweiß perlte auf seiner Stirn. In seinen Augen flackerte die Angst, sie wütete in seinen feisten Gesichtszügen und degradierte sie zur kläglichen Maske. "Woodard hat mir die Diamanten weggenommen. Ich habe keine Ahnung, woher er wusste, dass sie bei mir zwischengelagert werden. Er - er schickte zwei Leute..."
Das Gesicht des Blonden straffte sich. "Dann hast du also die Diamanten gar nicht mehr." Das war keine Frage, sondern eine glasklare Feststellung.
"Nein! Wie ich schon sagte, die beiden Kerle, die Woodard mir schickte, haben sie mir..."
Der Blonde drückte ab. Der Schalldämpfer schluckte die Detonation. Das Geschoss fuhr Hunt in die Brust und warf ihn auf's Bett zurück. Er wollte schreien, seine Not hinausbrüllen, aber der Tod ließ seinen Schrei im Ansatz ersticken. Die Gestalt Hunts erschlaffte.
Der Killer wandte sich ohne die Spur einer Gemütsregung um. Diana Ashborne stand mit schreckensweiten Augen unter der Tür zum Badezimmer. "Du - du hast ihn erschossen", keuchte sie und presste ihre rechte Hand auf den Halsansatz, als könnte sie so ihren fliegenden Atem beruhigen. "Ich dachte, du..."
"Wen interessiert schon, was du dachtest, Schätzchen", stieß der Killer hervor und richtete die Pistole auf Diana. "Es war ein netter Zug von dir, dass du mir die Tür aufgemacht hast. Aber jetzt bist du überflüssig geworden."
Diana begriff. Sie warf sich herum, um ins Badezimmer zu fliehen. Aber die Kugel war schneller. Sie fuhr ihr mit einem schrecklichen Schlag zwischen die Schulterblätter und zerschmetterte ihr Rückgrat. Als das Callgirl am Boden aufschlug, war es tot.
Ungerührt starrte der Killer sekundenlang auf ihre Leiche, dann wandte er sich ab und ging zur Tür. Er sicherte ins Treppenhaus. Die Stille, die hier herrschte, mutete fast greifbar an. Der Killer verstaute die Glock unter seiner Jacke und verließ die Wohnung. Er schloss die Tür hinter sich. Das leise Klappen versank in der lastenden Stille.
Ungesehen verließ der Killer das Hochhaus, in dem Jack Hunt das Penthouse bewohnt hatte...
Sassou Mubato telefonierte von seinem Hotelzimmer aus. Er sagte: "Ich habe die zehn Millionen Dollar. Wenn Sie die Waffen haben, können wir ins Geschäft kommen. Haben Sie die Waffen?"
Mubato sprach nahezu perfekt englisch. Er kam aus Sierra Leone. Dort gehörte er der RUF-Partei (Revolutionäre Vereinigte Front) an. Die führenden Köpfe der RUF hatten ihre eigene Vorstellung, was die Verwaltung Sierra Leones betraf. Unter der Oberfläche in dem westafrikanischen Staat brodelte es, seit die Vertreter der RUF-Partei bei den Parlamentswahlen im Jahre 2002 kaum Stimmen bekommen hatten und die Rebellenpartei in der Bedeutungslosigkeit zu versinken drohte. Die Soldaten der RUF hatten ihre Waffen an UNO-Blauhelme abgeben sollen. Sie dachten nicht daran. Sie hatten vielmehr Waffenlager angelegt und UN-Vertreter sowie UN-Soldaten als Geiseln genommen.
"Natürlich habe ich die Waffen", antwortete Hugh Garfield. "Waffen für zehn Millionen Dollar. Wie vereinbart. Wo können wir uns treffen?"
"Ich will die Waffen sehen, ehe ich bezahle", gab Sassou Mubato zu verstehen.
"Das war mir klar. Sie befinden sich im Keller eines Abbruchhauses in Queens. Sie werden per Schiff New York verlassen. Hören Sie, Mubato, ich schicke ihnen zwei Männer, die sie zu dem Haus in Queens bringen werden. Ich werde da sei. Sehen Sie sich das Material an, und wenn Sie es für in Ordnung befinden, kommen wir zum geschäftlichen Teil."
Mubato, der Schwarzafrikaner, überlegte nicht lange. "In Ordnung, Garfield. Ich wohne im Paramount in der 46. Straße, Zimmer 518. Ich erwarte Ihre Boten. Bis wann werden die beiden bei mir sein?"
"In einer Stunde. Ist das in Ordnung?"
"Ja. Sie erwarten doch hoffentlich nicht, dass ich die zehn Millionen bei mir trage, Garfield. Ich habe sie in einem Schließfach deponiert. Wir fahren hin, wenn ich die Waffen gesehen habe."
"Das geht in Ordnung, Mubato. Meine Leute werden in einer Stunde bei Ihnen sein. Am besten, Sie warten in der Lobby auf sie."
Sie beendeten das Gespräch. Mubato ging zum Fenster und schaute versonnen durch die Scheibe. Er misstraute Garfield. Möglicherweise wollte er nur die zehn Millionen Dollar, ohne auch nur eine einzige Patrone zu liefern. Dann hing natürlich sein, Mubatos, Leben an einem seidenen Faden, wenn er sich in die Hand Garfields begab. Aber hatte er eine andere Chance? Er musste sehen, was er kaufte. Schließlich war er dem Anführer seiner Organisation, dem Rebellenchef Foday Sankoh, Rechenschaft schuldig.
Also musste er sich in die Höhle es Löwen wagen.
Der dunkelhäutige Mann wandte sich vom Fenster ab und warf sich auf's Bett. Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf und starrte hinauf zur weißgekalkten Decke. Er fühlte Unbehagen, wenn er an Garfield dachte.
Die Minuten verrannen. Nachdem etwa eine Dreiviertelstunde vergangen war, erhob sich Mubato. Er ging zum Schrank, öffnete ihn und holte ein Achselhalfter mit einem 38er Revolver im Holster heraus. Er legte sich das Halfter an, zog seine Jacke über und verließ das Zimmer. Mit dem Lift fuhr er hinunter in die Halle des Hotels. Dort gab es eine Polstermöbelsitzgruppe. Mubato ließ sich in einen der Sessel fallen und beobachtete den Ausgang. Leute kamen und gingen. Fünf Chinesen checkten ein.
Ein Mann, der mit einem Jeansanzug bekleidet war, betrat die Lobby. Er streifte Mubato mit einem intensiven Blick, dann ging er zum Aufzug und drückte den Knopf, der die Kabine ins Erdgeschoss holte. Wenig später betrat der Mann den Lift. Die Türen fuhren lautlos zu, mit einem leisen Rumpeln setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung. Entsprechend der Leuchtziffernanzeige über der Aufzugtür hielt er in der 5. Etage.
In der 5. Etage lag auch Mubatos Zimmer. Doch Mubato dachte sich nichts dabei. Weshalb auch?
Er schaute auf die Uhr. In zwei Minuten war die Stunde abgelaufen, von der Garfield gesprochen hatte. Langsam wurde der Westafrikaner ungeduldig. Die Chinesen hatten ihre Zimmer zugeteilt bekommen und zogen schnatternd ihre Koffer zum Aufzug. Einer drückte den Knopf. Aber der Aufzug blieb in der 5. Etage stehen. Die Chinamänner gestikulierten und begannen, sich lautstark zu beschweren. Eine junge Frau verließ die Rezeption und drückte auf den Knopf, der den Aufzug ins Erdgeschoss rufen sollte. Vergebens. Sie entschuldigte sich bei den fünf Chinesen und ging zur Treppe. Ihrem Kollegen hinter der Rezeption rief sie zu: "Ich sehe mal nach. Wahrscheinlich hat die Tür oben nicht richtig geschlossen. Ein Glück, dass der Aufzug nur im 5. Stockwerk steht."
Sie lachte und machte sich an den Aufstieg.
Plötzlich aber setzte sich der Aufzug in Bewegung. Vierter Stock, dritter, zweiter...
Durch die große Drehtür am Eingang des Hotels kamen zwei Kerle mit Sonnenbrillen auf den Nasen. Einer war wohl einsneunzig groß, der andere einen Kopf kleiner. Sie trugen saloppe Anzüge, schauten sich um, und sahen Sassou Mubato in einem der Sessel sitzen. Der Blick des Großen kreuzte sich mit dem des Schwarzen. Dieser musterte ihn erwartungsvoll. Der Große stieß seinen Gefährten an und wies mit dem Kinn auf den Mann aus Sierra Leone. Dann kamen beide näher.
In diesem Moment fuhren die beiden Hälften der Aufzugtür auseinander. Der Bursche im Jeansanzug, der vorhin hinaufgefahren war, trat heraus. Er hatte oben sein Feuerzeug in die Aufzugtür geklemmt, so dass niemand den Aufzug aus der 5. Etage wegholen konnte.
Er kämpfte sich schnell und fast rücksichtslos einen Weg durch den Pulk der Chinesen, dann war er durch und rief: "Mabuto!"
Der Westafrikaner, der seine Aufmerksamkeit den beiden Ankömmlingen mit den Sonnenbrillen gewidmet hatte, zuckte herum.
Der Bursche im Jeansanzug wusste, dass er den Mann, den er suchte, vor sich hatte. Er zog seine Pistole aus dem Schulterholster. Es war eine Glock...
Aber auch die beiden Kerle mit den Sonnenbrillen reagierten. Sie hatten keine Ahnung, was es mit dem Burschen im Jeansanzug auf sich hatte, sie hatten nur begriffen, dass er sich für den Afrikaner interessierte, für den Mann, den sie abholen sollten - und sie sahen die Waffe in seiner Faust.
Es bedurfte keiner weiteren Fragen.
Die beiden Kerle griffen unter ihre locker hängenden Sakkos und rissen die Waffen heraus. Der Bursche im Jeansanzug stieß sich ab. Die Waffen fingen an zu schmettern.
Schreiend flüchteten die Chinesen, die eben im Begriff gewesen waren, den Aufzug zu betreten, auseinander. Der Mann und die beiden anderen Frauen hinter der Rezeption standen fassungslos da. Es überstieg ihr Begriffsvermögen, so dass sie nicht fähig waren, zu reagieren. Auch Mubato stand wie erstarrt vor dem Sessel, in dem er gesessen hatte.
Der kleinere der beiden Kerle, die gekommen waren, um Mubato abzuholen, brach zusammen. Der andere rannte in Richtung Rezeption und feuerte Schuss um Schuss auf den Mann im Jeansanzug. Doch seine Schüsse waren ungezielt. Außerdem bewegte sich der Bursche im Jeansanzug blitzartig und geschmeidig. Seine Glock dröhnte zum wiederholten Mal. Kurz vor der rettenden Rezeption erwischte es auch den anderen Boten Garfields. Er hielt an, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen, machte den Rücken hohl, und kippte über seine Absätze nach hinten. Lang schlug er hin.
Der Mann im Jeansanzug war schon bei Mubato. Er drückte ihm die Pistolenmündung gegen die Seite und stieß hervor: "Verschwinden wir, Mubato. Vorwärts, keine Zicken!" Seine Stimme klang drängend, in seinem Blick lag eine tödliche Drohung.
Sassou Mubato vergaß total, dass er selbst einen 38er im Schulterholster stecken hatte. Wie von Schnüren gezogen setzte er sich in Bewegung. Der Jeans-Mann dirigierte ihn aus der Hotelhalle ins Freie...
Mr. McKee, seines Zeichen Special Agent in Charge des FBI New York, ließ bitten. Milo und ich traten bei ihm an. Wir ermittelten gerade in einem Fall, in dem es um Neonazismus und Rechtsextremismus ging. Einige Anführer des terroristischen Netzwerks waren uns namentlich bekannt. Nicht alle. Leider. Aber ein V-Mann, den wir in die Zelle eingeschleust hatten, hielt uns auf dem Laufenden. Wir warteten nur noch darauf, dass die Köpfe der Terrorgruppe auf einem Haufen versammelt waren. Dann wollten wir zuschlagen...
Nachdem wir uns begrüßt hatten, bot der Chef uns Plätze an. Es ging auf Mittag zu. Draußen schien die Herbstsonne. In den Nächten sanken die Temperaturen schon auf den Gefrierpunkt. Tagsüber aber war es noch sonnig und angenehm. In den Parks begannen sich die Blätter der Bäume und Büsche zu verfärben.
Erwartungsvoll und fragend musterten wir den SAC. Und er ließ mit seiner Erklärung nicht lange warten. Er sagte: "Jesse, Milo, soeben erhalte ich die Meldung, dass ein Vertreter der Regierung Sierra Leones im Paramount Hotel nach einer Schießerei gekidnappt worden ist. Sein Name ist Sassou Mubato. Er gehört der RUF-Partei an, und man vermutet, dass er - hm..." Mr. McKee zögerte. Schließlich aber vollendete er: "Ich will mal sagen, dass er auf Geschäftsreise war. Da er Angehöriger der RUF-Partei ist, dürfte es sich allerdings um Geschäfte von besonderer Brisanz handeln."
Sierra Leone - RUF-Partei - Geschäftsreise.
Sierra Leone war mir ein Begriff. Westafrikanischer Küstenstaat. Die Hauptstadt ist Freetown.
RUF-Partei sagte mir auch etwas. Revolutionary United Front! Das waren Rebellen, denen 1999 Generalamnestie zugesichert wurde, als sie die Waffen streckten. Es handelte sich um eine Mörderbande, mit der die Regierung paktierte. Die RUF verfügte über 30.000 Kämpfer. Sie kontrollierten nahezu den gesamten Diamantenabbau in Sierra Leone...
Aber mit Geschäftsreise konnte ich nichts anfangen. Daher echote ich: "Geschäftsreise?" Und dann: "Wie sollen wir das verstehen, Sir?"
"Es ist anzunehmen, dass Mubato Rohdiamanten nach New York schleuste, die er hier verkaufte. Mit dem Geld aus dem Verkauf von Rohdiamanten finanziert bekanntermaßen die RUF den Bürgerkrieg in Sierra Leone."
"Der Handel mit Rohdiamanten aus den vom Bürgerkrieg geschüttelten Ländern wie Sierra Leone, Liberia und Angola ist weltweit verboten", warf Milo ein. "Es besteht ein internationales Zertifizierungssystem..."
Er brach vielsagend ab.
"Man spricht von Konfliktdiamanten", fügte ich hinzu.
Der Chef nickte. "Das ist richtig. Der Weltsicherheitsrat hat im Juli 2000 den Handel mit Diamanten unter anderem aus Sierra Leone verboten. Dennoch floriert das Geschäft. Es gibt Länder, die das Embargo immer wieder brechen. Und es gibt Leute, die Rohdiamanten aus Sierra Leone aufkaufen und sich damit dumm und dämlich verdienen."
"Und mit jemand dieses Schlages stand Mubato in Verbindung, wie?", fragte ich.
"Davon ist auszugehen. Der Fall Mubato wurde jedenfalls vom Police Departement an uns abgegeben. Und ich will, dass Sie beide, Jesse und Milo, sich der Angelegenheit annehmen. Es dürfte sich um eine hochbrisante Sache handeln, denn immerhin gehört Mubato der RUF-Partei an, und die ist im Parlament Sierra Leones vertreten."
"Sie sagten, dass Mubato nach einer Schießerei gekidnappt wurde, Sir", kam es von Milo. "Gab es Verletzte, vielleicht sogar Tote?"
"Ein Mann wurde getötet. Sein Name ist Herb Anderson. Ein anderer wurde schwer verwundet. Bauchschuss. Er heißt James Forsyth. Er befindet sich im University Medical Center und wird immer noch operiert. Der Kidnapper trug einen Jeansanzug. Er war blondhaarig und um die 35 Jahre alt."
"Es gibt also Augenzeugen", stellte ich fest.
Der Chef nickte. "Ja. Eine Gruppe Chinesen, die kurz vorher eincheckte und gerade in den Aufzug steigen wollte, sowie das Personal hinter der Rezeption."
"Weiß man was Näheres über Anderson und Forsyth?", fragte ich.
"Sie arbeiten für einen Mann namens Hugh Garfield. Das Hotelpersonal erklärte übereinstimmend, dass es den Anschein hatte, dass die beiden mit Mubato vereinbart waren. Plötzlich stürmte der Mann im Jeansanzug aus dem Aufzug, rief Mubatos Namen, zog eine Pistole, und die beiden rissen die Waffen heraus. Den Rest habe ich Ihnen erzählt..."
"Was treibt dieser Hugh Garfield?", wollte Milo wissen.
"Er ist Schrotthändler", erwiderte der Chef.
"Schrotthändler", entfuhr es mir. "Was sollte ein Mann von der Regierung Sierra Leones mit einem New Yorker Schrotthändler am Hut haben?" Ich zuckte mit den Achseln. Eine Antwort konnte mir weder Mr. McKee noch Milo geben. Daher wechselte ich das Thema. "Im übrigen sind wir nahe an Walter Shirland und seiner Terrorgruppe dran, Sir. Wir warten nur noch auf den Anruf Vince Saddlers, unseres V-Mannes. Sobald sich die Anführer der Zelle versammeln, schlagen wir zu."
"Warum warten Sie so lange?", wollte der Chef wissen.
"Saddler kennt nur ein paar Namen", klärte ich den SAC auf. "Wir aber wollen jeden dieser Kerle, die unsere Stadt bedrohen. Darum warten wir, bis wir sie auf einem Haufen haben."
"Dieser Vince Saddler hat uns schon öfter mal gute Tipps geliefert, wie?", kam es vom Chef.
"Ja", antwortete ich, "ihm haben wir es zu verdanken, dass wir Fred Agostino schnappen konnten. Er entwickelt sich zu einem ebenso brauchbaren Informanten, wie es einst Hank Hogan war, ehe er sich als Detektiv selbständig machte."
Fred Agostinos Verein waren Drogengeschäfte im großen Stil, Schutzgelderpressung, Menschenhandel und Auftragsmord zugeschrieben worden. Schnappen konnten wir Agostino und seinen Vertreter auf einen Tipp Vince Saddlers hin, als sie einige aus einem Museum in Boston geraubte Gemälde an einen Sammler verhökern wollten.
"Wir werden uns um die Sache mit Mubato kümmern, Sir", versprach Milo.
"Tun Sie das, Gentlemen", sagte der Chef. "Halten Sie mich auf dem Laufenden. Und seien Sie vorsichtig. Möglicherweise steckt mehr dahinter als nur eine läppische Entführung."
Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch keine Ahnung, wie sehr der Chef recht haben sollte. Der Fall sollte wieder einmal alles von uns fordern.
Wir erhoben und verabschiedeten uns. Mr. McKee hatte alles gesagt, was es zu sagen gab.
Das Hauptlager des Schrottplatzes, den Hugh Garfield sein eigen nannten, befand sich in Queens. Es gab aber auch in Staten Island, in Brooklyn und in der Bronx jeweils ein Schrottlager. Das herauszufinden kostete uns ein Lächeln. Wir beschlossen, Mr. Garfield einen Besuch abzustatten.
Ich kurvte also mit dem Dienstwagen nach Queens, genau gesagt in die 90. Straße. Der Schrottplatz war ein riesiges Areal, das von einem Maschendrahtzaun umgeben war, inmitten drei- und vierstöckiger Mietshäuser. Das Tor war aus Eisenrohren zusammengeschweißt und stand offen. Wir fuhren also zwischen Bergen verrosteter Autowracks, ausrangierter Kühlschränke und Gefriertruhen, Elektroöfen und was es sonst noch an Schrott gab, bis zu der flachen Verwaltungsbaracke, und stiegen vor dem Eingang aus dem Dienstwagen.
Mir sprang ein Lastzug ins Auge, der da stand und vollbeladen mit Schrott war. Der Anhänger wurde gerade beladen. Man bediente sich dazu eines Lastkrans. Es schepperte, klirrte und krachte metallisch.
Wir betraten die Baracke, die nur über einen Raum verfügte. Es gab eine Theke. Dahinter saß ein Mann in einem blauen Overall. Er telefonierte gerade.
Wir warteten.
Als er das Gespräch beendet hatte, schaute er uns fragend an. "Wollt ihr Schrott kaufen oder verkaufen?", fragte er dann grinsend.
"Weder - noch", versetzte ich. Ich zog meine ID-Card, hielt sie in die Höhe und fügte hinzu: "FBI New York. Wir hätten gerne Mr. Garfield gesprochen."
Der Bursche lachte auf. "Garfield, den Boss", stieß er dann hervor. "Nun, den finden Sie hier nicht. Denken Sie im Ernst, er macht sich noch die Finger schmutzig. Nein..." Der Mann schüttelte den Kopf. "Der lässt arbeiten. Er kassiert nur das große Geld."
Wieder lachte der Bursche.
"Wo wohnt Garfield?"
"Am Northern Boulevard. Soll ich ihn anrufen? Vielleicht kommt er her. Was soll ich ihm denn sagen? Er wird wissen wollen, was das FBI von ihm will."
"Ja, rufen Sie ihn an", versetzte ich. "Es geht um Herb Anderson und James Forsyth..."
"Wir sollten es Garfield vielleicht selbst sagen", knurrte Milo.
Ich nickte. "Du hast recht." Ich wandte mich wieder dem Mann im Ovarall zu. "Wählen Sie Garfields Nummer und gegen Sie mir dann den Hörer."
Der Bursche tat, wie ihm geheißen. Eine Minute später hatte ich Garfield am Apparat. Ich sagte: "Mein Name ist Trevellian, Mr. Garfield. Special Agent, FBI New York. Wir haben einige Fragen an sie, ihre Angestellten Herb Anderson und James Forsyth betreffend."
Sekundenlang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann erklang Garfields etwas heiser klingende Stimme: "Was ist denn mit den beiden?"
"Wissen Sie denn nicht, dass es im Paramount Hotel eine Schießerei gab, bei der Herb Anderson getötet und James Forsyth schwer verletzt wurde?"
Wieder das kurze Schweigen, dann: "Weiß ich nicht. Ich habe auch nicht den Schimmer einer Ahnung, was die beiden im Paramount Hotel zu suchen hatten. Wann soll das gewesen sein?"
Täuschte ich mich, oder lag tatsächlich so etwas wie unterdrückte Unruhe im Tonfall Garfield?
"Heute, am Vormittag. Sollten die beiden zu dieser Zeit nicht ihrer Arbeit nachgehen? Vielleicht waren sie aber auch dienstlich unterwegs."
"Ich sagte doch schon..."
"Sicher, Sie haben nicht den Schimmer einer Ahnung. Dennoch hätten wir sie gerne gesprochen. Es gibt nun verschiedene Möglichkeiten. Entweder Sie kommen zu Ihrem Schrottlager in der 90th., oder wir fahren zu Ihnen, oder wir laden Sie ins Field Office vor."
"Ich komme."
"Wir warten auf Sie. Lassen Sie sich also nicht allzu sehr Zeit."
"Ich fliege", kam es etwas spöttisch, dann knackte es in der Leitung und sie war tot.
Ich legte auf.
"Kennen Sie Anderson und Forsyth?", wandte Milo sich an den Mann im blauen Overall.
"Natürlich. Sie arbeiten doch für die selbe Firma wie ich. Die beiden waren so etwas wie die Manager des Schrotthandels. Wie gesagt - Garfield lässt arbeiten. Ich glaube, Anderson war für den Handel im Inland zuständig, Forsyth für die ausländischen Beziehungen."
Ich hatte keine Ahnung, inwieweit im Schrotthandel ausländische Beziehungen und Geschäftsverbindungen eine Rolle spielten, stellte aber keine weiteren Fragen. Möglich, dass irgendwelche ausländischen Stahl- und Walzwerke mit dem Schrott beliefert wurden, der dort wiederaufbereitet und verwertet wurde.
"Was machen Sie hier?", fragte ich den Mann.
"Nun, ich kaufe Schrott an, den die Leute anschleppen. Es gibt Zeitgenossen, die fahren mit einem Lastwagen durch die Gegend und sammeln jedes Stück Blech ein, das sie finden. Und den Krempel liefern sie dann hier an. Teilweise sogar recht rentabel, das Geschäft."
Vor allen Dingen, sagte ich mir, arbeiten diese Zeitgenossen mit Sicherheit am Finanzamt vorbei. Aber das war nicht mein Problem als FBI-Agent.
Nach einer halben Stunde kam Hugh Garfield. Er war ein schwergewichtiger Mann, glatzköpfig, selbstbewusst und weltmännisch. Er ging hinter den Tresen, ließ sich auf einen Stuhl fallen, und verschränkte die Hände über dem Bauch. "Ich bin da. Fragen Sie, Agents."
"Was sagt Ihnen der Name Sassou Mubato?", fragte Milo sogleich.
Garfields linke Braue zuckte in die Höhe. Es verlieh seiner Mimik einen arroganten Ausdruck. "Wer soll das sein?"
"Ein Schwarzer, Mitglied der RUF-Partie in Sierra Leone, befand sich in New York und wurde heute Vormittag aus dem Paramount Hotel gekidnappt. In diesem Zusammenhang wurden ihre beiden Manager Anderson und Forsyth niedergeschossen."
Der Blick Garfields sprang zwischen Milo und mir hin und her. Dann schnappte er: "Ich verstehe nur Bahnhof, G-men. Aber gestatten Sie mir eine Frage. Waren meine beiden Angestellten in Begleitung dieses Mabotu..."
"Mubato", verbesserte ich.
"...dieses Mubato, oder wurden sie zufällig in Mitleidenschaft gezogen?"
Ich ging auf diese Frage nicht ein. "Die Frage ist, was wollten Ihre beiden Angestellten heute Vormittag im Paramount? Haben sie keine feste Arbeitszeit?"
Garfield starrte mich an. Es war der Blick, mit dem die Schlange die Maus hypnotisiert, ehe sie sie verschlingt. So empfand ich es zumindest. "Anderson und Forsyth waren so etwas wie Direktoren in meiner Firma, G-men", stieß Garfield hervor. "Sie hatten völlig freie Hand. Ich beschäftige insgesamt wohl an die 40 Leute. Und ich kann mich nicht um alles selbst kümmern. Daran habe ich auch gar nicht das geringste Interesse. Ich bin aber auch nicht der Hüter meiner Manager. Ich weiß nicht, was sie im Hotel wollten, und schon gar nicht kenne ich diesen Mabotu..."
"Mubato."
Garfield winkte ungeduldig ab. "Sie wissen, von wem ich rede."
"Es geht möglicherweise um Rohdiamanten aus Sierra Leone", gab ich zu verstehen. "Rohdiamanten, die illegal nach New York gelangt sind, mit denen der Bürgerkrieg in Sierra Leone finanziert werden soll."
"Was sollte ich mit Rohdiamanten", schnarrte Garfield. "Ich handle mit Alteisen, Edelmetallen, Blech und Stahl, aber nicht mit Diamanten."
"Verkaufen Sie Ihren Schrott auch an die Waffenindustrie?"
"Ich verkaufe meinen Schrott an jeden, der ihn haben will. Natürlich gibt es auch in der Waffenindustrie Wiederaufbereitung und -verwertung. Ohne Frage."
"Schrott spart Rohstoff", knurrte Milo. "Nichts geht über Recycling."
Garfield dehnte, ohne auf Milos Kommentar einzugehen: "Ich habe in allen Stadtteilen Schrottlager. Anderson und Forsyth sind ständig unterwegs. Es ist ihr Job. In der Verwaltung trifft man sie selten. Ich sehe und spreche die beiden oft tagelang nicht. Ich verlange von ihnen auch keine Rechenschaft darüber, wie sie ihre Arbeit gestalten. Solange der Laden reibungslos läuft..."
"Haben Sie Geschäftsbeziehungen nach Sierra Leone?"
"Möglich. Aber das kann Ihnen nur Forsyth beantworten. Er ist der Mann für's Ausland. Man könnte auch in der Verwaltung nachfragen..."
"Das werden wir, Mr. Garfield", versicherte ich.
"Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann, G-men", sagte Garfield. "Natürlich steht es Ihnen frei, in der Verwaltung sämtliche Geschäftsunterlagen einzusehen. Ich selbst stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung."
Etwas an Garfield gefiel mir nicht. Ich wusste selbst nicht zu sagen, was es war. Es war jedenfalls so, und ich konnte dieses Gefühl auch nicht verdrängen. Ich durfte mich allerdings nicht von persönlichen Empfindungen leiten lassen. Nur Fakten zählten. Und davon hatten wir nach dem Gespräch mit Garfield herzlich wenige.
"Tut mir leid, wenn wir Sie herbemüht haben", sagte ich. "Aber da es sich um zwei Ihrer engsten Vertrauten handelte..."
"Machen Sie sich keine Gedanken, G-men", kam es von Garfield. Er lachte. "Ich kann es nur wiederholen: Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, sollte es noch irgendwelche Fragen geben."
Nachdem wir wieder im Field Office waren, rief Milo im Krankenhaus an und erkundigte sich nach dem Zustand James Forsyths. Man erklärte meinem Freund und Teampartner, dass die Chancen 50 zu 50 standen, und dass Forsyth sich in einem künstlichen Koma befand. Vernehmungsfähig wäre er frühestens in einer Woche - wenn überhaupt...
Mubato saß in einer Kellerwohnung auf einem Stuhl, die Arme waren hinter der Rückenlehne gefesselt. Auch seine Beine waren an den Stuhlbeinen festgebunden. Den 38er hatte ihm sein Entführer weggenommen.
Der Mann im Jeansanzug telefonierte mit seinem Handy. Er sagte: "Ich habe Mubato. Allerdings gab es eine Schießerei im Hotel. Ich musste zwei Kerle ausschalten, die ebenfalls Interesse an dem Schwarzen zu haben schienen."
"Zwei Kerle?"
"Ja. Einer war ziemlich groß, der andere einen Kopf kleiner. Nun, sie zogen ihre Waffen, als ich Mubatos Namen rief. Den Rest werden Sie in der Zeitung lesen können."
"Sind die beiden tot?"
"Keine Ahnung. Es sah aber ganz so aus."
"Mist!"
"Möglich, aber nicht mehr zu ändern. Ich hatte den Auftrag..."
"Schon gut. Ich komme. In einer Viertelstunde bin ich da. Du kannst den Bimbo in der Zwischenzeit ja schon ein wenig beackern, Jeff."
"Mach ich mit Vergnügen. Was machen wir mit ihm, wenn er redet?"
"Wir lassen ihn verschwinden."
Mit dem letzten Wort wurde das Gespräch beendet. Jeff, der Mann im Jeansanzug, schob sein Mobiltelefon in die Tasche. Er richtete den Blick seiner kalten Augen auf Mubato. Dann trat er vor den Schwarzen hin. Fast genüsslich rieb Jeff mit der geöffneten Linken über die geballte Rechte. Unablässig, als wollte er seine Faust massieren.
"Freeman will sein Geld zurück, Blacky", zischte Jeff plötzlich. "Die Diamanten, die du ihm verkauft hast, wurden gestohlen. Hunt hat ein falsches Spiel getrieben. Er hat den Deal an Woodard verraten und ihm die Diamanten überlassen. Jetzt hat Freeman gar nichts. Er ist sein Geld los, und die Diamanten befinden sich in Woodards Händen. Darum will er die zehn Mios zurück, schwarzer Mann. Wo ist das Geld?"
Mubato begriff, wem er seine Entführung zu verdanken hatte. Er atmete tief durch, dann presste er zwischen den Zähnen hervor: "Ich habe unsere Vereinbarung erfüllt und die Diamanten geliefert. Dafür habe ich zehn Millionen Dollar kassiert. So war es abgemacht. Die RUF braucht das Geld, um hier in New York Waffen zu kaufen. Es ist nicht unser Problem, wenn Jack Hunt die Diamanten an diesen Woodard weitergegeben hat statt an Freeman. Soll Freeman sich an Woodard halten."
Jeff lachte glucksend auf. "Zunächst einmal ist Freeman der Spatz in der Hand wichtiger als die Taube auf dem Dach. Du verstehst, Blacky. Schadensbegrenzung. Du bist im Moment der schwächere Gegner, und darum halten wir uns zunächst an dich. Woodard erfordert mehr als nur einen schnellen Einsatz in der Lobby eines Hotels. Also spuck es schon aus: Wo befindet sich das Geld?" Plötzlich stutzte Jeff. Er beugte sich nach vorn. Sein Gesicht war ganz dicht vor dem des Schwarzen. "Du hast es doch hoffentlich noch nicht ausgegeben. Heh, wer waren überhaupt die beiden Kerle im Paramount Hotel, die plötzlich die Pistolen zogen, als ich deinen Namen rief. Wollten sie dir die Waffen verkaufen?"
"Ich kannte die beiden nicht", behauptete Mubato.
"Sei's drum", knurrte Jeff. "Also noch einmal, mein schwarzer Freund: Wo hast du die Kohle verbohrt?"
"Du erfährst von mir kein Wort. Ich habe ordnungsgemäß geliefert. Das Geld gehört nicht mir, sondern der RUF. Wenn sich Freeman die Diamanten hat abjagen lassen, dann ist das sein Problem. Wenn er in einem Kaufhaus eine Vase kauft und sie zu Hause zerbricht, kann er sein Geld ja auch nicht zurückverlangen."
"Du hättest Philosoph werden sollen, mein Freund", stieß Jeff hervor und schlug zu. Der Handrücken seiner Rechten klatschte bretterhart auf den Mund Mubatos. Dem entrang der Schlag einen erschreckt-schmerzhaften Aufschrei. Seine Unterlippe platzte auf, Blut tropfte auf seine Hemdbrust.
"Du hast zwei Möglichkeiten, Blacky", knurrte Jeff unheilvoll. "Entweder du rückst mit der Sprache heraus und es hat sein Bewenden, oder du schweigst und wirst große Schmerzen erdulden. Du kannst wählen."
"Selbst wenn du mich tötest", entrang es sich Mubato. "Das Geld kann ich dir nicht zurückgeben. Es gehört mir nicht. Es gehört..."
"...der RUF-Partei, ich weiß!", fauchte Jeff. "Aber ich scheiße drauf. Freeman will entweder die Diamanten oder das Geld zurück. Da sich die Rückgabe der Diamanten nicht so einfach bewerkstelligen lässt, will er sein Geld. Was ist so schwer daran zu begreifen?"
Und mit dem letzten Wort landete sein Handrücken erneut auf dem Mund des Schwarzen. Mubato schrie gequält auf. Sein Kopf war in den Nacken geflogen. Er zerrte an seinen Fesseln - vergebens. In seinen Augen wühlte die Angst. Er keuchte:
"Wenn ich ohne Waffen oder Diamanten zurück nach Sierre Leone komme, wird man mich bestrafen. Streng bestrafen. Man wird mich töten, weil ich unserer Bewegung geschadet habe. Für mich ist es egal, ob ich hier sterbe oder zu Hause. Darum sage ich dir nicht, wo sich das Geld befindet."
"Von wem wolltest du die Waffen kaufen? Mit wem hast du in Verbindung gestanden? Du bist doch nicht ohne eine konkrete Adresse nach New York gekommen."
"Auch darüber bin ich verpflichtet zu schweigen. Du erfährst nichts von mir. Ich habe keine Angst vor dem Tod."
"Du hast wohl zu viele schlechte Filme angeschaut oder blödsinnige Bücher gelesen, Blacky. Da kommen solche Helden vor, die Tod und Teufel nicht fürchten." Er griff in die Haare des Schwarzen und bog ihm den Kopf in den Nacken. "Aber nicht im wirklichen Leben. Vor allem wäre es ein ziemlich sinnloser Tod. Also nimm schon die Zähne auseinander: Wo ist das Geld. Ich hole es, komme zurück, schneide deine Fesseln auf und du kannst gehen wohin du willst. Du wirst dich nämlich hüten, zu den Bullen zu gehen. Denn dann wärst du ganz schön in den Arsch gekniffen..."
Mubato schwieg.
Seufzend wandte Jeff sich ab. "Scheinbar willst du es nicht anders." Er ging zu einem Schrank, zog den Schub auf und holte ein spitzes Küchenmesser heraus. Damit bewaffnet kam er zurück und baute sich wieder vor Mubato auf. "Ich werde dir die Anfangsbuchstaben deines Namens ins Gesicht schnitzen, schwarzer Freund", drohte er. "Also..."
Mubato atmete rasselnd. Er biss die Zähne zusammen. So sehr er sich auch bemühte, die Handfesseln zu sprengen - die Schnüre hielten. Er war dem sadistischen Jeff auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
"Ich zähle bis drei", knirschte Jeff und hob die Hand mit dem Messer. "Eins..."
Das Blut drohte dem Schwarzen in den Adern zu gefrieren. In seinem Gesicht zuckten die Muskeln und Nerven. Seine Brust hob und senkte sich unter keuchenden Atemzügen.
"Zwei..."
Jeff presste die Schneide des Messers auf Mubatos rechte Wange. Mubato spürte, wie ihm die Klinge leicht die Haut aufritzte. Brennender Schmerz war zu spüren. Seine Lippen sprangen auseinander. "Das Geld liegt in einem Schließfach im Grand Central. Der Schließfachschlüssel befindet sich im Hotelzimmer. Bei Allah, nimm das Messer aus meinem Gesicht."
Jeff ließ die Hand sinken. Achtlos warf er das Messer auf den Tisch, der zwei Schritte weiter stand. "Na also, geht doch", tönte er triumphierend. Er beugte sich wieder zu Mubato hinunter. Sein Atem streifte das Gesicht des Schwarzen, als er hervorstieß: "Wir warten, bis Freeman kommt. Und dann sehen wir weiter. Wo genau befindet sich der Schließfachschlüssel?"
"Im Schrank hängt eine helle Jacke. In der Tasche..."
"Wie kooperativ du plötzlich sein kannst, Blacky", grinste Jeff. "Wirst du jetzt in Sierra Leone zum Tod verurteilt?" Er stellte diese Frage voll Hohn.
"Meine Chancen, lebend davon zu kommen, sind nicht sehr groß", murmelte Mubato niedergeschlagen.
Das Grinsen Jeffs wurde breiter. "Ich schätze, wir nehmen den schwarzen Halbaffen in Westafrika die Arbeit ab, Blacky", sagte er dann mit erschreckender Unmissverständlichkeit. "Du bist für uns nämlich ziemlich wertlos geworden, schätze ich mal. Aber im Endeffekt wird es wohl Freeman zu entscheiden haben."
"Meine Gefährten von der RUF-Partei werden euch dafür zur Rechenschaft ziehen", drohte Mubato.
Die Drohung entrang Jeff lediglich ein kaltes Lächeln.
Zwanzig Minuten später kam Scott Freeman, ein ergrauter Endvierziger, Juwelier, skrupellos. Er erfuhr von Jeff Silverman, seinem Killer, dass sich die zehn Millionen in einem Schließfach befanden.
"Okay, Jeff, gute Arbeit", gab er zufrieden zu verstehen. "Hol den Schlüssel und fahr zum Grand Central. Mit dem Geld kommst du her. Und dann -" Er brach ab, wies mit dem Kinn auf Mubato, "- lässt du den verschwinden. Wenn er nicht mehr reden kann, wie sollen dann seine Rebellenfreunde erfahren, dass ich mir die zehn Mios wieder geholt habe?"
"Eine logische Schlussfolgerung", erklärte Jeff Silverman, dann verließ er die Kellerwohnung.
Seit wir Garfield unseren Besuch abgestattet hatten, waren 24 Stunden vergangen. Mein Telefon dudelte. Ich nahm den Hörer ab und hob ihn mir vor das Gesicht. "Trevellian, FBI."
"McKee. Guten Tag, Jesse. Hören Sie. Soeben ist mir eine Meldung des Police Departement auf den Tisch geflattert. In der Nacht von vorgestern auf gestern wurde ein gewisser Jack Hunt in seiner Wohnung erschossen. Ein Callgirl, das sich bei ihm befand, wurde ebenfalls getötet. Ihr Name war Diana Ashborne."
Der Chef ließ seine Eröffnung auf mich wirken, denn er schwieg sekundenlang. Dann fuhr er fort: "Sie werden sich jetzt sicher fragen, weshalb ich Ihnen das mitteile. Nun, die Antwort ist, dass die Kugeln, mit denen die beiden ermordet wurden, die selben Spezifikationen aufweisen wie die Geschosse, die der Pathologe aus Andersons und Forsyths Körper schnitt. Es handelt sich also um ein und den selben Täter."
"Jack Hunt", murmelte ich versonnen. Was ich soeben gehört hatte, war in der Tat dazu angetan, mich zu verblüffen. Meine Gedanken rotierten. Ich hörte den Chef wieder die Stimme erheben:
"Hunt war Chef eines Übersetzungsbüros in der Greene Street. Seine Angestellten fungierten teilweise auch als vereidigte Dolmetscher vor Gericht. Es war kein Raubmord, Jesse. Wenn Sie aber Näheres in der Sache Hunt und Diana Ashborne wissen wollen, sollten Sie vielleicht mit Harry Easton von der Mordkommission Manhatten Verbindung aufnehmen."
"Das werde ich, Sir", erklärte ich. "Vielen Dank."
Nachdem ich den Hörer auf den Apparat zurückgelegt hatte, erzählte ich Milo, was ich soeben erfahren hatte.
"Interessant", murmelte mein Kollege. "Der Entführer Mubatos erschießt in der Nacht vorher den Chef eines Übersetzungsbüros zusammen mit einem Callgirl. Wo bitte, Partner, ist hier der Zusammenhang?"
"Da wir den Fall Mubato zu bearbeiten haben, gilt es, das herauszufinden, Alter", antwortete ich.
"Von welcher Agentur kam denn die Kleine?"
"Das wird uns sicher Cleary sagen können."
Cleary war der Spitznahme Harry Eastons, weil er sich immerzu damit brüstete, dass seine Leute so ziemlich jeden Mordfall in Manhattan aufklärten. Mit Cleary hatten wir schon oft zusammengearbeitet, und die Zusammenarbeit war immer fruchtbar gewesen.
Also rief ich bei Detective Lieutenant Harry Easton an.
Sekunden später hatte ich ihn am Apparat. Ich erklärte ihm, weshalb ich anrief. Und ich erfuhr, dass Diana Ashborne von der Agentur Dolphin vermittelt worden war. Außerdem gab mir Cleary zu verstehen, dass die Geschosse, mit denen Hunt und das Callgirl ermordet worden waren, nicht mit registrierten Geschossen überein stimmten. Die Waffe, mit der sie erschossen worden waren, war also polizeilich noch nicht erfasst.
Ich bedankte mich bei Cleary, richtete ihm von Milo schöne Grüße aus, dann beendete ich das Gespräch.
"Fahren wir einfach mal zu der Agentur", meinte Milo.
"Dort wird man uns auch nicht mehr sagen können, als dass man Diana Ashborne zu Hunt schickte, weil dem nach einem Girl zumute war", gab ich zu bedenken. "Was versprichst du dir davon, wenn wir zu der Agentur fahren?"
"Vielleicht gibt der Kundenkreis etwas her", meinte Milo. Er schaute nachdenklich. Dann stieß er plötzlich hervor: "Auf wen hatte es der Mörder abgesehen? Auf Jack Hunt oder Diana Ashborne? Einer von beiden war das Ziel des Mörders. Der andere wurde nur ermordet, um keinen Zeugen zurückzulassen. Außerdem - welcher Zusammenhang besteht zwischen den Morden und der Entführung Sassou Mubatos?"
"Darauf kann ich dir leider auch keine Antwort geben, Alter", sagte ich.
Die Agentur Dolphin befand sich in Greenwich Village, genauer gesagt in der Bethune Street. Eine Angestellte stand uns Rede und Antwort. "Ja", sagte sie, "Diana war von Hunt angefordert worden. Er gehörte sozusagen zu ihrer Stammkundschaft. Er wollte sie für die ganze Nacht. Nun, da er ordentlich bezahlte und sich den Mädchen gegenüber auch sonst recht großzügig erwies, war das kein Problem."
"Diana hatte also Stammkunden", sagte ich. "Kann man erfahren, wer dazu gehörte?"
Die Lady wiegte den Kopf. "Darüber darf ich eigentlich nicht sprechen, G-men. Die Männer sind teilweise verheiratet und die Ehefrauen haben natürlich keine Ahnung. Wenn sie zu uns kommen, wird absolute Diskretion erwartet und auch garantiert. Sie verstehen also, wenn ich..."
Natürlich verstanden wir. Doch uns brachte das nicht weiter. Deshalb sagte ich: "Wir können auch ihre gesamten Geschäftsunterlagen beschlagnahmen und auswerten, Ma'am. Es wäre also einfacher, wenn Sie uns entgegenkämen."
Ihre Miene spiegelte wider, was in ihr vorging. In ihr war ein Zwiespalt aufgebrochen. Sollte sie oder sollte sie nicht. Die Entscheidung fiel ihr nicht leicht. Schließlich aber schien sie zu begreifen, dass sie wohl den Kürzeren ziehen würde. Sie öffnete eine Datei in ihrem PC und klickte den Drucken-Button an. Gleich darauf fing der Drucker an zu ruckeln, und schließlich spuckte er ein Blatt Papier aus, das die Lady mir reichte.
Ich warf einen Blick drauf und las die ersten Namen: Will Roxton, Gregg Lansbury, Scott Freeman, Jack Hunt...
"Ist die Liste nach irgendeinem System angelegt", erkundigte ich mich. "Vielleicht nach der Häufigkeit der Einsätze?"
Die Lady lachte belustigt auf. "Nein. Aber sie sehen, Diana war eine ziemlich gefragte Hostess."
"Hatte sie einen Freund?"
"Seit kurzem gab es einen Mann. Seit drei, vier Wochen etwa. Ob das was Ernstes war lasse ich mal dahingestellt. Jedenfalls schien Diana ziemlich verknallt zu sein."
"Wer war der Glückliche?", wollte Milo wissen.
"Ich kenne nur seinen Vornamen. Er heißt Jeff. Persönlich habe ich ihn nie kennengelernt. Diana hat mir einmal am Telefon von ihm erzählt."
Ich hatte das Blatt Papier zusammengefaltet und eingeschoben. Mehr gab es nicht mehr aus der Lady herauszuholen. Wir verließen die Agentur.
"Glaubst du an einen Mord aus Eifersucht?", fragte Milo, als wir auf der Straße standen.
"Kaum", erwiderte ich. "Nicht in diesem Milieu. Außerdem passt dazu nicht die Entführung Mubatos."
"Womit du recht hast", knurrte Milo. "Wir haben nicht viel", resümierte mein Kollege mit dem nächsten Atemzug. "Den toten Chef eines Übersetzungsbüros, ein totes Callgirl, einen toten Manager und einen Manager, der im künstlichen Koma liegt. Alle mit ein und der selben Waffe niedergeschossen. Leider stand auf keiner der Kugeln der Name des Mörders. Und wir haben einen entführten Politiker aus Sierra Leone, der wahrscheinlich dubioser Geschäfte wegen nach New York kam. Aber das ist leider nur eine Vermutung. Durch nichts zu untermauern."
Zuletzt klang Milos Stimme fast verzweifelt.
Wir gingen zum Dienstwagen. Wenig später rollten wir in Richtung Südmanhattan, in Richtung Federal Plaza also.
Es war Abend. Ich war zu Hause und schaute fern. Mein Telefon schlug an. Es war Vince Saddler. Er sagte: "Hi, Trevellian. Ich weiß jetzt, dass sich die Führer der Neonazis morgen um 22 Uhr im East Village Social Club zu einer Lagebesprechung treffen. Sie nennen sich Blutiger Drache. Der Boss aber scheint nicht Walter Shirland zu sein. Es ist einer, der absolut im Hintergrund agiert und von dem nur als Dragon 1 die Rede ist. Shirland ist Dragon 2. Ich habe auch einige weitere Namen in Erfahrung bringen können. Haben Sie was zum Schreiben?"
"Ich hole was", sagte ich. "Moment." Ich legte den Hörer weg, ging zu einem Sideboard und öffnete einen Schub. Mit Block und Bleistift bewaffnet kehrte ich zum Telefon zurück. "Okay, Vince, legen Sie los."
Nichts rührte sich. Die Leitung war tot.
Was ich nicht ahnen konnte, war, dass Vince bereits um sein Leben rannte.
Vince Saddler hatte von einer der öffentlichen Telefonsäulen am Times Square aus angerufen. Er achtete nicht auf den Mann, der hinter ihn getreten war. Er wurde erst auf ihn aufmerksam, als neben seinem Ohr eine raue Stimme erklang: "Mit wem telefonierst du denn, Vince? Und warum sprichst du vom Bloody Dragon? Du willst uns doch nicht verraten? Bist du etwa ein Polizeispitzel?"
Vince Saddler war herumgewirbelt. "Du?" Er begriff, dass er beschattet worden war. Der Mann, der vor ihm stand, gehörte zu der rechtsextremistischen Gruppierung, in die er sich eingeschlichen und die er ausspioniert hatte. Sein Name war Morrison.
"Ja, ich", stieß der Bursche hervor. "Wir haben dir gleich nicht getraut, Saddler. Und unser Instinkt hat uns nicht getrogen, wie es scheint. Du wirst jetzt vor mir her zur 44. Straße gehen. Dort warten zwei Freunde im Auto. Mein Gott, Saddler, wie konntest du nur annehmen, dass wir dir, wo wir dich kaum kennen, blindlings vertrauen?"
Vince Saddler zerbrach sich den Kopf nach einem Ausweg. Auf dem Times Square war verkehrsmäßig die Hölle los. Die Lichter der Leuchtreklamen machten die Nacht zum Tage. Die Hand des V-Mannes hatte sich um den Telefonhörer verkrampft, dass die Knöchel weiß unter der Haut hervortraten.
"Ich ziele durch die Jackentasche mit einer Pistole auf dich", ließ wieder Morrison seine Stimme erklingen. "Und jetzt schwing die Hufe, mein Freund. Ich will hier keine Wurzeln schlagen.
Saddler hängte den Hörer ein. Zeit gewinnen!, durchfuhr es ihn. Einige Passanten schritten vorüber. Morrison hatte tatsächlich die Rechte in der Jackentasche. Die Auswuchtung der Tasche ließ keinen Zweifel offen, dass er eine Pistole in der Hand hielt.
Der V-Mann wusste, dass er verloren war, wenn es ihm jetzt nicht gelang, Morrison zu überlisten und die Flucht zu ergreifen. Er schaute sich um. Sie befanden sich auf der Höhe der 42. Straße. Vor seinem Blick kreuzte sich die 7. Avenue mit dem Broadway. Herzstück des Times Square sind die beiden dreieckigen Verkehrsinseln.
Hatte er eine Chance?
Vince Saddler setzte alles auf eine Karte. Völlig überraschend für Morrison warf er sich gegen diesen, schlug ihm die Faust ins Gesicht, und Morrison ging mit einem wilden Aufschrei zu Boden. Saddler sprang über ihn hinweg und rannte in die 42. Straße, vorbei am Warner Brothers Studio Store, mischte sich in eine Gruppe von Fußgängern, und als Morrison zum Denken kam, war er verschwunden.
"Kann ich ihnen behilflich..."
Ein Mann beugte sich über Robert Morrison. Der Terrorist kam hoch. "Verschwinden Sie!", fuhr er den Mann an, und dann machte er sich an die Verfolgung.
Saddler rannte die 42. Straße hinunter in Richtung Avenue of the Americas. Er lief, als säße ihm der Leibhaftige im Nacken. Morrison hatte die rechte Hand aus der Jackentasche gezogen. Er sah Vince Saddler etwa 50 Yards vor sich. Immer wieder mussten sie Gruppen von Menschen ausweichen. Schließlich bewegte sich Vince Saddler am Straßenrand neben den geparkten Autos. Die Büsche und Bäume des Bryant Parks tauchten auf. Daneben befand sich der Beaux-Arts-Tempel aus weißem Marmor, in dem die zweitgrößte Forschungsbibliothek der USA, die Public Library, untergebracht war.
Auf der Avenue of the Americas rollte der Verkehr in beiden Richtungen. Ein Hupkonzert erfüllte die Straße. Blechlawinen aus Chrom und Stahlblech. Vince Saddler musste seinen Sturmlauf etwas abbremsen. Er schaute über die Schulter. Da kam Morrison mit langen Schritten. Saddler musste über die stark frequentierte Straße. Todesmutig rannte er los. Bremsen quietschten durchdringend, Radgummi radierte kreischend über den Asphalt. Etwas prallte gegen Saddlers Oberschenkel. Der Muskel zog sich ihm schmerzhaft zusammen. Er humpelte weiter. Der Sirenenton einer Hupe ließ ihn zusammenzucken. Er flankte über die Motorhaube eines Ford und strauchelte. Dann hinkte er über den Mittelstreifen. Auf den Fahrbahnen in Richtung Norden war der Verkehr nicht geringer. Wieder schaute Saddler zurück. Er sah seinen Verfolger am Rand der Avenue. Er hatte das Handy am Ohr und telefonierte.
Saddlers Bein schmerzte. Er hatte Angst. Die Angst war es auch, die ihn vorwärtspeitschte. Er kämpfte sich durch den Verkehrsstrom, der sich wie ein riesiger Lindwurm in nördliche Richtung bewegte. Als er einen der Autofahrer zu einem riskanten Bremsmanöver zwang, verursachte er beinahe einen Auffahrunfall, der wahrscheinlich eine Massenkarambolage nach sich gezogen hätte. Schließlich aber erreichte Saddler den Bryant Park. Das Tor war schon geschlossen. Kurzerhand kletterte er über den Eisenzaun. Es war eine Anstrengung, eine Überwindung, die all seinen Willen erforderte. Der Schmerz in seinem Bein eskalierte. Saddler schaffte es. Er verschwand zwischen den Büschen. Ein dürrer Ast knackte unter seinem Schuh...
Bei mir schellte erneut das Telefon. Es war wieder Vince Saddler. "Ich bin aufgeflogen, Trevellian", hechelte er in die Leitung. "Sie haben mich beschattet. O verdammt, sie sind hinter mir her. Wenn sie mich schnappen, bin ich tot."
Ich war wie elektrisiert. "Wo befinden Sie sich, Saddler", stieß ich hervor.
"Im Bryant Park. Ich telefoniere mit dem Handy. Vorhin habe ich von der Telefonsäule am Times Square angerufen. Das hätte ich nicht tun sollen. Aber ich wollte Geld sparen. Es - es war ein Fehler..."
"Ich komme", sagte ich, "und hole Sie ab. Warten Sie am Eingang in der 40. Straße auf mich."
"Hölle, Trevellian, die Kerle jagen mich. Einer heißt Morrison. Er sprach von zwei Freunden, die in der 44. Straße im Auto auf ihn warteten. Sicher hat er die beiden mobilisiert. Ich sah ihn telefonieren. Ich hab Angst, Trevellian, ich mach mir fast in die Hosen."
"Verstecken Sie sich in der Nähe des Tors im Park. Ich bleib direkt vor dem Tor in der 40. Straße stehen. Keine Angst, Saddler, in dem Park haben drei Mann kaum eine Chance, Sie zu finden."
"Beeilen Sie sich Trevellian. Ich hab das Gefühl, auf glühenden Kohlen zu stehen."
"Ich bin in 20 Minuten da", versicherte ich, dann legte ich auf. Ich schnallte mir das Holster mit der SIG P226 an den Gurt, schlüpfte in meine Jacke, und Minuten später rollte der Dienstwagen aus der Tiefgarage des Gebäudes, in dem ich wohnte.
Ich nahm den Anruf unseres V-Mannes natürlich nicht auf die leichte Schulter. dass die Mitglieder extremistischer Gruppen keinen Spaß verstanden, wenn sich einer als Verräter oder gar als Polizeispitzel entpuppte, war mir voll und ganz bewusst. Und wenn sie Saddler erwischten, dann war sein Leben wohl tatsächlich keinen rostigen Cent mehr wert.
Ich benötigte keine 20 Minuten, um zum Tor des Bryant Parks in der 40. Straße zu gelangen. Es war schon geschlossen. Im Park brannten keine Laternen. Es war zwischen den Büschen finster wie im Vorhof der Hölle. Der Zaun lag im Licht der Peitschenmasten.
Da die 40. eine Einbahnstraße ist, kam ich von Westen. Ein Stück weiter war die Fifth Avenue. Hier rollte der Verkehr dicht. Die Avenue lag im hellen Lichtschein der Reklamen und beleuchteten Schaufenster der Geschäfte, die sie säumten.
Ich parkte den Wagen und stieg aus, ging um den Dienstwagen herum und betrat den Gehsteig. Mein Blick schweifte über die dunkle Mauer aus Büschen und Hecken des Parks. Von der Fifth Avenue her näherten sich zwei Männer. Als ich nach links schaute, sah ich einen weiteren Mann kommen. In mir meldeten sich sämtliche Alarmsignale. Einen sechsten Sinn für Gefahr hatte ich im Laufe meiner Tätigkeit als FBI-Agent zur Genüge entwickeln können. Und dieser Sinn warnte mich jetzt.
Unwillkürlich zuckte meine Rechte unter die Jacke und legte sich auf den Knauf der SIG. Sie umschloss ihn und lüftete die Waffe im Holster. Geduckt und sprungbereit stand ich auf dem Gehsteig vor dem Dienstwagen. Mein Blick huschte mal nach links, dann nach rechts. Die drei Kerle, die aus beiden Richtungen kamen, näherten sich schnell. Weiter hinten zeigten sich einige Passanten, die aus der Avenue of the Americas in die 40. Straße eingebogen waren.
Ich war ein Bündel gespannter Aufmerksamkeit. Und ich sagte mir, dass es leichtsinnig war, alleine hierher zu fahren. Aber Milo zu informieren und ihn von unserer Ecke abzuholen hätte viel zu viel Zeit gekostet. Ich hätte das nächste Polizeirevier verständigen können, damit von dort einige Patrol Cars in Marsch zum Bryant Park gesetzt worden wären. Aber diese Chance hatte ich verpasst. Und jetzt war es zu spät.
Wenn es sich bei den dreien um die Kerle handelte, die Saddler verfolgt hatten, dann hatten sie Saddler geschnappt und von ihm erfahren, dass ich zum Tor in der 40. Straße kommen wollte, um ihn abzuholen. Und nun hatte ich die drei am Hals. Saddler war dann wahrscheinlich schon tot. Ein eisiger Schauer durchfuhr mich beim Gedanken daran, mein Hals war plötzlich wie zugeschnürt.
Bei den beiden Kerlen, die von rechts kamen, blitzte es auf. Eine Detonation war nicht zu hören. Sie hatten wahrscheinlich Schalldämpfer auf die Mündungen ihrer Waffen geschraubt.
Ich sprang zurück. Im letzten Moment. Ich glaubte noch den sengenden Hauch eines der Projektile zu spüren, die sie mir gesandt hatten. Ich wirbelte um meine Achse, rannte um den Dienstwagen herum und zog dabei die SIG. Hinter dem Dienstwagen ging ich in Deckung.
Linker Hand kam der einzelne der Kerle zwischen zwei parkenden Autos hervor. Im Schein einer Straßenlaterne sah ich das matte Schimmern von Stahl in seiner rechten Hand. Ohne lange zu überlegen feuerte ich. Ich sah den Burschen zusammenbrechen und nahm das Gesicht nach rechts, von wo die beiden anderen Gangster kamen. Meine Zähne waren in der Anspannung, die mich erfüllte, fest zusammengepresst. Meine Hand hatte sich um den Griff der SIG geradezu festgesaugt. In mir glomm eine dumpfe Glut aus Sorge um Vince Saddler. Ich begann mir Vorwürfe zu machen, ihn dazu animiert zu haben, sich in die diese extremistische, neonazistische Gruppe, die sich Bloody Dragon nannte, einzuschleichen. Aber um die potentiellen Terroristen auszuschalten, benötigten wir Beweise. Und solche hatte uns Walter Shirland mit seinem Verein bisher nicht geliefert, außer dass sie bei einigen Demonstrationen mit faschistischen und rassistischen Parolen unangenehm aufgefallen waren.
Diese Gedanken durchrannen mich, und gleichzeitig fragte ich mich, weshalb es diese Kerle auf mich abgesehen hatten. Vermuteten sie, dass Vince Saddler mir etwas verraten hatte, und wollten sie verhindern, dass ich mein Wissen preis gab? Ich vermutete fast so etwas. Warum sonst hatten sie mir aufgelauert? Denn dass sie auf mich gewartet hatten, war mir sehr schnell klar geworden.
Einer der beiden anderen Kerle pirschte um ein parkendes Auto herum. Er verschmolz fast mit dem dunklen Hintergrund, dennoch entgingen mir die schattenhaften Bewegungen nicht.
Der andere kam wahrscheinlich auf dem Gehsteig im Schutz der parkenden Autos.
Ich feuerte auf den Schemen, den ich sehen konnte, kam hoch und rannte ein Stück die Fahrbahn hinunter auf jenen Burschen zu, den ich niedergeschossen hatte. Eine Kugel folgte mir, traf mich aber nicht. Der Bursche lag auf dem Bauch und rührte sich nicht. Ich ging im Schutz des parkenden Autos auf Tauchstation und schaute in die Richtung, aus der ich gekommen war. Der Kerl, den ich neben dem parkenden Pkw gesehen hatte, war verschwunden.
Ich nahm mein Handy aus der Tasche und klickte die Nummer des Field Office her. Dann ging ich auf Verbindung. Gleich darauf hatte ich den Chef vom Dienst in der Leitung. "Ich bin in der 40. Straße, beim Bryant Park, in eine Schießerei verwickelt", sagte ich, nachdem ich mich zu erkennen gegeben hatte. "Verständigen Sie das nächste Revier, Kollege, damit die mir ein paar Cops zu Hilfe schicken."
Der Kollege stellte keine großen Fragen. Dazu war auch bei Gott keine Zeit. Denn es war davon auszugehen, dass die beiden Schufte anschlichen wie Wölfe, die ihr Opfer in der Zange hatten und es gleich zerfleischen würden.
Ich glitt geduckt um den Wagen herum, der mir Deckung bot, und sah einen der Kerle auf dem Gehsteig näherhuschen. Ich schoss. Er hielt unvermittelt an, ich vernahm in dem zerrinnenden Knall der Detonation ein ersterbendes Röcheln, dann kippte der Bursche nach hinten um.
Und dann sah ich den dritten der Kerle. Er hatte wahrscheinlich mitgekriegt, dass ich auch den zweiten seiner Komplizen ausgeschaltet hatte und gab jetzt Fersengeld. Er rannte in Richtung Fifth Avenue, von wo er mit seinem Kumpan gekommen war.
"Stehenbleiben, FBI!", brüllte ich aus Leibeskräften, aber der Bursche dachte nicht daran, dieser Aufforderung Folge zu leisten. Er schien im Gegenteil an Tempo zuzulegen.
Ich nahm die Verfolgung auf. Meine Schritte trappelten auf den Betonplatten des Gehsteiges, meine Füße schienen kaum den Boden zu berühren, die parkenden Autos schienen an mir vorbeizufliegen.
Aber der Fliehende legte ebenfalls einen Spurt hin, der so manchem Sportler zur Ehre gereicht hätte. Mir entging nicht, dass er immer wieder über die Schulter nach hinten schaute. Einmal feuerte er sogar auf mich, ohne langsamer zu werden.
Ich konnte nicht schießen. Denn meine Kugel wäre in die 5. Avenue geflogen und hätte Unbeteiligte gefährden können. Derlei Überlegungen stellte der Bursche vor mir nicht an. Dem war es egal, ob er jemand traf, der sich eventuell hinter mir bewegte.
Doch dann bog er in die Fifth Avenue ein, und ich gab mich keinen Illusionen mehr hin. In der verkehrsreichen Straße konnte der Bursche problemlos untertauchen, er konnte im Gewühle verschwinden wie ein Staubkorn in der Wüste.
Als ich die Mündung der 40. Straße in die 5. Avenue erreichte, blieb ich keuchend stehen. Ja, ich war ein wenig außer Atem. Auf der einen Seite sah ich Ketten von Scheinwerfern, auf der anderen endlose Linien von roten Rücklichtern. Die Fahrspuren waren vollgepfropft mit Autos.
Auf den Gehsteigen und vor den Auslagen bewegten sich Passanten. Das waren ganze Menschentrauben. Der Bursche, den ich verfolgt hatte, war verschwunden. Ich schaute mir zwar die Augen aus, konnte aber nichts entdecken, was als Hinweis auf den Kerl dienlich gewesen wäre.
Also kehrte ich um.
Sirenengeheul empfing mich. Aus der Avenue of the Americas bogen zwei Patrol Cars mit rotierenden Lichtern auf den Dächern in die 40. Straße ein. Die Motoren heulten auf. Mit kreischenden Bremsen kamen sie beim Bryant Park zum Stehen. Uniformierte Cops sprangen aus den Fahrzeugen, zogen ihre Pistolen.
Ich lief zu ihnen hin. Die SIG hatte ich zwischenzeitlich wieder geholstert. "Zwei der Kerle liegen auf der Straße", rief ich. "Der dritte ist mir entwischt. Vorsicht, ich weiß nicht, ob die beiden Kerle kampfunfähig sind. Sie sind bewaffnet..."
Die Cops waren natürlich nicht stehengeblieben, nachdem sie ihre Fahrzeuge verlassen hatten, sondern waren in Deckung gelaufen. Ich hoffte nur, dass keiner die falschen Schlüsse zog, meine Person betreffend.
"Wer sind Sie?", wurde ich angerufen.
"Special Agent Trevellian, FBI!", antwortete ich. "Ich habe Sie verständigt..."
Ich erreichte einen der am Boden liegenden Gangster und beugte mich über ihn. Er war besinnungslos. "Rufen Sie den Notarzt und eine Ambulanz!", schrie ich. "Der hier lebt..."
Ich fand die Pistole des Burschen und nahm sie an mich. Auf die Mündung war tatsächlich ein klobiger Schalldämpfer geschraubt. Dann rannte ich zum anderen, der etwa 100 Schritte entfernt lag. Jetzt tauchten auch die Cops auf, die zwischen den Fahrzeugen Deckung genommen hatten. Auch dieser Gangster lebte. Er wimmerte leise. Auch ihm nahm ich die Waffe weg. Zwei Kollegen von der City Police kümmerten sich um ihn.
Ich ließ mir eine Stablampe geben und stieg über den Zaun in den Park. "Saddler!", schrie ich, und gleich noch einmal: "Saddler!" Meine Stimme entfernt sich von mir, trieb zwischen Bäume und Büsche, und versank.
Ich erhielt keine Antwort. Die Unruhe in mir wuchs. Ich ließ den Strahl der Stablampe hin und her gleiten. Er bohrte sich in die Finsternis. Ich schlug mich durchs Gestrüpp. Äste zerrten an meiner Jacke, Zweige peitschten. Und immer wieder schrie ich den Namen unseres V-Mannes.
Nichts!
Ich kehrte zurück auf die 40. Straße. Zwischenzeitlich waren weitere Polizeifahrzeuge eingetroffen. Auch der Notarzt und eine Ambulanz waren angekommen. Die beiden verwundeten Gangster wurden erstversorgt. Ich sprach mit dem Cop, der den Einsatz leitete. Er forderte weitere Verstärkung an, damit der Park systematisch nach Vince Saddler durchsucht werden konnte.
Die verletzten Gangster wurden abtransportiert. Ihre Namen waren Robert Morrison und Josh Stuart. Das herauszufinden war einfach gewesen, da sie Ausweise einstecken hatten. Vom Notarzt erfuhr ich, dass Morrisons Chancen, durchzukommen, schlecht standen. Stuart hatte die Kugel in die rechte Brustseite bekommen, und seine Chancen standen besser.
Ich musste mir keine Vorwürfe machen. In diesem Fall war ich berechtigt gewesen, die Gangster kampfunfähig zu schießen. Eine Kugel ins Bein hätte nicht ausgereicht. Sie hätten weiter auf mich feuern können. Ich war berechtigt, den sogenannten finalen Schuss zu platzieren...
Eine Stunde später wurde Saddler gefunden.
Die Gangster hatten ihn mit einem Schuss ins Genick hingerichtet. Anders konnte man es nicht bezeichnen. Ich war tief betroffen. Saddler war ein guter V-Mann gewesen. Und ich fühlte mich nicht ganz unschuldig an seinem Tod. Ich hätte ihm abraten müssen, als er mir erklärte, dass er Zugang zur Gruppe Bloody Dragon gefunden hatte. Ich hatte ihn sogar noch ermuntert...
Jetzt war Saddler tot.
Aber zwei seiner Mörder hatten wir. Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass beide durchkamen. Sie würden uns vielleicht zum Kern dieser mörderischen Gruppierung führen.
Die Mordkommission wurde informiert.
Ich fuhr nach Hause zurück. Schlaf fand ich in dieser Nacht keinen...
Am folgenden Morgen holte ich Milo von unserer Ecke ab. Gemeinsam fuhren wir zur Federal Plaza. Ich erzählte Milo von meinem Erlebnis in der Nacht, und die Tatsache, dass Vince Saddler tot war, sorgte bei meinem Freund und Kollegen für tiefe Erschütterung.
Auch Mr. McKee war tief betroffen. Und ich war mir sicher, dass sich künftig bezüglich des Einsatzes von V-Männern einiges ändern würde. Der Tod Vince Saddlers würde wieder einmal richtungsweisend sein.
Nachdem ich dem Chef ausführlich Bericht erstattet hatte, begaben Milo und ich mich in unser gemeinsames Büro. Und kaum, dass ich die Jacke abgelegt hatte, klingelte mein Telefon. Ich nahm ab. Es war ein Kollege von der Mordkommission. Er sagte: "Sie arbeiten doch an dem Fall Mubato, Trevellian?"
"Das ist richtig", antwortete ich und drückte auf den Lautsprecherknopf, damit Milo hören konnte, was am anderen Ende der Leitung gesprochen wurde.
"Seine Leiche wurde in der vergangenen Nacht im Central Park, in der Nähe des Pools, gefunden. Mubatos Hände waren gefesselt. Man hat ihn erschossen."
Ich war ganz schön von den Socken. Nach den Ereignissen der Nacht traf mich diese Nachricht wie ein Faustschlag.
Ich hörte den Kollegen weiter sprechen: "Der Leichnam wurde ins gerichtsmedizinische Institut überführt. Näheres ist noch nicht bekannt. Wir werden Sie aber unterrichten, sobald sich irgendetwas ergibt."
"Danke", sagte ich und legte den Hörer auf den Apparat.
Ich schluckte würgend und ließ mich auf meinen Stuhl fallen.
Milo räusperte sich, setzte sich gleichfalls, und knurrte: "Würde mich nicht wundern, wenn die Kugel aus der selben Pistole stammen würde, wie die Kugeln, die Jack Hunt, das Callgirl und Herb Anderson töteten sowie James Forsyth lebensgefährlich verletzten."
"Nehmen wir uns mal die Liste vor, die wir in der Agentur Dolphin erhalten haben", murmelte ich. Ich nahm das Blatt Papier zur Hand. Es waren mehr als ein Dutzend Namen aufgelistet. Wir suchten die Telefonnummern der Gentlemen heraus und auch ihre Adressen. Es ging Querbeet durch die sozialen Schichten des Big Apple. Da war ein Mann dabei, der als Gas- und Wasserinstallateur arbeitete, da waren aber auch schwerreiche Männer - Männer wie Scott Freeman, der Juwelier, oder Gregg Lansbury, der Computerchip-Hersteller. Auch der Chef einer Inmobilienfirma sowie ein bekannter Geldverleiher waren unter den Kunden Diana Ashbornes. Die Lady musste über ein besonderes Format verfügt haben...
Ich fragte mich, wer dieser Jeff war, von dem die Lady in der Agentur Dolphin gesprochen hatte. Jeff, den Diana erst seit kurzem gekannt hatte, und in den sie sich verliebt zu haben schien.
"Wir sollten uns vielleicht mal in der Wohnung Diana Ashbornes umsehen, Milo", schlug ich vor. "Ehe wir uns dran machen, sämtliche dieser Kerle in Augenschein zu nehmen. Vielleicht ergibt sich ein brauchbarer Hinweis im Apartment Dianas."
"Keine schlechte Idee", befand mein Partner. "Wo wohnte die Kleine?"
Das herauszufinden war das geringste Problem. Gramercy Park, 21. Straße, Nummer 132, Apartment 12.
Milo sagte Mandy, der Sekretärin Mr. McKees, Bescheid. Dann fuhren wir mit dem Lift in die Tiefgarage. Wir benötigten fast eine halbe Stunde für die etwa dreieinhalb Kilometer zwischen der Federal Plaza und der 21. Straße. Ich fand vor dem Haus mit der Nummer 132 einen Parkplatz und rangierte den Dienstwagen hinein.
Dann standen wir vor dem Apartment. Bei einer Nachbarin erkundigten wir uns, ob es in dem Gebäude einen Hausmeister gäbe, der uns die Tür aufschließen könnte. Die junge Frau sagte:
"Nein, so etwas haben wir hier nicht. Aber ich war so etwas wie Dianas Vertraute hier. Mit mir sprach sie oft. Über ihren Job, über die Männer, über tausenderlei Dinge. Ich habe auch einen Schlüssel zu ihrer Wohnung. Großer Gott, dass Diana auf derart tragische Art ums Leben kommen musste..."
Glück muss der Mensch haben. Unabhängig davon erweckte die junge Frau mein Interesse.
Sie fuhr fort: "Sie hatte sogar vor, ein Studium aufzunehmen, um sich ein Standbein zu sichern, wenn sie für den Callgirl-Job zu alt geworden wäre. Ja, Diana wusste genau, was sie wollte. Armes Mädchen. - Einige Leute von der Mordkommission haben sich schon in der Wohnung umgesehen, haben aber weder etwas mitgenommen noch sonst etwas verändert. Diana war nicht schlecht. Ganz gewiss nicht. Es war nur, dass sie..."
"Öffnen Sie uns die Wohnung, Ma'am", bat Milo, und unterbrach damit den Redefluss der Lady.