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Dieser Band enthält folgende Krimis: Trevellian und der neue Terror (Pete Hackett) Das Drachen-Tattoo (Alfred Bekker) Commissaire Marquanteur und die mörderische Brandung (Alfred Bekker) Mitten in der Stadt wird ein Geldtransporter von maskierten und stark bewaffneten Gangstern überfallen. Nicht der erste Überfall in dieser Art. Doch diesmal werden die Fahrer ermordet, obwohl sie keinerlei Gegenwehr zeigten. Die Ermittler versuchen herauszufinden, wer hinter den Überfällen steckt und erleben eine große Überraschung... Der Schlüssel zur Auflösung des Falls ist ein Drachen-Tatoo... Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
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Seitenzahl: 362
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Krimi Trio 3370
Copyright
Trevellian und der neue Terror: Action Krimi
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Das Drachen-Tattoo
Commissaire Marquanteur und die mörderische Brandung
Titelseite
Cover
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Trevellian und der neue Terror (Pete Hackett)
Das Drachen-Tattoo (Alfred Bekker)
Commissaire Marquanteur und die mörderische Brandung (Alfred Bekker)
Mitten in der Stadt wird ein Geldtransporter von maskierten und stark bewaffneten Gangstern überfallen. Nicht der erste Überfall in dieser Art. Doch diesmal werden die Fahrer ermordet, obwohl sie keinerlei Gegenwehr zeigten.
Die Ermittler versuchen herauszufinden, wer hinter den Überfällen steckt und erleben eine große Überraschung... Der Schlüssel zur Auflösung des Falls ist ein Drachen-Tatoo...
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author/
© dieser Ausgabe 2025 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 114 Taschenbuchseiten.
Immobilien sind ein Millionengeschäft. Und um ein großes Projekt zu verwirklichen, müssen manchmal auch Vorbesitzer von Grundstücken aus dem Weg geräumt werden. Wo es jedoch in Terror und Mord übergeht, greifen die FBI-Agenten Trevellian und Tucker ein. Aber die Hintermänner sind nur schwer auszumachen, und sie gehen buchstäblich über Leichen.
Bei Steven Wallace läutete es. Es war zweiundzwanzig Uhr vorbei. Draußen war es finster. Der Fernseher lief. Steven Wallace schaute seine Frau fragend an. »Wer mag das sein? Um diese Zeit?«
Seine Gattin zuckte mit den Schultern.
Steven Wallace erhob sich und ging zu Tür. »Wer ist da?«
»Ich suche jemand hier am Northern Boulevard. Vielleicht können Sie mir helfen.«
»Wen suchen Sie denn?«
»Alfred Wagener. Er soll unter der Nummer zweihundertvierundfünfzig wohnen, aber das stimmt nicht. Man hat mir eine falsche Hausnummer genannt.«
»Wagener«, sagte Wallace, »den kenne ich. Moment.«
Er öffnete die Tür. Und dann ging alles blitzschnell. Jemand warf sich gegen die Türfüllung, die Tür flog krachend auf, traf Steven Wallace am Kopf, ließ ihn zurücktaumeln. Drei Kerle drängten ins Wohnzimmer.
Cora Wallace schrie auf. Zwei der Kerle packten Steven Wallace und drehten ihm die Arme auf den Rücken. Der dritte hämmerte ihm die Faust in den Magen. Wallace krümmte sich, ein verlöschender Laut platzte aus seinem Mund, die Luft wurde ihm aus den Lungen gedrückt. Er japste erstickend. Ein brutaler Schlag traf sein Gesicht. Blut schoss aus seiner Nase. Dann bohrte sich ihm die Faust wieder in den Magen.
Er hatte den Schlägern nichts entgegenzusetzen.
Seine Frau fasste sich. Schreiend lief sie zur Tür. Der Kerl, der auf Wallace einschlug, fing sie ab, drängte sie zu einem der Sessel und warf sie hinein, packte sie an den Haaren und drückte ihren Kopf in den Nacken. »Schön ruhig, Lady. Wir erteilen dir und deinem Mann nur einen Denkzettel. Vielleicht besinnt ihr euch dann.«
Die Frau war starr vor Angst. In ihren Augen woben das Entsetzen und die Verzweiflung. Noch nie vorher war sie derart hautnah mit brutaler Gewalt konfrontiert worden. Das Herz schlug ihr bis zum Hals hinauf.
Der Schläger wandte sich wieder Steven Wallace zu. »Wir sind noch nicht fertig, Wallace«, knurrte er. »Du sollst merken, wie schmerzhaft es ist, gegen den Strom schwimmen zu wollen. Du hast es dir selbst zuzuschreiben.«
Er drosch Wallace die Faust in den Leib, ins Gesicht, immer wieder, mit einer kaum zu überbietenden Brutalität. Und als seine beiden Kumpane Steven Wallace losließen, brach er auf die Knie nieder. Sein Kopf baumelte vor der Brust. Blut floss aus seiner Nase und den aufgeschlagenen Lippen. Er spürte stechende Schmerzen, und Übelkeit kroch in ihm hoch. Sein Atem ging rasselnd.
»Okay«, sagte der Schläger. »Besorgen wir den Rest.« Er ging zu einer Vitrine und warf sie um. Glas klirrte. Figuren aus Porzellan und kristallene Gläser zerbarsten am Boden. Einer der anderen Kerle ging zu einem Sideboard und warf es ebenfalls um. Das Wohnzimmer war nach wenigen Augenblicken ein Ort der Verwüstung. Wie ein Häufchen Elend saß Mrs. Wallace im Sessel, die rechte Hand auf den Halsansatz gedrückt, als könnte sie so ihren fliegenden Atem beruhigen. Angst und Schrecken wären zu gelinde Worte, um auszudrücken, was sie empfand. Es war das blanke Grauen, das sie im Klammergriff hielt.
Die Schläger verließen das Haus. Cora Wallace überwand ihre Fassungslosigkeit und half ihrem Mann, aufzustehen. Sie führte ihn zu einem Sessel und drückte ihn hinein. »Diese Kerle hat uns Milton geschickt, nachdem wir nicht freiwillig verkaufen«, murmelte die Frau mit erschreckend schwacher Stimme. Die Stimmbänder drohten ihr den Dienst zu versagen. Viel zu sehr stand sie unter dem Eindruck der Geschehnisse der vergangenen Viertelstunde. »Dieser gemeine Schuft.«
Sie strich ihrem Mann über die Haare. Sein linkes Auge war zugeschwollen und verfärbte sich dunkel. Über seinem Backenknochen zeichnete sich ebenfalls ein dunkler Bluterguss ab. Sein Gesicht war blutverschmiert und total entstellt. Seine Lippen zitterten. Er brachte keinen Ton heraus.
Cora Wallace ging zum Telefon und wählte die Nummer des Notrufs. Gleich darauf sagte sie in den Hörer: »Hier spricht Cora Wallace, Northern Boulevard hundertzweiunddreißig, Queens. Wir wurden soeben in unserer Wohnung überfallen. Es waren drei Männer. Sie haben meinen Mann zusammengeschlagen und die Wohnungseinrichtung zertrümmert. Bitte, schicken Sie jemand vorbei.«
Der Mann am anderen Ende der Leitung sagte zu, sich sofort darum zu kümmern.
Das Immobilienbüro hatte seinen Sitz in Manhattan, genauer gesagt in Murray Hill, East 39th Street. Chef war Richard Milton. Er hatte im Immobiliengeschäft Millionen gescheffelt. Eigentlich hätte er sich längst zur Ruhe setzen können. Das Alter, um den Ruhestand anzutreten, hatte er. Milton war zweiundsechzig. Aber er wollte nicht aufhören. Ausschlaggebend hierfür waren verschiedene Gründe, unter anderem war Milton ein sehr geiziger Mann, der keine finanziellen Einbußen hinnehmen wollte, zum anderen fürchtete er, dass ohne ihn das Imperium, das er aufgebaut hatte, zusammenbrechen könnte. Er war ein Workaholic, der ständig aktiv sein musste.
Als es an die Tür seines Büros klopfte, hob er den Kopf. Ehe er etwas sagen konnte, wurde die Tür schon geöffnet, und seine Sekretärin streckte den Kopf durch den Türspalt. »Zwei Herren vom Police Department möchten zu Ihnen, Sir.«
»Vom Police Department?«, wiederholte Milton. Er kniff die Augen etwas zusammen. »Was wollen Sie denn?«
»Das haben Sie mir nicht gesagt. Sie sagen, es wäre sehr wichtig.«
»Na schön, lassen Sie die beiden herein.«
Wenig später betraten zwei Männer das Büro Miltons. Einer zeigte seine Dienstmarke und sagte: »Ich bin Inspector Chris Webster vom Police Department. Mein Kollege Hank Allister. Wir haben einige Fragen an Sie, Sir.«
Die Stirn Miltons hatte sich in Falten gelegt. In seinen Augen flackerte die Ungeduld. »Meine Zeit ist begrenzt, meine Herren. Ich kann mir auch nicht vorstellen, was die Polizei von mir will. Ich zahle pünktlich meine Steuern und …«
»Es geht um ihr Projekt am Northern Boulevard«, unterbrach ihn Webster.
Milton presste die Lippen zusammen. Er war es nicht gewohnt, dass ihm jemand ins Wort fiel. Schließlich aber wies er auf den kleinen Konferenztisch, um den fünf Stühle gruppiert waren. »Nehmen Sie Platz, Gentlemen. Und denken Sie daran, meine Zeit ist begrenzt.«
Die beiden Polizisten ließen sich nieder. Webster begann: »Auf Steven Wallace und seine Frau Cora wurde ein Überfall verübt. Der Mann wurde brutal zusammengeschlagen, die Wohnung wurde verwüstet.«
»Was habe ich damit zu tun?«
»Ihr Unternehmen ist an die Leute mit einem Kaufangebot herangetreten. Wir wissen, dass Sie für die Kaufhauskette Goodmansdale am Northern Boulevard Grundstücke zusammenkaufen, damit dort ein riesiges Einkaufszentrum errichtet werden kann.«
»Das ist richtig.«
»Wallace gehört zu jenen Leuten, die nicht bereit sind, zu verkaufen.«
»Ja, es gibt Probleme mit einigen Haus- und Grundstücksbesitzern. Aber wir werden ihnen Angebote unterbreiten, bei denen sie gar nicht nein sagen können.«
»Und wo auch das nicht funktioniert, tauchen Schlägertrupps auf, wie?«
Allister hatte zum ersten Mal seine Stimme erklingen lassen. Milton richtete jetzt seine Aufmerksamkeit auf ihn. »Und Sie sind der Meinung, dass ich diese Schlägertrupps schicke«, blaffte er.
»Der Verdacht liegt nahe. Wie viel bezahlt Ihnen Goodmansdale, damit Sie für den Konzern die Grundstücke zusammenkaufen? Sicher ist das Honorar vom Erfolg abhängig. Und wenn sich der Erfolg nicht von selbst einstellt, dann hilft man ihm einfach auf die Sprünge.«
»Das ist eine böse Unterstellung!«, schnappte Richard Milton.
»Aber nicht von der Hand zu weisen. Wer hat noch mit dem Ankauf der Grundstücke zu tun?«
»Es ist die Kanzlei Carrington und Partner. Robert Carrington macht die Kaufverträge.«
»Sie haben den Leuten, die sich weigerten, zu verkaufen, gedroht«, sagte Webster.
»Inwiefern? Ich habe ihnen versprochen, nicht locker zu lassen, bis sie einen Kaufvertrag unterschreiben. Wenn Sie das als Drohung verstehen – bitte. Ich kann daran nichts Bedrohliches feststellen.«
»Einer Ihrer Mitarbeiter soll geäußert haben, dass es Mittel und Wege gibt, um die Leute zum Verkauf zu bewegen«, sagte Allister. »Was sind das für Mittel und Wege? Hat man bei Wallace begonnen, einen dieser Wege zu beschreiten?«
»Das ist doch Unsinn. Mein Mitarbeiter meinte damit sicher keine illegalen Mittel und Wege. Man kann Zwangsenteignungen durchführen, wenn es im Interesse der Öffentlichkeit liegt. Man kann …«
»Bei einem Einkaufzentrum dürfte dieser Rechtsweg nicht gegeben sein«, sagte Webster. »Aber das spielt im Moment nur eine nachgeordnete Rolle. Wir möchten von Ihnen wissen, wer bisher verkauft hat und wer sich weigert, seinen Besitz aufzugeben. Die entsprechende Auskunft können Sie uns doch sicher erteilen.«
»Ist das der Grund, der Sie zu mir führt?«
»Ja.«
Milton atmete auf. »Diese Auskunft können Sie haben. Gegen irgendwelche Unterstellungen und Verdächtigungen verwahre ich mich. Ich werde meinen Anwalt verständigen. Ihre Hinweise lassen den Schluss zu, dass Sie mich verdächtigen, gesetzeswidrige Maßnahmen gegen die Hausbesitzer am Northern Boulevard ergriffen zu haben, beziehungsweise ergreifen wollen.«
»Werden Sie auch von der Kanzlei Robert Carrington vertreten?«, fragte Webster.
»Ja. Es ist eine der renommiertesten Kanzleien Manhattans.«
»Natürlich«, sagte Webster und nickte. »Wenn ich jetzt um die Namen bitten dürfte.«
Es war 21 Uhr und dunkel. Stan Flaubert lenkte seinen Wagen, einen schweren Lexus, auf die Zufahrt zur Garage. Er betätigte die Fernbedienung. Wie von Geisterhand gesteuert ging das Garagentor auf. Die Lichtfinger der Scheinwerfer bohrten sich in die Finsternis, die in der Garage herrschte, und trafen die Rückwand, an die ein Fahrrad gelehnt war.
Flaubert ließ den Lexus in die Garage rollen, stellte ihn ab, machte die Lichter aus, stieg aus dem Wagen und schloss per Fernbedienung die Türen. Er machte Licht. Der Lichtschalter befand sich neben der Tür, durch die man in das Haus gelangte.
Das Garagentor schloss sich elektronisch. Flaubert öffnete die Tür, betätigte den Lichtschalter in dem kleinen Flur, der sich anschloss, und löschte das Licht in der Garage. Wenig später betrat Flaubert das Wohnzimmer.
Seine Frau saß in einem der Sessel. Hinter dem Sessel stand ein Mann. Auf der Couch saß einer. Und jetzt erhielt Flaubert einen Stoß in den Rücken. Verdeckt vom Türblatt hatte ein dritter Mann an der Wand gestanden. Flaubert gab einen erschreckten Laut von sich, taumelte zwei Schritte in den Raum, schaute über die Schulter und sah das Gesicht des Burschen, der ihm den Stoß versetzt hatte. Es war ausdruckslos, die Augen blickten kalt. Flaubert krampfte sich der Magen zusammen. Er hatte gehört, was Steven Wallace widerfahren war, und wusste, was die Stunde geschlagen hatte.
»Was soll das?«, entfuhr es Stan Flaubert.
Der Kerl, der hinter dem Sessel stand, in dem Nancy Flaubert saß, glitt auf Flaubert zu. Er baute sich vor ihm auf. »Du bist ein Dummkopf, Flaubert.«
Die Gestalt des anderen Mannes, der auf der Couch saß, wuchs langsam in die Höhe. Ein hämisches Grinsen zog seinen Mund in die Breite. Er war etwa sechs Fuß groß und breit wie ein Kleiderschrank. Seine Haare waren dunkel und kurz geschnitten. Der Handrücken seiner Linken zeigte eine farbige Tätowierung. Eine Rose.
Der dritte Bursche kam von hinten, packte Flauberts linken Arm am Handgelenk und drehte ihn brutal auf den Rücken. Stan Flaubert machte das Kreuz hohl, um dem schmerzhaften Druck im Schultergelenk entgegenzuwirken, und stöhnte auf. Seine Augen weiteten sich, seine Lippen sprangen auseinander, aber der Schrei, der sich in ihm hochkämpfte, erstarb in der Kehle, als ihm der Dunkelhaarige die rechte Faust in den Leib donnerte. Und sofort ließ er die Linke folgen. Sie knallte unter Flauberts Kinn, seine Zähne schlugen zusammen, sein Kopf flog in den Nacken.
Nancy Flaubert sprang auf und warf sich mit einem Aufschrei auf den Schläger, fiel ihm in den Arm, den er schon wieder erhoben hatte, um Stan Flaubert einen weiteren Schlag zu versetzen.
Der Mann schüttelte mit einem wütenden Grunzen in der Kehle die Frau ab. Sie stolperte und stürzte. »Bitte«, keuchte sie. »Lassen Sie meinen Mann in Ruhe.«
»Halt dich raus, Lady!«, knirschte der Dunkelhaarige. Er beugte sich über sie, schlug ihr bretthart mit dem Handrücken auf den Mund. Stan Flaubert riss sich los und warf sich auf den Kerl. Er knallte ihm die Faust ins Gesicht und die andere gegen die Rippen. Aber da war schon der Mann heran, der ihn festgehalten hatte, riss ihn an den Haaren zurück und schlug ihm die Faust gegen den Schädel. Die Welt schien vor Flauberts Augen in Flammen aufzugeben. Er ging zu Boden und bekam einen Tritt in die Rippen. Benommenheit griff nach ihm, Schwindelgefühl erfasste ihn.
Der Dunkelhaarige trat erneut nach ihm. Auch die beiden anderen Schläger bearbeiteten ihn mit brutalen Tritten. Sie kannten weder Gnade noch Erbarmen. Erst als sich Flaubert nicht mehr rührte, hörten sie auf. Und dann verwüsteten sie die Wohnung. Sie leisteten ganze Arbeit. Als sie aufhörten, glich die Wohnung einem Schlachtfeld.
»Hoffentlich nimmt dein Mann Vernunft an«, sagte einer der Schläger zu der Frau, die hemmungslos weinte und bei ihrem besinnungslosen Mann auf den Knien lag. Unablässig strich sie ihm über das verschwollene Gesicht. Die Worte hörte sie nur wie aus weiter Ferne.
Dann verschwanden die Schläger.
Mrs. Flaubert verständigte die Polizei.
Zuerst kam eine Polizeistreife vorbei. Einer der Cops klemmte sich ans Funkgerät und rief Verstärkung herbei. Eine halbe Stunde später traf ein Team aus dem Police Department ein. Die Frau lieferte eine Beschreibung von den Tätern. Die Inspectors Webster und Allister waren mit von der Partie. Es war Zufall, dass sie ausgerechnet in dieser Nacht Dienst versahen. Sie waren sich sehr schnell einig, dass es dieselben Täter waren wie bei Wallace. Flaubert gehörte zu jenen Anliegern am Northern Boulevard, die sich geweigert hatten, trotz eines horrenden Angebots ihr Grundstück zu verkaufen. Er stand auf der Liste, die ihnen Richard Milton ausgehändigt hatte.
Die Fahndung nach den Schlägern wurde noch in der Nacht in Gang gesetzt. Die Spurensicherung hatte einige Fingerabdrücke festgestellt, doch mussten diese erst noch ausgewertet werden. Webster und Allister waren jedoch davon überzeugt, dass die Kerle noch nicht straffällig geworden waren, weil sie sich sonst kaum unmaskiert zu ihren Opfern gewagt hätten und mit ihren Fingerabdrücken derart sorglos umgegangen wären.
Am folgenden Tag begaben sich Webster und Allister zu Glenn Mannert, dem Vorstandsvorsitzenden von Goodmansdale, der Kaufhauskette, die sich so ziemlich in allen großen Städten des Landes etabliert hatte. In Manhattan gab es bereits ein Großkaufhaus. Jetzt aber wollte Goodmansdale in Queens ein ganzes Einkaufszentrum, eine Einkaufsstraße, schaffen.
Mannert hatte sein Büro in der Pearl Street. Es war ein großer, schlanker Mann von sechsundfünfzig Jahren, grauhaarig, mit offenem, wachem Blick, der natürliche Autorität verströmte. Er setzte sich mit den beiden Polizisten an den Konferenztisch in seinem Büro und fragte sie, ob sie Kaffee oder etwas anderes trinken wollten. Webster und Allister lehnten dankend ab.
Nun, Mannert gab zu, dass der Konzern Interesse an den Grundstücken am Northern Boulevard hatte, und dass man bereits eine Reihe von Grundstücken aufgekauft habe. Die Häuser, die darauf standen, habe man jedoch noch nicht abgerissen. Mit den Arbeiten wollte man erst beginnen, wenn Milton, der Immobilienmakler, sämtliche Grundstücke in dem Teilstück zwischen Union Street und Parsons Boulevard erworben haben würde.
»Es gibt einige Leute, die weigern sich standhaft zu verkaufen«, sagte Webster.
»Ich weiß«, erwiderte Mannert. »Aber Milton will nicht locker lassen. Wir haben den Leuten gute Angebote unterbreitet, und wir werden die Angebote noch erhöhen. Bei etwas gesundem Menschenverstand können Sie kaum noch ablehnen. Sie machen das Geschäft ihres Lebens.«
»Zwei der Anlieger, die sich weigern zu verkaufen, wurden brutal zusammengeschlagen«, gab Allister zu verstehen. »Man hat ihre Wohnungen verwüstet. Auf wessen Mist ist dies wohl gewachsen?«
Mannert lächelte überheblich. »Die Waffe, die wir einsetzen, heißt Geld, meine Herren. Davon haben wir mehr als genug. Wir wollen diese Grundstücke. Und wir werden sie kriegen. Koste es, was es wolle.«
»Sie arbeiten mit der Kanzlei Carrington zusammen.«
»Ja. Carrington vertritt die Interessen des Konzerns hier in New York.«
»Inwieweit ist die Kanzlei in den Grundstücksgeschäften involviert?«, fragte Webster.
»Carrington regelt das Juristische. Er handelt die Verträge aus und veranlasst die notariellen Beglaubigungen.«
»Die Kanzlei tritt also erst in Erscheinung, wenn Milton erfolgreich war und ein Geschäft vermittelt hat.«
»So läuft es ab«, meine Herren.
Webster und Allister verließen Glenn Mannert.
»Wir kommen an die Hintermänner nur heran, wenn wir die Schläger dingfest machen können«, sagte Allister, als sie sich wieder auf der Straße befanden und zu ihrem Dienstwagen schritten. »Aber von diesen Kerlen ist bisher noch keiner polizeilich in Erscheinung getreten.«
»Zumindest haben wir nichts gefunden, was einen Hinweis auf ihre Identität ergeben hätte«, knurrte Webster.
Terror am Northern Boulevard, las ich in der New York Times. Der Untertitel lautete: Polizei tritt auf der Stelle.
Interessiert las ich den Artikel. Da stand, dass die Kaufhauskette Goodmansdale plante, in Queens ein Einkaufszentrum zu errichten, dass dem Objekt eine Reihe von Wohnhäusern weichen sollten und eine Reihe von Anliegern nicht bereit war, ihre Grundstücke zu verkaufen. Und dann las ich, dass zwei dieser Hausbesitzer schlimm verprügelt worden waren und ihre Wohnungen verwüstet wurden.
Wildwest in Queens!, war der Gedanke, der mir zuerst durch den Kopf schoss. Dann erzählte ich Milo von den Vorfällen, und Milo erwiderte: »Das Gesetz des Stärkeren. Es liegt doch auf der Hand, wer hinter den Gewalttaten steckt. Wieso tritt die Polizei auf der Stelle?«
»Es ist immer noch eine Sache der Beweislast«, versetzte ich. »Die Leute, die dahinterstecken, sind wahrscheinlich ziemlich clever. Sie lassen sich nicht so leicht ans Bein pinkeln.«
Da klingelte mein Telefon. Es war Mr. McKee. Er bat uns, sofort bei ihm vorbeizukommen. Ich legte wieder auf, erhob mich und sagte: »Wir sollen beim Chef erscheinen. Klang ziemlich dringend. Hoch mit dir, Partner. Der Boss lässt bitten.«
»Ich wette, dass er einen neuen Fall für uns parat hat. Hältst du mit?«
»Was wettest du denn?«
»Ein Bier im Mezzogiorno.«
»Die Wette würdest du gewinnen.«
Milo verzog das Gesicht und erhob sich ebenfalls. Wir verließen unser Büro und betraten wenig später das Vorzimmer von Mr. Jonathan D. McKee. Mandy empfing uns mit einem freundlichen Lächeln. Sie sah wieder einmal bezaubernd aus, und ich sagte mir, dass sie wohl an jedem Finger zehn Kerle haben konnte. Kaum ein Mann konnte sich Mandys Faszination entziehen. »Geht nur hinein«, sagte sie. »Der Chef wartet schon.«
Ich öffnete die Tür, dann betraten wir das Büro des Assistant Directors. Er kam um seinen Schreibtisch herum, begrüßte jeden von uns mit einem Händedruck, dann bat er uns, Platz zu nehmen. Wir ließen uns nieder. Mr. McKee ging hinter seinen Schreibtisch und setzte sich ebenfalls.
Erwartungsvoll-fragend musterten wir ihn.
»Terror in Queens«, begann der Chef. »Haben Sie heute schon die Zeitung gelesen?«
Ich wusste, wovon er sprach. »Eben las ich den Bericht«, gab ich zu verstehen. »Zwei Haus- und Grundstücksbesitzer wurden übel zusammengeschlagen. Man vermutet, dass der Goodmansdale Konzern dahintersteckt. Sollte uns dieser Fall interessieren, Sir?«
Mr. McKee nickte. »In der vergangenen Nacht wurde das Haus eines Mannes namens Ken Harper in die Luft gesprengt. Harper und seine Frau wurden schwer verletzt und schweben noch in Lebensgefahr. Wie es aussieht, nimmt der Terror Ausmaße an. Und wenn Bomben im Spiel sind, sind wir gefordert.«
»Hat man Sie telefonisch verständigt?«, fragte ich.
»Ja. Es ist nun unser Fall, Jesse, Milo. Ich übertrage ihn Ihnen beiden. Legen Sie den Hintermännern des Terrors das Handwerk.«
»Um welches Haus am Northern Boulevard handelt es sich?«, wollte Milo wissen.
»Nummer hundertvierundsiebzig. Sie werden es kaum verfehlen können. Der Kollege vom Police Department sagte, dass nur noch die Ruine steht. Was nicht durch die Explosion zerstört worden war, erledigte das Feuer, das ausbrach.«
Wir vergeudeten keine Zeit. Es war neun Uhr morgens, und das Verkehrsaufkommen im Big Apple war immens. Ich benutzte die Williamsburg Bridge, um nach Queens zu gelangen. Dort war es etwas ruhiger. Eigentlich kamen wir ganz gut durch. Schließlich erreichten wir den Northern Boulevard und befuhren in Richtung Osten.
Ein ganzes Aufgebot von Feuerwehrautos und Streifenwagen sagte mir, wo das Haus in die Luft gesprengt worden war. Neugierige standen außerhalb der Absperrung. Einige Cops wachten darüber, dass keine Unbefugten das Gelände betraten. Ein Liveübertragungswagen von New York One stand in einer Reihe mit dem Polizeifahrzeugen.
Ich fand einen Parkplatz, wir liefen etwa hundert Yards zu Fuß, dann erreichten wir das Trassenband, das die uniformierten Kollegen gespannt hatten und die Grenze zwischen dem Schauplatz des Verbrechens und der Meute der Neugierigen bildete. Ein Cop hielt uns auf, wir wiesen uns aus und durften schließlich das Grundstück betreten.
Von dem Haus standen tatsächlich nur noch die Wände. Das Dach war eingestürzt. Sämtliche Fenster waren zerbrochen. Rauch stieg aus dem Brandschutt in die Höhe. Ich sah einige Feuerwehrleute. Da waren aber auch die Kollegen vom Police Department, genauer gesagt von der SRD, dem gemeinsamen Erkennungsdienst aller New Yorker Polizeidienststellen.
Ich erkundigte mich, wer den Einsatz leitete, und wurde an einen Captain McMillan verwiesen. Wir trafen den Mann in einem der ausgebrannten Räume im Erdgeschoss an. Brenzliger Geruch hing in der Luft. Alles war nass vom Löschwasser. Ich stellte mich dem Captain vor, dann fragte ich: »Gibt es schon irgendwelche Erkenntnisse?«
»Kaum. Die Nachbarn hörten in der Nacht die furchtbare Explosion, und als sie nachschauten, stand das Haus schon in hellen Flammen. Der Bombenleger hat sein Spielzeug durch die eingeschlagene Terrassentür im Wohnzimmer deponiert. Das schließen wir daraus, dass bei der Terrassentür Glasscherben im Innern der Wohnung liegen. Alle anderen Scheiben hat die Explosion nach außen geblasen.«
»Zeitzünder?«, fragte Milo.
»Wahrscheinlich. Die Bombe hatte jedenfalls eine verheerende Sprengkraft.«
»In welches Krankenhaus wurden Harper und seine Frau gebracht?«
Captain McMillan sagte es mir. Milo und ich schauten uns noch ein wenig um. Es gab nichts zu tun für uns. McMillan versprach, uns vom Ergebnis der Spurensicherung zu unterrichten.
Wir fuhren zurück ins Field Office, und ich nahm Verbindung mit dem Police Department auf. Wenig später hatte ich Inspector Webster an der Strippe. Er sagte: »Wir haben bereits ermittelt. Aber Sie können sich denken, dass wir auf eine Mauer des Schweigens gestoßen sind. Glenn Mannert, der Vorstandsvorsitzende von Goodmansdale, weiß von nichts. Ebenso wenig Richard Milton, der Immobilienmakler, der die Kaufverhandlungen führt.«
»Wurden Drohungen ausgesprochen?«, fragte ich. »Hat man den Männern, die zusammengeschlagen wurden, damit gedroht, dass sie weitere Unannehmlichkeiten zu erwarten hätten, wenn sie sich nicht bereit erklärten, zu verkaufen?«
»Nein. Es gab einige Andeutungen, die gewisse Schlüsse zulassen. Aber nichts, woraus sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Weigerung, zu verkaufen, und den Gewalttaten schließen ließe.«
»Welche Andeutungen?«
»Redewendungen wie: Wir erteilen euch einen Denkzettel, vielleicht besinnt ihr euch dann. Zu Flauberts Frau sagte einer der Kerle: Hoffentlich nimmt dein Mann Vernunft an. Wir haben gegen Mannert und Milton nichts in der Hand. Der Verdacht genügt nicht, um sie festzunageln.«
»Wir werden uns mit den beiden unterhalten«, sagte ich, dann bat ich den Kollegen, uns die vorliegenden Vernehmungsprotokolle und überhaupt den bisher angefallenen Papierkram zuzuleiten. Webster sagte es zu.
Wir fanden heraus, dass das Immobiliengeschäft Miltons in der 39th Street lag. Das Büro von Goodmansdale befand sich in der Pearl Street in Südmanhattan. Wir beschlossen, zuerst Glenn Mannert, dem Vorstandsvorsitzenden von Goodmansdale, einen Besuch abzustatten.
Er begrüßte uns mit ausgesuchter Höflichkeit und gab dann sofort zu verstehen, dass er alles, was er zu sagen hatte, bereits den Kollegen vom Police Department gesagt habe.
»Das ist möglich«, sagte ich. »Aber Sie werden sicher verstehen, dass wir uns selbst ein Bild machen möchten. Der Verdacht, dass irgendjemand von Goodmansdale hinter dem Terror steckt, liegt nahe.«
»Nehmen Sie Platz, Gentlemen«, sagte Mannert. »Soweit ich dazu in der Lage bin, werde ich Ihre Fragen gerne beantworten.«
Wir setzten uns, auch Mannert nahm bei uns Platz. »Schießen Sie los.«
»Der Verdacht liegt nahe, dass jemand hinter dem Terror am Northern Boulevard steckt, der Interesse daran hat, dass die Haus- und Grundbesitzer aufgeben.«
»Mit diesem Verdacht wurde ich bereits einmal konfrontiert«, sagte Mannert. »Ich werde meinen Anwalt herbeiholen lassen.« Er erhob sich abrupt, ging zum Telefon, tippte eine Kurzwahl und sagte: »Verständigen Sie Bob Carrington. Sagen Sie ihm, dass zwei Herren vom FBI bei mir sind. Er soll sofort herkommen.«
Mannert legte auf. In seinem Gesicht arbeitete es. Er setzte sich nicht wieder zu uns an den Tisch, sondern blieb bei seinem Schreibtisch stehen und schnarrte: »Ich habe mit dem Terror am Northern Boulevard nichts zu tun. Wir haben die Angelegenheit einem Maklerbüro und unseren Anwälten überlassen. Rich Milton wurde bereits von Ihren Kollegen vernommen. Ich habe ebenfalls mit ihm gesprochen. Er versicherte mir, dass er seine Hände nicht im Spiel habe.«
»Wer dann? Wer könnte noch Interesse daran haben, dass die Leute verkaufen?«
»Ich weiß es nicht. Aber das herauszufinden ist Ihr Job, G-men. – Mein Anwalt wird in spätestens einer halben Stunde hier sein. Ich werde mich mit Ihnen nur noch in seinem Beisein unterhalten. Wenn Sie wollen, können Sie gerne warten. Aber was immer Sie aber auch an Fragen haben – ich werde sie Ihnen nicht beantworten können.«
»Wir haben nicht vor, auf Ihren Anwalt zu warten«, sagte ich und erhob mich.
»Was hältst du von ihm?«, fragte Milo, als wir wieder im Auto saßen und ich den Sportwagen in Richtung Norden steuerte.
»Schwer zu sagen. Eine Führungspersönlichkeit. Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Diese Sorte lässt dich nicht hinter ihre Fassade blicken. Ich kann mir aber vorstellen, dass er über Leichen geht, wenn er damit seinen Wünschen und Plänen Geltung verschaffen kann.«
»Ich halte ihn für eiskalt«, knurrte Milo.
Der Sportwagen trug uns in die 39th Street. Richard Milton war mir persönlich nicht sympathisch. Er behandelte uns von oben herab und drohte ebenfalls mit seinem Anwalt. Weiter kamen wir auch bei ihm nicht. Aber wir hatten Mannert und Milton wenigstens kennengelernt.
»Ein Kotzbrocken allererster Ordnung«, sagte ich, als wir in Richtung Federal Plaza unterwegs waren. Ich verschwieg, dass ich es Milton zutraute, hinter dem Terror zu stecken. Denn ich wollte mich nicht selbst meiner Objektivität berauben.
»Das kannst du laut sagen«, pflichtete Milo mir bei. »Die Frage ist jetzt, welcher von beiden dahintersteckt. Mannert oder Milton. Oder stecken sie beide unter einer Decke? Es gibt niemanden außer ihnen, für den es einen Vorteil bedeutet, sämtlichen Boden zwischen Union Street und Parsons Boulevard am Northern Boulevard zu erwerben.«
»Wir kennen den oder die Täter«, sagte ich, »doch wir kommen nicht an sie ran. Irgendwie frustrierend. Findest du nicht?«
Bei Price Morgan läutete das Telefon. Es war um die Mittagszeit. Morgan lag noch im Bett. Bei ihm befand sich eine etwas mollige Blondine, die sich jetzt dehnte und reckte. »Immer wenn es am schönsten ist«, schmollte sie.
Morgan ließ von ihr ab und erhob sich, ging zum Telefon und pflückte den Hörer vom Apparat. »Morgan.«
»Gute Arbeit, Morgan. Sie finden den Rest des Honorars im Briefkasten. Und auch gleich die Anzahlung für die nächste Sache. Machen Sie weiter so, Morgan. Ich bin ausgesprochen zufrieden mit Ihnen.«
»Wer ist als nächstes dran?«
»Ed Crawford. Hausnummer hundertachtundsechzig. Sobald ich aus den Nachrichten erfahre, dass die Sache gelaufen ist, erhalten Sie die Restzahlung. Ich melde mich wieder.«
Dann war die Leitung tot. Morgan starrte noch sekundenlang auf den Hörer in seiner Hand, dann legte er auf.
»Wer war das?«, wollte die Blondine wissen. Nach dieser Frage gähnte sie und reckte sich erneut.
»Kennst du sowieso nicht«, knurrte Morgan kurz angebunden. Dann ging er zum Schrank, holte seinen Morgenmantel heraus, zog ihn an und verließ das Schlafzimmer.
»Kommst du wieder?«, rief die Blondine.
»Ja.« Morgan ging ins Treppenhaus und stieg die wenigen Stufen hinunter ins Erdgeschoss. Sein Apartment lag in der ersten Etage. An der Wand neben der Haustür waren ein Dutzend Briefkästen angebracht. Morgan öffnete einen von ihnen und nahm ein braunes Kuvert heraus. Damit kehrte er in seine Wohnung zurück. Dort riss er das Kuvert auf. Es enthielt tausendfünfhundert Dollar. Morgan zerknüllte das Kuvert und warf es in den Abfalleimer.
Da sagte die Blondine hinter ihm: »Wer schickt dir denn Geld?«
Sie stand in der Tür zum Schlafzimmer und musterte ihn fragend.
»Das geht dich einen Dreck an!«, fauchte Price Morgan und wandte sich der Blondine drohend zu.
Es war zwei Uhr nachts. Price Morgan hatte seinen Wagen in einer Seitenstraße abgestellt. In der Rechten trug er einen Koffer. Er schlich im Schutz von Hecken, Büschen und Bäumen an das Anwesen Nummer 168 heran. Die Straße war menschenleer. Der Mond stand über Manhattan. Manchmal schoben sich Wolkenbänke davor und verdunkelten ihn. Morgan bewegte sich so lautlos wie ein Schatten. Er erreichte die rückwärtige Seite des Hauses. Es lag in Dunkelheit. Die Menschen, die da wohnten, schliefen. Auch in den benachbarten Häusern brannte nirgendwo Licht.
Es gab keine Terrassentür. Die Jalousien vor den Fenstern waren heruntergelassen. Morgan versuchte, eine hochzuschieben, es gelang ihm jedoch nicht. Er hob den Gitterrost von einem Schacht mit einem Kellerfenster ab. Es handelte sich um eines dieser Fertigfenster, die beim Bau des Hauses fix und fertig gesetzt wurden und nicht nur mit einer Glasscheibe, sondern auch mit einem Gitter aus Stahlblech gesichert waren. Morgan drückte gegen das Fenster. Es war von innen verriegelt. Es aufzubrechen hätte viel zu viel Lärm verursacht.
Morgan begab sich zur Garage. Das Tor war abgeschlossen. Aber die Seitentür ließ sich öffnen. Der Bursche trat ein und knipste eine Taschenlampe an. Der Lichtbalken geisterte über einen Ford hinweg, über die Wand, traf eine Tür und blieb darauf haften. Es war die Verbindungstür zum Haus. Sie war versperrt.
Morgan öffnete den Koffer und entnahm ihr einen Gegenstand, der an eine Konservendose erinnerte. Eine Bombe. Morgan hatte sie selbst gebaut. Er war Spezialist auf diesem Gebiet. Nun aktivierte er den Zeitzünder und wusste, dass der Sprengsatz in exakt einer halben Stunde hochgehen würde.
Er deponierte die Bombe bei der Tür. Dann schloss er seinen Koffer und verließ die Garage, erreichte sein Auto und setzte sich hinein. Geduldig wartete er. Eine halbe Stunde verstrich, dann sprengte die Detonation die nächtliche Stille, die über dem Wohnviertel lag. Es hörte sich an wie eine Botschaft von Unheil und Verderben.
Price Morgan startete den Motor und fuhr davon. Er hatte wieder einmal gut Arbeit geleistet.
Der Hausbesitzer und seine Familie waren mit dem Schrecken davongekommen. Die Garage war total zerstört, ebenso ein Teil des Hauses. Der Wagen Ed Crawfords war ausgebrannt. Der Schaden war beträchtlich.
Man hatte uns sofort nach Dienstantritt verständigt, und Milo und ich waren unverzüglich zum Northern Boulevard gefahren. Es sah wirklich schlimm aus.
»Das waren diese Höllenhunde von Goodmansdale!«, knirschte Ed Crawford. »Man hat mir gedroht. Anonym. Aber wer sonst als der Konzern sollte dahinterstecken? Diese elenden Schweine. Sie schrecken vor nichts zurück.«
»Die Annahme, dass Goodmansdale dahinter steckt, ist fast zwingend«, gab ich zu. »Aber wer von Goodmansdale ist verantwortlich? Es gibt einen Vorstand mit sieben Mitgliedern. Glenn Mannert, der Vorstandvorsitzende, wäscht seine Hände in Unschuld.«
»Natürlich gibt er es nicht zu, wenn er Dreck am Stecken hat!«, stieß Crawford wütend hervor. »Der Konzern ist hinter dem Land her wie der Teufel hinter der armen Seele. Richard Milton steht alle Augenblicke bei uns auf dem Teppich und versucht, uns unsere Grundstücke abzuschwindeln. Dahinter steht die Kanzlei Carrington, um juristisch alles wasserdicht zu machen. Bremsen Sie diese Verbrecher, G-men. Oder muss erst ein Mensch tot sein, damit Sie aktiv werden?«
»Sie sollten uns nicht beleidigen«, wies Milo den zornigen Mann zurecht. »Wir tun, was in unserer Macht steht. Sicher, der Verdacht ist da, dass Mannert oder Milton Drahtzieher der Schweinereien sind, die geschahen. Aber der Verdacht allein genügt eben nicht. Wir müssen ihnen die Verbrechen beweisen können. Und daran hapert es im Moment noch.«
»Und wer ersetzt mir meinen Schaden?«, maulte Crawford. »Wenn ihr keinen Schuldigen findet, gibt es auch niemanden, an den ich mich mit meiner Schadenersatzforderung wenden kann. Und wenn Sie den Verbrecher nicht entlarven, bleibe ich auf meinem Schaden sitzen.«
Ich musste mich zusammenreißen, um Crawford nicht mit einer schroffen Antwort in seine Schranken zu verweisen. Aber ich rechnete es seiner Erregung zu und sagte mit gezwungener Ruhe: »Hat man Ihnen gedroht? Haben Sie sich gegebenenfalls an die Polizei gewandt?«
»Man hat uns ein Angebot unterbreitet. Ich lehnte ab.« Crawford atmete tief durch. »Es gibt eine Initiative, zu der sich die Haus- und Grundbesitzer in diesem Abschnitt des Northern Boulevard zusammengeschlossen haben. Natürlich nur diejenigen, die nicht zum Verkauf bereit sind. Wir sind uns einig und verkaufen zu keinem Preis der Welt. Man trat mit weiteren Angeboten an uns heran. Dann wurden wir anonym bedroht. Man drohte, uns das Dach über dem Kopf anzuzünden, wenn wir nicht verkauften. Was dann geschah, wissen Sie ja selbst. Wallace und Flaubert wurden brutal zusammengeschlagen. Harpers Haus wurde in die Luft gejagt. Und jetzt auch mein Haus. Es kann doch nicht sein, dass die Polizei die Schuldigen kennt und nichts gegen sie unternimmt. Tun Sie was, G-men, ehe es den ersten Toten gibt.«
Ich wusste, wie sehr der Mann Recht hatte. Wir standen unter Zeitdruck. Von Webster hatten wir die Liste jener Haus- und Grundbesitzer erhalten, die nicht bereit waren, zu verkaufen. Insgesamt waren es neun Namen, die darauf standen. Vier hatten bereits den Terror zu spüren bekommen. Die Zeit brannte uns unter den Nägeln. Schon in der Nacht konnte der nächste Anschlag geschehen. Auch die Öffentlichkeit erwartete von uns positive Ergebnisse. Irgendwann in den nächsten Tagen gab es sicher eine Pressekonferenz. Was sollten wir den Reportern bieten? Eine Reihe von Vermutungen und Verdächtigungen?
Ich sprach mit einem Kollegen von der Spurensicherung. »Wir haben Reste der Bombe gefunden«, sagte er. »Es handelt sich dem ersten Augenschein nach um einen Sprengsatz derselben Bauweise, wie er bei dem Gebäude Nummer hundertvierundsiebzig verwendet wurde. Da ist ein Spezialist am Werk, Trevellian. Vielleicht überprüfen Sie mal die Leutchen, von denen wir wissen, dass sie sich irgendwann einmal mit dem Bau von Knallbonbons beschäftigt haben.«
Zurück im Field Office machten wir uns sofort an die Arbeit. Es gab in New York vier Männer, die in der Vergangenheit mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren, weil sie als Bombenbauer in Erscheinung getreten waren, und die sich auf freiem Fuß befanden.
Da war Jack Warren, wohnhaft in East 69th Street. Der nächste, den der Computer ausspuckte, war Elam Hooker, 72 Jahre alt, wohnhaft in Staten Island, Van Pelt Avenue. Der dritte Proband war Ernest Curtis. Er war erst vor drei Monaten aus dem Gefängnis entlassen worden, letzte bekannte Anschrift war East Village, 9th Street. Und dann war da noch Dee Howard, 46 Jahre, zuletzt gemeldet in Manhattan Valley, West 98th Street.
Wir begannen bei Ernest Curtis in der 9th Street.
»Ich bin geheilt«, sagte Ernest Curtis. »Wegen meiner Leidenschaft für Bomben habe ich sieben Jahre hinter Gittern verbracht. Man hat mich auf Bewährung entlassen. Für keinen Preis der Welt baue ich noch einmal eine Bombe.«
»Für keinen Preis der Welt?«, fragte Milo zweifelnd.
»Für keinen!«, behauptete Ernest Curtis mit Nachdruck im Tonfall. Er war ein Mann von etwa fünfunddreißig Jahren, mittelgroß, schlank, eingefallenes, bleiches Gesicht, kleine Frettchenaugen.
Als nächstes suchten wir Jack Warren in der 69th Street auf. Er war um die Fünfzig, seine Haare begannen sich grau zu färben, er sagte: »Es ist richtig, ich hab in den neunziger Jahren mal ein paar Bomben gebaut, die von Rechtsextremisten eingesetzt wurden. Dafür habe ich fünf Jahre abgerissen. Seitdem gehe ich einer geregelten Arbeit nach und habe sogar drei Jahre nach meiner Haftentlassung geheiratet. Die Truppe, die mir damals die Bombe abnahm, habt ihr vom FBI zerschlagen. Ich habe nie wieder was von den Kerlen gehört.«
Wir schauten uns in der Wohnung Warrens um. Nichts deutete darauf hin, dass hier Bomben gebastelt worden waren. Wir ließen uns auch den Keller und den Dachboden zeigen. Fehlanzeige!
Wir fuhren in die 98th zu Dee Howard. Unter der Adresse, unter der er zuletzt gemeldet gewesen war, wohnte jetzt eine Familie namens Hunter. Niemand konnte uns sagen, wo Dee Howard jetzt lebte. Viele der Leute in dem Haus, die wir fragten, kannten ihn gar nicht.
Also begaben wir uns nach Staten Island zu Elam Hooker. Wir trafen einen alten, fast blinden Mann an, der schwer zuckerkrank war und dem schon ein Bein abgenommen worden war. Er lachte uns aus, als wir ihm erzählten, weshalb wir zu ihm gekommen waren. »Meine Tage auf dieser Welt sind gezählt«, meinte er. »Ich will sie auf keinen Fall damit verbringen, für irgendjemanden ein paar Knallbonbons zu basteln. Diesen Weg habt ihr umsonst gemacht, Agents. Aber kommen Sie ruhig wieder, in einigen Wochen oder Monaten, zu meiner Beerdigung. Ich habe sicher nichts dagegen, wenn ein paar Polizisten an meinem Grab stehen.«
»Wer von den vieren kommt für dich in Frage?«, wollte Milo wissen, als wir uns wieder auf dem Weg nach Manhattan befanden.
»Allenfalls Howard«, erwiderte ich.
»Der Verdacht gegen Mannert ist erdrückend«, meinte Milo. »Alles spricht dafür, dass er hinter den Anschlägen steckt. Wir sollten einen Haftbefehl beantragen. Wenn wir ihn erst mal hinter Gitter haben …«
Ich unterbrach Milo. »Es reicht nicht für einen Haftbefehl. Nach der Anhörung würde jeder Richter Mannert laufen lassen. Wir brauchen einen Beweis. Ohne einen solchen können wir einpacken.«
Wir erreichten den Fährhafen. Jede Stunde verkehrte eine Fähre zwischen Staten Island und Manhattan. Wir hatten noch eine halbe Stunde Zeit. Ich ließ das Autoradio laufen. Soeben wurde ein Song von Bryan Adams ausgestrahlt. Ich drehte leiser.
»Genauso gut kann Richard Milton als Täter in Frage kommen«, sagte ich. »Die Höhe seines Honorars hängt davon ab, dass er erfolgreich ist. Goodmansdale hat ihn mit einem millionenschweren Auftrag betraut. Wenn er nicht erfolgreich ist, und Goodmansdale gibt das Projekt auf, schaut er in die Röhre.«
»Sicher, das könnte ein Motiv sein. Vielleicht sollten wir mal die anderen Vorstandsmitglieder von Goodmansdale unter die Lupe nehmen. Verdächtig ist jeder. Was meinst du?«
»Wir müssen uns darauf konzentrieren, die Schläger oder den Bombenleger zu schnappen«, gab ich zurück. »Wenn wir die Vorstandsmitglieder vernehmen, bringt uns das genauso wenig wie die Vernehmung Mannerts oder Miltons. Wir brauchen einen der Handlanger, der uns dann zu seinem Auftraggeber führt.«
»Wir haben nicht den kleinsten Hebel, den wir ansetzen könnten«, meinte Milo.
Mein Telefon klingelte, ich nahm den Hörer, hob ihn vor mein Gesicht und nannte meinen Namen sowie die Dienststelle. Ein Mann sagte: »Hier spricht Nelson – Fred Nelson. Ich besitze ein Haus am Northern Boulevard. Heute erhielt ich einen anonymen Anruf. Der Anrufer sagte, ich sollte endlich verkaufen, oder ich würde es bereuen. Er meinte, dass ich jetzt noch eine hübsche Stange Geld für mein Haus bekommen würde. Bald aber würde man mit anderen Mitteln aufwarten.«
»Um welches Haus handelte es sich?«, fragte ich.
»Nummer hundertfünfundfünfzig.«
»Dann wird man sicher noch einmal mit einem Angebot an Sie herantreten«, sagte ich. »Wenn das der Fall ist, benachrichtigen Sie mich.«
»Und was ist, wenn man nicht mehr mit einem Angebot an mich herantritt?«
»Dann ergäbe der Anruf keinen Sinn«, sagte ich. »Ich denke, Sie können beruhigt sein. Dem Terror ist bisher immer ein Angebot vorausgegangen.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr, Mr. Trevellian«, sagte Nelson, dann verabschiedete er sich und versprach mir, sich zu melden, wenn Milton mit einem neuen Angebot aufwartete.
Ich hatte kaum aufgelegt, als mein Telefon schon wieder läutete. Ich schaute Milo an, verdrehte die Augen, nahm ab. »Trevellian, FBI New York«, leierte ich herunter.
Es war eine Frauenstimme. »Ihr solltet euch mal um Price Morgan kümmern. Ich war gestern Morgen zufällig Zeuge, als er einen Briefumschlag in seiner Wohnung öffnete und ihm ein Bündel Dollarnoten entnahm. Vorher wurde er angerufen. Er verließ daraufhin im Morgenmantel die Wohnung. Den Briefumschlag muss ihm jemand in den Briefkasten geworfen haben.«
»Was ist daran verdächtig?«, fragte ich.
»Morgan brüstete sich vor ein paar Tagen damit, dass er in der Lage wäre, jede Art von Bombe zu bauen. Zeitgezündet, ferngezündet, Aufschlagzündung. Er war ziemlich angetrunken und erging sich in einigen Andeutungen, die ich nicht so ernst nahm. Aber jetzt, nachdem in Queens zwei Häuser gesprengt wurden und Morgan in der Nacht für fast drei Stunden verschwunden war …«
»Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Kelly Smith. Ich bin seit drei Wochen die Freundin Morgans. Mit seinen gesetzeswidrigen Machenschaften will ich aber nichts zu tun haben. Ich habe Angst. Morgan ist so seltsam, seit ich ihn mit dem Geld überrascht habe. – Er kommt. Großer Gott …«
Die Leitung wurde unterbrochen. Ich legte auf.
»Price Morgan«, sagte ich dumpf. »Leider konnte mir die Lady nicht mitteilen, wo Morgan wohnt.«
»Ich versuche es mal im Telefonbuch«, sagte Milo. »Nimm du dir das Adressbuch vor.«
Da klingelte mein Telefon erneut. Ich schnappte mir den Hörer. »Trevellian, FBI …« Am anderen Ende hörte ich nur schweren Atem. Dann legte der Anrufer wortlos auf.
»Das war Price Morgan«, sagte ich, und der Magen krampfte sich mir zusammen. »Er hat seine Freundin überrascht, als sie telefonierte und hat die Rufwiederholungstaste gedrückt. Großer Gott, was wir er wohl mit dem Girl jetzt anstellen?«
Ich hatte plötzlich das Empfinden, auf glühenden Kohlen zu sitzen.
Ich ging sofort NCIC 2000 durch. Es handelt sich hierbei um das Fahndungsarchiv des FBI. Diese Datenbank enthält sämtliche jemals gespeicherten Kriminalakten mit Namen, Fingerabdrücken, Polizeifotos und allen sonstigen erforderlichen Angaben zur Person. Ein Mann namens Price Morgan war nicht registriert. Ich klinkte mich auch in die Datenbank des Police Department ein. Ohne Ergebnis. Price Morgan war für uns ein Phantom, von dem wir nur den Namen kannten.
Richard Milton rief bei Fred Nelson an. »Hören Sie, Mr. Nelson. Ich biete Ihnen dreihunderttausend Dollar für Ihr Grundstück. Das sind hunderttausend mehr, als ich zu Beginn der Verhandlungen bot. Mehr ist nicht drin. Stimmen Sie zu und wir machen den Verkauf perfekt. Die Verträge sind bereits geschrieben. Carrington muss nur noch den Betrag einsetzen.«
»Und was ist, wenn ich nicht zustimme?«
Milton schwieg sekundenlang. Dann knurrte er: »Wir können Sie nicht zwingen, Mr. Nelson. Aber es wäre dumm, ein solches Angebot auszuschlagen. Sie können sich damit was Neues anschaffen, teurer und größer als das, was Sie aufgeben. Überlegen Sie doch mal.«
»Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich bin in einem Alter, in dem ich meine Ruhe haben will. Ich möchte nicht mehr neu anfangen. Nein, Mr. Milton, ich verkaufe nicht. Ich werde auch den anderen, die nicht verkaufen wollen, nicht in den Rücken fallen, indem ich jetzt zustimme.«
»Ist das Ihr letztes Wort?«
»Ja. Sollten Sie mir Ihre Schläger schicken, Milton, dann lassen Sie sich gesagt sein, dass ich das FBI eingeschalten habe. Ich – ich stehe unter Polizeischutz.«
Milton lachte. »Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihnen Schläger schicken könnte?«, fragte er fast belustigt.
»Mir wurde gedroht. Der Anrufer meinte, dass ich endlich verkaufen sollte, oder ich würde es bereuen. Er sagte, dass ich jetzt noch einen hübschen Batzen Geld für mein Haus kriegen würde. Sollte ich mich stur stellen, drohte er, mein Haus in Schutt und Asche zu legen.«
»Sie sollten den Anruf nicht auf die leichte Schulter nehmen, Nelson«, sagte Richard Milton. »Immerhin gab es einige Anschläge. Wollen Sie es sich nicht doch überlegen, Mr. Nelson?«
»Ich sagte es bereits: Ich stehe unter Polizeischutz. Sollte mir jemand etwas am Zeug flicken wollen, hat er ein riesiges Problem am Hals. Ich verkaufe nicht, Milton. Und das ist mein allerletztes Wort.«
Nelson warf den Hörer auf den Apparat.
Dass er unter Polizeischutz stehe, war natürlich gelogen. Falls Milton hinter den Anschlägen steckte, würde er sich auf diese Eröffnung hin sicher zurückhalten. So dachte Fred Nelson. Er ging ins Schlafzimmer und zog den Schub des Nachtkästchens auf, nahm eine Glock heraus und repetierte die Pistole. Nelsons Frau war ihm bis unter die Schlafzimmertür gefolgt.
»Was hast du vor?«, fragte sie ängstlich. In Ihren Mundwinkeln zuckte es.
»Ich werde über unser Haus wachen, Belinda. Soll Milton nur seine Schufte schicken. Ich war in Vietnam und kann kämpfen. Die Hurensöhne sollen nur kommen. Dann werde ich ihnen einheizen.«
Nelson ging zum Telefon und tippte eine Nummer. Gleich darauf sagte er: »Hallo, Mr. Trevellian. Milton hat angerufen und hat mir dreihunderttausend für mein Haus geboten. Ich habe abgelehnt. Ich denke, dass ich in der Nacht höllischen Besuch erhalte.«
Wir observierten Nelsons Haus. Ich hatte mich im Garten versteckt, Milo war im Dienstwagen, den wir benutzten und der auf der Straße ein Stück von dem Grundstück entfernt abgestellt war, sitzen geblieben.
Nur zäh verrann die Zeit. Mitternacht war längst vorüber. Mühsam reihten sich die Minuten aneinander, wurden zu einer Viertelstunde, zu einer halben. Hin und wieder vernahm ich Motorengeräusche. Queens war um diese Zeit ziemlich ruhig. Unsere Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Immer wieder schaute ich auf die Uhr. Es war kurz vor halb zwei Uhr, als ich ein Rascheln vernahm. Und dann sah ich eine schemenhafte Gestalt. Sie trug einen Koffer oder eine Tasche und kam zwischen den Büschen und Bäumen hindurch zur Hinterseite des Hauses. Jäh war ich angespannt bis in die letzte Nervenfaser. Ich nahm mein Mobiltelefon zur Hand, die Nummer Milos war bereits voreingestellt, ich musste nur noch den grünen Knopf drücken. Als sich Milo meldete, flüsterte ich in den kleinen Apparat. »Er ist da. Mach dich bereit.« Danach schob ich das Handy wieder ein und zog die SIG.
Der Bursche machte sich an der Terrassentür zu schaffen. Ein leises Klirren erklang, als er das Glas einschlug.
Ich pirschte mich näher heran, dann rief ich: »Nehmen Sie die Hände hoch! Keine falsche Bewegung. Ich ziele auf Sie!"
Sekundenlang schien der Bursche wie erstarrt zu sein. Jetzt richtete er sich auf. Er hielt den Koffer oder die Tasche nicht in der Hand. Langsam wanderten seine Arme in die Höhe, dann hielt er die Hände in Schulterhöhe.
Ich trat hinter dem Strauch hervor, der mir als Deckung diente, und ging langsam auf den Mann zu, erreichte ihn und sagte: »Ich bin Special Agent Trevellian vom FBI New York. Rühren Sie sich nur nicht.«
Ich trat hinter ihn und klopfte ihn mit der linken Hand nach einer Waffe ab. Er war waffenlos. Ich nahm das Handy und nahm Verbindung mit Milo auf. »Ich habe ihn. Du kannst kommen.«
Milo erschien wenig später. Auch er hielt die Dienstwaffe in der Faust.
»Sie sind vorläufig festgenommen«, sagte ich zu dem Kerl, der sich nicht rührte und gepresst atmete. Dann leierte ich den Spruch herunter, der bei einer Verhaftung vorgeschrieben war und mit dem ich ihn über seine Rechte aufklärte.
Milo legte dem Burschen Handschellen an. Dann schnappte er sich den Koffer, der an der Hauswand stand. Ich dirigierte den Festgenommenen vor mir her zum Dienstwagen, gebot ihm, sich auf die hintere Sitzbank zu setzen, Milo nahm neben ihm Platz, ich klemmte mich hinter das Steuer.
Im Federal Building angekommen brachten wir unseren Gefangenen sofort in den Vernehmungsraum. Ich setzte mich ihm gegenüber an den Tisch, Milo blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Den Koffer hatte er auf dem Tisch abgestellt.
»Wie heißen Sie?«
»Price Morgan.«
Ich war wie elektrisiert und dachte an die Anruferin, diese Kelly Smith, die uns auf eventuelle kriminelle Machenschaften Price Morgans hingewiesen hatte.
»Sie sind also Price Morgan«, murmelte ich versonnen. Dann hatte ich meine Überraschung überwunden. »Was befindet sich in dem Koffer?«
Morgan schwieg verbissen.
Ich nahm den Koffer und öffnete ihn. Da lag ein graues Behältnis, das aussah wie eine Konservendose, was aber in Wirklichkeit eine Bombe war. Sie wies einen Kippschalter auf, mit dem sie wohl zu aktivieren war. »Sie wollten damit Nelsons Haus in die Luft sprengen«, sagte ich. »Ebenso, wie Sie Stan Flauberts und Ken Harpers Haus in die Luft gesprengt haben. Von wem erhielten Sie Ihre Aufträge?«
»Ich weiß es nicht.«
»Halten Sie uns nicht für dümmer, als wir vielleicht aussehen!«, stieß Milo grimmig hervor. »Sicher haben Sie nicht schlecht verdient mit Ihrer verbrecherischen Arbeit. Von wem erhielten Sie das Geld?«
»Ich weiß es wirklich nicht. Die Aufträge erhielt ich telefonisch. Das Honorar für meine Arbeit wurde mir in den Briefkasten geworfen.«