KURZ MAL WEG - Christian Hafenecker - E-Book

KURZ MAL WEG E-Book

Christian Hafenecker

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Beschreibung

Die ÖVP hat sich den Staat und seine Institutionen in den letzten Jahrzehnten unter den Nagel gerissen. Die türkise Truppe rund um Sebastian Kurz hat im Stil eines Putsches 2017 die Macht in der ÖVP übernommen und danach aus dem Kanzleramt heraus einen "Tiefen Staat" entwickelt. Sie nutzte die Allmacht für Postenschacher, Freunderlwirtschaft und nicht zuletzt "Medienkauf " in bisher ungekanntem Ausmaß. Für den Hauptdarsteller in dieser Schmierenkomödie nahm die Polit-Karriere ein jähes Ende. Kurz verlor den Kanzlerposten und muss sich vor Gericht verantworten. So tief der Fall war, so hartnäckig halten sich Gerüchte, dass der einstige Messias der ÖVP auferstehen und in die Politik zurückkehren könnte. Ist er also nur "KURZ MAL WEG"? Oder ist "KURZ MAL WEG" – und zwar endgültig? Dieses Buch ist ein Plädoyer für die zweite Variante, denn was der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss herausgearbeitet hat, sollte bei Weitem ausreichen, damit dieses unrühmliche Kapitel in Österreichs Geschichte für immer geschlossen bleibt. In diesem Buch sind viele, aber längst nicht alle Missetaten nachzulesen.

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Seitenzahl: 175

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Christian Hafenecker

KURZ MAL WEG

Inhalt

Vorwort

Prolog: U-Ausschuss beendete die türkise Ära

Anklage gegen Kurz und Konsorten

§ 288 StGB – Falsche Beweisaussage

Kurz‘ Kampf um die Kronjuwelen der Republik

Erster Schritt: Der richtige Aufsichtsrat

Vater Ortner spendet Million, Tochter bekommt Prestige-Job

Russland-Sanktionen belasten Kurz-Freund Sigi Wolf

Der vorgesehene „Lückenbüßer“ scheitert an seinem schlechten Bekanntheitsgrad

Ein Zugeständnis an die FPÖ bringt Kurz auf die Palme

„Friendly Fire“: ÖVP-Abgeordneter bringt Kabinettchef auf die Anklagebank

Beschuldigtenstatus rettet Löger trotz Falschaussage vor der Anklagebank

Wozu das Ganze? Sicher nicht für ein paar „Peanuts“ für Superreiche!

Die richtige Auswahl erspart die regelmäßige Einflussnahme

Thomas Schmid: ÖBAG-Architekt in eigener Sache

Neuer Stil mit ganz alten Methoden

Kriegst eh alles, was du willst

Immer zwei Schritte voraus – Das Postenkarussell dreht sich weiter

Die Suche nach dem Motiv

Kurz zum Zeitpunkt der Falschaussagen im „Corona-Hoch“

Thomas Schmid – Ein Mann und sein Handy packen aus

Schmid tritt nach Hausdurchsuchungen bei der ÖVP zurück

Die Opposition reagiert rasch mit einem U-Ausschuss

Die Hure der Reichen

„Sigi“ und „Edi“ – aber ganz ohne Naheverhältnis

„Ich bin Mitglied der ÖVP!“ – Ein Satz wie ein Geständnis

Dienstbesprechung unter Freunden

Beförderung für die Golf-Partnerin

Wolfs Schweigen im Walde

„ich kaempfe auch für euch mit allen Mitteln …“

Das Schweigen des „talentierten Mr. Schmid“

Wenn die Justiz den Zeugen vor der Polizei versteckt

ÖVP-Moralkommission brütet wochenlang über Schmid-Chats

Verbissener Kampf um den Kronzeugenstatus

Ein Telefonstreich unter alten „Freunden“

Das Beinschab-Tool – Medien- und Meinungskauf auf Staatskosten

ÖVP-Minister: Kaum versprochen, schon gebrochen!

Handschellen klicken trotz Van der Bellens Nicken

Kronzeugin Beinschab schickt Ex-Ministerin Karmasin in den Knast

Vorwürfe gegen Fellner-Brüder eröffnen Schlammschlacht im Boulevard

Auch Dichands voll auf Kurz-Linie – „Hier ist wirklich etwas gelungen!“

Die Sorgen der Superreichen

Großes Schweigen im U-Ausschuss zur ÖVP-Inseratenaffäre

Urteil gegen Karmasin nur ein Nebenstrang – Hauptverfahren läuft noch

U-Ausschuss beschert dem nächsten ÖVP-nahen Institut Hausbesuch

Gemeinsame Fahrt von Partei und Staat im „Omnibus“

Herbert Kickl hatte schon 2017 den richtigen Riecher

300 Millionen Gewinn mit Kika/Leiner – Kurz-Freund Benko ordentlich „aufgemöbelt“

VIP-Service in den Weihnachtsferien

Verhandlungen zwischen zwei „Schattenmännern“

Arbeitnehmer werden gekündigt, Immobilien versilbert

Letzte Kika/Leiner-Immobilien gehen an weiteren Kurz-Freund

Konkurrenz feiert: Möbelgeschäft verkauft und sofort in die Pleite geschickt

Kurz engagiert sich als Geldsammler für Benko

Wenn die „Kurz-Freunde“ untereinander streiten

Arbeitnehmer und Steuerzahler als Verlierer, Raiffeisen als großer Gewinner

Wir brauchen den nächsten U-Ausschuss!

Die wichtigsten Fragen rund um Kika/Leiner

Pinke Pseudo-Opposition fiel um und blieb liegen

Corona – Das System funktioniert wie geschmiert

FPÖ fordert Corona-Untersuchungsausschuss

Die COFAG als „Black Box“ mit türkisem „Inner Circle“-Chef

Wer hat’s erfunden?

Ein grünes „Beiwagerl“ für den türkisen Geschäftsführer

Der Rechnungshof vernichtet die COFAG

Enorme Kosten für externe Dienstleister

Die ÖVP als vielfacher Corona-Profiteur

Teure Corona-Tests für „sichere Gastfreundschaft“

Großes Geld für junge Bauern

Zum Abkassieren erfunden? Der doppelte Seniorenbund

Kaputte Masken für viel Steuergeld

Wie Hofburg und Hausbank die Grünen an die Macht brachten

Abflug aus dem Parlament mit Millionen-Schulden

Erste Bank als Auffanglager für grüne Top-Mitarbeiter

„Die Bombe platzt“ – VdB-Vertrauter sah vorab das Ibiza-Video

Der Staatsstreich aus der Hofburg

Treichl spielte im CASAG-Poker auf tschechischer Seite

Treichl als Grünen-Fan und „Bilderberger“

Projekt Ballhausplatz – Wird gerade Teil 2 gedreht?

Ein „Sideletter“ als erster Plan zur Machtübernahme

„Kurz kann jetzt Geld scheissen“

Wie man die Republik in einen Selbstbedienungsladen verwandelt

Sebastian Kurz, das Zentrum des türkisen Systems

Was wurde aus Sebastian Kurz?

Kurz als Geheimnisträger im Spionage-Netzwerk

Epilog: Kurz 2.0 – Ist das vorstellbar?

Anhang: Mängel, Baustellen und Verbesserungsbedarf

Abwesenheiten und „Flucht“

Videobefragungen

Übertragungen für die breite Öffentlichkeit

Filibusterregelung

Vorsitzführung

Verfahrensrichter und Verfahrensanwälte

Entschlagungsgründe und „Amnesie“

Autor

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Impressum

Vorwort

Liebe Leser!

Warum braucht es ein Buch über den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss, den vielleicht wichtigsten und brisantesten U-Ausschuss in der Geschichte der Zweiten Republik?

Ganz einfach: Macht braucht Kontrolle – und genau diese Kontrolle ist in den letzten Jahren, besonders seit dem Aufkommen des „Systems Kurz“ und der schwarz-grünen Bundesregierung, massiv ausgehebelt und zurückgedrängt worden. Die Folge war eine über alle Stränge schlagende und jegliche guten Sitten über Bord werfende ÖVP, die in ihrem Machtrausch keine Grenzen mehr kannte. Der FPÖ und ihrer akribischen Aufdeckerarbeit seit dem Ibiza-Untersuchungsausschuss ist es maßgeblich zu verdanken, dass viele dieser Machenschaften überhaupt ans Tageslicht kamen.

Mancher Leser wird zurecht den Standpunkt vertreten, dass mit dieser ÖVP kein Staat mehr zu machen sei. Auch die FPÖ vertritt diesen Standpunkt. Solange DIESE ÖVP in ihrer Gesamtheit, also besonders auf Bundesebene, keine ernsthaften Konsequenzen aus ihrem Verhalten der Vergangenheit zieht und ehrlichen Willen zu einem Reform- und Reinigungsprozess zeigt, wird es schwer, „Gräben zuzuschütten“. Die Volkspartei muss einsehen, dass die Republik kein Selbstbedienungsladen ist und das Parlament nicht als Kaffeekränzchen zum stummen Abnicken ihrer Vorhaben dient. Die letzten Jahre – insbesondere das „Corona-Regime“ – haben jedoch gezeigt, dass die ÖVP auch ohne Sebastian Kurz weiterhin so „tickt“ wie bisher.

Dieses Buch liefert den Lesern einen Überblick über die parlamentarischen Untersuchungen, die unter dem Titel „Ibiza“ ihren Ausgang genommen und als „ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss“ explizit den Blick auf die Malversationen der ÖVP gerichtet haben. Die beiden Ausschüsse sind als ein gemeinsamer Komplex zu betrachten, der vermutlich noch nicht zu Ende ist. Garniert mit der einen oder anderen „Insider-Geschichte“, die man sonst nirgends lesen wird, soll das Buch auch als zeithistorisches Dokument und warnendes Beispiel für künftige Politiker-Generationen dienen, um zu zeigen, wie man mit Macht eben nicht umgeht und was passiert, wenn man politische Verantwortung schamlos missbraucht. Dies vor allem angesichts der aktuellen Spekulationen über ein politisches Comeback des „gefallenen Engels“ der ÖVP, das sich auf den Kino-Leinwänden des Landes geradezu ankündigt.

Mein besonderer Dank gilt FPÖ-Bundesparteiobmann und Klubobmann Herbert Kickl für seine Unterstützung und seinen Rat, Klubdirektor Norbert Nemeth, dessen juristische Expertise dem gesamten Team jederzeit zur Verfügung stand, sowie meinen Kollegen in der freiheitlichen Fraktion – den Abgeordneten Susanne Fürst, Wolfgang Zanger und Christian Ries. Sie haben trotz hohem Stresspegel intensiv und hartnäckig an der Aufklärung des mit Sicherheit größten Skandal-Komplexes der Zweiten Republik gearbeitet. Das gilt auch für die Mitarbeiter im Team: Dominik, Birgit, Arno, Maxi, Eric, Yannick und Andreas. Zu guter Letzt ein herzliches Dankeschön an die Mitarbeiter der Parlamentsdirektion, die diesen Untersuchungsausschuss operativ am Laufen gehalten haben.

Ich wünsche viel Vergnügen mit der Lektüre!

Ihr Christian Hafenecker

Prolog:U-Ausschuss beendete die türkise Ära

Am 9. August 2023 stellte die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption, kurz WKStA, einen Strafantrag gegen den ehemaligen ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz und zwei seiner engsten Verbündeten: Bettina Glatz-Kremsner und Bernhard Bonelli. Der Vorwurf: Falschaussage unter Wahrheitspflicht in jeweils mehreren Fällen. Kurz und Bonelli sollen vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt haben, Glatz-Kremsner zusätzlich auch bei einer Zeugenvernehmung im sogenannten CASAG-Verfahren. Die vorgeworfenen Delikte betreffen allesamt den § 288 des Strafgesetzbuchs – Falsche Beweisaussage. Der Strafrahmen beträgt bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.

Der Strafantrag, der nun auf 108 Seiten vorliegt, ist die erste juristische Bilanz des ersten von zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, die sich im Kern mit Postenschacher und mutmaßlicher Korruption in der ÖVP und insbesondere in der Truppe rund um den gefallenen Jungstar Sebastian Kurz beschäftigt haben. Was diese erste parlamentarische Untersuchung betrifft, so kam dies durchaus überraschend, würde doch vom Nationalrat mit „Ibiza“ eine Bezeichnung gewählt, die klar in Richtung FPÖ deutete. Doch schon bald zeigte sich, dass die alkoholgeschwängerten Gedanken, die zwei ehemalige Freiheitliche auf der Mittelmeer-Insel äußerten, ein Produkt der Phantasie waren – einer Phantasie freilich, die anderswo durchaus reale Züge angenommen hatte, nämlich in der ÖVP.

Somit war auch der Ibiza-Untersuchungsausschuss bereits das, was dessen Nachfolger als offizieller Titel erhielt, nämlich ein Untersuchungsausschuss „zur Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder“, kurz „ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss“.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik stand nicht ein in sich abgeschlossener Vorgang von Korruption als isoliertes Ereignis zur Diskussion und Aufarbeitung, sondern es ging um nichts weniger als um den Versuch, den Nachweis zu erbringen, dass eine kleine verschworene Clique von politischen Hasardeuren mit vollem Risiko, ohne Rücksicht auf das Gemeinwohl und bis in den letzten Winkel des Staates eine neue Form der Einflussnahme etabliert haben soll: den „Tiefen Staat“ durch das Mittel der organisierten Korruption und Vetternwirtschaft.

Der Marsch des Sebastian Kurz und seiner Helfer an die Regierungsspitze wurde minutiös geplant, eingetaktet, verschriftlicht im „Projekt Ballhausplatz“ und in den folgenden Jahren generalstabsmäßig umgesetzt. Zentral dafür war das Kapern der drei wichtigsten Säulen in der Republik: der Ministerien für Justiz, Finanz und Inneres. Zeitgleich wurden die Schlüsselpositionen in diesen drei Ressorts (und vielen anderen im Einfluss der ÖVP) mit türkisen Parteigängern besetzt. Die Justiz wurde auf Linie gebracht und es startete der nicht selten erfolgreiche Versuch, Medien zu kaufen, Journalisten einzuschüchtern und zu beeinflussen. Postenschacher und Freunderlwirtschaft waren nicht das Ziel, sondern lediglich ein Werkzeug.

Wir können nun ahnen, was es bedeutet, wenn nicht Mächtige korrupt werden, sondern wenn die Korrupten mächtig werden.

Die Umgestaltung der Republik zu einem Selbstbedienungsladen der ÖVP mit dem Zweck, Steuergelder abzugreifen und Institutionen zu kapern, diente einer schamlosen Machtergreifung und ist bisher beispiellos in der Geschichte Österreichs. Verglichen damit liest sich die ohnehin spektakuläre Liste vergangener Politskandale hierzulande wie eine Art Ouverture.

Es ist ein nicht unwesentlicher Aspekt der Freiheit, anderen auch sagen zu dürfen, was sie nicht hören wollen. Die ÖVP wollte nicht hören – fühlen musste sie trotzdem. An insgesamt 42 Tagen wurde in 85 Befragungen die Chronologie einer zunächst gelungenen, aber letztlich durch Maß- und Sorglosigkeit aufgeflogenen Machtübernahme minutiös aufgearbeitet und durchleuchtet – allen Störaktionen zum Trotz.

Die umfassende Aufdeckerarbeit hat sich in vielen Fällen positiv bemerkbar gemacht, insbesondere in personeller Hinsicht. Die türkise Ära Kurz ging mit dem Abschied des Kanzlers und weiteren Rücktritten der Minister Gernot Blümel, Margarete Schramböck und Elisabeth Köstinger abrupt zu Ende. ÖVP-Landeshauptleute vom Steirer Hermann Schützenhöfer bis zum Tiroler Günther Platter nahmen ihren Hut. „Mastermind“ Thomas Schmid floh aus dem Land – nicht ohne davor sein Gewissen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu erleichtern. Justiz-Strippenzieher Christian Pilnacek wurde entmachtet. Schwarz-türkise Netzwerke in unzähligen Ministerien und Behörden sind enttarnt.

Man kann daher mit Fug und Recht behaupten, dass es sich um den wichtigsten und signifikantesten U-Ausschuss in der Geschichte Österreichs handelt. Die unzähligen aufgedeckten Korruptionsskandale, die daraus gezogenen politischen Konsequenzen und die nationale wie internationale Berichterstattung untermauern das.

Die Aufklärungsarbeit ist damit noch nicht zu Ende. Es wird wohl einen dritten „ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss“ geben, vielleicht sogar noch weitere. Denn die ÖVP hat ihre Plünderungsaktionen der Staatskasse noch nicht eingestellt. ÖVP-nahe Vereine und sogar Teilorganisationen griffen während der maßgeblich von der ÖVP verordneten, für viele schikanösen und ruinösen Corona-Politik mit beiden Händen in die „Koste es, was es wolle“-Geldtöpfe. Die Förderungsabwicklung wurde in einer eigens gegründeten, schwarz-grün besetzten Gesellschaft namens „COFAG“ vor den lästigen Blicken der parlamentarischen Kontrolle versteckt. Die Suche nach politischer Verantwortung wird daher umso wichtiger sein.

Ein zweites bedeutendes Minenfeld für die ÖVP bilden die von der türkisen Politik massiv begünstigten Machenschaften des Milliardärs René Benko im Zusammenhang mit der Möbelhandelskette Kika/Leiner. Der einst von der ÖVP gefeierte Retter, dem man für den Erwerb des Leiner-Hauses in der Mariahilfer Straße sogar an den Weihnachtsfeiertagen ein Gericht aufsperrte, zog sich blitzartig wieder zurück. Das Handelsunternehmen ist insolvent und setzt rund 2.000 Mitarbeiter auf die Straße. Die edlen Immobilien hat Benkos Signa-Konzern davor gewinnbringend verkauft.

Aber auch die Staatsanwälte sind längst noch nicht fertig mit ihrer Arbeit. Während Kurz und Co. sich vor Gericht wegen des Verdachts der Falschaussage verantworten müssen, wird im Hintergrund weiter ermittelt. Ob es auch in der aufgrund der hohen Strafdrohung von ein bis zehn Jahren Freiheitsstrafe für Kurz sehr unangenehmen Untreue-Causa zur Anklage kommen wird, wird die Zukunft zeigen. Entsprechende Hinweise führten im Oktober 2021 zu Hausdurchsuchungen unter anderem in der Zentrale der Österreichischen Volkspartei und schließlich zum Rücktritt des Kanzlers sowie zum Rückzug von Sebastian Kurz aus allen Bereichen der Politik. Ihm und zahlreichen anderen Beschuldigten wird vorgeworfen, auf Kosten des Steuerzahlers Umfragen im reinen Parteiinteresse beauftragt und damit bestimmte Medien „gefüttert“ zu haben. Von diesen veritablen Gewitterwolken überraschend unbelastet zeigt sich der Ex-Kanzler selbst. Sebastian Kurz drängt zurück auf die politische Bühne. Er besuchte im August 2023 den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in Budapest und wurde dabei empfangen, als stünde noch er und nicht schon längst Karl Nehammer an der Spitze der österreichischen Regierung. Eine filmische Huldigung seiner Polit-Karriere („Kurz – Der Film“) erschien im September überraschend und mit stattlicher Bewerbung kurz vor der lange angekündigten cineastischen Abrechnung mit den Türkisen unter dem Titel „Projekt Ballhausplatz“.

Das selbstbewusste Auftreten des gefallenen ÖVP-Stars nährt Spekulationen über eine Rückkehr an die ÖVP-Spitze. Eventuell will Kurz aber auch höher hinaus – etwa nach Brüssel, wo nächstes Jahr nach der EU-Wahl wieder die ganz großen Posten ausgemauschelt werden.

Ob hinter dem Titel dieses Buches „KURZ MAL WEG“ ein Rufzeichen oder doch ein Fragezeichen zu setzen ist, ob „Kurz mal weg“ für immer gilt oder ob der Ex-Kanzler nur „kurz mal weg“ ist, diese Frage ist heute nicht entschieden. Der längst eingetretene moralische und ideologische Bankrott der Österreichischen Volkspartei lässt jedenfalls wenig Zweifel daran, dass ein Comeback trotz aller Affären möglich scheint.

Diese Dokumentation zweier parlamentarischer Untersuchungsausschüsse über das „System Kurz“ ist ein starkes Argument gegen die Auferstehung des einstigen türkisen Messias.

Anklage gegen Kurz und Konsorten

Noch bevor die ersten Medien am 18. August 2023 über die Anklage gegen Sebastian Kurz wegen des Verdachts der mehrfachen Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss berichten, machte der gefallene Kanzler selbst offiziell, worüber in Österreich in den Wochen davor immer intensiver spekuliert worden war. Auf der Plattform X, vormals Twitter, schreibt Kurz um 9:41 Uhr:

Mein Team und ich wurden gerade von mehreren Journalisten informiert, dass die Anklage wegen mutmaßlicher Falschaussage im U-Ausschuss unmittelbar bevorsteht. Aus diesem Grund möchte ich wie folgt Stellung nehmen:

Es ist für uns wenig überraschend, dass die WKStA trotz 30 entlastender Zeugenaussagen dennoch entschieden hat, einen Strafantrag zu stellen. Die Vorwürfe sind falsch und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen.

P.S.: Bemerkenswert und rechtsstaatlich nicht unbedenklich ist allerdings, dass die Medien einmal mehr vor den Betroffenen über den Verfahrensstand informiert sind. (→ Kurz 18.8.2023)

Das Postskriptum hat eindeutig den Zweck, sich selbst in die Opferrolle zu begeben und die in der ÖVP verhasste Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anzugreifen. Es fällt somit in die Kategorie „Litigation PR“. Mit diesem Instrument versuchen prominente Beschuldigte, den Verlauf ihrer Verfahren durch gezielte öffentliche Kommunikation zu beeinflussen. Insgesamt erweckt die Stellungnahme jedoch den Eindruck, dass hier nach wie vor ein Politiker spricht – jemand, dem dazu ein „Team“ zur Verfügung steht, in dem man keineswegs nur Rechtsanwälte vermutet. Ein Eindruck, der sich – trotz dieser Anklage – in den folgenden Wochen und Monaten weiter festigen sollte und mittlerweile Anlass gibt zu Spekulationen über ein mögliches Polit-Comeback des Sebastian Kurz. Mehr dazu im Epilog.

Kurz drückte mit diesem „Tweet“ mit der Berichterstattung zunächst den eigenen Stempel auf. Er machte sich selbst zur Quelle der für ihn unangenehmen Nachricht. „Causa Kurz – Ex-Kanzler geht von Anklage aus“, meldete die „Austria Presse Agentur“ um 10:46 Uhr unter Berufung auf den oben zitierten Tweet. Erst kurz nach der Mittagsstunde machte es die APA offiziell und titelte „Sebastian Kurz wegen Falschaussage angeklagt, Prozess ab 18. Oktober“. Einmal mehr hatte der türkise Ex-Star also die Medien vor sich hergetrieben – wie es auch schon sein Markenzeichen als aktiver Politiker war.

§ 288 StGB – Falsche Beweisaussage

Doch worum geht es in dieser ersten Anklage gegen Sebastian Kurz und zwei weitere Beschuldigte aus seinem engsten politischen und persönlichen Umfeld? Wofür müssen sich Kurz, seine ehemalige Stellvertreterin an der ÖVP-Spitze Bettina Glatz-Kremsner und sein ehemaliger Kabinettchef im Kanzleramt Bernhard Bonelli verantworten? Der Anklage liegt ein einziger Paragraph des Strafgesetzbuchs zugrunde. Er bildet den Auftakt zum 21. Abschnitt des StGB zum Thema „Strafbare Handlungen gegen die Rechtspflege“ und trägt die Nummer 288. Der erste Absatz, der für alle drei Angeklagten relevant ist, lautet:

Wer vor Gericht als Zeuge oder, soweit er nicht zugleich Partei ist, als Auskunftsperson bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch aussagt oder als Sachverständiger einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten erstattet, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

Schauplatz dieser von der WKStA als erwiesen betrachteten Falschaussagen ist bei allen drei Angeklagten der Ibiza-Untersuchungsausschuss. Im Falle der ehemaligen Bundesparteiobmann-Stellvertreterin der ÖVP und Generaldirektorin der Casinos Austria AG, Bettina Glatz-Kremsner, kommt auch noch Falschaussage „als Zeugin in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung vor der Staatsanwaltschaft bei einer förmlichen Vernehmung“ hinzu.

So beginnt der Strafantrag der WKStA gegen Sebastian Kurz und zwei seiner engsten politischen Wegbegleiter. (→ WKStA 9.8.2023, S. 1)

Die Vorwürfe gegen Glatz-Kremsner betreffen die CASAG-Affäre, die bereits im Buch „SO SIND WIR“ ausreichend beleuchtet wurde. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Anklagepunkte gegen Sebastian Kurz und seinen ehemaligen Kabinettchef Bernhard Bonelli.

Kurz‘ Kampf um die Kronjuwelen der Republik

Die Vorwürfe gegen Sebastian Kurz in dem 108-seitigen Strafantrag drehen sich um die ÖBAG, die Österreichische Beteiligungs AG, in der die wichtigsten Staatsbeteiligungen an strategisch bedeutenden Unternehmen verwaltet werden. Das ÖBAG-Portfolio ist mit Stand Ende 2022 knapp 31 Milliarden Euro wert. Unter den insgesamt zehn Beteiligungen sind jene am Stromkonzern Verbund, am Mineralöl-Riesen OMV, an der A1 Telekom und an der Post die wichtigsten. Dazu gehören auch die Bundesimmobiliengesellschaft BIG und die Casinos Austria (→ ÖBAG). Letztere bildeten den Auslöser für die umfassenden juristischen Verfahren gegen zunächst freiheitliche, danach immer mehr ÖVP-Politiker.

Als Sebastian Kurz in Koalition mit den Freiheitlichen Ende 2017 Kanzler wurde, hieß die ÖBAG noch ÖBIB. Die Umwandlung erfolgte nach langen Vorbereitungsarbeiten erst im Februar 2019 durch die Wahl eines neuen, neunköpfigen Aufsichtsrats, der die Eigentümervertretung für die Republik Österreich wahrnehmen sollte. Der „Kurier“ berichtete über die Bestellung:

Der Aufsichtsrat der ÖBAG besteht nunmehr aus den Kapitalvertretern Helmut Kern als Vorsitzenden, Günther Helm und Karl Ochsner als Stellvertreter sowie Iris Ortner, Susanne Höllinger und Christian Ebner. Als Vertreter der Arbeitnehmer sitzen Christine Asperger, Helmut Köstinger und Werner Luksch in dem Kontrollorgan. (→ Kurier 15.2.2019)

Darüber hinaus wurde auch die Funktion des Vorstands für die neue Beteiligungs-Holding der Republik ausgeschrieben. Was damals in den Medien nach einer reinen Formalität klang, hatte eine lange Vorgeschichte, die dem Ex-Kanzler nun auf den Kopf zu fallen droht. Denn er soll der Strippenzieher in sämtlichen wichtigen Personalangelegenheiten ge wesen sein, behaupten die Staatsanwälte Gregor Adamovic und Christine Jilek in ihrem Strafantrag. Sie widersprechen damit der Darstellung von Kurz und seinem Kabinettchef Bonelli, die sich genau deshalb wegen Falschaussage verantworten müssen.

Erster Schritt: Der richtige Aufsichtsrat

Zunächst geht es um das Zustandekommen des Aufsichtsrats. Kurz hatte in seiner Befragung im Ibiza-Untersuchungsausschuss am 24. Juni 2020 zwar bestätigt, dass er „Wahrnehmungen“ zur Besetzung des Eigentümer-Gremiums habe, eingebunden sei er aber nicht gewesen und schon gar nicht habe er selbst ausgewählt oder bestimmt, wer dem Aufsichtsrat angehören soll. Der Prozess sei im dafür zuständigen Finanzministerium unter dem damaligen Minister Hartwig Löger und dessen Generalsekretär Thomas Schmid in Zusammenwirken mit einem Nominierungskomitee gelaufen. Die Staatsanwälte kommen nach ihren Ermittlungen hingegen zu einer gänzlich anderen Einschätzung. Sie führen aus, dass Kurz tatsächlich

in einem als Zusatz zum Koalitionsabkommen von ihm unterfertigten Sideletter mit STRACHE ein Nominierungsrecht der ÖVP für den Aufsichtsrat der Beteiligungsgesellschaft vereinbart hatte, sich bei vielen Gesprächen zur Besetzung des Aufsichtsrats beteiligte und aktiv einbrachte, in Umsetzung dieser Nominierungsrechte sämtliche von der ÖVP zu benennenden Aufsichtsräte mit ihm selbst „abstimmen“ ließ, sodass diese Entscheidungen faktisch seiner vorherigen Zustimmung bedurften, er einzelne von LÖGER und MMag. SCHMID an ihn herangetragene Vorschläge – wie DDr. Martin WAGNER oder DI Stefan PIERER – ablehnte, die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden Siegfried WOLF zusagte und als diese Besetzung wegen befürchteter Kritik iZm US-Sanktionen nicht gleich vorgenommen werden konnte, vorgab, dass jedenfalls vorerst Mag. Helmut KERN, MA Vorsitzender des ÖBAG-Aufsichtsrats werden solle. (→ WKStA 9.8.2023, S. 4f.)

Als Bürger mag man sich fragen, was denn so schlimm daran wäre, wenn ein Bundeskanzler sich dafür interessiert, in wessen Hände das Management der wertvollsten Unternehmensbeteiligungen der Republik und dessen Kontrolle durch den Aufsichtsrat gelegt werden. Tatsächlich wäre daran gar nichts Verwerfliches, hätte Kurz dieses Projekt nicht mit einer besonderen Akribie verfolgt und stünde genau diese Akribie nicht im Gegensatz zu dem Eindruck, den er und seine türkise Truppe vermitteln wollten.

Vater Ortner spendet Million, Tochter bekommt Prestige-Job

Laut den Staatsanwälten bestand ein Ziel bei der Umwandlung der ÖBIB in die ÖBAG darin, diesen Vorgang in der medialen Darstellung als „Entkoppelung von der Politik“ zu verkaufen. Dieser Plan ging auch deutlich aus einer Aussage von Sebastian Kurz bei der Befragung im Untersuchungsausschuss hervor. Auf Fragen der NEOS-Abgeordneten Stephanie Krisper holte Kurz besonders weit aus und brachte – ziemlich oberlehrerhaft – folgendes Argument:

Darf ich Ihnen vielleicht noch eine Sache erklären, die ich für besonders relevant erachte: Sie reden immer von der Öbag. Wissen Sie, was vor der Öbag war? Vorher war es die Öbib. In der Öbib sind die Beteiligungen des Bundes genauso verwaltet worden. Wissen Sie, wer da als Aufsichtsrat oder im Nominierungskomitee gesessen ist? Das waren direkt Bundesminister, das waren direkt Politiker. (Abg. Brandstätter: Aber keine Spender!) Das heißt, vor der Öbag hatte die Regierung einen wesentlich direkteren Zugriff. (→ Parlament 16.7.2020, S. 53)