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Kolb, Annette

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The Project Gutenberg EBook of Kurze Aufsätze, by Annette KolbThis eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and withalmost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away orre-use it under the terms of the Project Gutenberg License includedwith this eBook or online at www.gutenberg.orgTitle: Kurze AufsätzeAuthor: Annette KolbRelease Date: November 21, 2013 [EBook #44251]Language: German*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK KURZE AUFSÄTZE ***Produced by Jens Sadowski

KURZEAUFSÄTZEVONANNETTE KOLB.

MÜNCHEN 1899.ZU BEZIEHEN DURCHULRICH PUTZE,BRIENNERSTRASSE 8.

Bruckmann’sche Buch- und Kunstdruckerei, München.

INHALT.

1.

Der Zufall

Seite

5

2.

Der Frosch

"

15

3.

Adam und Eva

"

19

4.

Le revenant

"

23

5.

L'Oracle

"

29

6.

Herbstlied

"

33

7.

Der Walchensee

"

35

8.

Die Heruntergekommenen

"

39

9.

Skizze

"

43

10.

Das Traumbuch

"

49

Musikalisches:

11.

Eine musikalische Betrachtung

"

57

12.

Nemesis

"

63

13.

Skizze über die Stellung des heutigen Pianisten

"

67

14.

Epilog

"

75

DER ZUFALL?

Was giebt es unvermeidlicheres, berechneteres und dabei natürlicheres wie den Zufall?

Was ist abgefeimter und grausamer oder gütiger? Wir können ihn weder anklagen, noch ihm danken. — Nie können wir ihn überführen, ihm die Maske entreissen und sagen: »Dies hast du gewollt und über mich gebracht.« — Denn die natürlichste Verkettung der Dinge hat es herbeigeführt.

Was sollen wir mit diesem raffinierten Zufall anfangen, der unsere Schritte lenkt und doch nur als ein leerer Schleier in unsern Händen bleibt? — Am besten ist es wohl, ihm zu vertrauen; allein man lernt dies nur nach Jahren, und nach geprüften Jahren. Erst treibt es uns, ihn gewaltsam herbeizuführen, unsern Willen dem seinen gegenüberzustellen, und dann erst wird der Zufall so recht feindselig und allmächtig!

Was hängt er nicht alles an eine Begegnung? Ob wir eine Minute früher oder später in diese Gasse bogen, mag über eine unbeschreibliche Reihe von Unglückstagen entscheiden — sie von uns abwenden oder über uns bringen.

»Es giebt keinen Zufall!« — sagt Schillers Wallenstein. Aber damit sagte er schon zu viel; denn der Zufall entzieht sich uns so fern, dass er nicht einmal diese Behauptung ermöglicht.

Als ich in Paris anfing, mit dem Gedanken umzugehen, ich wäre am liebsten wieder zu Hause, erhielten wir eines Tages aus Marseille einen sorgfältig verpackten Schlüssel und einen Brief. Es war ein Angebot, die Wohnung einer Dame zu beziehen, währenddem diese im Süden weilte und ihr schöner Flügel wurde ganz besonders gerühmt, aber wir machten von all dem keinen Gebrauch, denn es kam so vieles dazwischen.

Da plagte mich eines Morgens ein unverkennbares Heimweh. Wir wohnten in einer jener engen Strassen, die den Himmel versperren und die Menschen zusammendrängen wie auf einem Schiff. Draussen war es regnerisch und schwül, und ich sehnte mich fort; da fühlte ich zufällig unter meinen Fingern den Schlüssel jener Wohnung, und um mich gewaltsam aus der Stimmung zu reissen, in der ich mich befand, machte ich mich zur Stelle auf den Weg nach diesem Hause. —

Als ich aber dort die ziemlich hochgelegene Wohnung betrat, lag sie in so rabenschwarzer Nacht, dass ich alsbald wieder hinunterging, um mir bei dem Concierge ein Licht zu verschaffen.

Dieser hatte indes seine Loge verlassen, und ohne auf ihn zu warten, zündete ich mir eine Kerze an und eilte wieder hinauf. —

Auch nicht ein Schimmer des Tageslichtes drang in diese Räume! Eiserne, verriegelte Läden schlossen es gänzlich ab, und der Lärm von Paris klang da gar seltsam herein, denn öde war es hier! — Als hätte ein Unglück die Bewohner plötzlich vertrieben, so dass sie alles liessen wie es war, nur dem Lichte wehrend, bevor sie flohen. Denn nichts war aufgeräumt. Im ersten Zimmer stand ein blauseidnes Bett aufgeschlagen und bestaubt, vom Baldachin hing eine lange Kordel zerrissen herab. Die Kerze beleuchtete nur immer dürftig eine einzige Stelle, aber im Vorübergehen sah ich Gegenstände verwahrlost herumliegen, zertrümmertes Krystall, zierliche Louis XV.-Möbel und einen offenen Schrank. Es war, als ob hier Diebe gehaust hätten, und als seien sie dann in der Hast über alles davongestiegen. So unheimlich war der Anblick all dieser Zimmer, dass ich, ohne mich länger umzusehen, den Salon suchte, wo der Flügel stehen musste, um dann schleunigst wieder fortzukommen. Ich entdeckte ihn denn auch, zwischen zwei Fenstern stehend und von einer Decke geschützt. Als ich diese zurückschob, hob sich ein Schwarm von vielleicht tausend Flöhen und stieb in gerader Linie auf mich los.

Ich fuhr zurück — wahrscheinlich zu rasch — die Kerze verlosch! —

Was dies für mich bedeutete, war mir sofort klar. Denn ich hatte im unverantwortlichen und unbegreiflichen Leichtsinn die Zündhölzer unten gelassen. —

Nie aber würde ich in dieser Finsternis die Hausthüre finden, und wenn ich sie fände, niemals unterscheiden — den Weg zurück wusste ich nicht. Es waren so viele Zimmer gewesen und kein Gang. Alles ineinand geschachtelt, wie es in französischen Wohnungen oft ist. Ich tastete nach dem Schlüssel, aber der Schrecken hatte mir alle Erinnerung benommen. Ich fand ihn nicht mehr.

Mit den Händen fuhr ich der Wand entlang bis zum Fenster, allein die Läden mussten einen eigenen Verschluss haben und schnitten mir in die Finger, ohne zu rücken. Behutsam ging ich vorwärts, vielleicht drang doch in irgend eine Kammer ein Schimmer von Licht und war von dort aus ein Zeichen möglich, aber überall war Finsternis und Staubgeruch als läge ich tief unter der Erde.

Der Concierge würde den Leuchter kaum vermissen, den ich unter vielen andern aus seiner Loge fortnahm, keinesfalls aber auf mich geraten und die Meinen hatten keine Ahnung wohin ich gegangen war, denn als ich von Hause fortging war ich allein gewesen. — So war zwar meine Rettung lange noch möglich, noch grösser aber die Gefahr, dass ich hier verschlossen und vergessen bliebe.

Meine Wanderungen nach der Hausthüre begannen von neuem. Griffe ich sie, so wollte ich dort stehen und rufen. Allein ich fand sie nicht!

Es liess sich keine Thüre von der andern erkennen, kein Zimmer, keine Kammer. Einige waren versperrt. Wie in einer Falle irrte ich blind umher und wurde immer unfähiger, mich zu orientieren; denn von den Räumlichkeiten hatte ich die Verhältnisse nicht entnommen, und der Ausgangspunkt war mir längs verloren.