Lächeln ist die beste Antwort - Bernhard Moestl - E-Book

Lächeln ist die beste Antwort E-Book

Bernhard Moestl

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Beschreibung

Ein Lächeln – und die Welt hellt sich auf: Anhand von Anekdoten und Begebenheiten zeigt der Bestseller-Autor Bernhard Moestl, der lange Jahre in Asien gelebt und dort im Shaolin-Kloster die Philosophie und Kampfkunst der Mönche erlernt hat, wie wir entspannt und mit einem Lächeln durchs Leben gehen können, wenn wir uns nur auf andere Denkmuster einlassen. In weit über 500.000 verkauften Shaolin-Ratgebern hat Bernhard Moestl bewiesen, dass sich die asiatische Lebens-Philosophie auch auf unseren Alltag mit Gewinn umsetzen lässt. Seine Bücher zum Selbst-Coaching sind leicht verständlich und geben praktischen Rat. Mit einfachen Alltagsbeispielen ist "Lächeln ist die beste Antwort" nicht nur ein Buch zum Innehalten, sondern auch eine bereichernde Urlaubslektüre oder ein Geschenk.

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Seitenzahl: 232

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Bernhard Moestl

Lächeln ist die beste Antwort

88 Wege asiatischer Gelassenheit

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

Für Marianne, [...]Das Leben meistert man [...]Lerne zu lächelnZähme deinen VerstandDenke erschaffendLass die anderen tunSprich über MissständeLebe langsamBegeistere dich für das KleineNutze dein BewusstseinBeschränke niemals deine KraftErkenne AngriffspunkteNimm Druck herausBewahre dir den Geist des AnfängersReagiere angemessenSei erwartungslosDemonstriere UnterlegenheitEntferne BelastendesSage »ich möchte« statt »ich brauche«Erkenne den richtigen AugenblickLebe dein LebenVermeide KampfErlerne das Nichts-TunÜberschätze niemals deinen GegnerReduziere BallastGewinne mit VertrauenNutze deine IntuitionHandle entschlossen oder gar nichtErkenne die Kraft deiner WorteLasse niemals nachIgnoriere VersagensangstVerstehe IndividualitätKontrolliere deine WahrnehmungSetze PrioritätenLasse Probleme bei deinem GegnerErlange SelbstwertgefühlVermeide AssoziationenStärke deine StärkenLasse dich nicht bevormundenErlerne AbsichtslosigkeitBegreife Lebenszeit als BesitzWinke das Glück herbeiFiltere GehörtesLärme im OstenSei der MittelpunktVerstehe NachahmungLass keinen das Gesicht verlierenWerde besondersLebe, statt zu gefallenEmpfange den Gegner als willkommenen GastLerne zu scheiternSei geduldigWeiche zurückHandle zielbewusstZiehe GrenzenLobe, statt zu strafenAchte auf deine GedankenErschaffe dir deine WirklichkeitZeige nur das BesteErkenne ErfordernisseNutze die Kraft deines GegnersInvestiere in das RichtigeKontrolliere deinen ZornKontrolliere deine GierVerwandle Schwächen in StärkenAkzeptiere AngriffsversucheErlaube WunderRepariere, statt zu ersetzenSchaue nicht zurückAkzeptiere die WirklichkeitVermeide SelbstbestrafungBesiege den Gegner mit seinen WaffenVerstehe AnziehungBeende das UrteilenSchone deine RessourcenAkzeptiere FehlschlägeSei aufmerksamUmgehe KonfrontationTeile, statt zu verzichtenTue es jetztUnterstütze KritikkulturÜbernimm keine VerantwortungVereinheitliche KommunikationBleibe flexibelErwarte das UnerwarteteLebe im Hier und JetztGewähre FreiraumHole deine Kunden abSei achtsam für den MomentLächle, und vergiss esWem ich danke sagen möchte
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Für Marianne,

die mich gelehrt hat, dass die größte Freude

oft aus dem Kleinen kommt

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Das Leben meistert man lächelnd oder gar nicht.

(aus China)

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Lerne zu lächeln

Als ich vor mittlerweile fast fünfundzwanzig Jahren auf dem alten Flughafen von Bangkok das erste Mal asiatischen Boden betrat, sollte das mein Leben verändern. Zwar habe ich seitdem große Teile der Welt bereist, mich aber nirgends je wieder so zu Hause gefühlt wie in Asien. Oft wurde und werde ich danach gefragt, was mich eigentlich an dieser Gegend der Erde so sehr begeistert, dass ich immer wieder dorthin zurückkehre. Ich könnte jetzt das auch heute ruhigere, unkompliziertere Leben erwähnen, die Tatsache, dass es dort, wo ich mich meistens aufhalte, keinen kalten Winter gibt, oder auch das wunderbare Essen. Das alles wäre richtig und würde doch am Kern dessen vorbeigehen, was mich am meisten fasziniert: das erstaunliche Wesen der Menschen, das sich in ihrem berühmten Lächeln ausdrückt. Schon nach meinem ersten Aufenthalt beschrieb ich meine Begeisterung mit den Worten: »Lächle einen dir unbekannten Asiaten an, und er lächelt zurück. Ein Europäer hingegen schaut irritiert weg und denkt sich, dass mit dir etwas nicht stimmt.«

Dennoch hat das asiatische Lächeln entgegen einer weitverbreiteten Meinung nicht wirklich etwas mit Fröhlichkeit zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine Geisteshaltung, welche die Kinder von klein auf lernen. Lächeln kann Zuneigung symbolisieren, Distanz erzeugen, aber auch Emotionen verbergen. Daher gibt es auch ein Lächeln für jede Situation. Strahlend über das ganze Gesicht lächelt, wer sich freut, während ein Lächeln nur mit dem Mund bedeutet, dass das Gegenüber eine offensichtliche Aufforderung zum Kampf ablehnt oder versucht, seine wahre Absicht geheim zu halten – eine Strategie, die in China seit Jahrhunderten unter dem Namen »Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen« bekannt ist. Gleichzeitig, so habe ich im Laufe der Jahre gelernt, hat Lächeln eine wunderbare Schutzfunktion. So zählt es für mich zu den schönsten Beispielen für die Wechselwirkung von Körper und Geist. Normalerweise lächeln wir, weil wir einen Grund haben. Aber warum sollte das nicht auch umgekehrt funktionieren? Probieren Sie es am besten einfach einmal aus. Wenn Sie das nächste Mal so richtig zornig sind, dass Sie am liebsten alles kurz und klein schlagen würden, dann zwingen Sie sich mitten in diesem Zorn ganz bewusst dazu, zu lächeln. Sie werden mit Erstaunen bemerken, wie schnell sich zuerst Ihre Körperhaltung, dann Ihr Atem und kurz darauf Ihre Stimmung verändern.

Wer lächelt, so haben mich die Asiaten gelehrt, ist immer der Stärkere. Denn das Leben, so weiß man dort schon lange, meistert man lächelnd oder gar nicht.

Was spricht gerade dort für ein Lächeln, wo es Ihnen am schwersten fällt?

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Zähme deinen Verstand

Vor einiger Zeit hatte ich ein Gespräch mit einem Mönch aus Shaolin, bei dem wir nach einiger Zeit auch auf das Thema Meditation und »Zen« kamen. »Irgendwie ist es schon erstaunlich«, meinte mein Gesprächspartner belustigt. »Als ich in Deutschland das erste Mal gefragt wurde, ob ich auch ›Zen‹ praktiziere, wusste ich überhaupt nicht, wovon eigentlich die Rede ist! Bis mir jemand erklärt hat, dass es um die Philosophie unseres Klostergründers Boddhidharma geht, die bei uns ›Chan‹ heißt.«

Auch wenn heute Shaolin vorwiegend mit der Kunst des waffenlosen Kampfes assoziiert wird, war es ursprünglich jene Idee des »Nichtdenkens«, die das Kloster und seinen Gründer Boddhidharma berühmt gemacht hat. Von Shaolin fand die Philosophie den Weg über Vietnam und Korea schließlich nach Japan, wo sie erst jenen Namen erhielt, unter dem man sie heute in vielen Sprachen als Zen kennt. So unbekannt wie ihre Herkunft ist den meisten Menschen der Inhalt dieser faszinierenden Weltanschauung, deren Anwendung im täglichen Leben von großem Nutzen sein kann. Vereinfacht gesagt, ist es das grundlegende Ziel des Zen, es dem Übenden zu ermöglichen, seinen Verstand auszuschalten. Das mag jetzt in unserer Gesellschaft, in der Verstand alles ist, seltsam klingen. Auch wenn es das nicht ist. Schließlich hat der menschliche Verstand seine Schattenseiten. Häufig, so hatte schon Boddhidharma erkannt, bringt er uns nämlich nicht wie vermutet weiter, sondern ist vielmehr ein Hindernis, das uns so manche wertvolle Einsicht verwehrt.

Überlegen Sie nur einmal, wie oft Sie eine Annahme mit den Worten in Frage stellen: »Warum bitte sollte das so sein?« Was aber, wenn es dann eben doch so ist?

An diesem Punkt setzt nun die Idee des Zen an. Sobald es uns gelingt, eine Information unbewertet anzunehmen, erhalten wir Zugang zu Erkenntnissen, die uns sonst verborgen blieben.

So hat mein Meister meine Frage nach dem Wesen des Zen einmal folgendermaßen beantwortet: »Stelle dir vor, da draußen auf der Straße ginge ein Mann, der wüsste, was nach dem Tod passiert. Woher auch immer, stell dir einfach vor, er wüsste es. Nun wäre dieser Mann bereit, hereinzukommen und dir zu berichten. Ich nehme an, dass dich das ja durchaus interessieren würde, oder? Das Problem ist nun, dass dir dieser Mann nicht helfen kann. Denn jede Information, die du von ihm erhältst, wäre für dich wertlos. Nicht etwa, weil sie falsch oder nicht exakt wäre. Der Mann würde dir alles ganz genau erzählen. Aber dein Verstand wäre im Weg. ›Ist ja alles schön und gut‹, würdest du nämlich sagen, ›aber woher bitte sollte der Herr das denn wissen?‹ Deine Zweifel erhielten umso mehr Kraft, je mehr seine Ausführungen von deinen Wünschen und Vorstellungen abwichen. Lass es mich zusammenfassen: Der Grund, warum dir diese Einsicht verwehrt bleibt, ist nicht unser Besucher. Das Hindernis liegt vielmehr ganz allein in dir. Dein Verstand wertet. Und verhindert dadurch mehr, als du dir jemals vorstellen möchtest.«

Im Alltagsleben sieht das dann so aus, dass jemand uns etwas erzählen will, was für uns durchaus nützlich wäre. Da wir aber schon nach den ersten Worten zu wissen glauben, dass die Ansichten unseres Gegenübers mit Sicherheit falsch sind, stellen wir interessiert nickend das Zuhören ein und bringen uns selbst um eine wichtige Information oder vielleicht sogar um eine große Chance. In dem Moment, in dem sich unser Verstand einschaltet, stellen wir vom Aufmerksamkeits- auf den Ergänzungsmodus um und wissen gleichsam schon, wie die Geschichte ausgehen wird. Weitere Details, so glauben wir dann, sind nicht mehr notwendig.

Ein Angreifer, dem diese Tatsache bekannt ist, kann sie perfekt dazu nutzen, den Gegner in seinem Sinne zu manipulieren. Er muss dazu nicht einmal lügen, denn die gewünschte Unwahrheit dichtet sich das Opfer bereitwillig selbst.

So war beispielsweise vor einiger Zeit auf einem großen österreichischen Nachrichtenportal zu lesen: »Mann nach Polizeieinsatz tot.« Ganz spontan: Was denken Sie, dass da passiert ist?

Ehrlich gesagt: Ich persönlich bin, wie wohl die meisten anderen Leser auch, davon ausgegangen, dass der Mann von der Polizei getötet wurde. Zumal es nicht das erste Mal gewesen wäre. Doch ein Klick auf die Schlagzeile öffnete ein Fenster mit weiteren Informationen.

Dort war dann zu erfahren, dass der Mann sich vor dem Zugriff der Sondereinheit selbst in den Kopf geschossen hatte. Wie viele Leser aber, so frage ich mich, haben auf diesen Klick verzichtet und all ihre weiteren Entscheidungen auf Basis der vermeintlichen Tatsache getroffen, dass der Mann ein Opfer der Polizei geworden ist?

Zähmen Sie Ihren Verstand. Denn wer zuhören kann, ohne zu werten, wird bald Dinge erfahren, die er zwar vielleicht nicht verstehen, aber trotzdem ganz gut gebrauchen kann.

Wer könnte etwas über ein Leben nach dem Tod wissen?

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Denke erschaffend

Möchte man als Europäer den asiatischen Kontinent bereisen, so muss man dort wohl mehr als anderswo in der Lage sein, positiv zu denken. Auch wenn damit nicht die bei uns noch immer weitverbreitete Technik gemeint ist, sich Unschönes schönzureden. Um es an einem extremen Beispiel zu zeigen: Kein Asien-Reisender, der unabsichtlich Zeuge einer bewaffneten Auseinandersetzung wird, würde jemals denken: »Ach wie fein, jetzt sehen wir wenigstens auch einmal einen Krieg!«

Mit dem Verdrängen von Wahrheit hat die ursprüngliche Idee des positiven Denkens aber ohnehin nichts zu tun. Das lateinische Wort »ponere«, von dem sich das Partizip »positus« und das englische »to put« ableiten, bedeutet: etwas zu legen, zu setzen, zu stellen. Darin schwingt nichts von dem gemeinhin darunter verstandenen »schön« oder »gut« mit.

Worum aber geht es dann, wenn ich über positives Denken schreibe?

Lassen Sie es mich an einem Beispiel aus meinem Lieblingskontext erklären, dem Reisen. Gehen Sie einmal in Asien, es ist eigentlich nicht wichtig, in welchem Land Sie das tun, in ein Reisebüro, um Ihre weiteren Schritte zu planen. Sofort wird man Ihnen eine Reihe vorgefertigter Touren vorschlagen, aus denen Sie eine auswählen können. Das mag sich jetzt nach angenehm wenig Arbeit anhören, hat aber einen Haken. Denn egal, in welche Agentur Sie auch gehen werden, das angebotene Programm wird mehr oder weniger immer das gleiche sein. Solche Touren werden Sie selbstverständlich an die touristisch interessantesten Orte führen (oder zumindest an jene, die der Veranstalter – aus welchen Gründen auch immer – dafür hält).

Was aber, wenn Sie auch einmal etwas anderes sehen möchten? Dann kommen Sie mit dieser von einer negativen Denkhaltung geprägten Auswahltechnik nicht weiter. Negativ deshalb, weil es sich vom lateinischen »negare« ableitet, das auf Deutsch so viel wie »etwas ablehnen« bedeutet. Wie Sie sehen, hat das Wort »negativ« mit »schlecht« genauso wenig zu tun wie »positiv« mit »gut«. Ein negativ denkender Mensch ist also kein Pessimist, er weiß aber, vereinfacht gesagt, ausschließlich, was er nicht will. In der Folge wird er, und das ist an diesem Beispiel schön zu sehen, eigene Ideen ablehnen und stets aus dem auswählen, was ihm von anderen vorgeschlagen wird. Den Vorschlag aber machen, wie Sie wahrscheinlich bereits erraten haben, jene Menschen, die in der Lage sind, positiv zu denken.

Folgen Sie jedoch nur den ausgetretenen Pfaden, dann hat das irgendwann Auswirkungen auf die Frage, ob Sie Ihren Lebensweg selbst planen möchten oder auch das lieber anderen überlassen.

Natürlich ist es anstrengend, sich über mögliche Ziele zu informieren, gerade in einem für uns fremden Umfeld wie Asien, und dann noch einem Reisebürobesitzer Widerstand zu leisten, der natürlich seine eigenen Interessen vertritt. Freundlich lächelnd wird er dem schwachen Geist wiederholt erklären, dass die geplante Route für einen Unerfahrenen leider viel zu schwierig sei und man sich doch lieber für jene Tour entscheiden solle, bei welcher er die meiste Provision bekommt. Aber was wäre die Alternative? Reisen Sie nicht eigentlich, um neue Wege zu begehen und etwas für sich selbst zu entdecken? Oder ziehen Sie es vor, es bequem zu haben – und sich nachher zu beklagen, was Sie alles versäumt haben?

Wenn Sie in Ihrem Leben wirklich etwas verändern möchten, dann müssen Sie lernen, positiv zu denken. Unvoreingenommen zu sein. Ideen zu haben, statt diese nur abzulehnen. Das Wissen darüber, was Sie nicht wollen, bringt Sie nämlich mit Sicherheit nirgendwo hin.

Was möchten Sie im nächsten Monat erreichen?

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Lass die anderen tun

Auch wenn China und Hongkong rechtlich zum selben Staat gehören, handelt es sich dennoch um zwei getrennte Länder. Das merkt man an der unterschiedlichen Sprache, den verschiedenen Währungen, den Grenzkontrollen und nicht zuletzt daran, dass sich Warenangebot und Preise in beiden Regionen deutlich unterscheiden. Vieles von dem, was man in Hongkong an jeder Ecke bekommt, ist in China oft nur sehr schwer und zu überhöhten Preisen erhältlich. Ein Umstand, den findige Bewohner natürlich zu nutzen wissen.

So beobachtete ich einmal auf dem Weg von der ehemaligen britischen Kronkolonie in das sogenannte »Hauptland« eine interessante Szene. Ich war gerade mit der Metro unterwegs zur Grenze, als sich im Waggon plötzlich eine hektische Betriebsamkeit entwickelte. Etwa zwanzig Chinesen unterschiedlichsten Alters, die bis vor wenigen Minuten ruhig auf ihren Plätzen gesessen hatten, standen auf und begannen, ihre Reisetaschen auszupacken. Zum Vorschein kam eine riesige Menge Bluejeans. Mit offensichtlich großer Routine begannen sie, diese über ihre ursprüngliche Kleidung anzuziehen. Nach nur wenigen Minuten steckten alle in mindestens drei, manche sogar in vier oder fünf Hosen. Was sich auf diese Art nicht direkt am Körper tragen ließ, wurde in die Jacke oder unter den Pullover gestopft und machte die betreffende Person zwar etwas behäbiger, aber noch nicht unbedingt auffällig. Kaum waren die etwa einhundert Jeans auf diese Art »verarbeitet«, wurden die leeren Taschen ineinandergesteckt und von einem Chinesen eingesammelt. Verwunderlich fand ich damals, dass sich diese Aktion, obwohl offen gesetzwidrig, vor den Augen aller anderen Fahrgäste abspielte. Noch verwunderlicher fand ich allerdings, dass niemand darauf reagierte. Obwohl hier ganz offensichtlich ein Schmuggel vorbereitet wurde, gab es weder empörtes Raunen noch hektische Telefonate. Ganz im Gegenteil nahmen die Mitreisenden die Aktion mit ähnlichem Interesse zur Kenntnis wie die draußen vorbeiziehende Landschaft.

Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Dieses Verhalten hat nichts mit mangelnder Zivilcourage zu tun. Die meisten Chinesen haben vielmehr ein sehr feines Gefühl dafür, was sie interessieren muss und was ihnen gleichgültig sein kann. Das hat auch zur Folge, dass man einen Menschen aus diesem Kulturkreis viel schwerer provozieren kann. Solange sein Verhalten keinem anderen schadet, so die weitverbreitete Einstellung, möge jeder tun, was er glaubt, tun zu müssen. Eine Haltung, die sich im gesamten asiatischen Raum findet.

Selbst in Indien ist das so. Dort gibt es im Norden des Landes eine Art Priester, die aus religiösen Gründen jede Art von Bekleidung ablehnen. Die als »Nacktsaddhus« bekannten Geistlichen halten ebenso unbekleidet Zeremonien ab, wie sie einkaufen gehen oder gesellschaftliche Anlässe wahrnehmen. Faszinierend war für mich immer, zu beobachten, dass sich in ihrer Umgebung tatsächlich niemand darüber Gedanken machte, ob es richtig oder falsch ist, dass diese Männer nackt sind. Es ist so, und aus.

Auch für Touristen, die in ihrer Heimat mit ihrem Aussehen Skandale provozieren, ist es in asiatischen Ländern so gut wie unmöglich, in irgendeiner Form unangenehm aufzufallen. Ich sage immer, selbst wenn jemand den Kopf unter dem Arm statt auf dem Hals trüge, würden die Menschen es wohl nur interessiert nickend zur Kenntnis nehmen.

Was ich daraus gelernt habe? Dass es im Grunde völlig gleichgültig ist, was ein anderer tut. Wer wie aussieht, wer was macht – solange wir es nicht ändern können, ist jede Form des Ärgers reine Energieverschwendung. Und unsere ohnehin doch immer so knapp bemessene Zeit können wir mit Sicherheit besser nutzen.

Warum stören sich viele Menschen an Piercings und Tattoos?

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Sprich über Missstände

Im Gegensatz zu Europa, wo sich das Jahr in vier Jahreszeiten einteilt, die sich auch deutlich von der Temperatur her unterscheiden, gibt es in großen Teil Asiens, insbesondere in Südostasien, wo ich viele Jahre gelebt habe, davon nur zwei: die Regensaison, in der es heiß und durch den Monsun auch unglaublich feucht ist – und die Trockensaison, in der es nur heiß ist. Den Menschen, die in diesen Breitengraden leben, sind Winter und Kälte unbekannt. Nun hat natürlich auch in Ländern wie Malaysia, um nur ein Beispiel herauszugreifen, die moderne Technik Einzug gehalten und mit ihr so erstaunliche Erfindungen wie die Klimaanlage. Für die Einheimischen dort hat Kälte jedoch eine ganz andere Faszination als für uns, insbesondere die Idee, einen Raum einfach so kühlen zu können. Da sich bei weitem nicht jeder die Kosten für Installation und Unterhalt einer Klimaanlage leisten kann, gelten gekühlte Räumlichkeiten als eine Art Statussymbol. In der Folge sitzt man in den Innenräumen mit Jacke und Halstuch, um sich nicht zu erkälten.

Seit geraumer Zeit ist der Trend zur Kälte nicht nur in Einkaufszentren, Bahnhöfen und an anderen öffentlichen Plätzen zu beobachten, sondern erstreckt sich auch auf öffentliche Verkehrsmittel. So sind in Malaysia die Überlandbusse dermaßen stark gekühlt, dass selbst für einen Europäer die ernsthafte Gefahr einer Verkühlung besteht. Noch schlimmer muss das natürlich für die örtliche Bevölkerung sein, denn sobald das Thermometer die 25-Grad-Marke unterschreitet, werden die Jacken geschlossen und oft auch Handschuhe hervorgeholt. Folglich haben die Fahrer der klimatisierten Busse eigene Uniformen, die sie vor der Kälte schützen sollen, und die Passagiere bekommen bei einer Außentemperatur von vierzig Grad Celsius und mehr beim Einsteigen Decken gereicht, in die sie sich zitternd einwickeln.

Ich muss zugeben: Warum jeder diese Eiseskälte akzeptiert und niemand sich darüber beschwert, verstehe ich nicht. Wahrscheinlich hängt das zum einen damit zusammen, dass viele Asiaten grundsätzlich möglichst wenig Energie in Ärger investieren. Wozu mit dem Fahrer streiten, der die Temperatur vielleicht perfekt findet, wenn man sich doch einfach zudecken kann!

Diese Art der Frustrationstoleranz ist nicht so sinnvoll, wie sie auf den ersten Blick vielleicht scheinen mag. Denn selbst wenn viele Asiaten um einiges besser darin sind, Dinge zu akzeptieren, die sie vermeintlich nicht ändern können, kann man es sehr wohl übertreiben. Bei näherem Hinsehen handelt es sich hier schließlich um eine Situation, bei der beide Seiten verlieren. Einerseits die Busunternehmen, weil das Betreiben der Klimaanlagen in Summe eine ganze Menge Sprit und damit Geld kostet. Andererseits die Passagiere, die frieren und damit eine unangenehme Fahrt haben. Trotzdem wird es infolge des beidseitigen Schweigens niemals eine Veränderung geben, weil jeder insgeheim überzeugt ist, es dem anderen ohnehin recht zu machen.

Ich als Europäer, der in Asien dem kalten Winter zu entfliehen versucht, sitze frierend daneben und lerne daraus nicht nur, dass man Missstände offen ansprechen sollte. Sondern auch, dass es selbst den Menschen in so wunderbar warmen Ländern nicht immer gelingt, mit dem zufrieden zu sein, was im Überfluss vorhanden ist – und das sind dort Wärme und Sonnenschein.

Welche Missstände akzeptieren Sie, ohne sie anzusprechen?

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Lebe langsam

Wer wie ich vor vielen Jahren die damals noch »exotischen« Länder Asiens wie Vietnam und Laos bereisen wollte, stand vor einer besonderen Herausforderung: Er musste einen völlig neuen Umgang mit der Zeit lernen. Konnte man sich in Thailand, Malaysia oder China darauf verlassen, dass Busse und Züge auch nach zwanzig Stunden Fahrt auf die Minute pünktlich ankamen, war in den genannten Ländern eher das Gegenteil der Fall. Ich erinnere mich noch gut, dass ich eines Abends nach zwei durchwachten Nächten völlig erschöpft eine Unterkunft in Laos erreichte. Da mein Transitvisum nur drei Tage gültig war, musste ich unbedingt am nächsten Tag weiterreisen. Die Etappe, die ich zurücklegen wollte, betrug etwa einhundertachtzig Kilometer auf einer geraden, ebenen Straße. Ich plante also großzügig fünf Reisestunden für den Nachmittag ein und beschloss, am Vormittag zu schlafen und den Rest für ein gemütliches Frühstück und noch die eine oder andere Besichtigung im Dorf zu nutzen. Die Ernüchterung kam, als ich nach einem Fahrplan fragte. Freundlich lächelnd erklärte mir mein Quartiergeber, dass so etwas nicht existiere. Wozu aber auch? Es gäbe, so erfuhr ich, ohnehin nur einen einzigen Bus am Tag, und der ginge normalerweise um sieben Uhr in der Früh. Manchmal aber auch schon um sechs oder noch früher, zeitweise auch erst um acht oder später. Ich wäre jedenfalls gut beraten, mich zwischen fünf und halb sechs Uhr morgens bei der Haltestelle einzufinden, dann würde ich den Bus mit Sicherheit erreichen. Während der dreizehnstündigen Fahrt gäbe es ja dann ohnehin noch genug Zeit, um zu schlafen.

Auch wenn ich mich des Gefühls nicht erwehren konnte, dass man mit mir hier ein böses Spiel trieb und sich die anderen Fahrgäste, die kurz vor sieben zur Station kämen, über mich krummlachen würden, war ich wie empfohlen kurz vor fünf zur Stelle. Als ich dort mindestens zehn Menschen geduldig warten sah, wurde mir klar, dass einer der großen Unterschiede zwischen der westlichen und östlichen Kultur im Umgang mit der Zeit liegt. Stellen Sie sich doch diese Szene einmal in Europa vor! Das Geschrei wäre wohl bis nach Asien zu hören. Im Westen haben die Menschen alles, nur keine Zeit. Hier ist jede Minute ach so kostbar. Der Mensch steht unter Hochdruck und ist im Stress. Auch wenn wir uns gerne einreden, es wären die anderen schuld, sind allein wir es, die unser Leben immer weiter beschleunigen. Wie schnell alles gehen muss, merkt man schon an unserer Sprache. »Hast du kurz Zeit? Ich würde dir nämlich gerne noch schnell etwas zeigen. Lass mich nur noch rasch etwas fertig machen, dann bin ich sofort bei dir. Dauert auch nicht lange, ich bin ohnehin auf dem Sprung, weil ich noch eben etwas unterschreiben muss.« Das geht so weit, dass wir einem Autobus nachlaufen, obwohl wir eigentlich genug Zeit hätten, erst den übernächsten zu nehmen, und die vermeintlich eingesparte Zeit dann am Zielort absitzen werden. Immer mehr haben wir das Gefühl, Zeit zu vertun. Statt an der Bushaltestelle zu sitzen und zu warten, können wir doch im Büro etwas Sinnvolles tun!

Was aber, so würde ein Asiate Sie fragen, ist sinnvoll? Wieso sollte es sinnvoller sein, Zahlen in einen Computer einzugeben, als an einer Haltestelle die Chance zu haben, mit Menschen zu sprechen, die man wohl nie im Leben wieder sehen wird?

Lernen Sie Langsamkeit. Sonst laufen Sie am Ende noch an Ihrem eigenen Leben vorbei.

Der Narr, so sagt man in China, kennt und sieht nur eins: sein Ziel. Der Weise aber sieht die Blumen am Wegesrand.

Liegt mehr Sinn darin, im Büro oder im Kaffeehaus zu sitzen?

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Begeistere dich für das Kleine

Auch wenn in vielen Ländern Asiens mittlerweile die westliche Zeitrechnung Einzug gehalten hat, ist unser Jahreswechsel in manchen Ländern Asiens noch immer ein Tag wie jeder andere. Silvester bedeutet den Menschen dort nur wenig, wenn sie der Tatsache, dass offiziell ein Jahr vergangen ist, überhaupt Beachtung schenken. Die eigentlichen Feiern sind für jenen Tag reserviert, an dem ein neues Tierzeichen die Herrschaft über das Schicksal der Menschen übernimmt. »Mondneujahr« heißt dieses Fest in China, das als Übergang in ein neues Jahr und Beginn des Frühlings alle Hoffnung auf Reichtum und ein glückliches Leben symbolisiert. Auch in anderen Gegenden Asiens, wo es als »Fest des ersten Morgens« bezeichnet wird, gilt diese Zeit (meist reicht ein Tag gar nicht aus, es wird gleich eine ganze Woche gefeiert) als die wichtigste des ganzen Jahres. Lange vorher schon bereiten sich die Menschen darauf vor, putzen die Häuser, schmücken die Geschäfte, begleichen ihre Schulden und stimmen die Götter mit Sonderrationen an Obst, Zigaretten und anderen Gaben in den Hausaltären versöhnlich.

Viele Male durfte ich dieses Fest zusammen mit den Einheimischen verbringen. Besonders eindrucksvoll in Erinnerung geblieben sind mir die Feiern in Nha Trang, einer Kleinstadt im mittleren Süden Vietnams. Die Sonne war gerade untergegangen, als sich Zehntausende Menschen – und mit ihnen mindestens ebenso viele Motorroller – gemeinsam in Richtung Strand aufmachten. Es wurde geplaudert, gelacht und miteinander gegessen. Trommler in furchterregenden Drachenkostümen fuhren durch die Straßen und nahmen lautstark Abschied vom alten Jahr.

Es war wenige Minuten vor Mitternacht, als sich die ausgelassene Stimmung plötzlich in eine neugierige Stille verwandelte. Ich bemerkte, dass die Menschen intensiv auf das dunkle Meer hinausschauten, und folgte ihren Blicken. Nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich zwei unbeleuchtete Holzboote, die sich langsam und lautlos der Küste näherten. Als zwei Minuten vor dem Jahreswechsel an Bord der Boote Fackeln entzündet wurden, ging ein erwartungsvolles Raunen durch die Menge. Kurz unterhalb der Küste verharrten die Boote in Sichtweite der Menschenmenge am Strand. Dann war es so weit. Auf den Booten wurde das Feuerwerk gezündet. Die Menschen schauten gebannt zum Himmel. Jede Explosion wurde von einem Chor andächtiger »Aaaahs« und »Oooohs« begleitet. Ich stand mitten in dem Getümmel und verstand plötzlich, wie wenig es eigentlich wirklich braucht, um glücklich zu sein. Erstaunt stellte ich fest, wie sehr wir bereits verlernt haben, uns für die kleinen Dinge zu begeistern: nur zwei Boote und ein wenig Feuerwerk. Warum nur muss heute alles immer größer, besser und noch bombastischer sein, damit wir es überhaupt wahrnehmen? Wie viel Freude, die wir einfach im Vorbeigehen mitnehmen könnten, entgeht uns durch diese Unachtsamkeit?

In Vietnam war das Spektakel nach wenigen Minuten vorbei. Zehntausende Vietnamesen starteten beeindruckt ihre Motorroller, auf denen sie die ganze Zeit sitzen geblieben waren, und fuhren zurück nach Hause. Gemessen an unseren Standards war das Feuerwerk klein. Doch umso größer war die Begeisterung der Menschen um mich herum.

Was unterscheidet ein kleines Feuerwerk von einem großen?

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Nutze dein Bewusstsein

Oft habe ich auch mit Asiaten über die Frage diskutiert, ob Tiere so etwas wie ein menschliches Bewusstsein haben. Ich persönlich bin der Meinung, sie haben es nicht. Erstens begreifen die wenigsten Tiere ihre eigene Vergänglichkeit. Zweitens ermöglicht erst Bewusstsein Besitzdenken und Gier, beides Eigenschaften, die Tieren ganz grundsätzlich fehlen. Denn selbst wenn sie ihre Jagdreviere verteidigen, habe ich noch nie gehört, dass es in der Tierwelt die Idee gäbe, ein nicht genutztes Revier gewinnbringend zu verpachten.

Das Hauptargument für mich aber ist, dass unser Bewusstsein ein Werkzeug für Veränderung ist. Richtig eingesetzt, ermöglicht es uns, auf eine andere Art zu handeln, als wir meinen, handeln zu müssen. Anders ausgedrückt, können wir jene Wege gehen, für die wir uns selbst entscheiden, und mit etwas Übung sogar die Prägungen aus der Kindheit, gute wie schlechte Erfahrungen oder Provokationen außen vor lassen. Egal, wie sehr uns jemand zum Kampf herausfordert, wir haben stets die Möglichkeit, diese Einladung bewusst zu ignorieren. Tiere, denen unsere Form des Bewusstseins fehlt, haben diese Wahl nicht.