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In LAND DES FEUERS (Buch #12 im Ring der Zauberei) finden sich Gwendolyn und ihre Leute auf den Oberen Inseln umzingelt, belagert von Romulus' Drachen uns seiner gigantischen Armee. Alles scheint verloren - bis Rettung von unerwarteter Quelle naht. Gwendolyn ist fest entschlossen ihr Baby, das auf See verschollen ist, zu finden und ihr Volk ins Exil in eine neue Heimat zu führen. Sie reist über fremde und exotische Meere, begegnet unvorstellbaren Gefahren, Rebellion und Hunger als sie die Traum eines sicheren Hafens entgegensegeln. Thorgrin trifft im Land der Druiden endlich auf seine Mutter, und ihr Treffen wird sein Leben für immer verändern und ihn stärker denn je machen. Mit einer neuen Aufgabe betraut bricht er auf, entschlossen Gwendolyn zu retten, sein Baby zu finden, und sein Schicksal zu erfüllen. Thor wird auf jede erdenkliche Art und Weise auf die Probe gestellt werden; während er Monster bekämpft und sein Leben für seine Brüder riskiert, wird er alles geben und sich zu dem großen Krieger entwickelt, der er sein soll.
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Seitenzahl: 311
Veröffentlichungsjahr: 2014
I M L A N D D E S F E U E R S
(Band #12 IM RING DER ZAUBEREI)
Morgan Rice
Ausgewählte Kommentare zu Morgan Rices Büchern
“DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten die für sofortigen Erfolg nötig sind: Anschläge und Gegenanschläge, Mysterien, Edle Ritter und blühende Beziehungen die sich mit gebrochenen Herzen, Täuschung und Betrug abwechseln. Die Geschichten werden sie über Stunden in ihrem Bann halten und sind für alle Altersstufen geeignet. Eine wunderbare Ergänzung für das Bücherregal eines jeden Liebhabers von Fantasy Geschichten.”
--Books and Movie Reviews, Roberto Mattos
“Rice hat das Talent den Leser von der ersten Seite an in die Geschichte hineinzusaugen. Mit ihrer malerischen Sprache gelingt es ihr ein mehr als nur ein Bild zu malen – es läuft ein Film vor dem inneren Auge ab. Gut geschrieben und von wahnsinnig schnellem Erzähltempo.”
--Black Lagoon Reviews (zu Verwandelt)
“Eine ideale Geschichte für junge Leser. Morgan Rice hat gute Arbeit beim Schreiben einer interessanten Wendung geleistet. Erfrischend und einzigartig, mit klassischen Elementen, die in vielen übersinnlichen Geschichten für junge Erwachsene zu finden sind. Leicht zu lesen, aber von extrem schnellem Erzähltempo... Empfehlenswert für alle, die übernatürliche Romanzen mögen.”
--The Romance Reviews (zu Verwandelt)
“Es packte meine Aufmerksamkeit von Anfang an und ließ nicht los…. Diese Geschichte ist ein erstaunliches Abenteuer voll rasanter Action ab der ersten Seite. Es gab nicht eine langweilige Seite.”
--Paranormal Romance Guild (zu Verwandelt)
“Voll gepackt mit Aktion, Romantik, Abenteuer und Spannung. Wer dieses Buch in die Hände bekommt wird sich neu verlieben.”
--vampirebooksite.com (zu Verwandelt)
“Eine großartige Geschichte. Dieses Buch ist eines von der Art, das man auch nachts nicht beiseite legen möchte. Das Ende war ein derart spannender Cliffhanger, dass man sofort das nächste Buch kaufen möchte um zu sehen, was passiert.“
--The Dallas Examiner (zu Geliebt)
“Ein Buch das den Vergleich mit TWILIGHT und den VAMPIRE DIARIES nicht scheuen muss. Eines, das Sie dazu verleiten wird, ununterbrochen Seite um Seite bis zum Ende zu lesen! Wer Abenteuer, Liebesgeschichten und Vampire gerne mag, für den ist dieses Buch genau das Richtige!”
--Vampirebooksite.com (zu Verwandelt)
“Morgan Rice hat sich wieder einmal als extreme talentierte Geschichtenerzählern unter Beweis gestellt… Dieses Buch spricht ein breites Publikum an, auch die jüngeren Fans des Vampir/Fantasy-Genres. Es endet mit einem unerwarteten Cliffhanger der den Leser geschockt zurücklässt.
--The Romance Reviews (zu
Über Morgan Rice
Morgan Rice schrieb die Nr. 1 Bestseller Serie DER WEG DER VAMPIRE, eine elfteilige Serie für junge Leser. Ihrer Feder entstammt auch die Nr. 1 Bestseller Serie TRILOGIE DES ÜBERLEBENS, eine post-apokalyptischer Thriller-Serie aus derzeit zwei Büchern (man darf auf das Dritte gespannt sein) und die epische Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, das derzeit aus dreizehn Büchern besteht und die Bestsellerlisten anführt.
Morgans Bücher gibt es als Audio oder Print-Editionen die in vielen Sprachen erschienen sind: Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Japanisch, Chinesisch, Schwedisch, Holländisch, Türkisch, Ungarisch, Tschechisch und Slowakisch – mehr Sprachen werden folgen.
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Bücher von Morgan Rice
DER RING DER ZAUBEREIQUESTE DER HELDEN (Band #1)MARSCH DER KÖNIGE (Band #2)
LOS DER DRACHEN (Band #3)
RUF NACH EHRE (Band #4)
SCHWUR DES RUHMS (Band #5)
ANGRIFF DER TAPFERKEIT(Band #6)A RITE OF SWORDS – RITUS DER SCHWERTER (Band #7)A GRANT OF ARMS - GEWÄHR DER WAFFEN (Band #8)
A SKY OF SPELLS – HIMMEL DER ZAUBER (Band #9)A SEA OF SHIELDS – MEER DER SCHILDE (Band #10)A REIGN OF STEEL – REGENTSCHAFT DES STAHLS (Band #11)demnächst auf Deutsch erhältlich
A LAND OF FIRE – LAND DES FEUERS (BAND #12)
A RULE OF QUEENS – DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND #13)
DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENSARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (BAND #1)ARENA TWO -- ARENA ZWEI (Band #2)
DER WEG DER VAMPIRE
GEWANDELT (Band #1 Der Weg Der Vampire)
VERGÖTTERT (Band #2 Der Weg Der Vampire)
VERRATEN (Band #3 Der Weg Der Vampire)
BESTIMMT (Band #4 Der Weg Der Vampire)
BEGEHRT (Band #5 Der Weg Der Vampire)
BETROTHED -- VERMÄHLT (Band #6)
VOWED -- GELOBT (Band #7)demnächst auf Deutsch erhältlich
FOUND -- GEFUNDEN (Band #8)
RESURRECTED – ERWECKT (Band #9)CRAVED – ERSEHNT (Band #10)
FATED – BERUFEN (Band #11)
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Diese Geschichte ist frei erfunden. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder werden im fiktionalen Sinne verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit existierenden Personen, tot oder lebendig, ist rein zufällig.
©iStock.com/© frentusha
INHALT
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL TWENTY-SIX
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
KAPITEL DREISSIG
“Wend ich so meinen Rücken;
Noch anderswo gibts eine Welt...”
Gwendolyn stand am Ufer der Oberen Inseln und blickte hinauf auf den Ozean. Mit Schrecken betrachtete sie, wie Nebel aufzog, und ihr Baby verschlang. Es brach ihr das Herz, als sie Sah, wie das kleine Boot mit Guwayne von den Wellen immer weiter in Richtung Horizont davongetragen wurde und schließlich im Nebel verschwand. Die Gezeiten würden ihn Gott weiß wohin tragen und mit jedem Augenblick entfernte er sich weiter von ihr.
Tränen rollten über Gwendolyns Gesicht als sie zusah, doch sie konnte den Blick nicht abwenden, war wie gelähmt. Sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren und spürte ihren Körper nicht mehr. Ein Teil von ihr starb als sie zusah, wie der Mensch, den sie auf der Welt am meisten liebte, aufs Meer hinausgetragen wurde. Ein Teil von ihr wurde mit ihm von den Wellen ins Ungewisse getrieben.
Gwendolyn hasste sich für das, was sie gerade getan hatte, doch gleichzeitig wusste sie, dass es das einzige war, was ihr Kind vielleicht retten konnte. Sie hörte Donnergrollen am Horizont hinter sich, und wusste, dass bald die ganze Insel vom Feuer der Drachen verzehrt werden würde – und nichts auf der Welt konnte sie retten. Nicht Argon, der sich immer noch in einem hilflosen Zustand befand; nicht Thorgrin, der sich irgendwo am anderen Ende der Welt befand, im Land der Druiden; nicht Alistair oder Erec, die auch weit entfernt auf den Südlichen Inseln waren; und nicht Kendrick oder die Silver oder irgendeiner der anderen tapferen Männer, die hier waren – keiner von ihnen hatte, was nötig war, um einen Drachen zu bekämpfen. Sie brauchten Magie – und das war das Eine, das ihnen nicht zur Verfügung stand.
Sie hatten Glück gehabt, dem Massaker im Ring überhaupt entkommen zu sein, und nun, das wusste sie, hatte das Schicksal sie eingeholt. Es gab keinen Ausweg mehr, keinen Ort, an dem sie sich verstecken konnten. Es war an der Zeit, sich dem Tod zu stellen, der sie so lange verfolgt hatte.
Gwendolyn drehte sich um und blickte gen Himmel. Selbst von hier aus konnte sie sehen, wie die riesige Schar der Drachen den Himmel verdunkelte. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit; sie wollte nicht alleine hier am Ufer sterben. Sie wollte bei ihrem Volk sein, und es so gut sie konnte verteidigen.
Sie blickte aufs Meer hinaus, in der Hoffnung, noch einen letzten Blick auf Guwayne erhaschen zu können.
Doch da war nichts. Guwayne war schon weit fort, irgendwo hinter dem Horizont, auf dem Weg in eine Welt, die sie niemals sehen würde.
Bitte Gott, betete Gwendolyn, wache über ihn. Nimm mein Leben an seiner statt. Ich bin bereit, alles dafür zu tun. Bring ihn in Sicherheit. Und erlaube mir, ihn bald wieder in den Armen halten zu können. Ich flehe dich an. Bitte.
Gwendolyn öffnete ihre Augen. Sie hoffte ein Zeichen zu sehen, vielleicht einen Regenbogen am Himmel – irgendetwas.
Doch der Himmel blieb leer. Dicke, schwarze Wolken hingen bedrohlich über ihr, gerade so, als ob das Universum wütend auf sie war für das, was sie getan hatte.
Schluchzend wandte sie sich vom Meer ab und rannte in Richtung ihres Volkes. Es war alles, was ihr geblieben war, und sie wollte in der letzten Schlacht an ihrer Seite stehen.
*
Gwendolyn stand auf den Zinnen von Tirus‘ Festung, umgeben von ihren Leuten – unter ihnen ihre Brüder Kendrick, Reece, und Godfrey; Matus und Stara, die überlebenden Kinder ihres Onkels Tirus; Steffen, Aberthol, Srog, Brandt, Atme, und die verbliebenen Angehörigen der Legion. Alle betrachteten sie ernst den Himmel. Sie wussten, was auf sie zukam.
Als sie den Fernen Schreien lauschten, die die Erde erzittern ließen, standen sie hilflos da und beobachteten, wie Ralibar für sie sein Leben in die Waagschale warf. Ein einzelner Drache, der eine riesige Herde feindlicher Drachen abhielt. Gwendolyns Herz schwoll vor Stolz, als sie ihm zusah, so tapfer, so mutig, ein Dache allein gegen Dutzende, und doch war er furchtlos. Ralibar spie Feuer auf die anderen Drachen, griff sie mit seinen scharfen Krallen an und kratzte sie, hielt sie fest, und biss ihnen in die Hälse. Er war nicht nur grösser und stärker als die anderen, er war auch schneller. Ein unglaublicher Anblick.
Gwendolyn fasste ein wenig Hoffnung; tief im Inneren hoffte, sie, dass Ralibar sie besiegen konnte. Sie sah zu, wie Ralibar einem feurigen Angriff auswich, indem er im Sturzflug in die Tiefe tauchte, wobei er einem Angreifer seine Krallen in die Brust rammte und ihn mit sich aufs Meer zu riss.
Einige andere Drachen spien Feuer auf Ralibar, als er hinabtauchte, und Gwendolyn sah erschrocken zu, wie Ralibar und der andere Drache von einem Feuerball eingehüllt aufs Wasser zustürzten. Der Drache wehrte sich, doch Ralibar nutzte seine körperliche Überlegenheit, ihn mit sich zu reißen – und bald stürzten sie unter lautem Zischen in die Wellen. Dampfwolke stiegen auf, als das Wasser die Flammen löschte.
Gebannt sah Gwendolyn zu. Sie betete zu Gott, dass Ralibar den Sturz überlebt hatte – und Augenblicke später tauchte Ralibar auf. Auch der andere Drache tauchte auf, doch sein lebloser Körper tanzte auf den Wellen; er war tot.
Ohne zu zögern schoss Ralibar in die Höhe, auf die anderen Drachen zu, die sich auf ihn stürzten. Sie kamen mit weit aufgerissenen Mäulern auf ihn zu – doch Ralibar griff sie furchtlos an: Er hieb mit seinen Krallen auf sie ein, breitete seine riesigen Flügel aus, umfasste zwei von ihnen und riss sie in die Tiefe.
Ralibar konnte sie festhalten, doch währenddessen stürzten sich dutzende anderer Drachen auf seinen ungeschützten Rücken. Gemeinsam stürzten sie auf die Wellen zu. Ralibar, so tapfer er auch kämpfen mochte, war der zahlenmäßigen Übermacht unterlegen. Er tauchte um sich schlagend ins Wasser ein, festgehalten von unzähligen anderen Drachen, die wütend kreischten.
Gwendolyn schluckte. Es brach ihr das Herz zu sehen, wie Ralibar alleine da draußen für sie alle kämpfte. Sie wünschte sich, ihm helfen zu können. Sie starrte gebannt aufs Meer hinauf, hoffend, und wartete darauf, dass Ralibar wieder auftauchte.
Doch zu ihrem großen Schrecken tauchte er nicht wieder auf.
Einer nach dem anderen kamen die anderen Drachen wieder an die Oberfläche und erhoben sich, um sich hoch oben am Himmel wieder zu sammeln und sich wieder auf die Oberen Inseln zu konzentrieren. Sie schienen Gwendolyn direkt anzusehen, als sie mit lautem Brüllen ihre Flügel spreizten.
Gwendolyns Herz brach. Ihr geliebter Freund Ralibar, ihre letzte Hoffnung, ihre letzte Verteidigungslinie, war tot.
Sie sah ihre Männer an, die schockiert aufs Meer hinausstarrten. Sie wussten, was nun auf sie zukam: eine unaufhaltsame Welle der Zerstörung.
Gwendolyn war verzweifelt; sie öffnete den Mund, doch ihr fehlten die Worte.
„Läutet die Glocken“, sagte sie schließlich mit gebrochener Stimme. „Befehlt den Leuten, Schutz zu suchen. Alle müssen sofort unter die Erde. In die Höhlen, in Keller – egal wohin, nur weg von der Oberfläche. Gebt den Befehl!“
„Läutet die Glocken!“, schrie Steffen in den Hof hinunter, während er über den Wehrgang rannte. Sofort schallten die Glocken über den Platz. Hunderte ihrer Bürger, Überlebende des Rings, rannten um ihr Leben, suchten Zuflucht in den Höhlen am Rande der Stadt oder in den Kellern unter den Gebäuden, und bereiteten sich auf die unaufhaltsame Welle des Feuers zu, die bald über sie hinwegrollen würde.
„Meine Königin“, sagte Srog. „Vielleicht können wir hier im Fort Zuflucht finden. Schließlich ist es aus Stein gebaut.“
Gwendolyn schüttelte wissend den Kopf.
„Du verstehst die Drachen nicht“, sagte sie. „Nichts an der Oberfläche ist sicher. Absolut nichts.“
„Aber Mylady. Vielleicht sind wir im Fort doch sicher. Es hat schließlich Jahrhunderte überdauert. Die Mauern sind mehr als einen halben Meter dick. Wäret Ihr nicht lieber hier als unter der Erde?“
Wieder schüttelte sie den Kopf. Sie hörte das Brüllen der Drachen und sah, dass sie immer näher kamen. Hilflos musste sie mit ansehen, wie die Drachen Feuer auf ihre Flotte hinabregnen ließen, die im fernen südlichen Hafen lag. Sie sah zu, wie ihre kostbare Flotte, ihre Lebensader, wunderschöne Schiffe, deren Bau Jahrzehnte gedauert hatte, zu Asche verbrannte.
Da sie den Angriff erwartet hatte, hatte sie einige Schiffe hinter die Klippen vor der Küste auf der anderen Seite der Insel geschickt. Wenn sie überleben sollten, dann blieben ihnen wenigsten diese. Wenn sie überleben sollten.
„Wir haben keine Zeit für Diskussionen. Wir müssen sofort von hier weg. Folgt mir!“
Die Männer folgten Gwendolyn die spiralförmige Treppe hinunter. Instinktiv wollte Gwendolyn dabei Guwayne umklammern – und wieder durchfuhr sie unglaublicher Schmerz, als sie bemerkte, dass er fort war. Es war, als fehlte ein Teil von ihr, als sie die Treppen hinuntereilte um sich in Sicherheit zu bringen. Sie konnte hören, dass die Schreie der Drachen näher kamen, und spürte, dass der Boden unter ihnen zitterte. Wieder schickte sie ein Stoßgebet für Guwaynes Sicherheit gen Himmel.
Sie stürmte aus dem Fort und rannte mit den anderen über den Hof auf den Eingang des Kerkers zu, in dem nun keine Gefangenen mehr saßen. Davor warteten einige Krieger, die die massiven Eisentüren öffneten, um sie einzulassen. Bevor sie eintraten, wandte sich Gwendolyn ihren Leuten zu.
Sie sah, dass einige noch auf dem Hof umherirrten und wirr durcheinanderschrien.
„Kommt her“, rief sie. „Wir müssen unter die Erde! Kommt!“
Sie trat beiseite. Bevor sie hinunterging wollte sie sicher sein, dass alle Menschen sicher in der Finsternis des Kerkers verborgen waren.
Die letzten, die bei ihr stehen blieben, waren ihre Brüder, Kendrick, Reece und Godfrey, gemeinsam mit Steffen. Gemeinsam blickten sie zum Himmel auf, als sie wieder einen markerschütternden Schrei hörten.
Die Drachen waren nur noch wenige hundert Meter entfernt, und Gwen konnte ihre wütenden Gesichter sehen. Sie hatten ihre Mäuler weit aufgerissen, als könnten sie es nicht abwarten, alles zu zerstören.
So sieht also der Tod aus, dachte Gwendolyn.
Sie blickte sich noch ein letztes Mal um, und sah, dass etliche Menschen sich in ihren neuen Häusern verbarrikadiert hatten und sich weigerten, unter die Erde zu gehen.
„Ich habe ihnen befohlen, nach unten zu gehen!“, schrie Gwendolyn aufgebracht.
„Einige unserer Leute haben auf dich gehört“, sagte Kendrick, der sie traurig ansah, „doch viele weigern sich.“
Der Schmerz zerriss Gwendolyn innerlich. Sie wusste, was mit jenen geschehen würde, die in ihren Häusern blieben. Warum mussten ihre Leute nur so halsstarrig sein?
Und dann geschah es. Der erste Drache begann Feuer zu speien – noch weit genug entfernt, um sie nicht zu verbrennen, doch nah genug, dass Gwendolyn die Hitze der Flammen spüren konnte.
Mit Schrecken hörte sie die Schreie der Menschen, die sich dazu entschlossen hatten, über der Erde in ihren Häusern oder im Fort auszuharren. Das steinerne Fort, das vor wenigen Augenblicken noch so uneinnehmbar gewirkt hatte, stand nun in Flammen. Gwendolyn schluckte. Wenn sie im Fort geblieben wären, wären sie nun alle totgeweiht.
Wie die Menschen, die brennend und schreiend durch die Straßen rannten, bevor sie tot zusammenbrachen. Der schreckliche Geruch von brennendem Fleisch füllte die Luft.
„Mylady“, drängte Steffen. „Wir müssen in den Kerker. Sofort!“
Gwen konnte sich kaum losreißen, doch sie wusste, dass er Recht hatte. Sie ließ sich von den anderen mitziehen, durch die Türen, die Treppen hinunter, in die Finsternis, während die Wand auf Flammen unaufhaltsam auf sie zuraste. Die Stahltüren wurden nur Sekunden, bevor sie das Feuer erreichte, verschlossen. Das Krachen der zuschlagenden Türen fühlte sich an, als ob auch in ihrem Herzen eine Tür zugeschlagen wurde.
Schluchzend kniete Alistair neben Erec. Sie drückte ihn an sich, ihr Brautkleid war über und über mit seinem Blut beschmiert. Während sie ihn festhielt, drehte sich ihre ganze Welt und sie spürte, wie das Leben langsam aus seinem Körper wich. Erec, schwer verletzt durch den feigen Angriff des Attentäters, stöhnte, und sie konnte am Rhythmus seines Pulses fühlen, dass er im Sterben lag.
„NEIN!“, stöhnte sie, während sie ihn zärtlich in den Armen hielt und sanft wiegte. Sie spürte, wie ihr Herz brach als sie ihn festhielt, fühlte sich, als würde sie mit ihm sterben. Der Mann, den sie zu heiraten im Begriff war, der sie vor wenigen Augenblicken so liebevoll angesehen hatte, lag nun fast leblos in ihren Armen; sie konnte es kaum fassen. Der Angriff war so unerwartet gekommen, in einem Augenblick der Liebe und des Glücks; wegen ihr war er unachtsam gewesen – wegen ihres dummen Spiels. Sie hatte ihn gebeten, die Augen zu schließen, als sie in ihrem Hochzeitskleid auf ihn zukam.
Sie fühlte sich überwältigt von Schuldgefühlen, als wäre es allein ihre Schuld.
„Alistair“, stöhnte er.
Sie blickte auf ihn herab, und sah, dass seine halb geöffneten Augen ins Leere starrten, dass das Leben aus ihnen zu entweichen begann.
„Es war nicht deine Schuld“, flüsterte er. „Vergiss nie, dass ich dich liebe.“
Alistair weinte und drückte ihn an ihre Brust als sie spürte, dass die Wärme seinen Körper verlies. In diesem Augenblick geschah etwas in ihr. Sie spürte die Ungerechtigkeit der Tat und weigerte sich, ihn sterben zu lassen.
Plötzlich fühlte sie das bekannte Prickeln, als würden tausende winziger Nadeln sie stechen, und ihr gesamter Körper wurde von einer überwältigenden Hitze durchströmt. Eine ihr unbekannte Macht übernahm die Kontrolle, urtümlich und unglaublich stark, eine Macht, die sie nicht verstand. Das Gefühl war stärker als jeder Ausbruch ihrer Kräfte, den sie bisher in ihrem Leben verspürt hatte, als würde ein anderes Wesen die Kontrolle über ihren Körper übernehmen. Ihre Arme und Hände brannten heiß, und instinktiv legte sie ihre Hände auf Erecs Brust und Stirn.
Während ihre Hände auf Erecs leblosem Körper ruhten, brannten ihre Hände immer heißer, und sie schloss ihre Augen. Bilder tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Sie sah Erec als Jungen, wie er die Südlichen Inseln verließ, wie er stolz und edel an Bord eines Großseglers stand; sie sah, wie er in die Legion eintrat; in die Gemeinschaft der Silver aufgenommen wurde; sie sah ihn beim Lanzenstechen, wie er ein Meister der Waffen wurde, wie er Feinde besiegte und den Ring verteidigte. Sie sah ihn in seiner silberglänzenden Rüstung in aufrechter Pose auf seinem Pferd sitzen, ein Muster an Edelmut und Tapferkeit. Sie wusste, dass sie ihn nicht sterben lassen konnte; die Welt konnte es sich nicht leisten, ihn sterben zu lassen.
Die Hitze in ihren Händen schwoll weiter an. Als sie ihre Augen öffnete, sah sie, wie er seine schloss. Dann sah sie, wie ein gleißendes Licht von ihren Händen ausging und sich über Erec ausbreitete. Es schien seinen Körper zu durchdringen und sie beide wie ein Kokon einzuschließen. Sie sah zu, wie das Blut aufhörte aus seinen Wunden zu sickern, und wie sie sich langsam zu schließen begannen.
Seine Augen flatterten und öffneten sich, und sie spürte, wie sich sein Körper, der eben noch kalt gewesen war, zu wärmen begann. Sie fühlte, wie das Leben in seinen Körper zurückkehrte.
Erec sah sie überrascht an. Dabei spürte sie, wie sie selbst schwächer wurde, als ihre Lebenskraft in seinen Körper strömte.
Er schloss seine Augen und fiel in einen tiefen Schlaf. Ihre Hände brannten nicht mehr, und sie fühlte seinen Puls, der wieder vollkommen normal war.
Sie seufzte erleichtert, denn sie wusste, dass sie ihn von der Schwelle des Todes zurückgeholt hatte. Ihre Hände zitterten, und sie fühlte sich schwach – doch sie war glücklich.
Ich danke Dir Gott, dachte sie, als sie Erec unter Freudentränen umarmte. Danke, dass Du mir meinen Gemahl nicht genommen hast.
Alistairs Tränen versiegten, und als sie sich umsah, sah sie Bowyers blutverschmiertes Schwert mitsamt der Scheide auf dem Boden liegen. Sie hasste Bowyer mit bisher ungekannter Leidenschaft und war fest entschlossen, Rache zu nehmen.
Sie hob das blutige Schwert auf. Ihre Hände waren blutverschmiert, als sie es untersuchte. Sie wollte es gerade in die Ecke werfen, als die Tür des Raumes aufgerissen wurde.
Mit dem blutigen Schwert in der Hand fuhr sie herum und sah, wie Erecs Familie in den Raum gestürmt kam, flankiert von einem Dutzend Kriegern. Als sie näher kamen, wandelte sich der besorgte Ausdruck in ihren Gesichtern in blanken Horror, als sie zwischen ihr und Erec, der bewusstlos auf dem Boden lag, hin und her blickten.
„Was hast du getan?“, kreischte Dauphine.
Alistair sah sie verständnislos an.
„Ich?“, fragte sie. „Ich habe nichts getan.“
Dauphine starrte sie böse an, während sie auf sie zustürmte.
„Hast du nicht?“, sagte sie. „Du hast nur unseren besten und größten Ritter ermordet!“
Alistair sah sie schockiert an.
Sie blickte auf das blutige Schwert in ihren Händen, sah das Blut an ihrem Kleid und ihren Armen und erkannte plötzlich, dass alle sie für den Mörder hielten.
„Aber ich war es nicht!“, protestierte sie.
„Nein?“, schnaubte Dauphine anklagend. „Dann ist das Schwert also magisch in deine Hände gelangt?“
Alistair sah sich im Raum um, als die anderen sich um sie herum sammelten.
„Es war ein Mann. Der Mann der ihn im Wettkampf herausgefordert hatte: Bowyer!“
Die anderen sahen einander skeptisch an.
„Ach so ist das“, gab sie zurück. „Und wo ist dieser Mann?“ fragte sie, während sie sich umsah.
Alistair wusste, dass er fortgerannt war, und erkannte, dass alle sie für eine Lügnerin hielten.
„Er ist geflohen, nachdem er auf ihn eingestochen hat.“
„Und wie ist dann das blutige Schwert in deine Hand gekommen?“, drängte Dauphine.
Alistair warf noch einmal einen Blick auf das Schwert und warf es dann aufgebracht in die Ecke.
„Warum sollte ich meinen eigenen Gemahl umbringen wollen?“, fragte sie.
„Du bist eine Hexe!“ sagte Dauphine und baute sich vor ihr auf. „Solchen wie dir kann man nicht vertrauen. Oh mein Bruder!“
Dauphine kniete zwischen Erec und Alistair nieder. Sie umarmte ihn und hielt ihn fest.
„Was hast du getan?“, jammerte Dauphine unter Tränen.
„Aber ich bin unschuldig!“, rief Alistair.
Dauphine sah sie mit hasserfülltem Blick an, dann wandte sie sich den Kriegern zu.
„Nehmt sie fest!“, befahl sie.
Alistair wurde von hinten gegriffen und unsanft hochgezerrt. Sie war zu schwach, sich zu wehren, als sie ihr die Hände fesselten und sie wegschleppen wollten – doch sie konnte den Gedanken nicht ertragen, von Erec getrennt zu sein, gerade jetzt, wo er sie am meisten brauchte. Die Kraft, die sie ihm gegeben hatte, war noch nicht genug, er brauchte noch mehr. Wenn sie ihm nicht mehr geben konnte, würde er sterben müssen.
„NEIN!“, rief sie. „Lasst mich los!“
Doch ihre Rufe fielen auf taube Ohre, als sie sie davonzerrten, als wäre sie eine gewöhnliche Kriminelle.
Geblendet vom Licht hob Thor die Hände vor die Augen, als die glänzenden, goldenen Tore zum Schloss seiner Mutter weit aufschwangen. Eine Gestalt kam auf ihn zu, die Silhouette war die einer Frau, und mit jeder Faser seines Seins spürte er, dass dies seine Mutter war. Sein Herz pochte, als er sie vor sich stehen sah.
Langsam gewöhnten sich seine Augen an das Licht. Er senkte seine Hände und sah sie an. Das war der Augenblick, auf den er sein Leben lang gewartet hatte, der Augenblick, der ihn bis in seine Träume verfolgt hatte. Er konnte es kaum glauben: Sie war es wirklich. Seine Mutter. Er war hier, in ihrem Schloss auf den Klippen. Thor betrachtete sie, wie sie nur ein paar Meter entfernt vor ihm stand und ihn ansah. Zum ersten Mal sah er ihr Gesicht.
Ihm stockte der Atem, denn vor ihm stand die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Sie wirkte alterslos – sowohl alt als auch jung, ihre Haut war makellos, ihr Gesicht strahlte. Sie lächelte ihn liebevoll an. Ihr langes, blondes Haar reichte ihr bis zur Taille, sie hatte große, graue Augen und ihre Wangenknochen und ihr Kiefer ähnelten seinem. Was Thor am meisten überraschte, war die Tatsache, dass er seine Züge in ihrem Gesicht wiedererkennen konnte – nicht nur die Augen, Wangen und der Kiefer, sondern auch ihre Lippen, der Schwung ihrer Brauen und ihre Stirn. In gewisser Weise war es so, als würde er sich selbst ins Gesicht sehen – oder Alistair. Sie ähnelte Alistair fast wie ein Ei dem anderen.
Thors Mutter trug eine weiße Seidenrobe und einen Umhang, dessen Kapuze zurückgeschlagen war. Sie trug keinen Schmuck, und hatte ihre Hände zur Seite ausgestreckt. Thor konnte eine intensive Energie spüren, die von ihr ausging, intensiver als er es je zuvor gespürt hatte. Es fühlte sich an, als würde die Sonne ihn umschließen. Als er vor ihr stand und in ihrer Energie badete, spürte er Wellen der Liebe, die von ihr ausgingen. Nie zuvor hatte er eine derart bedingungslose Liebe und Akzeptanz gespürt. Er war zu Hause.
Als er hier vor ihr stand, fühlte Thor sich ganz, gerade so, als ob auf der Welt alles in Ordnung war.
„Thorgrin, mein Sohn“, sagte sie.
Es war die schönste Stimme, die er je gehört hatte. Sanft hallte sie vom uralten Gemäuer des Schlosses wider und klang, als käme sie direkt vom Himmel. Thor stand wie angewurzelt da, wusste nicht, was er tun oder sagen sollte. War das real? Einen Moment lang fragte er sich, ob nicht auch das hier eine Kreation des Lands der Druiden war, nur ein weiterer Traum, sein Geist, der ihm wieder einen Streich spielte. Er hatte sich so lange danach gesehnt, seine Mutter in den Arm zu nehmen. Er machte einen Schritt auf sie zu, entschlossen herauszufinden, ob es wieder nur ein Trugbild war.
Thor streckte die Arme nach ihr aus, auch wenn er befürchtete, ins Leere zu greifen. Doch dann spürte er sie – die warme Umarmung seiner Mutter, die ihn umfing. Es war das schönste Gefühl der Welt.
Sie hielt ihn fest, und Thor war überglücklich zu wissen, dass sie real war. Dass alles real war. Dass er eine Mutter hatte, dass sie wirklich existierte, dass sie in Fleisch und Blut vor ihm stand, in diesem Land der Illusion und Phantasie – und dass sie ihn wirklich liebte.
Nach einer langen Weile sah Thor sie mit feuchten Augen an, und entdeckte, dass auch ihr Tränen in den Augen standen.
„Ich bin so stolz auf dich, mein Sohn“, sagte sie.
Er starrte sie sprachlos an.
„Du bist am Ziel deiner Reise angekommen“, fügte sie hinzu. „Du hast dich als würdig erwiesen hier zu sein. Du bist zu dem Mann herangewachsen, den ich immer in dir gesehen habe.“
Thor sah sie an, nahm ihren Anblick in sich auf, immer noch erstaunt darüber, dass sie real war, und wusste nicht, was er sagen sollte. Sein ganzes Leben lang war er so voller Fragen gewesen. Doch nun, da er wirklich vor ihr stand, fehlten ihm die Worte. Er wusste nicht einmal, wo er anfangen sollte.
„Komm mit mir“, sagte sie, und drehte sich um. „Ich will dir diesen Ort zeigen. Den Ort, an dem du das Licht der Welt erblickt hast.“
Sie lächelte und streckte ihm eine Hand entgegen, die er dankbar ergriff.
Seite an Seite gingen sie ins Schloss hinein. Von seiner Mutter schien ein Leuchten auszugehen, das von den Mauern des Schlosses zurückgeworfen wurde. Thor betrachtete alles staunend: Dies war der prachtvollste Ort, den er je gesehen hatte. Die Wände waren aus glitzerndem Gold, alles glänzte, perfekt, surreal. Er fühlte sich, als hätte er ein magisches Schloss im Himmel betreten.
Sie gingen einen langen Flur mit einer hohen, gewölbten Decke entlang. Der Boden schimmerte im Licht, als bestünde er aus unzähligen Diamanten.
„Warum hast du mich verlassen?“, fragte Thor plötzlich.
Es waren die ersten Worte, die er zu ihr sagte, und sie überraschten selbst ihn. Von all den Dingen, die er sie fragen wollte, war aus irgendeinem Grund diese Frage zuerst aus seinem Mund gekommen, und er schämte sich dafür, dass er nichts Netteres gesagt hatte. Er hatte nicht so barsch sein wollen.
Doch das mitfühlende Lächeln seiner Mutter verließ ihr Gesicht nicht. Sie ging neben ihm her und sah ihn voller Liebe an, und er konnte spüren, dass sie ihn niemals verurteilen würde, egal, was er sagte.
„Du hast Recht, böse auf mich zu sein“, sagte sie. „Ich muss dich um Vergebung bitten. Du und deine Schwester bedeuten mir alles auf der Welt. Ich wollte euch so gerne hier großziehen – doch ich konnte es nicht. Weil ihr beide etwas Besonderes seid.“
Sie bogen in einen anderen Flur ab, wo seine Mutter stehen blieb und ihn ansah.
„Du bist mehr als nur ein Druide, Thorgrin – mehr als nur ein Krieger. Du bist der größte Krieger den es jemals gab und der jemals sein wird – und ebenso der stärkste Druide. Du hast ein ganz besonderes Schicksal; Dein Leben ist dazu bestimmt grösser, viel grösser zu sein, als dieser Ort. Es ist ein Leben und ein Schicksal, das dazu bestimmt ist, mit der Welt geteilt zu werden. Darum habe ich dich in die Welt der Menschen geschickt. Ich musste dich gehen lassen, damit du der Mann werden konntest, der du jetzt bist; damit du die Erfahrungen machen konntest, die du gemacht hast, um der Krieger zu werden, der dir zu sein bestimmt ist.“
Sie holte tief Luft.
„Thorgrin, du musst verstehen, dass Abgeschiedenheit und Privilegien keine Krieger hervorbringen – nur Mühe, Leid und Schmerz. Vor allem Leid. Es hat mir das Herz gebrochen, dich leiden zu sehen – und doch, so paradox es auch scheinen mag – das war genau das, was du brauchtest, um zu werden, wer du bist. Kannst du das verstehen, Thorgrin?“
Zum ersten Mal in seinem Leben verstand er es wirklich. Zum ersten Mal ergab alles einen Sinn. Er dachte an all das Leid, dass ihm in seinem Leben begegnet war: wie er ohne Mutter als Lakai seiner Brüder aufgewachsen war, bei einem Ziehvater, der ihn hasste, in einem kleinen, erdrückenden Dorf, wo er ein Niemand war. Seine Erziehung hatte aus einer Demütigung nach der anderen bestanden.
Doch nun begann er zu sehen, dass er all das gebraucht hatte; dass all das so vorherbestimmt gewesen war.
„All dein Leid, deine Unabhängigkeit, dein Kampf, deinen Weg zu finden“, fügte seine Mutter hinzu. „Das war mein Geschenk an dich. Mein Geschenk, um dich stärker zu machen.“
Ein Geschenk, dachte Thor bei sich. Er hatte nie zuvor so darüber gedacht. Damals war es ihm wie das Gegenteil vorgekommen – doch nun, rückblickend, wusste er, dass es genau das gewesen war. Als sie die Worte aussprach, wusste er, dass sie Recht hatte. All die Widrigkeiten, denen er in seinem Leben begegnet war – sie alle waren ein Geschenk gewesen, das dabei geholfen hatte, ihn zu dem zu machen, was er geworden war.
Sie gingen weiter durch das Schloss. In Thors Kopf schwirrten unendlich viele Fragen an sie herum.
„Bist du real?“, fragte er.
Wieder schämte er sich für seine direkte Frage, und ertappte sich bei Stellen einer Frage, mit der er selbst nicht gerechnet hatte. Doch er verspürte ein brennendes Verlangen, es zu erfahren.
„Ist dieser Ort hier real?“, fügte er hinzu. „Oder ist all das nur eine Illusion, eine Schöpfung meiner eigenen Vorstellungskraft, wie der Rest dieses Landes?“
Seine Mutter lächelte ihn an.
„Ich bin so real wie du“, antwortete sie.
Thor nickte zufrieden.
„Du hast Recht, wenn du sagst, das Land der Druiden ist ein Land der Illusion, ein magisches Land in dir selbst“, fügte sie hinzu. „Ich bin sehr real – doch zur gleichen Zeit bin ich, genau wie du, ein Druide. Wir sind nicht so sehr an physische Orte gebunden wie die Menschen. Was bedeutete, dass ein Teil von mir hier lebt, während ein anderer Teil von mir an einem anderen Ort lebt. Darum bin ich immer bei dir, auch wenn du mich nicht sehen kannst. Druiden sind gleichzeitig überall und nirgendwo. Wir wandeln zwischen den Welten in einer Weise, wie es den Menschen nicht möglich ist.“
„Wie Argon“, sagte Thor, während er sich an Argons durchdringenden Blick erinnerte, und daran, wie er ebenso plötzlich wie er auftauchte, auch wieder verschwand. Auch er war zu jederzeit überall und nirgendwo.
Sie nickte.
„Ja“, antwortete sie. „Genau wie mein Bruder.“
Thor keuchte erschrocken.
„Dein Bruder?“, echote er.
Sie nickte.
„Argon ist dein Onkel“, sagte sie. „Er liebt dich sehr. Er hat dich immer geliebt, und Alistair genauso.“
Thor schwirrte der Kopf. Er war überwältigt.
Seine Stirn legte sich in Falten, als ihm etwas einfiel.
„Aber es ist anders für mich“, sagte er. „Ich fühle mich nicht so wie du. Ich fühle mich mehr an Orte gebunden. Ich kann nicht einfach wie Argon zwischen den Welten reisen.“
„Weil du zur Hälfte Mensch bist“, antwortete sie.
Thor dachte darüber nach.
„Jetzt bin ich hier, in diesem Schloss, Zuhause“, sagte er. „Das hier ist mein Zuhause, oder nicht?“
„Das ist es“, sagte sie. „Dein wahres Zuhause. So wie jedes andere Zuhause, das du in der Welt der Menschen hast. Doch Druiden sind nicht an das Konzept von ‚Heimat‘ gebunden.“
„Wenn ich also hier leben wollte, dann könnte ich das?“, wollte er wissen.
Seine Mutter schüttelte den Kopf.
„Nein“, sagte sie. „Denn deine Zeit hier im Land der Druiden ist endlich. Deine Ankunft war vorherbestimmt – doch du kannst dieses Land nur ein einziges Mal besuchen. Wenn du es verlässt, kannst du nie wieder zurückkehren. Dieser Ort, dieses Schloss, alles was du hier siehst, all das hier, was du so viele Jahre in deinen Träumen gesehen hast, all das wird verschwinden. Wie ein Fluss, der niemals derselbe sein wird.“
„Und du?“, fragte Thor, plötzlich ängstlich.
Seine Mutter schüttelte den Kopf.
„Du wirst mich ebenfalls nicht wieder sehen. Nicht so. Doch ich werde immer bei dir sein.“
Der Gedanke verstörte ihn.
„Aber ich verstehe es nicht“, sagte er. „Endlich habe ich dich gefunden, diesen Ort, meine Heimat. Und nun sagst du mir, dass ich nicht wieder hierher zurückkehren kann?“
Seine Mutter seufzte.
„Die Heimat eines Kriegers ist da draußen, in der Welt“, sagte sie. Es ist deine Pflicht, wieder hinauszugehen, anderen zu helfen, sie zu verteidigen, und ein immer besserer Krieger zu werden. Du kannst immer stärker werden. Kriegern ist es nicht bestimmt, an einem Ort zu bleiben, besonders nicht einem Krieger mit einem großen Schicksal wie du. Du wirst in deinem Leben großartigen Dingen begegnen: Großartigen Schlössern, einzigartigen Städten, außergewöhnlichen Völkern. Du darfst dich jedoch an nichts festklammern. Das Leben ist wie die Gezeiten, und du musst ihm erlauben, dich dorthin zu tragen, wo es dir bestimmt ist.“
Thor runzelte die Stirn, während er versuchte, ihre Worte zu verstehen. Es war alles zu viel auf einmal.
„Ich habe immer gedacht, dass meine große Suche vorüber ist, wenn ich dich erst einmal gefunden habe.“
Sie lächelte ihn an.
„So ist das Leben“, antwortete sie. „Uns werden große Aufgaben gegeben, oder wir entscheiden uns bewusst für sie – dann machen wir uns auf, sie zu erfüllen. Wir können uns niemals vorstellen, sie wirklich erfüllen zu können – und doch gelingt es uns irgendwie. Sobald es uns gelungen ist, erwarten wir, dass unser Leben zu Ende ist. Doch unser Leben steht gerade erst am Anfang. Einen Gipfel zu erklimmen, ist eine große Leistung – doch dieser Gipfel führt auch zu einem weiteren, noch größeren Gipfel. „
Thor sah sie überrascht an.
„So ist es“, sagte sie, als sie seine Gedanken las. „Dass du mich gefunden hast, führt dich zu deiner nächsten, noch größeren Aufgabe.“
„Welche andere Aufgabe kann es für mich geben, die grösser ist, als dich zu finden?“, wollte er wissen.
Sie lächelte ihn mit weisen Augen an.
„Du kannst dir nicht einmal ansatzweise vorstellen, welche Aufgaben noch vor dir liegen“, sagte sie.
„Manche Menschen werden für eine einzige Aufgabe geboren. Manche gar ohne. Doch du – Thorgrin – du bist mit einem Schicksal von zwölf Aufgaben geboren worden.“
„Zwölf?“, fragte er verblüfft.
