Lara, Jill & Lea - Ann Wesley Hardin - E-Book

Lara, Jill & Lea E-Book

Ann Wesley Hardin

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Beschreibung

Lara erforscht beruflich ein Thema, dem sie privat am liebsten aus dem Weg geht: Sex. An der Uni kann Lara frei über menschliches Sexualverhalten dozieren, ganz abstrakt, versteht sich. Doch als mit dem Journalisten Mark ein Adonis in ihr Leben platzt, sieht sie ihn zunächst als Inspiration ihrer Vibrator-Fantasien, nicht als potentiellen Liebhaber und Mann an ihrer Seite. Doch Mark verfolgt einen Plan, der mitten durch Laras Bett führt. Jill hat die Nase voll von ihrem Job, kündigt kurzentschlossen und begibt sich auf eine Anti-Frustreise. Aber statt ihre geraubte Beförderung und den Stress im Job hinter sich zu lassen, sitzt die Verkörperung des Übels direkt neben ihr im Reisebus: Ethan, der Sohn ihrer Rivalin, der sich auch keine schrecklichere Mitfahrerin vorstellen kann als die chaotische Jill. Schon bald wandelt sich ihre gegenseitige Abneigung, als die Schicksalsgöttin die beiden augenzwinkernd aneinanderkettet. Lea ist eigensinnig und hat schon immer ein Problem mit autoritären Typen wie diesem Coop, der es wagt, sie als Blondchen hinzustellen - schön, aber dumm. Auch in der Liebe weiß Lea, was sie will: eine feste Beziehung, aber auf Zeit - mit Verfallsdatum und ohne Verantwortung. Kann es sein, dass ausgerechnet Coop diese Pläne durcheinanderwirbelt?

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Seitenzahl: 508

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Jaci Burton | Shannon Stacey | Ann Wesley Hardin

LARA, JILL & LEA

Drei erotische Erzählungen

Übersetzt von Nadine Bunske

Jaci Burton

Lara

1. Kapitel

Wie bitte? Wer schickt Sie?« Lara war sich sicher, dass sie tiefrot anlief. Diese Benefizveranstaltung sollte doch anonym ablaufen. Der große, braungebrannte Muskelprotz vor ihrer Tür machte wohl Witze.

»Ich bin vom Super, Mann! – Sie sind doch Lara McKenzie?« Sie erinnerte sich an den Anruf dieser Zeitschrift vor ein paar Tagen, aber sie war so sehr mit ihrem Buch beschäftigt gewesen, dass sie überhaupt nicht zugehört hatte. Jetzt machte es klick. Irgendwas wegen einem Reporter, den sie schicken wollten. Aber sollte der nicht nächste Woche kommen? »Ich dachte, es geht um mein Buch.«

Er schürzte die Lippen zu einem teuflischen Lächeln, das ihre Knie mit Pudding füllte. »Nein, es geht um die Benefizveranstaltung.«

»Die ist keine Nachricht wert.«

»Natürlich ist sie das! Sie sind Erste geworden. Eine Riesenschlagzeile.«

Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Für sie war es der peinlichste Moment ihres Lebens.

Mr Sexy-zum-Umhauen zückte seinen Presseausweis. »Mark Whitman. Kann ich reinkommen und Ihnen ein paar Fragen zu Ihrem, ähem, Sieg stellen?«

Gütiger Himmel, wo war das nächste Loch, in das sie kriechen konnte? »Warum?«

Er hob eine dunkle Braue. Sie sah in seine whiskeyfarbenen Augen und wünschte sich, er würde wegen irgendwas vor ihrer Tür stehen, nur nicht wegen dieser Benefizgeschichte.

»Kennen Sie unsere Zeitschrift?«

»Nein.«

»Glauben Sie mir: Was Sie da gemacht haben, ist der garantierte Renner.«

Na toll. Genau das wollte sie nicht hören. »Und wenn ich das Interview ablehne?«

Er hob seine breiten Schultern und lehnte sich in den Türrahmen. »Wir schreiben so oder so darüber und in dem Fall kommentieren wir selbst.«

Eine Welle der Peinlichkeit überrollte sie. Das wissende Lächeln in seinem Gesicht war Grund genug zu bereuen, dass sie an die Tür gegangen war.

»Das muss Ihnen nicht peinlich sein«, fügte er hinzu. »Es war für einen guten Zweck.«

»Was würden Sie davon halten, wenn die Sache nun andersherum wäre und Sie mir ein Interview über … nun, dieses Thema geben müssten?«

Er zuckte mit den Schultern, kein Stück verlegen. »Ich bin ein Mann. Wir protzen ständig mit unserer Stamina.«

Lara blies die Luft aus den Wangen. Wessen Schuld war es denn, dass sie an diesem blöden Wettbewerb teilgenommen hatte?

Nancy war schuld! Sie beschloss, ihre beste Freundin umzubringen. Vielleicht war sie betrunken gewesen, als sie zugesagt hatte. Dummerweise hatte sie tatsächlich jede Menge Erfahrung auf diesem Gebiet. Außerdem war ihr klar, dass sie dem Frauenzentrum einen Haufen Geld beschaffen konnte. Nur hatte sie keine Ahnung gehabt, dass man die Ergebnisse veröffentlichen würde.

»Kann ich reinkommen oder sollen wir das Interview hier machen?«

»Mein, äh, mein Sexleben ist privat.« Ja, klar. Sex und ihr Leben hatten absolut nichts miteinander zu tun. Aber Mr Heiß-wie-die-Hölle wusste das ja nicht.

»Warum waren Sie dann bei der Benefizveranstaltung, wenn es so privat ist?«

Sie gab sich geschlagen. Vielleicht würde der Artikel ja helfen, ihr Buch zu verkaufen. Lara trat zur Seite und Mark spazierte herein. Sein Blick schweifte durch ihr Wohnzimmer. Dass er ihr vermülltes Haus begutachtete, machte es für sie nur noch peinlicher. Dieser Kerl kam sicher aus New York. Das hier war Provinz-Pennsylvania. Sie bewohnte ein winziges gemietetes Haus voller billiger alter Möbel. Jeder einzelne der zusammengewürfelten Tische im Zimmer war mit Notizen übersät.

»Entschuldigen Sie die Unordnung. Ich war gerade beim Umräumen.«

»Sie sind nervös«, bemerkte er, während er beiläufig eine Zeitschrift zur Seite räumte. Er setzte sich auf ihr hässliches braun-orange geschecktes Sofa und zog einen Laptop aus dem Rucksack.

»Ich und nervös? Wohl kaum.« Sie schob sich eine ausgebüxte Locke hinters Ohr und hoffte, dass sie nicht so aussah, wie sie sich fühlte. Wenigstens hatte sie sich morgens die Zähne geputzt. Und die karierte Pyjamahose und das »Penn State«-T-Shirt bedeckten zumindest ihren Körper, auch wenn sie nicht zusammenpassten. Sie seufzte und ließ sich in den Stuhl neben dem Sofa fallen.

Warum sorgte sie sich überhaupt um ihr Aussehen? Ein Kerl wie Mark Whitman würde jemanden wie sie ohnehin nie attraktiv finden.

Mark lächelte, und von seinem Mund wich ihr Blick zu seinen leuchtenden Augen. Sein pechschwarzes Haar wellte sich leicht. Abgetragene Jeans umschlangen seine langen Beine, und das schwarze T-Shirt zeigte seine breite Brust.

War das nicht wieder mal typisch? Mark Whitman war die Verkörperung ihrer Fantasien. Der Mann, den sie vor Augen hatte, wenn sie ihre Bücher schrieb, an den sie dachte, wenn sie nachts allein im Bett masturbierte und sich wünschte, die Fantasien wären Wirklichkeit.

»Bereit?«, fragte er.

Nein. »Na klar.«

»Wie fühlt sich das an, wenn man im diesjährigen Masturbations-Marathon länger durchgehalten hat als alle anderen?«

Gleich würde sie sterben. Hier und jetzt. Nein. Zuerst würde sie Nancy umbringen. Dann würde sie sterben.

Sie machte auf nonchalant, wohl wissend, dass das furchtbar in die Hose ging. Die verräterische Hitze, die ihr den Hals hochstieg, machte ihre Verlegenheit nur allzu offensichtlich. »Es freut mich, dass ich so viel Geld für das Frauenzentrum sammeln konnte.«

»Ja, mhm«, sagte er, während er tippte. Wenigstens sah er sie nicht an. »Warum haben Sie überhaupt mitgemacht?«

Weil ich so gut darin bin? Sie würde tot umfallen, wenn sie das gestehen würde. »Wie gesagt, es war für einen guten Zweck.«

Er blickte auf und lächelte sie an, wobei er zwei hinreißende Grübchen präsentierte. Verdammt, verdammt, verdammt. Warum musste er so gut aussehen? Waren nicht alle Reporter alt und ungepflegt und hatten eine Glatze?

»Wie oft masturbieren Sie?«

Das war ein Witz. Oder? »Das geht Sie wirklich nichts an.«

Seiner Kehle entfuhr ein Lachen. Dunkel und sexy und voller Sünde. Sie konnte sich vorstellen, wie er diese Geräusche in ihrem Ohr machte, während sie verschlungen waren in … okay, nicht gut. Regel Nr. 1: Stell dir Mark Whitman nicht als potenziellen Sexpartner vor. Aber in der Fantasie? Oh ja! Heute Nacht war er bei ihr im Schlafzimmer. Definitiv.

Er lehnte sich auf dem Sofa zurück. Laras Augen wurden groß, als sie bemerkte, dass sie genau dort ihre Wäsche zusammengelegt hatte. Ihre violetten Höschen lagen direkt hinter ihm.

»Sie haben an einer Benefizveranstaltung teilgenommen, bei der es darum ging, wie viele Stunden man masturbiert, und Sie haben gewonnen. Meine Liebe, es ist öffentlich bekannt, wie oft Sie es in einem Monat getan haben! Ich frage nur, ob das die übliche Häufigkeit war oder ob Sie in dieser Zeit, sagen wir, Ihren Durchschnitt erhöht haben.«

Gut, da war was dran. Nur hatte sie sich darauf konzentriert, wie er »meine Liebe« gesagt hatte. Dass es ihm über die Zunge rollte wie ein Kosename, den sie niemals zu oft hören konnte.

Reiß dich zusammen, Lara. »Täglich.«

Einer seiner Mundwinkel ging nach oben. »Tatsächlich?«

»Ja.« Sie untersuchte ihre Hände. Sollte wirklich mal zur Maniküre. Vielleicht auch noch zur Pediküre. Sie dachte daran, dass sie Brot auf die Einkaufsliste setzen musste. Und Katzenfutter. Wo war diese blöde Katze überhaupt? Ach ja. Sie hatte gar keine Katze.

»Ich fasse es nicht, dass Ihnen das peinlich ist.«

Klar, er hatte gut reden. »Wie oft masturbieren Sie denn?« Mal sehen, ob er es mochte, wenn man den Spieß umdrehte.

»Täglich. Es sei denn, ich habe eine Freundin, die jede Menge Sex mag.«

»Mögen Sie jede Menge Sex?« Sie duckte sich, doch die Frage war schon herausgeplatzt. Vielleicht hatte sie Glück und würde gleich implodieren, um diesem demütigenden Gespräch ein Ende zu machen. Er stellte den Laptop zur Seite und lehnte sich zurück, den Kopf auf ihrer Unterwäsche. Himmel, sie musste ordentlicher werden.

»Ehrlich gesagt, ich liebe Sex. Jeden Tag, jede Stunde, soviel ich nur kriegen kann. Es ist nur schwer, eine Frau zu finden, die es genauso will.«

Vielleicht war die Klimaanlage kaputt. Irgendeinen Grund musste es doch geben für den Schweiß, der sich zwischen ihren Brüsten sammelte. Seine Bemerkung hing zwischen ihnen in der Luft wie draußen die Julifeuchtigkeit: dicht und beinahe greifbar. Sie wollte die Hand ausstrecken und seine Wörter berühren, ihn berühren.

Aber sie war nicht eins von diesen Mädchen. Sonst hätte sie weniger Vibratoren und mehr richtigen Sex. Jeden Tag, jede Stunde, soviel sie nur kriegen konnte.

»Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich so offen über Sex rede?«

Natürlich machte es ihr etwas aus. Sah er etwa nicht, dass sie drauf und dran war, in einer Pfütze heißer Ausdünstungen zu ertrinken? »Nein, überhaupt nicht. Ich schreibe ja schließlich darüber.«

Er nickte. »Natürlich. Sie sind Autorin. Erzählen Sie mir von Ihren Büchern.«

»Sie würden sich sicher langweilen.«

»Eher nicht. Ich bin Journalist, schon vergessen? Ich lebe für das gedruckte Wort. Sachbücher über Sex schreiben Sie, stimmt’s?«

»Also, das ist eine grobe Vereinfachung für ein unerschöpfliches und kompliziertes Thema. Ich schreibe Bücher über die weibliche Sexualität.«

»Okay, ich wusste, es war was in der Richtung. Mein Redakteur gab mir ein paar Bücher von Ihnen, ich hatte nur keine Zeit, sie alle zu lesen. Könnten Sie mir eine grobe Zusammenfassung geben?«

Ein grunzendes Geräusch platzte aus ihr heraus, ohne dass sie das wollte.

Er hob eine Braue und fragte: »Gibt’s was zu lachen?«

»Verzeihung. Ja und nein. Ich werde oft um eine Zusammenfassung meiner Bücher gebeten. Aber sie sind wirklich zu komplex.

»Ich bin sicher kein Schwachkopf, Miss McKenzie.«

»Können wir uns duzen?« Schlimm genug, dass sie sexmäßig nicht in seiner Liga spielte. Dass er sie auch noch wie ein Hausmütterchen behandelte, war total erniedrigend.

»Okay, Lara. Dann erzähl mir doch ein bisschen über deine Bücher, so ausführlich wie du magst.«

»Ich will deine Zeit nicht unnötig beanspruchen, Mark.«

»Meine Zeit ist ganz die deine.«

Es sah so aus, als meinte er es ernst, aber so hatte es auch schon bei vielen anderen ausgesehen. Nur hatte sie dann später herausgefunden, dass es die Sex-Expertin war, die sie ins Bett kriegen wollten. Sie war es dermaßen leid, nur ausgenutzt zu werden.

Eines Tages würde sie einen Mann finden, der sie um ihrer selbst willen wollte. Vielleicht.

»Okay. Wie gesagt, schreibe ich über die weibliche Sexualität. Dabei geht es um mehr als nur die biologischen Funktionen. In meinen Büchern untersuche ich den Wandel der weiblichen Sexualität von den frühen Fünfzigern bis heute.«

»Und wie sieht dieser Wandel aus?«

»Die Frauen haben die alten Konventionen über Bord geworfen, nach denen sie nur dalagen, während der Mann abging. Heute können sie einfordern, was sie wollen, und ihren Partnern zeigen, wie sie befriedigt werden möchten. Im Grunde geht es bei der in meinen Büchern so hochgepriesenen neuen Sexualität um nichts weiter, als dass die Frauen erfahren, wie sie mit ihren Männern kommunizieren sollen.«

Er sah sie an und nickte. »Das finde ich prima. Ich kann dir nicht sagen, wie oft mir eine Frau diesen enttäuschten Blick gezeigt hat und ich mich hilflos fühlte, weil ich sie nicht dazu bringen konnte, offen darüber zu reden, was ihr gefällt.«

»Hast du denn nachgefragt?«

»Jedes verdammte Mal! Hast du eine Ahnung, wie viele Frauen Angst davor haben, sich gehen zu lassen?«

»Leider viel zu viele.«

»Aber warum denn? Da haben wir zwei Menschen. Ich meine, die Chemie zwischen ihnen ist fantastisch. Und wie du weißt, ist auf die Biologie beim Mann Verlass. Steckt er seinen, äh, Sie wissen schon … du …«

»Du kannst drauflosreden, Mark. Ich habe schon alles gehört.«

»Okay. Solange der Mann also keine Störung hat, kommt er auch beim Sex. Aber der Körper einer Frau ist so was von rätselhaft, dass wir eine Bedienungsanleitung brauchen, um sie kommen zu lassen.«

Sie lehnte sich nach vorn und war in ihrem Element. So schnell feuerte ihr Gehirn mit Worten, dass sie kaum Zeit hatte, diese auszusprechen. Hier fühlte sie sich sicher. »Der Klassiker. Leider. Frauen ringen jahrelang mit sich, um den Mut zu finden und einem Mann zu sagen, wie er sie zum Höhepunkt bringt. Vom Zeigen ganz zu schweigen.«

»Puh, das wäre mal was«, sagte er mit einem Leuchten in diesen großartigen Augen. »Das wäre nicht nur erhellend, sondern heiß wie die Hölle.«

»Und wie. Für dich und deine Partnerin.«

Lara hatte das Gefühl, die vorhin herbeigesehnte Implosion stehe kurz bevor. Mark Whitman hatte ihre Libido dermaßen angeheizt, dass ihr angst und bange wurde. Sie hatte schon oft mit ihren Kollegen und Studenten, manchmal sogar bei Lesungen, so offen über Sex gesprochen. Alle wollten wissen, wie sie ihr Sexleben aufpeppen konnten.

Sie hatte es ihnen erklärt. Oft sehr explizit. Aber keine dieser Unterhaltungen hatte sie scharf gemacht.

Doch diese hier machte sie scharf. Und zwar gewaltig.

Ihre Gedanken wollten einfach nicht nüchtern bei der Sache bleiben. Sie schweiften ab auf gefährliches Terrain. Zum Beispiel, wie sie Mark demonstrieren könnte, wie sie am liebsten kam. Detailgetreu, nackt und mit Spielsachen.

Sie leckte sich einen Schweißfilm von der Oberlippe und wagte nicht, die Arme zu heben, weil sie wusste, dass man dann die feuchten Flecken sehen konnte. Dabei war sie stark versucht, die Zeitschrift vom Tisch neben ihr zu nehmen, um sich etwas Luft zuzufächern. Was sie brauchte, war eine Dusche, gefolgt von einem ordentlichen Orgasmus, denn was hier ablief, war nicht gut. Gar nicht gut. Das war kein schlichtes Fachgespräch, was sie mit Mark da führte. Das war Vorspiel!

»Ähem, sonst noch Fragen?« Bitte sag nein und verschwinde aus meinem Haus, bevor ich mich völlig blamiere.

»Schon, wenn es dir nichts ausmacht. Falls du viel zu tun hast, kann ich auch später wiederkommen.«

»Ja, das wäre gut. Nein, warte.« Mist. Sie wusste nicht, was schlimmer war: ihn hier zu behalten, damit er sie weiter quälte, oder ihn noch einmal kommen zu lassen und alles von vorne durchzumachen.

Sie brauchte Zeit, um ihre Gefühle und vor allem ihre wild gewordene Libido in den Griff zu kriegen.

Er sah sie fragend an. Wie es aussah, wartete er auf eine Antwort von dieser Verrückten, die sich nicht entscheiden konnte.

»Falls das okay ist, könnte ich dich heute Abend zum Essen einladen«, sagte er, zweifellos, um das peinliche Schweigen zu beenden.

»Essen?« – Oh Gott, klang ihre Stimme wirklich so hysterisch?

»Ja, Essen. Du weißt schon, man geht an einen Ort, wo einem andere Menschen Essbares servieren. Du gehst doch sicher ab und zu aus?«

Nicht in diesem Jahrtausend. »Äh, klar. Ich glaube nur nicht, dass, na ja, ich weiß nicht, ob wir …«

»Kein Problem, wenn du keine Lust hast. Wir können die Sache auch jetzt abschließen. Dann bist du mich los.«

»Nein!« Himmel, wie peinlich ungeschickt sie in solchen Dingen war. »Essen passt gut. Ist sieben okay?«

»Sicher. Du müsstest ein Restaurant aussuchen, weil ich mich hier nicht auskenne, und ich hole dich ab.«

Sie sah zu, wie er seinen Laptop einpackte, und hoffte, dass ihm keines ihrer Höschen an der Kleidung hängenblieb, oder, schlimmer noch, am Kopf.

Als sie ihn zur Tür brachte, überkam sie Panik. Sie war mit Mr Sexy-Popo verabredet. Und da stand sie nun, kariert und kümmerlich. War sie übergeschnappt?

Nein, Moment: Es war kein Date, sondern ein Interview. Manchmal staunte sie selbst über ihre Fantasie.

»Also dann, bis um sieben.«

Sie nickte und öffnete ihm die Tür.

»Oh, und Lara?«

»Ja?«

Sein Blick schweifte zum Sofa, auf dessen Lehne ihre Höschen hingen, und dann zurück zu ihr. Hitze wärmte seine Augen, verdunkelte sie. »Violett gefällt mir.«

2. Kapitel

Ihr war klar, dass sie nichts zum Anziehen hatte. Der Großteil ihrer Garderobe bestand aus Jeans, Jogginghosen und Pyjamas. Außerdem noch Hosenanzüge oder lange Röcke für berufliche Termine oder Vorlesungen an der Uni.

Aber für einen Abend mit einem sexy Mann? Für dieses Szenario gab ihr Kleiderschrank, wie’s aussah, absolut nichts her. Zum Glück hatte sie Nancy, die sie panisch angerufen hatte, sobald Mark verschwunden war. Nancy, die sie eigentlich umbringen würde. Später. Im Moment stand sie vor einem Haufen von Nancys Kleidern in ihrem Schlafzimmer.

»Kleider? Du bringst Kleider mit? So was trage ich nicht, Nance.«

Nancy blickte spitzbübisch drein. Dann versuchte sie, ernst zu bleiben. »Heute Abend schon. Erzähl mir von ihm. Wie umwerfend ist er?«

Lara seufzte und strich mit den Fingern über die violette Seide eines Sommerkleides, das angenehm anziehend wirkte. »Mehr als umwerfend. Weit außerhalb meiner Reichweite.«

Nancy stöhnte. »Keiner ist außerhalb deiner Reichweite, meine Süße.«

»Wetten? Du weißt, wie es bei mir mit Männern läuft, Nance.«

Lara wich vor Nancys wedelndem Finger zurück. »Daran bist du selbst schuld. Du hast eine Menge zu bieten. Du weißt es nur nicht. Du bist schön und intelligent, hast einen schlauen Humor, und die Typen gucken dir ständig hinterher.«

»Ja, klar. Das wäre mir neu, dass mir Typen hinterherschauen. Die sehen immer nur dich an.« Und welcher Mann würde das nicht? Nancys perfekter Körper, ihr kurzes, pechschwarzes Haar, ihre umwerfenden blauen Augen – welcher Kerl nahm da schon Notiz von Lara, die neben ihr stand?

»Das kommt daher, dass du die Zeichen nicht registrierst. Für jemand, der behauptet, so viel über das andere Geschlecht zu wissen, bist du die totale Null, wenn du erkennen sollst, ob sich einer für dich interessiert.«

»Du spinnst. – Aber ich mag dich trotzdem. Und schlimmer noch: Ich brauche dich. Was soll ich bloß anziehen?«

Nancy dehnte ihre Lippen zu einem bösen Grinsen, das Lara wachsamer werden ließ. »Etwas, das scharf und sexy aussieht.«

»Geschäftsessen, kein Auftakt zur Verführung.«

»Das wäre durchaus drin, wenn du nur wolltest.«

»Vergiss es, Nance. Er ist Reporter und nur wegen einer Geschichte über diesen idiotischen Masturbations-Marathon hier, zu dem du mich gezwungen hast. Danach zischt er wieder ab.«

»Oh, aber du bist so gut im Masturbieren, Lara. Ich war mir sicher, du machst das mit links.«

Sie konnte nicht anders. Ein Blick auf Nancys unschuldigen Augenaufschlag, und Lara prustete los. »Hach, danke. Glaube ich zumindest. Lass mich nicht vergessen, dir in Zukunft weniger Persönliches zu erzählen.«

Nancy zog das violette Sommerkleid aus dem Haufen und hielt es vor Lara. »Hey, du bist die Sex-Expertin, nicht ich. Was kann ich dafür, dass wir uns kennen, seit wir fünf sind, und uns jedes schmutzige Detail aus dem Privatleben erzählen, Sex inklusive? Oder sollte ich sagen: mangelnder Sex?«

Lara ließ ihre Hand über den sündhaft weichen Stoff des Kleides gleiten und schüttelte den Kopf. »Nur bei mir. Du kriegst jede Menge davon.

»Weil ich die Zeichen verstehe, die die Männer aussenden. Du hättest auch mehr Sex, wenn du deinen Kopf aus den Büchern heben und dich auf das Wesentliche konzentrieren würdest.«

Das Wesentliche? Sex? Pfff. Auf dieser Baustelle hatte sie kein Glück. Sie hatte es schon versucht und war kläglich gescheitert.

Außerdem hatte sie ja jede Menge Sex. Nur eben von der selbstgemachten Sorte. Und sie war gut darin. Verdammt gut. Hach, als könnte man sich etwas darauf einbilden, Masturbations-Expertin zu sein. Wie erbärmlich.

Eine Stunde später trug sie Seide, die ihren Körper viel zu eng umspielte.

Musste es denn violett sein? Sie hätte ein anderes nehmen sollen. Mark mochte Violett, hatte er gesagt, auch wenn das eine blöde Anspielung auf die Höschensache gewesen war. Er sollte nicht denken, sie hätte das Kleid ausgesucht, um Eindruck zu schinden.

Nicht, dass er von irgendetwas zu beeindrucken wäre, ganz gleich, was sie tragen würde.

Nancy, die beschlossen hatte, noch etwas herumzulümmeln, um einen Blick auf Mark zu erhaschen, erklärte sie für »absolut umwerfend«.

Lara fühlte sich einfach nur blöde und verkrampft herausgeputzt. Außerdem hatte Nancy darauf bestanden, ihr Haar mit einer Spange hochzustecken und ihre langen Locken über den Rücken fallen zu lassen.

Bäh. Mit einem Zopf würde sie sich wohler fühlen, dann würde ihr da nichts auf die Nerven gehen, aber wenn Nancy sich was in den Kopf gesetzt hatte, half kein Streiten mehr.

Als es an der Tür klopfte, rutschte Lara das Herz in die nicht mehr vorhandene Hose.

»Mach nicht auf«, sagte sie, als Nancy zur Tür gehen wollte. »Ich hab’s mir anders überlegt. Ich will doch nicht gehen.

Nancy rollte mit den Augen. »Feigling. Du gehst auf jeden Fall, also spar dir das Versteckspiel. Ich würde dich gleich wieder hervorzaubern.«

Nancy schenkte Mark ihr strahlendstes Lächeln, als sie die Tür öffnete, ihm die Hand schüttelte und ihn einließ. »Hey, hallo, du bist also Mark. Ich bin Nancy, Laras beste Freundin.«

»Hey, hallo zurück, Nancy.« Mark grinste.

Noch immer in derselben Jeans, die aussah, als wäre sie weich wie eine Babydecke, trug Mark jetzt ein weißes Hemd, das seine tolle Bräune voll zur Geltung brachte. Die Temperatur im Zimmer stieg um mindestens zehn Grad, und Lara war froh, dass das Kleid keine Ärmel hatte.

Nancy, die sich grundsätzlich unter Männern wohl fühlte wie ein Fisch im Wasser, verwickelte Mark in eine leichte Plauderei, die in Laura den Wunsch aufkommen ließ, mehr vom Quasseltalent ihrer Freundin zu haben.

Oh ja, die beiden gingen ab wie alte Freunde. Vielleicht könnte ja Nancy mit ihm ausgehen … 

»Du siehst toll aus«, sagte er, als er sie endlich bemerkte, obwohl sie sich alle erdenkliche Mühe gab, mit den Möbeln zu verschmelzen.

»Danke.« Sie räusperte das Krächzen aus ihrem Hals.

»Ach, was für ein bezauberndes Paar ihr abgebt«, stellte Nancy fest, und sah dabei so zufrieden aus, als hätte sie persönlich ein Blind Date für Lara arrangiert.

Lara warf ihr einen wütenden Blick zu und wandte sich an Mark. »Fertig?«

»Sicher. Geh’n wir. Hat mich gefreut, Nancy.«

»Mich auch, Mark. Viel Spaß, Liebes«, sagte sie auf dem Weg zur Tür zu Lara.

»Danke, Mami«, flüsterte diese, als sie ihre Freundin umarmte. »Willst du wirklich nicht mitkommen?« Bitte sag ja.

»Keine Chance. Ich hab’ heut’ Abend selber ein heißes Date!« Nancy zwinkerte, warf die Tür zu und rannte zu ihrem Auto, während Mark sie zu seinem führte.

Heißes Date. Und wie. Mark würde sich so dermaßen langweilen, dass er sie nach einer Stunde wieder zu Hause absetzte.

Ihrem Vorschlag, ein Steakhouse im Zentrum zu versuchen, stimmte Mark bereitwillig zu. Als sie in einer Nische des Restaurants Platz genommen hatten, wartete sie darauf, dass er seinen Laptop herauszog und das Interview fortsetzte.

»Hübsch hier«, sagte er.

»Finde ich auch.« Kann ich jetzt gehen?

»Isst du oft hier?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Manchmal. Ich gehe nicht oft aus.«

Er hob eine Braue. »Warum nicht?«

Weil ich keinen zum Ausgehen habe und mich außerdem auch niemand einlädt. »Hm, zu viel Arbeit mit der Forschung.«

»Sex-Forschung?«

Musste er sie so angrinsen? Seine Augen strahlten eine Wärme aus, auf die sie nicht vorbereitet war. »Ja, Sex-Forschung.«

»Ist deine Forschung rein akademischer Natur oder beinhaltet sie auch, ähem, praktische Übungen?«

Sie spuckte den Sprudel zurück ins Glas. Ganz und gar nicht damenhaft. Während sie sich fragte, wie lange dieses so genannte Interview noch dauern würde, sagte sie: »Natürlich gehören zu dieser Forschung auch praktische Übungen.«

»Das heißt, du gehst viel mit Männern aus?«

Lara konnte sich das Lachen nicht verkneifen. »Eher nicht.«

»Also ein fester Freund?«

»Gewissermaßen.«

Sie grinste hinter ihrem Glas.

»Wohnt er hier in der Nähe?«

»Ja.«

»Wie heißt er?«

»Warum willst du das wissen?«

Mark hob seine beeindruckenden Schultern. »Ich dachte nur, wir könnten ihn im Artikel erwähnen.«

»Das bezweifle ich.«

»Dann wenigstens den Vornamen?«

»Bob.« Nancy würde sterben, wenn Lara ihr erzählte, was sie Mark da enthüllt hatte.

»Ein Glückspilz, dieser Bob.«

Ein Charmeur, und zwar vom Feinsten. »Danke.«

»Hilft er dir also bei der Forschung für deine Bücher?«

Sie sollte ihm unbedingt sagen, wer Bob war, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden, noch persönlicher zu werden. »Ja, ausgiebig.«

»Ein Riesen-Glückspilz.«

»Nun, hast du noch Fragen für deinen Artikel?« Soll heißen: Raus aus meinem Privatleben, Mr Süßholz, und zurück zum Thema.

Er wusste es auch, dass er abgelenkt hatte. Sie sah es in seinem verschmitzten Grinsen.

Die restliche Zeit des Essens sprachen sie über Laras Werdegang und ihre Veröffentlichungen. Themen, für die sich Lara natürlich interessierte. Im Gegensatz zu ihrem Sozialleben, welches so was von nicht vorhanden war, dass es eine Unterhaltung schlagartig zum Erliegen brachte.

Als er die Rechnung bezahlte, war sie mehr als startklar für die Rückkehr in ihr kleines Loch, wo sie sich vor der Welt verkriechen konnte. Sie konnte gar nicht schnell genug heraus aus seinem Wagen. Dummerweise fühlte sich Mr Sexy-Ritter verpflichtet, sie zur Tür zu bringen. Bitte, sie waren hier in Provinz-Pennsylvania und nicht auf den Straßen von New York. Eine Eskorte zur Tür war wirklich nicht nötig.

»Vielen Dank für das Essen«, sagte sie, während sie ihre Handtasche nach den Schlüsseln durchwühlte und versuchte, ihn nicht anzusehen. Sein Bild bliebe ohnehin für eine Ewigkeit in ihre Speicherblöcke eingebrannt, wenn er schon längst verschwunden war.

Sie konnte es kaum erwarten, reinzugehen und das zu tun, was sie den ganzen Abend über gern mit ihm getan hätte. Schade nur, dass er nicht dabei sein würde.

»Gern geschehen. Danke, dass du dem Interview zugestimmt hast.«

Solange sie ihn nicht ansah, würde er offenbar nicht gehen. Sie drehte sich um, lächelte und streckte die Hand aus. »Hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Mark.«

Er neigte den Kopf zur Seite und wirkte ein bisschen verwirrt. Dann lehnte er sich nach vorn, sein Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt.

Oh nein. Oh Gott, nein! Er würde doch nicht … oder doch? Auf keinen Fall. Sie war überhaupt nicht sein Typ. Er war scharf und sexy, und sie war eine Vogelscheuche. Sie kämpfte gegen die Panik an, während die Gedanken rasten. Er neigte seinen Kopf dem ihren entgegen, und sein Atem strich über ihre Wange.

Und dann jagte er ihr einen Heidenschreck ein, indem er ihre Lippen mit seinen Lippen streifte. Sein weicher Mund, eine lockende Qual.

Ihre Zehen richteten sich auf, ihr Herz schlug so laut, dass sie sicher war, er würde hören, wie es gegen ihre Rippen pochte. Frauen wie ihr passierte so etwas einfach nicht. Männer wie Mark Whitman küssten keine langweiligen, verhaltensgestörten Hochschuldozentinnen.

Er tat es aber doch. Voll auf die Lippen, sein Atem erinnerte an den Wein, den sie beim Abendessen getrunken hatten. Sein Mund war weich und strich unheimlich sanft über den ihren.

Sie konnte nicht atmen. Wann war sie das letzte Mal geküsst worden?

Verdammt. So einen Kuss hatte sie noch nie bekommen. Zwei Münder berührten sich, und sie war infarktgefährdet.

So schnell, wie es begonnen hatte, war es vorbei. Lara musste sich erst sammeln. Sie hatte sich regelrecht auf ihn gelehnt und vermisste seine Wärme.

Er grinste und sagte: »Nacht, Lara. Viel Glück für dein nächstes Buch.«

Sie sah ihm hinterher und fühlte sich plötzlich wie Ilsa in Casablanca beim Abschied von Rick. Der sehnsüchtige Ach-könnte-es-doch-nur-anders-sein-Blick stand ihr noch im Gesicht, als Mark schon längst abgefahren war.

Was war sie doch für eine Idiotin!

Nachdem sie ins Haus geschlüpft war und die unbequemen Schuhe weggeschleudert hatte, ging sie schnurstracks ins Schlafzimmer.

Aschenputtels Abend war vorbei. Sie hängte Nancys Sommerkleid an den Bügel und schlüpfte in ihre weiten Shorts und ein T-Shirt.

Ein Glück hatte dieses Martyrium nun ein Ende. Doch Marks Kuss brannte noch immer auf ihren Lippen, und sie fühlte sich geil, verwirrt und vollkommen dämlich. Wie alt war sie denn? Vierzehn?

»Du bist ein Trottel, Lara. Du musst dringend öfter ausgehen. Das ist ja grauenhaft, wie gestört du bist.« Und jetzt redete sie auch noch mit sich selber. Eine Gewohnheit, die zu viel Alleinsein mit sich brachte.

Sie ließ sich am Schreibtisch niederplumpsen und schaltete frustriert seufzend den Rechner an. Der Prozessor war nicht das Einzige, was hier heiß lief.

Warum konnte sie nicht sein wie andere Frauen? Sie ging auf die Dreißig zu. Sie war gebildet, kannte sich aus mit Sex, aber hatte den sexuellen Erfahrungsschatz eines Teenagers. Sogar weniger, falls ihre Recherchen stimmten. Ihre wenigen Ausflüge ins Land der Sex-Eskapaden waren einer nach dem anderen in die Hose gegangen.

Währenddessen zischten umwerfende, sexy Männer wie Mark Whitman durch ihr Leben wie Schneestürme.

Wieder einen vermasselt, Lara, und dir bleibt nichts als ein Vorgeschmack darauf, was alles möglich wäre.

Die Arbeit am Bildschirm verschwamm vor ihren Augen, so entflammt war ihr Körper von einem Küsschen auf den Mund.

Es hatte keinen Sinn zu warten, wenn es sie so trieb.

Zeit für Bob und ein bisschen Erleichterung.

Sie schob sich vom Schreibtisch weg, ging ins Schlafzimmer und ließ sich aufs Bett fallen. Dann streifte sie T-Shirt und Shorts ab und griff in die Schublade des Nachtschränkchens. Gerätschaften in jeder erdenklichen Gestalt, Größe und Beschaffenheit ließen an eine überquellende Spielzeugkiste für Perverse denken. Sie kicherte und umfasste Bob den Großen mit der Hand.

Sie ließ sich in die Kissen sinken, schloss die Augen und stellte sich Mark vor. Sein Gesicht, sein Körper nahmen deutlich Gestalt an. Aber dieses Mal stand er nicht einfach da und grinste sein sexy Grinsen. Dieses Mal stand er am Fuß des Bettes und fing an sich auszuziehen.

Sie stellte die Füße flach aufs Bett und spreizte die Beine. Als sie Bobs Schalter umlegte und er surrend zum Leben erwachte, musste sie lächeln. Schon der Klang ihres Lieblingsvibrators brachte ihren Saft zum Fließen.

Nicht, dass er nicht schon während des Abendessens reichlich geflossen wäre. Als sie am Ende aus Marks Auto stieg, war ihr Höschen völlig durchtränkt. Doppeldeutige Diskussionen über Sex machten sie scharf. Diskussionen über Sex mit einem, der so heiß war wie Mark Whitman, brachten sie an den Rand der Explosion.

Die Unterlippe zwischen den Zähnen ließ sie Bob zwischen die Beine gleiten und ihn mit sanften Vibrationen ihre Klit kitzeln. Sie presste die Pobacken zusammen, so köstlich war dieses Gefühl, und mit schwingenden Hüften führte sie Bob ihren Schlitz entlang. Heißer Balsam strömte von ihrer Muschi in die Ritze ihres Hinterns. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal so feucht und so erregt gewesen war.

Sie wusste auch, warum. Bilder von Mark, der nackt vor ihr stand, schlichen sich in ihre Fantasien. Er hob eine dunkle Braue, kroch aufs Bett und hielt an ihren Beinen inne. In höchster Verzückung sah sie mit an, wie er abtauchte, Bob herauszog und seinen Mund fest auf ihr Geschlecht presste.

Sie kreischte auf vor Wollust, die ihren Körper durchströmte. Als er sie der Länge nach leckte, die Zunge tief in ihre Muschi steckte und ihren Balsam genoss, entfuhr ihr ein Stöhnen und sie schlug um sich, als stünde sie in Flammen und wollte der Hitze entkommen.

Doch sie wollte überhaupt nicht entkommen. Stattdessen schob sie Bob in ihre Falten und dachte dabei an Marks Schwanz. Dick und lang durchbrach er ihre enge Pforte mit einem schnellen Stoß und pflanzte ihn ihr ein.

Sie wusste, er würde ficken wie ein Wilder. Genau das, was sie wollte, was sie brauchte. Roh, entschlossen und versiert in der Kunst, eine Frau zu beglücken.

Sein Mund umfing den ihren, seine Zunge folgte den Bewegungen seines tief in ihr arbeitenden Schwanzes. Der Nervenknoten ihrer Klit explodierte, sie schrie auf, stieß in die Höhe, ihm entgegen, und klammerte sich fest, während sie auf einer Welle nach der anderen dahinritt, bis sie durchgerüttelt und erschöpft zusammensank.

Sie schaltete Bob aus, schloss die Augen und rang nach Luft. Das war gut. Sehr gut. Und trotz ihres unglaublichen Orgasmus war Sex mit dem Vibrator zum ersten Mal einfach nicht gut genug.

*

Geküsst. Warum, zum Teufel, hatte er sie geküsst? Mark schickte die E-Mail mit dem Artikel an den Super, Mann!, schaltete den Laptop aus und packte seine Sachen zusammen. Er hatte fast die ganze Nacht hindurch geschrieben und sofern er es beurteilen konnte, war das Ergebnis verdammt gut.

Jetzt konnte er den Familienkram hinter sich bringen. Es war ohnehin nur eine kurze Fahrt bis zu seinem Onkel. Er könnte genauso gut bei ihm übernachten und seinen Spesenvorschuss schonen.

Nicht, dass er so weit wie möglich von Lara McKenzie weg sein wollte. Sie war nur ein Interview, ein Mittel zum Zweck. Und der Zweck bestand in Geld und einem Vertrag mit der führenden Männerzeitschrift des Landes.

Nein, er hatte kein Interesse. Sie war überhaupt nicht sein Typ. Er stand nicht auf Rothaarige, bei denen das Hirn den Körper überragte. Er mochte gertenschlanke Blondinen, die auf Spaß und Spielereien ohne Verbindlichkeiten standen. Keine Intelligenzbestien wie Lara.

Die Karriere hatte für ihn absolute Priorität. Und falls dieser Artikel so gut ankommen sollte, wie er dachte, konnte er Lara dafür danken, ihm das Ticket für den Super, Mann! verschafft zu haben, das er schon seit Jahren wollte.

Sie war an diesem Abend so offensichtlich nicht in ihrem Element gewesen, dass es schon weh getan hatte. Beinahe hätte er sich dafür entschuldigt, sie zum Abendessen eingeladen zu haben. Für eine Frau, die von sich behauptete, eine Expertin in Sachen Sex zu sein, hatte sie keinen blassen Schimmer.

Aber da war etwas an ihr, das ihn anzog. Unschuld? Er hatte in seinem Leben selten eine Frau getroffen, die so ausgesprochen naiv war wie Lara. Miss Sexratgeberin hatte nicht eine Spur der Ahnung, die sie den Leuten vorgaukelte. Jedenfalls nicht in praktischer Hinsicht.

Der Kuss war für ihn eine Art Wiedergutmachung gewesen, weil er sie so gequält hatte. Das war sicher der Grund.

Der einzige Grund. Nur brannte seit dieser vollkommen unschuldigen Berührung ihrer Lippen etwas in ihm wie ein Buschfeuer in der Trockenzeit.

Vielleicht war er ja derjenige, der nicht mehr in seinem Element war. Er war an Frauen wie Lara nicht gewohnt. Ein Glück, dass er sie nie wiedersehen würde.

3. Kapitel

Mark presste das Handy ans Ohr und schob sich ins Gästezimmer, um dem Lärm seiner Verwandten zu entfliehen. Endlich war der Anruf gekommen, auf den er zwei Tage lang gewartet hatte. Jonathan Smitz, Chefredakteur vom Super, Mann!, meldete sich wegen seines Artikels über Lara McKenzie.

»Was hast du gesagt, Jonathan?«

»Der Artikel ist perfekt, Mark. Fantastische Arbeit.«

Mark grinste. Der Erfolg stand vor der Tür. »Freut mich, dass er dir gefällt, Jonathan.«

»Ich denke, wir sollten uns über einen Vertrag unterhalten.«

Er ballte triumphierend die Faust und versuchte, sich die Freude nicht anhören zu lassen. »Klingt gut. Ich habe ein paar Ideen für eine Kolumne, die dir gefallen könnten. Eine Art Männermeinung des Monats. Ich dachte, ich könnte …«

»Nein, nein, nein. Ich habe da schon einen Plan.«

Mist. Klang nicht gut. Aber zum Teufel damit, wenn jemand vom Super, Mann! von Verträgen sprach, hörte er zu. »Ich bin ganz Ohr.«

»Du und Lara McKenzie, ihr schreibt jeden Monat über gegensätzliche Positionen zur Sexualität.«

Seine Freude zerplatzte wie ein praller Luftballon. »Was?«

»Ich glaube, das wäre der Renner. McKenzies scharfsinnige Einblicke in die weibliche Sexualität und deine arrogante männliche Sicht: Ihr hättet Monat für Monat einen höllisch guten Streit. Beide Seiten der Medaille. Das lieben die Leser.«

Die Leser vielleicht, aber Mark hielt es für die schlechteste Idee, die er je gehört hatte. »Hör mal, Jonathan, Lara McKenzie wird da auf keinen Fall mitspielen.«

Hoffte er. Nein, er wusste es. Schon beim Interview war es gewesen, als hätte er versucht, sie zu einer Zahnwurzelbehandlung zu überreden. Und selbst danach war sie nicht gerade freimütig mit Informationen herausgerückt.

»Natürlich wird sie. Du musst sie nur überzeugen. Du kannst sie beispielsweise daran erinnern, wie viele Leser sie für ihre Bücher gewinnen wird.«

»Sie macht es nicht.«

»Sie macht es, wenn du sie überzeugst.«

»Ich müsste sie anlügen, ihr etwas auftischen, damit sie richtig scharf darauf wird.«

»Dann mach sie scharf drauf.«

Klar. Und wie machte man Dr. Lara McKenzie scharf?

Seinen Kuss hatte sie gemocht. Sie war anscheinend etwas gehemmt, was soziale Interaktion anbelangte. Vielleicht ging sie wirklich nicht so oft aus.

»Prima Idee«, sagte Jonathan.

Verdammt. Hat er das laut gesagt?

»Führ sie aus. Wein, Essen, zieh alle Register. Was auch immer du für nötig hältst, aber überzeuge sie.«

»Ich soll also für einen Vertrag alle meine Prinzipien verraten?«

Jonathan lachte. »Mark, ich kenne dich. Du hast keine Prinzipien. Und so hässlich kann sie gar nicht sein. Tu es einfach.«

»Ich weiß nicht.« Er musste Jonathan von Lara McKenzie weglotsen. »Jonathan, ich habe da ein paar Ideen für eine Kolumne, die dir wirklich gefallen könnten. Kann ich die mal kurz mit dir besprechen?«

Das Schweigen am anderen Ende der Leitung sprach Bände. Er saß fest.

»Hör mal zu, Mark. Du bist ein toller Autor, aber wir haben uns bereits entschieden. Entweder du holst Lara McKenzie an Bord oder wir müssen uns umorientieren.«

Sollte heißen: Der Vertrag wäre geplatzt. »Gut, ich werde sehen, was sich machen lässt.«

»Toll! Ruf mich an, wenn der Deal steht.«

Dann war die Leitung tot, und Mark fühlte sich ähnlich. Noch vor wenigen Sekunden war er im siebten Himmel gewesen. Jetzt wand er sich in einem finsteren Schlangenloch. Umwerfend. Er klappte das Telefon zu und warf es aufs Bett, noch nicht bereit, seinen aufgedrehten Verwandten zu begegnen. Ohnehin wäre er nun lieber zuhause in New York als in Nirgendwo, Pennsylvania.

Was noch schlimmer war: Er musste sich wieder mit Lara McKenzie treffen. Es gab eine Menge Gründe, weshalb er das ganz und gar nicht wollte. Doch der Schlüssel zu seiner Zukunft lag in ihren Händen und, ob er wollte oder nicht, er musste ihr Interesse wecken.

Bevor er sich an sie heranmachte, brauchte er einen Plan. Er musste sie dazu bringen, diese Artikel zu schreiben.

Vielleicht war eine kleine Romanze gar keine so schlechte Idee. Keine richtige Romanze – mit ihr wollte er das sicher nicht. Aber offenbar hatte seine Nähe sie verwirrt. Und wenn er eines mit Sicherheit sagen konnte, dann war das, ob eine Frau ihn anziehend fand oder nicht. Das sollte nicht heißen, dass er der Preishengst des Jahres war. Aber ein Mann, der die Empfänglichkeitssignale einer Frau nicht zu deuten wusste, konnte sich ja begraben lassen.

Er sah gar nicht so übel aus und besaß einen gewissen Charme. Er hatte immer genügend Dates gehabt. Er war also nicht abstoßend, und sie hatte angedeutet, dass ihr die Kerle nicht gerade die Tür einrannten. Allerdings gab es diesen Typen, Bob. Aber sie war da so schweigsam gewesen. Vielleicht hatte er eine Chance.

Lara McKenzie hatte Interesse an ihm. Hier konnte er ansetzen. Wenn es ihm gelingen würde, seine Anziehungskraft auf sie auszuspielen, ihr Vertrauen zu gewinnen und vielleicht sogar eine kleine Romanze anzufangen, würde sie alles für ihn tun.

Sein Magen krampfte sich zusammen wegen der Schuldgefühle. Okay, mies war, dass er sie anlügen musste. Er betrog Frauen nicht gern. Die Art von Frau, mit der er ansonsten unterwegs war, hatte kein Problem mit seinem Ich-will-mich-nicht-binden-Vortrag.

So eine Frau war Lara nicht, und deshalb würde er lügen müssen. Er hasste das, verdammt noch mal. Aber in diesem Fall musste es sein. Seine Karriere stand auf dem Spiel. Der große Wurf war zum Greifen nah. Und wenn er Lara dafür ein bisschen an der Nase herumführen musste, würde er sich später entschuldigen.

Er würde eben dafür sorgen, die Sache unbeschwert und nett zu halten, damit sie sich nicht zu sehr darauf einließ. Vielleicht müsste er bei ihr ein bisschen Zuneigung erzeugen, aber weiter würde er es nicht kommen lassen.

Bei dem abgeschiedenen Leben, das sie führte, würde sie sich wahrscheinlich auf jede Gelegenheit stürzen, ein bisschen rauszukommen und sich zu amüsieren.

*

Als es klopfte, nahm Lara an, dass es der Kurierdienst mit den bestellten Büchern war. Sie steckte gerade in einem zentralen Abschnitt ihres Buches und wollte nicht aufstehen. Er würde sie ohnehin dalassen.

Aber das Geklopfe nahm kein Ende. Mit einem Seufzer schob sie sich ihr widerspenstiges Haar aus den Augen und tapste zur Tür, in dem vollen Bewusstsein, dass ihre Jogginghose Löcher in den Knien und sie keinen BH unter ihrem Tanktop hatte. Dann würde sie wohl, dachte sie sich, dem Liefertypen den Kick des Tages besorgen.

Sie kicherte und riss die Tür auf – und bereute es sofort.

Oh Gott. Was wollte der denn jetzt hier? »Mark?«

Er grinste und lehnte sich an den Türrahmen, zu groß, zu männlich, zu verführerisch, zu sexy. »Und du hast gedacht, du würdest mich nie wiedersehen, stimmt’s?«

Dabei war er die letzten zwei Nächte ihre Lieblingsfantasie gewesen. »Nein, das stimmt. Warum bist du hier?«

»Darf ich reinkommen?«

Gutes Benehmen, Lara. »Na klar.«

Sie trat zur Seite und er streifte sie im Vorbeigehen. Sein Arm berührte ihre rechte Brustwarze. Die wurde hart. Natürlich nur an einer Brust. Jetzt sah sie deformiert aus. Und sie konnte sich schlecht am T-Shirt zupfen, ohne dass es aussah, als würde sie vor seinen Augen masturbieren wollen.

Sie verschränkte die Arme und folgte ihm ins Wohnzimmer.

Und wie das hier aussah! Zeitungen auf dem Boden, die letzte Wäsche wieder überall verstreut, die Möbel unter wissenschaftlichen Büchern begraben. Sie zog eine verdrießliche Miene. »Tut mir leid, das Dienstmädchen kommt heute später.«

»Sieht aus, als hättest du dasselbe wie ich.« Er zwinkerte und setzte sich neben ihre schmutzigen Socken aufs Sofa.

»Ähem, kann ich dir irgendwie behilflich sein, Mark?« Vielleicht noch mal zeigen, wo die Tür ist? Sie schnappte sich die Socken und warf sie unter einen Stuhl.

»Ich hatte doch erzählt, dass ich eine Weile in der Stadt bleibe?«

Tatsächlich? Offen gesagt, konnte sie sich nur bruchstückhaft an diesen hochpeinlichen Abend erinnern. Vielleicht hatte sie das Ganze einfach hübsch verdrängt. »Ich glaube schon.«

»Tja, es gibt bei uns ein Mal im Jahr diese Familienfeier, und dieses Jahr findet die bei meiner Tante und meinem Onkel statt. Die wohnen etwas östlich von hier, in Breckenridge.«

»Aha.« Brillante Antwort. Wo hatte sie eigentlich ihren Doktortitel her? Vom Discounter um die Ecke?

»Ich fand es da ziemlich langweilig und dachte mir, du hättest vielleicht Lust, etwas zu unternehmen. Ich brauche dringend Abwechslung, und da wir neulich so viel Spaß hatten, habe ich mir gedacht, ich könnte dich dazu verleiten, mit mir auszugehen.«

War das hier ein Paralleluniversum? Wen hatte er denn vorgestern kennengelernt? Ihre Doppelgängerin?

»Nein.«

Er machte große Augen. »Nein?«

»Nein. Danke, aber ich habe kein Interesse, mit dir auszugehen.«

Er runzelte die Stirn, als hätte sie auf Französisch geantwortet.

»Nein?«

Musste sie es ihm noch buchstabieren? Sie hatte ihn für schlauer gehalten.

»Nein. Ich stecke mitten in der Arbeit und habe keine Zeit für Verabredungen.«

Sein schockierter Gesichtsausdruck war unbezahlbar. »Du kannst mich nicht leiden?«

Oh, verdammt. Das war ihr noch nie passiert. »Natürlich kann ich dich leiden.«

»Warum willst du dann nicht mit mir ausgehen?«

Weil ich mich dann nur zum Affen mache. Sieh mich doch an! »Wie ich schon sagte, ich habe viel zu tun.«

»Es ist wegen Bob, stimmt’s?«

»Nein.«

»Dann ist das also nichts Festes?«

»Nein.« Das war natürlich gelogen. Sie war jede Nacht mit Bob zusammen, nur nicht so, wie Mark sich das dachte.

»Okay, ich verstehe. Ich bin abstoßend.«

Hatte er Tomaten auf den Augen? »Du bist nicht abstoßend. Du bist verdammt sexy.« Apropos verdammt: Halt verdammt noch mal die Klappe, Lara.

Seine Augen verdunkelten sich. »Sexy, aha. Du hast es also doch bemerkt.«

Wo war Nancy, wenn man sie wirklich brauchte? Sie schloss die Augen und rieb sich die Schläfen, um eine Kopfschmerzattacke zu unterdrücken.

»Lara, sieh mich bitte an.«

Sie bereute es sofort. Nach exakt zwei Sekunden war sie feucht von der Aussicht auf Sex in seinem Blick. »Okay, ich sehe dich an.«

Er flitzte zu ihr rüber und ergriff ihre Hände. Ihre verschwitzten Hände.

»Hör mal. Das ist kein Heiratsantrag. Ich dachte mir einfach, du könntest Lust haben, auszugehen. Neulich hatte ich das Gefühl, dass wir auf einer Wellenlänge waren, und ich dachte, wir könnten das vielleicht ein bisschen vertiefen. Ich will es jedenfalls.«

Wellenlänge? Vertiefen? Machte er Witze? »Auf einer Wellenlänge?«

»Ja.«

»Wir beide.«

»Ganz recht.«

»Deshalb willst du mit mir ausgehen?«

»Genau.«

Sie stellte sich hinters Sofa und ging auf und ab, die Hände verknotet. Sie könnte einfach nein sagen und die Sache wäre erledigt. Andererseits, wann hätte sie jemals wieder die Gelegenheit, mit einem umwerfenden Kerl auszugehen? Sie war nicht attraktiv für Männer wie Mark Whitman. Nicht mehr. Noch nie. »Okay.«

Er stand da und sah sie an, seine Lippen formten ein Lächeln. Himmel, sie wollte ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht lecken. Und seinen ganzen Körper mit der Zunge baden. Oh nein. Ihre Brustwarzen wieder. Beide diesmal.

Sie verschränkte die Arme vor den Brüsten.

»Wunderbar. Um acht hole ich dich ab.«

Sie folgte ihm zur Tür. »Acht.«

»Ja, um acht, ist das in Ordnung?«

Nein. Hier war gar nichts in Ordnung. »Klar. Acht Uhr. Spitze. Bis dann.«

Er verließ das Haus, drehte sich noch mal halb um und sagte: »Oh, und zieh dir was Heißes an. Wir gehen tanzen.«

*

Drei Stunden später saß sie im Lamour, dem besten Schönheitssalon der Stadt, und Nancy schnatterte laut.

»Nehmen Sie ein gutes Stück weg. Und machen Sie auch was mit ihren Fußnägeln, uh. Und mit den Fingernägeln. Himmel, Lara, wann lässt du endlich dieses Nägelkauen sein?«

Wenn ich tot bin. Sie wünschte, es wäre schon so weit. Sie hätte wissen müssen, dass es eine Schnapsidee war, Nancy von Marks zweitem Besuch zu erzählen.

Ihre Freundin hätte ihr beinahe das Trommelfell gesprengt mit ihrem Gekreische am Telefon. Dann war sie zu ihr gerast und hatte sie aus dem Haus gezerrt, weil sie angeblich eine Totalüberholung brauchte.

Sie fragte sich, ob Marco, der Stylist, der ihr Haar gerade mit einem »ts, ts« kommentierte, die Totalüberholung auch auf ihren Charakter ausweiten konnte, wenn er schon mal dabei war.

Zum Beispiel in Richtung charmant und lebensfroh, geistreich im Gespräch und überhaupt: ein tolles Date.

Sie würde ein tolles Date nicht mal erkennen, wenn sie darüberstolpern würde.

»Süßä«, sagte Marco, »womit waschen Sie nur Ihre Haare? Das Zeug sieht aus wie Stroh. Das muss alles weg.«

Nancy hatte ihr versichert, dass Marco der beste Stylist der Stadt sei. Im Moment sah er eher aus wie Dr. Frankenstein.

Und Lara war das Monster. Sein neuestes Projekt.

In nicht mal zwei Stunden wurde sie um gut dreißig Zentimeter ihres Haars erleichtert und bekam die Brauen gewachst. Auf ihren Nägeln funkelte ein Lack namens Bronze Babe, und das Schminken hatte so lange gedauert, dass sie wahrscheinlich aussah wie eine gealterte Prostituierte.

Doch als Marco sie in Richtung Spiegel drehte, schnappte sie nach Luft.

Wer war diese Frau?

Sie blickte in Nancys grinsendes Gesicht. Marco war mit seinem Werk offensichtlich zufrieden. Dann betrachtete sie erneut die Fremde im Spiegel.

Das war sie. Eine Frau mit kurzem, gewelltem roten Haar, das sich sanft in Richtung Kinn lockte, mit funkelnden grünen Augen und einem herzförmigen Gesicht, aus dem sie das Beste machte. Ihre vollen Lippen hatten einen hauchzarten Bronzeton und glänzten und funkelten im Licht.

»Wow«, entfuhr es ihr schließlich.

Nancy drückte ihre Schultern. »Ganz recht, wow. Schätzchen, das hätten wir schon vor Jahren machen sollen. Ich habe ja schon immer gesagt, du bist eine Bombe.«

Irgendetwas sagte ihr, dass sie um Mitternacht ihren gläsernen Schuh verlieren und sich wieder in die Küchenmagd verwandeln würde, die sie in Wirklichkeit war.

»Und jetzt gehen wir Kleider kaufen.«

Sie sprach Marco ihre Ehrerbietung aus, begleitet von einhundert Dollar, und dankte ihm für die wundersame Verwandlung. Junge, der Mann war kein Dr. Frankenstein, sondern ein Genie!

Dann schleppte Nancy sie trotz ihres erbitterten Widerstands aus dem Salon in den angesagtesten Kleiderladen im Village. Immer wenn sie Neeiin zu einem sexy Outfit sagte, sagte Nancy Jaaa. Sie diskutierten so lange, bis Lara irgendwann schlicht zu müde war, um sich zu streiten.

Als sie schließlich nachhause kamen, wollte sie sich hinlegen, nicht anziehen.

Aber da stand sie nun vor ihrem Bett und drei Kleider starrten zurück. Eines davon wollte zu ihrem Date getragen werden.

Ein Date, zu dem sie ohnehin nicht gehen wollte. Warum nur ließ sie sich ständig irgendwelche Dummheiten aufschwatzen? Erst der Masturbations-Marathon, jetzt dieses Date mit Mark. War sie etwa eine Schnecke ohne Rückgrat? Konnte sie nicht einfach nein sagen?

»Ich weiß, was du denkst.«

Sie blickte in den Spiegel und sah Nancy hinter sich. »Nein, das weißt du nicht.«

»Oh doch. Du denkst daran, dass du nicht mit Mark ausgehen willst.«

»Okay, vielleicht weißt du wirklich, was ich denke. Aber sieh mich doch an, Nance. Das bin nicht ich. Das ist jemand anderes.«

Nancy trat hinter sie, hielt sie bei den Schultern und drückte sie. »Nein, Liebes, das bist wirklich du. Du versteckst dich nur hinter ellenlangen Haaren und Schlabberklamotten, weil du Angst hast, dass dich niemand lieb hat, wenn du aus deinem Schneckenhaus rauskommst.«

»Lachhaft. Wird das eine Psychoanalyse?«

»Ich kenne dich, seit wir klein sind. Du warst das klügste Mädchen, das ich kannte, mit großen grünen Augen und einem Lächeln, bei dem den Jungs der Mund offen blieb. Du hast es nur nie bemerkt. Und irgendwann haben sie aufgehört zu starren, weil sie wussten, dass sie nie deine Aufmerksamkeit gewinnen würden.«

Sie tätschelte Nancys Hand. »Du halluzinierst.«

»Und du verleugnest dich selbst. Und jetzt steck deinen Prachtkörper in eines von diesen Kleidern, damit du zeigen kannst, was du hast, und mal flachgelegt wirst.«

»Nancy!« Sie befreite sich und drehte sich zu ihrer besten Freundin um. »Ich werde nicht flachgelegt.«

Nancy verschränkte die Arme und grinste breit. »Ich wette eine Million Piepen, dass seine Hand bei dir unterm Kleid steckt, bevor der Abend vorbei ist. Und falls du mich morgen nicht anrufst und mir erzählst, was für einen ohrenbetäubenden Orgasmus er dir besorgt hat, trete ich als personifizierte Einmischung in dein Leben zurück.«

»Die Wette gilt.«

Hand unterm Kleid. Ohrenbetäubende Orgasmen. Nancy hatte Mist im Kopf.

Als Nancy gegangen war, schlüpfte Lara in das kurze blaue Kleid, das funkelte wie ein Nordlicht. Dann stakste sie auf Riemchensandalen, die aussahen, als wären sie aus dünnen Strohhalmen, ins Wohnzimmer.

Falls sie versuchen sollte, mit diesen Dingern zu tanzen, würde sie auf dem Hintern landen. Sie musste allerdings zugeben, dass ihre Beine darin lang und wohlgeformt wirkten.

Als es auf acht Uhr zuging, begann sie zu hyperventilieren und wollte sich übergeben. Doch sie war entschlossen, diese Verabredung durchzuziehen, wenn auch nur, um Nancy zu zeigen, dass sie sich irrte. Niemand würde ihr die Hände unters Kleid schieben. Und wenn ihr einer später einen Orgasmus bescheren würde, dann höchstens Bob.

Ein sanftes Pochen an der Tür jagte ihr das Herz in den Hals. Sie saugte Sauerstoff ein und öffnete vorsichtig.

Adonis. Na gut, es war Mark, aber es hätte genauso gut Adonis sein können.

Schwarze Hose, graues Hemd, welches seine eindrucksvolle Brust auf eine Art betonte, dass ihr das Wasser im Mund zusammenlief. Pechschwarzes Haar, bei dessen Anblick ihre Finger zuckten und sich wild darin verkrallen wollten. Und ein absolutes Hammer-Lächeln.

Diese Nacht würde sie nicht überleben.

*

Mark stand mit offenem Mund in der Tür. Wo war die verkrampfte kleine Rothaarige abgeblieben? Wer war diese umwerfende Sirene in ihrem sündhaften Hauch von einem Kleid, deren neue Frisur ihm ein Gesicht präsentierte, welches sein Herz zum Stottern brachte?

Und erst ihr Mund. Heilige Scheiße, dieser Mund. Bei der Vorstellung, wie diese Lippen sich um seinen Schwanz schlossen, erwachte die Schlange in seiner Hose zum Leben.

Nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Es ging darum, sie zu überzeugen, nicht sie zu vernaschen. Die Mission lautete, ihr Interesse für das Projekt zu erwecken, nicht ihr ans Höschen zu gehen.

Aber verdammt sollte er sein, wenn er nicht genau das hier und jetzt tun wollte. Zum Teufel mit dem Date, zum Teufel mit der Finte. Er wollte sie einfach über das nächste Möbelstück werfen, ihr dieses heiße Kleid vom Leib reißen und hineingleiten in ihre schöne, enge, feuchte Muschi.

Oh, verdammt.

»Du siehst umwerfend aus«, brachte er schließlich heraus.

Die verlegene Röte in ihrem Gesicht machte sie nur noch begehrenswerter. »Danke.«

»Bist du so weit? Ich kann es kaum erwarten, dich in die Arme zu nehmen.«

Als er ihren schockierten Ausdruck sah, verbesserte er sich: »Auf der Tanzfläche, natürlich.«

»Oh. Natürlich.«

Sie schloss die Tür und strich an ihm vorbei, wobei er einen weichen und verführerischen Duft erschnupperte. Vanille mit einer etwas wilderen Note.

Genau die richtige Frau. Süß und unschuldig, aber er würde seine Karriere darauf verwetten, dass hinter ihrer Unschuld eine Wildkatze lauerte, die nur darauf wartete, aus dem Käfig gelassen zu werden.

4. Kapitel

Zum x-ten Mal zupfte Lara am Saum ihres Kleides, weil sie permanent spürte, wie der seidene Stoff ihre Schenkel hinaufrutschte. Genauso bewusst war ihr, wie Marks Augen auf die Hautpartien schielten, die der bewegte Stoff enthüllte.

Sie saßen jetzt seit mehr als einer halben Stunde im Auto, und in dieser Zeit hatte er diverse Blicke in Richtung ihrer Beine geschickt. Und sich ziemlich oft geräuspert. Abgesehen davon blieb er überwiegend schweigsam. Wahrscheinlich fragte er sich, wie schnell er sie wieder nachhause bringen konnte.

Allerdings war er von ihrem Auftritt offensichtlich sehr angetan.

Mein Gott, wie ungeschickt sie darin war, die sexuellen Signale der Männer zu lesen. Und sie wollte Expertin sein? Und was für eine. Höchstens, wenn der Forschungsgegenstand sich nicht auf sie eingeschossen hatte.

Sie sog unsicher die Luft ein. Verdammt, wie gut er roch. Nach Bergen. Frisch und rein, mit einer verführerischen Note, die in ihr den Wunsch aufkommen ließ, seine Haut nach dem Ursprung dieses Duftes abzusuchen. Überall.

Sofort hatte sie ein Bild vor Augen, wie sie an seinen Eiern leckte. Verdammt.

Sie räusperte sich.

»Alles klar da drüben?«

»Bestens.«

»Du bist zappelig.«

»Mir geht’s gut.«

»Du gehst nicht so oft aus, stimmt’s?«

Es war offensichtlich. »Eher nicht. Ich arbeite lieber an meinen Büchern.«

»Sex haben macht mehr Spaß, als darüber zu lesen.«

Sie riss den Kopf herum, ihre Blicke trafen sich, er zwinkerte. »Das ist nun mal so.«

Nicht der Sex, den sie gehabt hatte. »Wenn du es sagst.«

»Ich könnte …« Er brachte den Satz nicht zu Ende. Sie konnte es sich nicht verkneifen, nachzuhaken. »Du könntest was?«

Statt einer Antwort fuhr er auf einen Parkplatz voller Autos. »Wir sind da.«

Musik drang bis zum Parkplatz. Draußen wimmelte es von Leuten. Im Fenster blinkte eine Neonreklame und wies den Laden als »All That Jazz« aus.

Aus dem spärlich beleuchteten Nachtclub drang Qualm ins Freie. Fetzen einer sanften Saxofonmelodie füllten ihre Sinne mit einer verführerischen Melodie, die ihre Nervenenden vibrieren ließ. Mark führte sie zu einem Tisch in der Ecke. Der Laden war brechend voll. Auf der riesigen Tanzfläche wogten die Körper. Die Bedienung brachte ihnen Drinks, und während Lara an ihrem Glas nippte, beobachtete sie das Verhalten der Paare im Gewühl.

»Gefällt’s dir?«, fragte er.

»Ich denke, dieser Laden ist das perfekte Forschungsfeld.«

Er hob eine Braue und nahm einen langen Schluck. »Was für eine Forschung?«

»Sex-Forschung natürlich.«

»Ach ja?«

Sie nickte. »Sexualverhalten junger und nicht gebundener Pärchen. Jetzt hätte ich gern meinen Notizblock. Ich könnte Notizen machen oder vielleicht sogar herumlaufen und Fragen stellen.«

Er lachte. »Sicher. Das fänden die bestimmt super.«

»Okay, vielleicht kann ich auch schon durch bloße Beobachtung ein paar Denkprozesse anstoßen, die mich weiterbringen.«

»Sag mir, was du siehst.«

»Siehst du das Pärchen da vorn?«

Mark folgte ihrem Blick. »Die Frau im roten Kleid mit dem supergroßen Typen?«

»Ja. Merkst du, wie er über sie hinwegsieht?«

»Schon. Und?«

Sie lächelte. Sobald das Gespräch auf ihr Fachgebiet kam, fühlte sie sich wohler. »Seine Körpersprache. Er hält sie ganz locker, seine Hände berühren kaum ihre Hüften. Sie tanzen mindestens zwanzig Zentimeter auseinander. Daran, dass er sie nicht direkt ansieht, erkennt man eindeutig, dass er schon nach einer anderen Ausschau hält.«

»Tatsächlich. Das erkennst du vom bloßen Hinsehen?«

Sie drehte sich zu ihm und nickte. »Ja.«

Mit einem Schulterzucken sagte er: »Wahrscheinlich hast du recht. Diese Läden sind bekannt als Aufreißschuppen. Und manche Männer wollen halt hier und da kosten.«

»Hast du mich deshalb hierhergebracht?« Autsch.

»Nein. Ich sagte manche Männer, nicht alle. Außerdem habe ich die bestaussehende Frau in diesem Laden.«

Lara seufzte und wandte sich den Pärchen auf der Tanzfläche zu, um nach weiteren spannenden Objekten zu suchen.

»Erzähl mir mehr. Was siehst du sonst noch?«, fragte er.

»Der Bereich da drüben bei der Bar. Da nimmt der Mann die verfügbaren Frauen unter die Lupe, bevor er sich entscheidet.«

»Warum?«

»Typisch männliches Verhalten. Männer sind Jäger. Die Erhaltung der Art ist ihr Primärziel. Ein Mann sucht immer nach der attraktivsten Frau in der Menge. Wenn er sie erfolgreich erobert hat, wenn die Chemie stimmt, weiß er, dass er mit ihr eine Beziehung anfangen kann.«

Mark lachte. »Ich kann dir garantieren: Neunundneunzig Prozent der Typen hier sind nicht auf der Suche nach einer Ehefrau.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, keine Ehefrau. Eine Geschlechtspartnerin. Jemand, mit dem er Sex haben kann. Guter Sex und ein guter Geschlechtspartner sind das Gleiche, zumindest für den Mann. Sie führen zur Erhaltung seiner Erbschaftslinie. Das heißt nicht, dass er bis in alle Ewigkeit mit ihr zusammenbleiben will. Im Gegenteil. Das Männchen einer Art operiert nach Quantität statt Qualität. Sein Stammbaum wird umso eher fortgeführt, wenn er seinen Samen auf möglichst viele Frauen verteilen kann.«

»Anders gesagt: Fick sie und dann ab zur Nächsten.«

»Exakt.«

Sein beleidigter Blick brachte sie fast zum Lachen.

»Hey. Das ist aber ein bisschen hart.«

Lara grinste, wusste sie doch alles über das männliche Ego und wie schnell es einen Knacks bekam. »Aber es stimmt. Wenn du mal logisch drüber nachdenkst, wirst du’s einsehen.«

»Das heißt also, ich führe dich heute Abend aus, weil ich mit dir Sex haben will.«

Sie schluckte und griff nach ihrem Drink. »Äh, nein. Das wollte ich damit überhaupt nicht sagen.« An sie beide hatte sie nicht gedacht. Mark und sie, das war … ach, völlig egal, so war das nicht bei ihnen.

»Dann hast du deine Theorie gerade selbst widerlegt, Frau Doktor.«

Da ihr die Worte fehlten, sah sie den Tanzenden zu und hoffte, Mark würde keine weiteren Fragen stellen.

»Das ist dir lieber, stimmt’s?«, fragte er und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich. Er lehnte sich zurück und schwang einen Arm über die Stuhllehne. Eine Bewegung, die sein Hemd straff über der Brust spannte. Hoffentlich fielen ihr nicht die Augen aus dem Kopf.

»Was ist mir lieber?«

»Zuschauen statt teilnehmen.«

»Ich bin Sozialanalytikerin. Ich untersuche gern sexuelle Interaktionen zwischen Menschen. Das ist mein Job.«

»Fehlt dir nichts, wenn du nicht mitmachst?«

Bisher nicht. Lara war seit vielen Jahren zufrieden mit ihrem Leben und zu der Überzeugung gelangt, dass sie keinen Mann brauchte, um sich erfüllt zu fühlen. Auch jetzt dachte sie noch so, aber wenn sie mitmachen müsste, anstatt nur zuzusehen, wäre der Mann, der ihr gegenüber am Tisch saß, nicht ihre letzte Wahl.

»Eigentlich nicht. Ich bin zufrieden mit meinem Leben.«

»Zufrieden, aber nicht glücklich?«

Mark hatte wohl einen Kurs bei Nancy besucht. »Das habe ich nicht gesagt.«

»Nein, das habe ich gesagt. Tanzen wir?« Er stand auf und streckte die Hand aus.

»Ich schaue lieber zu.«

»Heute nicht, Frau Doktor. Heute machst du mit. Gib dir einen Ruck.«

Sie kippte einen großen Schluck von ihrem Cocktail hinunter und stand auf, wobei sie hoffte, seine Füße nicht mit ihren Pfennigabsätzen zu durchlöchern. Oder, schlimmer noch, auf dem Arsch zu landen.

Mark steuerte sie beide durch das Gewühl der Körper auf der Tanzfläche. Die Musik war ruhig und sinnlich, das Saxofon verströmte eine klagende Spannung, die Gefühle aufrührte. Er blieb stehen und drehte sich um. Dann nahm er sie in die Arme und zog sie an sich. Seine Hand ruhte tief in ihrem Rücken. Diese blöde Nancy mit ihren tief ausgeschnittenen Kleidern.

Und wie er tanzte. Mein Gott, konnte er tanzen! Sein Körper war eng an den ihren geschmiegt, seine gespreizten Finger auf ihrer Haut wanderten ihr Rückgrat hinauf und wieder hinab. Sie bekam weiche Knie.

»Kannst du dich mal entspannen? Ich beiße nicht. Es sei denn, du bittest mich darum.«

Sein keckes Grinsen war wenig beruhigend. Er heftete seinen Blick auf ihre Augen, und sie konnte sich beim besten Willen nicht davon losreißen. Chemie. Biologie. Sie schrieb die ganze Zeit darüber, hatte das alles aber nie so mit einem Mann erlebt. Dieser sich selbst verzehrende brennende Schmerz irgendwo zwischen ihren Beinen, der ihr ein Kribbeln in die Brüste jagte und ihren Körper anheizte für … Für was nur? Sex? Mit Mark? Er würde lachen, wenn sie ihm von ihren Ideen erzählte.

Sie waren eng verkeilt im Gewühl der aufgeheizten, in der Musik sich wiegenden Körper. Manche Männer hatten ihre Hände auf dem Hintern ihrer Frau geparkt. Dafür, dass sie sich in der Öffentlichkeit befanden, lag hier erstaunlich viel Sex in der Luft, fand sie.

»Es interessiert keinen«, sagte Mark.

Sie blickte ihm wieder ins Gesicht. »Wie?«

»Wer wen berührt und wo sie sich berühren. Sie stecken alle in der Musik, im Augenblick, und konzentrieren sich nur auf den Körper, an dem sie sich festhalten. Siehst du sonst noch jemanden, der die Leute um sich herum studiert?«

Ein Blick durch den Saal machte ihr klar, dass die Paare auf der Tanzfläche ganz mit sich selbst beschäftigt waren. Nun, sie konnte nicht alles gleichzeitig beobachten. »Nein.«

»Dann sieh mich an, Lara. Fühl mich, berühr mich, wo du möchtest. Lass deine Sinne aufleben und im Augenblick aufgehen. In der Realität.«

Das Angebot war irgendwie verlockend – und jagte ihr eine Heidenangst ein. »Ich bin zufrieden.«