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Loslassen – und zu dir selbst zurückfinden "Lass sie – und finde dich selbst" ist kein gewöhnlicher Ratgeber, sondern eine Einladung zu innerer Ruhe und Selbstachtung. Dieses eBook verbindet psychologische Einsicht, achtsame Reflexion und praktische Lebensweisheit zu einem Weg der Befreiung – weg von Kontrolle, hin zu Vertrauen, Leichtigkeit und Klarheit. Es geht um mehr als Loslassen – es geht darum, wieder in dir selbst anzukommen. Zu erkennen, dass du nicht alles ändern musst, um frei zu sein. Dass Gelassenheit nicht aus Stärke, sondern aus Frieden entsteht. Und dass Beziehungen, Freiheit und Selbstliebe dort beginnen, wo du aufhörst, dich zu beweisen. Psychologische Impulse zu Bindung, Kontrolle & Vertrauen Reflexionsübungen für Selbstachtung und emotionale Freiheit Impulse für Beziehungen, Familie, Beruf & inneres Gleichgewicht
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Seitenzahl: 159
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Marilia & Heiner Grossmann Rua Severino Antônio da Silva, 168 Condômino Vila Nova, Bloco B, Apto 306 Muribara São Lourenço da Mata – PE – Brasilien CEP 54723085 Tel.: +55 24 99814-7427 E-Mail: [email protected]
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Marilia Grossmann gemäß § 55 Abs. 2 RStV
© 2025 Marilia Grossmann. Alle Rechte vorbehalten. Dieses eBook, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Inhalte dieses Buches wurden mit größter Sorgfalt erstellt. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte kann jedoch keine Gewähr übernommen werden. Die Autorin übernimmt keine Haftung für etwaige Schäden, die aus der Anwendung der dargestellten Inhalte entstehen. Dieses Buch ersetzt keine psychologische oder therapeutische Beratung.
Alle genannten Marken, Produktnamen oder geschützten Bezeichnungen sind Eigentum der jeweiligen Rechteinhaber und dienen ausschließlich der Identifikation und Beschreibung.
Gestaltung und Satz: Marilia Grossmann eBook-Produktion: intern, EPUB3-kompatibel Schriftarten: lizenzfreie OpenType-Schriften Erstveröffentlichung: 2025
Dieses Buch ist eine Einladung zum Loslassen – nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Vertrauen. Es ist für jene geschrieben, die zu oft versucht haben, alles richtig zu machen, alle zu verstehen, zu halten, zu retten – und dabei sich selbst verloren haben. Für alle, die spüren, dass Kontrolle kein Schutz ist, sondern ein Käfig, der das Herz eng werden lässt.
Vielleicht kennst du diese stille Erschöpfung, wenn du dich immer wieder bemühst, Menschen oder Situationen in Harmonie zu halten, während etwas in dir flüstert: „So darf es nicht weitergehen.“ Du versuchst, zu erklären, zu beweisen, zu überzeugen – und am Ende bleibst du mit dem Gefühl zurück, nicht genug zu sein. Genau hier beginnt das Loslassen: dort, wo du erkennst, dass deine Energie nicht unendlich ist, und dass Frieden nicht entsteht, wenn du die Welt lenkst, sondern wenn du lernst, sie zuzulassen.
Die „Let Them Theory“ von Mel Robbins war für mich kein Rezept, sondern ein Spiegel. „Let them“ – lass sie. Zwei schlichte Worte, die eine ganze Welt verändern können. Denn Loslassen beginnt nicht damit, dass du dich abwendest, sondern dass du innerlich aufhörst, gegen das Leben anzukämpfen. Du erlaubst anderen, sie selbst zu sein – und erlaubst dir, frei zu atmen.
Wenn du das Wort Loslassen hörst, denkst du vielleicht an Verlust. Doch in Wahrheit ist es eine Rückkehr: zu dir, zu dem, was echt ist. Loslassen bedeutet, die Verantwortung abzugeben, die dir nie gehörte. Es heißt, aufzuhören, den Schmerz anderer zu tragen, ihre Lektionen für sie zu lernen, ihre Wahrheiten zu beweisen. Es ist der Moment, in dem du anerkennst: Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg – und du darfst deinen gehen, ohne Schuld, ohne Erklärung, ohne Kampf.
Wir leben in einer Welt, die uns lehrt, festzuhalten. An Beziehungen, an Ideen, an Bildern von uns selbst. Wir halten fest, weil wir Angst haben, sonst nichts mehr zu haben. Wir klammern, weil wir glauben, nur dann sicher zu sein. Doch Sicherheit entsteht nicht im Außen. Sie wächst, wenn du dich traust, dich selbst zu halten – auch wenn alles andere sich verändert.
Dieses Buch ist kein Aufruf zur Kälte oder zum Rückzug. Es ist ein Wegweiser zu innerer Ruhe. Es lehrt dich, Grenzen zu setzen, ohne Mauern zu bauen. Es erinnert dich daran, dass du nicht jedem beweisen musst, wer du bist, und dass wahre Stärke leise ist. Manchmal zeigt sie sich einfach darin, dass du stehenbleibst, atmest und sagst: „Ich lasse los.“
Loslassen ist ein Akt der Selbstachtung. Es ist die Entscheidung, deinen inneren Frieden wichtiger zu nehmen als die Meinung anderer. Es ist kein Sich-Abwenden, sondern ein Heimkommen. Es bedeutet, zu unterscheiden, was du wirklich beeinflussen kannst – und was du dem Leben überlassen darfst. Denn es gibt eine Intelligenz im Fluss der Dinge, die größer ist als jede Kontrolle, die du ausüben kannst.
In den folgenden Kapiteln wirst du lernen, diese Intelligenz zu spüren. Du wirst erkennen, warum wir festhalten – aus Angst, aus Liebe, aus Gewohnheit. Du wirst verstehen, dass nicht jede Verbindung dich wachsen lässt, dass nicht jedes „Bleib“ echt ist, und dass manchmal das größte Geschenk an dich selbst das Loslassen ist. Du wirst erfahren, wie du Vertrauen aufbaust, wenn nichts sicher scheint, und wie Freiheit sich anfühlt, wenn du nichts mehr beweisen musst.
„Lass sie denken, was sie wollen“, „lass sie reden“, „lass sie gehen“ – das sind keine kalten Sätze, sondern Übungen im Vertrauen. Sie lehren dich, das Leben fließen zu lassen, ohne dich selbst zu verlieren. Sie öffnen den Raum für das, was wirklich zu dir gehört – Menschen, die bleiben, weil sie wollen, nicht weil du sie hältst; Erfahrungen, die wachsen dürfen, ohne Druck; Stille, die nicht leer ist, sondern voller Frieden.
Ich schreibe diese Zeilen nicht aus einer Position des Wissens, sondern des Werdens. Auch ich musste lernen, loszulassen – Erwartungen, Beziehungen, Selbstbilder. Es war kein leichter Weg. Doch jedes Mal, wenn ich aufhörte, zu kämpfen, begann etwas Neues in mir zu atmen. Es war, als würde ich Schicht für Schicht zu meinem eigenen Kern zurückfinden – dorthin, wo Ruhe wohnt.
Vielleicht geht es dir ähnlich. Vielleicht bist du an einem Punkt, an dem du müde bist: müde vom Erklären, vom Anpassen, vom Hoffen, dass jemand endlich versteht, was du brauchst. Dieses Buch will dich nicht lehren, härter zu werden. Es will dich erinnern, weicher zu bleiben, ohne dich zu verlieren. Stärke ist nicht Widerstand. Stärke ist, dich selbst nicht mehr zu verraten.
Und wenn du beginnst, das zu spüren – dieses stille Ja zu dir – wird das Außen sich verändern. Nicht, weil du es kontrollierst, sondern weil du in Resonanz mit dir selbst lebst. Beziehungen ordnen sich neu, Entscheidungen werden klarer, das Leben verliert seine Schwere. Du wirst erkennen, dass Loslassen keine Schwäche ist, sondern ein Ausdruck tiefen Vertrauens: in dich, in das Leben, in das, was du nicht erklären kannst, aber fühlst.
Es ist mein Wunsch, dass du in diesen Seiten etwas findest, das dich begleitet – vielleicht einen Satz, der in dir nachhallt; ein Bild, das dich tröstet; einen Gedanken, der dich befreit. Lies dieses Buch langsam. Lass es wirken. Manchmal genügt ein einziger Moment der Einsicht, um Jahre des inneren Kampfes zu lösen.
Loslassen bedeutet, dich nicht mehr zu verengen, um in das Leben anderer zu passen. Es bedeutet, deine Wahrheit zu ehren, selbst wenn sie unbequem ist. Es ist das stille Wissen, dass alles, was für dich bestimmt ist, seinen Weg zu dir findet – ohne Druck, ohne Kampf. Und dass du nichts verlieren kannst, was wirklich zu dir gehört.
Wenn du also dieses Buch öffnest, öffne es mit einem Atemzug. Vielleicht mit einem Seufzer. Lass den Druck abfließen, das Müssen, das Erklären. Und erlaube dir, neugierig zu sein: Was passiert, wenn du aufhörst, zu kontrollieren – und anfängst, zu vertrauen?
Vielleicht wird es still. Vielleicht wird es weit. Vielleicht wirst du endlich du.
– Marilia Grossmann
Stille über dem Wasser. Was wir halten, hält uns – bis das Licht den Dunst berührt.
Bevor wir lernen, loszulassen, müssen wir verstehen, warum wir überhaupt festhalten. Denn Festhalten ist kein Zufall – es ist ein Reflex, ein Versuch, das Leben zu sichern. In uns lebt eine tiefe Sehnsucht nach Beständigkeit, nach Nähe, nach dem Gefühl, dass etwas bleibt, während alles andere vergeht. Wir klammern nicht, weil wir schwach sind, sondern weil wir Menschen sind. Doch das, was uns Halt geben soll, wird manchmal zur Fessel.
Wir halten fest an Beziehungen, die uns längst müde machen, weil wir Angst vor Leere haben. Wir halten fest an Rollen, weil wir glauben, sonst niemand zu sein. Wir halten fest an alten Geschichten über uns selbst – an Schuld, an Erwartungen, an Bildern, die uns einst beschützt haben. Festhalten ist der Versuch, Kontrolle über das Unkontrollierbare zu gewinnen. Es ist eine Geste der Angst – und zugleich ein Ausdruck tiefer Sehnsucht nach Sicherheit und Liebe.
Doch nichts im Leben bleibt, wie es war. Menschen verändern sich. Wege trennen sich. Gedanken wandeln sich. Alles fließt. Und je stärker wir versuchen, es zu halten, desto mehr entgleitet es uns. So entsteht Leid – nicht, weil das Leben grausam wäre, sondern weil wir uns weigern, seiner Bewegung zu vertrauen.
Dieses erste Kapitel führt uns dorthin, wo das Festhalten beginnt: in unsere frühen Muster, in das unbewusste Bedürfnis, Kontrolle mit Liebe zu verwechseln. Wir werden erkennen, dass viele unserer Ängste nicht aus der Gegenwart stammen, sondern aus alten Wunden, die uns unbewusst lenken. Und wir werden lernen, wie wir diese Muster mit Bewusstheit betrachten können – ohne Schuld, ohne Scham, nur mit Neugier und Mitgefühl.
Wenn du dich jemals gefragt hast, warum du Dinge nicht loslassen kannst, obwohl du weißt, dass sie dir nicht guttun – hier wirst du Antworten finden. Nicht in Form von Regeln, sondern durch Erkenntnis. Denn Loslassen beginnt nicht mit einer Handlung, sondern mit einem Verstehen. Erst wenn du siehst, was dich festhält, kannst du dich sanft daraus lösen.
Teil I ist eine Reise in die Tiefe – zu den unbewussten Beweggründen, die uns festhalten lassen. Es ist kein leichter Weg, denn er führt durch Schichten aus Angst, Hoffnung und Verletzlichkeit. Aber er führt auch zu Klarheit: zu dem Moment, in dem du erkennst, dass du nichts festhalten musst, um sicher zu sein. Dass du die Kontrolle loslassen darfst, ohne dich zu verlieren.
Bevor du weiterliest, atme kurz. Spüre deine Hände, deinen Atem, dein Herz. Vielleicht hältst du gerade selbst etwas fest – einen Gedanken, eine Erinnerung, einen Menschen. Sei sanft mit dir. Alles, was du loslassen sollst, darf zuerst gesehen werden. Dieses Erkennen ist der Anfang.
Und vielleicht wirst du beim Lesen entdecken: Du musst nicht alles loslassen. Nur das, was dich vom Leben trennt.
– Marilia Grossmann
Wenn das erste Licht den Horizont berührt, erinnert es uns daran, dass jeder Morgen die Möglichkeit birgt, neu zu beginnen.
Es beginnt selten mit einem großen Ereignis. Oft ist es eine kleine Spannung in der Brust, ein Nicht-Loslassen-Können nach einem Gespräch, der Impuls, eine Nachricht noch ein zweites, drittes Mal zu lesen. Du merkst, wie Gedanken Kreise ziehen, wie du in Möglichkeiten, Deutungen, Erklärungen verfällst. Etwas in dir will halten: das Bild, die Kontrolle, die Hoffnung, dass es doch noch so wird, wie du es brauchst. Und während du festhältst, verengt sich der Raum in dir, bis die Welt nur noch aus diesem einen Thema zu bestehen scheint.
Dieses Kapitel ist eine Kunst des Hinsehens. Wir betrachten das Festhalten nicht als Fehler, sondern als gut gemeinten Versuch deiner Psyche, Sicherheit zu schaffen. Wir nehmen das Muster in die Hand, drehen es im Licht, erkennen seine Schichten – und geben ihm einen anderen Platz in deinem Leben. Denn verstehen ist der erste leise Schritt des Loslassens.
Festhalten zeigt sich auf vielen Ebenen: in Beziehungen, in Rollen, in Geschichten über uns selbst. Wir halten an Menschen fest, die uns einmal Nähe gaben – auch wenn diese Nähe inzwischen Bedingungen hat, die uns klein machen. Wir halten an Rollen fest, die uns Bedeutung gaben – auch wenn sie uns heute erschöpfen. Wir halten an Überzeugungen fest, die uns einst schützten – auch wenn sie uns heute einengen. Festhalten kann sein: immer noch erklären zu wollen; beweisen zu wollen; recht haben zu müssen; Erwartungen erfüllen zu wollen, die niemand mehr geprüft hat.
Es gibt auch subtilere Formen: das Überanalysieren von Nachrichten; das gedankliche Zurückspulen von Gesprächen; das stumme Hoffen, dass jemand „endlich merkt“, was du brauchst, ohne dass du es sagst. Festhalten ist manchmal auch Schweigen – das Sich-Zurücknehmen, um Bindung zu sichern. Oder Aktivismus – das immer Noch-Mehr-Tun, um einen Ausgang zu kontrollieren, der sich dem Zugriff entzieht.
Unter jedem Festhalten liegt ein Versprechen: „Wenn ich nur genug erkläre, bleibe ich geliebt.“ – „Wenn ich stark bleibe, bricht nichts zusammen.“ – „Wenn ich recht habe, muss ich mich nicht schämen.“ – „Wenn ich sie halte, bleibe ich wichtig.“ Diese Versprechen sind nicht rational, sondern gespeicherte Körper-Erinnerungen aus frühen Bindungen. Sie stammen aus Zeiten, in denen Zugehörigkeit überlebenswichtig war. Darum fühlt sich Loslassen oft bedrohlich an: Es berührt unsere ältesten Strategien, uns sicher zu fühlen.
Das Muster des Festhaltens ist also kein Charakterfehler, sondern eine alte Intelligenz, die heute zu viel Raum einnimmt. Es ist ein Automatismus, der sich meldet, sobald Unsicherheit auftaucht. Manche nennen es „Kontrollmodus“, manche „Anklammern“, andere „Vermeidung durch Anstrengung“. Namen sind zweitrangig. Wichtig ist, zu erkennen: Dein System versucht, dich zu schützen.
Kontrolle ist die Lieblingsstrategie des Festhaltens. Sie gibt das Gefühl, wirksam zu sein. Kontrolle verspricht: „Wenn du genug weißt, passiert nichts Schlimmes.“ – „Wenn du alle Eventualitäten checkst, wirst du nicht überrascht.“ – „Wenn du sie überzeugst, bleibst du sicher.“ Doch Kontrolle hat einen Preis. Je stärker du versuchst, das Außen zu lenken, desto mehr entfernst du dich von dir. Du hörst die feinen Signale deines Körpers nicht mehr, du spürst deine Grenzen nicht, du verlierst die Fähigkeit, Unsicherheit auszuhalten. Kontrolle macht eng – und eng ist das Gegenteil von lebendig.
Das Paradox: Je mehr wir kontrollieren, desto weniger vertrauen wir. Und je weniger wir vertrauen, desto mehr müssen wir kontrollieren. Dieser Kreislauf hält sich selbst am Leben – bis du ihn bemerkst.
Bevor der Verstand Geschichten produziert, spricht der Körper. Festhalten spürst du als Enge, Druck hinter dem Brustbein, angespannten Kiefer, flache Atmung, Rastlosigkeit in den Händen. Dein Nervensystem schaltet in einen Modus erhöhter Wachsamkeit. Nicht, weil tatsächlich Gefahr droht, sondern weil Bedeutung im Raum steht: eine Beziehung, ein Selbstbild, eine erhoffte Zukunft. Wenn du lernst, diese Signale „früh“ zu lesen, wirst du früher wählen können – und nicht mehr erst, wenn du schon in zehn Chats hinabgescrollt oder drei Erklärungs-Memos geschrieben hast.
Eine einfache Praxis hilft: Benenne die Empfindung, nicht die Geschichte. „Da ist Enge in der Brust.“ – „Der Atem ist flach.“ – „Der Kiefer will beißen.“ So verlagerst du Aufmerksamkeit aus dem Denken ins Spüren. Spüren ist Gegenwart. Denken reist oft in die Vergangenheit oder Zukunft. Loslassen geschieht hier.
Vieles, was wir festhalten, halten wir nicht wegen seines Wertes fest, sondern wegen der Leere, die wir fürchten, wenn es fehlt. Leere ist kein Nichts; sie ist Raum, der noch nicht vertraut ist. Wer Leere meidet, füllt sie reflexhaft: mit Scrollen, Planen, Reden, Erklären, Arbeiten. Doch nur in der Leere wird sichtbar, was wirklich bleiben will. Das gilt für Beziehungen wie für Projekte. Leere ist nicht das Ende, sondern der Übergang – jener Zwischenraum, der uns erlaubt, zu wählen statt zu reagieren.
Loslassen wäre leichter, wenn wir Leere nicht als Feind, sondern als Atem betrachten. Ein Einatmen braucht den Ausatmen. Ein Kapitel braucht die weiße Seite. Eine Bindung braucht den Zwischenraum, in dem zwei Menschen sich selbst wiederfinden.
Unter deinem Festhalten wirken Leitsätze. Sie sind oft unbewusst, aber wirksam. Beispiele:
„Wenn ich nicht erkläre, versteht mich niemand.“
„Wenn ich nicht stark bin, geht alles kaputt.“
„Wenn ich nicht nachfrage, werde ich vergessen.“
„Wenn ich loslasse, verliere ich.“
„Wenn ich nicht recht habe, bin ich falsch.“
Solche Sätze sind nicht die Wahrheit, sondern alte Schutzverträge. Sie wurden einmal geschlossen, damit du weitergehen konntest. Heute dürfen sie geprüft werden. Die Prüfung ist freundlich: „Dient mir dieser Satz noch?“ – „Wer wäre ich ohne ihn?“ – „Welche neue Wahrheit könnte meinen Frieden fördern?“
Ein Muster ist eine wiederkehrende Abfolge. Beim Festhalten läuft es oft so: Reiz → Bedeutung → Anspannung → Kontrolle → kurzfristige Erleichterung → neue Unsicherheit → mehr Kontrolle. Die Spirale dreht sich weiter, weil die Erleichterung auf Kontrolle beruht, nicht auf Vertrauen. Wir wollen die Spirale nicht bekämpfen, sondern sie in eine Schleife verwandeln: Reiz → Bedeutung → Anspannung → innehalten → spüren → wählen → handeln. In der Schleife gibt es einen bewussten Zwischenraum. Dieser Zwischenraum ist deine Freiheit.
Ziel: Den Übergang von Impuls zu Wahl trainieren.
So geht’s: Wann immer du merkst, dass du festhältst (Reflex zum Erklären, Kontrollieren, Nachfragen): Stelle einen Timer auf 90 Sekunden. Lege eine Hand auf den Brustkorb, die andere auf den Bauch. Atem durch die Nase, langsam. Zähle den Atem: Einatmen bis vier, ausatmen bis sechs. Benenne leise, was du spürst. Kein inneres Argumentieren, nur Wahrnehmen. Nach 90 Sekunden stelle nur eine Frage: „Was dient meinem Frieden jetzt?“ Handle erst danach.
Warum es wirkt: 90 Sekunden reichen oft, damit die akute Adrenalin-Welle abklingt. Du verschiebst von Reaktivität zu Präsenz. Entscheidungen, die aus Präsenz getroffen werden, erzeugen weniger Regret – und das Nervensystem lernt, dass Innehalten sicher ist.
Ziel: Grenzen spürbar machen, ohne Drama.
So geht’s: Wähle eine kleine Situation (eine Bitte, die dich minimal überfordert; eine Nachricht, die du nicht jetzt beantworten willst). Antworte klar und freundlich: „Heute nicht, ich melde mich morgen.“ – „Dafür habe ich gerade keine Kapazität.“ – „Danke für die Einladung, diesmal passe ich.“ Beobachte den Körper: Welche Empfindung taucht auf? Erlaube ihr, da zu sein. Atme. Wiederhole die Übung an drei verschiedenen Tagen.
Warum es wirkt: Festhalten entsteht oft, weil Grenzen verschwimmen. Das kleine Nein ist ein Trainingsimpuls für Selbstachtung. Es demonstriert deinem System: Verbindung bleibt bestehen, obwohl du dich schützt.
Wir halten häufig fest, weil etwas Unausgesprochenes in der Luft liegt. Klarheit ist wie Lüften. Sie ist nicht hart; sie ist frisch. Ein klarer Satz kann eine ganze Woche Grübeln ersetzen: „Mir ist Nähe wichtig, aber nicht um den Preis meiner Selbstachtung.“ – „Ich kann das heute nicht leisten.“ – „Ich möchte, dass wir ehrlich über Erwartungen sprechen.“ Klarheit ist kein Angriff. Sie ist eine liebevolle Ausrichtung auf das, was wahr ist.
Wenn Klarheit Angst macht, erinnere dich: Unklarheit ist auch eine Entscheidung – sie entscheidet für Verzettelung. Klarheit entscheidet für Frieden. Sie kann dazu führen, dass andere gehen – oder bleiben. In beiden Fällen ordnet das Leben sich. Das ist das Wirken von Vertrauen.
„Lass sie“ ist weniger Anweisung an andere als Erlaubnis an dich. Lass sie denken, was sie wollen – und lass dich dennoch deinem inneren Kompass folgen. Lass sie reden – und lass deinen Körper entscheiden, wie viel Raum das bekommt. Lass sie gehen – und lass die Leere atmen, bis Neues sichtbar wird. „Lass sie“ heißt: Ich wähle mich, ohne dich zu entwerten. Es ist eine elegante Entkopplung von Selbstwert und äußerer Bestätigung.
Liebe verwechselt sich leicht mit Verantwortung. Du könntest glauben: „Wenn ich nicht halte, falle ich oder fällt er/sie.“ Doch reife Liebe hält nicht fest – sie hält Raum. Raum für Wachstum, Differenz, Rhythmus. Raum heißt: Ich bin zugewandt, ohne zu ziehen. Ich bin erreichbar, ohne mich zu verlieren. Ich kommuniziere, ohne zu überzeugen. Raum ist mutig, weil er Unsicherheit zulässt. Aber nur im Raum kann Nähe freiwillig werden.
