Last Viking - Die Rache der Wikinger - Poul Anderson - E-Book

Last Viking - Die Rache der Wikinger E-Book

Poul Anderson

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Beschreibung

Der Kampf um den Norden hat begonnen … Nach Jahren im Exil ist der Wikinger Harald zu einem mächtigen Krieger herangereift. Auf dem Schlachtfeld gilt er als unbesiegbar. Doch nie verlor er sein Ziel aus den Augen: den Thron seiner Ahnen zurückzuerobern. Harald reist in die alte Heimat zurück. Angetrieben von dem Willen, die Völker des Nordens unter seiner Herrschaft zu vereinen, scheint ihm jedes Mittel recht, denn die alten Könige des Nordens sind nicht bereit, sich Harald kampflos zu ergeben … Der zweite Teil der wahren Geschichte um den Wikingerfürsten Harald Sigurdharson

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Titel der englischen OriginalausgabeTHE LAST VIKING – THE ROAD OF THE SEA HORSE

1. AuflageVeröffentlicht durch denMANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYKFrankfurt am Main 2019

www.mantikore-verlag.de

Copyright © der deutschsprachigen AusgabeMANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK

Copyright der englischen Originalausgabe© Poul Anderson 1980

Karten+Stammbaum: Hauke KockDeutschsprachige Übersetzung: Andrea BlendlLektorat: Anja KodaSatz: Karl-Heinz ZapfCovergestaltung: Alfie, Matthias Lück

VP: 247-152-01-BD-0519

eISBN: 978-3-96188-060-7

Poul Anderson

LASTVIKING II

– DIE RACHE DER WIKINGER –

Diese Trilogie istdem Andenken an meinen VaterAnton William Andersongewidmet.

Inhalt

POUL ANDERSON

VORWORT

FRÜHE KÖNIGE VON NORWEGEN

DIE RACHE DER WIKINGER

IVON KÖNIGEN IN NORWEGEN

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

IIWIE KÖNIG MAGNUS SEIN SCHICKSAL FAND

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

IIIVON THORA THORBERGSDOTTIR

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

IVWIE ANKER GESENKT WURDEN

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

VWIE HARALD REGIERTE

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

VIWIE SVEIN KLUG HANDELTE

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

VIIVON EINAR THAMBASKELFIR

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

VIIIWIE HAAKON IVARSSON AUF BRAUTWERBUNG GING

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

IXWIE ZORN SPRACH

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

XWIE KALF BELOHNT WURDE

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

XIWIE HAAKON IVARSSON NACH HAUSE KAM

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

XIIVON GRAF GODWIN UND SEINEN SÖHNEN

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

XIIIWIE GUNNAR GEIRODSSON NACH NIDAROS REISTE

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

XIVWIE HARALD NACH NORDEN SEGELTE

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

POUL ANDERSON

Poul William Anderson (1926 – 2001) wurde in Pennsylvania (USA) als Sohn skandinavischer Eltern geboren. Seine Familie lebte für eine Weile in Dänemark, zog aber nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zurück in die USA. Sie siedelten sich in Minnesota an, wo Anderson an der University of Minnesota einen Abschluss in Physik machte.

Anderson begann noch als Student zu schreiben und veröffentlichte 1947 seine erste Geschichte. Er war die gesamte zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts aktiv und schuf Klassiker wie die Dominic-Flandry-Bücher und Sir Rogers himmlischer Kreuzzug. Er gewann zahlreiche Hugo- und Nebula-Awards. Er war Präsident der Science Fiction and Fantasy Writers of America und Gründungsmitglied der Society for Creative Anachronism. 1998 wurde er zum Großmeister der SFWA ernannt. Er arbeitete regelmäßig mit seiner Frau Karen zusammen, und die gemeinsame Tochter ist mit dem bekannten SF-Autor Greg Bear verheiratet. Poul Anderson starb im Juli 2001.

VORWORT

Das Goldene Horn erzählte von den frühen Jahren von Harald Sigurdharson und davon, was passierte, ehe er geboren wurde. Im Jahr 872 AD brachte König Harald Halfdansson, Schönhaar genannt, ganz Norwegen unter seine Herrschaft, als er seine letzten Feinde in der Schlacht von Hafrsfjord vernichtete. Vielen Anführern und Freibauern gefiel seine strenge Herrschaft nicht und sie verließen das Land. Dies traf besonders auf die nördlichen Landesteile zu, denn Harald kam aus dem Süden, wo seine Ynglingsfamilie seit mythischen Zeiten mächtig gewesen war. Besonders die Männer aus dem Tröndelag, dem fruchtbaren Land, das sich zum Trondheimfjord öffnete, wo die Stadt Nidaros lag, blieben oft gegen den Willen Haralds und seiner Nachfolger standhaft. Jene, die fortgingen, zogen auf die Britischen Inseln, in die Normandie, obwohl diese hauptsächlich eine dänische Kolonie war, und nach Island, das norwegische Seefahrer vor Kurzem entdeckt hatten.

Harald wurde von seinem ältesten Sohn Eirik Blutaxt beerbt, der wegen seiner Härte und Gier bald verhasst war. Ein anderer Sohn Haralds, Haakon, war in England erzogen worden und kam nun zurück, um sein Recht zu beanspruchen. Denn jeder Sohn eines Königs, legitim oder nicht, konnte die Macht erben, wenn ihn das Volk auf seinen Things, seinen Distriktversammlungen, ausrief. Als er keine Unterstützung mehr hatte, musste Eirik nach England fliehen, wo er in einer Schlacht fiel. Inzwischen regierte Haakon in Norwegen so ehrbar, dass er als der Gute bekannte wurde, obwohl er keinen Erfolg dabei hatte, das Land christlich zu machen, wie er es gehofft hatte.

Eiriks Söhne bereiteten ihm über Jahre Schwierigkeiten. Nachdem er im Kampf gegen sie starb, übernahmen sie unter der Führung Harald Graufells die Macht im Westen, der deshalb als König Harald II. in Erinnerung blieb. Der Norden allerdings wurde von Sigurdh, dem Jarl von Hladhi gehalten, der ein Freund Haakons gewesen war. (»Jarl« war im alten Skandinavien der einzige erbliche Titel außer »König«, obwohl ein König einen Mann in diesen Rang erheben konnte. Ein derartiger Anführer war oft mächtiger als die meisten, die den Titel König führten. Jene mochten zu einem gewissen Zeitpunkt zahlreich sein, egal, ob ihre Macht generell gering war und sie selbst der Herrschaft des Königs des gesamten Landes unterstanden.) Der Süden wurde von kleineren Königen gehalten, die ebenfalls von Harald Schönhaar abstammten.

Sigurdhs Sohn und Nachfolger, Haakon Jarl der Große, verbündete sich mit dem König von Dänemark und stellte Harald Graufell eine tödliche Falle. Daraufhin übernahm Haakon Jarl mithilfe der Dänen den Großteil von Norwegen. Bald kündigte er seinen Treueschwur an den dänischen König auf und besiegte ein Heer, das dieser gegen ihn sandte.

Doch am Ende wurde er so tyrannisch, dass das Volk einen Neuankömmling willkommen hieß: Olaf Tryggvason, ursprünglich Wikinger, später Lord in Dublin, ein Urenkel des ersten Haralds. Nachdem er Harald gestürzt hatte, der einen grausamen Tod erlitt, machte Olaf sich 995 zum Herrn über Norwegen und ging daran, es zu christianisieren – durch Überzeugungskraft, wo er konnte, ansonsten mit Feuer, Schwert und Folter. Nach fünf Jahren fiel er in einer Seeschlacht gegen eine vereinte Streitmacht aus Dänen, Schweden und Norwegern, letztere unter den Söhnen Haakon Jarls.

Die Anführer dieser Streitmacht wurden zu den mächtigsten Männern in Norwegen, allerdings bis 1015 als Vasallen von Dänemark. Zu jener Zeit kam noch ein weiterer ehemaliger Wikinger aus der Ynglingslinie aus dem Westen an. Dies war Olaf Haraldsson mit dem Spitznamen der Dicke, der von einem jener südlichen Provinzkönige abstammte, die von der Hand ihrer Feinde umgebracht worden waren. Der neue Olaf, der getauft war, erkämpfte sich seinen Weg an die Oberherrschaft und unternahm die Konvertierung seines Volks so gnadenlos, wie sein Namensvetter es getan hatte.

Mit der Zeit provozierte das Rebellionen unter Anführern und Freibauern, einschließlich vieler Christen. Sie fanden beim mächtigen König Knut von Dänemark Unterstützung, der in der englischen Geschichte als Canute bekannt ist. Olaf floh nach Russland, wo ihm Großfürst Jaroslaw Zuflucht gewährte. Den Staat von Kiew regierte eine Dynastie aus Skandinavien, die immer noch engen Kontakt mit den Ländern ihrer Vorfahren hielt. Obwohl die Entfremdung zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche größer wurde, war sie noch keine offene Spaltung geworden. Jaroslaw hatte eine schwedische Prinzessin, Ingigerdh, geheiratet, mit der Olaf einst verlobt gewesen war. Mit ihr hatte Jaroslaw mehrere Kinder, einschließlich eines Mädchens namens Elisabeth.

1030 kehrte Olaf mit der größten Streitmacht, die er aufbringen konnte, nach Norwegen zurück und hoffte, sein Reich zurückzugewinnen. Nachdem er gelandet war, scharten sich einige Leute um ihn.

Diese schlossen seinen Halbbruder Harald ein. Nach dem Tod ihres ersten Mannes, Olafs Vater, hatte die willensstarke Aasta einen seiner Verwandten geheiratet, den Provinzkönig Sigurdh Syr. Harald war das Kind der beiden. Nachdem Sigurdh ebenfalls gestorben war, herrschte Aasta über den großen Familienbesitz in der Nähe des Oslofjords. 1030 war Harald im Alter von fünfzehn Jahren bereits beinahe die sieben Fuß groß, die er als Erwachsener messen würde, und brannte darauf, sich Olaf anzuschließen. Aasta schenkte ihm ein Gefolge aus Kriegern.

Die Heere trafen in Stiklestad aufeinander: auf der einen Seite der König und jene, die ihn wieder einsetzen wollten; auf der anderen Männer, die fanden, dass sie ihre angestammten Rechte gegen einen Tyrannen verteidigten. Nach einer schrecklichen Schlacht fiel Olaf. Harald wurde verwundet vom Orkadier Rögnvald Brusason vom Schlachtfeld gebracht, der ihn unter der Fürsorge eines Bauern in der Wildnis zurückließ.

Als er sich erholt hatte, ging Harald nach Schweden, wo Rögnvald wartete. Zusammen suchten sie Jaroslaw in Russland auf. Er hieß sie willkommen. In den folgenden Jahren stieg Harald in seiner Armee hoch auf, indem er gegen aufständische Polen und räuberische Nomaden kämpfte.

Inzwischen war Olafs Leiche nach Nidaros gebracht worden, wo sie, wie man sagte, unverwest in einer Kirche lag. Die Hand des dänischen Vizekönigs war grausam, und das Volk fing an zu fürchten, dass es, als es Olaf getötet hatte, einen Heiligen getötet hatte. Olafs unehelicher Sohn Magnus fand ebenfalls bei Jaroslaw Zuflucht.

Harald sah, dass er den richtigen Zeitpunkt abwarten musste, ehe er nach Hause zurückkehren konnte. Er brauchte außerdem Wohlstand, um Kämpfer anzuheuern, und er wollte mehr von der Welt sehen. Als er die Erlaubnis von Jaroslaw erhielt, führte er ein Gefolge Richtung Süden nach Konstantinopel.

Dies war die wichtigste Stadt des Christentums und herrschte über ein Reich, das sich vom Balkan bis nach Mesopotamien erstreckte. Glänzend, reich, korrupt, stets auf einen Niedergang zuhaltend, der dennoch beinahe weitere fünf Jahrhunderte dauern würde, fanden die Byzantiner wenige, denen sie vertrauen konnten. Unter diesen wenigen war die Warägergarde des Kaisers, Söldner aus den Nordlanden. Binnen kurzer Zeit war Harald deren Hauptmann.

Als solcher führte er für die nächsten paar Jahre Krieg sowohl gegen Sarazenen als auch Rebellen. Die gewaltige Beute, die er gewann, sandte er mit russischen Händlern zurück, damit Jaroslaw sie für ihn aufbewahrte. Er lernte viel über die Feinheiten der Herrschaft. Er fand zwei enge Freunde, die Isländer Halldor Snorrason und Ulf Uspaksson. Schließlich verliebte er sich in eine junge Dame, eine Zofe der Kaiserin Zoe, Maria Skleraina.

Eine Revolution brachte Zoe und ihrer Schwester die Alleinherrschaft. Als Harald um ihre Erlaubnis ersuchte, Maria zu heiraten, verweigerte sie diese. Immerhin hatte er für den ehemaligen Kaiser gegen den Aufstand gekämpft. Das war einfach seine Pflicht gewesen. Seine spätere Weigerung allerdings, sich bei ihr anzubiedern oder danach zu trachten, unter ihren Liebhabern zu sein, machte sie noch wütender. Er schluckte seinen eigenen Zorn hinunter und zog für das Kaiserreich zu einer Kampagne nach Italien. Kurz nach seiner Rückkehr wurde er wegen einer erfundenen Anschuldigung der Veruntreuung ins Gefängnis geworden. Seine russischen Verbindungen hatten viel damit zu tun, weil Jaroslaw vor Kurzem einen erfolglosen Angriff auf das Reich geführt hatte.

Harald entkam zusammen mit seinen Freunden Ulf und Halldor und nahm sogar Maria mit. Sie ging jedoch gegen ihren Willen und flehte ihn an, sie gehen zu lassen, weil ihre Familie sonst Zoes tödlichem Hass ausgesetzt wäre. Er liebte sie zu sehr, um ihr dies zu verweigern, doch vergaß danach nie, dass er sie verloren hatte, weil er machtlos gewesen war. Nachdem er zurück zu Jaroslaw nach Kiew gereist war, wurde er freundlich empfangen. Nicht nur erwartete ihn dort Reichtum, sondern im Norden waren auch viele Dinge passiert.

Nach Knuts Tod hatten die führenden Männer in Norwegen nach Wegen gesucht, um die dänische Herrschaft loszuwerden. Führend unter ihnen waren Einar Thambaskelfir (der Bogenschütze), der in der letzten Schlacht von Olaf Tryggvason gekämpft hatte, und die Brüder Kalf und Finn Arnason. Sie hatten den jungen Magnus, den Sohn König Olaf Haraldssons des Dicken – den man jetzt als St. Olaf betrachtete – aus Russland geholt und ihn zu ihrem neuen König ausrufen lassen. Die Dänen waren bald vertrieben und Magnus herrschte allein. Durch einen Vertrag hatte er auch einen Anspruch auf sowohl Dänemark als auch England.

Zuerst war er ein anmaßender Herrscher, der Kalf Arnason nach Westen fliehen ließ und sein Volk nahe an eine Rebellion brachte. Aber sein Pate Sighvat, ein berühmter Skalde, brachte ihn zur Vernunft, und binnen kurzer Zeit war er als Magnus der Gute bekannt.

Harald heiratete inzwischen Elisabeth, die Tochter von Jaroslaw und Ingigerdh. In der nordischen Sprache wurde ihr Name zu Ellisif abgekürzt. Mit der größten Streitmacht, die der Großfürst zur Verfügung stellen wollte und die er selbst aufbringen konnte, überquerte Harald die Ostsee, um sein Glück zu suchen.

Nachdem Magnus Olafsson die Macht in Dänemark übernommen hatte, hatte er Svein Estridhsson zu seinem Jarl über jenes Land erhoben. Svein war mütterlicherseits ein Abkömmling von dessen alten Skjöldungkönigen – daher sein Spitzname, denn sein Vater war von einem niedrigeren Stand als sie gewesen. Bald rebellierte er und rief sich selbst zum dänischen König aus. Magnus bestritt dies und ließ Svein nach Schweden fliehen, dessen eigener König dazu neigte, einem Feind seines nordischen Rivalen Zuflucht zu gewähren.

Dort fand Harald Svein. Weil Magnus nicht zustimmte, dass sein Onkel zumindest ein gleichwertiges Recht darauf hatte, Norwegen zu beherrschen, verbündete Harald sich mit dem Dänen. Während des folgenden Krieges, wurde das erste Kind von Harald und Ellisif geboren: ein Mädchen, das der Vater Maria taufen ließ.

Das Bündnis war wacklig, mit Misstrauen auf beiden Seiten. Harald verhandelte heimlich mit Magnus. Später sandte Svein einen Mann, der versuchte, Harald zu töten. Daraufhin nahm der Norweger 1046 seine Schiffsmannschaften, um sich mit seinem Neffen zu treffen. Sie kamen zu einer Übereinkunft, Harald und Magnus. Sie würden die Königsherrschaft über Norwegen und die Reichtümer, die er aus Byzanz mitgebracht hatte, teilen, aber Magnus würde als Sohn von St. Olaf immer den ersten Platz einnehmen.

Für den Augenblick war Harald zufrieden. Er war nicht länger ein landloser Wanderer, der sogar unfähig war, die Frau zu halten, die er liebte. Gemeinsam sollten Magnus und er fähig sein, Svein zu brechen und sich Dänemark zu unterwerfen. Danach hatten sie durch alte Verträge einen Anspruch auf den Thron von England.

Poul Anderson

FRÜHE KÖNIGE VON NORWEGEN

Alle gehörten zur Yngling-Familie, die nach Legenden vom Gott Yngvi-Freyr und tatsächlich von Harald Schönhaar abstammte, der die Vereinigung von Norwegen ungefähr 872 n. Chr. abschloss. Einige waren, obwohl sie den Titel König führten, lokale Vasallen. Könige von ganz Norwegen sind hier in kursiv, und die Daten ihrer Regierungszeit sind angegeben. Man sollte daran denken, dass die meisten dieser Männer Brüder oder Halbbrüder hatten, die nie einen Titel führten und nicht gezeigt werden. Es gab die folgenden drei Interregna: Haakon der Große, Jarl von Hladhi, herrschte zwischen Harald Graafell und Olaf Tryggvason, die Söhne von Haakon zwischen Olaf Tryggvason und Olaf dem Dicken (St. Olaf), und Svein Alfifasson als der Vizekönig von Knut dem Großen zwischen Olaf dem Dicken und Magnus dem Guten.

Spätere Könige stammten von Olaf Kyrre ab.

DIE RACHE DER WIKINGER

Voll Freude war die Fahrtauf Fjorden jenseits der Strände,als königliche Schiffe geschicktmit Segeln die Brise fingen.Hastende Seepferde schlugenmit Kielen auf die Wasser;geschwind fuhren wir stürmischseewärts in den Langschiffen.

Sighvat

I

VON KÖNIGEN IN NORWEGEN

1

Mit vielen Schiffen und Männern unter ihrem Kommando segelten König Magnus und König Harald nach Jütland.

Dort gingen sie an Land und plünderten wild. Ihr Feind Svein stellte sich ihnen nicht entgegen, sondern führte seine eigene Flotte ostwärts nach Schonen, um abzuwarten, bis er hörte, dass die Norweger nach Hause gefahren waren. Die Jüten selbst hoben unter einem mächtigen Freibauern, Thorkell Geysa, der auf dem Thing von Viborg Svein zum König von Dänemark ausgerufen hatte, eine Streitmacht aus, doch in einer harten Schlacht wurden sie besiegt und Thorkell selbst als Gefangener mit zurück nach Norwegen gebracht.

Dorthin steuerten Magnus und Harald im Herbst und waren sich einig, dass sie im nächsten Jahr mit einer richtigen Armee zurückkehren und die Dänen für immer niederschlagen würden. Magnus zog direkt nach Nidaros, aber Harald, der mehr von diesem Land, das er erobert hatte, sehen wollte, fuhr in den Sognefjord.

Immer weiter hinein fuhren seine Schiffe, unter hohen Klippen, die von Wäldern gekrönt waren und gelegentlich das schlanke Glitzern eines Wasserfalls zeigten, einen knorrigen Baum, der sich in eine Spalte klammerte, einen Bauernhof, der sich winzig auf den Höhen duckte. Das Wasser war kalt, dunkel und klar. Wolken, die über die Steilhänge geweht wurden, erweckten den Eindruck, als würden diese ständig herabstürzen. Ein Adler kreiste weit über ihnen auf sonnengoldenen Schwingen.

»Dies also ist dein Land«, sagte Elisabeth. Ihre Stimme war sehr leise, als würde sie von der Gewaltigkeit um sie herum zerquetscht. »Jetzt verstehe ich, was dich geformt hat.«

»Meine Provinz ist weniger grandios«, antwortete Harald. »Aber mein Blut stammt aus solchen Quellen, wie du sie hier siehst. Sogar das Wort ›Wikinger‹ bedeutet, ein Mann aus dem vik, der Bucht.«

Sie erschauderte ein wenig.

Harald verließ seine Schiffe unter Bewachung am Strand und ritt an der Spitze so vieler Krieger, wie sie Pferde hatten, in die Berge fort. Durch eine dichte Wildnis kamen sie, wo Flüsse in die tiefen Wälder der Täler rauschten, aufgeschreckte Vögel zu Tausenden donnernd in den Himmel stiegen, Wölfe heulten und oft die mächtigen Gestalten von Elch oder Auerochse die Hörner zum Himmel reckten. Der Wohnhäuser waren nur wenige, weit auseinander, meistens klein und armselig, inmitten von Feldern, die man dem Wald abgerungen hatte. Ein Haus konnte dem König, der Königin und vielleicht zwei oder drei weiteren Schutz bieten, doch der Rest der Truppe musste draußen die Schlafsäcke ausrollen. Am Abend dann hörten die Gäste oft furchterregende Geschichten darüber, was auf dem Land spukte: Elfen und Draugr, Werbären und Trolle. Keine Hausfrau vergaß, eine Schüssel Milch für den Herdgoblin aufzustellen, und an Festtagen wurden an den Grabhügeln lange verstorbener Anführer Opfer dargebracht. Ach, war das ein Rauschen von Regen und Wind in der Nacht, oder war es ein Geist, der mit den Fersen auf dem Dach stampfte? Einige Männer schworen, sie hätten die Wilde Jagd gesehen, den einäugigen Odin, der die unheiligen Toten auf ihrer ewigen Jagd durch die Luft anführte, mit dröhnenden Hörnern und jaulenden Hunden, aus deren Mäulern Flammen stoben.

Jenseits dieser Gegend führten die Hänge bergab in das große Tal namens Gudbrandsdal. Dort war die Bevölkerung wohlhabend. Thori von Steig hieß Harald willkommen, und der König blieb einige Zeit bei ihm, während seine Macht wuchs. Neben seinen ausgewählten Gefolgsleuten zog er viele junge Männer an, die von ihm gehört hatten und dachten, dass sie in seinen Diensten aufsteigen konnten. Binnen kurzer Zeit hatte er einen eigenen Hofstaat von einer guten Größe.

Weil er noch kein eigenes Heim besaß, ließ Harald Elisabeth und Maria bei Thori und erneuerte die alte Praxis: dass ein König einen Anführer nach dem anderen besuchen sollte und die Kosten seines Aufenthalts bei ihnen als Teil ihrer Steuern angerechnet wurden. Er hörte, dass Magnus es in diesem Winter ähnlich hielt.

Als er durchs Hochland ritt, befragte er ständig das Volk, um zu erfahren, wie die Dinge im Reich standen. Seine Sorge galt dem Geld. So viel er auch bereits hatte, es würde nicht reichen, wenn er nicht anfangen konnte, die Steuern einzutreiben, die ihm zustanden. Bei einer herrschaftlichen Halle wurde ihm erzählt, dass die Ernte schlecht gewesen sei und es nicht genug verfügbares Geld gebe, um zu bezahlen.

»Nun«, sagte Harald, »du hast große Ländereien. Du kannst etwas davon verkaufen.«

»Mein Herr, das ist Odal-Land«, protestierte der Anführer. »Nach dem Gesetz darf es nicht außerhalb der Familie verkauft werden, und keiner meiner Verwandten würde es mir abkaufen wollen.«

»Ich kenne das Gesetz«, sagte Harald ungeduldig. »Aber ich weiß auch, dass du mit deinen Rindern oder der nächsten Ernte als Sicherheit etwas leihen kannst.«

Der Anführer schluckte seinen Zorn hinunter, als er die bewaffnete Leibwache sah. »Wenn du nur ein Jahr warten könntest, mein Herr … Die Zinsen sind so hoch.«

Harald runzelte die Stirn. »Nein«, sagte er. »Ich kenne eure Sorte. Der König gibt euch den kleinen Finger, und ihr fresst seinen ganzen Arm. Wenn die Steuern bis Frühling nicht bezahlt sind, beschlagnahme ich das Land.«

Als er davonritt, sagte einer von denen, sie sich ihm kürzlich angeschlossen hatten: »Mein Herr, dies ist nicht der richtige Weg, um ihre Freundschaft zu gewinnen. Ich habe sie reden hören, als du außer Hörweite warst, dass der gute König Magnus nicht so gegen sie handeln würde.«

»Magnus ist ein Narr«, sagte Harald bitter. »Er glaubt, es ist noch wie vor hundert Jahren. Ich sage, dass es das nicht ist. Wenn der König nicht stark ist, ist das Königreich schwach – leichte Beute für das erste wilde Tier, das daherkommt.«

»Wie viel von deiner Sorge gilt dem Reich«, fragte Halldor, »und wie viel dir selbst? Sei nicht zu gierig, Harald. Derjenige, der nach zu viel greift, wird fallen.«

»Du hast die Seele eines Freibauern«, sagte Ulf.

»Ich folge dem Rest von euch«, sagte Halldor. »Wann habe ich mich vor Ärger gedrückt? Aber ich werde mich nicht viel länger an derartigen Dingen beteiligen.«

Harald blieb schweigsam. Er war an Halldors Scharfzüngigkeit gewöhnt, doch er grübelte über Magnus. Diese geteilte Herrschaft konnte nichts Gutes bringen, und ihm schien es, dass sich der jüngere Mann die Liebe des Volkes mit der Stärke des Volkes erkaufte.

Auf einem großen Hof im Hochland stellte er fest, dass sein Neffe ebenfalls zu Gast war. Magnus grüßte ihn ohne Wärme, und als sie sich allein wiederfanden, platzte er heraus: »Harald, ich habe Gerede über dein Handeln gehört. Ich hatte nicht vor, so zu regieren.«

»Du hast mir meinen Anteil an der königlichen Macht und am Einkommen versprochen«, antwortete Harald. »Ich habe es mir nur genommen.«

Magnus blickte zu seinem Onkel hoch, der ohne Lächeln auf dem Gesicht über ihm aufragte. »Du handelst zu hart«, sagte er. »Dafür haben Könige schon ihren Thron und manchmal ihr Leben verloren.«

»Weil die Anführer und das gemeine Volk keine Veränderung haben wollten, selbst wenn Veränderung nötig war«, fauchte Harald. »Als ich im Süden war, habe ich gesehen, wie ein Reich nach dem anderen unterging, weil es schwach regiert wurde. Das Kaiserreich war stark, weil alle Macht an einer Stelle lag. Dennoch hätte es stärker sein können, hätten die Kaiser selbst die Zügel übernommen, statt ihre Geschäfte von Eunuchen regeln zu lassen.«

»Ich zweifle sogar an der Weisheit unseres Streits mit Svein«, sagte Magnus unglücklich. »Gott hat uns Norwegen geschenkt, und wir könnten es friedlich halten. Der Versuch, mehr zu erobern, könnte uns vielleicht nur zu unserem Untergang führen.«

»Ist das Olafs Sohn?«, spottete Harald.

Magnus errötete. »Meine Freunde und ich haben Knuts Kreatur vertrieben und die Wenden zerschmettert, während du dich in der Welt herumgetrieben und nicht mehr Gutes getan hast, als dich selbst zu bereichern. Nenn mich nicht Feigling, außer du bist bereit zu kämpfen.«

Harald drehte sich um und ging von ihm weg, weil er sich selbst nicht genug vertraute, um weiterzusprechen.

Danach gab es, wenn er zufällig Magnus wieder auf seinen Reisen traf, oft hitzige Worte zwischen ihnen. Ein Verwandter der Haarekssöhne in Haalogaland, der Magnus nie verziehen hatte, erzählte Harald, dass sein Neffe ein Komplott gegen ihn schmiedete. Harald bezweifelte das – für so stur und fehlgeleitet er den jungen Mann auch hielt, er glaubte, dass er aufrichtig war –, aber vielleicht würde es eines Tages wahr werden. Umso wahrscheinlicher, weil Einar Thambaskelfirs Freunde Harald ständig bei Magnus schlechtmachten.

Sie waren allerdings nach außen hin immer noch befreundet, als sie sich in Nidaros trafen.

2

Trotz seiner Größe hatte der Trondheimfjord nicht die Pracht anderer Fjorde, denn hier bildete ein großer Einschnitt im Gebirge das weite, wohlhabende Tröndelag. Wo der Fluss Nidh in die Bucht floss, war eine Stadt gewachsen und der Sitz des Königs geworden. Harald fand, dass sie zu weit vom Rest der Welt entfernt lag. Im Norden verlor sich das Land in den Weiten der Finnmark und den kalten Fischgründen der Lofoten, Eis und Wald, Sumpf und düstere Hügel. Besser, weiter südlich eine Hauptstadt zu haben, zum Beispiel am Oslofjord, wo Dänemark nahe und das Volk weniger rebellisch war. Aber er sah sich interessiert um, als er nach Nidaros hineinritt.

Holzhäuser umgaben ihn, Galerien an den oberen Stockwerken, bunt bemalte Firste, Schnee schwer auf hoch aufragenden Dächern. Er sah Läden, Ställe, Schmieden, Werften, Lagerhäuser. Einige Tausend Menschen lebten hier. Von einem freien Platz konnte er sehen, wie das Land steil über die Stadt anstieg, am Hang die halbfertige Olafskirche und eine steinerne Halle, die Magnus bauen ließ. Die Bewohner, struppige Männer und große, kräftige Frauen, waren gegen den kühlen, feuchten Wind in viele Schichten Kleidung gewickelt, doch sie wirkten alle gut genährt. Harald bemerkte, dass die meisten Männer auf einem Speer oder einer Axt lehnten und mit stillem Misstrauen beobachteten, wie er vorbeiritt. Die Thronden hatten mehr als einen König gebrochen, der ihnen nicht gefallen hatte.

Harald stieg vor der königlichen Halle ab und trat mit seinen engsten Gefolgsleuten ein. Wie es selbst in der Stadt üblich war, bildeten deren Nebengebäude ein Quadrat um einen gepflasterten Hof. Die Halle selbst, die zum Essen und Trinken genutzt wurde, war geräumig: an einem Ende lagen Eingang und Vorraum, der Rest wurde von einer einzigen großen Kammer eingenommen. Die Fensterläden an den kleinen, hohen Fenstern waren geöffnet. Schwaches Licht schien durch die dünn abgekratzten Därme, die sie bedeckten, und durch das Rauchloch im Dach, doch ein Großteil des Lichtes kam von den flackernden Feuern in drei langen Gruben. Die Säulen und Paneele waren üppig mit geschnitzten Ranken, Schlangen und Figuren verziert. An den Wänden hingen Felle, Geweihe, Waffen und Wandteppiche. Der Boden war dick mit Läufern belegt. Männer saßen auf Bänken herum, die an den Wänden aufgestellt waren, und Hunde schlummerten zu ihren Füßen. Dies waren die sturen, dickköpfigen, norwegischen Anführer und Krieger, die Magnus‘ Hof bildeten. Sie standen auf, als Harald hereinkam, aber keine große Freundlichkeit stand in ihren verschlossenen Mienen geschrieben.

Er blieb stehen. Ärger lag in dieser rauchigen Luft. Er konnte ihn beinahe riechen. Der andere König war nicht in Sicht, also ging er weiter, setzte sich auf den Hochsitz und winkte einer Frau nach Met.

»Wo ist Magnus?«, fragte er einen der Männer in seiner Nähe. »Spricht allein mit seiner Mutter.« Sein Tonfall war unverschämt, doch Harald beschloss, nicht mit ihm zu streiten. Als Versuch, die Anspannung zu lockern, fragte er laut: »Gibt es hier keinen Skalden, der uns einen Vers vortragen kann?«

Ein junger Mann mit dickem Leib, groben, sommersprossigen Gesichtszügen, struppigem Haar und Bart stand auf. »Ich bin einer der Skalden des Königs«, sagte er. »Ich werde einen Reim für dich machen.« Er hielt einen Moment inne, dann sprach er:

Wohlbekannter König, zerteilt hast dumit Kielen die Straße des Seepferds,als damals im Westen nach DänemarkDrachen die Wasser durchpflügten.Seither hat Olafs Sohn baldmit dir die Herrschaft geteilt.Verwandte teilten ihre Freundschaft,das Königtum wurde geteilt.

»Du bist Isländer, wie ich hören kann«, sagte Harald. Er mochte die Art dieses Kerls. Nicht jeder hätte es gewagt, ihn so an seinen Handel zu erinnern oder wäre dabei so höflich geblieben. »Wie heißt du?«

»Thjodholf Arnason, mein Herr.«

Harald nahm einen Goldreif von seinem Arm, brach ihn auseinander und gab eine Hälfte dem Skalden, eine gute Bezahlung. »Nimm das«, sagte er, »und bleib bei mir.«

»Ich folge dem König von Norwegen, mein Herr«, antwortete Thjodholf und fasste nach der Belohnung. Das konnte doppeldeutig sein, aber zumindest schmiedete er nicht hinter dem Rücken eines Mannes ein Komplott.

»Warum so viele lange Gesichter?«, fragte Harald. »Du kannst es mir ebenso gut erzählen, ich erfahre es bald genug.«

Thjodholf verlagerte unglücklich sein Gewicht. »Es geht um den jütischen Anführer, Thorkell Geysa«, sagte er. »Wie du dich erinnerst, wurde er letzten Sommer gefangen und hierhergebracht. König Magnus befahl, dass er ehrenhaft behandelt werden sollte, aber jetzt scheint es, dass die Mutter des Königs, Alfhild, ihm ein Schiff und eine Mannschaft gegeben und ihn freigelassen hat.«

»Ach!« Harald sprang wütend auf die Füße. »Es reicht nicht, eine Geisel ohne Lösegeld gehen zu lassen, sondern ich, der ihn gefangen hat, werde nicht einmal benachrichtigt! Wo ist sie?«

»Sie ist bei dem König, ihrem Sohn, und …« Thjodholf verstummte erleichtert. »Nein, hier kommt mein Herr gerade.« Magnus trat stirnrunzelnd in den Raum. Er ging zum Hochsitz, und Harald ragte über ihm auf und brüllte: »Was höre ich da über Thorkell den Jüten?«

»Er ist freigelassen worden«, sagte Magnus. »Besorgt dich das?« »Ja, tut es. Ich bin ein halber König, ich trage das halbe Risiko. Das war einer von Sveins mächtigsten Anführern.«

»Die Angelegenheit wurde geregelt.«

»Wie? Was führt deine Mutter im Schilde?«

»Meine Mutter muss hier nicht hineingezogen werden«, sagte Magnus verunsichert. »Und jetzt, Harald, wenn du dich an die Eide erinnerst, die wir letzten Frühling schworen, gehört dieser Sitz mir.«

Er war breit genug für zwei. Harald biss die Zähne zusammen, bis seine Kiefer schmerzten, stand jedoch auf und überließ den Sitz ihm.

»Dies ist ein kaltes Willkommen, das du mir schenkst«, sagte er, »also werde ich dich nicht weiter behelligen. Auf Wiedersehen.« Er ging aus der Halle zu dem Gebäude, das für seine Nutzung bestimmt war.

Sobald er dort war, zügelte er seinen Zorn und befahl dem Laufjungen, Ulf zu holen. Der Isländer kam etwas taumelnd herein. »Uff! Dieser throndische Met ist ein herzhaftes Gebräu. Was für einen Kopf ich morgen haben werde!«

»Wenn du nicht zu betrunken und zu sehr damit beschäftigt bist, Frauen hinterherzujagen«, sagte Harald, »finde für mich heraus, warum Königin Alfhild Thorkell Geysa gehen ließ. Falls es irgendwelche Verschwörungen gegen mich gibt, will ich davon wissen.«

»Ach, das«, sagte Ulf. Er rülpste und lehnte sich an einen Türstock. »Das weiß ich schon. Ich hatte mich gerade an einem von Magnus‘ Leibwächtern bereichert, er hat kein Glück mit den Würfeln, als dein Junge kam, und wir waren am Tratschen. Es gibt nichts Pikantes zu erzählen. Alfhild hat nur vorausschauend gehandelt.«

»In Gottes Namen, hinter was war sie her?«

»Oh … einem Zufluchtsort, für den Fall, dass Magnus, ihrem Sohn, irgendetwas zustoßen sollte. Nichts sonst. War das alles, was du wolltest? Dann bin ich wieder dahin.«

Harald blieb eine Weile allein im Raum stehen. Also vertrauten sie ihm nicht mehr als so weit?

Dieses Wissen war bitter. Vielleicht, sagte er sich selbst, hatte er ihnen einigen Grund gegeben, ihn nicht zu mögen, aber sicher nicht so viel. Er hatte vor, seinen Handel einzuhalten, wenn nicht aus Liebe zu Magnus, dann, weil ein Bürgerkrieg eine Gelegenheit für die Anführer wäre, ihre alte Macht wiederzuerlangen und Harald Schönhaars Werk bis auf den Namen zunichte zu machen. Wenn er hin und wieder aufbrauste, weil er den zweiten Platz einnehmen musste, brauchte Magnus sich deshalb keine solchen Sorgen zu machen. Aber zu viele Männer arbeiteten an Unfug. Magnus kannten sie. Harald war der Unbekannte, das furchterregende Morgen, und sie würden alles tun, was sie konnten, um ihm Ärger zu bereiten.

Nun … Wenn es Hass war, den sie wollten, dann sollten sie ihn haben, bis sie daran erstickten. Aber er fühlte sich sehr allein. Er wünschte, Ellisif wäre hier, doch viele winterliche Meilen lagen zwischen ihnen, und selbst, wenn sie zusammen waren, verstanden sie einander nicht.

Er beschloss, Olafs Schrein in der Kirche St. Clemens zu besuchen. Dann hatte er wenigstens etwas zu tun, und vielleicht würde ihm der alte König ein Zeichen geben. Er legte seine Überkleidung an, nahm eine Axt und ging allein die dämmrige Straße entlang. Männer starrten seiner großen, einsamen Gestalt hinterher, bis sie im Zwielicht verschwunden war.

An der Kirche, einem Steingebäude, das neben denen, die er im Ausland gesehen hatte, klein wirkte, ließ er Waffe und Mütze am Eingang. Drinnen war das Gebäude dunkel und kalt, weil nur wenige Kerzen vor dem Altar ein düsteres Licht warfen. Dort lag der Sarg, in teure Pelze eingewickelt, ein goldenes Stoffbaldachin darüber. Die Fäden schimmerten in der Düsternis.

Harald kniete sich davor. Dies war ein Wunder, sagte man. Die Leiche des Märtyrers war unverwest, wirkte, als würde er schlafen. Magnus, sein Sohn, hatte den einzigen Schlüssel zum Schrein und schnitt angeblich alle zwölf Monate allein das Haar und die Nägel, die immer noch wuchsen. Harald fragte sich, ob er die Leiche wohl sehen dürfte, bezweifelte jedoch, dass Magnus zustimmen würde. Unheilige Gedanken schossen ihm wie Teufel durch den Kopf. Es gab Möglichkeiten, um eine Leiche einzubalsamieren, sodass sie für eine Weile erhalten blieb, aber hier im Norden war die Kunst plump und die Verwesung musste irgendwann einsetzen.

Er murmelte als Buße ein Ave. Das lenkte seine Gedanken auf Maria, die irdische Maria, die er in Miklagard zurückgelassen hatte. In der Düsternis fühlte er beinahe, wie ihre Lippen seine wieder berührten … Nein, sie lag hinter ihm, er würde sie in diesem Leben nie mehr sehen, und der Himmel war höchstens ein blutleerer Ort. Das Höllenfeuer wäre wenigstens warm. Er schauderte und stand auf. Da war kein Zeichen gewesen.

3

Im Eingangsraum seiner Halle zog Einar Thambaskelfir seine matschigen Stiefel aus und schlüpfte in Schuhe. Draußen prasselte Frühlingsregen auf die Erde, Schnee schmolz und Gräben flossen über. Er spürte, wie seine Knochen in der Feuchte ächzten. Ja, er wurde alt.

Bergljot, seine Frau, reichte ihm einen Kelch mit warmem Bier, als er in den Hauptraum schlurfte. Er leerte diesen, und seine alte Beherztheit wurde ein wenig wiedergeboren. Er war immer noch Einar Thambaskelfir, Einar der Bogenschütze. Sie füllte den Kelch wieder. Gerade jetzt war sie die einzige hier. Eindridhi, ihr Sohn, lebte mit seiner Familie in der Nähe, und natürlich hatten sie reichlich Bedienstete, aber irgendwie schienen diese sich anderswo zu verkriechen. Ein heftiges Dröhnen rüttelte an der Tür. »Schon der erste Donner«, sagte Einar. »Das wird ein stürmisches Jahr.«

Bergljot nickte. Sie war eine groß gewachsene Frau, eher ansehnlich als hübsch, ihr Gesicht unter dem dichten grauen Haar so ernst wie seines. »Auf mehr als eine Weise«, antwortete sie. »Was sagen sie in Nidaros über den Krieg?« Einar war gerade von einem Treffen der Anführer zurückgekehrt.

»Die Könige haben vor, ein riesiges Heer auszuheben – die Hälfte aller kampfbereiten Männer in Norwegen. Das bedeutet so gut wie jedes Schiff, weißt du. Das wird hart für die Fischer.« Einar stellte den Kelch ab, ein massives Ding aus punziertem Silber, in das Rubine eingesetzt waren. »Ich will das hier loswerden.«

»Warum? Ich dachte, du hättest es von Magnus.«

»Aber er hatte es von Harald.« Einar spuckte aus. »Ich würde nichts sagen, wenn wir für Magnus nach Dänemark ziehen würden, aber es ärgert mich, für diesen Emporkömmling zu kämpfen. Diese Könige sind eine Seuche über dem Land, und kaum bekommen wir einen guten, schon erhebt sich erneut die alte Art.«

Bergljot konnte etwas Spott nicht widerstehen: »Olaf Tryggvason war ein harter König, aber du hast zu ihm gestanden, als die Lange Schlange geentert wurde.«

»Ja … ja …« Einar ging langsam zum Hochsitz. Für einen Augenblick verließ ihn die Kraft, er ließ seine Maske fallen, und sie sah, dass er alterte. »Damals war ich jung, wir waren alle jung. Ich erinnere mich, wie ich dastand und schoss und schoss, bis der Bogen in meiner Hand zersprang. ›Was war das für ein Geräusch?‹, rief Olaf. ›Das war Norwegen, das aus deiner Hand gerissen wurde, König‹, antwortete ich. Und dann wurde das Schiff eingenommen und Olaf sprang ins Meer. Es war im Jahr eintausend nach Christus, und einige dachten, das Jüngste Gericht würde damals kommen. Für mich war es wie das Ende der Welt, als sich das Wasser über seinem Kopf schloss.« Er setzte sich hin und legte sein Kinn auf knorrige Finger. Der Regen prasselte laut auf das Dach.

Bergljot kam zu ihm. Sie hatte die Geschichte oft gehört, in denselben Worten, und antwortete jetzt so, wie sie es immer getan hatte. »Nun, was tot ist, ist tot. Mein Vater Haakon Jarl hielt Norwegen davor, und Olaf Tryggvason jagte ihn bis in den Tod. Dennoch leben wir beide glücklich zusammen, Einar.«

»Wir teilen dasselbe Blut«, antwortete ihr Mann. »Die Anführer im Reich, aus dem Volk aufgestiegen, und sie sprechen für dieses. Es war in den alten Tagen besser, finde ich, als die Macht von unten kam und kein Mann zu viel Macht hatte. Jetzt haben sich die Könige über uns alle, über das Gesetz gestellt. Harald Sigurdharson will das Gesetz sein.« Er ballte eine Faust. »Möge ich nie den Tag sehen, wenn mein Leben von dem Willen eines Mannes abhängt.«

»Diese Zeit ist anders«, seufzte Bergljot. »Jetzt sind wir Christen und Thor ist ein Dämon, obwohl er viele harte Kämpfe ausgefochten hatte, um dieses Land für die Menschen den Riesen abzuringen. Jetzt gibt es einen König und einen Papst, und ich weiß nicht, was noch, die an unserer Freiheit nagen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich verstehe es nicht. Was kann eine Frau Besseres und Reineres tun, als ein Kind auszutragen? Dennoch sagen sie, dass das unrein ist und sie der Kirche fernbleiben muss, bis …«

»Halt dich aus heiligen Angelegenheiten heraus«, warnte Einar. Er warf einen Blick auf die Deckenbalken, halb verängstigt, als würde er sehen, wie St. Olaf finster auf ihn hinunterstarrte. »Die Lage könnte schlimmer sein. Solange Magnus lebt, bleibt das alte Gesetz geschützt. Und dieser Harald ist so waghalsig, dass er gut in der Schlacht getötet werden könnte. Falls das passiert, werde ich viele Kerzen und sogar etwas Land für die neue Olafskirche spenden.«

»Wie viel?«, fragte Bergljot scharf.

»Nun, lass es erst eintreffen!«

»Aber was, wenn es anders läuft? Angenommen, Magnus fällt. Was können wir dann erwarten?«

»Probleme«, sagte Einar grimmig. »Unruhen und Morden, bis Harald niedergestreckt wird und der rote Hahn auf seinem Dach kräht. Von mir soll er nie irgendein Geschenk außer der Klinge einer Axt bekommen.«

II

WIE KÖNIG MAGNUS SEIN SCHICKSAL FAND

1

Im Frühling reiste Elisabeth mit Maria, die schnell wuchs, nach Nidaros hinauf. Doch sie hatte kaum Zeit, Harald zu begrüßen und ihm zu zeigen, wie das Kind schon laufen konnte, bis er wieder fort war. Das Heer wurde ausgehoben und die norwegischen Könige segelten los, um Dänemark zu erobern.

Jeden Tag glitt die Flotte an gigantischen Klippen vorbei, die über ruhelosen grauen Wassern aufragten. Nachts suchten sie Ankerplätze und die Männer schliefen an Bord, oder es gab einen ausreichend breiten Strand, um die Schiffe an Land zu ziehen und ein Lager aufzuschlagen. Harald hatte den Befehl über etwas weniger als die Hälfte der Schiffe, die Truppen aus dem Süden und seine eigene Leibwache, doch weil seine Streitmacht kleiner war, war sie schneller bereit. Einige Tage, nachdem die Seereise begonnen hatte, war er früh auf, ließ den Befehl ausrufen, die Anker zu lichten und die Masten aufzurichten, und war weit vor Magnus auf dem Weg. Als er den für jenen Abend vereinbarten Haltepunkt erreichte, ruderte er sein Schiff in die kleine Bucht an den Strand. Dies war der bessere Ort, denn die Männer konnten an Land gehen und ihre Beine strecken, und Harald hielt es nur für gerecht, dass diesmal seine Gefolgsleute diese Gelegenheit haben sollten.

Eine niedrigstehende Sonne brannte aufgequollen und in einem dumpfen Rot über dem Meer, als Magnus‘ Schiffe ins Blickfeld glitten. Sie kamen an den Steilklippen vorbei in die Bucht gesegelt, ein langer Rumpf nach dem anderen. An der Spitze hob die riesige Wisent ihren gehörnten goldenen Kopf und Schilde rasselten entlang ihrer Reling. Harald stand auf seinem eigenen Drachenschiff auf und fragte sich, was Magnus dazu sagen würde, dass er den königlichen Ankerplatz beansprucht hatte. Die Wisent kam zum Stehen. Schwach hörte er Männer rufen. Dann wurde ihr Segel gesenkt, die Ruder kamen heraus und er sah, wie die Mannschaften der Schiffe des Königs nach ihren Waffen griffen.

»Was zum Teufel?«, fragte Ulf.

Harald bleckte freudlos die Zähne. »Lichtet die Ankertaue und schafft unsere Kiele hier raus! Wie es scheint, ist der gute Magnus wütend.«

»Er würde wegen einer derartigen Kleinigkeit gegen seine eigenen Leute kämpfen?«, fragte Halldor. »Ihr Könige seid eine unheimliche Rasse.«