Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In dem Augenblick, da Laurin in mein Leben trat, hat die Veränderung in mir begonnen. Die Prozesse, die Laurin in mir auslöste, waren anfangs von schleichender Langsamkeit, dann überschlugen sie sich und begannen zu fließen. Doch ich möchte nicht vorausgreifen. Begonnen hat alles auf einem Feldweg im Nordosten eines kleinen, vergessenen Fürstentums...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 76
Veröffentlichungsjahr: 2015
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Umschlagfoto: Sonnenuntergang im Wietings - Moor
Viel Kälte ist unter den Menschen,
weil wir nicht wagen,
uns so herzlich zu geben,
wie wir sind.
Albert Schweitzer
gewidmet:
den Squonks, Wesen und Gnomen
und all denen, die wissen, dass diese
Wahrheiten der Wahrheit letzter Schluss sind...
Vorwort
Einleitung
Menschen & Wesen
Orte der Handlung
Die erste Begegnung zwischen Laurin und Djamil
Djamil rätselt über den Fremden
Laurin begegnet Amira
Djamils Besuch in Laurins Moorwelt
Auf dem Schweineberg
Laurin spricht zu Raél
Djamils Zeilen an die Sehnsucht
Laurin spricht erneut zu Raél
Djamil begegnet Colleen im Januar-Monolog
Djamil begegnet Merlin
Djamil begegnet Colleen im Februar-Monolog
Laurins zweite Begegnung mit Amira
Djamil begegnet Colleen im März-Monolog
Feodor spricht zu Djamil
Djamils Zeilen an die Liebe
Von Tarsieren & Squonks
Djamil begegnet Colleen im April-Monolog
Djamils Fall
Von Moosdüsterlingen, Röhrenbenasten & Rotzlingen
Der erste Tag
Djamil begegnet Colleen im Mai-Monolog
Laurin begegnet Amira
Sakura
Djamil begegnet Colleen im Juni-Monolog
Laurin schreibt Amira
Laurin schreibt Colleen
Laurin schreibt Djamil
Djamils Klärung
Damian besucht Djamil
Die Nächte vor der Sonnenwende
Sonnenwende
Zoé spricht mit Djamil
Djamil sucht die Nähe Freyas
Das Finale auf dem Stromboli
Für die folgende Publikation war aufgrund ihres Sinngehaltes die Form eines Berichts angedacht.
Dieser Versuch, der Leser möge es dem Autoren verzeihen, ist jedoch nicht in die Wirklichkeit umgesetzt worden. Ein Traktat kommt der Abfassung am nächsten. Dennoch sei betont, dass die Thematik der berichtartigen Abfassung nicht gleich einer Ideologie an den Leser herangetragen wird.
Für den Zeitraum der Begegnung der beiden Hauptprotagonisten wurde der Zyklus eines Jahres gewählt. Diese Wahl ist pure Willkür, es sei dem Schreiber verziehen.
Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass die zeitübergreifenden Ereignisse Jahrmillionen einschließen. Sie reichen bis in die Anfänge frühester Oldowan-Kulturen zurück.
Somit wird ihre Wahrhaftigkeit in einen historischen Kontext gestellt, an dessen wissenschaftlichem Anspruch sich die Geister scheiden mögen.
Die Menschen und Wesen der Handlung sind existent. Die Ähnlichkeit gegenüber anderen Menschen und Wesen ist im Bereich des Zufalls anzusiedeln. Dies entspräche der Handlung einer anderen Wahrheit, die mit den Geschehnissen dieser Handlung nicht das Geringste zu tun hat...
Vor der Zeitenwende hätte ich mich mit den Worten ‚ich heiße Djamil‘ oder ‚mein Name ist Djamil‘ den Wesen vorgestellt.
Damit meine ich keineswegs ‚das kleine Volk‘, auch die Menschen kommen dafür nicht in Frage. Gemeint sind ausschließlich die Wesen.
In dem Augenblick, da Laurin in mein Leben trat, hat die Veränderung in mir begonnen. Die Prozesse, die Laurin in mir auslöste, waren anfangs von schleichender Langsamkeit, dann überschlugen sie sich und begannen zu fließen. Heute stelle ich mich den Wesen mit den Worten ‚ich bin Djamil‘ vor. Ich bin der, der ich bin.
Doch ich möchte nicht vorausgreifen.
Die Geschehnisse, die Begegnungen und die Prozesse, ich werde sie chronologisch berichten.
Begonnen hat alles auf einem Feldweg im Nordosten eines kleinen, vergessenen Fürstentums...
Laurin wohnt im niedersächsischen Moorland. Er lebt im Überall.
Der Nordosten der ostwestfälischen Landstriche ist die Heimat Djamils.
Amira lebt dort, wo sie gerufen wird.
Colleen ist mit der Scholle Vorpommerns verhaftet.
Die übrigen Wesen sind dort zu Hause, wo sie zu Hause sein wollen.
Brüntorf im August
Ich bin Djamil. Dies ist der Anbeginn eines Wandels. Hier beginne ich:
Auf einem Feldweg zwischen Bergkirchen und Westorf kommt mir ein Mann mit seinem Hund entgegen. Sein Schritt ist bestimmend, der Tritt des wuscheligen Hundes federnd, einem Wesen schwebender Leichtigkeit vergleichbar, beseelt und rein.
Der Fremde bleibt vor mir stehen, sieht mich fest entschlossen aus milden Augen an und sagt: „Ich komme aus den Hügeln, vom Bärenkopf. Die Nacht war warm und klar. Durch zartes Grün mächtiger Rotbuchen fiel helles Mondenlicht, einfach wunderbar. Laika, meine Hündin, liebt das Wachsein in diesen lichtdurchfluteten Nächten. Und Du, wer bist Du?“
Und während mein struppiger Streuner Laika längst ins Herz geschlossen hat, da antworte ich aufs Geratewohl: „Lass uns den Hang hinaufgehen, von dort oben sehen wir auf mein geliebtes Westfalenland und plaudern.“
Begegnungen wie diese sind wie Sterne, die vom Himmel fallen. Wir steigen den Hang hinauf, setzen uns unter ein Eichenrondell und blicken in den Sommer. Wir schweigen.
Laika und Lou liegen voreinander in der Wiese, in der die Blüten des Roten Leimkrautes glühen.
Ist das die uneingeschränkte Liebe im Jetzt, in der Gegenwart, einfach so, ohne Forderungen, ohne Erwartungen, ohne Verpflichtungen, so im Vorübergehen?
„Ich bin Laurin, trinkst Du Kaffee?“, fragt der Fremde. „Oh ja, sehr gerne, ich liebe Kaffee“, erwidere ich.
Zur Erde heruntergefallene Sterne, etwas spröde und flackernd. Sie erleuchten die Nacht, sie strahlen am Tag. Wohl ahnend, dass Laurin aus der Fremde kommt, um sein Strahlen in die Welt zu tragen, deute ich mit ausgestrecktem Arm über das geschwungene Land, den gleißenden Sommer, den Weizen, den Raps, die Dörfer, die Pferde und die Menschen: „Hier wohne ich, hier lebt mein Herz.“
Laurins Stimme riecht nach Seewind und Marsch, nach Krähenbeeren und Moorbirken, nach Rindern und sandiger Scholle.
Seine Worte haben den singenden Klang plattdeutscher Stimmen. Sie haben die unaufdringliche Direktheit nordischer Zuverlässigkeit.
In einem Kötterhaus lebt er, umgeben von weitem, flachen Land, Schnepfen und Schnucken, Himmel und Moor. Seine Haustür ist nie verschlossen.
„Und Du, wo lebst Du?“
„Ich lebe im Gestern und im Heute. Und ich lebe in meinen Träumen.“
Laurin sieht mich lange sinnend an. Dann sagt er: „Du bist einer von uns. Und uns gibt es überall, sehr wenig, versteckt zwischen Alltagseinerlei und Eisenbahnkiosk.“
Unsere Begegnung gleicht in ihrer unverblümten Ehrlichkeit der unserer Begleiter. Sie ist einfach so. Ohne Wenn und Aber. Wir trinken Kaffee.
Laika und Lou sehen uns an. Wir sind noch da, sie sind beruhigt.
Und während sich die Sonne mit dem Abend vereint, da werde ich ganz müde und schwer.
Laurin zieht weiter, Laika folgt ihm, Schritt haltend, ohne bei Fuß und ohne Leine.
Zwei oder dreimal bleibt sie stehen, sieht zurück, fragt, ob Lou nicht mitkommen wolle. Laurins Blick schweift ins Morgen, während er die Hand zum Abschied hebt.
Die beiden sind ein eingespieltes Team im Draußen, in der Welt.
Keine Adressen haben wir ausgetauscht, keine Telefonnummern. Nur das Jetzt zählt und das Jetzt ist jetzt vorbei.
Der Müdigkeit nachgebend lasse ich mich ins Gras fallen und fliege in meine Träume.
Und während der Sommer uns mit all seiner Gnade begegnet und in seine wärmende Decke hüllt, da beginnt aus den Himmeln über uns der Sternenglanz zu rieseln.
Bergkirchen im August
Wer ist der seltsame, geheimnisumwitterte Mann, den ich nie zuvor gesehen habe. Seine Ausstrahlung erinnert mich an einen friedvollen Krieger.
Woher rührt dieses Urvertrauen. Nie zuvor ist mir Laurin begegnet und doch bin ich mir sicher, dass ich ihn beständig und immerfort kenne.
Unsere Begegnung wird sich wiederholen, das scheint gewiss.
Mit absoluter Sicherheit weiß ich schon heute, dass meine Sicht der Dinge sich verändern wird. Nichts wird so bleiben, wie es zurzeit ist. Die Zeitenwende steht vor mir, das Kartenhaus wackelt.
Diese Eruptionen, diese Erschütterungen, sie werden ein stilles Toben in mir auslösen, sie werden meine Grundfeste erschüttern, kein Stein bleibt auf dem anderen, ein Chaos beginnt sich auszubreiten.
Und all das erfüllt mich nicht mit Angst. Im Gegenteil, ich sehne es herbei.
Das, was kommen wird, ich werde es Laurin zu verdanken haben...
Tiefental im September
„Ich habe einen Freund. Er lebt im Schatten. Dort treffen wir uns zumeist. Wir reden über die Dinge, die uns vereinen. Sein Name ist Djamil.
Er lebt in seiner Welt. Er lebt in den Hügeln der Mitte. Und ich, liebe Amira, komme aus dem Flachland, ich lebe im Moor. Mein Land liegt dort, wo der Regenbogen die Brücke vom Land ins Meer spannt.
Mein Freund besucht mich regelmäßig. Das ist allerdings erst seit einem Mond der Fall. Wir waren Ewigkeiten getrennt, obwohl ich stets in seiner Nähe war.
Er hat es nicht bemerkt. Er sprach eine andere Sprache, die mir so vertraut war wie ihm die meine fremd...
So oft habe ich ihn berührt, doch er hat es nicht gespürt.“
Amira hört Laurin intensiv und aufmerksam zu. Amiras Zuhören ist Verstehen. Sie nickt, während Laurin fortfährt.
„Er lebte lange das Leben eines Gefangenen, wie ein von sich selbst Weggesperrter, Ahnungsloser, abgrundtief Suchender und hoffnungslos Verlorener.
Viel sprach er mit sich, viel sprach er mit seinem Begleiter, dem Lou.