Lebendige Seelsorge 4/2021 - Verlag Echter - E-Book

Lebendige Seelsorge 4/2021 E-Book

Verlag Echter

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Beschreibung

Pastoralreferent*innen sind mehr als nur bezahlte Ehrenamtliche. Sie sind kirchliche Amtsträger*innen ohne Weihe (aber mit bischöflicher Sendung), die Liturgien vorstehen und mit Geflüchteten arbeiten, Gemeinden leiten und Predigten halten. Sie begleiten junge, mittelalte und alte Menschen in Pfarrgemeinden, der Klinikseelsorge und anderswo. Sie veranstalten Surfexerzitien, stellen Kirchenbänke in Parkanlagen und öffnen Kirchen in den Stadtteil. Und sie werden in diesem Jahr 50 Jahre alt. Mehr als ein Grund also für ein genauso lebendiges und pfiffiges, kritisches und aufmüpfiges Geburtstagsheft der Lebendigen Seelsorge. Als nichtgeweihte Amtsträger*innen (nach c. 145 CIC) stören Pastoralreferent*innen die Binaritäten der kirchlichen Ordnung – denn als ekklesiologisch hybride 'Zwischenwesen' sind sie weder halbe Kleriker ('Nichtgeweihte') noch reine Lai*innen ('Amtsträger*innen'). Damit unterlaufen sie die überkommene Klerus-Lai*innen-Differenz und überschreiten diese in Richtung einer neuen pluralen Ämterordnung. Wie alle anderen Amtsträger*innen, so verkörpern auch die Pastoralreferent*innen das "Extra nos" der Gnade. Und auch für sie gilt die augustinische Ämterformel: Mit Euch Christ*in und für Euch Pastoralreferent*in. "Bis hierher und nicht weiter" – so heißt es oft in Kirchendingen. "Non plus ultra" ("Nicht mehr weiter") – so stand es einst auch an den Säulen des Herkules, zwei Felsen an der Meerenge von Gibraltar, hinter denen man das Ende der Welt vermutete. Pastoralreferent*innen sind das "Nonplusultra" (Hans-Joachim Sander) einer noch immer klerikalen Kirche: Sie testen deren Grenzen und versuchen, sie zu verschieben. Nicht wenige von ihnen sind höchst seetüchtige Freibeuter*innen des Evangeliums, die dem übrigen Volk Gottes etwas "von der Weite des Meeres erzählen" (Sir 43,24). Diese Ausgabe der Lebendigen Seelsorge entstand in Kooperation mit dem theologischen Beirat des Bundesverbands der deutschen Pastoralreferent*innen. An ihr haben nicht nur gleich viele Frauen und Männer mitgeschrieben, sondern auch mehrheitlich (und zum Teil ehemalige) Pastoralreferent*innen. Wir widmen sie Leo Karrer und Georg Köhl, zwei verstorbenen Pionieren der theologischen Unterstützung dieser pastoral aufgeweckten und ekklesiologisch unangepassten Kinder des Konzils. 50 Jahre Pastoralreferent*innen – bis hierher und noch viel weiter!

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INHALT Lebendige Seelsorge 4/2021

50 Jahre Pastoralreferent*innen

THEMA

Das kirchliche Amt der Pastoralreferent*innen

Von Sabine Demel

Im Dienst der Kirche ohne Amt?

Überlegungen zum theologischen Status von Pastoralreferent*innen

Von Manuel Schlögl

Der besondere Weltcharakter der Kirche

Die Replik von Sabine Demel auf Manuel Schlögl

Der Sakramentalität der Kirche ist nichts vorzuziehen

Die Replik von Manuel Schlögl auf Sabine Demel

PASTORALREFERENT*INNEN – EIN THEOLOGISCHES KALEIDOSKOP

Pastoral als Brotberuf

Von Hildegard Scherer

Pastoralreferent*innen – unvermeidlich ein Tabubruch

Über die Kreuzkusins/kusinen des kirchlichen Amtes

Von Hans-Joachim Sander

Geschwisterlicher Ungehorsam

Eine neue liturgische Wirklichkeit

Von Kim de Wildt

Verrat an berufenen Personen und sakramentalen Gegebenheiten

Von Ottmar Fuchs

AUSSENBLICKE

Wir sind die Neuen

Von Christiane Florin

Auf die Haltung kommt es an

Empirische Einblicke in den Beruf der Pastoralreferent*innen

Von Konstantin Bischoff

Zwischen diözesanen Eigeninteressen und Zentralisierungsbestrebungen

Die Anfänge des Berufs von den ersten Einstellungen (1970) bis zur Verabschiedung der Grundordnung (1977)

Von Andreas Henkelmann

INTERVIEW

„Gut, dass es Sie gibt!“

Ein Gespräch mit Bischof Georg Bätzing

PRAXIS

Veränderung und andere Irritationen

Einblicke einer Pastoralreferentin im Gemeindedienst

Von Ruth Schmitz

Geh hinaus – da kannst Du was erleben!

Erfahrungen an neuen Orten von Kirche: Kirchenbank an der Schillerwiese

Von Susanne Röhner

„Der hat a ganze Kirch.“

Pastoralreferent in einem Stuttgarter Stadtquartier

Von Andréas Hofstetter-Straka

Surfkurs mit Tiefgang

Von Esther Göbel

Gemeinde ohne Dienst und Amt: Zeitfenster Aachen

Von Annette Jantzen

Von der Pfarrei zur Sozialpastoral

Von Pia Arnold-Rammé

(koinonia!)

Ein Weg war mir geschenkt

Von Christian Domes

SEELSORGE UND DIASPORA: BONIFATIUSWERK

Gemeinschaft, Spaß und Engagement

Ergebnisse einer Evaluation der Religiösen Kinderwochen 2019

Von Arndt Büssing und Katharina Karl

FORUM

Gefängnisseelsorge als eine Vorreiterin interreligiöser Seelsorge

Von Tabea Kett und Sebastian Kießig

POPKULTURBEUTEL

Made in Germany

Von Bernhard Spielberg

NACHLESE

Re:Lecture

Von Brigitte Vielhaus

Impressum

Die Lebendige Seelsorge ist eine Kooperation zwischen Echter Verlag und Bonifatiuswerk.

EDITORIAL Lebendige Seelsorge 4/2021

50 Jahre Pastoralreferent*innen

Christian Bauer Mitglied der Schriftleitung

Liebe Leserin, lieber Leser,

Pastoralreferent*innen sind mehr als nur bezahlte Ehrenamtliche. Sie sind kirchliche Amtsträger*innen ohne Weihe (aber mit bischöflicher Sendung), die Liturgien vorstehen und mit Geflüchteten arbeiten, Gemeinden leiten und Predigten halten. Sie begleiten junge, mittelalte und alte Menschen in Pfarrgemeinden, der Klinikseelsorge und anderswo. Sie veranstalten Surfexerzitien, stellen Kirchenbänke in Parkanlagen und öffnen Kirchen in den Stadtteil. Und sie werden in diesem Jahr 50 Jahre alt. Mehr als ein Grund also für ein genauso lebendiges und pfiffiges, kritisches und aufmüpfiges Geburtstagsheft der Lebendigen Seelsorge.

Als nichtgeweihte Amtsträger*innen (nach c. 145 CIC) stören Pastoralreferent*innen die Binaritäten der kirchlichen Ordnung – denn als ekklesiologisch hybride ‚Zwischenwesen‘ sind sie weder halbe Kleriker (‚Nichtgeweihte‘) noch reine Lai*innen (‚Amtsträger*innen‘). Damit unterlaufen sie die überkommene Klerus-Lai*innen-Differenz und überschreiten diese in Richtung einer neuen pluralen Ämterordnung. Wie alle anderen Amtsträger*innen, so verkörpern auch die Pastoralreferent*innen das „Extra nos“ der Gnade. Und auch für sie gilt die augustinische Ämterformel: Mit Euch Christ*in und für Euch Pastoralreferent*in.

„Bis hierher und nicht weiter“ – so heißt es oft in Kirchendingen. „Non plus ultra“ („Nicht mehr weiter“) – so stand es einst auch an den Säulen des Herkules, zwei Felsen an der Meerenge von Gibraltar, hinter denen man das Ende der Welt vermutete. Pastoralreferent*innen sind das „Nonplusultra“ (Hans-Joachim Sander) einer noch immer klerikalen Kirche: Sie testen deren Grenzen und versuchen, sie zu verschieben. Nicht wenige von ihnen sind höchst seetüchtige Freibeuter*innen des Evangeliums, die dem übrigen Volk Gottes etwas „von der Weite des Meeres erzählen“ (Sir 43,24).

Diese Ausgabe der Lebendigen Seelsorge entstand in Kooperation mit dem theologischen Beirat des Bundesverbands der deutschen Pastoralreferent*innen. An ihr haben nicht nur gleich viele Frauen und Männer mitgeschrieben, sondern auch mehrheitlich (und zum Teil ehemalige) Pastoralreferent*innen. Wir widmen sie Leo Karrer und Georg Köhl, zwei verstorbenen Pionieren der theologischen Unterstützung dieser pastoral aufgeweckten und ekklesiologisch unangepassten Kinder des Konzils.

50 Jahre Pastoralreferent*innen – bis hierher und noch viel weiter!

Es gratuliert ganz herzlich:

Prof. Dr. Christian Bauer

THEMA 50 Jahre Pastoralreferent*innen

Das kirchliche Amt der Pastoralreferent*innen

Das kirchliche Amt der Pastoralreferent*innen

Nein, Amtsträger*in möchte ich nicht sein! Aber kleingehalten werden möchte ich auch nicht! Oder: Ja! Endlich wird es einmal auf den Punkt gebracht: Unsere Berufsgruppe hat ein kirchliches Amt inne! Oder: Klingt gut – Pastoralreferent*innen als kirchliche Amtsträger*innen. Ich weiß zwar nicht genau, was damit gemeint ist, aber es regt zum Nachdenken an. Dass Pastoralreferent*innen einen pastoralen Dienst ausüben, kann man immer wieder lesen und hören. Von Amtsträger*innen spricht aber kaum jemand. Warum? Was bedeutet das theologisch? Und welche Auswirkungen hat das in der Praxis? Sabine Demel

Seelsorgerin, Ersatzkaplan, Dolmetscherin, Lückenbüßer, Mädchen für alles, …: Es gibt viele Bezeichnungen für das Berufsbild und das Aufgabenfeld von Pastoralreferent*innen. Wie sie sich selbst verstehen, hat eine Umfrage unter Pastoralreferent*innen im deutschsprachigen Raum von 2006 (vgl. Zulehner/Renner) versucht, herauszufinden. In einer erneuten Auswertung dieser Umfrage wurde 2017 herausgearbeitet, dass sich Pastoralreferent*innen als „Brückenbauer zwischen Kirche und Welt“ (Renner, 68) verstehen, ihr Spezifikum darin sehen, ihren Ort „an der Schnittstelle Welt-Kirche“ (Renner, 68) zu haben. Sie tragen ein Stück Kirche in die Welt und machen das kirchliche Amt ein Stück weltlicher (vgl. Renner, 68). In diesem Sinn haben auch die Gespräche bei einer Internationalen Tagung der Pastoralreferent*innen 2015 immer wieder gezeigt, „dass es weniger um Strukturen und Ämter, sondern mehr um Sendung und Charismen geht“ (Ostermann, 146).

Gleichzeitig ist aber auch festzustellen: „PastoralreferentInnen irritieren. Ihr Arbeitsbereich war für viele Jahre ausschließlich geweihten Amtsträgern vorbehalten. Es geht nicht ohne sie, aber so ganz wohl fühlen sich viele im System Kirche nicht mit ihnen. Sie passen darüber hinaus nicht mehr in das Konzept, das für sie entwickelt wurde, sondern haben eigene Akzente entwickelt. In anderen Worten: Mit den PastoralreferentInnen ist ein neues Amt in der Kirche entstanden“ (Renner, 66). Sie sind „im Grunde Laien, aber eigentlich schon mehr als das“ (Renner, 67).

NEUKONZEPTION DES KIRCHLICHEN AMTS

In der Tat haben Pastoralreferent*innen ein kirchliches Amt inne, dessen theologische Grundlagen auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil geschaffen und im Anschluss daran im kirchlichen Gesetzbuch von 1983 (= CIC/1983) rechtlich konkretisiert worden sind. Hiernach sind Pastoralreferent*innen

Sabine Demel

geb. 1962, Dr. theol. habil., seit 1997 Prof.in für Kirchenrecht an der Universität Regensburg.

Lai*innen, die einen besonderen Sendungsauftrag in der Kirche erhalten haben und damit zu Amtsträger*innen, aber nicht Weiheamtsträger*innen, geworden sind. Denn seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil können nicht mehr nur Kleriker ein Amt ausüben, sondern auch Lai*innen bestimmte Ämter wahrnehmen. So wird in der Kirchenkonstitution Lumen gentium 33,3 ausgeführt: „Außer diesem Apostolat, das schlechthin alle Christgläubigen angeht, können die Laien darüber hinaus auf verschiedene Weisen zu einer unmittelbareren Zusammenarbeit mit dem Apostolat der Hierarchie berufen werden, nach der Art jener Männer und Frauen, die den Apostel Paulus beim Evangelium unterstützten, indem sie sich im Herrn abmühten (vgl. Phil 4,3; Röm 16,3ff). Außerdem erfreuen sie sich der Geeignetheit, zu bestimmten kirchlichen Ämtern, die zu einem geistlichen Zweck auszuüben sind, von der Hierarchie herangezogen zu werden.“

Im Dekret über das Apostolat der Laien Apostolicam actuositatem 24,5 werden diese Aussagen aufgegriffen und wie folgt konkretisiert: „Schließlich überträgt die Hierarchie Laien bestimmte Aufgaben, die enger mit den Pflichten der Hirten verbunden sind, wie z. B. bei der Darlegung der christlichen Lehre, bei bestimmten liturgischen Handlungen, bei der Seelsorge. Kraft dieser Sendung unterliegen die Laien hinsichtlich der Ausübung ihres Amtes voll der höheren kirchlichen Leitung.“

LAIENORIENTIERTER AMTSBEGRIFF

Diese neue Amtstheologie des Zweiten Vatikanischen Konzils hat das kirchliche Gesetzbuch von 1983 aufgenommen und – seiner Aufgabe entsprechend – in die kanonistische Sprache übersetzt. Seitdem ist in der katholischen Kirche folgende Definition verbindlich in Kraft gesetzt: „Kirchenamt ist jedweder Dienst, der durch göttliche oder kirchliche Anordnung auf Dauer eingerichtet ist und der Wahrnehmung eines geistlichen Zweckes dient“ (c. 145 §1 CIC).

Darüber hinaus ist vom kirchlichen Gesetzgeber festgelegt worden, dass zur Übernahme eines kirchlichen Amtes ein spezieller kirchlicher Sendungsauftrag, der als kanonische Amtsübertragung bezeichnet wird, notwendig ist: „Ein Kirchenamt kann ohne kanonische Amtsübertragung nicht gültig erlangt werden“ (c. 146 CIC).

Aus diesen beiden Rechtsbestimmungen geht eindeutig hervor, dass kirchliche Ämter nicht nur von Klerikern wahrgenommen werden können, sondern auch von Lai*innen. Dementsprechend wird auch innerhalb des Katalogs der „Pflichten und Rechte der Laien“ (cc. 224–231 CIC) explizit hervorgehoben: „Laien, die als geeignet befunden werden, sind befähigt, von den geistlichen Hirten für jene kirchlichen Ämter […] herangezogen zu werden, die sie gemäß den Rechtsvorschriften wahrzunehmen vermögen“ (c. 228 §1 CIC).

Eine konkrete Umsetzung dieser rechtlichen Möglichkeit, auch Laien mit kirchlichen Ämtern zu betrauen, stellt der kirchliche Beruf der Pastoralreferent*innen dar. Er erfüllt alle Kriterien eines kirchlichen Amtes gemäß c. 145f. CIC: Er ist in den Teilkirchen auf kirchliche Anordnung hin dauerhaft eingerichtet worden, dient dem geistlichen Zweck der Seelsorge und verlangt zur Ausübung eine kirchenamtliche Sendung des zuständigen Bischofs.

INKORREKTER SPRACHGEBRAUCH

Ebenso wenig überzeugend ist es, zu behaupten, der Ausdruck ‚Dienst‘ sei als Synonym für das laikale Amt in Abhebung zum klerikalen Amt zu verstehen. Denn auch das klerikale Amt wird oft als ‚Dienst‘ bezeichnet, ja sogar mit Vorliebe als ‚Dienstamt‘ charakterisiert (vgl. z. B. c. 230 §1 CIC, der von den liturgischen „Diensten“ der Laien spricht, mit c. 278 §2 CIC, in dem vom „Dienst“ des Klerikers die Rede ist). Der Ausdruck ‚Dienstamt‘ ist aber ein Pleonasmus; schließlich ist definitionsgemäß jedes Amt ein Dienst.

AMT ALS RELATIONSBEGRIFF

Der Beruf der Pastoralreferent*innen ist als das zu betiteln, was er ist: ein kirchliches Amt. Hier weiterhin von einem ‚kirchlichen Dienst‘ zu sprechen, ist theologisch und kirchenrechtlich nicht korrekt! Das wiegt umso schwerer, als der kirchenrechtliche Amtsbegriff nicht in einem theologieleeren Raum entwickelt worden ist, sondern in der Theologie des Zweiten Vatikanischen Konzils über das Amt gründet, die wiederum in der Theologie des Konzils über die Kirche als Gemeinschaft aller Gläubigen und Volk Gottes fußt. Mit dieser auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil veränderten Amtstheologie und mit dem sich daraus ergebenden veränderten Amtsbegriff wird der Tatsache Rechnung getragen, dass das kirchliche Amt und seine Definition sich vom Kirchenbild ableiten und nicht umgekehrt. Der Amtsbegriff ist ein Relationsbegriff.

NEUE GESTALTUNGSSPIELRÄUME

Daher ist es theologisch und kirchenrechtlich untragbar, dass auch in den derzeit im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz geltenden Rahmenstatuten für Gemeindereferenten/-referentinnen und Pastoralreferenten/-referentinnen (= RSt) von 2011 die pastoralen Berufe der Gemeinde- und Pastoralreferent*innen wieder durchgängig als kirchlicher „Dienst“ bezeichnet und eingestuft sind (vgl. RSt 1.3 und passim) mit der rechtlichen Folge, dass sie in ihrem „jeweiligen Einsatzbereich […] dem für die Leitung verantwortlichen Priester zugeordnet [sind]“ (RSt 1.3.6) bzw. nur unter dessen Leitung „auch eigenständig Verantwortungsbereiche […] übernehmen“ (RSt 2.2.1) können. Weil an keiner Stelle ausgeführt wird, was „Zuordnung“ und „Leitung“ beinhaltet, spricht die bisherige Erfahrung in der Praxis dafür, dass „Zuordnung“ von den zuständigen Priestern ohne negative Konsequenzen als ‚Unterordnung‘ gedeutet werden kann.

Spätestens an diesem Punkt drängt sich der Appell an die Diözesanbischöfe als die zuständige Kirchenleitung auf, endlich das Potential der Dienst- und Amtskonzeption seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und das Potential, das in der Berufsgruppe der Pastoralreferent*innen liegt, miteinander zu verbinden und zum Wohle der Kirche fruchtbar zu machen. Wenn Sprache Wirklichkeit abbildet und zugleich Wirklichkeit schafft, dann eröffnet die Bezeichnung der Pastoralreferent*innen als das, was sie theologisch und kirchenrechtlich sind, nämlich kirchliche Amtsträger*innen, in mehrfacher Hinsicht Gestaltungsspielräume für eine zukunftsfähige Kirche. Als Amtsträger*innen kommen den Pastoralreferent*innen deutlich mehr rechtliche Kompetenzen und damit eine größere Unabhängigkeit von einem Pfarrer bzw. von einem für die Leitung bestellten Priester zu, eine klarer konzipierbare Brückenfunktion in ihrem Verantwortungsbereich zwischen allen Gläubigen, die sich ohne ein kirchliches Amt in der Kirche engagieren, und den Gläubigen, die ein Weiheamt innehaben, sowie ressourcen- und kompetenzorientiertere Einsatzmöglichkeiten über die Pfarrei hinaus bzw. in neuen pastoralen Räumen. Pastoralreferent*innen als kirchliche Amtsträger*innen wahr- und ernst zu nehmen, muss dazu führen, dass Pastoralreferent*innen ihr kirchliches Amt künftig direkt unter der Leitung des jeweiligen Diözesanbischofs ausüben, ohne zusätzlich der Leitung eines Pfarrers bzw. eines Priesters mit Vollmachten eines Pfarrers unterstellt zu werden. Dabei kann die Brückenfunktion, die die Pastoralreferent*innen zwischen den Gläubigen mit und ohne Weihe innehaben, zu dem besonderen Amtsprofil entwickelt werden, in ihrem Einsatzbereich die Zurüstung und Begleitung der Ehrenamtlichen eigenverantwortlich wahrzunehmen und zu gestalten. Zu dieser Eigenverantwortung gehört es, dass sie unter der Leitung des Diözesanbischofs steht und auf die Zusammenarbeit mit den anderen kirchlichen Amtsträger*innen in der Pastoral vor Ort ausgerichtet ist. Ihr Auftrag und ihre Sendung ist es, dafür zu sorgen, dass die Gläubigen in der Kirche vor Ort durch keine kirchlichen Amtsträger*innen – auch nicht durch Pastoralreferent*innen – aus ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung kraft Taufe verdrängt werden, sondern dass sie für deren Wahrnehmung sensibilisiert, gefördert und unterstützt werden.

LITERATUR

Demel, Sabine (Hg.), Vergessene Amtsträger/-innen? Die Zukunft der Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten, Freiburg i. Br. 2013.

Gärtner, Stefan, Grenzgänger sein. Ein Impuls zur Identität von Pastoral- und Gemeindereferenten, in: Theologie der Gegenwart 57 (2014), 309–316.

Ostermann, Martin, Vom „Notnagel“ zur geschätzten Mitarbeiterin und „Frau Pastor“. Das Berufsbild der Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten im Wandel, in: Lebendige Seelsorge 67 (2016), 144–149.

Renner, Katharina, PastoralreferentInnen als Zeichen für eine andere Kirche. Betrachtungen zu einem Beruf zwischen Laien und Klerus, in: Theologisch-praktische Quartalschrift 165 (2017), 65–75.

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Rahmenstatuten und -ordnungen für Gemeinde- und Pastoral-Referenten/ Referentinnen [Die Deutschen Bischöfe, H. 96], Bonn 2011.

Zulehner, Paul/Renner, Katharina, Ortssuche. Umfrage unter Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten im deutschsprachigen Raum, Ostfildern 2006.

Im Dienst der Kirche ohne Amt?

Überlegungen zum theologischen Status von Pastoralreferent*innen

Das Zweite Vatikanische Konzil hat der Kirche die gleiche Würde aller Getauften ins Stammbuch geschrieben. Doch meint ‚gleiche Würde‘ auch Gleichheit in der Berufung und Gleichheit in den Ämtern? Die Stellungnahmen zum theologischen Status hauptamtlich in der Kirche tätiger Lai*innen fallen höchst unterschiedlich aus. Manuel Schlögl

Kirche und Amt stehen, zumindest im deutschsprachigen Raum, im Umbruch. Der unmittelbare Anlass zu dieser ‚Generalrevision‘ liegt in der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch durch Kleriker und den damit verbundenen Diskussionen des Synodalen Wegs. Zugleich aber stehen noch einmal Fragen im Raum, die das Zweite Vatikanische Konzil der Kirche hinterlassen hat. Zu diesen Fragen gehört auch der theologische Status von Lai*innen, insbesondere wenn sie hauptamtlich für die Kirche arbeiten.

LEGITIME VIELFALT ODER UNKLARES BERUFSPROFIL?

Terminologisch lassen die Texte des Konzils und die ihm folgenden Rechtsnormen des CIC von 1983 keinen Zweifel daran, dass auch Lai*innen ‚Amtsträger*innen‘ sein können, insofern sie durch persönliche Befähigung kraft Taufe und Firmung und offizielle Beauftragung durch den Ortsordinarius ein ‚ministerium‘ eigenverantwortlich ausüben (vgl. Demel). In der Praxis fehlt es allerdings nach wie vor an einem einheitlichen Berufsbild für Lai*innen im kirchlichen Dienst. Was in den einen Diözesen seit vielen Jahren üblich und anerkannt ist, wurde in den anderen bisher bewusst nicht eingeführt, wie etwa der Beerdigungsdienst oder die Spendung der Taufe und die Eheassistenz, wie sie u. a. in der Schweiz praktiziert werden (vgl. Kückelmann).

Sind diese Unterschiede in Einsatz und Selbstverständnis hauptamtlicher Lai*innen nun Ausdruck einer legitimen Vielfalt oder einer theologischen Unklarheit im Berufsprofil? Wird in der Begründung der jeweiligen Praxis der Dienst der Lai*innen als Ausprägung einer eigenen kirchlichen Sendung betrachtet oder doch eher von den Aufgaben des Klerikers hergeleitet? Werden die Lai*innen gar von einer überholten Amtstheologie davon abgehalten, ihre ureigenen Rechte auszuüben? Und welches Verständnis der Sakramente und der Kirche liegt diesen unterschiedlichen Deutungen eines ‚Amtes für Lai*innen‘ zugrunde?

Manuel Schlögl

geb. 1979, Dr. theol., Studium der katholischen Theologie in Passau und Münster; 2005 Priesterweihe; Tätigkeit in Gemeindepastoral und Priesterausbildung; 2013 Promotion an der Universität Münster; Habilitand an der Universität Wien; seit 2021 Verwalter des Lehrstuhls für Dogmatik und ökumenischen Dialog an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie.

Diese Uneinheitlichkeit in der Beurteilung drängt auf eine Neubesinnung in einem größeren Kontext.

Die Diskussion wurde jüngst wieder entfacht durch das Motu proprio Antiquum ministerium von Papst Franziskus, mit dem er ein neues Amt für Lai*innen, genannt ‚Katechet*in‘, einführte. Während Bischof Rudolf Voderholzer dies als ausdrückliche Würdigung des Engagements von Lai*innen in der Kirche deutete und ankündigte, es in seinem Bistum zeitnah umzusetzen (vgl. Voderholzer), bewertete der Religionspädagoge Patrik C. Höring diesen Schritt als problematischen Beschwichtigungsversuch in der Ämterfrage, da die vom Papst genannten Aufgaben in Deutschland bereits von (meist hauptamtlichen) Lai*innen ausgeübt würden (vgl. Altmann). Diese Uneinheitlichkeit in der Beurteilung drängt auf eine Neubesinnung in einem größeren Kontext. Im Folgenden soll ein Blick auf die jüngste kirchliche Lehrentwicklung sowie die gegenwärtige Praxis einige Argumente dafür liefern, um den kirchlichen Dienst von Pastoralassistent*innen in der ihnen eigenen Sendung als Lai*innen neu zu bedenken.

DIE SPEZIFISCHE BERUFUNG VON LAI*INNEN IN DEN TEXTEN DES ZWEITEN VATIKANISCHEN KONZILS

Das Zweite Vatikanische Konzil hat bekanntlich die fundamentale Gleichheit aller Getauften wiederentdeckt, die am Ursprung des Christentums steht (vgl. Bieberstein). Diese drückt sich im allgemeinen Priestertum der Gläubigen (vgl. Lumen gentium 10.32–38) aus, durch das sie auf spezifische Weise am dreifachen Amt Christi als Priester, König und Prophet teilhaben, sowie im Laienapostolat, d. h. in der Berufung zum Zeugnis für Christus in der Welt (vgl. Apostolicam actuositatem). Damit wird deutlich: Lai*innen sind als Getaufte ein originärer Teil der verfassten Kirche. Ihre Bezugsgröße ist nicht das Weiheamt der Kleriker, sondern die Sendung der Kirche selbst. In LG