Legende der Welten - Band 2: Schwert des Zorns - Der Bastard - Petra E. Jörns - E-Book
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Legende der Welten - Band 2: Schwert des Zorns - Der Bastard E-Book

Petra E. Jörns

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Beschreibung

Zwillingsklingen, zum ewigen Krieg verdammt! „Schwert des Zorns – Der Bastard“ von Bestsellerautorin Petra E. Jörns jetzt als eBook bei dotbooks. Gebrandmarkt und vogelfrei – dieses Schicksal erwartet Arailean, Bastardsohn eines Lords der Tieflande. Seit er seinen Halbbruder unter Einfluss von Magie im Kampf getötet hat, ist er auf der Flucht vor seinen Verfolgern. Verzweifelt fleht er die Göttin der Krieger um Hilfe an, aber ihre Gunst hat einen hohen Preis: Arailean wird auserwählt, der Träger eines der magischen Zwillingsschwerter zu sein, die dazu verdammt sind, auf ewig gegeneinander Krieg zu führen. Doch der dunkle Feind ist bereits näher, als Arailean ahnt … Dunkle Mächte und eine tödliche Prophezeiung: Erleben Sie den neuen Band der Reihe „Legende der Welten“ von Bestsellerautorin Petra E. Jörns. Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Schwert des Zorns – Der Bastard“ von Petra E. Jörns. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 404

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Über dieses Buch:

Gebrandmarkt und vogelfrei – dieses Schicksal erwartet Arailean, Bastardsohn eines Lords der Tieflande. Seit er seinen Halbbruder unter Einfluss von Magie im Kampf getötet hat, ist er auf der Flucht vor seinen Verfolgern. Verzweifelt fleht er die Göttin der Krieger um Hilfe an, aber ihre Gunst hat einen hohen Preis: Arailean wird zum Auserwählten im Kampf der magischen Zwillingsschwerter, die verdammt sind, auf ewig gegeneinander Krieg zu führen. Doch der dunkle Feind ist bereits näher, als Arailean ahnt …

Dunkle Mächte und eine tödliche Prophezeiung: Erleben Sie den zweiten Band der Reihe »Legende der Welten« von Bestsellerautorin Petra E. Jörns.

Über die Autorin:

Petra E. Jörns, geboren 1964, ist gebürtige Pfälzerin. Sie studierte Biologie an der Universität Kaiserslautern, wobei ihr besonderes Interesse der Verhaltensforschung galt. Seit 1994 ist sie freiberuflich als Diplombiologin tätig. Unter den Pseudonymen P. E. Jones und Patricia E. James veröffentlicht sie Science-Fiction- und Liebesromane. Petra E. Jörns lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in ihrem Heimatdorf in der schönen Pfalz.

Der Fantasy-Epos »Legende der Welten« umfasst folgende Romane:

Band 1: »Erben des Zorns«Band 2: »Schwert des Zorns – Der Bastard«Band 3: »Schwert des Zorns – Der Novize«

Bei dotbooks veröffentlichte Petra E. Jörns auch den Sammelband »Das Geheimnis der Nonne« sowie die Trilogie in folgenden Einzelbänden:

Band 1: »Blutbann«Band 2: »Blutnacht«Band 3: »Blutzauber«

Die Website der Autorin: www.petra-joerns.de

Die Autorin im Internet: www.facebook.com/p.e.joerns.autorin/

***

Originalausgabe August 2016

Copyright © der Originalausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Redaktion: Peter Thannisch

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Atelier Sommerland

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-550-1

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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***

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blog.dotbooks.de/

Petra E. Jörns

Legende der Welten

Zweiter Roman: Schwert des Zorns – Der Bastard

dotbooks.

Silber und Schwärze

Nacht und Licht

Ein Paar von Angesicht zu Angesicht

Verbunden im Herze

Für Martin

Ohne ihn wäre diese Geschichte nie entstanden.

Prolog

Am Anfang war Bith. Bith war alles, war Körper, Geist und Seele. Und Bith gebar aus ihrem Körper die Welt. Und siehe, es war gut. Und sie gebar aus ihrer Seele die Götter und aus ihrem Geist die Sidhe, auf dass sie ihrem Leib eine Form geben sollten. Und siehe, es war gut.

Gemeinsam schufen Götter und Sidhe die Hierwelt und die Anderwelt. Getrennt waren sie und doch verbunden. Wer die eine Welt änderte, änderte auch die andere. Das eine war Magie, das andere ein Wunder. Es war gleich und doch nicht gleich. Und siehe, es war gut.

Und Sidhe und Götter schufen gemeinsam das Alte Volk und pflanzten es in die Hierwelt. Seine Gabe und sein Verhängnis war es zu sehen, was war, was ist und was sein wird. Und das Alte Volk ehrte die Gottmutter und den Gottvater und schenkte ihnen die Namen Chai und Churban. Und siehe, es war gut.

Doch die Götter und Sidhe vermehrten sich, und die Kinder und Kindeskinder der Götter fanden keinen Platz in den Herzen des Alten Volkes. Da schufen die Götterkinder die Menschen, damit jemand auch sie verehrte. Und die Menschen schenkten ihnen Namen für die Werte, für die jene eintraten. Und siehe, es war gut.

Aber die Menschen waren mit der Anderwelt nicht verknüpft, und die Ordnung der Welt geriet darüber in Unordnung. Die Sidhe stritten mit den Menschen um die Vorherrschaft, denn sie konnten nicht dulden, welchen Schaden die Menschen in ihrer Unwissenheit Bith zufügten. So kam es zum ersten Krieg.

Er endete, indem die Götter die Tore zwischen Hierwelt und Anderwelt schlossen, damit ihre Kinder, die Menschen, in Frieden vor den Sidhe leben konnten. So verbannten sie die Sidhe. Und siehe, es war gut.

Aber eines der Götterkinder fand keinen Platz in den Herzen der Menschen. Bua war sein Name, und Neid erfüllte ihn. Und so stahl er das Zepter seines Vaters Seol, um dessen Platz einzunehmen. Seine Geschwister wollten dem Vater das Zepter zurückbringen. Streit entstand zwischen Bua und seinen Geschwistern, und Seols Zepter zerbrach darob in fünf Teile.

Zwei rettete Seol. Drei behielt Bua. Mit ihrer Kraft formte er drei Ebenbilder seiner Selbst, damit sie ihm dienen sollten. Aus dem Metall aber schmiedete er ein Schwert, um die anderen Götter zu vernichten. Diese schmiedeten aus den restlichen Bruchstücken das Heilige Schwert, und Gealach, die Göttin der Krieger, führte es im Kampf gegen ihren Bruder. So kam es zum zweiten Krieg.

Er endete, indem Bua mitsamt seinen Helfern vom Antlitz Biths verbannt und in einen Kerker jenseits der Zeit gekettet wurde. Das Heilige Schwert wurde Gealach zur Verwahrung gegeben, um bereit zu sein, falls Bua je seinen Kerker verlassen sollte. Das Schwarze Schwert aber gelangte in die Hände der Sidhe, die neidvoll auf das Geschlecht der Menschen blickten. Und die Menschen wurden immer mehr.

So war es, bis Ardainn Ni Abhainnmor geboren und die Prophezeiung sich erfüllte, und die Sidhe die Tore zwischen Realwelt und Anderwelt öffneten, um Rache zu üben an den Menschen. So kam es zum dritten Krieg.

Ihm folgte das Goldene Zeitalter, in dem die Drachen den Frieden zwischen Sidhe und Menschen bewahrten. Bis ein Mensch Buas Kerker öffnete und Buas Diener das Dunkle Zeitalter über beide Welten brachten. Doch einer wird kommen, der sie vereint, Menschen, Sidhe und Altes Volk, und er wird den Frieden bringen.

So kommt es zum vierten Krieg.

1. Kapitel

Eine Dienerin Gealachs, die ihn sprechen wollte. Ausgerechnet! Das musste ein Traum sein.

Wie die lebendig gewordene Göttin stand sie vor ihm. Der rote Waffenrock mit den weißen Säumen bedeckte ein Kettenhemd. Ihr Haar leuchtete silbern in der Sonne. »Du bist also Arailean. Faolan hat mir schon so viel über dich erzählt.«

»Faolan …« Arailean wurde sich bewusst, dass er sie anstarrte, und das Blut stieg in seine Wangen.

Göttin! Was hatte sein Freund ihr erzählt?

»Hast du wirklich schon die Schwertleite erhalten? Du bist jünger, als ich dachte.« Sie lächelte.

Die Hitze in Araileans Gesicht nahm noch eine Spur zu. Er senkte den Kopf. Auch das noch! Musste sie ihn daran erinnern? Sechzehn und noch nicht einmal etwas Flaum. »Ja … im … im Sommer …«

Feenbalg! Seanans Stimme.

Noch ein Erbstück seiner Mutter. Feenblut. Sie hatte dunkle Haare gehabt. Sagte Vater. Wie er.

»Ich bin unhöflich. Ich bin Eilis Ni Buanfas. Faolans Lehrmeisterin. Dienerin der Göttin im Tempel zu Bruachard.« Sie reichte ihm die Hand.

Er erwiderte den Gruß. Faolans Lehrmeisterin. Eine richtige, echte Dienerin Gealachs, der Göttin der Krieger, des Winters und des Todes.

Warum ließ Vater ihn nicht gehen? Er hatte doch zwei richtige Söhne. Wozu brauchte er ihn dann noch, den Bastardsohn? Damit er einen Sündenbock hatte? Oder weil er sich mit dem Feenbalg brüsten wollte? Wobei … stolz war Vater nie auf ihn gewesen. Er würde es auch nie sein. Wie denn? Er war doch nur der Feigling und der Versager. Cathairs Prügelknabe. Zu mehr taugte er nicht.

»Ich habe etwas für dich.« Eilis kramte in ihren Satteltaschen. Der dunkle Wallach neben ihr warf den Kopf zurück und schnaubte.

Arailean war froh darum, dass Cathair und Vater unterwegs waren, um das alljährliche Herbstturnier vorzubereiten. Und wenn Seanan ihn von einem Fenster aus beobachtete, dann konnte er ihn zwar später damit aufziehen, aber wenigstens konnte er nicht stören. So wie Cathair es getan hätte.

»Hier ist es.« Eilis zog einen versiegelten Brief aus der Tasche und reichte ihn Arailean. »Faolan hat ihn in Bruachard zurückgelassen mit der Bitte, ihn dir zu überbringen, sobald ich ihm in die Hochlande folge.«

Araileans Hand zitterte, als er den Brief entgegennahm. »Geht …. geht es um die Grenzunruhen? Mein Vater sagt, die Ostlinge hätten ein paar Grenzdörfer überfallen.« Götter! Versuchte er sich etwa in Konversation? Die Ostlinge überfielen andauernd die Grenzdörfer in den Bergen.

»Ja und nein. Die Sache ist kompliziert.« Eilis führte den Wallach zur Tränke und band ihn dort fest. »Lass dir Zeit beim Lesen. Ich ruhe mich eine Weile aus. Wenn du Faolan eine Antwort zukommen lassen willst, übernehme ich das gerne für dich.« Sie setzte sich auf den Sims, der entlang der Mauer um den Hof lief, und streckte die Beine aus.

»Ihr bleibt nicht über Nacht?«

»Nein. Ich bin in Eile.« Sie schloss die Augen und lehnte sich an die Mauer. Die Herbstsonne zeichnete ihre ebenmäßigen Züge nach. Sie war schön, obwohl sie bestimmt zwanzig Jahre älter war als er.

Götter, er wünschte, er könnte mit ihr gehen. Alles hätte er dafür gegeben.

Er erinnerte sich an den Brief und brach das Siegel. Vorsichtig entfaltete er ihn und strich ihn glatt. Im letzten Jahr waren die Briefe rar geworden, aber Faolan hatte ihn nie vergessen. Obwohl er nun schon fünf Jahre fort war. Vaters Mündel war er gewesen, eine Geisel, so hatten es böse Zungen genannt, um Faolans Vater ruhigzustellen.

Fünf Jahre ohne einen Freund. Ohne den einzigen Freund, den er je gehabt hatte. Und nun war Faolan verrückt genug, seine Lehrmeisterin darum zu bitten, ihm einen Brief zu überbringen.

Er lehnte sich an die Stallwand und begann zu lesen. Der Brief war kurz. Er las ihn noch einmal. Und noch einmal. Die Buchstaben tanzten Ringelreihen. Er wischte sich über die brennenden Augen und ließ das Pergament sinken.

»Was ist?«, fragte Eilis.

Arailean schüttelte den Kopf. Faolans Worte wiederholten sich in seinen Gedanken. Er brachte keinen Ton heraus.

Auf immer treu! Erinnerst Du Dich noch daran, was wir uns einst geschworen haben? Dass wir unser erstes Turnier gewinnen, eine Prinzessin retten und einen Drachen töten werden. Du bist es mir schuldig, dieses Turnier zu gewinnen. Und ich weiß, dass Du es schaffen kannst. Du musst es nur wollen.

Gegen Cathair gewinnen? Um sich danach von ihm verprügeln zu lassen? Faolan hatte gewusst, dass er kneifen würde. Er war zehn gewesen – damals. Aber Versprechen brach man nicht.

Der Schrein Gealachs fiel ihm ein, das Halbdunkel erhellt nur durch zwei Kerzen. Blut quoll aus einem Schnitt an seinem Handballen.

»Auf immer treu!«

»Auf immer treu«, glaubte er sich stottern zu hören.

Wollte Faolan es wirklich durchziehen? Alles? Immerhin hatte Faolan sein erstes Turnier schon gewonnen. Noch zwei Tage. Dann war es für ihn so weit.

Arailean wurde flau.

Eilis stand auf. »Ich muss weiter. Soll ich Faolan etwas ausrichten?«

Die Worte kamen so plötzlich, dass er zusammenzuckte. »Nein … ja … ich …« Warum musste er immer stottern, wenn er nicht wusste, was er sagen sollte? Sein Blick zuckte hoch zu ihr, irrte weiter auf der Suche nach etwas Unverfänglichem, das er ansehen konnte. »Ich …«

Gewinnen? Cathair würde gewinnen. Er gewann immer. Es war besser so. Wenn Cathair gewann, war er wenigstens guter Laune und ließ ihn in Ruhe.

Eine Hand legte sich auf seine Schulter.

Als er aufsah, blickte er in Eilis’ eisgraue Augen. »Schlechte Nachrichten?«

Vergeblich versuchte er ihrem Blick auszuweichen.

»Schau mich an.«

Er gehorchte. Der Kloß in seinem Hals war so dick, dass er glaubte, daran zu ersticken.

»Vielleicht kann ich dir helfen.« Ihre Augen wirkten traurig.

Mitleid? Er wollte kein Mitleid. Er wollte nur … Ja, was eigentlich? Gewinnen? Gegen Cathair?

Vater. Ihn einmal stolz machen. Einmal den Blick auf sich fühlen, den er Cathair immer schenkte.

Er schluckte. »Kann … darf ich …?«

Eilis lächelte. »Ich beiße nicht. Lass dir Zeit.« Sie ließ ihn los.

»Ist es … Darf man jemanden den … den Sieg schenken? Absichtlich. In einem Duell oder … oder Turnier … Ich meine, es schadet doch nicht und …« Götter, hatte er das wirklich gesagt?

Es dauerte eine Weile, bis Eilis ihm antwortete. »Glaubst du an Gealach?«

Er blinzelte. Die Frage verwirrte ihn. »Ja. Ja, natürlich. Sie ist die wichtigste Göttin für mich.«

Ein Lächeln blitzte in Eilis’ Gesicht auf. »Nicht Seol, der Gottvater?«

»Nein.« Er schüttelte ernst den Kopf.

»Warum fragst du mich dann? Du weißt doch, dass jeder Zweikampf ein Gebet an Gealach ist. Willst du sie anlügen?«

Er starrte sie an.

»Willst du das?«, wiederholte sie.

»Nein.«

Er wollte Gealach dienen. Wie Faolan. Wie diese Frau. Hatte er das eben laut gesagt?

Anscheinend nicht, denn Eilis setzte hinzu: »Warum denkst du dann daran, so etwas zu tun?«

»Weil …« Weil Cathair es ihn sonst büßen ließe. Na und? Wenn er verlor, würde Cathair ihn stattdessen verspotten. Genauso wie Seanan. Und Vater …

Die Enge in seinem Hals würgte ihn wieder.

»Lass gut sein. Es geht mich nichts an«, sagte Eilis. »Aber denk daran: Die Göttin will, dass du kämpfst. Dass du dein Bestes gibst, ganz gleichgültig, unter welchen Umständen. Denn ein Diener Gealachs gibt nicht auf. Niemals.« Sie griff nach den Zügeln des Wallachs. »Ich muss los. Es freut mich, dich endlich kennengelernt zu haben, Arailean Ni Linnfearnai.«

»Wartet! « Mit bebenden Händen fasste er nach dem Kopf des Wallachs, während sie sich in den Sattel schwang.

»Ja?«

»Faolan …« Ja, was nun? Seine Hände wurden feucht.

Eilis wartete geduldig.

»Sagt ihm, dass ich unseren Schwur nicht vergessen habe. Sagt ihm das.«

Sie lächelte. »Ich glaube, das wird ihn freuen.«

Arailean starrte vom Söller auf das bunte Treiben vor der Burg. Zelte sprossen dort wie Blumen auf den gemähten Wiesen zwischen den Obstbäumen. Lachen und das Echo vieler Stimmen drang von fern an Araileans Ohren. Der Duft gebratener Äpfel und Mandeln kitzelte seine Nase.

Götter. Er musste da runter.

Mit Faolan wäre es leichter. Mit Faolan war alles leichter gewesen. Allein der Gedanke, sich dem Trubel auszusetzen, verursachte ihm Übelkeit.

Sie würden ihn suchen. Er glaubte, Seanans Lachen zu hören. Ein guter Grund, ihn zu verspotten.

Seine Finger strichen über die Gürteltasche, wo er Faolans Brief verwahrte, seit Eilis ihn überbracht hatte. Arailean glaubte im Trubel neben dem blauen Zelt, auf dem die Standarte seines Vaters prangte, den Karottenkopf Gilroys auszumachen. Sein Knappe. Wieder einer von Vaters Scherzen. Ein Pferdeknecht als Knappe. Damit Seanan etwas zu lachen hatte. Das war alles, was ihm blieb, als Krüppel mit zwei lahmen Beinen. Sollte Cathair sterben, dann würde Seanan nicht einmal das Erbe antreten können.

War er dann der Erbe? Der Gedanke kam ihm zum ersten Mal.

Es wurde Zeit. Mit wackligen Knien stieg er die Treppe in den Innenhof hinab und strebte dem kleinen Manntor zu, das zum Apfelhain führte. Wenn er Glück hatte, konnte er so von hinten an die Zelte gelangen, ohne dass ihn jemand bemerkte.

Der Hof war wie ausgestorben. Alles schuftete für die abendlichen Feierlichkeiten oder war unten auf dem Turnierplatz. Nur er war noch hier.

Er kam an der Nische vorbei, in der er einst Faolan ewige Treue geschworen hatte. Der Schrein Gealachs. Kein Tempel wie für Seol oder Grian. Große Verehrung erfuhr Gealach hauptsächlich in den Hochlanden. Er glaubte, den Blick der Statue auf sich zu fühlen, die im Dämmerlicht auf dem schmalen Altar stand.

Mit Gewalt riss er sich los und floh aus dem Hof.

Irgendwie schaffte es Arailean, rechtzeitig zum Zelt seines Vaters zu gelangen, bevor das Signal zum Beginn des Turniers ertönte. Außer Atem griff er nach den Zügeln seiner roten Stute, als Gilroy neben ihm auftauchte.

»Da seid Ihr ja endlich, Saor! Wir suchen schon nach Euch.« Gilroy klang ehrlich besorgt.

Das Blut schoss in Araileans Wangen. »Es tut mir leid, Gilroy. Ich hätte nach dir rufen lassen sollen.«

»Das macht nichts, Saor. Aber Ihr müsst Euch beeilen. Die Paarungen wurden schon aufgerufen. Ihr seid bald an der Reihe.«

»Gegen wen?«

»Saor Sluaghadh Ni Comhghan.« Gilroy holte den Brustpanzer und legte ihn Arailean um.

Der Brustpanzer war ein Teil von Cathairs ausgedienter Gestechrüstung, die der Waffenschmied mit Mühe und Not auf Araileans Größe umgeschmiedet hatte.

»Kennst du ihn?«, fragte Arailean.

»Oh, er ist letztes Jahr nach drei Durchgängen ausgeschieden. Wenn Ihr mich fragt, dann ist er kein guter Reiter. Er hat sein Pferd nicht unter Kontrolle. Es sollte leicht sein, ihn aus dem Sattel zu heben.« Gilroy grinste verschwörerisch unter seinen Sommersprossen, während er Arailean das nächste Rüstungsteil anlegte.

Arailean senkte den Kopf. »Ich danke dir für deinen Rat.«

»Gern geschehen, Saor.« Gilroy strahlte. »Wenn Ihr wünscht, werde ich meine Augen offen halten, damit ich Euch von den Schwachstellen Eurer anderen Gegner berichten kann.«

Andere Gegner … Dazu müsste er gewinnen. »Wenn du das tun möchtest …« Warum sagte er solche Dinge, wenn er Angst davor hatte zu gewinnen? Er war erbärmlich.

»Ich werde mein Bestes geben, Saor. Das verspreche ich Euch.« Stolz leuchtete aus Gilroys Augen, bevor er sich bückte, um Arailean die Beinschienen anzulegen.

Schritte ertönten, dazu das Geschepper einer Gestechrüstung, und Cathair tauchte hinter dem Zelt auf. »Oh, bist du doch noch gekommen, Brüderchen? Seanan hat gewettet, dass du nicht auftauchen würdest. Also habe ich doch noch gewonnen.« Wie das leibhaftig gewordene Bild eines Helden sah er aus in seiner blinkenden Rüstung und mit dem in der Sonne wie Gold glänzenden Haar.

Arailean kam sich klein und unscheinbar neben ihm vor. »Ich hatte noch etwas zu tun.«

»Was denn? Ich bin neugierig.«

»Ich war beim Schrein Gealachs.« Das war keine Lüge.

Cathair runzelte die Stirn, er wirkte irritiert. »Du hast zur Göttin gebetet?«

»Du nicht?«, fragte Arailean verwundert. Im nächsten Augenblick begriff er, dass er einen Fehler begangen hatte.

Cathairs wasserhelle Augen flackerten. »Was bildest du dir ein?«, fauchte er. »Du …« Er trat einen Schritt auf Arailean zu.

Arailean zuckte zusammen und wich unwillkürlich zurück. Seine Hände wurden feucht. Er wartete auf den Schlag, der kommen würde. Der immer kam. Stillhalten. Er musste nur stillhalten, dann hörte Cathair schnell wieder auf.

Köpfe drehten sich nach ihnen um.

Cathairs Blick zuckte in die Runde. Die Muskeln an seinem Kiefer spannten sich. Aus schmalen Augen sah er auf Arailean herab, während sich seine Fäuste öffneten und schlossen. Er schnaubte. »Nun, dann möge der Bessere gewinnen. Wie immer.«

»So sei es«, würgte Arailean hervor.

Ohne Gruß ließ Cathair ihn stehen.

Arailean stand wie gelähmt. Erst ein Räuspern Gilroys brachte ihn zur Besinnung. Er schreckte herum und fand sich Gilroys Rücken gegenüber. Dankbar darum, ihn nicht ansehen zu müssen, stieg er auf den Hocker, den Gilroy neben die Stute gestellt hatte, damit er leichter in den Sattel kam, während der Junge die Zügel hielt.

Einen Moment zögerte Arailean, bevor er aufsaß. Was tat er hier?, wunderte er sich. Aber für ein Zurück war es zu spät.

Gilroy sah zu ihm auf. »Habt Ihr wirklich zu Gealach um den Sieg gebetet?«

Arailean schüttelte den Kopf. Eilis kam ihm in den Sinn. »Gealach will, dass der Bessere gewinnt – ohne dass sie ihm dabei helfen muss.« Ohne dass irgendjemand den Ausgang beeinflusste.

Die Haut unter Gilroys Sommersprossen kräuselte sich. Er zog die Nase hoch. »Ihr habt recht, Saor.« Bei den Worten bückte er sich, um Arailean die Turnierlanze zu reichen. Als er den Kopf hob, blitzte es in seinen Augen. »Aber wenn es so ist, werdet Ihr bestimmt einige Siege davontragen, Saor. Das weiß ich.«

Im gleichen Moment hörte Arailean den Herold seinen Namen rufen. Dankbar darum, Gilroy keine Antwort geben zu müssen, trieb er sein Pferd in Richtung Gestechplatz. Das kärgliche Frühstück lag ihm wie ein Stein im Magen. In diesem Moment wünschte er, darauf verzichtet zu haben.

Am Rande der Arena zügelte er sein Pferd. Vergeblich bemühte er sich darum, die Menge der Zuschauer zu ignorieren. Er wünschte sich zurück in die Burg, in sein Zimmer, in den Stall. Überall wäre es besser als hier, wo alle ihn anstarrten und auf ihn zeigten. Götter, und hier sollte er kämpfen?

Sein Blick fiel auf den Gegner, der ihm gegenüber Position bezogen hatte. Was er sah, ließ ihn den Klumpen im Magen vergessen. Gilroy hatte recht. Die Haltung seines Gegners zeugte von einem schlechten Reiter.

Konnte er ihn wirklich besiegen?

»Du bist so weit.« Meallans Stimme, des Waffenmeisters auf der Burg seines Vaters. »Ich kann dir nichts mehr beibringen.«

Jeden Tag war Arailean bei ihm gewesen, seit Faolan gegangen war. Meallan war die beste Alternative. Bei ihm war er sicher vor Cathairs Launen und Seanans Spott. Und Vater freute sich darüber.

Mit Meallan zu trainieren, ob mit Lanze oder Schwert, zu Pferd oder zu Fuß – das war gut gewesen. Das Gefühl der Erschöpfung danach, das ihn gleichgültig machte gegenüber Seanans Sticheleien, Cathairs Angebereien und Vaters Gebrüll. Der Schweiß auf der Haut, der Geschmack nach Sand, der Gesang des Stahls und der dumpfe Schmerz der Treffer. Danach verlangte er. Nicht nach diesem Trubel.

Ob Meallan das auch zu Cathair und Faolan gesagt hatte?

»Seid Ihr bereit, Saors?«, fragte der Herold.

Arailean nickte und klappte das Visier herunter. Ihm schwindelte. Durch den Schlitz des Visiers entdeckte er die Silhouette seines Vaters auf dem Ehrenplatz der Tribüne. Er war aufgestanden und sah angestrengt in seine Richtung. Ihn einmal stolz zu machen. Was würde er darum geben.

Schnell ließ Arailean den Blick zu seinem Halbbruder Seanan wandern, der neben dem Vater in einem Lehnstuhl hockte und gelangweilt in die Ferne blickte. Was sollte ihn auch ein Turnier interessieren? Schlimm genug, dass er zusehen musste, ohne Hoffnung, je ein Pferd erklimmen zu können.

»Zu Ehren der Göttin!« Der Ruf des Herolds brachte Arailean zur Besinnung.

Arailean ritt an. Sein Gegner flog auf ihn zu. Hufe stampften. Die Luft schmeckte rein und klar, machte ihn trunken. Zu Ehren der Göttin.

Er vergaß die Menge, vergaß alles. War nur noch er selbst. War ein Krieger auf einem Pferd mit einer Lanze in der Hand. Hoch aufgerichtet visierte er den anderen an. Er senkte nicht den Kopf, um sich vor einem Kopf- oder Halstreffer zu schützen. Wer kein Risiko einging, konnte nicht gewinnen. Meallans Wahlspruch.

Wie von selbst senkte sich die Spitze seiner Lanze. Fand genau den richtigen Punkt, um den anderen Reiter mit Wucht aus dem Sattel zu rammen. Etwas streifte seine Brust, ein Stoß ging durch seinen Lanzenarm. Dann schepperte es hinter ihm.

Arailean musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass er gesiegt hatte.

Der Sieg schmeckte so süß wie Erdbeeren mit Rahm. Nach Sonne und Sommer. Nach einem langen Nachmittag in praller Hitze und dem kühlen Wasser des Teichs neben der Obstwiese. Nach Faolans Gelächter, nach Sonnenfunken im Heu, die die Luft zum Glitzern brachten. Fühlte sich an wie eine kleine schnurrende Katze auf seinem Bauch, die aus glitzernden, halb geschlossenen Bernsteinaugen zu ihm aufschaute.

Dann schlug die Menge über ihm zusammen. Hände klopften auf seine Oberschenkel und seinen Rücken. Lachende Gesichter strahlten ihn an. Immer neue Hände, neue Gesichter. Ein Reigen von Grüßen und Glückwünschen, der nicht abreißen wollte. Und dazwischen Gilroy, der mit Araileans Lanze im Kreis tanzte, als habe er zu viel getrunken.

Fort. Ins Zelt. Irgendwohin. Nur weg hier.

Schweißnass saß er auf seinem Pferd und rang nach Atem. Hoffte darauf, dass er bald wieder aufgerufen wurde.

Endlich stand er dem nächsten Gegner gegenüber. Arailean sah zur Tribüne, bevor er das Visier nach unten klappte. Sein Vater blickte ihn an, über die Menge hinweg. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Als Arailean ihm zunickte, hob er die Hand zum Gruß.

Das Scharnier des Visiers schloss sich mit einem Quietschen. Arailean wandte den Blick seinem Gegner zu und ritt an. Von weit entfernt hörte er das Stampfen der Hufe, fühlte das Pferd unter sich. Aber sein Geist ritt voraus, den Gegner stets im Visier, fand er die Lücke in der Deckung des anderen mit Leichtigkeit.

Der Gegner lag im Gras, bevor Arailean begriff, was geschehen war. Jemand griff nach seiner Lanze. Gilroys Gesicht war hochrot und strahlend vor Freude. Schwer atmend öffnete Arailean den Gurt am Kinn und nahm den Helm ab, ließ den Wind durch seine verschwitzten Haare streichen. Sein Blick suchte die Silhouette seines Vaters. Fand ihn auf der Tribüne, stehend und mit beiden Armen winkend, ein breites Lachen auf dem Gesicht.

Arailean wurde heiß bei dem Anblick. Trunken vor Freude riss er den Arm hoch und winkte zurück.

Der nächste Gegner kam, bevor er Luft holen konnte. Dann noch einer und noch einer. Er zählte sie nicht. Spürte weder Hunger noch Durst. Taumelte von einem Sieg zum nächsten wie eine Motte von Kerzenflamme zu Kerzenflamme, ohne einen Gedanken an die Gefahr. Er gewann, selbst gegen den alten Kämpen Saor Tigernan Ni Suileabhan, den er erst im dritten Durchgang nach Punkten besiegte und der ihn so hart traf, dass Arailean für einen Herzschlag lang schwarz vor Augen wurde. Ein Stechen begleitete danach jeden seiner Atemzüge, aber das nahm dem Tag nichts von seiner Süße. Ein buntes Tüchlein flatterte gar an seiner Lanze, von dem er nicht mehr wusste, welche der Damen es ihm überreicht hatte.

Es dunkelte bereits, als er sich zum letzten Lanzengang auf dem Turnierplatz einfand. Sein Herz klopfte wie rasend. Ein Sieg noch, dann war er Turniersieger. Bei Gealach hatte er es Faolan versprochen, und er würde sein Versprechen halten.

Er konnte die Farben des Gegners im Schein der untergehenden Sonne nur erahnen. Seine Stimme dagegen kannte er gut. »Gut, dass wir uns treffen, Brüderchen. Es wird Zeit, dass du Dreck schmeckst.«

Arailean wurde heiß und kalt zugleich. Sein Blick zuckte zum Vater, der vor der untergehenden Sonne einem Scherenschnitt gleich am Rand der Tribüne stand und auf den Turnierplatz hinabsah. Nur seine Hände, die sich um das Geländer klammerten, verrieten etwas von seiner Erregung. Selbst Seanan hatte seine zur Schau getragene Langeweile abgelegt und saß vornübergebeugt auf seinem Lehnstuhl, um ja nichts von dem Schauspiel zu verpassen.

»Saor!« Gilroys Stimme.

Arailean wandte sich ihm zu und nahm ihm die Lanze ab, bevor er das Visier seines Helms schloss. Seine Hände zitterten.

Das Hornsignal des Herolds erscholl, bevor er sich sammeln konnte. Schon flog Cathair auf ihn zu.

Arailean packte die Lanze fester und ritt an. Hufe stampften, Erdbrocken flogen. Sein Keuchen füllte den Helm, drohte ihn zu sprengen. Sein Blick verschwamm. Er schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete, war Cathair heran. Keine Zeit mehr, die eigene Lanze zu platzieren. Es dröhnte. Etwas streifte seine Rüstung, jagte einen Stich durch seine Brust und warf ihn nach hinten. Er stöhnte auf, griff nach dem Sattel und hielt sich fest. Schwankend und nach Luft ringend kam er am Ende der Bahn an. Vor seinen Augen tanzten Schatten.

Jemand griff nach den Zügeln seiner Stute und brachte sie so zum Stehen. »Saor, Saor! Wie geht es Euch?« Gilroy.

»Es geht.« Irgendwie schaffte es Arailean, das Zittern seiner Hände unter Kontrolle zu bringen. Vorsichtig holte er Luft, tastete nach dem Schmerz in seiner Brust und fand, dass er ihn aushalten konnte, wenn er auf eine bestimmte Weise atmete.

»Wollt Ihr abbrechen, Saor? Seid Ihr verletzt?« Gilroys Stimme klang besorgt.

»Nein.« Aufgeben? Nein. Nicht jetzt.

Gilroy wendete das Pferd und klopfte Arailean auf den Oberschenkel. »Saor, denkt an den einen Fehler, den er immer macht.«

Arailean brauchte einen Herzschlag, bis er begriff. Er kannte den Fehler gut. Bisher hatte er ihn stets ignoriert, um Cathair gewinnen zu lassen.

»Saor?«

Das Horn des Herolds erklang.

»Möge Gealach mit Euch sein, Saor!« Gilroys Hand klatschte bei den Worten auf das Hinterteil der Stute.

Die Stute flog über die Bahn. Diesmal fand die Lanze sofort ihren Platz in Araileans Armbeuge.

Gealach wollte, dass der Bessere gewann.

Arailean sah den Fehler, das leichte Verrutschen im Sattel, bevor Cathair zustieß. Cathairs Lanzenspitze suchte seinen Kopf. Auch Cathair kannte anscheinend seine Eigenarten. Der Schreck ließ Arailean zögern. Im letzten Moment wich er aus. Ein Ruck fuhr durch seinen Lanzenarm. Cathairs Rüstung schepperte. Aber Cathair hatte ihn nicht getroffen.

Schweißnass wendete Arailean am Ende der Bahn seine Stute. Jeder hatte einen Treffer erzielt. Die dritte Runde würde den Lanzengang entscheiden. Er sah Gilroy am Rande der Bahn winken, hörte von weit entfernt das Jubeln der Menge, fühlte den Himmel über sich so hoch und weit. Noch bevor das Signal des Herolds ertönte, rückte er die Lanze zurecht und fixierte den Gegner, der nicht besser war als die anderen, die er an diesem Tag bereits aus dem Sattel gehoben hatte.

Mit dem ersten Ton des Horns galoppierte er an. Die Hufe der Stute hämmerten den Namen Gealachs. Er würde sie nicht enttäuschen. Dieses Mal nicht.

Mit fest aufeinandergebissenen Zähnen preschte er vorwärts. Er ließ den Kopf oben, senkte ihn nicht, ging damit das Risiko ein, dass Cathair wieder danach zielte. Als Belohnung fand seine Lanze ihr Ziel, traf Cathair genau im richtigen Augenblick. Es schepperte. Der Ruck in seinem Lanzenarm jagte einen stechenden Schmerz durch seine Brust, raubte ihm kurz die Besinnung. Schwärze umgab ihn.

Als er zu sich kam, hatte er keine Lanze mehr in der Hand. Er hing im Sattel, versuchte, sich wieder hochzuziehen. Nur bis zum Ende der Bahn, weiter musste er nicht kommen. Ein Stolpern der Stute riss ihm den Sattelknauf aus der Hand. Arailean fiel.

Das Scheppern seiner Gestechrüstung drang wie durch Nebel an seine Ohren. Der Nebel füllte seinen Kopf und verschluckte ihn.

»Saor, Saor …« Eine frische Brise kühlte sein verschwitztes Gesicht. Jemand hatte ihm den Helm abgenommen und tätschelte seine Wange.

Mit einem Stöhnen versuchte er sich aufzurichten. Ohne Gilroys Hilfe wäre er wieder zu Boden gesunken. Der Junge stützte ihn und half ihm dabei, aufzustehen.

»Genug Mumm, um die Sache zu beenden? Bastard!« Cathair stand vor ihm und bleckte die Zähne zu einem Grinsen. In seiner Rechten hielt er den Anderthalbhänder.

Arailean schloss kurz die Augen. Unentschieden. Sie waren beide gestürzt und hatten je einmal getroffen. Es war nicht ungewöhnlich, was Cathair verlangte. Welche Wahl hatte er? Cathair noch wütender machen, indem er gewann, um bei der nächsten Gelegenheit von ihm verprügelt zu werden. Oder verlieren und Cathairs und Seanans Spott ernten?

Cathair lachte. »Feigling. Ich hätte es mir denken können.«

»Saor?« Gilroys Stimme klang wie ein Flehen.

Araileans Blick flog hoch zum Vater, der wie aus Stein gemeißelt immer noch das Geländer der Tribüne umklammerte.

»Bring mir mein Schwert, Gilroy.«

Der Schwertgriff in der Hand fühlte sich an wie aus Watte und gleichzeitig so schwer wie ein Stein.

Was machte er hier? Ob Gealach ihm beistand?

»Bastard!«

Cathairs Schrei löste Arailean aus seiner Starre. Rechtzeitig genug, um dem Schwertstreich ausweichen zu können.

Ein Aufschrei ging durch die Menge.

Als Cathair nachsetzte, ließ Arailean sich zu Boden fallen und rollte unter der Mittelabsperrung hindurch. Zitternd stemmte er sich wieder auf die Füße.

Holz splitterte. Arailean fuhr herum, als Cathair mit einem Schlag seines Anderthalbhänders den Balken der Absperrung zertrümmerte.

Arailean wich zurück, spürte mehr, als dass er es sah, wie ihn ein mächtiger Hieb Cathairs knapp verfehlte. Da schickte Cathair ihn mit einem Tritt gegen das Knie zu Boden.

Die Menge stöhnte auf.

Arailean sah die Klinge auf sich zukommen, drehte sich weg. Es schepperte, als ihn die Klinge mit voller Wucht seitlich an der linken Schulter traf. Ein greller Blitz zuckte durch seine Brust. Sterne tanzten vor seinen Augen. Arailean versuchte hochzukommen, sah den nächsten Hieb kommen und wollte die Klinge hochreißen. Doch es war, als müsse er seine Arme durch zähen Sirup quälen.

Cathair traf ihn in der Achselhöhle. Der Schmerz und die Wucht des Hiebs warfen Arailean zu Boden. Er schmeckte Dreck, verlor das Schwert beim Aufprall und wälzte sich stöhnend auf die Seite auf der Suche nach seiner Waffe. Er sah sie einige Handbreit von seiner rechten Hand entfernt im Gras. Unerreichbar.

Mit voller Wucht schlug Cathair auf Araileans Brustpanzer.

Ein Stich fuhr durch Araileans Brust. Er versuchte sich herumzuwerfen, um nach dem Schwert zu greifen, aber der linke Arm war wie gelähmt, bremste seinen Schwung. Ein neuerliches Stechen in seiner Brust ließ ihn aufstöhnen.

Cathair nutzte die Gelegenheit und hob die Klinge. »Stirb!« Arailean glaubte, ein Funkeln in Cathairs Augen zu sehen. Dann stieß seine Klinge herab auf Araileans Halsbeuge.

Ungeahnte Kraft strömte plötzlich durch Araileans Körper. Den Bruchteil eines Herzschlags glaubte er einzusinken in die Erde, auf der er lag, wurde eins mit allem Sein, mit Gestern, Morgen und Jetzt, war tot und lebend zugleich, ein Teil allen Lebens und das Leben selbst.

Magie. Sie umgab ihn, war in ihm und durchströmte ihn.

Er wollte sein Schwert, und das Schwert lag in seiner Hand, verselbstständigte sich und fuhr in Cathairs Brust. Durchbohrte die Rüstung und blieb dort stecken. Ein Stöhnen entrang sich Cathairs Kehle, Blut quoll aus seinem Mund. Dann brach er zusammen und regte sich nicht mehr.

2. Kapitel

Die Stille, die sich auf dem Turnierplatz ausbreitete, glich der Stille vor dem Sturm.

»Cathair …« Arailean stürzte neben dem Bruder auf die Knie. Mit bebenden Fingern tastete er nach dem Puls an Cathairs Hals. Er konnte sich nicht daran erinnern, den Panzerhandschuh ausgezogen zu haben. Kein Puls. Nichts. Die wasserblauen Augen blickten starr an ihm vorbei in den glühenden Himmel.

Arailean rüttelte an Cathairs Schulter. »Cathair, steh auf! Steh auf! Ich bitte dich …« Ihm versagte die Stimme.

Das war ein Traum, einer dieser Albträume, die er öfter hatte. Gleich würde er aufwachen. Es musste so sein. Wie sonst konnte es der Fall sein, dass er das Turnier gewonnen hatte.

»Cathair …« Tränen rannen Arailean über das Gesicht.

»Saor! Saor!« Jemand berührte seine Schulter.

Gehetzt sah Arailean sich um. Ein Stich jagte dabei durch seine Brust.

Neben ihm stand Gilroy. Das Gesicht so blass unter den Sommersprossen. So scheu die Haltung, als habe er Angst vor ihm. »Saor?« Zögerlich machte er einen Schritt auf Arailean zu und stopfte ihm ein Stoffbündel unter die Achselhöhle. »Ihr blutet, Saor.« So schnell wie möglich trat er wieder zurück.

Arailean griff nach dem Bündel und hielt es fest. Erstaunt bemerkte er die rote Flüssigkeit, die über seine Finger rann. Er wollte sich bedanken, als ihn ein Stoß in den Rücken aufstöhnen ließ.

»Aufstehen!«

Ein Wachmann von der Burg baute sich vor ihm auf und richtete das Schwert auf ihn. Ein zweiter Stoß traf Araileans Rücken. »Los! Mitkommen!«

Arailean schloss die Augen und rang nach Luft. Darum bemüht, keine hastige Bewegung zu machen, stemmte er die rechte Hand auf sein Knie und mühte sich auf die Füße. Er taumelte.

Gilroy machte einen Schritt auf ihn zu, als wolle er ihn stützen, und wich wieder zurück.

Erneut traf ein Stoß Araileans Rücken. Nicht fest, aber er genügte, um ihm das Gleichgewicht zu rauben.

Ein Raunen ging durch die Menge.

Langsam mühte Arailean sich wieder in die Höhe. Er suchte auf der Tribüne nach Vaters Silhouette, doch er konnte sie nirgends entdecken. Nur Seanan saß noch dort, vornübergebeugt, die rotblonden Haare wirr im Gesicht, als könne er nicht glauben, was er gerade sah.

»Los, vorwärts!« Die Wachmänner ließen keinen Zweifel daran, dass sie es ernst meinten.

Arailean nahm seine ganze Kraft zusammen und machte den ersten Schritt. Schweiß rann über seine Stirn. Seine Finger pressten das Stoffbündel in seine Achselhöhle. Sie waren klebrig von seinem Blut. »Helft mir«, keuchte er.

Der eine der beiden Wachmänner zögerte. Sein Blick irrte zu dem zweiten Mann in Araileans Rücken. »Vorwärts, habe ich gesagt!« Die Schwertspitze zeigte Richtung Burg.

Der Mann hatte Angst. Nun, da Arailean sie einmal entdeckt hatte, fand er sie überall. Sie versteckte sich hinter der Unbarmherzigkeit der Wachmänner, hinter Gilroys Zurückhaltung und der entsetzten Stille, die über dem Platz hing.

Angst.

Vor ihm, dem Wechselbalg.

Feenbalg!

Das Wort hämmerte in Araileans Ohren mit jedem seiner angestrengten Atemzüge. Mit jedem Schritt, den er auf die Burg zumachte.

Wie lange würde die Kirche Seols brauchen, um zu kommen und ihn zu richten? So, wie sie es mit jedem Feenbalg taten, das es wagte, Magie in der Öffentlichkeit anzuwenden. Erst recht, wenn dabei jemand zu Schaden kam.

Es war jemand zu Schaden gekommen. Er hatte Cathair getötet. Er hatte seinen Bruder im Duell getötet. Mit Magie.

Das Todesurteil war ihm sicher. Es musste nur noch vollzogen werden.

Gealach! O ihr Götter, er hatte das nicht gewollt. Er schwor es bei seinem Leben. Alles würde er tun, damit Gealach ihm beistand. Wenn er nur gewusst hätte, wie er sie überzeugen könnte.

Er begriff, dass er jammerte, und biss die Zähne zusammen, quälte sich weiter den Hang zur Burg hinauf, das Ungeheuerliche vor Augen, das er getan hatte.

Feenbalg. Vater hatte recht gehabt.

Am Ende seiner Kräfte stießen ihn die beiden Wachmänner in den Rittersaal. Er fand sich auf den Knien wieder, zu erschöpft, um sich wieder zu erheben. Die Gestechrüstung lastete auf ihm wie ein Mühlstein. Vergeblich versuchte er mit den zittrigen Fingern seiner rechten Hand, die Lederschnallen des Brustpanzers zu lösen.

Jemand schob seine Finger beiseite und öffnete die Schnallen. Gilroy.

»Danke«, flüsterte Arailean.

Der Junge wich seinem Blick aus, als wäre er beim Ungehorsam erwischt worden. »Keine Ursache, Saor!« Behutsam nahm er Arailean den Brustpanzer ab, ließ ihn zu Boden gleiten und wandte sich den Arm- und Beinschienen zu.

Mit geschlossenen Augen ließ Arailean es geschehen.

»Geh er!«, befahl eine Stimme.

Arailean zuckte zusammen und öffnete die Augen.

Die letzte Beinschiene traf scheppernd den Boden. Mit einem Ruck stand Gilroy auf und wich zur Tür zurück. Nach einem letzten Blick auf Arailean verließ er den Rittersaal.

Stille kehrte ein.

Arailean bemerkte aus den Augenwinkeln die beiden Wachmänner, die sich mit gezogenen Schwertern neben ihm postiert hatten, und Seanan, der in seinem Lehnstuhl am Ende des Tisches saß und ihn mit starrem Blick musterte. Schritte kamen auf ihn zu. Vaters Schritte. Vor ihm hielten sie inne.

In Erwartung der Reitgerte, zuckte Arailean zusammen und duckte sich. Im gleichen Augenblick begriff er, wie erbärmlich er sich benahm.

Es klirrte, als Vater ein Schwert vor ihm zu Boden warf. »Hier«, sagte er. »Das ist alles, was ich tun kann. Bevor …« Er verstummte.

Warum schrie er nicht wie sonst, wenn er wütend auf ihn war?

Ein leises Lachen ertönte vom Ende des Tisches. »Er wird es nicht tun, Vater. Er war schon immer ein Feigling. Ist es nicht so, Brüderchen?«

Arailean hatte nicht den Mut, ihn anzusehen. »Vater …«

Warum schrie er nicht? Warum schlug er ihn denn nicht? Wenn er nur irgendetwas tun würde!

Da schob Vater die Waffe über den Steinboden mit einem hässlichen Knirschen ein Stück auf Arailean zu. »Nimm damit die Schande vom Namen unserer Familie. Ich bitte dich darum.«

Vater! Nicht das …

Er schluchzte. »Ich wollte es nicht, Vater. Ich schwöre es dir. Ich wusste nicht … ich …« Er war kein Feenbalg. Er war nur sein Sohn.

Vater schwieg.

Seanan lachte auf. »Hör nur, wie er wimmert und um Gnade winselt.«

»Schweig!«, donnerte der Vater.

Ihn einmal stolz sehen …

Arailean glaubte keine Luft mehr zu bekommen. Mit zitternden Händen tastete er nach der Klinge. Blut klebte an ihr. Cathairs Blut. Langsam begann Arailean die Schnürung des Gambesons zu lösen, öffnete auch noch das Hemd darunter, bis seine Brust bloß lag. Ihm war eiskalt.

Er zog das Schwert zwischen die Knie, richtete die Spitze gegen die Grube unterhalb seines Brustkorbs. Doch als er sich dagegenlehnen wollte, rutschte die Waffe fort. Schweiß perlte ihm auf der Stirn. Der linke Arm wollte nicht gehorchen. »Hilf mir«, würgte er hervor. »Bitte.«

Einen endlosen Augenblick später stemmte der Vater seinen Fuß gegen den Griff des Schwertes, verkeilte es, sodass es nicht mehr wegrutschen konnte.

Araileans rechte Hand umklammerte die Klinge, hielt sie so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Ihm war speiübel.

Gealach, o Gealach, nimm mich zu dir! Ich bin bereit, betete er.

War er das?

Gealach wollte, dass er kämpfte. Dass er sein Bestes gab, ganz gleichgültig unter welchen Umständen. Denn ein Diener Gealachs gab nicht auf. Niemals.

Sich zu töten hieße aufzugeben. Aber er wollte nicht aufgeben. Nicht jetzt. Nicht so.

»Feigling!« Seanan spuckte aus. »Ich hatte es dir gesagt.«

»Schweig!«, knurrte der Vater.

Schweiß tropfte von Araileans Stirn auf seine Brust, vermischte sich mit den Tränen, die ihm übers Gesicht rannen.

Ihn einmal stolz machen …

Würde Gealach ihn überhaupt wollen?

Feenbalg!

Ein Diener Gealachs gab nicht auf.

Der Fuß des Vaters schob die Klinge auf Arailean zu. Der Stahl biss in seine Haut. Blut rann heiß über die ausgekühlte Haut.

»Nein!« Mit einem Schluchzen schlug Arailean die Waffe beiseite. Er verlor das Gleichgewicht, stürzte und fing sich mit dem rechten Arm. Die Haare verdeckten sein Gesicht. Er war froh darum.

Die Stille war kaum zu ertragen.

In sie hinein fiel das Echo von Seanans leisem Lachen.

Da endlich regte sich Vater. Die Binsen knirschten unter seinen Schritten auf dem Weg zum Kamin. Stahl kreischte, als Araileans Schwert über den Steinboden gezogen wurde. Eine der Wachen räusperte sich. Da schrie der Stahl unter der Wucht auf, mit der er gegen den Sims des Kamins geschmettert wurde.

Der Schrei betäubte Araileans Ohren. Er wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Bis es plötzlich neben ihm klirrte. Im Reflex hob er den Arm, um den Kopf vor einem Schlag zu schützen.

»Hier! Reparier das, wenn du kannst.« Die Stimme des Vaters klang brüchig.

»Vater …« Vor Arailean lagen die Teile seines geborstenen Schwertes.

Vaters Schritte entfernten sich.

Die Wache neben Arailean trat zur Seite. »Mylord, was … Was sollen wir jetzt mit ihm tun?«

Die Schritte verhallten.

Endlich wagte es Arailean, den Blick auf den Vater zu richten.

In Vaters Augen glitzerte es. »Brandmarkt ihn. Ich habe keinen Sohn mehr, der Arailean heißt.«

Eine der beiden Wachen trat ihm in den Rücken, als er nicht sofort reagierte. Arailean stürzte, aber er fing sich gerade noch ab. Da packten sie ihn an den Armen und zerrten ihn hoch, stießen ihn zum Rittersaal hinaus und schleiften ihn über den Hof zur Schmiede.

Neben dem Schmiedebalg kam er zu liegen. Araileans Herz hämmerte. Wie durch dichten Nebel hörte er die Männer mit dem Schmied reden, ohne ihre Worte zu verstehen.

Ihn einmal stolz sehen …

Sie rissen ihn an den Achseln hoch. Eine Hand griff in seine Haare und hielt seinen Kopf fest.

Etwas näherte sich seinem Gesicht, war rot und heiß und stank nach Metall. Instinktiv wich er zurück. Ein Knie rammte sich in seinen Rücken, trieb die Luft aus seinen Lungen und ließ ihn aufkeuchend die Augen schließen.

Als er sie wieder öffnete, füllte das Brandeisen sein ganzes Gesichtsfeld aus. Mit einem Zischen biss es in seine Stirn. Der Gestank nach verbranntem Fleisch erfüllte seine Nase und machte ihn würgen. Dann kam der Schmerz.

Arailean schrie. Bis Dunkelheit ihn gnädig umfing.

Ein Schwall Wasser ertränkte ihn fast. Spuckend und prustend kam er zu sich. In seiner Stirn brannte ein Loch. Wimmernd krümmte er sich zusammen, wünschte sich nur, wieder in die Schwärze sinken zu dürfen. Vergessen, Schlaf, Tod. Alles schien ihm gnädiger, als hier im Dreck zu liegen.

»Aufstehen!«, kommandierte eine Stimme. Ein Tritt verlieh dem Befehl mehr Nachdruck.

Arailean gehorchte wie ein gut dressierter Hund. Mit zusammengebissenen Zähnen stemmte er sich gegen den Schmerz und die Schwäche, raffte die Fetzen seines Stolzes zusammen und taumelte aus der Schmiede durch den Hof auf das Pferd zu, das dort auf ihn wartete. Ein Schluchzen würgte seine Kehle, als er May erkannte. Er ließ sich von den Wachen in den Sattel hieven, entdeckte die Teile seines zerstörten Schwertes, die aus seinem zusammengerollten Mantel ragten, der zwischen die Satteltaschen geschnallt worden war.

Jemand schob ihm die Zügel in die rechte Hand. Er wickelte sie um die Finger, gerade rechtzeitig genug, bevor ein derber Klatsch auf das Hinterteil die Stute in Trab versetzte und diese ihn durch das Burgtor trug.

Vogelfrei.

Halb blind vor Schmerz kämpfte er darum, auf dem Rücken der Stute zu bleiben, die führerlos den Weg entlangtrabte. Vogelfrei, das hieß, dass jeder, auf den er traf, ihn töten durfte. Die Erlaubnis dazu war in seine Stirn gebrannt und ließ sich nur schwer verbergen. Falls die Diener Seols ihn nicht zuerst aufgriffen. Aber ein schneller Tod durch das Schwert oder einen Pfeil war dem auf dem Scheiterhaufen allemal vorzuziehen.

Er begriff nicht, wie es dazu gekommen war. Er war nicht der Magie fähig, war es nie gewesen. Keiner aus seiner Familie war das. Aus der Familie seines Vaters, berichtigte er sich. Er wusste nichts von der Familie seiner Mutter außer ihrem Namen. MacCragganmor.

Es sollte noch Hochländer geben, die Feenblut in sich trugen. Dort hatte die Kirche Seols nicht so viel Macht wie in den Tieflanden. In den Tieflanden dagegen waren sie so gut wie ausgerottet. Dank der Diener Seols. Angst war eine hohe Motivation.

Die MacCragganmors. Ob es ihnen gleichgültig war, dass er ein Feenbalg war? Ein Bastard. Vogelfrei. Sie kannten ihn ja nicht einmal. Er konnte nur hoffen, dass Blut doch dicker war als Wasser. Denn die Cragganmors waren das einzige Ziel, das ihm einfiel. Es gab kein anderes.

Also Richtung Hochland. Er sagte es sich vor, um bei Sinnen zu bleiben, um es nicht zu vergessen, wenn der Schmerz ihn überrollte. Versuchte sich zu vergegenwärtigen, wo er entlangreiten musste, um die Grenzlande möglichst schnell zu erreichen. Vielleicht würden sie ihm dorthin nicht folgen. Es herrschte zwar Frieden zwischen den Hoch- und den Tieflanden, aber gern gesehen war ein Tiefländer dort noch lange nicht.

Aber er war ein Hochländer, zur Hälfte wenigstens. Das mussten sie doch sehen. Verrückt. Er war ein Tiefländer, immer gewesen. Gleichgültig, wer seine Mutter war. Ob vogelfrei oder nicht. Er würde immer einer bleiben.

Die Stute stolperte, lenkte seine Aufmerksamkeit auf den Weg, der sich unter ihm wand wie eine Schlange. Er klammerte sich an der Mähne fest, um nicht zu fallen, mit einer Hand, weil ihm der linke Arm nicht mehr gehorchte. Sank über den Hals des Pferdes, nur von einem einzigen Gedanken beseelt – im Sattel zu bleiben.

Die Wogen des Schmerzes, die ihn überschwemmten, wurden immer höher. Dunkelheit zerrte an seinem Geist. Er versuchte sie abzuschütteln, strampelte sich nach oben, um Luft zu schnappen. Fand Wasser, das über sein Gesicht rann. Weinte er?, wunderte er sich. Dann begriff er, dass es regnete. Regen war gut. Regen würde seine Spuren verwischen. Aber sie mussten nur dem Weg folgen, über den er ritt. Wussten sie, was sein Ziel war?

Es gab nicht viele Wege, die von Ailodhar wegführten. Den Weg. Richtig, er musste den Weg verlassen, damit sie ihn nicht fanden. Wo war der Weg? Warum war es so dunkel? Gealach, wo war er?

Die Stute unter ihm blieb stehen.

Weiter. Er musste weiter.

Die nächste Welle kam und riss ihn mit sich. Er merkte nur noch, dass er aus dem Sattel rutschte.

Als er zu sich kam, fühlte er einen Arm um seine Schultern. Sein Kopf lag an einer in Leder gehüllten Brust. Ein nasses Tuch linderte ein wenig das Brennen in seiner Stirn. »Saor?« Eine Hand strich über Araileans Wange.

Blinzelnd öffnete er die Augen und blickte in Gilroys besorgtes Gesicht. »Was …?«

»Geht es Euch besser, Saor?« Vorsichtig schob Gilroy ihn in aufrechte Position und nahm das Tuch von Araileans Stirn.

Arailean war dankbar, dass der Junge neben ihm sitzen blieb, sodass er sich an ihn lehnen konnte. »Was tust du hier?«, flüsterte er.

»Ich bin Euch gefolgt.«

Ein Lachen lauerte in Araileans Kehle. Er verschluckte sich fast daran. »Das sehe ich.«

»Saor, ich konnte Euch doch nicht allein lassen. Ich bin Euer Knappe. Ich …«

»Ich bin kein Ritter mehr. Ich bin …« Arailean brachte das Wort »entehrt« nicht über die Lippen. »Du bist mir nicht mehr verpflichtet. Du kannst gehen.«

»Aber Ihr braucht mich doch, Saor. Ihr seid verletzt. Ihr könnt kaum allein gehen.«

Mit einem Ruck löste sich Arailean aus Gilroys Armen. »Du verstehst nicht. Sie werden mich jagen und zur Strecke bringen. Wie … wie einen tollwütigen Hund. Sie werden keine Gnade kennen. Auch mit dir nicht, wenn du bei mir bleibst …«

»Das macht mir keine Angst, Saor.« Wie blass Gilroy unter seinen Sommersprossen war.

Arailean biss die Zähne zusammen. »Bei Gealach! Glaubst du, ich will deinen Tod auf dem Gewissen haben? Ich habe Cathair …« Seine Stimme versagte.

»Mein Platz ist bei Euch.«

»Begreifst du denn nicht?« Der unterdrückte Zorn und die Hilflosigkeit trieben Nässe in Araileans Augen. »Ich … ich bin ein Feenbalg. Die Kirche Seols wird mich jagen. Sie wird auch dich richten, wenn …«

»Das ist mir gleich, Saor.«

Arailean schloss die Augen. »Gilroy, lass mich nicht betteln …«