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Am ersten Schultag wartet Andy vergeblich auf seine Eltern. Das Mittagessen bekommt er meist beim Metzger um die Ecke, und den Rest seiner freien Zeit streift er vom Arbeiterviertel Giesing aus durch ganz München. Bis er mit 13 Jahren in einem Plattenladen auf einen Verkäufer trifft, der ihm genau im richtigen Moment die Welt des Grunge eröffnet. Und die des Whiskeys. Der Flachmann wird fortan zum ständigen Begleiter. Nach einer herben Enttäuschung wirft der 20-Jährige alles hin und flieht nach London. Zur gleichen Zeit erblickt Victoria das Licht der Welt, als Tochter einer Rumäniendeutschen und eines Roma. Mit vier Jahren zieht sie mit ihrer Mutter und den Großeltern nach München. Nach schmerzhaften Erfahrungen mit Drogen, Gewalt und Rassismus verschwindet sie mit 15 nach Frankfurt und kämpft sich dort – im wahrsten Sinne des Wortes – durch ihr Leben. Jahre später trifft sie in ihrer alten Hood im Münchner Hasenbergl schließlich auf Andy. Generation X prallt auf Gen Z, Grunge trifft auf Deutschrap. Der Soundtrack einer Freundschaft im Schatten der nahenden Pandemie? Roman Eisner erzählt die berührenden und zugleich schonungslosen Coming-of-Age-Geschichten zweier unterschiedlicher Menschen, die eins verbindet: die Liebe zur Musik.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
romanka-publ
Roman Eisner
Legit. Legitim
Roman
romanka-publ
November 2025
© 2025 by romanka publ. und Roman Eisner
Verlag:
romanka publ.
Roman Kollar · Johannisstr. 149 · 90419 Nürnberg
romanka-publ.de
Coverbild © 2025 by Anna Angress
Instagram: @amaeveryday
1. Teil
Andy
1980 - 2000
I.
März 1980.
Erica schrie tief und dumpf. Die spindeldürre Hebamme sagte, dass sie pressen solle. Was dachte die, hatte sie die letzten Stunden über gemacht? Erica klammerte sich am Bett fest, das aussah wie eine metallene Gefängnispritsche mit Rollen. Die Tür zum Kreißsaal flog voller Schwung auf und ein weißhaariger Arzt im weißen Kittel trat ans Bett heran. Erica musste lachen, doch verzog dann vor Schmerz das Gesicht. Der Gynäkologe setzte sich auf einen Schemel zwischen ihre angewinkelten Beine. Wie auf Knopfdruck und wie, als wenn sie ihm nicht die Zeit rauben wollte, gebar sie ihren Sohn. Die Hebamme und eine Krankenschwester führten die Nabelschnurabtrennung durch. Danach riss der Arzt den Jungen am rechten Unterschenkel in die Höhe, drehte ihn geschickt um und gab ihm einen ordentlichen Klaps auf den Hintern. Der Kleine schrie genauso, wie Erica es sich vorgestellt hatte.
Nach den Untersuchungen und Tests auf einem höhenverstellbaren weißen Tisch, teilte der Arzt Erica mit, dass ihr Sohn etwas zu klein und zu leicht war und zudem eine leicht unterdurchschnittliche Atemfrequenz hatte, was aber gesamt betrachtet akzeptabel war. Er legte ihr kurz die Hand auf die Schulter und verabschiedete sich. Die Hebamme gab Erica den in ein kleines Laken gewickelten Jungen in den Arm. Erica betrachtete ihn und bekam ein extremes Verlangen nach einer Zigarette. Der letzte Sonnenstrahl verabschiedete sich gerade aus dem kleinen freien Spalt oben durch’s Milchglasfenster.
Nachdem der Frauenarzt vor Monaten Ericas Schwangerschaft bestätigt hatte, warf sie ihre Zigaretten und das Feuerzeug in den Mülleimer an der U-Bahn Haltestelle, nachdem sie die Praxis verlassen hatte. Zwanzig Minuten später, sie lief gerade durch den Hinterhof des barocken Jugendstilhauses mit den zwölf Mietwohnungen, überlegte sie es sich anders. Sie ging zur Straße zurück und holte sich am Zigarettenautomaten eine Schachtel R6. Eine Schachtel am Tag setzte sie sich als neues Limit. Und seitdem dachte sie beinahe den ganzen Tag nur an Zigaretten. Unterwegs sah sie dazu nur noch Menschen, die rauchten. Ihr fiel zum ersten Mal auf, dass wirklich überall geraucht wurde. In den Büros, in Bahnhöfen, beim Italiener, im Schwimmbad, im Rathaus oder im Intercity auf der Fahrt zu ihren Eltern, wenn sie sie in der Kaserne in Heidelberg besuchte. Und ganz und gar selbstverständlich wurde auch im Krankenhaus geraucht, auch im Schwesternzimmer der Gynäkologie, was ihr vor drei Wochen auffiel, als sie sich den Ort ansah, an dem sie ihr Kind zur Welt bringen wollte. (Sie hatte das Klinikum »Rechts der Isar« gewählt, weil es nicht weit von ihrer Wohnung in Giesing entfernt war; außerdem war eine Trambahn-Haltestelle direkt vor der Tür).
Erica stillte ihr Kind noch im Kreißsaal. Dann wurde sie in einen Rollstuhl gesetzt und von einer Schwester durch die matt-beigen Flure ins Zimmer geschoben. Dort bat sie die Schwester, ihr ihren Sohn für ein paar Minuten abzunehmen, damit sie ihren Partner Gerhard anrufen könne. Sie zog ihre Jacke über das hinten offene Flügelhemd und schlurfte ins Raucherzimmer.
Erica wurde als erstes Baby in den Campbell Barracks in Heidelberg geboren. Ihr Vater war Lieutenant General und diente beim Europäischen Kommando der US-Streitkräfte. Ursprünglich stammte er aus Kansas. Ericas Mutter arbeitete als Zivilangestellte in der Kaserne. Als Erica fünf Jahre alt war, wurde ihr Vater schließlich in das Camp de Lodges bei Paris abkommandiert. Ihre Mutter entschied, dass sie und Erica in Heidelberg blieben. Sie zogen zwar vom Gelände weg, unterhielten aber weiterhin gute Beziehungen zu den Menschen in der Kaserne und den Angestellten dort. Wenn sie auf ihre Kindheit zurückblickte sah sie im Nebel ihren großgewachsenen Vater in Uniform vor sich stehen, der ihr eine riesige rot-weiße Zuckerstange in die Hand drückte und danach das Haus verließ. Sie erinnerte sich auch an die Besuche der amerikanischen Freundinnen ihrer Mutter, von denen einige immer Tarnkleidung trugen. Letztlich wuchs sie trotz des Umzuges mehr bei den Amerikanern auf, als in deutscher Gesellschaft. Durch den amerikanischen Schutzschirm, den ihr Vater über die Familie spannte, war es ihr möglich, weiterhin in der Kaserne ein und aus zu gehen. Erica begleitete ihre Sandkasten-Freundinnen sogar zur Schule in den Barracks. Sie war die extern German und hatte die amerikanische Staatsbürgerschaft.
Erica verschwand mit 18 Jahren aus Heidelberg, nachdem sie auf einer ewig langen Zugfahrt von einem großen blonden Mann angesprochen wurde. Gerhard aus München. (Dessen Sohn sie heute zur Welt gebracht hatte). Eigentlich verstand sie es bis heute nicht – damals war sie klein, drall und stämmig ohne Proportionen, hatte kurze schwarze Löckchen auf dem Kopf und war für sie selbst der Inbegriff der Langeweile. Gerhard hingegen war groß und schlank. Er war der Inbegriff eines Schönlings und hatte feine, blonde Haare, die er hinten ein klein wenig länger trug, dazu markante Koteletten.
Doch das mit dem Schönling war lange her.
Erica rauchte hastig zwei R6 hintereinander, ging danach in die Telefonkabine und wählte mit zittrigen Händen die Nummer von Gerhards Arbeitsplatz in der Paketposthalle. Dort war er schon von der Spätschicht weg. Sie rief zu Hause an. Ebenso vergeblich. Auch in der Glockenbachstubn, der Gastwirtschaft auf der Straße 45° schräg links gegenüber ihres uralten Mehrfamilienhauses mit Hinterhofwohnungen in Giesing - kilometerweit vom Glockenbachviertel entfernt – war Gerhard nicht zu erreichen.
Er parkte in dem Moment seinen orangenen Ford Granada gegenüber auf dem Schotter. In Giesing hatten sie zu der Zeit einiges aufgerissen, was mit dem U-Bahn - Bau zu tun hatte, der bevorstand. Die Lampe mit dem Logo der Spaten-Brauerei über dem Eingang war aus. Er erinnerte sich nicht mehr, ob ihm gestern jemand gesagt hatte, dass heute zu war. Die Lampe war allerdings nur kaputt.
Im Vorraum zog er ein Soft Pack Reval am Automaten, nahm sich die 40 Pfennig Wechselgeld aus der Packung und betrat die dunkelbraun getäfelte Wirtsstube mit den ringsherum dekorierten Hirschgeweihen. Er setzte sich an den Stammtisch, dem ersten Tisch links, und bestellte ein Helles.
Gerhard war im Westen, nachdem er mitsamt seiner ganzen Hallenser Schulklasse nach West-Berlin geflohen war. In den Wochen vor der Klassenfahrt hatten sich die Gerüchte verdichtet, dass die Grenze nach West-Berlin in Kürze geschlossen werden würde. Der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht wurde allerdings im Westfernsehen auf einer Pressekonferenz gezeigt. Er sagte, dass niemand die Absicht hätte, eine Mauer zu errichten. Gerhards Eltern lachten schallend (das sollte er nie vergessen), als sie den Beitrag in der heute Sendung zum Abendessen sahen. Am vierten Tag des Aufenthalts in einer der Touristenstationen Ost-Berlins kündigten drei Jungen, darunter auch Gerhard, kurz nach der Schlafenszeit ihre in wenigen Minuten bevorstehende Flucht an, spontan und kurzfristig. Die drei stellten es jedem frei, mitzukommen oder zu bleiben. Niemand blieb zurück. In West-Berlin angekommen wurden sie alle sofort in schwarze Diplomatenautos gesetzt, die nach München fuhren. Die Beamten trugen den Jugendlichen bereits während der Befragungen auf, in der nächsten Zeit nicht zu versuchen, Kontakt zu ihren Eltern aufzunehmen, wenn sie sie nicht gefährden wollten. Bis auf fünf Mitschüler, die von anderen Beamten abgeholt worden waren, wurden alle anderen auf vier städtische Heime aufgeteilt. In Presse, Funk und Fernsehen im Westen platzte vier Wochen später schließlich die Bombe über die Flucht einer ganzen Schulklasse in die BRD. Gerhard las die Schlagzeile damals mit Stolz, als er an einem der roten Zeitungsautomaten der Abendzeitung vorbeiging.
Während Erica ihre dritte Zigarette rauchte, entschied sie, ihren Sohn nach ihrem schon lange verstorbenen amerikanischen Großvater »Andy« zu nennen. (Alle nannten ihn so, obwohl sein offizieller Name »Andrew« war.)
»Andy« dagegen konnte man je nach Anlass deutsch oder englisch aussprechen. Vielleicht war es irgendwann einmal von Nutzen.
Am nächsten Tag trat Erica schließlich aus dem weißen, monströsen Altbau, in dem die Kinder zu Welt kamen, in eine Staubwolke. Wo sie nur hinsah verrichteten endlos viele Bauarbeiter ihr Werk, zwei Presslufthämmer sprangen gleichzeitig im Schotter. Der Boden bebte. So musste sich die Apokalypse anfühlen. Andy schlief jedoch ungestört im Tragetuch weiter, als Erica sich auf dem Weg zur Trambahn-Haltestelle eine R6 anzündete.
II.
April 1984
Andy saß auf der untersten Stufe zum Waschkeller im Hinterhof des vierstöckigen, 1911 erbauten und mittlerweile etwas bröckelnden Jugendstilhauses, wie es sie zu dieser Zeit in Giesing so viele gab. Hier am Treppenabsatz konnte ihn vom Hof aus niemand sehen. Er zählte die kleinen Kieselsteinchen, die er dort aufgesammelt hatte. Er kam auf 47. Er stellte sich einen runden, weißen Kreis auf dem Boden vor, genau vor dem Eingang zur Waschküche mit der schweren, Holztüre, von der der weiße Lack abbröckelte. Nach und nach legte er eins der ungleichmäßig geformten Steinchen hinter das andere. Als er fertig war, zählte er wieder 47 Steine und nochmal, als er alle einzeln in die ausgebeulte Hosentasche der braunen Cordhose steckte. In der Wohnung über dem Torbogen ging das große Fenster auf und sein Freund Christian trat auf den winzigen Balkon. Er fragte, ob sie Dreirad fahren wollten und kam dann runter in den Hof. Andy gab ihm etwa die Hälfte der Steinchen und warf seine dann über die graue Mauer in den Hof gegenüber. Der gehörte zu einem grün angemalten Haus, dessen Putz abbröckelte. Sein Kindergartenfreund tat es ihm gleich. Dann schnappten sie sich die Dreiräder und fuhren kreuz und quer durch den Hof.
Christians Mutter, Gisela, rief vom Balkon runter, dass beide hochkommen sollten, sie hätte Kakao gemacht. Die beiden stürmten die Treppen rauf und Andy hoffte, dass er wieder die Haut, die mittlerweile auf dem Kakao im Topf schwimmen müsste, bekäme. Als er schließlich vorsichtig und langsam auf die Haut biss, spürte er plötzlich seinen Herzschlag. Gleichzeitig fühlte er sich wie ein Klumpen Matsch, der sich langsam verflüssigte und auseinanderdriftete. Sein Kopf dagegen war wie ein vibrierender Stein.
»Was ist los?«, fragte Gisela und legte die Hand an Andys Stirn: »Wirst du krank?«. Was mehr eine Feststellung denn eine Frage war. Andys Augenlider wurden schwer.
»Ich ruf deine Mama an«, sagte sie und nahm ihn an der Hand und brachte ihn zur Couch. Im selben Moment, als sich Andy hingelegt hatte, war er auch schon eingeschlafen. Gisela rief in Ericas Büro im amerikanischen Generalkonsulat in der Königinstraße an. Über die Zentrale erfuhr Gisela schließlich, dass sie gerade zu einem Termin aufgebrochen war.
In genau diesem Moment betrat Erica mit ihrem Chef und zwei weiteren Männern den Besprechungsraum, in dessen Mitte ein wuchtiger, dunkel glasierter Eichenholztisch stand. An der dem Eingang gegenüberliegender Wand hing ein Porträt des amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan. Es gab recht kurzfristig eine Telefonkonferenz mit der amerikanischen Botschaft in Bonn, Vertretern der Bayerischen Staatsregierung sowie des Bundesinnenministeriums. Obwohl ihre Dolmetscherfähigkeiten eigentlich nicht benötigt wurden, da alle Teilnehmer Deutsch sprachen, wurde Erica manchmal bei Fachausdrücken um Rat gefragt.
Heute allerdings nicht und nach einer halben Stunde verließ sie das Konsulat, nahm die U-Bahn zum Marienplatz und stieg dann in die S-Bahn zur St. Martin Straße um.
Als sie nach Hause kam, ging sie in den ersten Stock, um Andy abzuholen. Gisela erzählte, wie es Andy ging: nicht gut. Erica trug ihren Jungen, der sie kraftlos umarmt hielt, hinunter in ihre Wohnung. Sie setzte ihn auf den braunen Dreisitzer vor den Fernseher und gab ihm ein großes Glas kalte Fanta zu Trinken - er war tatsächlich recht warm. Mit einer Zigarette zwischen den Lippen lief sie ins Bad, um sich für den Abend fertig zu machen.
Gerhard schob in der Glockenbachstubn seinen Teller zur Seite, unterdrückte einen Rülpser und trank den zweiten Obstler zum Verdauen. In einer halben Stunde müsste er zuhause sein. Er bestellte noch ein Helles.
Als er zu Hause ankam, erhielt er eine kurze Übergabe: Andy war heute etwas krank gewesen, aber es ging ihm bereits besser; Hunger hatte er nicht, aber er hatte zumindest etwas Kinderschokolade gegessen und somit etwas im Bauch.
Erica verabschiedete sich von Andy, der gerade vor dem Fernseher saß und die ZDF - Serie Mirjam und der Lord vom Rummelplatz schaute. Sie gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Gerhard zündete sich eine Reval an, setzte sich neben das Kind aufs Sofa und sah ihn im Augenwinkel an.
Diesen Pillen-Unfall.
Mit dem idiotischen Namen.
Er schüttelte den Kopf, nahm drei lange und kräftige Züge der Zigarette, drückte sie aus und stand auf. Er steckte eine Betamax - Kassette in den riesigen Rekorder und schaltete das Fußballspiel DDR gegen Sowjetunion an. Da fiel ihm ein, dass er den Geldumschlag, den er heute – wie zu Beginn eines jeden Monats - aus dem Postfach am Hauptbahnhof genommen hatte, im Handschuhfach des BMW vergessen hatte. Er überlegte kurz, ihn zu holen, zündete sich aber schließlich noch eine Zigarette an. Wer sollte hier schon den Wagen aufbrechen. Als bereits nach zehn Minuten Gassajew das 1:0 für die Russen schoss, fing er an zu fluchen – obwohl er das Spiel in der letzten Woche bereits zwei mal gesehen hatte. Er fluchte noch einmal: Erica sollte sich in Schwabing einfach in Luft auflösen - und zeitgleich sein Sohn hier neben ihm.
Der Junge rührte sich plötzlich, verdrehte die Augen und rutschte stocksteif nach hinten. Er machte gurgelnde Geräusche. Gerhard schrie ihn an, fasste ihm an den Kopf und hatte das Gefühl, glühende Kohlen anzulangen, so heiß war er. Das Kind fing an zu zucken und Gerhard schrie es nochmals an, damit es aufhörte. Andy beruhigte sich mit einem Mal und schlief. Gerhard schaltete den Fernseher auf stumm und hielt sein Ohr an den Mund des Jungen. Er atmete noch. Er hob den Kopf des Kindes von der hölzernen Lehne und legte ein Sofakissen unter. Dann ging er in die Küche, nahm einen großen Schluck Wodka aus der Flasche im Eisfach und kam mit einem Bier wieder ins Wohnzimmer.
Erica lächelte, als sie Gerhard und Andy nebeneinander auf der Couch liegen sah. Der Fernseher flackerte und rauschte. Sie fasste Andy an die Stirn und zuckte zurück und stieß dabei mit der Wade an den Couchtisch. Eine leere Bierflasche fiel um. Gerhard schreckte hoch.
Erica schrie ihn an: »Hast du nicht gemerkt, dass Andy hohes Fieber hat!«
»So schlimm ist es bestimmt nicht, er schläft doch.«
»Du fährst uns sofort ins Krankenhaus!«, rief sie mit großen Augen.
»Dafür bin ich viel zu besoffen«. Er stand auf und ging schwankend ins nebenan gelegene Schlafzimmer. Die Tür knallte. Erica rief sich ein Taxi zum Klinikum »Rechts der Isar«.
Sie saß mit Andy hinten und hielt ihn im rechten Arm. Mit der linken Hand hielt sie einen kühlen Waschlappen an seine Stirn. Als sie aus der Ferne das leuchtende Maximilianeum sah, fing sie vor Wut an zu wimmern.
III.
1.
16. September 1986.
Andys erster Schultag. Er war seit sechs Uhr wach.
Gerhard sollte um 7:00 Uhr von der Nachtschicht zu Hause sein und Erica musste erst roundabout 9 am, wie es im Konsulat hieß, anfangen. So konnten beide rechtzeitig zu Andys erstem Schultag erscheinen. Andy aß auf der Couch ein Nutellabrot, während er Pumuckl auf Video ansah.
Das Telefon klingelte. Erica hob ab. »Bombenanschläge?«, sprach Erica ins Telefon. »Jetzt? Sofort? Ok.« Sie legte auf, eilte zu Andy und sagte, dass sie sofort in die Arbeit müsse. Es tat ihr leid, besonders heute, sagte sie und umarmte ihn. Er solle sich schnell fertig machen:
»Papa kommt wie immer um 7 Uhr, dann geht er mit dir zur Schule.«
Erica rief bei Christians Mutter Gisela im Vorderhaus an, während Andy Zähne putzte und fragte, ob sie ihn vorbeibringen könne, bis Gerhard käme. Er würde ihn dann zur Schule bringen. Es war kein Problem.
»Andy, anziehn, egal was!«, rief Erica und eilte ins Schlafzimmer. Er hörte es rascheln. Er trug seinen orange-gelben Schulranzen in den Flur, als Erica mit einer Schultüte aus dem Schlafzimmer kam. Sie gab sie Andy in die Hand, knüllte die Cellophan-Verpackung zusammen, stopfte sie in die Schuhablage der Garderobe und schlüpfte in ihre braunen Sommerstiefel. Dann hetzte sie in die Küche und schrieb Gerhard auf einen Zettel, dass er Andy bei Christian abholen solle und den ersten Schultag alleine machen müsse. Andy schloss die Klettverschlüsse seiner Schuhe und dann gingen sie raus in den Hof, wo Erica sich eine R6 anzündete und mit weiten Schritten mit Andy an der Hand zum Vorderhaus eilte. Ihr dünner grauer Mantel flatterte ihr um die Beine. Sie klingelte unten, gab Andy einen Kuss, wünschte ihm »einen der schönsten Tage«, wie sie sagte, und schickte ihn in den Flur. Andy stapfte hoch, hinter Erica flog die Hoftür zu.
Zur gleichen Zeit setzte sich Gerhard in den Granada, zündete sich eine Reval an und fuhr vom Gelände der Paketposthalle der Deutschen Bundespost. Nächsten Monat war sein 15-jähriges Jubiläum. Er schnaufte, als er in die Arnulfstraße einbog. Es war etwas weniger Verkehr als sonst. Wenn nichts schief lief, wäre er um kurz nach 7 Uhr zuhause. Der schnellste Weg wäre über den Mittleren Ring über die Donnersberger Brücke Richtung Süden, dann über Sendling nach Giesing. Doch er blieb auf der Arnulfstraße und fuhr unter der Brücke durch am Augustinerkeller und dem Bayerischen Rundfunk vorbei, weiter Richtung Zentrum. Er bremste an einer Ampel und überlegte: Geradeaus ging es Richtung Hauptbahnhof und Stachus – nur: Was wollte er da? Er drückte den Zigarettenanzünder und fummelte sich eine Reval aus dem mattblauen Blouson, der auf dem Beifahrersitz lag. Der Anzünder klickte. Hinter ihm hupte ein BMW. Er hob die Hand, setzte den Blinker nach rechts und fuhr in die Paul-Heyse-Unterführung. Als er durch war, ließ er das Fenster runter. Milde Morgenluft bei 18° C wehte ihm ins Gesicht. Irgendwann fuhr er am Hauptbahnhof vorbei und wusste nicht, wohin er sollte. Nur für zehn Minuten auf ein Bier und eine Zigarette irgendwo einkehren? Die Türme der Frauenkirche tauchten auf. Am Stachus bog er rechts ab, an der Schwanthaler Straße nochmals. Hier war das Viertel mit Spielhallen, ein Stück weiter kamen die Pornokinos. Durch die Sperrstunde war es um diese Zeit allerdings beinahe hoffnungslos – was blieb, war ein Café in einem Hotel. Er bog in die Goethestraße und fuhr dann in den Hof eines der luxuriösesten Hotels, das er kannte. Wenn es Service gab, dann hier. Es war jetzt Punkt 7 Uhr. Er musste sich beeilen. Notfalls fuhr er dann direkt zur Schule, wo Erica und Andy dann wären.
Am dunkel getäfelten Tresen bestellte und bezahlte er sogleich ein Frühstück und nahm im Restaurant Platz. Ein älterer Kellner kam einen Moment später mit einem Kännchen Kaffee an seinen Tisch.
»Danke. Ein Weißbier bitte noch.«
Der Kellner zog die Augenbrauen zusammen, sagte dann aber: »Selbstverständlich, es ist allerdings nicht im Frühstückspreis inbegriffen.«
Gerhard nickte, zündete sich eine Reval an, trank vorsichtig einen Schluck des heißen Kaffees und sah durch die Vorhänge in den Hof. Erster Schultag. Wäre es schlimm, wenn ihm etwas auf der Arbeit dazwischen gekommen wäre? Eine Schwemme an Geschenkpost für die Schüler zum Beispiel? Oder dass das Auto nicht angesprungen wäre und er auf den ADAC musste? Der Kellner brachte das Bier. Gerhard bestellte gleich ein zweites. Wenn er sich beeilte, schaffte er es zumindest, um 8 Uhr in der Schule zu sein.
2.
Ein viertel Jahr zuvor – in den Pfingstferien.
Es klopfte an der Scheibe der rechten hinteren Tür des Ford Granada. Dahinter lag Andy auf der Sitzbank. Er wachte auf und kniff sofort wieder die Augen zusammen. Es war halb eins in der Nacht, dennoch heller als am Tag. Die Tür wurde geöffnet und Andy wurde von einem Grenzbeamten aufgefordert, auszusteigen. Er gehorchte und stellte sich zu Erica, die vor dem Auto wartete. Flutlichter blendeten ihn, noch immer brachte er seinen Augen nicht ganz auf. Es schüttelte ihn angesichts der nächtlichen Vorsommer – Kälte, die es hier am Grenzübergang Rudolphstein/ Hirschberg am Ende der A9 hatte. Vor ein paar Stunden waren sie in München losgefahren – und irgendwann war er eingeschlafen.
Der Grenzer ließ einen Schäferhund auf die Rückbank springen, auf der Andy gerade noch gelegen war. Zwei andere Polizisten liefen langsam um das Auto und sahen mit Teleskopspiegeln unter das Auto. Am Kofferraum stand ein weiterer Beamter in einem langen braunen Mantel, der mit grauem Kunstfell besetzt war. Er sah abwechselnd auf einen Zettel, bevor er dann wieder im Gepäck wühlte. Andy sah sich nach Gerhard um. Er war nicht da. Der Beamte mit dem Hund nickte seinem Kollegen zu. Andy durfte wieder einsteigen. Er sollte im Auto warten. Erica ging mit den Polizisten zu einem großen beigen Gebäudekomplex. Auf dem Kontrollturm gegenüber unterhielten sich drei Männer und rauchten. Andy spürte sein Herz tief und stark schlagen, er hatte Bauchschmerzen. Wo waren Mama und Papa? Warum saß er alleine im Auto?
Schließlich kam Gerhard aus dem Gebäude. Er brachte eine riesige Kaffeeschwade mit ins Auto, als er einstieg.
»Papa...«, sagte Andy und zwängte sich zwischen den Vordersitzen nach vorne, indem er sich mit seiner Hand an Gerhards Schulter festhielt.
»Bleib sitzen«, sagte Gerhard.
Dreieinhalb Stunden später stieg Erica ins Auto. Sie fuhr Gerhard an, dass die Schikane hier nur wegen ihrer Arbeit im US - Konsulat war und drückte ihm ihren Berechtigungsschein zum Empfang eines Visums in die Hand.
»Das war der erste und letzte Luxusurlaub hier«, fuhr sie Gerhard an, »die 25.- DM pro Erwachsenem reichen sogar in Italien für eine Woche Urlaub und wir sind ja noch nicht mal drin in der DDR«. Sie zündete sich eine R6 an: »Und die 7,50 DM von Andy reichen für ein Abendessen. Dazu die Straßennutzungsgebühr von 15.- DM und was wohl noch alles an Phantasiegebühr dazukommt. Und die USA sollen kapitalistisch sein?«. Sie drehte das Fenster runter. »Außerdem zieh ich mich niemals mehr vor diesen Stasi-Ratten aus.«
Gerhard schnaufte, nachdem sie endlich die Grenzanlagen passiert hatten und stieg aufs Gas. Er hatte noch nicht einmal das Fenster hochgekurbelt, als eine Trillerpfeife sie sofort wieder stoppte. Er fuhr rechts ran. Erica legte ihre Hand auf Gerhards Knie. Er atmete tief in den Bauch und langsam wieder aus. Ein Polizist kam zu ihrem Auto. Andy überlegte, ob es für die Farbe der Uniform einen bestimmten Begriff gab, eine Mischung aus grün, blau, braun und grau. Der Beamte trug eine grau-schwarz-braun-grüne Mütze und verlangte nach dem Pass, Führerschein, Fahrzeugschein und dem Berechtigungsschein zum Empfang eines Visums. Er blätterte durch die Papiere und fragte er Gerhard:
»Wissen Sie, was sie falsch gemacht haben?«
»Leider nicht.«
»Sie sind nicht angeschnallt.«
Gerhard räusperte sich und zitterte leicht: »Im Westen haben wir sowas nicht.« Der Polizist wurde rot im Gesicht und schrie ihn an:
»Wir sind hier in der DDR! Muss ich Ihnen das erklären?«
»Nein, das merke ich schon«, sagte Gerhard und nahm 20 Westmark aus dem Portemonaie und gab sie ihm.
Sie fuhren angeschnallt weiter, Gerhard schmiss die Quittung aus dem Fenster und Erica sagte, dass die Zoll- und Devisenerklärung dadurch schon jetzt nicht mehr stimmte. Andy legte sich wieder auf die Rückbank. Erica schaltete die Kassette »Die Drei Fragezeichen und der unheimliche Drache« ein. Andy nahm sich vor, die Geschichte dieses Mal zu Ende zu hören. Doch fielen ihm bereits während des Anrufs von Alfred Hitchcock bei den drei Detektiven die Augen zu.
Er wachte um halb sieben auf, als es rumpelte. Sie fuhren über quadratisch angelegte Asphaltblöcke, die ungewöhnlich weit voneinander entfernt lagen. Der Ford machte bei jeder Lücke, über die er fuhr, einen lauten Schlag. Gerhard fluchte und warf die brennende Zigarette in den Aschenbecher. Andy stieß an Gerhard Sitz und setzte sich dann auf.
Ein winziges, knatterndes Auto überholte sie, das über die Löcher und Geraden des Asphalts einfach darüber schaukelte.
»Ich muss aufs Klo«, sagte Andy.
Gerhard schnaufte und Erica fragte:
»Hältst du es nicht noch eine Stunde aus? Wir sind erst in… sonst wo.«
»Nein«, antwortete Andy.
An der nächsten Ausfahrt verließen sie die Autobahn und fuhren in einen Parkplatz voller dicht gewachsener, großer Bäume. Andy hatte das Gefühl, mitten in einem Wald zu stehen. Sie waren allein. Nur ein Klo gab es nicht. Erica schlug Andy vor, dass er etwas abseits hinter den Bäumen pinkeln sollte.
Als er zurückkam, zündete sich Gerhard eine Reval an und Erica hob gerade den Essenskorb aus dem Kofferraum. Sie gingen etwa 50 Meter weiter zu einer Bank, setzten sich und frühstückten. Andy bekam ein mit Nutella bestrichenes Brot vom Vorabend und nahm die gelbe Dose mit Kaba-Kakao und eine Packung H-Milch aus dem Korb. Erica gab drei Teelöffel in eine Tasse, goss Milch darüber und gab sie Andy. Während er das Brot aß, versuchte er mit dem kleinen Löffel das Pulver in der Milch aufzulösen. Drei größere Klumpen gingen auf und das Kakao-Pulver verteilte sich in der Milch, bis es verschwand. Gerhard aß eine Wiener Wurst mit scharfem Senf, Erica ein Salamibrot. Als Andy fertig war, bot ihm Erica einen makellosen, giftgrünen, glänzenden Apfel an. Er schüttelte den Kopf. So auch Gerhard, der sich stattdessen noch eine Reval anzündete. Der Kaffee im Becher der Thermoskanne vor ihm auf dem Tisch dampfte vor sich hin.
»Wir fahren weiter«, sagte Gerhard, »es sind bestimmt noch acht Stunden, die Straßen sind schlimmer als bei den Russen«.
»Warst du schon mal dort?«, fragte Erica.
»Nein.« Er schnaufte und schnippte die Kippe weg.
»Eigentlich könnten sie sich hier die Tempolimit-Schilder sparen, auf den beschissenen Straßen kann man eh nicht schneller als 80 fahren«, sagte Gerhard. Ein Trabi überholte sie. Durch das leicht geöffnete Fenster hörte Andy das Knattern des Autos.
Um 15:45 Uhr kamen sie in Warnemünde an und holten ihre Visa von der Polizei ab. Jedes Visum kostete 5 DM. Von der Volkspolizei-Station aus fuhren sie in südlicher Richtung. Plötzlich bremste Gerhard stark ab, weil ein Rollstuhlfahrer die Straße in Schneckentempo überquerte.
»Wie fährt der denn ohne dass er sich anschiebt?«, fragte Andy.
»Elektromotor, den hat ihm irgendein selbst Bekloppter gegeben«, sagte Gerhard.
Sie gelangten in eine graue Straße mit älteren Mehrfamilienhäusern. An vielen Stellen war der Belag durch die Bäume auf der rechten Seite beschädigt. Gerhard kämpfte damit, durch die Löcher und die schnell auf ihn zukommenden Trabbis zu navigieren. Ein roter Trabant, der ihnen entgegenkam, hupte. Gerhard brummte erneut. Nachdem sie durch das Nadelöhr durch waren, fuhren sie über einen Platz an einer Kirche vorbei – dann kam die nächste enge Straße und Gerhard brummte schon wieder. Erica tätschelte ihm den rechten Oberschenkel,»ist doch wahr, verdammt nochmal«. Duft des grünen Parks, den sie passierten, drang in ihre Nasen. Sie bogen rechts ab und das Licht wurde heller. Gerhard und Erica klappten gleichzeitig ihre Sonnenblenden herunter. Ein riesiges Hochhaus tauchte links von ihnen auf, ihr Hotel. Andy versuchte vergeblich, mit großen Augen bis zum Dach zu sehen, als sie in die Einfahrt einbogen. Am Hoteleingang stand ein Portier auf einem roten Teppich. Gerhard hielt an und der Portier öffnete Erica die Tür. Gleichzeitig eilte ein Page mit einem Gepäckwagen aus dem Hotel herbei.
Gerhard öffnete den Kofferraum. Der Page lud die Koffer auf seinen Wagen. Nachdem der Letzte verstaut war, stieg Gerhard wieder ein und erklärte, dass er das Auto auf dem Parkplatz abstellen würde. Sie sollten in der Lobby warten. Andy drehte sich um: in der Ferne rauschte das Meer, es musste gleich da vorne sein...
»Kann ich...«
»Kurz – bis da vorne«, sagte Erica.
Andy rannte bis zum Ende des Hotels und bekam plötzlich von links eine Prise Sand ins Gesicht, als ob jemand vom anderen Ende des Sandkastens im Kindergarten geworfen hätte. Er sah aufs Meer. Ein Segelboot, ein riesiges!, mit weißen Segeln, fuhr parallel zur Küste. Auf dem Wasser schäumte es, das lange Gras in den Dünen wurde vom Wind konstant nach rechts geweht. Wenn man nicht genau hinsah, konnte man denken, es sei einfach so gewachsen.
Andy zuckte, als Erica ihm ihre Hand auf die rechte Schulter legte. Sie gingen rein, nachdem Erica versprochen hatte, dass sie später zum Wasser gehen würden. In der Empfangshalle war alles braun, das meiste getäfelt, vom Boden bis zur Decke. Erica nahm in der Sitzecke neben den Eingang Platz und zündete sich eine R6 an. Andy stellte sich an eine der Säulen und sah in die goldenen Spiegel. Diese waren so schmal, dass sein Spiegelbild zerschnitten war. Je nachdem, wohin er sich stellte, entstanden seltsame Figuren. Als Gerhard kam, gingen sie an die Rezeption und wurden nochmals herzlich willkommen geheißen. Ihr Zimmer befand sich im 15. Obergeschoss mit Blick auf die Ostsee. Als Erica hörte, dass die Nacht 200.- Mark kostete, räusperte sie sich. Andy versuchte sich derweil an einem Klimmzug, um über den Tresen sehen zu können. Er schaffte es und eine Frau hinten links am Schreibtisch winkte ihm lachend zu. Andy konnte sich nicht mehr halten und plumpste wieder herab. Gerhard zeigte die Visa und die Pässe vor. Sie bekamen eine Visitenkarte des Hotels und die Schlüssel für ihr Zimmer.
»Sollen wir nicht noch ein paar Formulare ausfüllen?«, fragte Erica, »vielleicht einen Antrag auf Genehmigung einer Genehmigung für die Genehmigung, 200 Westmark pro Nacht zu zahlen.« Die Dame am Tresen sah Erica ausdruckslos an und schlug dezent auf die Tischklingel. Ein Page kam, führte sie zu den Aufzügen und dann schließlich noch bis zum Zimmer.
»Wenn Sie Wünsche haben, rufen Sie einfach…« Erica knallte die Tür zu. Andy schob bereits den Rechten der zwei schweren Vorhänge zur Seite, lehnte sich mit der Stirn ans Glas und sah nach unten – mit einem breiten Lächeln.
»Spinnst du?«, fragte Erica Gerhard, »für den Preis einer Nacht hier hätten wir ein halbes Jahr in einer Pension am Gardasee verbringen können!«
Gerhard zündete sich eine Reval an:
»Frag mal an der Rezeption nach, wer von uns spinnt, die sagen es dir«. Gerhard zündete sich eine Reval an. »Diesen Luxus hab ich mir verdient und wart erst mal ab, was es hier alles gibt. Und zwar inklusive.
Sie frühstückten im 18. Stockwerk. Erica hatte sich wieder beruhigt und sprach von der »gorgeous« Aussicht hier oben.
Nach dem Frühstück gingen sie mit all den Badesachen ans Meer. Andy rannte voraus zu den Strandkörben, nahm eine Faust voll Sand, warf ihn so hoch es ging und schrie »boah!«, als der Wind die Körner sofort zur Seite in Richtung Osten fegte. Als Erica und Gerhard endlich beim Strandkorb ankamen, war Andy schon nackt, tippelte auf den Zehenspitzen und sagte, dass er ins Meer wollte.
»Kommt nicht in Frage«, sagte Gerhard.
»Kommt es sehr wohl«, antwortete Erica und grinste. »Ich komm mit.«
Sie zog sich bis auf den Bikini aus, nahm Andy an der Hand und lief zum Wasser. Andy spürte, wie sie zusammenzuckte, als sie das Wasser mit den Füßen berührte.
Gegenüber den 25° C - Lufttemperatur, hatte das Meer gerade mal 15° C. Andy zog an ihrer Hand, Erica stemmte sich dagegen und sagte, das sei zu kalt. Er ließ los und ging langsam vorwärts. Erica schimpfte hinter ihm. Andy lief weiter und war irgendwann bis zu den Knien im Wasser. Erica schloss auf und sagte, dass er sich einfach hinsetzen und dann überlegen sollte, ob er wirklich rein wollte. Zwischen den Schaumkronen des Meeres blitzte die Sonne auf, in der Ferne war ein riesiger Kreuzer zu sehen, der auf Warnemünde zukam. Erica fragte mit hoher Stimme, was jetzt war. Andy ging langsam in die Knie. Es kam eine kleine Welle und spritzte ihm Wasser auf den Rücken. Andy schrie und sprang auf, was Antwort genug war.
Sie staksten durch den Matsch und dann durch den Sand zum Strandkorb zurück. Gerhard schlief. Unter dem Gürtel seiner braunen Cordhose war ein Brandloch.
Erica weckte ihn und sagte, dass es brannte. Er sprang auf und schlug gegen seine Hose. Erica lachte, während Gerhard fluchte. Andy setzte sich in den warmen Sand und fing an, mit der Hand ein Loch zu buddeln.
Um halb zwölf gingen sie ins Hotel-Restaurant. Erica sah in die Speisekarte:
»Hier kann man echt sparen. Gerhard – hast du das Essensgenehmigungsformular heute ausgefüllt?«, fragte Erica schallend laut.
Er sah auf: »Sehr witzig, bei euch ist es bestimmt mindestens genauso aufwändig.« Erica lachte noch lauter: »Ja! Wir machen nichts anderes als eine Genehmigung auszustellen, eine Genehmigung abholen zu dürfen, die genehmigt... Bullshit vom Rasen aufzuheben!« Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und lachte nun leiser bis es ganz aufhörte.
Das Steak, das sich Gerhard bestellte, kostete 4 Mark1, ein Bier dazu 1,50. Andy bekam Hähnchenschenkel mit Pommes. Und Erica Wildsuppe mit pochiertem Wachtelei. Während sie aßen sagte Gerhard, dass er heute Nachmittag einen Freund besuchen würde. Den er seit seiner Flucht nicht mehr gesehen oder gehört hatte. Er wusste nicht, wie der Freund reagieren würde und wollte deshalb alleine fahren. Erica lehnte sich nach vorne, strich Gerhard über die Hand und lächelte berührt. So konnte sie derweil schwimmen gehen – »hinein in die Wellen…«, sagte Gerhard.
»Zu kalt, Papa« sagte Andy.
»Ich meinte auch das Wellenbad hier im Hotel«.
»Juhu!« schrie Andy mit riesigen Augen und zupfte an Ericas Ärmel, sie lächelte und Gerhard zuckte grinsend mit den Schulter. Gerhard gab Erica einen Kuss und verschwand. Sie sah ihm nach und dachte sich, wieso es nicht immer so sein konnte zwischen ihnen.
Andy konnte den vertrauten Duft nach Schwimmbad schon weit vorher im Gang riechen. Als sie eintraten, blieb er mit offenem Mund stehen. Es war Wellenbetrieb. So etwas kannte er nur aus dem Alpamare in Bad Tölz. Das Wasser spritzte, kleine Kinder hielten sich am Absperrband fest und wippten mit den Wellen. Um sie herum standen die Eltern, alle mit weißen Bademützen. Andy stülpte sich seine rote über und sprang ins Wasser. Erica setzte sich auf einen Liegestuhl und holte sich das Buch»Das Impressum« von einem ihr nicht bekannten DDR-Schriftsteller, Hermann Kant, aus der Tasche und fing an, zu lesen.
Am nächsten Morgen fragte Erica Gerhard, wie das Treffen mit dem Freund von damals war (Andy und sie hatten bereits geschlafen, als er wieder ins Hotel kam).
Gerhard lehnte sich zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und atmete langsam ein. Gerhard wippte wieder nach vorne und sagte, dass das Treffen umsonst gewesen sei. Der Freund war verbittert. Wahrscheinlich neidisch. Was auch immer.
Nach dem Frühstück gingen sie am Strand spazieren. Sie liefen in Richtung Westen. Andy sprang von einem Strandkorb zum anderen bis es langweilig wurde. Er fragte, wie weit sie noch gehen mussten. Gerhard schätzte, eine halbe Stunde, Andy seufzte.
»Wir können nicht den ganzen Tag im Schwimmbad sein«, sagte Erica.
»Doch, das geht«, entgegnete er.
Nach zwei Stunden kamen sie an ein Restaurant direkt am Strand an. Andy bekam Pommes mit Ketchup und eine Cola. Nach dem ersten Schluck verzog er das Gesicht.
»Das ist keine Cola.«
Gerhard antwortete: »Doch, halt eine von hier.«
Die Pommes kamen. Andy nahm eine mit Ketchup in den Mund und verzog erneut das Gesicht.
»Ist das Ketchup auch von hier?«
Gerhard nahm eine Pommes. Er tunkte sie in Ketchup steckte sie in den Mund.
»Ja, und das ist sehr gut, das Ketchup schmeckt noch nach Tomate und nicht nur nach Zucker.«
Zum Nachtisch bestellte sich Andy ein Vanilleeis, das in einem Pappbecher gebracht wurde. Er zog den Pappdeckel ab und nahm einen Löffel voll. Andy saß da, als hätte man auf Pause gedrückt und spürte den Blick Gerhards. Dann schluckte er und nahm einen zweiten Löffel. Irgendwie schmeckte es. Er schmeckte zwar nur wenig Vanille raus – eher schmeckte es nach Pappe. Genau – es schmeckte nach den Kartons, die in den Zewa - Rollen waren. Mit Zimt-Zucker-Aroma.
3.
Wenige Tage später, wieder in München.
Es waren nicht mal mehr drei Monate, bis Andy in die Schule kommen sollte.
Erica knallte den Telefonhörer auf den Apparat. Und beendete so die wochenlange Diskussion, die sie mit Gerhard wegen Andys Wunsch, in einen Fußballverein zu gehen, geführt hatte. (Sie hatte jetzt entschieden, dass Andy nun ein Probetraining in der F-Jugend beim Münchner Traditionsverein Wacker München, der auf der anderen Isarseite im Stadtteil Sendling war, machen durfte.)
Es war angenehm warm, der Himmel klar, und die Sonne strahlte, als sie losliefen. An der Bushaltestelle Silberhornstraße war eine Baustelle. Ein Mann mit nacktem Oberkörper stand in einem etwa einen Meter tiefen und zehn Meter langen Graben und ließ seinen Presslufthammer springen. Andy hielt sich die Ohren zu und kniff die Augen zusammen, weil die Sonne blendete.
Sie überquerten die Straße. Augenblicklich kam der Bus, an dem rechts vorne die Bayernfahne und links das Münchner Kindl flatterte. Sie stiegen hinten ein und Andy lief in die letzte Reihe, während Erica die rote Streifenkarte ins Stempelgerät, an dem ein halb abgekratzter TSV-1860-München-Aufkleber klebte, steckte. Der Busfahrer gab Vollgas, es stank nach Diesel und neben Andys Fenster explodierte förmlich eine schwarze Rauchwolke. An der Brudermühlstraße stiegen sie nach der Vollbremsung an der Haltestelle aus, liefen durch Wohnanlagen, und Andy fragte sich, wieso Erica den Weg so gut kannte. Sie liefen parallel zum Fußballplatz. Zwischen den Hecken schimmerte grüner Rasen. Erica duckte sich, Andy zuckte zusammen als an einer Schneise drei Tauben wie aus dem Nichts über ihre Köpfe flogen.
Vor der Umkleidekabine sprach ein Mann gerade mit zwei Kindern. Über seinem blauen Poloshirt mit dem Emblem des Vereins hing eine schwarze Trillerpfeife. Es war der Trainer der F-Jugend, mit dem Erica telefoniert hatte. Er grinste und sagte, dass sie in anderthalb Stunden wieder kommen könnte, bis dahin würde Andy Spaß haben.
Heute waren sie zehn Jungen.
Andy schlüpfte in seine ersten Fußballschuhe und schaffte es, die Schleife zu binden. (Meist trug er Schuhe mit Klettverschluss). Als der Letzte draußen war, pfiff der Trainer alle zusammen. Sie versammelten sich in der Mitte des Platzes. Der Trainer stellte Andy vor, der heute zum Schnuppern da war. Dann schickte er sie zum Aufwärmen – sie mussten Runden um den Platz laufen. Nach verschiedenen Übungen wie Slalom, Sprünge über Hütchen, Sprints, Kurzpassspiel, Kopfbällen und Schwalben spielten sie zum Abschluss ein Fünf gegen Fünf Spiel. In seiner Mannschaft war ein kleiner schwarzhaariger Mittelstürmer, der eine dicke Brille mit einem Gummiband trug. Und der machte gleich zwei Tore, beide nach Vorlagen von Andy.
Als die beiden am Ende des Trainings beim Trainer standen konnte Andy sehen, wie dick die Brille tatsächlich war. Die Pupillen füllten die beiden Plastikgläser fast vollständig aus. Der Trainer sagte Andy zum Abschluss, dass er ihn sich vorne mit Zivko (so hieß der kleine Mittelstürmer) hier gut vorstellen könne. Andy und der Kleine gingen zu den anderen in die Kabine.
Während die meisten miteinander redeten und lachten zog sich der kleine Mittelstürmer leise in der Ecke rechts hinten an einem grünen Spind um. Andy zog sich gerade die dünne FC Bayern - Trainingsjacke an, als Zivko an ihm vorbeihuschte und leise »Servus« sagte.
Erica unterhielt sich mit dem Trainer, als Andy aus der Kabine kam. Sie verabschiedete sich, und gemeinsam liefen sie Richtung Ausgang.
»Wenn du willst, werd ich dich anmelden.«
»Au ja!«
Zwei Tage später, am Donnerstag, war das nächste Training angesetzt. Das Wetter war wieder gut, wenn auch 5° C kühler. Erica erklärte Andy den Weg, den er mit dem Fahrrad fahren musste – von hier zum Gründwalder Stadion fand er, dann nur immer geradeaus auf den Gehwegen über den Ring, bis er an der Brudermühlstraße rauskam. Und dann konnte er sich erinnern.
Der Weg um das 60er Stadion kam ihm ewig vor. Als er danach direkt am Ring fuhr, überholte er ein paar Autos, die im Stau standen.
Andy wechselte seinen Platz in der Kabine und nahm den Spind neben Zivkos. Der redete nie besonders viel, weder in der Kabine, noch am Platz, und Andy fand die Stille angenehm. Ein komischer Junge – der vielleicht nur wegen den vielen Toren nicht geärgert wurde, vorne ein Anspiel und der Ball landete fast jedes mal im Netz.
Vor dem Training kam der Trainer in die Kabine und erklärte ihnen, dass Andy am Sonntag nicht am Ligaspiel gegen den FC Bayern teilnehmen konnte, da er noch keinen Spielerpass habe. Die beim Fußballverband müssten es erst prüfen - wenn er so einen Schmarrn schon hörte! - und würden sich in einer Woche wieder melden, hätten sie am Telefon gesagt.
Nach dem Training schob Andy neben Zivko sein Rad die unendliche Brudermühlstraße entlang. Sie kamen an der Müllverbrennungsanlage vorbei, die ratterte, als würden drinnen Felsbrocken rumgeworfen. Dann gingen sie parallel zum Ring, während rechts die Vögel zwitscherten und links der Berufsverkehr vorbeizog. Auf der Brudermühlbrücke spürte Andy die Sonne in seinem Genick. Sie blieben wie auf Knopfdruck gleichzeitig stehen und sahen zur Isar herunter. Und nickten sich zu. Sie nahmen den Pfad, der direkt am Wasser verlief und gingen nach Süden. Nach 800 Metern setzten sie sich auf die Steine am Ufer. Zivko holte zwei Alu-Packs Sunkist Orange heraus und gab Andy eins. Er bohrte mit dem Schlüssel seines Fahrradschlosses ein Loch als Ersatz für einen Strohhalm, der bei ihm fehlte. Als er trank, verzog es ihm das Gesicht - der Saft war so süß, dass er gleichzeitig sauer war. Er nahm einen kleinen Stein, der neben ihm lag und schmiss ihn in die Isar.
»Du spielst gut«, sagte Zivko und ließ einen flachen Stein flitschen.
»Du erst«, sagte Andy und sah dem Stein nach.
Dann saßen sie einfach nur da und warfen ab und an Steine in den Fluss. Und irgendwann brachen sie auf.
Zivko führte sie schließlich über einen Bach durch ein Wäldchen. Sie fanden sich am Ende einer Sackgasse wieder und gingen zwischen weißen, dreistöckigen Häusern, allesamt Neubauten, durch. Sogar die Wiesen waren neu und mit Absperrband abgesteckt. Ein paar Grashalme, die recht weit voneinander entfernt wuchsen, reckten sich gen Himmel. Nach einem halben Kilometer kam eine Straße, in der es völlig anders aussah als in denen, durch die sie vorhin gelaufen waren. Neben Kopfsteinpflaster waren hier keine richtigen Häuser mehr, sondern einstöckige Bungalows, die in einem seltsamen Winkel schief zur Straße hin standen. Und jedes Haus hatte eine andere Farbe – jedes ein Teil eines Zauberwürfels.
Zivkos Zuhause war ein recht unscheinbares ockerfarbenes Häuschen. Zivko klingelte. Andy blieb mit seinem Fahrrad am Gehweg stehen. Ein Mann, offenbar Zivkos Vater, öffnete mit dem lautesten Lachen, das Andy je gehört hatte, die Tür. »Servus!« rief er Andy zu und gab Zivko einen Klaps auf den Kopf. Aus dem Hintergrund rief eine Frau irgendetwas in einer Sprache, die Andy noch nie gehört hatte (serbisch), worauf der Vater noch lauter lachte und wieder reinging. Der scharfe und salzige Geruch von Essen drang bis in Andys Nase. Sie verabschiedeten sich und vereinbarten, dass Andy Zivko das nächste Mal zum Training abholen würde und sie gemeinsam hingingen.
4.
Und dann: das letzte Spiel der Saison.
Andy und Zivko bogen auf den Parkplatz ein und sahen den Trainer bereits von weitem winken. Er schrie:
»Der verfluchte Spielerpass ist endlich gekommen! Ich hab den Präsi nochmal anrufen lassen bei den Deppen. Und schon gehts!«
Und Andy konnte sein erstes Spiel machen. Sie spielten heute gegen den TSV 1860 München, der auf dem dritten Tabellenplatz war, das letzte Heimspiel.
Um kurz vor 11 Uhr kamen beide Mannschaften auf den Platz. (Die 1860er mussten gelbe Leibchen über ihren Trikots tragen, um nicht verwechselt zu werden, da beide Mannschaften blaue Trikots trugen.) Andy sah sich nach seinem Vater um, der ihm gesagt hatte, dass er kommen wolle. Doch er war nicht da. So sahen seine Eltern nichts von dem Spiel, das sie am Schluss mit 14:1 gewannen. 12 Tore schoss Zivko, bei neun kamen die Zuspiele von rechts von Andy, der auch noch zwei Elfmeter verwandelte.
Beim Abpfiff stand die Kinder- und die Elternwelt Kopf, allen voran Zivkos riesige Familie mit zehn oder 20 Cousinen und Cousins, 50 Geschwistern, Tanten, Onkels, Omas, Opas und halb Jugoslawien - alle schrien, lachten und tanzten.
Zivko wurde von seinem Vater und dem Trainer hin und hergeworfen. Dann packte Zivkos Vater Andy an den Hüften, hob ihn hoch und warf ihn in die Luft und dann zu einem anderen Mann, der irgendein Verwandter von Zivko war. Andy flog zurück, und dann hielt Zivkos Vater ihn in den Armen, feierte ihn wegen seiner Pässe und drückte ihn lachend an sich. Der kratzige Stoppelbart an Zivkos Vaters Wange kitzelte Andy, während er den würzigen Duft wahrnahm, der von ihm ausging. Als er wieder losgelassen wurde, kämpfte Andy gegen die aufkommenden Tränen an und drückte so fest er konnte, um sie zurückzuhalten. Der Vater lächelte ihn mit seinen hellblauen Augen an, zwinkerte ihm mit dem linken Auge zu, strubbelte ihm durch die Haare und sagte:
»Alles gut. Und los jetzt!«
Er packte sich Andy unter den rechten Arm und stürmte schreiend zu den Bierbänken, an denen nach und nach die Mannschaft und alle anderen, die dabei sein wollten, Platz nahmen. Er ließ Andy bei Zivko runter und ging dann an den Grill. Andy setzte sich neben seinen Freund und sah sich um – es schien bei den Massen an Leuten kaum jemand gegangen zu sein. Sogar die 60er waren geblieben. Von den zwei riesigen Grills rauchte es in ihre Richtung. Dann ging es Knall auf Fall – wie wenn man auf einen Ameisenhaufen tritt, strömten die Grillhelfer aus und verteilten Plastikteller mit dunkelbraunen Grillwürsten. Zivko schüttete aus Versehen ein Viertel der Ketchup-Flasche auf seinen Teller.
Die Frau neben ihm schaufelte Ketchup von seinem auf ihren Teller, sagte dann etwas auf serbisch zu Zivko und lachte. Die Wurst war wahnsinnig salzig, umso mehr legte Andy mit Ketchup nach. Zivkos Mutter brachte den beiden Jungs jeweils eine Flasche Spezi. Nach einem Schluck zog Andy den Mund zusammen, es war extrem sauer. Am Ende gab es ein Cornetto-Eis, Erdbeere und Schokolade aus der jeweiligen recht großen Kühlbox, von denen irgendeiner der Onkel zwei dabei hatte. Ein paar der Jungen standen auf und spielten Fußball. Andy dagegen fühlte sich wie auf die Bierbank festgenagelt – sein Magen quoll beinahe über.
Langsam packten nach und nach die Leute zusammen. Irgendein Mann von den 60ern klatschte in die Hände und pfiff dann mit zwei Fingern im Mund, so dass alle zu ihm sahen und still waren. Im Namen aller dankte er für die Einladung. Und nicht fürs Ergebnis. Alle lachten. Und brachen dann zeitgleich auf.
Den Heimweg zu Zivko gingen die beiden einen Umweg an der Isar entlang und über den langen Steg gegenüber der Kiesbank, an dem vor zwei Wochen (in den Pfingstferien war Zivko einmal hier gewesen, wie er erzählte) die Nackten in der prallen Sonne gelegen waren. Während sie rüber sahen und weitergingen, fragte Zivko, wo Andys Vater heute gewesen war. Andy zuckte mit den Schultern, nahm einen kleinen Stein vom Weg und warf ihn in den Fluss.
Durch die Isarauen hindurch diskutierten sie die Weltmeisterschaft, die gerade lief. Deutschland hatte vor drei Tagen den Auftakt mit einem schwachen Unentschieden gegen Uruguay gemacht. Und morgen mussten sie gegen Schottland gewinnen.
Zivko klingelte bei sich zuhause. Nichts rührte sich. Er stellte die Wacker-Sporttasche auf den Boden, kramte den Hausschlüssel heraus und schloss auf. Es war tatsächlich niemand zu Hause.
Zivko griff nach einer Flasche Flirt-Cola aus dem Kühlschrank und sagte Andy, dass er die Packung Erdnussflips aus dem linken weißen Küchenschrank mitnehmen solle. Und die roten Haribo-Gummischnüre.
Dann gingen sie ins Wohnzimmer. Von außen sah das Haus ja nun wirklich klein aus – aber innen war es riesig, staunte Andy. Das Wohnzimmer war richtig groß, dazu gab es eine recht große Wohnküche – sogar das Bad war riesig. Nur die Toilette war klein. Zivko nahm die klobige Fernbedienung in die Hand und schaltete den Grundig Fernseher ein. Im Ersten fing gerade die Sesamstraße an. Sie blieben dabei.
Als sie aus war, schaltete Zivko hin und her. Bis im Bayerischen Rundfunk die Sendung Formel Eins kam. Eine Frau mit rauer Stimme moderierte. Sie kündigte sieben Österreicher an. Was bedeutete das? Es war ein Musikvideo, in dem ein Polizist mitspielte und ein Hund im Hintergrund bellte. Der Sänger öffnete einen leeren Kühlschrank und sang über einen gescheiterten Banküberfall, bei dem er am Ende Geld einzahlen wollte. Andy grinste. Der Dialekt hörte sich allerdings sehr komisch an. Zum Schluss tauchte überraschend die Moderatorin mitten im Video auf und stellte die Band als Erste Allgemeine Verunsicherung vor. Andy sah zu Zivko, der neben ihm auf der langen Couch saß. Und der sah zu Andy. Beide grinsten. Zivko schaltete weiter. Auf Sat1 wurden auch Musikvideos gezeigt. Aber dieses Lied hier war völlig anders. Eine Amerikaflagge flatterte im Wind, während ein Mann mit einer Gitarre vor einem Mikrofon stand, die Faust erhob und ins Mikrofon schrie. Er sang auf Englisch. Andy saß mit offenem Mund da, eine rote Gummischnur hing ihm aus dem Mund. Am Ende des Liedes blickte der Sänger eigenartig in die Kamera. Die beiden Moderatoren sagten, dass das Lied »Born in the USA« von Bruce Springsteen war. Das Lied musste Andy unbedingt zuhause haben!
Plötzlich wurde es laut - Zivkos Vater flog wie ein Wirbelwind ins Wohnzimmer und klatschte die zwei Stars, wier er sie nannte, ab. In einer Stunde, oder anderthalb, gab es essen, sagte er, Andy müsse mitessen. Er könne von ihm aus auch gleich hier übernachten. Zivkos Vater pfiff fröhlich, als er durchs Wohnzimmer in Richtung Küche lief. Kurz darauf klimperten Pfannen und Töpfe. Andys Magen war bereits von all dem Knabber- und Süßkram voll. Wie sollte er noch etwas reinbekommen? Nein zu sagen, kam aber nicht in Frage. Er stand auf und ging aufs Klo. Auf dem Weg dorthin musste er an der Küche vorbei, in der Zivkos Vater pfeifend Zwiebeln in lange Streifen schnitt. Er rief hinaus, dass Andy zuhause anrufen und Bescheid geben solle, dass er heute hier blieb. Es würde ein super Abend, wie der Vater sagte, es käme noch Familie um zu feiern. Zuhause hob niemand ab.
Andy rief in den Glockenbachstubn an, wo sein Vater gerade zum Abendessen war:
»Wir haben heute 14:1 gewonnen, Papa! Ich hab zwei Tore geschossen, Zivko 12! Wo warst du, es wurde noch gegrillt und hat so gut geschmeckt, Eis gabs auch!«
»Toll«, antwortete Gerhard.
»Kann ich heute bei Zivko schlafen?«
»Wer ist das?«
Andy schüttelte den Kopf: »Mein Freund von Wacker, der die vielen Tore schießt.«
»Der Jugo? Ja, kannst bleiben. Pass aber auf.« In der Leitung klickte es.
Andy legte langsam den Hörer auf die Gabel. Auf was sollte er aufpassen?
5.
Die Sommerferien hatten begonnen, die letzten, bevor es in sechs Wochen in die erste Klasse gehen sollte. Zivko war bereits in Kroatien am Meer, wo seine Familie jedes Jahr den kompletten Sommer verbrachte. Erica hatte weniger im Konsulat zu tun, es war überall Sommerpause - aber dieses Jahr war sie diejenige, die immer in Bereitschaft sein musste. Und Gerhard hatte Andy erzählt, dass er zwar mal frei hätte, aber auch kaum mehr als in den anderen Zeiten. Christian aus dem Vorderhaus war da. Zumindest die erste Woche, danach ging es für seine Familie (wie jedes Jahr) nach Italien an die Adria. Andy hatte seinen ersten Ferienpass bekommen – das bedeutete, dass für ihn die ganzen Ferien über der ganze MVV2 ohne weitere Kosten zur Verfügung stand.
Als Erica Andy die Liste der Angebote vorlas, schienen sie nicht zu enden. Es waren alle Frei- und Schwimmbäder sowie Museen kostenlos. Für eine Mark gab es Eintritt in zig Kinos. Theoretisch konnte er im August gut und gerne zehnmal ins Kino – für 10 Mark.
Die erste Woche verbrachte Andy komplett bei Christian. Nachdem es am Montag den ganzen Tag geregnet hatte, sie den Dienstag im Hof und in Christians Kinderzimmer verbracht hatten, stand für Mittwoch mit Christians Mutter Gisela ein Ausflug an den Ammersee an.
Andy war um halb sieben wach. Erica schlief noch, Gerhard war nicht da. Er weckte sie. Er hatte Hunger.
»Du machst doch bei Christian Frühstück«, sagte sie und drehte sich auf die andere Seite. Andy ging ins Wohnzimmer, schaltete Fernseher und Videorekorder ein und wählte die Betamax Kassette mit den verschiedenen Kindersendungen, die Gerhard ihm aufgenommen hatte. Während den Schlümpfen aß er drei Schokokekse der Prinzenrolle und trank dazu ein Glas mit eiskalter Milch aus dem Kühlschrank. Nach Alice im Wunderland war es kurz vor halb acht und Captain Future musste er abbrechen, um pünktlich und angezogen bei Christian zu sein.
Gisela packte die Brote, die sie geschmiert hatte, in ihre bunte Tragetasche, als Andy in ihrer Wohnung ankam. Er schlug sich auf die Stirn.
»Hey«, sagte Gisela, »das Essen hier ist für uns alle – soll ich Pfefferminztee mitnehmen?«
Er nickte und wich ihrem Blick aus. Sie schraubte die riesige silberne Rakete zu und stellte sie in die Tasche.
»Bist du schon mit Sonnencreme eingeschmiert?«
»Nein« flüsterte Andy mit hängendem Kopf.
Gisela stupste ihn an: »Kein Problem!«, und drückte ihm die gelbe Plastikflasche in die Hand. Der Geruch erinnerte ihn an Sommer und Sonne wie die anderen Cremes auch - und doch war da noch etwas anderes dabei, ein ganz eigener Geruch, etwas süßes… Er schloss die Augen und atmete. War es Zimt?
Mit der U-Bahn fuhren sie zum Hauptbahnhof und stiegen dann in die S5 nach Herrsching um. Andy saß Gisela am Fenster gegenüber und sah hinaus. Sie öffnete die Tasche und bot Christian ein Wurstbrot an, der nickte, und dann Andy – tatsächlich meldete sich sein Magen und er griff zu. Als sie die Stadt und ihre Vororte hinter sich ließen und in den dichten Wald einfuhren, spielte das Sonnenlicht zwischen den Baumstämmen und Ästen. Sie fuhren am Wörthsee (und etwas weiter dann nahe am Ufer des Pilsensees) vorbei. Schließlich stiegen sie in Herrsching aus, die warme Sonne strahlte in unzählige Gesichter, und Andy grinste.
Sie gingen eine Art Hauptstraße entlang, bogen dann ab, und Gisela erklärte:
»Wir fahren mit dem Schiff auf die andere Seite.« Andy sah zu Christian, der vor Freude jubelte.
»Wir haben noch nie eine Schifffahrt gemacht, oder Mama?«
»Nein.«
»Ich auch nicht«, sagte Andy. Mit wem auch?
Als sie den Anleger erreichten, war das Schiff bereits dort und ratterte. Christians Mutter kaufte sich am Automaten eine Fahrkarte (bei den Kindern war die Überfahrt im Ferienpass bereits enthalten) und lotste die beiden Kinder auf die Fähre. Christian stürmte aufs Oberdeck, Andy schlängelte sich, so gut wie es zwischen den vielen anderen ging, durch und hetzte hinterher. Schließlich standen sie oben ganz vorne an der verkleideten Reling. Der Diesel wehte Andy von hinten um den Kopf. Er hielt sich die Nase zu und schnaufte nach ein paar Sekunden laut aus, während Christian hektisch von hier nach dort zeigte, wo sie vielleicht hinfahren würden. Zwei Minuten später schepperte es unten am Eingang zwei mal, dann rief jemand und schräg hinter ihnen sah Andy einen Mann, der ein riesiges Seil aufs Schiff warf. Dann legten sie ab. Am Ende des Stegs saßen Möwen, die völlig gelangweilt in die Luft sahen. Eine große Entenfamilie am Ufer sah nicht wesentlich interessierter drein. Das Schiff beschleunigte, am Bug zischte die Gischt. Eine blau-weiße Fahne wehte an einem kleinen Mast oberhalb des Bugs im Wind.
Wo man auch hinsah: Idylle: Weiße Segelboote, die nah und fern über den See fuhren oder in kleinen Häfen oder vor Villen parkten. Von den Ufern und Wäldern strahlte überall ein knalliges Grün herüber, das grüner nicht mehr ging.
Gisela kam aufs Deck, lachte die beiden an und gab jedem eine eiskalte Dose Fanta. Andy lies sie sofort zischen und trank einen riesigen Schluck, der in der Speiseröhre schmerzte.
Als sie vom Schiff waren, zeigte Gisela nach Norden:
»Wir müssen zehn Minuten zu einem Strand laufen, an dem immer viel Platz ist«.
Doch schon nach 100 Metern hörten sie fröhliches Kindergeschrei.
»Ich will da hin«, sagte Christian und zeigte zu einem bebauten Gelände, einem Strandbad. Andy nickte zustimmend. Von außen erkannte man schon einen mehrstöckigen Sprungturm aus Holz, auf dem sich viele größere Jungen drängten.
»Da haben wir doch kaum Platz zum Liegen…« sagte Gisela und grinste.
»Wir wollen nicht liegen!« rief ihr Sohn.
»Natürlich nicht, ihr Rabauken.«
Andy und Christian zogen sich aus und sprangen sofort ins Wasser. Gisela sah ihnen beim Schwimmen hinterher und verabschiedete sich dann zum Liegeplatz.
Stunden vergingen: rein ins Wasser, raus aus dem Wasser, springen vom langen Steg, Springen vom ersten Stockwerk (beide), vom zweiten Stockwerk (Andy), Pause mit kalten blauen Fingern und Zehen, Sonnencreme nachschmieren – und mit einer Tüte Pommes mit Ketchup, an der Bude gekauft, gegessen, inklusive aufs Handtuch gekleckert.
Als es langsam immer leerer wurde, packten sie ein und gingen nach vorne in den Biergarten. Andy fiel ein, dass er sein Geld noch hatte. Er gab Christians Mama seinen 20 DM – Schein für heute. Für beide Jungs gab es Kinderschnitzel mit Pommes und eine Cola (die in einer Bierflasche war und etwas seltsam schmeckte), Gisela nahm eine Ammersee – Renke mit Salat. Und ein Glas Weißwein.
Sie fuhren mit dem letzten Schiff um viertel vor sieben wieder nach Herrsching zurück und nahmen die S-Bahn. Bereits am ersten Halt Seefeld - Hechendorf war Andy eingeschlafen. Am Hauptbahnhof schreckte er auf, als ihn Gisela weckte, weil sie umsteigen mussten. Sie brachte ihn noch zur Wohnungstüre und klingelte.
An ihr hing ein Zettel: Bin in Glockenbachstubn. Eswar unzweifelhaft von Gerhard geschrieben. Erica war offensichtlich auch nicht da. Gisela nahm Andy in den Arm.
»Dann schläfst du einfach bei uns«, sagte Gisela und zwinkerte ihm zu.
»Danke. Entschuldigung…«, erwiderte er.
»Hey, du bist immer willkommen, das weißt du doch«. Andy nickte und verdrückte die sich ankündigenden Tränen.
Eine Woche später.
Andy wachte auf und wusste, dass er heute Früh alleine in der Wohnung war. Er drehte sich auf den Rücken, streckte sich und überlegte, was er heute machen könnte. Was war mit Kino? Vielleicht in den Mathäser-Palast. Der mit der U-Bahn ziemlich direkt erreichbar war? Den Vormittag verbrachte er allerdings damit, Captain Future zu schauen. Mittags aß er einen Erdbeerjoghurt und ein Nutellabrot. Und danach eine Karotte. Sie schmeckte nach nichts. Als er fertig war, zog er eine Jeans an, ging in die Küche und nahm den 10 Mark Schein, den Erika auf den Küchentisch gelegt hatte, dazu steckte er den Ferienpass ein und zog seinen gelben Plastik-Regenmantel und die dazugehörigen Gummistiefel an. Draußen plätscherte es recht stark.
Er eilte zur U-Bahn-Haltestelle Untersbergstraße, fuhr zum Hauptbahnhof und überquerte die Bayerstraße, die direkt zum Kino führte. Doch lief er daran vorbei und betrat das Hertie-Kaufhaus. Im Erdgeschoss roch es durch die Mischung verschiedener Parfüms einfach nur dumpf.
Andy durchsuchte Stockwerk um Stockwerk nach Kassetten. Musikkassetten.
Er wollte unbedingt das Lied Born In The U.S.A., dessen Video Zivko und ihn so begeistert hatte. Im 3. Obergeschoss wurde er fündig – ein riesiges Regal voller Kassetten. Er fing auf der linken Seite an und ging von Fach zu Fach und sah sich jede einzelne an. Nach ein paar Minuten stieß er auf eine mit einem grell-bunten Comic-Cover mit einer Pistole, deren Lauf nach unten hing. Er sah sich die Fotos darin an. Es waren die lustigen Männer aus dem Video, die einen Banküberfall machen wollten und am Schluss Geld einzahlten. Den Namen hatte er noch im Gedächtnis: Erste Allgemeine Verunsicherung. Er suchte weiter und traf auf eine Kassette, auf deren Cover ein junger schwarzer Mann in einem weißen Anzug auf dem Boden lag und in die Kamera sah. Links darüber war in goldener Handschrift (wahrscheinlich) sein Name geschrieben. Dann fiel ihm eine Kassette auf, auf deren schwarz-weißen Cover eine hübsche junge Frau in einem Hochzeitskleid auf einer Couch oder einem Bett lag. Auf ihrem Kleid lag ein kleiner Blumenstrauß. Auch sie schaute in die Kamera. Und tatsächlich stieß er im hinteren Viertel auf die Kassette, die er suchte. Unverkennbar – ein Mann, dessen Unterkörper man von hinten sah und der eine Baseballkappe eingesteckt hatte, stand vor einer weiß-rot gestreiften Wand. Das war die Flagge aus dem Video. Er drehte die Hülle um und suchte den Preis - 16,90 DM stand auf dem weißen Aufkleber unter dem kleinen roten Hertie-Logo. Dafür reichte sein Geld nicht, auch wenn er auf Essen und Trinken im Kino verzichtete. Er steckte Bruce Springsteen wieder zwischen die anderen Kassetten und ging zu den Kinder-Kassetten.Hier war eine Folge der Drei Fragezeichen, die er noch nicht kannte und auch nicht bei Christian gehört hatte. Auf dem Cover war ein großer Wal gezeichnet, der mit einem Taucher unter Wasser war. 5,95 DM. Er stöhnte, nahm die Drei Fragezeichen und ging noch einmal rüber zu der Musikkassette. Und sah sich noch einmal das Foto der Vorderseite und die Rückseite an. Bruce Springsteen stand in Jeans und weißem T-Shirt in einer blauen Leere und sah ihn an. Das erste Lied war gleich Andys Weckruf.
Er sah nach links und rechts. Sein Herz schlug schneller und fester. Dann steckte er Born In The U.S.A. in die aufgesetzte Tasche seines Regenmantels. Er hielt die der Drei Fragezeichen
