Lektüreschlüssel. Jean-Paul Sartre: Huis clos - Jean-Paul Sartre - E-Book

Lektüreschlüssel. Jean-Paul Sartre: Huis clos E-Book

Jean-Paul Sartre

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Beschreibung

Reclams "Fremdsprachen-Lektüreschlüssel. Jean-Paul Sartre: Huis clos" bezieht sich auf den fremdsprachigen Originaltext, ist aber auf Deutsch verfasst und unterstützt ebenso die Lektüre der deutschen Übersetzung. Eine "Checkliste" enthält Aufgaben zur Verständniskontrolle in der Fremdsprache. Unter dem Darstellungstext stehen Übersetzungshilfen und Schlüsselbegriffe in der Fremdsprache, um die Bearbeitung dieser Aufgaben und ein fremdsprachiges Referieren über das Werk zu erleichtern. Der Band enthält: Erstinformationen zum Werk - Inhaltsangabe - Personen (Konstellationen) - Werk-Aufbau (Strukturskizze) - Wortkommentar - Interpretation - Autor und Zeit - Rezeption - Checkliste zur Verständniskontrolle - Lektüretipps mit Filmempfehlungen.

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Seitenzahl: 86

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LEKTÜRESCHLÜSSELFÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

Jean-Paul Sartre

Huis clos

Von Bernd Krauss

Reclam

Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe in der Originalsprache: Jean-Paul Sartre: Huis clos. Hrsg. von Monika Beutter, Werner Höfer und Hans-Dieter Schwarzmann. Stuttgart: Klett, 1981 [u. ö.]. (Texte et documents.)

Alle Rechte vorbehalten© 2008, 2013 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., StuttgartGesamtherstellung: Reclam, DitzingenMade in Germany 2013RECALM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., StuttgartISBN 978-3-15-960215-8ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015411-3

www.reclam.de

Inhalt

1. Erstinformation zum Werk

2. Inhalt

3. Personen

4. Struktur

5. Interpretation

6. Autor und Zeit

7. Rezeption

8. Dossier pédagogique

9. Lektüretipps / Medienempfehlungen

Anmerkungen

1. Erstinformation zum Werk

Huis clos, Sartres erfolgreichstes Theaterstück, das seit seiner Uraufführung 1944 bis heute seinen Platz auf den Bühnen der Welt nicht verloren hat, ist eine Auftragsarbeit.1 Ein Freund bat Sartre, für seine Frau und eine weitere befreundete Schauspielerin ein Stück zu schreiben, ein Stück, dessen Inszenierung wenig kosten sollte und das man in Paris und in verschiedenen Provinzstädten aufführen konnte. Das bedeutete: wenige Personen, ein einziges, möglichst einfaches Bühnenbild, keine aufwendigen Kostüme. Um keinen der drei ihm freundschaftlich verbundenen Schauspieler zu benachteiligen, wollte Sartre drei Rollen von gleicher Länge und gleicher Bedeutung schaffen. Es galt also, eine Situation zu erfinden, in der keine der drei Personen den Raum verlassen konnte. Zunächst sollte das Stück in einem Luftschutzkeller spielen, in den sich die Personen während eines Bombenangriffs geflüchtet haben. Dann wählte Sartre als Ort der Handlung eine ›Hölle‹ und damit eine Situation, die ewig andauert und aus der es kein Entrinnen gibt.

Sartre hat in einem Interview erklärt, dass ihn seine Erfahrungen als Kriegsgefangener zur Wahl dieser Situation inspiriert haben. Durch das Zusammengepferchtsein, das Leben unter dem ständigen Blick der anderen im Stalag2 sei eine Hölle entstanden, die er nie vergessen habe. Das Eingeschlossensein, ein Motiv, das Sartre in verschiedenen Werken immer wieder dargestellt hat, prägte auch die Lage der Pariser Bevölkerung unter der deutschen Besatzung. Demarkationslinien, Passierscheine, die es zu beantragen galt, nächtliche Ausgangssperren, abgeriegelte Straßen, ständige Personenkontrollen, die totale Überwachung, all dies ließ ein kaum erträgliches Kerkerklima entstehen. »Ils« sagten die Pariser, wenn sie von dem anonymen Regime der Besatzer und ihrer französischen Helfershelfer sprachen, und Inès nennt die unsichtbare Macht, die sie in dieser Hölle zusammengeführt hat, mit demselben Pronomen: »Ils ne laissent rien au hasard« (20,6)3, »Je vous dis qu’ils ont tout réglé« (20,27).

Manche aktuellen Anspielungen sind heute kaum nachvollziehbar. So war für die damaligen Zuschauer die Bemerkung des Kellners: »Nous avons l’électricité à discrétion« (11,39) ein bitter-ironischer Kommentar zu den häufigen Stromausfällen in der Stadt. Das brutale Verhör, das Inès und Garcin mit Estelle veranstalten, konnte als Anspielung auf die Gestapomethoden der Nazis verstanden werden.

Dennoch ist Huis clos kein politisches Stück im engeren Sinne. Die Besatzungsmacht und das deutschfreundliche Vichy-Regime4 werden nicht direkt an den Pranger gestellt, weshalb die deutsche Zensur das Stück nach einigem Zögern zur Aufführung freigab. Sartre selbst gibt zu, dass er sein Denken unter einem faschistischen Regime verkleiden musste, weil es sonst unmöglich gewesen wäre, das Stück auf die Bühne zu bringen.

Der ursprüngliche Titel Les Autres, unter dem Sartre den Text bereits vor der Aufführung veröffentlicht hatte, weist auf das zentrale Thema des Stückes hin, das er in seinem ersten philosophischen Werk L’Être et le Néant theoretisch erörtert hat: Die Beziehungen des Individuums zu den anderen. Die Grundposition ist hierbei folgende: Da das, was ich von mir weiß, nur subjektiv ist, brauche ich den anderen, der mich von außen sieht, wenn ich wissen will, wie ich objektiv bin. Ich bin also abhängig von diesem fremden Blick, der mich zum Objekt macht, der aber nicht berücksichtigen kann, was ich für mich bin. Insofern kann der andere kein wahres Bild von mir haben, zumal sein Urteil beeinflusst wird von der Qualität der Beziehungen, die ich zu ihm habe. Dieses Dilemma hat Sartre mit dem berühmten Satz »L’enfer, c’est les Autres« auf den Punkt gebracht, ein Satz, der allerdings, wie wir sehen werden, komplexer ist, als es den Anschein hat5.

Beziehungen zu den anderen, Verkrustung und Freiheit, so definiert der Autor selbst die drei Themen des Stückes, wobei Verkrustung und Freiheit zwei Seiten eines Problems sind und damit als ein Thema betrachtet werden können. Denn verkrustet sein heißt nicht frei sein, heißt verharren in dem, was ist, heißt, den Wandel, das ständige Werden abzulehnen. Für Sartre bedeutet Freiheit zuerst, dass der Mensch verantwortlich ist für das, was er ist, und dass er diese Verantwortung auf sich nehmen muss.

Nun hat Sartre allerdings keine freien Menschen auf die Bühne gestellt, die zeigen, wie man sich verhalten soll. Im Gegenteil: Seine Figuren sind feige, sie belügen sich selbst und die anderen, sie verraten ihre Freiheit, indem sie sich hinter vorgefertigten falschen Phrasen verstecken.

Auftragsarbeit: l’œuvre (f.) de commande

Inszenierung: la mise en scène

Bühnenbild: le décor

aufwendig: coûteux(-se)

Luftschutzkeller: l’abri (m.) antiaérien

Bombenangriff: le bombardement

Zusammengepferchtsein: la promiscuité

Eingeschlossensein: la séquestration

Passierschein: le laisser-passer

etw. beantragen: faire la demande de qc

Ausgangssperre: le couvre-feu

etw. abriegeln: boucler qc

Helfershelfer: le collaborateur

Anspielung: l’allusion (f.)

bitter: amer(-ère)

im engeren Sinn: au sens propre du terme

deutschfreundlich: germanophile

jdn. an den Pranger stellen: dénoncer qn

faschistisch: fasciste

zu den anderen: à autrui

etw. berücksichtigen: tenir compte de qc

Dilemma: le dilemme

Verkrustung: l’encroûtement (m.)

etw. auf sich nehmen: assumer qc

etw. verraten: trahir qc

vorgefertigte Phrasen: des phrases (f.) toutes faites

2. Inhalt

Huis clos, ein Stück in einem Akt, besteht aus fünf Szenen: Die ersten vier Szenen sind die Exposition, die fünfte enthält die eigentliche Handlung des Stückes.

Die Expositionsszenen

Die Exposition eines Dramas hat die Aufgabe, dem Zuschauer die Informationen zu übermitteln, die er braucht, um dem Bühnengeschehen folgen zu können. Hier werden der Ort und die Personen der Handlung vorgestellt, erste Charakter- und Persönlichkeitsmerkmale werden deutlich. Dramatische Spannung entsteht durch das Informationsgefälle zwischen Bühne und Zuschauerraum. Die Personen ergehen sich in rätselhaftenAndeutungen. Dass dieses Hotelzimmer die Hölle ist, in der drei Personen für immer eingeschlossen sind, um sich gegenseitig zu quälen, erfährt man erst nach und nach. Direkt ausgesprochen wird das Wort »enfer« erst in der fünften Szene.

Ein Mann betritt in Begleitung eines Etagenkellners die Bühne, die einen Salon im Second-Empire-Stil7 darstellt. Das Mobiliar missfällt ihm: Drei Sofas, eine Bronzefigur auf dem Kamin, keine Fenster, keine Spiegel.

Hier gibt es keine Zahnbürste, weil man sich nicht die Zähne putzt, keine Betten, weil man niemals schläft. Das Licht lässt sich nicht löschen. Nur die Direktion könnte den Strom abstellen, hat es aber noch nie getan. Außerhalb des Zimmers sind andere Zimmer, Flure, Etagen. Eine Welt außerhalb dieses Hotels scheint es nicht zu geben.

UnbestimmteOrtsangaben dienen eher der Verwirrung als der Information. »Da sind wir also«, ist der allererste Satz des Mannes, und der Kellner antwortet: »Da sind wir.« Der Mann fragt den Kellner, ob er wisse, was man »da unten« erzählt über »all dies«, woraufhin der Kellner über den Blödsinn von Leuten spottet, die nie ihren Fuß »hierher« gesetzt hätten. Rätselhaft erscheint auch die scheinbar unmotivierte Frage des Mannes nach den Folterinstrumenten. Immerhin lässt sich aus der ironischen Wiederholung des Wortes »Leben« schließen, dass die Personen, die hierher kommen, tot sind.

Der Mann versucht, in dieser unerträglichen Situation Haltung zu bewahren. Er will »der Situation ins Gesicht sehen«. Dass er tatsächlich Angst hat, zeigt sich am Ende der Szene: Als der Kellner das Zimmer verlassen will, zuckt er zusammen und versucht mehrmals, ihn aufzuhalten. Er fragt nach der Klingel, die offenbar nicht funktioniert, er »macht eine Gebärde, um ihn aufzuhalten«, erkundigt sich nach der Funktion des Papiermessers. Schließlich muss er den Kellner ziehen lassen.

Allein gelassen gerät der Mann in Panik. Er versucht mehrmals zu läuten, aber die Klingel funktioniert nicht. Dann trommelt er gegen die Tür und ruft vergeblich nach dem Kellner. Als sich der Mann, um sich zu beruhigen, auf das Sofa setzt, geht die Tür auf.

Eine Frau tritt ein, wieder in Begleitung des Kellners, der, enttäuscht darüber, dass der neue Gast keine Fragen stellt, sich sofort zurückzieht. Sie erkundigt sich nach einer gewissen Florence, deren Anwesenheit sie wohl erwartet hat. Als die Frau den Mann für den Folterknecht hält, stellt er sich vor, um den Irrtum aufzuklären: »Garcin, publiciste et homme de lettres« (14,1). Auch sie nennt ihren Namen, Inès Serrano, wobei sie zu verstehen gibt, dass sie auf die Anrede Fräulein Wert legt. Inès’ Vermutung, Garcin habe Angst, wie alle Folterknechte, weist er entrüstet zurück. Seinen Vorschlag einer friedlichen Koexistenz durch Stillschweigen und gegenseitige Höflichkeit lehnt Inès brüsk ab (»Je ne suis pas polie«, (14,27) und wirft ihm im selben Atemzug das nervöse Zucken seines Mundes vor, ein äußeres Zeichen seiner Angst, das er nicht zu unterdrücken vermag. Inès scheint mit der Situation besser fertig zu werden. Angst hat sie nicht, weil an diesem Ort, wo es keine Hoffnung gibt, Angst sinnlos geworden ist.

Als Letzte führt der Kellner eine elegante junge Frau herein. Sie erschrickt, als sie Garcin erblickt, der sein Gesicht in den Händen verbirgt. Wie Inès hat sie einen Bekannten erwartet, jemanden, der anscheinend kein Gesicht mehr hat. Als sie ihren Irrtum erkennt, ist sie erleichtert. Auch die Ankündigung des Kellners, dass nun niemand mehr komme, scheint sie zu beruhigen. Die Hässlichkeit der Möbel amüsiert sie, aber sie weigert sich kategorisch, auf dem ihr zugewiesenen Sofa Platz zu nehmen, weil es farblich nicht zu ihrer Kleidung passt. Das von Inès angebotene Sofa lehnt sie aus demselben Grund ab. Garcin überlässt ihr das seine, allerdings erst, nachdem er dazu aufgefordert wurde. Nun nennt die junge Frau ihren Namen: Estelle Rigaut. Als Garcin sich vorstellen will, kommt Inès ihm zuvor. Erste Anzeichen eines Konflikts werden erkennbar. Am Ende entlässt Estelle den Kellner mit einer Arroganz, die darauf schließen lässt, dass sie es gewohnt ist, sich bedienen zu lassen.

Nun sind die drei Personen für immer zusammen in diesem Zimmer eingeschlossen. Das Spiel kann beginnen.

Die Handlungsszene