Let me be Christl Clear - Christl Clear - E-Book

Let me be Christl Clear E-Book

Christl Clear

0,0

Beschreibung

"Macht das Nickerchen. Sagt die Party ab, fahrt (alleine) auf Urlaub, besteht beim Sex darauf, dass ihr auch befriedigt aus der Geschichte rausgeht, und sagt öfter mal Nein zu Dingen, auf die ihr keinen Bock habt." Infotainment par excellence: Die Bloggerin Christl Clear inspiriert mit klaren Worten und ihrer sympathischen, offenen Art tausende von Menschen. In ihrem ersten Buch räumt sie mit sämtlichen Klischees auf, die mit dem Frausein assoziiert werden und teilt ihre persönlichen Erfahrungen mit Erwartungshaltungen. Sie erzählt mit viel Witz, wie sie es schafft, immer wieder kraftvoll und mit einem gesunden Maß an Egoismus die Hürden zu meistern, die ihr das Leben in den Weg stellt. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, zeigt sie, wie man aus dem Muster der übertriebenen Selbstlosigkeit ausbricht und eine Extraportion Frauenpower in sein Leben bringt – mit dem Ziel, einfach das zu tun, was einem guttut. Ein Buch für eine Auszeit, bei der es endlich einmal nur um dich selbst geht!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 169

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



LET ME BECHRISTL CLEAR

MIT ILLUSTRATIONEN VONLENI CHARLES

www.kremayr-scheriau.at

ISBN 978-3-218-01287-4eISBN 978-3-218-01297-3

Copyright © 2021 by Verlag Kremayr & Scheriau GmbH & Co. KG, Wien

Alle Rechte vorbehalten

Schutzumschlaggestaltung: Christine Fischer

Unter Verwendung eines Fotos von Marion Ida (dieida.com)

Typographische Gestaltung und Satz: Danica Schlosser

Illustrationen: Leni Charles

Lektorat: Marilies Jagsch

FÜR PAPA

[I promised to make you proud, I hope I did.]

FREE YOUR MINDAND THE REST WILL FOLLOW

(En Vogue – 1992)

INTRO

ME, MYSELF AND I

SELFCARE

SITUATIONSHIP

FLAWLESS

DOIN’ IT

THAT’S WHAT FRIENDS ARE FOR!

WORK, WORK, WORK

THE INTERNET

LET’S GET MARRIED!

ADVICE

JUST BE A MAN ABOUT IT

BROWN SKIN

FUCK YOU

UNDER PRESSURE

GROWN WOMEN

FEAR NOT FOR (WO)MAN

B*TCH, BETTER GET YOUR MONEY!

FOREVER YOUNG … NOT!

BABY, BABY, BABY!

DANKE

Es hat 37 Jahre meines Lebens gedauert, bis ich realisiert habe, wie sehr ich Erwartungen hasse. Ich weiß, ich weiß, Hass ist ein starkes Wort. – Genau deshalb werde ich es in den folgenden Kapiteln einige Male benutzen. Mich irritiert nämlich nichts mehr, als dass sich jemand irgendetwas von mir erwartet. Abgesehen von mir selbst natürlich. Erwartungen scheinen das Natürlichste der Welt zu sein und ich verstehe beim besten Willen nicht, wieso. Falls sich jemand findet, der mir sachlich, logisch und verständlich erklären kann, wieso ich mich diesem unfassbaren Druck freiwillig aussetzen soll, ich wäre ganz Ohr. Bis dahin hasse ich sie einfach.

Die Erwartungen, die jemand anderer in mich setzt, haben in Wahrheit wenig bis gar nichts mit mir zu tun. Außerdem profitiert gefühlt jeder von diesem anstrengenden Anspruchsdenken außer uns Frauen. Deswegen bin ich grundsätzlich schon mal raus, was das Thema angeht.

Also ja, Erwartungen gehen mir so sehr auf die Nerven, dass ich auf ihnen basierend ein ganzes Buch geschrieben habe. Keine Sorge, es ist kein Selbsthilfebuch – zumindest ist es nicht als solches angedacht. Wenn es jemanden motiviert, auch mal unkonventionelle oder sogar unpopuläre Entscheidungen zu treffen, umso schöner.

Statt langer Kapitel gibt es hier kurze, aber knackige Beiträge zu den unterschiedlichsten Themen aus meiner Perspektive. Wir brechen die Sache mit dem Hochzeitshype runter, ich erzähl euch von meinem Kinderwunsch und wie man es als Frau sowieso niemandem recht machen kann und sollte. Aber auch Themen wie Sex und Freundschaften haben ein eigenes Kapitel bekommen sowie Rassismus, Männerhass, mentale Gesundheit und noch vieles mehr. Wieso ich mir gerade diese Themen ausgesucht habe, fragt ihr euch jetzt? Sie beschäftigen mich und – low key – erhoffe ich mir, dass sie euch spätestens, nachdem ihr dieses Buch fertig gelesen habt, auch beschäftigen werden.

Für mich als Schwarze Österreicherin mit nigerianischen Wurzeln, die mit fast 40 Tag für Tag in einer Welt voller Rassismus, Seximus, (Alters-)Diskriminierung und all den anderen Ismen aufwacht, ist der Alltag oft ein Kraftakt, der mich immer wieder aufs Neue hinterfragen lässt, wo der Mensch in der Evolution falsch abgebogen ist.

Ich behaupte nicht, dass ich die Weisheit mit dem Löffel gefressen habe und dass meine Sicht der Dinge die einzig wahre ist. Aber sie ist fix eine andere als die vieler anderer, und Diversität ist ja bekanntlich nie schlecht. In allen Bereichen unseres Lebens. Aber dazu im Laufe des Buches mehr.

Zurück zu den Erwartungen: Ich bin davon überzeugt, dass sie uns einschränken, wenn nicht sogar davon abhalten, ein glücklicheres und selbstbestimmtes Leben zu führen. Gerade für Frauen keine Selbstverständlichkeit. Wenn ihr mich fragt, sollten wir die Sache mit den Erwartungen so gut es geht canceln. Sie zu haben und vor allem, uns ihnen zu beugen. Schließlich leben wir in einer Welt, in der man sowieso nichts richtig machen kann. Da bleibt im Grunde ja nur, das zu machen, was man machen möchte. So, und bevor ihr jetzt auf die nächste Seite blättert und in meine Gedanken eintaucht: Schraubt doch bitte eure Erwartungen runter. So macht es viel mehr Spaß, dieses Buch zu lesen, und in Wahrheit auch, durchs Leben zu gehen.

Als zweites von vier Kindern wird man schon mal in eine vorbelastete Situation reingeboren. Die ist zwar nicht so tragisch wie bei einem erstgeborenen, aber auch nicht zu unterschätzen. In meinem Fall bedeutet das, dass ich nicht nur die alte Kleidung meiner Schwester tragen musste, sondern auch, dass ich meinen Sega Mega Drive, die Fernbedienung, mein Essen und vieles andere mit meinen jüngeren, aber durchaus gefräßigeren Brüdern teilen musste. Ja, ja, das liest sich so banal und harmlos, aber ich sage euch, das hat mich geprägt. Um genau zu sein, hat es mich zu einer ziemlich egoistischen Person gemacht. Und ich meine nicht die Kategorie Mensch, die sich nur spürt, wenn sie den ganzen Tag von sich selbst spricht, sondern vielmehr die Spezies, die sich selbst als oberste Priorität sieht – und nichts furchtbarer findet, als ihr Essen teilen zu müssen.

Bevor ich dir einen Bissen abgebe und riskiere, dass es dir schmeckt und du noch einen möchtest, besorge ich dir einen eigenen Teller, damit ich in Frieden essen kann.

Dieses Verhalten zieht sich in genau dieser Form durch alle Bereiche meines Lebens. Ich bin mir selbst am wichtigsten, vergesse dabei aber nicht auf meine Mitmenschen. Nur so kann ich die beste Version meiner selbst sein. Liest sich kitschig, ist aber so. Über kurz oder lang hat niemand etwas davon, wenn ich mich voller Hingabe allem und jedem anderen widme außer mir selbst. Das führt höchstens zu einem Burnout. Und jetzt mal ganz ehrlich – wie komme ich dazu?

Gerade Frauen ist seit Anbeginn der Menschheit in die Wiege gelegt worden, dass sie sich aufopfernd um alle und jeden kümmern müssen, und das im Idealfall mit einem Lächeln im Gesicht. Wie’s einem selbst dabei geht, ist zweitrangig. Hauptsache alle anderen sind happy. Bullshit!

Immer, wenn ich mich dabei erwische, wie ich kurz davor bin, in das Muster der übertriebenen Selbstlosigkeit zu verfallen, hinterfrage ich mich selbst. Wieso mache ich das? Greife ich meiner Freundin wirklich gern unter die Arme, wenn sie zum fünften Mal ihr Wohnzimmer umstellt, oder mache ich das nur, weil ich mich besser fühle, wenn ich ihr geholfen habe? Oder ist es doch die Anerkennung? Erhoffe ich mir, dass sie mich noch mehr liebt, wenn ich ihr helfe? Bis vor Kurzem war es sehr selten aus dem zuerst genannten Grund, auch wenn ich es ungern zugebe. Mittlerweile ist es das immer öfter. Es ist zwar nach diesen Zeilen schwer zu glauben, aber ich bin tatsächlich ein sehr hilfsbereiter Mensch. Im Grunde kann man alles von mir haben (außer mein Essen und meinen Mann), allerdings mit Maß und Ziel.

Liebe Eltern, besonders all jene, die sich beim Lesen der vorherigen Zeilen gleich mehrmals an den Kopf gegriffen und überlegt haben, dieses Buch wegzulegen, nachdem sie realisiert haben, dass ich (noch) keine Kinder habe und daher nicht verstehe, dass man sich als Mutter, Vater oder Erziehungsberechtigte*r nicht an vorderste Front stellen kann. Ich kann mir nur ungefähr ausmalen, wie sich diese Zeilen lesen, wenn man komplett übermüdet und leicht gereizt ist. Aber auch ihr habt euch eine Auszeit verdient, bei der es nur um euch geht. Sich Zeit für sich selbst einzuräumen ist jetzt wahrscheinlich nicht mehr so leicht wie damals ohne Kinder, aber mit ein bisschen Planung und Hilfe ist es vermutlich machbar. Ganz besonders, wenn es zwei Elternteile gibt. Dann ist Kindererziehung im Idealfall sowieso Teamwork.

Ich möchte hier niemandem etwas vormachen: Egoistisch zu werden ist anstrengend.

Viele eurer Mitmenschen werdeXn sich vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn ihr diese neue Attitüde an den Tag legt. Es ist irgendwie merkwürdig, zur Abwechslung mal nicht das zu machen, was sich alle erwarten, sondern das, was sich gut anfühlt. Grenzen zu setzen. Etwas, das ich mir über Jahre hinweg antrainiert und von meiner Schwester abgeschaut habe. Wenn man nämlich erstmal realisiert hat, dass man es nicht allen recht machen kann und muss, dass es okay ist, auch mal jemanden auf sein oder ihr beschissenes Verhalten aufmerksam zu machen, dass nichts dabei ist, seinen Bedürfnissen Gehör zu verschaffen und dass man nicht immer nett und höflich dabei bleiben muss, irritiert das vielleicht am Anfang eure Umwelt, aber ich verspreche euch hiermit hoch und heilig, dass es ein komplett neues Lebensgefühl mit sich bringt.

Sich selbst und sein Wohlbefinden an erste Stelle zu setzen hat oft einen sehr negativen Beigeschmack, dabei ist es so wichtig. Natürlich – wie alles – mit Maß und Ziel. Die Welt braucht nicht noch mehr Egomanen und Egomaninnen. Aber ihr wisst, was ich meine.

Nehmt euch die Auszeit. Macht das Nickerchen. Sagt die Party ab, fahrt (alleine) auf Urlaub, besteht beim Sex darauf, dass ihr auch befriedigt aus der Geschichte rausgeht, und sagt öfter mal Nein zu Dingen, auf die ihr keinen Bock habt, und Ja zu denen, auf die ihr sehr wohl Lust habt. Ungeachtet dessen, was sich irgendwer von euch erwartet. Diese Einstellung war mein persönlicher Gamechanger.

Wenn etwas meine Königinnendisziplin ist, dann ist es Selfcare. Und damit sind nicht Gesichtsmasken und Termine im Nagelstudio gemeint, sondern die Art der Selbstfürsorge, die unter die Haut geht. Die, die quasi die Seele berührt. Nein, auch nicht Yoga oder Meditation. Damit kann ich nicht so viel anfangen. Den Yoga-Lehrer*innen unter euch brennt es wahrscheinlich unter den Nägeln, mir zu sagen, dass ich dann einfach noch nicht bei der richtigen Person eine Stunde genommen habe, aber ich kann euch versichern, dass ich es schon öfter probiert habe, als es mir lieb ist, und die Fragen, die sich mir stellen, sind immer dieselben: Wie ist es möglich, dass mir gleichzeitig so langweilig ist und ich trotzdem so angestrengt bin? Und warum gibt es Menschen, die mir erzählen wollen, dass Yoga die Lösung für alles ist? Und wie kann es sein, dass die westliche Welt so viel Kohle mit einer nahezu heiligen indischen Philosophie macht und eben diese People of Color quasi nichts davon bekommen? Nope, sorry, ich bin raus. Wenn ihr es nicht seid, ist das natürlich auch okay. Ich urteile nicht, ich hinterfrage höchstens. Jedenfalls wollte ich hier nicht so tief in die Yoga-Thematik eintauchen, sondern vielmehr über meine Liebe zur Selbstfürsorge sprechen. So here we go: Bevor ich überhaupt wusste, was Selfcare bedeutet, habe ich es schon betrieben. Nicht, weil ich besonders cool oder trendy bin, sondern vielmehr, weil ich mein Leben sonst nicht packe. Und wenn das passiert, bin ich unerträglich. Und wenn ich unerträglich bin, leiden meine Mitmenschen und ich selbst darunter. Wir haben Besseres verdient, also bin ich vor Jahren einmal in mich gegangen und habe aufgelistet, was ich gegen Situationen machen kann, die mich so richtig unrund machen. Das ist dabei rausgekommen:

–Mir bewusst Zeit für mich selbst nehmen

–Nein sagen, wenn ich keinen Bock habe

–Meine Ängste aussprechen

–Meine Erfolge feiern

–Mich selbst respektieren

–Mich nicht aufopfern

–Auf meinen Körper hören

–Mir Fehler erlauben

–Wenn gar nichts mehr geht: Therapie!

Der Auslöser für die erkenntnisreiche Liste waren damals zwei toxische Menschen in meinem Leben, die mich viel Energie und Kraft gekostet haben und mich für all diese heilenden Dinge, die ich oben genannt habe, verurteilt haben. Sie meinten, ich sei eine Egoistin, die verweichlicht, wenn ich so weitermache. Ich weiß nicht, wo diese beiden gerade in ihrem Leben stehen, aber ich weiß, dass ich definitiv kein Teil mehr davon bin. Gott. Sei. Dank.

Jedenfalls hat mich das damals mehr getroffen, als ich mir eingestehen wollte, und ich habe sicher einige Zeit lang daran genagt, bevor ich ein riesiges Spreadsheet gemacht habe. Ja, ein Spreadsheet aus Packpapier, auf dem man sich mit vielen bunten Stiften austoben kann! Das habe ich früher immer so gehandhabt, wenn ich vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr gesehen habe. Und es hat sich als sehr effektiv herausgestellt. Im Fall dieser beiden Personen habe ich die Ereignisse mit Stichworten aufgeschrieben, die mich im Laufe unserer Freundschaft – oder was auch immer das war – irritiert oder besonders happy gemacht haben. Ich habe auch notiert, was mich an mir selbst gestört hat, wenn ich mit ihnen Zeit verbracht habe. So habe ich einen wirklich guten Überblick über die Freundschaften bekommen und konnte in meinem Kopf alles besser zuordnen.

Jetzt, wo ich es so niederschreibe, klingt es ein bisschen obsessiv, vielleicht ist es das auch, aber es hat mir letztendlich sehr dabei geholfen, meine Gedanken zu fassen, zu ordnen und zu realisieren. So musste ich feststellen, dass ich zwar auch nicht immer ganz cool gehandelt habe, aber dass ich nur ein kleiner Teil des Problems war. Meine Gedanken waren plötzlich wieder sortiert, mein Gewissen war rein und mein Schlaf wieder gut. Was ich damals nicht am Radar hatte, war, dass dieser alte Bogen Packpapier, den ich noch von irgendeiner der vielen gescheiterten Bastelprojekte übrig hatte, mein Leben sehr beeinflussen wird. Es war quasi der Beginn meiner Liebe zur Selbstfürsorge.

Während die Beautyindustrie, soziale und klassische Medien uns davon überzeugen wollen, dass Selfcare hauptsächlich etwas mit unserem Äußeren zu tun hat, bin ich davon überzeugt, dass keine Augenmaske, kein Schaumbad, keine Eissorte und kein Sixpack dieser Welt uns nachhaltig zu glücklicheren und ausgeglicheneren Menschen machen kann.

Ich glaube sogar, dass es anfangs extrem mühsam und anstrengend ist, ernstzunehmende Selfcare zu betreiben. Aber wenn man mal in der Materie drin ist, gibt’s kein Zurück mehr ins alte Leben.

Ein riesiger Faktor der Selfcare ist für mich das Wort Nein. Ein Wort, das ich früher nicht gerne benutzt habe, weil es in meinem Kopf immer mit so viel Ablehnung und Enttäuschung verbunden war. Und weil es nicht so selbstverständlich ist, dass wir Frauen es regelmäßig und mit Nachdruck sagen. Dabei ist es ein absoluter Lifechanger, wenn man es richtig einsetzt. So habe ich es mir abgewöhnt Ja zu sagen, wenn ich Nein! meine. Events, für die ich keine Nerven habe? Nope! Gefallen, für die ich keine Zeit habe? Nein! Kostenlose Arbeit für Konzerne? No! Männer, die mir die Welt erklären wollen und mich von oben herab behandeln, weil ich eine (Schwarze) Frau bin? Definitiv: Nein! Fragen in meinem Postfach, die man googeln könnte? Nope! Diskriminierende Aussagen jeglicher Form (in meiner Anwesenheit)? Absolutely not! Kontakt mit Menschen, die mich Energie kosten und meine Grenzen nicht respektieren? Fuck, no! Für all diese und die anderen hier nicht erwähnten Neins habe ich anfangs viel Backlash bekommen. Ich wurde nicht selten als schwierig und anstrengend abgestempelt und ich möchte euch nicht anlügen – das hat am Anfang wehgetan. Nach und nach habe ich aber realisiert, dass der Fehler nicht bei mir liegt, sondern bei einer Gesellschaft, die es einfach gewohnt ist, dass Frauen sich aufopfern und Ja sagen. Eine Sache, die bei Menschen mit Migrationshintergrund oft noch etwas stärker ausgeprägt ist, weil man Unterwürfigkeit quasi schon unter dem Deckmantel der Kultur als Kind eingeimpft bekommt. Man lernt von klein auf, dass es sich nicht gehört, zu Erwachsenen Nein zu sagen und dass bedingungsloses Gehorchen ein Muss ist. Ich war eines von diesen Migra-Kids, ihr könnte euch also vorstellen, wie viele unangenehme Situationen es gebraucht hat, bis ich intus hatte, dass es in Ordnung ist, nicht das zu machen, was andere Menschen, die ich teilweise von Geburt an kenne, von mir möchten oder erwarten. Das war’s mir aber wert. Genauso wie ich den Menschen, die auf der Strecke geblieben sind, weil sie nicht verstanden beziehungsweise auch nicht respektiert haben, dass ich nicht ihr scheiß Fußabtreter, emotionaler Mistkübel oder ihre Praktikantin bin, mittlerweile nicht mehr hinterhertrauere. Möchte ich wirklich Menschen in meinem Umfeld haben, die nicht verstehen, dass ich mir selbst wichtig bin? Nein, möchte ich nicht! Das schreit ja quasi nach emotionaler Selbstgeißelung und da bin schon wieder raus. Ciao, Kakao!

Beim Abgrenzen ist es ähnlich. Niemand möchte Grenzen gesetzt bekommen. Jede*r sollte es aber tun. Aus Respekt vor sich selbst in allererster Linie. Wenn ich etwas nicht in Ordnung finde, melde ich mich zu Wort. Wenn ich etwas nicht tun möchte, melde ich mich zu Wort. Vielleicht nicht sofort und je nach Situation nett und manchmal weniger nett, aber ihr könnt euch darauf verlassen, dass ich mich zu Wort melde, weil ich mich abgrenze und realisiert habe, dass ich tatsächlich niemandem etwas schuldig bin – außer mir selbst. Keinen Rückruf, keine Freundschaft, keine Erklärung und schon gar keine Rechtfertigung. Absolut gar nichts. Wenn ich irgendwas von dem oben Genannten doch tue, dann weil ICH es möchte und nicht weil es jemand von mir verlangt. Das liest sich jetzt wahrscheinlich sehr trotzig und wahrscheinlich auch ein bisschen ungewohnt, aber es ist, was es ist.

Ich lebe in einer freien Welt, habe meinen eigenen Willen und bin eine erwachsene Frau. Nur, weil es gesellschaftlich von mir erwartet wird, werde ich mein Leben nicht anders führen. Grenzen setzen ist Übungssache – und puh, kann das unangenehm werden –, aber ich verspreche euch, ohne Hexenkreuz, wenn man den Dreh mal raus hat, ist es unfassbar befreiend. Und wisst ihr was? Ihr müsst auch nicht immer freundlich dabei bleiben. Noch so eine Sache, die man uns Frauen angehängt hat, damit die Männerwelt ein gemütlicheres Leben führen kann. Jede*r von uns ist ein vollwertiger Mensch und verdient es, mit Respekt behandelt zu werden. Und wenn dem nicht der Fall ist, dann ist es okay, das deutlich – und wenn es sein muss auch scharf und laut – zu kommunizieren. Ihr seid keine menschlichen Sandsäcke, mit denen man umgehen kann, wie man möchte. Ihr seid Personen mit Gefühlen und Bedürfnissen, und genau so solltet ihr behandelt werden. Kann das nicht gegeben werden, dann muss sich etwas an der Situation ändern. Wahrscheinlich ist es ein guter Zeitpunkt zu gehen, die Freundschaft zu kündigen, die Beziehung aufzulösen oder die Person zu blockieren. Wir haben Besseres verdient!

Geht mal in einer ruhigen Minute in euch und überlegt, wie oft ihr euch etwas gefallen lassen habt, weil ihr nicht anstrengend, aufmüpfig, nervig oder unsympathisch sein wolltet?

Und? Die meisten von euch wahrscheinlich oft. Ich früher auch. Aber ich wusste es nicht besser. Es wurde mir auch nicht anders beigebracht. In Wahrheit wurde es uns allen nicht anders beigebracht. Schon allein, weil ich ein Mädchen war und mir früh die Mutterrolle umgehängt wurde. Und vielen von euch wird es nicht anders gehen. Man ist zu dem Zeitpunkt oft noch nicht einmal geschlechtsreif und wird so sozialisiert, dass man als weiblich gelesene Person nicht nur devot, sondern auch chronisch fürsorglich sein soll. Letzteres auch noch in der falschen Reihenfolge: zuerst die anderen und dann man selbst. Das ist quasi das Motto, unter dem Mädchen großgezogen wurden und immer noch werden. Für sich selbst bleibt in der Regel kaum Zeit oder Energie. Do you smell bullshit? I do!

Diese Selbstaufopferung, in der viel zu viele Frauen Profis sind, ist mit aller Wahrscheinlichkeit ein Akt der Liebe, zumindest glaubt man das. Aber die Sache ist die: Wenn ihr selbst nur noch auf Sparflamme lauft und das bisschen Energie, das ihr habt, nicht in euch investiert, wird der Schuss nach hinten losgehen. Im schlimmsten Fall nehmt ihr es den Menschen übel, denen ihr geholfen und die ihr umsorgt habt. Das ist ja wohl wirklich nicht der Sinn der Sache.

Dass man es allen recht machen möchte, hat auch etwas damit zu tun, dass man im Gegenzug Anerkennung möchte. Das ist in vielen Menschen tief verwurzelt und muss oftmals aufgearbeitet werden, indem man sehr ehrlich mit sich selbst ist und hinterfragt, wieso man emotional so sehr auf die Zuneigung gewisser Menschen angewiesen ist. Wer nicht ständig sein letztes Hemd gibt, ist keine schlechte Person, sondern jemand, der einfach wirklich gut mit seiner Energie haushaltet.

Anerkennung ist cool, aber nicht davon abhängig zu sein ist cooler.

Ich kann mir gut vorstellen, dass einige von euch gerade jetzt in einer Situation stecken, die – was die Selbstfürsorge betrifft – ausweglos erscheint. Niemand nimmt euch die Kinder ab, keiner hilft bei der Pflege eurer Verwandtschaft oder organisiert das gottverdammte Gruppengeschenk? Ich will’s mir gar nicht vorstellen. Aber hier ein Lösungsansatz, der euch vielleicht dabei hilft, etwas besser klarzukommen: