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Wo Liebe ist, reicht Freundschaft nicht aus ... Liebe auf den ersten Blick - so etwas gibt es nicht, da ist sich Erin sicher. Bis sie auf Ethan trifft. Den charismatischen Australier, mit dem sie eine wundervolle Nacht verbringt. Einen One-Night-Stand, mehr nicht. Das macht Ethan klar und deutlich. Keine Nachnamen, keine Telefonnummern, auch wenn es sich für beide nach mehr anfühlt. Als sie zwei Jahre später in Banff wieder aufeinandertreffen, spüren sie noch immer dieses Kribbeln. Auch wenn Ethan sich dagegen wehrt, kommen die beiden sich schließlich näher - bis die Ereignisse aus seiner Vergangenheit ihn einholen. Wird Erin ihm dabei helfen können, seine Dämonen hinter sich zu lassen und der Liebe eine zweite Chance zu geben, damit sie sich nicht erneut aus den Augen verlieren? Der Auftakt der romantischen Alberta-Dreams-Reihe
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Seitenzahl: 417
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Believe in love. And in yourself. It’s worth it.
Für Mum – Danke für alles.
Liebe Leser:innen,
da „Let The Stars Shine Bright Tonight” schwierige Themen aufgreift und potenziell triggernde Inhalte enthält, findet ihr am Ende eine Triggerwarnung. Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
Alles Liebe Eure Christina
PLAYLIST
Let’s Go Home Together – Ella Henderson, Tom Grennan ocean eyes – Billie Eilish Need The Sun To Break – James Bay Stone – Whiskey Myers Live Like You Were Dying – Tim McGraw Drunk On Your Love – Brett Eldredge Dance With You – Brett Young Austin – Dasha Broken Halos – Chris Stapleton You Should Probably Leave – Chris Stapleton In A Perfect World – Dean Lewis, Julia Michaels Medicine – James Arthur Ruin – Moncrie ff All My Broken Pieces – James Bay Stargazing – Myles Smith Forever Like That – Ben Rector Empty Space – James Arthur Somewhere Only We Know – Keane Heavenly Kind Of State Of Mind – Lewis Capaldi On Fire – Stefanie Heinzmann Damage – Caleb Hearn Broken Strings – James Morrison, Nelly Furtado
PROLOG
KAPITEL 1: ERIN
KAPITEL 2: ETHAN
KAPITEL 3: ERIN
KAPITEL 4: ETHAN
KAPITEL 5: ERIN
KAPITEL 6: ETHAN
KAPITEL 7: ERIN
KAPITEL 8: ETHAN
KAPITEL 9: ERIN
KAPITEL 10: ETHAN
KAPITEL 11: ERIN
KAPITEL 12: ERIN
KAPITEL 13: ETHAN
KAPITEL 14:ERIN
KAPITEL 15: ETHAN
KAPITEL 16: ERIN
KAPITEL 17: ERIN
KAPITEL 18: ERIN
KAPITEL 19: ERIN
KAPITEL 20: ETHAN
KAPITEL 21: ERIN
KAPITEL 22: ERIN
KAPITEL 23: ERIN
KAPITEL 24: ETHAN
KAPITEL 25:ERIN
KAPITEL 26: ETHAN
KAPITEL 27: ERIN
KAPITEL 28: ETHAN
KAPITEL 29: ERIN
KAPITEL 30: ETHAN
KAPITEL 31: ETHAN
KAPITEL 32: ERIN
KAPITEL 33: ETHAN
KAPITEL 34: ERIN
KAPITEL 35: ERIN
KAPITEL 36: ERIN
ERIN
Ich sitze auf dem Trockenen.
Also, ja, auch wortwörtlich – zum Glück – aber auch im übertragenen Sinne.
Gedankenverloren schaue ich in das leere Glas vor mir, in dem bis vor ein paar Minuten noch Whiskey gewesen ist.
Mittlerweile weiß ich nicht mehr, wie viel ich davon bereits getrunken habe, aber ich weiß eins – heute Abend kann es nicht genug geben.
Die anderen sitzen an einem Tisch weiter hinten in der nur mäßig vollen Bar, mich hat es an den Tresen verschlagen. Auf diese albernen Spielchen hatte ich keine Lust mehr.
Junggesellinnenabschiede sind nicht mein Ding. Auch wenn es mein erster ist – ich hätte mein Geld doch lieber sparen sollen, als auf diesen öden Trip nach Vancouver mitzukommen.
Nicht, dass ich Vancouver nicht mag. Vancouver ist großartig, aber es ist eben nicht zu Hause.
Zu Hause.
In Banff.
Ja, ich gehöre zu den glücklichen Leuten, die auf diesem wunderschönen Fleckchen Erde geboren wurden und dort aufwachsen durften.
Oder zumindest in der Nähe davon. Mein Geburtsort ist Dead Man’s Flats, nur einen Katzensprung vom Banff Nationalpark entfernt.
Aber nun lebe ich in Banff. Inmitten der wunderschönen Natur, in der andere Urlaub machen.
Schwere umfängt mein Herz wie ein dicker Ledermantel, wenn ich an den besonderen kleinen Ort denke.
Dann schüttele ich genervt den Kopf.
Komm, Erin. Du bist betrunken. Jetzt werde nicht gefühlsduselig, nur weil du mal für zwei Nächte nicht zu Hause bist.
Das ist lächerlich.
Der Teufel auf meiner linken Schulter will sich schon wieder – wie so oft – in mein Leben einmischen, doch ich wische das imaginäre Ding mit einer Handbewegung fort und wende mich stattdessen dem Kellner zu, der mich missmutig beäugt.
Soll er doch denken, was er will. Solange er mir reichlich nachschenkt.
»Kann ich noch einen Whiskey bekommen, bitte?«, frage ich ihn höflich lächelnd, und der Kerl hat doch echt die Frechheit, eine Augenbraue hochzuziehen.
»Den nehme ich auch.« Diese Stimme lässt mich aufhorchen. Sie ist tief und äußerst sexy, mit einem … australischen Akzent?
Ich drehe mich zur Seite und sehe den Mann an, der sich zu meiner Rechten auf einen Barhocker fallen lässt.
Gott. Ist. Der. Heiß.
Und das denkt nicht nur die betrunkene Seite in mir.
Er ist groß (riesengroß!), blond und hat Muskeln von hier bis nach … ist ja auch egal, auf jeden Fall hat er einen sehr attraktiven Körper.
Als er sich zu mir dreht, wird mir bewusst, dass ich ihn immer noch anstarre. Aber hallo?!
Wie denn auch nicht?
Als er jetzt noch lächelt, denke ich, ich falle vom Stuhl. Äh, vom Hocker natürlich.
Seine Zähne sind weiß, gerade und sein Lächeln ist einfach nur umwerfend.
Moment – habe ich wirklich darüber nachgedacht, dass seine Zähne weiß und gerade sind? Großer Gott, ich bin echt betrunken.
Egal. Sein Lächeln haut mich um. Tiefe Grübchen bilden sich rechts und links von seinen Mund, was ihm einen schelmischen Ausdruck verleiht.
Er trägt ein Nasenpiercing im linken Nasenflügel, und auch wenn ich eigentlich überhaupt nicht auf so etwas stehe, gefällt es mir. Es passt zu ihm.
Zum Glück kommt in diesem Moment der Kellner mit unseren Getränken, bevor mein Starren noch peinlicher werden kann.
Er stellt die Gläser vor uns ab.
»Auch ein Whiskey-Trinker, hm?«, frage ich bei dem halbherzigen Versuch, ein Gespräch mit dem Fremden aufzubauen.
Vielleicht sollte ich das in meinem Zustand eher sein lassen? Die Stimme der Vernunft kommt nur kurz an die Oberfläche, bevor ich sie mit dem nächsten Schluck ertränke.
»Sieht so aus«, raunt der mysteriöse Fremde mir zu und nimmt einen Schluck. »Und wie kommt es, dass du Whiskey magst?«
Ich sehe ihn schief an. »Trinken die Frauen dort, wo du her kommst, keinen Whiskey?«
Er lacht. Und Gott, sein Lachen ist so verführend! So herzlich, so voll, so dunkel. Alles auf einmal. Ein wunderschönes Lachen, dem ich die ganze Nacht lauschen könnte. Die Grübchen werden tiefer, was ihn unglaublich sympathisch wirken lässt. Und heiß – hatte ich das schon erwähnt?
»Nein, ich befürchte nicht. Ich habe, glaube ich, noch nie eine Frau getroffen, die gerne Whiskey trinkt.«
»Dann hast du vielleicht einfach noch nicht die richtige Frau getroffen«, gebe ich schulterzuckend zurück. Ein wenig forsch, aber egal. Mein Mund ist in diesem Zustand eindeutig schneller als mein Gehirn.
»Mag sein«, meint er und mustert mich unverhohlen.
Ich nehme dies als Einladung, ihn ebenfalls erneut abzuchecken. Er trägt Jeans, Boots, ein weißes Shirt und darüber eine schwarze Lederjacke, die sich geradezu perfekt an seine muskulösen Schultern schmiegt.
Sein blondes, schulterlanges Haar hat er sich hinter die Ohren gestrichen und am liebsten würde ich mit meinen Händen hindurchfahren.
Meine Hand macht sich gerade auf den Weg dorthin, als ich sie im letzten Moment zurückreiße.
Das werde ich natürlich nicht tun.
Ich kenne diesen Kerl kaum, Herrgott.
Was ist nur los mit mir?!
Schnell wende ich mich ab, räuspere mich und nehme noch einen Schluck aus meinem Glas.
»Darf ich den Namen der einzigen Whiskey trinkenden Frau erfahren, die ich bisher getroffen habe?«, fragt er mit einem breiten Lächeln.
»Klar, aber die einzige bin ich bestimmt nicht. Du hast bisher nur nicht genug nachgehakt«, füge ich mit einem Zwinkern hinzu, und er prostet mir zu. »Erin.«
»Erin«, wiederholt er meinen Namen. Aus seinem Mund klingt er einfach nur perfekt. Der australische Akzent tut sein Übriges.
Ich glaube, es wird nie wieder einen anderen Mann geben, der meinen Namen auf diese ganz und gar befriedigende Art und Weise wird aussprechen können.
»Ein schöner Name«, findet er und lächelt mich entwaffnend an.
»Danke«, hauche ich und lege den Kopf schief. Es ist eindeutig um mich geschehen. »Erweist du mir auch die Ehre?«
»Ethan«, gibt der nun nicht mehr allzu Fremde preis.
Wenn man den Namen des anderen kennt, ist er durchaus kein Fremder mehr.
Oder?
Ist ja auch egal.
»Ethan«, wiederhole ich seinen Namen ebenfalls und lasse ihn mir auf der Zunge zergehen. »Ich mag das, Erin und Ethan. Das hört sich schön an«, sprudelt es aus meinem Mund und ich möchte mir im nächsten Moment am liebsten mit der flachen Hand gegen die Stirn schlagen.
Genau.
Weil wir ja auch ein Paar werden.
Reiß dich zusammen, Hirn!
Zum Glück lacht mein Gegenüber nur schallend.
»Bist du eigentlich allein hier?«, fragt er, ohne auf meinen Kommentar einzugehen.
Vielleicht sollten bei diesem Satz meine Alarmglocken anfangen zu schrillen, schließlich suchen sich Serienmörder oder Organhändler oder Vergewaltiger immer Leute aus, die vermeintlich allein unterwegs sind.
Aber sieht dieses Schnuckelchen aus wie ein Serienmörder?
Okay, zugegeben, das tun wohl die wenigsten, aber nein. Das kann nicht sein.
Oder vielleicht will mein Hirn den Gedanken auch einfach nicht zulassen.
Und zum Glück bin ich ja nicht allein hier. Ich deute auf die Gruppe junger Frauen, die immer noch an demselben Tisch wie seit Stunden sitzt und sich mit denselben Männern unterhält.
Oder … sich nicht alle nur unterhalten.
Elizabeth schiebt gerade einem der Männer ihre Zunge so weit in den Hals, dass ich mich frage, wie er noch nicht in Brechreiz ausgebrochen sein kann.
Mich schüttelnd brauche ich einen Moment, um mich zu sammeln. »Äh … das da hinten, das sind meine …«, ich gestikuliere ein wenig mit den Händen, weil mir das richtige Wort nicht so recht einfallen will, »… Freundinnen.« Stimmt nicht so ganz, aber egal. Im Grunde ist Amelia, die Braut, meine Freundin – und die anderen sind halt ihre Freundinnen.
Er schaut sich um, und als sein Blick an den vier Frauen und mehreren Männern hängen bleibt, schmunzelt er. »Nicht dein Stil?«
Kopfschüttelnd verziehe ich das Gesicht. »Junggesellinnenabschied.« Ich zucke mit den Schultern. »Könnte schlimmer sein, aber ich hätte den Abend definitiv auch anders verbringen können.«
Das meine ich leider wirklich so. Amelia und ich haben uns in der Uni kennengelernt und uns auf Anhieb verstanden. Sie hat ebenfalls in Calgary studiert, kommt aber eigentlich aus Vancouver. Hier hat sie natürlich auch ihre große Liebe gefunden.
Bedauerlicherweise ticken wir, wenn es um alles andere außer die Uni geht, komplett unterschiedlich. Für mich sind diese feinen Bars und die Anzugträger, die hier quasi in Scharen herumlaufen, nichts – ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mich nur aus Höflichkeit zu ihrem Junggesellinnenabschied eingeladen hat.
Und ich habe der Höflichkeit wegen nicht abgesagt.
Aber vielleicht nimmt der Abend jetzt ja eine unerwartet gute Wendung.
»Wie denn zum Beispiel?«, fragt Ethan geradeheraus, und ich weiß nicht, ob er diese Frage anzüglich meint oder nicht.
»Mit einer Flasche Wein auf dem gemütlichen Bett in meinem Hotelzimmer zum Beispiel.« Ich sage das, weil ich austesten will, wie seine Antwort darauf lauten könnte.
Als ich sie bekomme, bin ich fast enttäuscht. Er zieht eine Augenbraue hoch. »Also doch Wein, kein Whiskey?«
Trotzdem muss ich schmunzeln. »Wein ist mein zweitliebstes Getränk«, lasse ich ihn mit einem Zwinkern wissen.
»Ah, gerade nochmal gerettet.« Lächelnd leert er sein Glas.
»Da bin ich aber froh«, seufze ich theatralisch und leere mein Glas ebenfalls. »Willst du noch einen? Geht auf mich.«
Er sieht mich skeptisch an. »Ohne dir jetzt zu nahe treten zu wollen – aber vielleicht sollte ich dich lieber zu deinen Freundinnen bringen, damit sie dich auf dein Zimmer begleiten können, was meinst du?« Sein heiseres Lachen jagt einen Schauer durch meinen Körper.
Um das zu überspielen, verdrehe ich die Augen. »So betrunken bin ich auch nicht.« Doch als ich galant von meinem Hocker steigen will, merke ich selbst, dass das nicht so ganz stimmt. Ich falle fast, und nur weil Ethan in genau dem richtigen Moment nach mir greift, lande ich nicht der Länge nach auf dem Boden. Dass ich meine Cowboyboots mit den höchsten Absätzen angezogen habe, macht die Sache nicht unbedingt einfacher.
Aber ich wollte mich schick machen. Und diese Jeans sieht noch besser an mir aus, wenn ich hohe Schuhe trage.
»Whoa, ich glaube, das solltest du nochmal revidieren.« Er stellt sicher, dass ich allein stehen kann, bevor er mich wieder loslässt.
Dabei will ich gar nicht, dass er das tut. Seine Hand an meinem Rücken fühlte sich so unglaublich gut an.
Ich übergehe seinen Einwand. »Sind alle Männer so hilfsbereit, da wo du herkommst?«
Fragend sieht er mich an.
»Ohne dir zu nahe treten zu wollen«, wiederhole ich seine Worte und zwinkere ihm zu, »aber du kommst nicht von hier, oder?«
»Nein. Ich komme aus Australien.« Er mustert mich prüfend. »Was hat mich verraten?«
»Dein Akzent.«
»So ein Mist, dabei dachte ich, ich hätte den Dreh mittlerweile raus«, meint er gespielt verärgert.
»Leider muss ich das verneinen.« Ich zucke mit den Schultern. »Aber ich mag ihn, es klingt sexy.« Und sobald diese Worte meine Lippen verlassen haben, schießt mir die Hitze in die Wangen.
Einen Moment lang schaut er mir in die Augen. Sie sind so blau wie der Ozean. »Danke.«
Nur ein »Danke«.
So schlicht und einfach, ohne Spott in der Stimme.
Gott, kann dieser Mann noch perfekter werden?
Ich neige den Kopf und will mich zum Gehen wenden, als ich schon wieder stolpere.
Und sofort ist da abermals diese starke Hand, die mich stützt.
»Oookay, ich bringe dich zu deinen Freundinnen.« Er will mich zu besagtem Tisch bugsieren, doch ich stemme mich gegen ihn.
»Oooder du könntest mich auf mein Zimmer bringen«, schlage ich stattdessen vor.
Besser – mein betrunkenes Hirn schlägt es vor.
Was ist nur los mit mir?! So forsch bin ich doch sonst nicht!
Schmunzelnd zieht er eine Augenbraue hoch. »Ich will nicht ausnutzen, dass du getrunken hast.«
Stöhnend verdrehe ich die Augen. »Wer sagt denn, dass immer die Frauen ausgenutzt werden?« Ich lehne mich vor. »Vielleicht nutze ich dich aus.«
»Ich denke, ohne es böse zu meinen, dass du gerade in der eindeutig schwächeren Position bist.« Dann lehnt er sich ebenfalls ein Stück vor. »Und morgen heißt es, dass ich das Arschloch war.«
Genervt seufze ich. »Also. Soll ich dich mal aufklären?«
Er lehnt sich zurück und bedeutet mir mit einer Geste, fortzufahren. »Bitte.«
»Wenn Frauen, so wie ich jetzt, dich offen um etwas … Bestimmtes bitten, bedeutet das in der Regel nichts anderes, als dass sie es wirklich wollen. Ohne Hintergedanken.«
Whoa, sind das viele Wörter, und ich lalle bereits. Doch ich schaue ihn unverwandt an und rede unbeirrt weiter, während ich versuche, nicht über meine eigene Zunge zu stolpern.
»Ich finde es toll, dass du dich wie ein Gentleman verhalten willst, wirklich. Aber das ist gerade nicht das, was ich brauche. Ich brauche heute Nacht einen Bad Boy.« Die Augenbrauen in die Höhe ziehend, dämpfe ich meine Stimme zu einem verheißungsvollen Flüstern.
Zumindest denke ich, dass es verheißungsvoll klingt. »Kannst du das heute Nacht für mich sein?«
Schmunzelnd sieht er mich nur an.
Sekundenlang.
Minuten scheinen zu vergehen, ohne dass er irgendetwas sagt.
Als ich schon denke, dass er nicht mehr antwortet, öffnen sich seine verführerischen Lippen.
»Okay, ich bringe dich auf dein Zimmer. Teilst du es dir mit einer deiner Freundinnen?«
Stolz schüttele ich den Kopf. »Wie sind zu fünft. Ich habe das große Los gezogen und ein Zimmer ganz für mich allein.« Zweideutig wackele ich mit den Augenbrauen.
Ethan lacht. »Okay. Dann sag ihnen Bescheid, dass ich dich nach Hause bringe. Damit sie nicht denken, ich hätte dich entführt.« Er zwinkert.
Und ich verdrehe die Augen. »Ja, Mami.«
Das bewirkt, dass er noch mehr lacht, aber ich mag es. Ich möchte nicht, dass er jemals wieder aufhört zu lachen.
Als ich vor Amelia und ihren Freundinnen stehe, ernte ich lautes Gegröle – sie haben eindeutig zu viel getrunken – und hoffe, dass wenigstens die Braut sich in Zaum hält, was die Männer angeht, wenn wir anderen schon so eskalieren.
»You go, girl!«, schreit Elizabeth uns hinterher, doch ich achte gar nicht auf sie.
Stattdessen hake ich mich bei Ethan unter und folge ihm aus der Bar.
Vielleicht ist es dämlich, das zu tun. Vielleicht ist sein Gehabe eine Falle, damit ich mich in Sicherheit wiege und ihm wie ein Dummchen folge.
Was ich ja auch gerade tue.
Damit er mir meine Organe klauen kann.
Oder mich umbringen kann.
Oder sonst was.
Aber egal, nun ist es zu spät.
»Wo müssen wir hin?«, fragt er, als wir auf dem Bürgersteig stehen.
»Hm?«, mache ich und blicke ihn verdutzt an.
Er schmunzelt. »In welchem Hotel bist du untergebracht?«
»Oh. Im … ach Mist.« Ich hole mein Handy hervor und schaue im Gruppenchat nach. Dann zeige ich ihm das Display.
»Okay, ich bestelle uns ein Uber.«
Protestierend stemme ich eine Hand in die Hüfte. »Wir können doch auch laufen, es sind nur zehn Minuten. Ich bin jemand, der gerne läuft, weißt du?«
Skeptisch sieht er mich an. »Mag ja sein, aber nicht in deinem Zustand. Und obwohl es ein Leichtes für mich wäre, dich einfach über die Schulter zu schmeißen und zu tragen«, er lehnt sich vor und raunt die letzten Worte in mein Ohr, »spare ich meine Energie lieber für andere Sachen auf.«
Hitze schießt mir ins Gesicht und in meiner Mitte kribbelt es verräterisch. Diese Worte sind vielversprechend.
Oder?
Will ich das?
Zur Hölle, natürlich! Was war denn sonst der Sinn dahinter, dass er mich ins Hotel bringt?
Zum Glück habe ich mich in weiser Voraussicht heute früh noch rasiert.
Innerlich stöhne ich auf. Danke, Hirn, für diese wirklich hilfreiche Anekdote.
Ich erwidere nichts, schaue Ethan nur an. Und er schaut mich an. Lange.
Wir versinken in unseren Blicken.
Bis er ihn unterbricht.
»Das ist unser Uber«, verkündet er und überprüft das Kennzeichen, bevor wir uns auf die Rückbank des grauen Toyota fallen lassen.
Das ging ja schnell.
Er rutscht durch und setzt sich nach ganz links. Ich weiß nicht, ob es ihm recht ist, doch ich rutsche auf den mittleren Sitz. Um ihm nahe zu sein.
Weil es sich richtig anfühlt. Obwohl ich nicht einmal sicher weiß, ob dieses Uber uns tatsächlich zu meinem Hotel fahren wird.
Aber das ist mir im Moment egal. Ich kann gerade an nichts anderes denken als an den Mann neben mir.
Mein Bein streift seins und er legt eine Hand darauf. Sofort ist da wieder dieses Kribbeln und eine wohlige Wärme breitet sich dort aus, wo er mich berührt.
Er sitzt leicht vornübergebeugt und stützt sein Kinn in seine linke Hand, während die Lichter der Stadt an uns vorüberziehen.
Vancouver ist trotz der späten Uhrzeit belebt, doch das ist wohl üblich für eine Großstadt. Die Hochhäuser rauschen nur so an uns vorbei und ich staune immer noch darüber, wie viele Bäume hier an den Straßenrändern stehen.
Wir brauchen auch mit dem Uber gute zehn Minuten zum Hotel, einfach weil so viele rote Ampeln unseren Weg kreuzen. Als wir endlich vor dem Eingang halten, sind meine Knie nicht weniger zittrig als zuvor. Wir bedanken uns bei unserem Fahrer und betreten die beleuchtete Lobby des Hotels.
Der Sicherheitsmann nickt uns nur kurz zu, weder unfreundlich noch freundlich, und ich steuere zielstrebig den Fahrstuhl an.
Ethan geht hinter mir.
Will er nur sichergehen, dass ich heile in meinem Zimmer ankomme? Oder wird er mich tatsächlich hinein begleiten?
Ein Kribbeln durchflutet mich bei dem Gedanken.
Auch wenn ich schon zweiundzwanzig bin – ich bin nie jemand gewesen, der sich auf One-Night-Stands eingelassen hat.
Klar gab es schon Männer in meinem Leben, aber das war eher nicht so aufregend. Und ich bin immer mehrmals mit ihnen ausgegangen, bevor es weiter ging als nur einen Kuss auszutauschen.
Vielleicht bin ich deshalb heute so aufgeschlossen.
Hier kennt mich niemand, und ich habe es satt, die Langweilerin zu sein.
Die Brave zu sein.
Die, die immer tut, was von ihr erwartet wird.
Der Fahrstuhl gibt ein ›pling‹ von sich und bedeutet uns damit, dass er in der Lobby angekommen ist. Die Türen öffnen sich, und ich bin erleichtert, ihn leer vorzufinden.
Ich drücke auf die Taste mit der Nummer ›18‹, das Stockwerk, in dem mein Zimmer liegt.
Dann stelle ich mich an die hintere Wand.
Sehe zu Ethan hinüber.
Er sieht zu mir.
Und ist in Sekundenschnelle bei mir. Er drückt mich mit seinem Körper gegen die Wand des Fahrstuhls, sein Atem geht flach. Genau wie meiner.
Fragend sieht er mich an und ich nicke schwach. Als hätte er nur darauf gewartet, senkt er seine Lippen auf meine.
Sanft und weich. So fühlen sie sich an.
Als ich meinen Mund etwas öffne, nimmt er die Einladung sofort an. Ich stöhne auf, als er mit seinem Mund meine Lippen und meine Zunge erforscht und seine Hände an meinem Körper entlanggleiten. Eine Woge der Hitze schießt durch mich hindurch, in meinem Unterleib beginnt es zu kribbeln.
Dann löst er sich plötzlich von mir, viel zu schnell. »Ich glaube, wir sind da.« Er klingt genauso atemlos, wie ich mich fühle.
»Sind wir?«, keuche ich erstaunt, denn ich habe nicht einmal mitbekommen, dass der Fahrstuhl gehalten hat.
Mit einem Grinsen im Gesicht nickt er, bevor er mich hinter sich her aus dem Fahrstuhl zieht. Die Fahrt nach oben ist mir heute Vormittag definitiv länger vorgekommen.
Die Türen schließen sich hinter uns und wir stehen unschlüssig im Flur.
Fragend sieht er mich an. »Welches Zimmer?«
»Was?«
Er schmunzelt. »In welchem Zimmer bist du untergebracht?«
»Oh«, murmele ich. Stimmt ja, wir sind in meinem Hotel. Erneut schießt mir die Röte ins Gesicht. Dann mache ich mich auf und gehe um die Ecke, auf das Zimmer mit der Nummer 23 zu.
Ich ziehe die Karte aus meinem Portemonnaie und entriegele die Tür. Dann trete ich ein, gehe zum Bett hinüber und knipse die Nachttischlampe an.
»Nicht schlecht«, meint Ethan, der an das breite Fenster getreten ist, von dem aus man auf die erleuchteten Gebäude von Vancouver blicken kann. Einige der Hochhäuser bieten nachts ein prächtiges Farbenspiel.
Ich nicke nur und trete zu ihm, unschlüssig, was ich tun soll.
Mit solchen Situationen habe ich echt null Komma null Erfahrungen. Und ich bin nervös.
Keine gute Kombination.
Doch dann dreht Ethan sich wieder zu mir und alles geschieht wie von selbst. Unsere Lippen finden sich, unsere Hände erkunden den Körper des jeweils anderen.
Bevor ich meine Hände unter sein Shirt schieben kann, unterbricht er mich. »Und du bist dir sicher, dass du das willst?« Diese aufrichtige Frage entlockt meinem Herzen einen Hüpfer.
»Ja« hauche ich und frage mich, ob er mich überhaupt verstehen kann, so piepsig wie meine Stimme klingt.
Doch anscheinend war ich eindeutig, denn in Sekundenschnelle liegen seine Lippen wieder auf meinen. Er hebt mich hoch und ich schlinge meine Beine um seinen muskulösen Körper, während er mich zum Bett trägt und sanft darauf ablegt.
Unsere Zungen lassen nicht voneinander ab, als wir uns gegenseitig entkleiden.
O mein Gott, ohne sein Shirt sieht er sogar noch heißer aus. Unter seinen Bewegungen spannen sich seine festen Muskeln an und ich würde wetten, dass dieser Mann kein Gramm Fett am Körper besitzt.
Er ist schier ein reines Muskelpaket.
Was ihn noch attraktiver macht.
Ob er wohl ein Surfer ist? Oder ein Model?
Beides würde ich ihm zutrauen.
Er bemerkt, wie ich ihn beäuge. »Gefällt dir, was du siehst?«
Ich nicke nur, weil ich Angst habe, dass mir der Sabber aus den Mundwinkeln tropft, wenn ich jetzt etwas sage.
»Gut. Mir auch.« Er beugt sich vor und küsst mich erneut. »Du bist unglaublich heiß, Erin.«
Diese Worte lassen eine Woge durch meinen Körper schießen und ich ziehe ihn noch ein Stück weiter zu mir hinunter. Feurig küsst er mich, bevor er mein Shirt nach oben und über meinen Kopf zieht. Schnell folgen meine Jeans und mein Slip, dann greift er um mich herum und öffnet meinen BH mit nur einer Hand.
Auch seine Klamotten landen in Windeseile auf dem Boden, bevor er wieder über mir ist und meine Lippen mit seinen liebkost. Ein Stöhnen entringt sich meiner Kehle.
Plötzlich zieht Ethan sich zurück. Zuerst will ich protestieren, doch dann lässt er seine Lippen an meinem Körper hinabfahren. Er knabbert behutsam an meinen Nippeln, zwirbelt sie sanft mit seinen Fingern. Ich lege den Kopf in den Nacken und stöhne auf, recke mich ihm entgegen.
Gott, es fühlt sich so gut an. Heiße Wogen lassen meinen Körper erbeben, während Ethan mich berührt. Ein Grollen entfährt ihm und er lässt seine Zunge weiter hinabwandern. Über meinen Bauch, meinen Bauchnabel.
Über die Innenseite meiner Schenkel.
Und zwischen meine Beine.
Direkt auf meiner empfindlichsten Stelle hält er kurz inne und lässt seine Zunge sanft darüber geiten. Es ist nur der Hauch einer Berührung, trotzdem keuche ich laut auf, mein Körper erzittert. Mein Atem geht schneller und ich bettele ihn leise an, weiterzumachen. Will seine Berührung auf meiner Haut weiter spüren. Ich recke mich ihm entgegen, begierig auf mehr.
Das lässt er sich nicht zweimal sagen. Er streckt meine Beine nach hinten und spreizt sie weit, bevor er meine Hüfte anhebt. Es ist so sexy, wie er vor mir kniet und mich ansieht, bevor er meine Klit mit seinen Lippen berührt. Allein bei diesem Anblick schießt eine Welle der Lust durch mich hindurch.
Sanft und zärtlich stimuliert er mich und erneut keuche ich laut auf. Er teilt mich mit seiner Zunge und schickt sie auf Entdeckungsreise.
»Gott, du bist so feucht, Erin.« Er haucht die Worte fast und sie turnen mich noch mehr an. Ich werfe meinen Kopf nach hinten und gebe mich ganz seinen Berührungen hin.
Seine Zunge landet wieder auf mir und in mir, zusätzlich nimmt er nun einen Finger hinzu. Fast instant findet er meinen G-Punkt und stimuliert ihn zunächst mit einem, dann mit zwei Fingern. Erstaunt schreie ich auf, denn bisher hat es kaum ein Mann geschafft, mich auf diese Weise zu berühren. Und wenn hat es unzählige Anläufe und viel Frustration gebraucht.
Doch was Ethan da macht, ist wahre Kunst. Keine Frustration weit und breit. Er stimuliert mich mit seiner Zunge und seinen Fingern und ich gelange unglaublich schnell in ungeahnte Höhen.
Mein Atem geht flach und ich habe das Gefühl zu hyperventilieren, so sehr bin ich bereits in meiner Ekstase gefangen. Ich kann mich auf nichts anderes mehr konzentrieren als auf seine Berührungen. Er küsst, leckt und fingert mich, ich habe gar keine andere Wahl als mich der Göttlichkeit dieses Mannes hinzugeben. Ich stöhne und schreie und es ist mir egal, ob das ganze Hotel mich hören kann. Mein Körper zittert und steht gleichzeitig in Flammen, er brennt und nur Ethan kann das Feuer löschen. Doch will ich überhaupt, dass es gelöscht wird?
»Ethan«, hauche ich, »wenn du so weiter machst, werde ich gleich kommen.«
Er nimmt seine Lippen von meiner Klit, seine Finger stimulieren mich aber weiter. »Das ist genau das, was ich will, Süße.« Seine Augen haben sich verdunkelt, als er mich jetzt ansieht. »Wann immer du bereit bist, Baby.«
Seine Stimme klingt so sexy, so anders. Nicht mehr so tief wie sonst. Verletzlicher. Diese Stimme ist den Frauen vorbehalten, die diese besonderen Momente mit ihm teilen.
Und es ist mir egal, wie viele das schon vor mir getan haben.
In diesem Moment gehört er nur mir.
Sein Blick auf mir turnt mich auf eine Weise an, wie ich es noch nie gespürt habe. Er lässt mich mich begehrenswert fühlen. Tausende Wogen strömen durch mich hindurch, ausgehend von meiner glühenden Mitte.
Ich lehne mich zurück, breche den Blickkontakt aber nicht ab. Er beugt sich zu mir herunter und küsst mich, hart und schnell. Die Sanftheit von vorhin ist verschwunden, und ich bin dankbar dafür.
Dem Druck in mir kann ich nicht mehr standhalten. Ethan treibt mich in ungeahnte Höhen, ich will nichts lieber, als loszulassen.
Also tue ich es. Meine Mitte zieht sich um seinen Finger zusammen, meine Beine zittern, so aufgeladen bin ich.
Ich schreie seinen Namen an seinen Lippen, als ich endlich komme. Und stöhne so laut, dass ich denke, dass das ganze Hotel mitbekommt, was dieser Mann gerade mit mir gemacht hat. Zum Glück verschluckt Ethan einen Teil meiner Woge, denn auch jetzt hält er meinen Mund gefangen.
Mein Atem geht hektisch und abgehackt, und als Ethan mich freigibt, fahre ich mir mit einer Hand übers Gesicht, während ich versuche, wieder ruhiger zu atmen.
Unterdessen legt Ethan sich neben mich, seinen Kopf in eine Hand gestützt, ein breites Lächeln im Gesicht. »Wie war das?«, fragt er sanft, bevor er seine Lippen erneut auf meine sinken lässt. Seine Hand liegt auf meiner Mitte und kostet auch die letzten Momente meines Höhepunktes aus.
Der Kuss ist feurig und heiß, und da ich noch nicht wieder zu Atem gekommen bin, stöhne ich in seinen Mund hinein.
»Ich nehme an, das heißt ›gut‹?«
»Ja«, hauche ich. »Besser als gut. Es war perfekt.«
»Perfekt. Das mag ich«, raunt er und beugt sich wieder über mich. Seine Hand findet meine Brust und streichelt sie sanft. Ich recke mich ihm entgegen und obwohl mein Körper gerade erst befriedigt wurde, spüre ich schon wieder dieses Verlangen in mir.
»Ich würde ja gerne behaupten, dass ich vorbereitet bin, aber mit so etwas hier habe ich am heutigen Abend nicht gerechnet.« Er zuckt entschuldigend mit den Schultern.
Sofort weiß ich, worauf er hinauswill, und zögere.
»Also, denke jetzt bitte nicht, ich würde so etwas ständig machen, aber …« Ich stehe auf, gehe ins Bad und komme mit einigen Kondompäckchen zurück ins Bett.
Er zieht eine Augenbraue hoch. »… aber du hast zufällig immer ein paar Kondome dabei?«, neckt er mich.
»Nicht immer. Aber ich dachte, wenn ich schon mal in einer Großstadt bin …« Ich zucke mit den Schultern und fühle mich auf einmal nicht mehr so wohl in meiner Haut.
Vielleicht war das alles doch keine so gute Idee.
Ethan greift mir in den Nacken, zieht mich zu sich und küsst mich sanft. »Ich bin froh, dass du sie dabei hast.« Er nimmt mir die Päckchen aus der Hand. Alle bis auf eins legt er neben sich auf dem Nachttisch ab, das letzte reißt er auf und zieht das Kondom über seinen steifen Schwanz.
»Welche ist deine Lieblingsposition?«, fragt er, während er das Kondom abrollt.
»Ähm«, mache ich perplex, weil mich das noch nie ein Mann gefragt hat. »Ich glaube, gerade würde ich es schön finden, wenn du oben bist.« Auch wenn viele die Missionarsstellung als langweilig bezeichnen würden – ich mag sie.
»Dann leg dich hin, Süße.«
Er kommt über mich und spreizt meine Beine mit seinen. Dann sind seine Lippen wieder auf meinen, seine Finger tasten sich an meinem Körper entlang zu meiner Mitte.
Ich stöhne auf, als er mich erneut stimuliert. Langsam dringt er in mich ein, weitet mich Stück für Stück. Unsere Lippen brechen den Kontakt nicht ab und ich stöhne in seinen Mund, als er ganz in mir ist.
Er richtet sich ein wenig auf und sieht mich an. Ein Lächeln stiehlt sich auf sein wunderschönes Gesicht. »Du bist umwerfend.«
»Du auch«, kichere ich.
Er grinst und treibt uns schneller voran, sodass ich den Kopf in den Nacken lege und mich seinen Bewegungen anpasse.
Plötzlich zieht er sich zurück und ich will schon protestieren, da wirft er mich herum und gleitet von hinten wieder in mich. Ich schreie auf, denn in dieser Position füllt er mich so anders aus, doch es fühlt sich unglaublich gut an.
»Ja, Babe.« Er stöhnt auf und zieht meine Hüfte noch ein Stück weiter hoch, stabilisiert mich mit seinen Händen.
Und dann nimmt er mich. Ich schreie so laut, dass ich den Kopf in die Kissen vor mir vergrabe, und bewege mich im Einklang mit Ethan. Gebe mich unserer Verbindung hin.
Er öffnet mein Haar, das ich zu einem französischen Zopf geflochten hatte, und fährt mit einer Hand hindurch, sodass die hellbraunen Strähnen lang und wellig über meinen Rücken fließen. Dann zieht er sanft daran.
Gott, ich liebe es, wenn Männer das tun.
Es macht mich heiß, lässt den nächsten Orgasmus anbahnen. Von unten berühre ich meine Klit und stimuliere sie zusätzlich.
Als Ethan das bemerkt, stöhnt er lustvoll auf und bewegt sich noch schneller in mir.
»Scheiße, Erin. Der Anblick ist himmlisch.«
Wie er meinen Namen stöhnt. Es turnt mich so sehr an, dass ich komme.
Heftig.
Erneut schreie ich meine Lust in die Kissen und wäre zusammengesackt, hätte Ethan mich nicht gehalten.
Dann kommt auch er. Schwer stöhnt er auf und pumpt sich in mich. Lässt die Wellen unserer Lust nur langsam verebben, bevor er neben mich sinkt.
Schwer atmend liegen wir nebeneinander, beide nach Luft ringend.
Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis wir wieder zu Atem kommen.
Lächelnd fahre ich über seine sanften Bartstoppeln. Sein heller Dreitagebart steht ihm hervorragend. »Das war atemberaubend.«
Nickend stupst er meine Nasenspitze an. »Fand ich auch.« Ein Lächeln stiehlt sich auf seine Lippen. »Du bist großartig, weißt du das?«
Ich murmele nur etwas Unverständliches und lasse mich gegen ihn sinken. Er zieht mich an sich, ich gebe mich dem hin. Sein Körper ist so warm und ich fühle mich geborgen in seiner Umarmung.
Es dauert nicht lang, bis sich die Müdigkeit über mich senkt.
Als ich kurz davor bin, an seiner Brust wegzunicken, bewegt sich Ethan plötzlich unter mir.
»Hey, Babe. Es tut mir leid, aber ich muss gehen.« Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
Verdutzt sehe ich ihn an. »Willst du nicht bleiben?«
Bedauernd schüttelt er den Kopf und fährt mit seinen Fingern durch mein Haar.
»Okay«, flüstere ich nur und versuche, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Die Hoffnung, er würde die ganze Nacht bleiben. Ich fühle mich so geborgen an seiner Seite.
Nur einen Moment noch liegen wir so nebeneinander, dann richtet er sich auf und zieht sich an. Als er sich sein Shirt überstreift, setze ich mich auf.
»Bekomme ich deine Nummer?«, frage ich aus einem Impuls heraus.
Seufzend zieht er sein Shirt herunter und setzt sich auf die Bettkante. »Weißt du, ich habe da so meine Prinzipien.« Er reibt sich den Nacken und sieht mit einem Mal gequält aus. »Keine Nachnamen, keine Telefonnummern. Ich bin kein Mann für Beziehungen, Erin. Und bevor ich Herzen breche, halte ich sie lieber gar nicht erst in meiner Hand.« Entschuldigend sieht er mich an. »Tut mir leid.«
Ich fühle mich wie vor den Kopf gestoßen.
Klar, ich kann nichts von ihm erwarten und er schuldet mir definitiv nichts, es sollte schließlich von vornherein nur ein One-Night-Stand werden.
Doch damit habe ich nun nicht gerechnet.
»Aber dein Name ist schon Ethan?«, frage ich unsicher.
Er nickt. »Doch mehr wirst du von mir nicht bekommen.«
Ich schlucke hart. »Das heißt, wenn du jetzt durch diese Tür gehst, werde ich dich nie wiedersehen?«
»Es muss so sein.«
Er sieht mich an und ich meine auch in seinem Blick so etwas wie Wehmut zu erkennen. Wieso tut er das dann?
Habe nur ich diese Verbindung zwischen uns gespürt?
»Und du machst keine Ausnahme?«, wage ich einen allerletzten Versuch, bevor meine Stimme bricht.
Es ist doch absurd. Ich kenne diesen Mann gerade mal ein paar Stunden und trotzdem sitze ich hier wie ein Häufchen Elend. Liebe auf den ersten Blick gibt es schließlich nicht.
Oder?
Aber wieso überkommt mich dann plötzlich eine solche Panik? Ist es immer noch das Oxytocin, das durch meinen Körper wallt?
Oder der Alkohol?
Er schüttelt den Kopf. »Keine Ausnahmen.« Ein letztes Mal zieht er mich an sich und küsst mich auf den Scheitel. »Sorry, Babe.«
Einen Moment hält er mich fest, dann richtet er sich auf.
Sofort erfüllt mich eine elende Leere. Kälte umhüllt mich, wo eben noch wohlige Wärme war.
Ethan greift nach seiner Lederjacke und zieht sie in einer fließenden Bewegung an.
Er sieht zu mir hinüber, bevor er zur Tür geht.
»Bye, Erin.« Er seufzt, unsere Blicke treffen sich ein letztes Mal. Halten einander ein letztes Mal fest.
Ich will schreien, will ihn aufhalten.
Aber ich bin wie betäubt.
Sehe nur, wie er die Tür öffnet.
Und sie hinter sich wieder schließt.
Dann ist er verschwunden.
ERIN
Verärgert lege ich auf. Wie unverschämt können Menschen eigentlich sein?!
Ich muss den Hörer wohl etwas zu fest auf die Station geknallt haben, denn Margret sieht mich über ihre Brille hinweg mit hochgezogener Braue an.
»Also, ich habe ja schon mitbekommen, dass das Telefonat nicht gerade freundlich verlief, aber so schlimm?«
»Schlimmer«, antworte ich genervt und lasse einen Frustrationsseufzer aus mir heraus, bevor ich mir die Haare raufe.
»Was ist es diesmal?« Sie schmunzelt, denn sie ist meine Launen bereits gewohnt.
Seit einer Woche hagelt es nur Absagen und die Leute wollen einfach nicht verstehen, dass wir ausdrücklich in unseren AGB festgehalten haben, dass Touren, sollten sie nicht mindestens einen Monat vor Antritt gekündigt worden sein, trotzdem zu einem bestimmten Prozentsatz bezahlt werden müssen. Je nachdem, wann genau die Stornierung erfolgt.
Und diese AGB fügen wir schriftlich zu jeder Buchung hinzu. Aber wer liest schon das Kleingedruckte?
Anscheinend niemand mehr.
»Wieder das Gleiche. Ich habe ihnen 80% der Kosten berechnet und jetzt bekommen wir eine schlechte Bewertung und haben wohl einen Kunden verloren, der sowieso nie wieder hierher zurückkommen wird, weil das Wetter ihn enttäuscht hat.« Ich zucke mit den Schultern. Für das Wetter können wir nichts, aber dann werde ich wohl mal wieder meinen Standardsatz unter die Bewertung stellen. Inklusive AGB.
Zum Glück läuft es sonst ganz gut. Ich arbeite in einem kleinen Reisebüro in Banff, wir organisieren Tagestouren und bieten Reisepauschalen für die Gegend an. Auch unser Bustransfer wird gut angenommen, da es immer noch genügend Touristen gibt, die lieber den Shuttle anstatt eines Mietwagens nehmen, um damit die umliegenden Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Hängt vermutlich mit den überfüllten Parkplätzen während der Hochsaison zusammen, aber es gibt auch Spots, die mit Privat-oder Mietwagen nicht mehr zugänglich sind.
Schlechte Bewertungen wie diese sind eher die Ausnahme, auch wenn es innerhalb der letzten Woche schon die vierte war. Normalerweise lieben die Leute Banff und finden unseren Service hervorragend.
Aber es gibt immer Touristen, denen man es einfach nicht recht machen kann. Und die in ihrem Urlaub erwarten, dass die Sonne permanent scheint. Dass man das Wetter nun mal nicht beeinflussen kann, haben sie noch nicht geschnallt und werden es wohl nie tun.
Doch warum muss diese Sorte Mensch immer zu derselben Zeit auftauchen? Monatelang läuft es super, keine einzige Beschwerde, und dann innerhalb von einer Woche gleich vier Stück. Es mag am Jahreszeitenwechsel liegen, doch normalerweise ist der Herbst eine beliebte Reisezeit.
Offenbar nicht für jeden.
Seufzend stehe ich auf, laufe eine Runde durch unser kleines, aber durchaus gemütlich eingerichtetes Büro – wir haben sogar einen Souvenirshop – und lasse mich wieder auf meinen Stuhl plumpsen. Dann atme ich einmal tief durch, setze ein nettes Lächeln auf und widme mich dem PC vor mir.
Margret beobachtet mein kleines Ritual mit Argusaugen und prustet los, als ich in die Tasten haue. Sie kennt das schon, denn diese Methode, mich abzureagieren, wende ich seit mehreren Monaten an – und es hilft wirklich! –, aber von meiner Chefin werde ich jedes Mal wieder aufs Neue belächelt.
Doch das stört mich nicht. Margret und ich arbeiten nun schon seit fast drei Jahren zusammen, wir sind ein tolles Team. Sie ist bereits Ende fünfzig und hat das Reisebüro gemeinsam mit ihrem Mann Hugh aufgebaut. Außerdem ist sie die liebenswerteste Person, die ich kenne.
Nun schaue ich zu ihr hinüber. »Was ist?«, frage ich gespielt unschuldig und ziehe eine Augenbraue hoch.
Sie sitzt in einem Büro einen Raum weiter, doch unsere Schreibtische stehen so, dass wir uns gegenseitig sehen können. Nicht, weil sie mich kontrollieren will, sondern weil es schön ist, wenn man zwischendurch mal ein Wort miteinander wechseln kann. Wenn ich Besucher vor Ort habe, schließe ich einfach die Schiebetür, die die beiden Räume verbindet, und schon kann sie ungestört weiterarbeiten.
Hugh hat ebenfalls ein Büro für sich, doch es befindet sich auf dem Flur im hinteren Teil des Gebäudes, wo auch unser Aufenthaltsraum liegt.
Margret winkt ab. »Ach, du machst das schon«, meint sie und beugt sich über den Papierstapel auf ihrem Schreibtisch.
Schmunzelnd wende ich mich wieder meinem PC zu.
Allerdings.
Ich liebe meinen Job, ich kann es nicht anders sagen. Ich habe Tourismusmanagement studiert, wollte jedoch nie raus in die weite Welt. Vermutlich könnte ich in einem anderen Job wesentlich mehr Geld verdienen, doch das will ich gar nicht. Margret hat mich am Anfang zwar oft genug gefragt, ob ich nicht überqualifiziert für diesen Job bin – wahrscheinlich bin ich das! – aber das ist mir egal. Er macht mir Spaß, und das ist die Hauptsache.
Seit drei Jahren darf ich den Touristen, die aus aller Welt nach Kanada reisen, unseren Nationalpark näherbringen. Und das nicht nur vom Büro aus, denn seit zwei Jahren bin ich außerdem Guide und leite bestimmte Führungen. Das hat meinen Gehaltscheck zwar nicht übermäßig, aber zumindest ein wenig in die Höhe getrieben.
Und da einige Seen in der Gegend, wie zum Beispiel der Moraine Lake, nicht mehr für Privatfahrzeuge zugänglich sind, werden solche Touren immer beliebter. Denn mit dem Rad hoch radeln oder gar wandern, wollen längst nicht alle. Ihnen kommen die Busreisen ganz gelegen.
Jetzt gerade öffne ich wieder eine Buchung für Mitte Oktober. Um diese Jahreszeit haben wir zwar nicht mehr so viel zu tun wie in den Sommermonaten, aber unsere Touren sind immer noch meist ausgebucht. Zum einen, weil die Saison sich dem Ende neigt und einige Sehenswürdigkeiten über den Winter geschlossen haben. Und zum anderen, weil die Menschen sich die tollen herbstlichen Farben, die Kanada im berühmten ›Indian Summer‹ zu bieten hat, nicht entgehen lassen möchten. Mittlerweile ist auch der Herbst eine beliebet Reisezeit, einfach weil er nicht ganz so überfüllt ist wie der Sommer. Trotzdem tummeln sich die Touristen in Banff irgendwie immer.
Inzwischen ist es Anfang September, der Herbst steht somit unmittelbar bevor.
Ich arbeite mittlerweile an drei Tagen im Büro, an zwei Tagen fahre ich selbst mit raus. Meistens jedenfalls. Damit wechsle ich mich mit Marie ab, die seit einem Jahr bei uns angestellt und das Beste ist, was uns hätte passieren können.
Die blonde, quirlige junge Frau ist herzlich, abenteuerlustig und bei all unseren Kunden beliebt. Wenn sie anfängt, über unseren Nationalpark zu berichten, leuchten ihre Augen fast noch mehr als meine.
»Ich hätte nicht gedacht, dass der Tag nochmal kommt, an dem das passiert«, hat Margret damals neckend zu mir gesagt. »Dass deine Liebe zu unserem Ort noch einmal übertrumpft wird.«
Ich habe ihr damals nur die Zunge rausgestreckt, doch sie hat vermutlich recht.
Marie kommt aus Saskatchewan, hat sich aber in Banff verliebt und sich entschlossen, hierher zu ziehen. Sie ist in meinem Alter und da wir uns von Anfang an gut verstanden haben, uns auf der Arbeit allerdings so gut wie gar nicht begegnen, weil wir nur einen Tag die Woche gemeinsam im Büro verbringen, treffen wir uns häufig anderweitig. Mittlerweile zählt sie zu meinen engsten Freundinnen.
Sie und ihr Freund Calum sind sogar gerade dabei, sich auf Instagram einen öffentlichen Reiseaccount aufzubauen, auf dem sie die beliebtesten – und natürlich die schönsten – Spots der kanadischen Rockies teilen. Es ist unfassbar, wie gut solche Seiten ankommen und wie schnell ihre Community wächst.
Sie schwärmt schon lange von dieser Idee und ich freue mich wahnsinnig für sie, dass sie diese nun endlich umgesetzt hat.
Für mich wäre das nichts. Immer diesen Druck zu haben, etwas posten zu müssen, die Algorithmen zu bedienen und Content zu kreieren. Dazu kommt, dass es schwer wird, Dinge privat zu halten, weil die Leute natürlich wissen wollen, was im Leben der Influencer vorgeht.
Nein. Dann bleibe ich lieber bei dem, was ich habe. Obwohl mir mittlerweile auch deutlich mehr Personen folgen, seitdem Marie mich ein paar Mal in ihrer Story markiert hat, als wir zusammen unterwegs waren. Aber das ist etwas anderes.
Seufzend widme ich mich wieder der Buchung vor mir. Eine Busrundfahrt von Banff zum Lake Louise, dem Moraine Lake und zurück. Bei mir. Für fünf Personen.
Es sind nur noch wenige Plätze in den letzten Tagen verfügbar, an denen der Moraine Lake geöffnet sein wird, aber diese Buchung kann ich annehmen. Ich gebe sie in unser Programm ein, schicke eine Bestätigung raus und drucke dann die Rechnung sowie den Abrechnungsbogen für Margret aus. Denn die Rechnungen bearbeiten die Chefs noch immer selbst, aber das soll mir recht sein. Ich habe viel mehr Spaß daran, Buchungen zu tätigen, die Gäste persönlich zu beraten und Touren zu führen.
Gerade jetzt läutet wieder die Türglocke und kündigt an, dass Touristen den Weg in unseren kleinen Laden gefunden haben.
Wir liegen zwar direkt an der Banff Avenue, allerdings ein wenig versteckt am Ende der Straße und da unser Souvenirshop auf den ersten Blick nicht wie einer aussieht, sondern eher wie ein klassisches Reisebüro, verirren sich nicht viele Tagesgäste hierher.
»Hallo, wie geht es euch?«, begrüße ich sie.
Über diesen klassisch-kanadischen Begrüßungsspruch schmunzeln ausländische Gäste manchmal. Von ihnen kommt meist lediglich ein knappes ›Hey‹. Nur die wenigsten beantworten die Frage und geben sie zurück, weil sie sich nicht vorstellen können, dass es uns wirklich interessiert, wie es ihnen geht. Doch daran habe ich mich bereits gewöhnt.
Dieses junge Pärchen allerdings tut es und ich freue mich darüber, denn so kommt man schneller ins Gespräch.
»Wo kommt ihr her?«, frage ich sie deshalb – auch das liebe ich an meinem Job. Man trifft so viele Menschen aus aller Welt, hält Small Talk und erfährt die unterschiedlichsten Gründe, weshalb es sie nach Kanada verschlagen hat.
Doch auf eine besondere Frage erhält man von den meisten dieselbe Antwort, egal woher sie kommen – nämlich wie es ihnen hier gefällt.
»Wunderbar, die Landschaft ist echt atemberaubend. Und die Menschen hier sind so nett!«, schwärmen beide. Sie stammen aus Deutschland und machen zwei Wochen Urlaub hier in den kanadischen Rockies, wie ich soeben erfahren habe.
Ja, das ist tatsächlich die Standardantwort der Touristen. Und es stimmt zu einhundert Prozent.
Das Pärchen möchte für den morgigen Tag eine Tour zu den beiden meistbesuchten Seen buchen – dem Lake Louise und dem Moraine Lake. Die meisten Touristen buchen diese Kombi, da die Seen in unmittelbarer Nähe zueinander liegen. Ich schaue in meinen Kalender und kann ihnen zum Glück noch zwei Plätze für die Nachmittagstour anbieten.
Das kommt nicht oft vor, vor allem die Sonnenaufgangstouren sind meist Wochen im Voraus ausgebucht. Da haben die beiden echt Glück.
Mit ihrer Buchungsbestätigung verlassen sie nun den Shop, inklusive eines Schlüsselanhängers in Form eines plüschigen Schwarzbären, den ich der jungen Frau verkaufen durfte.
Ich muss schmunzeln, als sich die Tür hinter den beiden schließt. Wenn ich anderen Menschen mit unseren Angeboten eine Freude machen und sie für meine Heimat begeistern kann, geht mein Herz auf.
Beflügelt nach diesem positiven Gespräch, das das unschöne Telefonat von vorhin erfolgreich in den Hintergrund drängen konnte, lasse ich mich zurück auf meinen Stuhl fallen und ernte schon wieder einen Blick von Margret.
»Was?«, frage ich erneut, diesmal breit grinsend.
Margret schüttelt nur den Kopf. »Erstaunlich, wie deine Stimmung so schnell umschlägt. Ich bin jedes Mal wieder baff.« Sie lacht und ich stimme ein.
»Es gibt halt nichts Schöneres, als das zu tun, was man liebt«, gebe ich schulterzuckend zurück. »Die beiden machten einen sehr netten Eindruck, und weißt du was? Sie sind auf meiner Tour morgen dabei.« Damit schließe ich die Tour für morgen, denn jetzt sind wirklich alle Plätze belegt.
Margret grinst. »Und du wirst ihnen morgen ein Kotelett ans Ohr labern, da bin ich mir sicher.«
»Aber so was von«, gebe ich keck zurück.
Margret hat recht, ich neige dazu, viel zu viel zu erzählen. Aber immerhin buchen diese Leute eine Tour nicht umsonst, sie wollen ja schließlich etwas sehen und erfahren. Und da ist es hervorragend, wenn man Leute an Bord hat, die offen sind und keine Scheu vor Small Talk haben.
Vor mich hin summend bearbeite ich die letzte Buchung, die gerade noch eingegangen ist, und fahre dann meinen PC herunter. Es ist sechs Uhr abends, das bedeutet für mich Feierabend.
»Bis morgen früh dann«, flöte ich Margret zu, bevor ich meine Jacke überwerfe, die Ladentür hinter mir zu ziehe und abschließe, damit keine weiteren Kunden Margret bei ihrer Arbeit stören.
Dann laufe ich beschwingt die Banff Ave entlang und bin, wie jedes Mal, unglaublich glücklich über diesen Anblick. Über die Berge, die um den Ort herum wie mächtige, sanfte Riesen aufragen. Über die schnuckeligen Läden und die Unterkünfte, die sich über die gesamte Avenue erstrecken. Über den Bow River, den ich von hier aus plätschern höre. Und über die herbstlichen Farben, die sich bereits jetzt anbahnen, weil die Blätter der Bäume beginnen, sich zu verfärben.
Ich mache mich auf zu einem ganz bestimmten Souvenirshop, um meine beste Freundin Hailey zu unserem abendlichen Mittwochskaffee abzuholen.
ETHAN
Ich stehe auf meiner Veranda und starre den Brief in meiner Hand an, den ich gerade aus dem Briefkasten geholt habe. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl breitet sich in mir aus.
Endlich hat es geklappt.
Als ich die Haustür hinter mir schließe, möchte ich am liebsten einen Freudenschrei ausstoßen. Doch dafür bin ich nicht der Typ.
Ich lehne mich an die Küchenzeile und lese den Brief von Parks Canada noch einmal ganz genau.
Aber ja, da steht es. Schwarz auf weiß.
Ich werde nach Banff ziehen.
Bereits seit zweieinhalb Jahren schufte ich für diesen Moment. Es war schon immer mein Traum, für Parks Canada als Parks Canada Warden arbeiten zu dürfen. Doch der Bewerbungsprozess ist langwierig, die Liste der benötigten Qualifikationen endlos. Hinzu kommt, dass es nicht viele Stellen gibt.
Es ist nicht so, dass ich mit meinem aktuellen Job in Whistler nicht zufrieden wäre, schließlich habe ich ihn auch gemacht, um in Zukunft eine Stelle als Parks Canada Warden zu erhalten. Denn seit einiger Zeit schon gibt es in mir diesen Drang nach Veränderung, und so bin ich dem nachgegangen, habe die nötigen Qualifikationen erworben – zum Glück konnte ich mir mein Studium in Umweltwissenschaften, das ich in Australien absolviert habe, anrechnen lassen – und mich für eine Stelle als Parkwächter in den Rocky Mountains beworben. In Banff, um genau zu sein. Um im legendären Banff Nationalpark zu arbeiten.
Dem ersten Nationalpark Kanadas.
Und sie haben meine Bewerbung tatsächlich angenommen. All die harte Arbeit hat sich ausgezahlt. Meinen alten Job habe ich bereits gekündigt und in den letzten Wochen an der intensiven mehrwöchigen Ausbildung in Gesetzeskunde, Waffentraining, Wildtiermanagement, Konfliktlösungen, Einsatztraining im Backcountry und allem, was ein Parks Canada Warden bei seiner täglichen Arbeit so braucht, teilgenommen – die letzte Voraussetzung und eine quasi-Zusage, bevor man eine Stelle erhält.