Letzte Zuflucht Firmenklo? - Konstanze Wortmann - E-Book

Letzte Zuflucht Firmenklo? E-Book

Konstanze Wortmann

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Beschreibung

Innehalten und Freiräume erkennen Einen Großteil unserer Lebenszeit verbringen wir am Arbeitsplatz, und nicht selten ist dieser Schauplatz von Auseinandersetzungen, Konflikten und Niederlagen. Aber wie schaffen wir es, in der Kraft zu bleiben, wenn uns scheinbar alles runterzieht? Wie kann man seine Gelassenheit und Lebensfreude aufrechterhalten, obwohl sich an vielen kraftraubenden Zuständen im Arbeitsleben scheinbar nichts ändern lässt? Und: Wohin kann man sich flüchten, wenn man einfach nur noch weg möchte? In vielen Unternehmen ist die Toilette dann tatsächlich der einzige Rückzugsort. Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit. Konstanze Wortmann stellt kraftvolle Selbststärkungstechniken für die täglichen herausfordernden Situationen der Arbeitswelt vor, die Sie schnell wieder in einen guten Zustand bringen. Sie sind einfach, wirken unmittelbar und machen sogar Spaß! Ihr bester Zufluchtsort sind also Sie – und das zur Not auch auf dem Firmenklo!

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Seitenzahl: 149

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Konstanze WortmannLetzte Zuflucht Firmenklo?!Selbstfürsorge in herausfordernden beruflichen Situationen

Über dieses Buch

Wohin sich flüchten, wenn alles zu viel ist? 

Einen Großteil unserer Lebenszeit verbringen wir am Arbeitsplatz, und nicht selten ist dieser Schauplatz von Auseinandersetzungen, Konflikten und Niederlagen. Aber wie schafft man es, in der Kraft zu bleiben, wenn einen scheinbar alles runterzieht? Wie kann man seine Gelassenheit und Lebensfreude aufrechterhalten, obwohl sich an vielen kraftraubenden Zuständen im Arbeitsleben so schnell nichts ändern lässt? Und: Wohin kann man sich flüchten, wenn man einfach nur noch weg möchte? In vielen Unternehmen ist die Toilette dann tatsächlich der einzige Rückzugsort. 

Doch es gibt noch eine andere Möglichkeit. Konstanze Wortmann stellt kraftvolle Selbststärkungstechniken für die täglichen herausfordernden Situationen am Arbeitsplatz vor, die Sie schnell wieder in einen guten Zustand bringen. Sie sind einfach, wirken unmittelbar und machen sogar Spaß! Ihr bester Zufluchtsort sind also Sie – und das zur Not auch auf dem Firmenklo!

Konstanze Wortmann, Diplom-Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, fachliche Leitung der Schlafschule Unna, niedergelassen in eigener Praxis, Referententätigkeit in der kollegialen Fortbildung und betrieblichen Gesundheitsförderung.

Copyright: © Junfermann Verlag, Paderborn 2018

Coverbild: Jochen Martini

Schaubilder und Clip-Arts: Sarah Libe’ral, www.prospekt-labor.de

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2018

ISBN der Printausgabe: 978-3-95571-748-3

ISBN dieses E-Books: 978-3-95571-749-0 (EPUB), 978-3-95571-751-3 (PDF), 978-3-95571-750-6 (MOBI).

Planvolles Handeln gelingt,   
wenn wir innehalten 
und so unsere Freiräume erkennen! 

Haftungsausschluss

Alle Übungsinhalte wurden von der Autorin sorgfältig in der Praxis erprobt. Sie sind für körperlich und seelisch gesunde Menschen geeignet und bieten daher keinerlei Therapieersatz. Bei ernsthaften seelischen Problemen oder Erkrankungen sollten Sie sich mit Ihrem Arzt oder Betriebsarzt in Verbindung setzen oder einen approbierten Psychotherapeuten aufsuchen.

Sie sind aufgefordert, in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob und inwieweit Sie die Übungen umsetzen können und möchten. Im Zweifelsfall lassen Sie sich von einem Arzt oder Therapeuten beraten bzw. begleiten. Die Autorin kann für eventuelle Nachteile oder psychische ­Beeinträchtigungen, die aus den praktischen Hinweisen resultieren, keine Haftung übernehmen.

Die Übungen in diesem Buch ersetzen nicht den Besuch beim Arzt. Ein Besuch beim Arzt ersetzt nicht die Übungen in diesem Buch.

Einstimmung

Im alten China erzählt man sich die Geschichte von einem alten Meister, der in einem Zen-Tempel lehrte.

Seine Schüler mochten und respektierten ihn. Er war ihnen ein leuchtendes Vorbild, hatte er doch in all der Zeit der Unterweisungen und Belehrungen nie die Geduld mit ihnen verloren und stets Haltung bewiesen. Nie, aber auch niemals hatte er die Kontrolle über seine Emotionen verloren. Egal, was seine Schüler auch taten, immer behielt er die Beherrschung. Dabei trieben sie es wahrlich bunt in ihrer Lehrzeit, und manchmal kam es ihnen vor, als sei ihr Meister ein Übermensch.

Eines Tages, als seine Souveränität ihnen wieder einmal allzu mächtig erschien, fassten die Lehrlinge einen Plan. Sie beschlossen, ihren Meister zu testen. Egal, wie viel sie schon gelernt hatten, sie wollten ihm einen Streich spielen, denn darin unterscheiden sich auch Zen-Schüler nicht von ganz gewöhnlichen Schülern.

Als ihr Lehrer nun, wie es seine Gewohnheit war, eines Morgens mit einer Schale heißem Tee den verschlungenen Wegen hin zum Tempel folgte, sprangen seine Schüler plötzlich mit lautem Geschrei und einem kräftigen „Uaaaaaaah“ aus dem Schutz der Bambusbüsche hervor.

Der Meister aber setzte unbeirrt seinen Weg zum Tempel fort. Ja, er beachtete die Schüler gar nicht, schien sie noch nicht einmal bemerkt zu haben.

Auf einer kleinen Bank vor dem Tempel ließ er sich schließlich nieder. Während er seine Teeschale sanft neben sich absetzte, brüllte er aus vollen Lungen: „Uaaaaaaaah!“

(Frei nach: Sandy Taikyu Kuhn Shimu, Das Tao der Worte)

Einleitung

Am Arbeitsplatz: Der gefühlte Schlag in die Magengrube lässt die Knie weich werden, taumeln und nach Luft schnappen. Zu diesem „Schlag“ hat gerade der Chef, der Kollege oder ein Kunde ausgeholt und ihn gekonnt platziert. Dorthin, wo es wehtut.

Gerade ist der Traum von der Beförderung, dem eigenen Büro oder erfolgreichen Vertragsabschluss geplatzt – wie Vater früher der Kragen. Schon wartet die Präsentation der Quartalszahlen oder der nächste Kunde im Foyer. Es muss weitergehen, und dafür braucht es jetzt alle Energie und Konzentration.

Doch wie das soeben Erlebte verschmerzen, neutralisieren und abschütteln? Wie gelingt es, schnell wieder in die Kraft zu kommen?

Oder ganz anders: Wie gelingt es, in der Kraft zu bleiben? Was muss man tun, damit die Erholung nach dem Urlaub länger als eine Woche nach Arbeitsbeginn anhält? Was ist, wenn eine Erholungsmaßnahme zwar die erhoffte Gelassenheit und Lebensfreude zurückgebracht hat, am Arbeitsplatz aber alles beim Alten bleibt?

Dieses Buch enthält kraftvolle Selbststärkungstechniken für die täglichen Herausforderungssituationen am Arbeitsplatz. Techniken, die Sie anwenden können, wenn Ihre Situation im Arbeitsalltag schnell wirksame Strategien erfordert, die Sie wieder in einen guten Zustand und in eine gute Verfassung katapultieren sollen. Dann, wenn Sie sich nicht weiter hilflos bestimmten Bedingungen am Arbeitsplatz ausgeliefert fühlen möchten. Dann, wenn Sie beschlossen haben, etwas Wirkungsvolles gegen Ärger, Hilflosigkeit, Erschöpfung oder Resignation zu tun. Durch Selbststärkungstechniken kann man so viel erreichen, aber nur wenige wissen das, und noch weniger Menschen setzen dieses Wissen auch ein. Nutzen Sie jedoch diese Techniken, kommen Sie souveräner durch den Arbeitstag – in gerade einmal drei Minuten.

Und es kommt noch besser: Die in diesem Buch vorgestellten Techniken lassen sich diskret und unauffällig anwenden. Sie sind einfach, schnell wirksam und machen sogar Spaß! Wählen Sie diejenigen aus, die Ihnen gefallen und Ihrer Arbeitssituation entsprechen. Sie können so für sich eine individuelle Ausstattung zusammenstellen und die positive Wirkung als eigene Errungenschaft und Ihren Fortschritt feiern! Künftig werden Sie all diese Strategien selbstbewusst anwenden und sie zu einer lieben Gewohnheit werden lassen. Freude und Wohlergehen sind die logische Konsequenz Ihres ganz persönlichen Selbstmanagements, und Sie gehen endlich wieder gelassen arbeiten.

Ob beim Kampfmittelräumdienst oder auf der Autobahn …

Denken wir einmal dramatisch: Stellen Sie sich bitte vor, Sie seien beim Kampfmittelräumdienst. In der Region, in der ich wohne, wird die Kunst der Bombenentschärfung auch 72 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch regelmäßig benötigt. Dann, wenn bei Erdarbeiten wieder einmal gefährliche Zweizentnerbomben das Leben der ortsansässigen Bürger gefährden. Es werden Straßen gesperrt und Häuser geräumt. Mitte 2017 waren von solch einer Maßnahme in Frankfurt am Main gut 60 000 Menschen betroffen. Das öffentliche Leben steht für diese Zeit still.

Sie sind also beim Kampfmittelräumdienst, und Ihre Aufgabe ist es, den Zünder der Bombe unschädlich zu machen. In der Regel hilft Ihnen heutzutage ein Roboter dabei. Sie wollen Ihre Arbeit gut machen, Ihr Leben und das der Bürger nicht gefährden, die umliegenden Bauten unbeschädigt lassen und auch Ihrer Kostenstelle nicht unbedingt den Betrag für einen neuen Roboter aufhalsen. Sie arbeiten also höchst konzentriert, und plötzlich nähert sich Ihrem Gesicht eine Fliege. Was tun? Die Fliege verscheuchen oder besser nicht? Hier ist Ihr Bewusstsein gefragt, dass es etwas Wichtigeres gibt, als sich von dem Insekt zu befreien. Ihnen muss bewusst sein, dass Sie Ihren Impuls, nach dem Tier schlagen zu wollen, kontrollieren können. Eine Fliege im Gesicht ist nicht schön, aber aushaltbar. Im Moment gibt es wirklich Wichtigeres!

Ortswechsel. Auf der Autobahn: Sie sitzen am Steuer Ihres Wagens und sind mit Ihrer Familie auf dem Weg in die Ferien. Die Reisegeschwindigkeit beträgt 130 Stundenkilometer. Da meldet Ihr Smartphone, dass Sie eine neue Nachricht erhalten haben. In diesem Moment macht es durchaus Sinn, das Signal bewusst zu ignorieren. Schließlich werden Sie das Leben Ihrer Familie nicht riskieren wollen, um sich beispielsweise auf einem Foto anzuschauen, wie einer Ihrer Freunde gerade in Rom eine echte italienische Pizza verspeist.

Impulskontrolle ist hier das Zauberwort. Und in vielen Situationen im Arbeitsalltag braucht es genau diese Kompetenz. In den eben beschriebenen Situationen wird deutlich, dass Impulskontrolle dann leichter fällt, wenn man sicher sein kann, sie selbstbestimmt herbeizuführen. Außerdem ist es hilfreich zu wissen, was einem wichtiger ist, als einem plötzlichen Impuls zu folgen. Zweifellos gibt es Menschen, die das im Straßenverkehr zumindest nicht schaffen.

„Man sieht sie in letzter Zeit nicht mehr“, würde mein Großvater jetzt sagen.

Fragen und Antworten zu diesem Buch

Wozu überhaupt dieses Buch?

Um die Freude an der Arbeit zu erhalten oder sie zurückzugewinnen,

um Resignation loszuwerden und verloren geglaubte Motivation wiederzufinden,

um schnell wieder in die Kraft zu kommen und

um das Steuer wieder in der eigenen Hand zu haben.

Wodurch wird all das möglich? Durch die Anwendung effektiver Selbststärkungstechniken, die in drei Minuten Ich-Zeit schnell wieder Kraft geben. Notfalls durch die Flucht auf die „Rettungsinsel Firmenklo“, wo diese Techniken schnell praktiziert werden können.

Wie kann das gehen? Der Hintergrund der Übungen sind Erkenntnisse aus den modernen Neurowissenschaften und der Embodimentforschung. Außerdem fließt jahrtausendealtes Erfahrungswissen aus Heiltraditionen und Kampfkünsten ein. All diese Aspekte werden praktisch umgesetzt.

Wer soll dieses Buch lesen? Jeder Mensch, für den es jetzt an der Zeit ist, (s)einen leichteren Arbeitstag mitzugestalten. Auch im Gesundheitswesen, in der Rehabilitation und in der betrieblichen Gesundheitsförderung engagierte Lehrer, Erzieher, Therapeuten, Berater, Coaches oder Personalentwickler profitieren von den Inhalten und Übungen in diesem Buch. Sie können die Tipps und Techniken an Ihre Schüler, Patienten, Klienten oder Mitarbeiter weitergeben.

Welche herausfordernden beruflichen Situationen sind gemeint? Was als herausfordernd oder kritisch empfunden wird, richtet sich jeweils nach den persönlichen Maßstäben des Einzelnen. Solche Situationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen gewissen Discomfort mit sich bringen. Sie bewirken, dass man sich schlecht fühlt. Sie rauben Kraft, stören und verhindern den Zugriff auf die eigenen Stärken.

Warum habe ich dieses Buch geschrieben? Immer wieder sitzen sie mir gegenüber, in meiner Praxis und in meinen Seminaren. Menschen, die sich ratlos und zutiefst erschöpft fragen, wie sie den Belastungen im Arbeitsalltag noch standhalten ­können. Manche fühlen sich überfordert durch die Arbeitsverdichtung oder durch Tätigkeiten, die ihrer Meinung nach jeglicher Sinnhaftigkeit entbehren. Manche haben Angst um sich, weil sie beobachten konnten, wie es Kollegen im nahen Umfeld getroffen hat, egal ob durch Kündigung oder Krankheit. „Im letzten halben Jahr hatten wir gefühlt keine Woche, wo nicht jemand auf dem Flur lag“, heißt es dann oft.

Das Buch eignet sich aber auch für Menschen, die privat voller Sorge um die eigene Gesundheit sind, weil sie z. B. gerade durch eine Krebserkrankung „gegangen“ sind, oder um die Gesundheit naher Angehöriger oder Freunde bangen. Vielleicht pflegen sie ihre Eltern oder Kinder, befinden sich in Trennungsphasen oder knapp danach und müssen erst mal wieder Fuß fassen. Das Leben an sich hält so manche Herausforderung bereit. Unter diesen Umständen weiterzuarbeiten und Leistung zu bringen ist eine zusätzliche.

Da sitzen nun also diese Menschen und fragen sich, ob das bis zur Rente so weitergehen kann. Der Druck steigt immer mehr und damit das Gefühl, unter den gegebenen Umständen keine gute Arbeit abliefern zu können. Das heißt: Sie können auch den eigenen Ansprüchen, wie gute Arbeit auszusehen hat, selbst nicht mehr gerecht werden. Wo sie hinschauen, nur Überforderung und Defiziterleben. Dieses subjektive Erleben wird durch den aktuellen Fehlzeitenreport der Allgemeinen Ortskrankenkasse (2017) objektiviert.

Immer mehr Menschen fehlen am Arbeitsplatz wegen psychischer Probleme. Viele gehen trotz Beeinträchtigung weiter zur Arbeit, und laut Studien werden das immer mehr. Dieses Leid gilt es unbedingt zu würdigen. Das ist also ein Grund für dieses Buch. Außerdem hilft ein Bewusstsein für das, was man so gern verdrängt: Dass es einen jederzeit selbst treffen kann. In Therapie und Gesundheitsedukation mache ich zudem immer wieder die Erfahrung, dass, bei aller Belastung, der Blick darauf fehlt, wie man sich unter diesen belastenden Umständen das (Arbeits-)Leben dennoch „erleichtern“ kann. So beobachte ich nicht selten Menschen, die nach einer Problemlösung suchen, sie aber nicht finden; als suchten sie nach einer Brille, die sie bereits auf der Nase tragen.

Verbleibende Lösungsmöglichkeiten sichtbar zu machen – das ist mein Anliegen mit diesem Buch. Lebenskrisen wie Krankheit, Tod oder Trennung lassen sich so natürlich nicht verhindern. Man kann aber anders damit umgehen – und hier hat jeder Einzelne Einfluss und Möglichkeiten.

Die Wellen, die uns umtosen, können wir meist nicht aufhalten. Wir können aber lernen, sie zu reiten. In meinem Praxisalltag erlebe ich immer wieder Fälle, wo das gelingt. Falls Sie es nicht glauben, probieren Sie es aus.

1. Die Bestandsaufnahme: Weiter so bis zur Rente?

1.1 Wie geht es mir in meinem Job?

Es ist 20:30 Uhr an einem Montagabend. Gestatten wir uns einen Blick durchs Schlüsselloch eines Fachteams von Psychotherapeuten im deutschen Gesundheitswesen. Nach Feierabend schließt man sich pflichtgemäß zum Zwecke der Qualitätssicherung seiner Arbeit regelmäßig zu fachlichen Themen kurz. „Ich weiß gar nicht, wie ich das noch all die Jahre bis zur Rente schaffen soll!“ Der Kollege, Ende 30, schaut blass in die Runde. Mit dunklen Augenringen und eingefallenen Wangen wirkt er nicht gerade gesund. Familiengründung, Hausbau, Approbation, all das liegt gerade hinter ihm. Er hat alles erreicht. Jetzt ist er erschöpft, muss aber in seiner Kraft bleiben, um das Erreichte aufrechtzuerhalten. „Wie macht ihr das?“ Er schaut sich im Kreis der „alten Hasen“ seines Fachteams fragend um. Die Kollegen zucken wortlos und schmunzelnd die Schultern. Einer neckt ihn freundlich: „Wie, du glaubst noch an die Rente? Hey, du bist selbstständig. Das heißt: selbst und ständig und immer. Hat dir das keiner gesagt?“ Alles lacht. „Nein, jetzt mal ernsthaft, wie macht ihr das?“, will er es genauer wissen.

Wir wissen nicht, was die netten Kolleginnen und Kollegen ihm empfehlen. Fest steht, der Kollege ist nicht allein mit dieser Frage. Verlagern wir dieses Thema doch einmal dorthin, wo ebenfalls gearbeitet wird: in Großraumbüros, Krankenhäuser, Altenheime, in Linienbusse, Speditionen, Chemielabore, auf (Straßen-)Baustellen, in Supermärkte, Friseursalons oder in Polizeiautos … Egal, ob angestellt oder selbstständig, die meisten Menschen im Arbeitsprozess werden sich diese Frage mindestens einmal schon gestellt haben. Zumindest in Zeiten körperlicher oder mentaler Erschöpfung. Und viele haben darauf schon eine Antwort, denn wie bereits im „Index gute Arbeit“ (Deutscher Gewerkschaftsbund 2010) beschrieben, glauben 36 Prozent der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht, dass sie ihren Beruf bis zur Rente durchhalten können.

Im Jahr 2016 erhalten in Deutschland im Schnitt Frauen 23 und Männer 19 Jahre lang ihre Rentenbezüge. Manche Politiker fordern eine sukzessive Anhebung des Rentenalters von 67 auf bis zu 73 Jahre. Bei den heute schon erschöpften und resig­nierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern werden diese zusätzlichen Jahre nicht unbedingt einen Sturm der Begeisterung hervorrufen. Egal, ob mit 67 oder mit 73 Jahren: Es wird sich lohnen, bis zum Renteneintritt möglichst lange fit zu bleiben, auch weil bei vielen Erwerbstätigen die Rentenbezüge nicht reichen werden, wie aktuelle Berechnungen bereits belegen.

Da ist es gut zu wissen, dass es auch die andere Seite der Arbeit gibt: Ein erfüllendes Berufsleben wirkt sich positiv auf unsere Gesundheit und auf unsere Persönlichkeitsentwicklung aus. Der Beruf dient bekanntlich der Sicherung der Existenz und der Teilhabe am sozialen Miteinander. Unsere Arbeit fördert unsere Fähigkeiten, unser Selbstvertrauen und unsere Selbstwirksamkeit. Die Berufsrolle ist eine zentrale Grundlage für unser Selbstwertgefühl und somit auch für unsere Identität. Der Beruf ermöglicht uns Kontakte über unsere familiären Zusammenhänge hinaus. Auch gibt uns Arbeit Struktur, indem sie unseren Tag, die Woche und den Jahresrhythmus in Arbeits- und Ruhephasen aufteilt. Unsere berufliche Tätigkeit trägt zur Sinnstiftung bei, und wir können über sie Wertschätzung und Anerkennung erfahren.

Es gibt also tatsächlich Wege aus der Erschöpfung und der Resignation. Jedoch greifen viele Betroffene nicht auf Lösungsmöglichkeiten zurück, obwohl es die gäbe. Manche sind zu erschöpft für die Selbstfürsorge, andere hoffen, dass diese Phase von allein wieder vorübergeht.

1.2 Mit dem Kopf unter dem Arm: Krank zur Arbeit?

In Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung und der damit einhergehenden Veränderung der Arbeitswelt, die sich nicht nur in Arbeitsverdichtung bemerkbar macht, gehen Menschen trotz Krankheit und körperlicher sowie psychischer Beeinträchtigungen zur Arbeit. Dafür gibt es vielfältige Ursachen. Die Kollegen nicht im Stich lassen zu wollen oder auch die Angst vor Kündigung mögen nur zwei von vielen Gründen sein. Jedenfalls begeben sich viele trotz depressiver Verstimmungen, Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Arthrose, Reizdarm, Aller­gien, Diabetes, Bluthochdruck, Erkältungen, Erschöpfung etc. an ihren Arbeitsplatz. Jenseits von Krankheit sind da noch die anderen Beeinträchtigungen, die das Leben mit sich bringt: Ein naher Angehöriger ist verstorben, die Ehe liegt in Trümmern, der Partner oder die Partnerin ist ernsthaft krank, die Kinder bereiten Sorgen etc.

Eigentlich ist man so gar nicht in seiner Kraft; zu gesund, um krank zu sein, und zu krank, um gesund zu sein. Trotzdem befindet man sich an seinem Arbeitsplatz. Experten nennen dies Präsentismus und verstehen darunter das Phänomen, dass Mitarbeiter zwar anwesend, durch gesundheitliche Probleme jedoch in ihrem Wohlbefinden und ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind. Präsentismus ist tägliche Realität in Unternehmen.

Abbildung 1: Präsentismus und Absentismus in Unternehmen

In Konzernen geht man im Schnitt von folgendem Zahlenverhältnis aus: 50 Prozent der Belegschaft geht es wirklich gut (happy well). Diese Arbeitnehmer sind in ihrer Kraft und gehen ihrer Arbeit engagiert und motiviert nach. Dann gibt es 25 Prozent, die niedergestimmt, lustlos oder relativ unmotiviert sind (unhappy well) und ihre Arbeit dementsprechend verrichten. Weitere 20 Prozent befinden sich krank am Arbeitsplatz (krank – nicht AU). Sie gehören eigentlich zum Arzt, der ihnen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung attestieren und sie ins Bett schicken würde. Fünf Prozent der Arbeitnehmer sind arbeitsunfähig krankgeschrieben (AU) und tatsächlich abwesend (Absentismus).

Ob „unhappy well“, krank und nicht arbeitsunfähig geschrieben oder arbeitsunfähig und abwesend, im Schnitt liefern 50 Prozent der Arbeitnehmer eine nicht hundertprozentige Arbeit ab. Für den Arbeitgeber sind das deutliche Produktivitätseinbußen. Nicht nur Absentismus, auch Präsentismus kostet die Unternehmen viel Geld. Weil Krankheiten und sonstige Gründe für Präsentismus Produktivitätskiller sind, versuchen immer mehr Firmen gegenzusteuern. Sie implementieren ein betriebliches Gesundheitsmanagement, beziehen betriebliche Gesundheitsberater mit ein, veranstalten Gesundheitstage, organisieren Vorträge und Workshops zu speziellen gesundheitsrelevanten Themen oder ermöglichen den Betriebssport. Es gibt ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement, und es werden Entspannungs- und Ruheoasen geschaffen. Auch wird den Arbeitnehmern davon abgeraten, abends noch dienstliche Mails abzurufen u.v.m.