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Wie der Titel dezent suggeriert handelt diese Geschichte von einem Computerspiel mit neunundneunzig Spielstufen, die sich bei jedem Spieler anders gestalten. Hauptakteur ist ein unbekümmerter männlicher Jugendlicher, der seltsamerweise in das Spiel hineingesaugt wurde anstatt es nur am Monitor zu konsumieren. Da er zudem eine Mogelsoftware verwendet hatte, hat der Junge einige Level übersprungen, weshalb es für Menschen die ihn retten wollen ein umso schwierigeres Unterfangen wird. Die erste Person die dieses Ziel verfolgt, obwohl die beiden ein angeknackstes Verhältnis haben ist die Mutter des Jugendlichen. Da sie mit der Suche allein allerdings hoffnungslos überfordert wäre engagiert sie einen Privatdetektiv der behauptet, Dinge wieder ans Tageslicht zu bringen, die den Blicken gewöhnlicher Leute verborgen bleiben würden. Andere relevante Charaktere sind unter anderem ein Mädchen welches die gleiche Schule aber nicht Klasse wie der verschollene Junge besucht, der Programmierer des Spiels sowie dessen letzte Verflossene. Obwohl die Handlung einige Elemente zu bieten hat, bei denen Computer und Videospielern warm ums Herz werden dürfte, wird auch darauf eingegangen warum die Mutter ein schlechtes Verhältnis zu ihrem Sohn hat und warum der Junge im Fachmarkt eine spezielle Version von Level 99 ausgehändigt bekam.
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Seitenzahl: 601
Veröffentlichungsjahr: 2022
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In einer Geschichte mit einem schnurrgeraden Handlungsfaden wäre es stupide, in den Keller einer zerknautschten Mutter abzutauchen und in ihren Erinnerungen zu wühlen. Eine Mutter deren vierzehnjähriger Sohn vor zwei Wochen von seinem Computer verschluckt und in ein raffiniert verborgenes Dateiverzeichnis kopiert wurde, das zudem nur mit einem Passwort aufgesperrt werden konnte, das in einem verrosteten Gitter in ihrem Gedächtnis festklemmte. Aber davon hatte jene zerknirschte Mutter keinen Schimmer, weder von dem einen noch von dem anderen.
Glücklicherweise, das heißt glücklicherweise für die Rettung des Jungen hat diese Geschichte keinen schnurrgeraden Handlungsfaden sondern ist gespickt mit absurdester Verknotungen und Verknüpfungen.
Es erforderte schon einen ungeheuer biegsamen Willen, wenn ein hoch dekorierter Gesetzeshüter innerhalb von einem Jahr auf das Niveau eines schmierigen Privatschnüfflers abrutschte, der für Betrugs und Untreuefälle abonniert war. Denn mitunter ist der Übergang vom glamourösen Penthouse in die schaurige Kanalisation fließend. Und in Bezug auf Denholm Canterlappy war alles noch um ein vielfaches komplizierter, fuhr er doch schon in ruhmreichen Zeiten mindestens zweigleisig. Oder um einen ehemaligen Spießgesellen vom Polizeirevier zu zitieren, der in einem Klatschmagazin-Interview aus dem Nähkästchen geplaudert hatte ,,nun sagen wir Denholm wäre beim Einhalten der Straßenseite nie sonderlich penibel gewesen”.
Und dennoch hatte Canterlappy einige phänomenale Erfolge erzielt, etwa in seinem Frischlingsjahr wo er als Solist das Versteck der berüchtigten Tunnelschauflerbande aushob, die sich wie rauschebärtige Griesgrame in einer Fantasysaga kilometertief unter der Erde eingegraben hatten. Er war schlicht brillant darin Dinge ans Licht zu bringen, die für normalsterbliche Augen niemals sichtbar werden konnten. Und exakt aus diesem Grund hatte die verzweifelte Mutter ihn vor einer Woche kontaktiert. Natürlich hatte er abgelehnt nach dem Jungen zu suchen weil derartige Angelegenheiten nicht länger in sein Metier fallen würden, was nichts weiter als eine stumpfe Ausrede dafür war, seine Lethargie zuzugeben. Er hatte seinen Treibstoff verloren. Wohlgemerkt auf dieser Ebene. Denn kaum rief sein treuester Auftraggeber an spürte er wie die Energie ihn durchströmte.
,,Ts,ts,alter Schmeichler. Kommen wir fix zur Sache. Nachdem meine Schergen monatelang geforstet haben ist es ihnen gestern Abend gelungen aufzudecken wer sich das Kästchen angeeignet hat. Der Name des Besitzers ist,…Esalynne Dvintell.”
,,Aber,schluck, schluck,…das ist ihre eigene Frau Sir.”
,,Ist mir nicht entgangen Canterlappy. Sind sie für den üblichen Preis dabei?”
Der übliche Preis entsprach ungefähr vier Monatsgehältern aus seiner Polizistentätigkeit und sein treuester Auftraggeber war niemand geringeres als Ajarrd Dvintell, der machtgierigste und verabscheuungswürdigste Gangsterboss der die Stadt ,,Tjijanee” kontrollierte.
Und so stand Canterlappy eine Woche nach der Ablehnung von Esalynnes Auftrag in einer pechschwarzen Nacht wieder vor dem prunkvollen Anwesen der Dvintells, ohne zu ahnen in welches Schlamassel er unvermeidbar hineinschlittern würde.
Ja die prächtige Residenz der Familie Dvintell, Hort tausender schmutziger Geheimnisse, wo überall in den Winkeln Leichen lagen wo das Reinigungspersonal strikte Anweisungen hatte das Chaos wie stachliges Gestrüpp wuchern zu lassen. Denholm Canterlappy, der übrigens ein abgeknabbertes Knochengerüst von einem Mann war, nutzte den Ausflug um spontan allerlei Nebenaktivitäten zu frönen. So stellte er etwa den eindrucksvollen Beweis an, das es möglich war zehn schroffe 160-Kilo-Kolosse zu einem wackligen Turm übereinander zu stapeln mehrere Zwölffach-Türschlösser durch sanftes Zuflüstern dazu zu verleiten mit melodiösen Klicken von allein aufzuspringen. Und was nutzte selbst der unverrückbarste Wächter wenn Denholm ihm läppisch vorgaukeln konnte, das er ein Verkäufer von super modischen Lederjacken war oder ein Rudel zerzauster Killerpudel, wenn es sich mit einem simplen Fleischbrocken welcher im Inventar mit einer roten, in einem grobkörnigen Wäldchen gepflückten Blume (oder war es eine gelbe Blume) kombiniert wurde effektiv betäuben ließ.
Doch anstatt über Kameras zu spotten, die sich mit der Sekundarfunktion seiner modifizierten Pistole temporär ausschalten ließen handelte der unmoralische Privatdetektiv nach dem Motto ,,nimm alles mit was nicht niet und nagelfest ist” und so wanderte unter anderem ein vergoldeter Zaun in seine Beutetasche mit unbegrenzter Aufnahmekapazität den er praktisch im Vorbeistreifen mit leichtem Zangeneinsatz auseinanderknipsen konnte. Da sich allerdings nicht mehr genug Sand in der Zeituhr befindet um ausschweifend über jedes amüsante Detail dieser nächtlichen Exkursion zu berichten und etwa auf alberne Nasenbrillenmaskeraden zu sprechen zu kommen betätigen wir lieber rasch die Vorspultaste und eilen zu jenem Schlüsselmoment in dem Denholm auf Esalynne Dvintell traf und diese sich als Schlafwandlerin mit Schnappatmungen entpuppte.
Zum Schluss des stressarmen Nachtspaziergangs durfte Canterlappy ein anspruchloses Schieberätsel knacken, wie sie in mystischen Render-Adventures der Neunziger populär waren.
,,Ein vernünftiger Tresor warihr wohl zu kostspielig wie?” schimpfte er und wechselte gähnend noch einmal die Kleidung, so als wollte er den Nervenkitzel künstlich hochschrauben. ,,Was will er bloß mit so einer Abscheulichkeit? Na egal, was kümmert es mich was dieser Kauz für verschrobene Hobbys pflegt. Hä, was klimpert denn da drin? Klingt wie ein kleiner metallischer Gegenstand. Ein Schlüssel vielleicht?”
Und dann als er sich umdrehte kam Sie auf ihn zugeweht, wie ein Schreckgespenst mit seitlich ausgestreckten Armen, nur ohne wallendes Nachthemd dafür aber mit Schweinenase und es war unmöglich ihr auszuweichen. Nicht weil sie mit solch einer Mordsgeschwindigkeit angesaust kam sondern wegen den hin und her schwingenden Doppelsymbolen der holden Weiblichkeit. Sie erzeugten eine geradezu hypnotische Wirkung und ehe Denholm sich versah, steckte sein spitzes Kinn bereits in der weichen Zwischenmulde fest.
,,Da ist ja die Art von Komplikation, nach der ich mich so sehr gesehnt habe” flüsterte er ironisch und schob sein Kinn auf und ab während die schlafwandelnde Esalynne ihm ein Büschel Haare von der nicht gerade reich bepflanzten Schädelplatte rupfte. ,,Habe ich es etwa mit der Selbstsicherheit übertrieben? Verflucht noch mal jetzt GEH DA RAUS!”
Kaum waren diese peitschenden Worte aus seinem Mund gezischt, spürte der Privatschnüffler auf Abwegen wie Esalynnes Granaten erbarmungslos gegen seine Wangen klatschten.
,,Na immerhin bin ich frei” feierte Canterlappy auf Sparflamme und hastete in Richtung Kellertreppe. Leider kam er allerdings nur klägliche fünf Meter weit weil Mrs Dvintell auch in ihrem verlängerten Rücken Artilleriemunition gebunkert zu haben schien.
,,Halt du Witzfigur!” fauchte sie.,, Wer bist du,…und was soll dieser lächerliche weiße Polyesterseidenanzug. Damit kannst du bei mir keinen Eindruck schinden Dieb.”
An diesem Punkt war Denholms Arroganz auf ein Minimum heruntergeschmolzen.
,,Nein, du bist vermutlich bloß ein einsamer Antiquitätensammler der zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen wollte” zeterte Esalynne.
,,Pah, als ob dieses abscheuliche Ding da irgendeine Kollektion aufwerten könnte” blieb Denholm vorerst offensiv obwohl er absolut zwiegespalten war. Ein Teil von ihm dachte dass sein Kredit erschöpft sei und er diesmal unvermeidlich eingebuchtet werden würde während der andere Teil davon ausging, dass seine einstigen Heldentaten weiterhin genug Gewicht besaßen um Schlimmeres zu verhindern.,, Und bitte wickeln sie sich in irgendein Oberteil ein. Ich werde noch wahnsinnig wenn sie weiterhin mit diesen brachialen Apparaten vor mir herumturnen. Ich hoffe sie haben wenigstens einen Waffenschein dafür.”
,,Hüte deine scharfe Zunge Halunke” bremste Mrs Dvintell den vorlauten Eindringling und ahmte für eine Weile das Bewegungsmuster einer arabischen Bauchtänzerin nach bis zuviel Reizenergie in Denholms Lustkolben gepumpt wurde. Welch ein perfides Ablenkungsmanöver. ,, Ha, und zack ist das kostbare Stück wieder mein. In Ordnung, ich gewähre dir jetzt fünf Minuten um alles brav auszuspucken Freundchen. Und vertrau mir, ich bin sonst nicht für meine Besonnenheit bekannt. Meine Güte bist du ein mickriges Streichholzmännchen und dann noch dieser blamable, knitterfaltenfreie weiße Anzug. An dir ist echt ein Komiker verloren gegangen. ALSO ICH HÖRE! WER HAT DICH MIESEN GAUNER GESCHICKT?”
,,Fünf Minuten? Das waren höchstens dreißig Sekunden.”
,,Na warte, dir werde ich helfen aufsässiger Wurm” donnerte Esalynne und schüttelte ihre großkalibrigen Kanonenkugeln gegen Denholms Schmalspurnase bis ihr selbst ein bisschen schwindelig wurde.,, Mir scheint du genießt das sogar. In Ordnung, kürzen wir die Sache ab. Wenn du dich weigerst kooperativ zu sein werde ich ohne mit den Wimpern zu zucken die Polizei alarmieren. Auch wenn es mir zuwider ist weil diese matschäugigen Trottel mir garantiert wieder einen ausufernden Vortrag über sittenwidriges Benehmen vorgeigen werden.”
,,Weil sie bereits vor Ort ist” flunkerte Canterlappy und kontrollierte ob die Spitze seiner Nase schon die Kellerwand touchierte.,, Gestatten Denholm Canterlappy, Spezialist für das Aufspüren von Dingen oder Menschen die verschollen gegangen sind.”
,,Denholm Canterlappy??? Sie primitiver Wicht sind der berühmte Denholm Canterlappy??? Ich meine wir hatten vor einer Woche telefoniert. Es ging um die Suche nach,…”
,,Ihrem vierzehnjährigen Sohn Bruikk der ohne einen Hinweis verschwunden ist” ergänzte der Privatschnüffler.,,Hören sie Lady, wie wäre es mit folgendem Kompromissvorschlag. Ich kurble noch heute die Suche an und im Gegenzug kaschieren wir diesen,…unerfreulichen Vorfall mit einem dekorativen Tuch. Na wie wäre das?“
Heuchelei ist die Giftnadel die stumpf ist, damit der Mensch nicht spürt wenn er verseucht wird und sein charakterlicher Kern kontinuierlich verfault als wenn er ein Apfel wäre der zu lange im Gras lag weil ihn niemand gewürdigt hatte.
Es ist noch keine vier Monate her, da hatte Esalynne auf dem selben Polizeirevier bei der Erstellung eines Phantombildes geholfen, auf dem Denholm vom niederen Schreibtischpolizisten zum aufrecht gehenden Ermittler avancierte. Ein mürrischer Passant hatte mit einem tiefgekühlten Aal auf einen minderjährigen Kaugummiautomatenknacker eingedroschen, beziehungsweise einmal dessen Rücken getroffen weil der Schlingel wieselflink war. Esalynne flanierte gerade in dieser Gegend umher, weil sie einen frischen Gemüseverkäufer beim Spargel schälen und hinterher beim Durchpflügen seines Bettes unterstützen wollte. Es war allerdings kein Gang den sie öfters unternahm. Darum kam es einem Phänomen gleich, dass der Täter dank ihren präzisen Angaben über jedes winzige Detail bereits zwei Tage später gefasst werden konnte, obwohl er nur als Tourist angereist war um den Aal zu erwerben mit dem Mann einem schwachsinnigen Gerücht zu Folge jede unterkühlte Skandinavierin überrumpeln konnte. Von ihrem eigenen Sohn Bruikk hingegen könnte Mrs Dvintell kein so makelloses Bild zeichnen lassen, geschweige denn eigenhändig eines entwerfen. Er war wie ein Phantom für Sie.
Nach der frivol angehauchten Kellerepisode hockte Denholm Canterlappy auf einem Sofa aus unverfälschtem Nashornleder, schaufelte mit einer Hand fetttriefende Sandwiches in den Rachen und notierte mit der zweiten Hand akribisch jede Information die ihm Esalynne über ihren vermissten Sohn diktierte. Doch keine zehn Minuten darauf konnte er den Notizblock getrost gegen einen vitalisierenden Bananenjogurtshake-Becher eintauschen, denn er hatte gerade mal magere drei Zeilen zusammengetragen, nicht das es ihn an Schreiblust mangelte.
,,Mein Sohn Bruikk ist Vierzehn und etwa 1, 70 m groß” las der Schnüffler ab .,, Er hat nussbraune mittellange Haare und sein Handy hat als Klingelton die Titelmelodie aus dem Horrorklassiker ,,Kürbiszombies Vs Vampirhühner”. Soll das ein Scherz sein Lady? Ist das hier so eine Art Reputationsverlustding? Also entweder sie sind unheimlich zerstreut oder aber sie kennen ihren Sohn gar nicht. Jetzt mal Hand aufs Herz Mrs Dvintell, warum soll ich nach Bruikk suchen? UND HÖREN SIE ENDLICH AUF IHRE KIRCHENGLOCKEN ZU LÄUTEN. DAS IST NÄMLICH DIE REINSTE FOLTER.”
,,Was für eine seltsam dämliche Frage, jede Mutter sollte sich um ihre Kinder sorgen” sagte Esalynne spröde und packte das saftige Kugelobst in eine hässliche Strickjacke aus Alpakaschafswolle.
,,In der Tat das sollten sie” pflichtete ihr Denholm mit einem Hüsteln bei.,, Nun, jedenfalls kommen wir auf diese Art keinen Millimeter voran, weshalb ich jetzt gern Bruikks Zimmer inspizieren würde. Sie werden ja wohl über einen Schlüssel verfügen oder? Es widerstrebt mir nämlich erneut das Gleis zu wechseln.”
,,Hmpf, organisieren sie einfach den bekloppten Schlüssel!”
,,Ich verfüge über keinen” sagte Esalynne mit gedämpfter Stimme, als wenn sie sich wirklich schämen würde.
,,Nix, sie lieben ihren Sohn und jetzt hoppeln sie geschwind davon und beschaffen wenigstens ein neueres Foto von ihm. Ich werde derweilen das Türschloss von den Vorteilen einer Kooperation überzeugen.”
,,Ich glaube mich an ein Bild von seinem neunten Geburtstag zu entsinnen, auf dem er die Visage dieses garstigen Catass Trophee mit Sahnetorte beschmiert hat.”
,,Da, da war schon wieder dieser spöttische Ton aus ihrem Mund. Hüten sie ihr Schandmaul Canterlappy sonst werde ich dafür sorgen dass sie doch elendig im Knast versauern.”
,,Wie erbärmlich, Würden sie mich kennen wüssten sie das solche Drohungen spurlos an mir abtropfen Lady. Und wer zum Kuckuck ist Catass Trophee?”
,,Ach nun stellen sie sich nicht extra dumm. Wer für Ajarrd den Dreck aus den Ritzen wischt müsste ihm zwangsläufig mal in die Quere gekommen sein. Es war doch mein werter Gatte der sie zum Raub des Kästchens angestiftet hat oder?”
,,Ich bin mir keiner Schuld bewusst und außerdem bin ich Mister Dvintell noch nie leibhaftig begegnet. Also?”
,,Na schön, Catass Trophee trägt den Titel eines Bestrafers. Wann immer es sich jemand mit Ajarrd verscherzt mimt er den Boten des Leids. Es kursiert das Gerücht er würde über tausend Methoden kennen um einen Menschen zur Schwelle des Todes zu geleiten. Aber da sie nichts vermasselt haben, brauchen sie ja nichts zu fürchten Mister Canterlappy.”
Da es sich eher kompliziert gestaltete ein revolutionäres Computerspiel der Entführung eines Minderjährigen zu bezichtigen hätte Denholm irgendwann zwangsläufig Sevoire Anche, den leitenden Programmierer von ,,Tarlusar” in die Mangel nehmen müssen. Doch dummerweise, dummerweise für den Aufklärungsprozess hatte dieser längst das Zeitliche gesegnet, als unsere Vorzeigespürnase mit der Visite von Bruikks Zimmer beschäftigt war.
Die erste Person die Anches leblosen Körper fand war seine aktuelle Lebensbegleiterin, die schmucke Opernvisagistin Cadlayne Deromacci als sie am nächsten Morgen in seine Hightech-Villa eindrang und er anstatt auf seiner Bürotastatur herumzuhacken drei Meter darüber baumelte, künstlerisch hochwertig an der Deckenbeleuchtung aufgeknüpft. Seine rechte Hand umklammerte einen kleinen Zettel mit einem achtstelligen Zahlencode.
,,Sei`s drum, bin eh nur wegen den schnöden Klunkern hier” sagte Cadlayne frostig und zückte ihr Taschenmesser während sich ein metallisches Etwas in ihren Rücken stahl.,, Bei all deinen Zwielichten Kontakten hast du einen verfrühten Abgang geradezu heraufbeschwört. Und das, was ist das? Die nächste Nummer in deinem schier endlosen Katalog. 86446871,…hmmm. Oh nein,…ich habe dich gewarnt. Wenn du dieses Monster erschaffst werde ich es rigoros zertrümmern!”
Die wichtigsten Attribute für einen erfolgreichen Schlösserflüsterer sind Penetranz und die Fähigkeit sich regelrecht anzubiedern.
,,Ach bitte, bitte, bitte liebes Schloss spring doch auf.”
Die Imagination von einem sprechenden Schlosses kann nur zum Vorteil gereichen.
,,Ach bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte, bitte liebes Schloss lass mich geschmeidig durch diese Türe schreiten.”
,,Sagen sie Mister Canterlappy was treiben sie da eigentlich???” schürfte Esalynne mit hochgezogenen Augenbrauen.
,,Schtt, stören sie mich jetzt nicht” sagte Denholm grantig.,, Ich bin kurz vor dem Durchbruch,…wobei dies eine günstige Gelegenheit ist Sie darauf hinzuweisen dass Sie noch keinerlei produktiven Beitrag geleistet haben.”
,,Na hören sie mal, diese Frau ist zurzeit gar nicht Herrin all ihrer Sinne” mimte Mrs Dvintell die Gekränkte, doch es hätte nicht im Entferntesten für einen Podiumsplatz gelangt.
,,Oh ja, markieren sie ruhig weiter die angeknackste Mami” stauchte der Schnüffler Sie grimmig guckend zusammen.,, Wissen sie was das hier ist? Das ist die nervenzerfetzende Suche nach dem schwarzen Mann im Dunkeln!”
,,Igitt, welch giftige Wörterschlangen mitunter aus ihrem Mund herausschießen” protestierte Esalynne und plusterte die Backen auf.”
,,Zeigen sie mir mal das Foto aus der steinzeitlichen Kindheit” forderte Canterlappy Sie schief grinsend auf.
,,Ich habe es nicht gefunden” sagte Esalynne kleinlaut.,, Ordnung ist nicht gerade meine,…Paradedisziplin.”
,,Dann sollte ich jetzt wohl so tun als wäre ich enttäuscht. Aber wie könnte Ich je von etwas enttäuscht sein in das Ich zuvor gar kein Quäntchen Hoffnung gesteckt habe? Na bitte, es ist aufgesprungen!!! Einsame Spitze Denholm, du hast echt was auf dem Kasten.”
Für einen Laien auf dem Gebiet der Suche nach verschwundenen Dingen und Menschen hätte sich Bruikks Zufluchtsort als wenig spektakulär erwiesen.
,,Und wie sieht nun ihre Marschroute aus Mister Canterlappy?” bohrte Esalynne sichtbar ungeduldig.
,,Die Inspizierung des Zimmers eines Jungen ist gleichermaßen die Durchleuchtung seines Charakters” behauptete der Detektiv bedeutungsschwanger und griff instinktiv nach einem Aktenordner der nicht beschriftet wurde. Er hatte sich irgendwie zwischen eine Reihe mit Mathematikformelheftern gemogelt und war mit pikanten Fotos vollgestopft, die allesamt aus der niedrigen Position eines bettlägerigen Patienten aufgenommen wurden.,, Kennen sie diese Frau?”
,,Selbstverständlich kenne ich sie” erschrak Esalynne und wenn sie die Spielgeräte zum Bowling nicht permanent ausgepackt hätte wären sie ihr spätestens an dieser Stelle aus der Halterung gerutscht. ,, Das ist Bruikks eitle Klassenlehrerin. Seltsam, liegt der Stachellook unterhalb der Gürtellinie neuerdings wieder im Trend?”
,,Da bin ich der falsche Gesprächspartner” brummte Denholm und holte während er sich vom Regal abwandte zu einem weiteren verbalen Tiefschlag aus.,, Außerdem bin ich mit jeder Minute die vertickt glücklicher darüber, dass ich niemandem über ihre Inkompetenz als Erziehungsberechtigte Bericht erstatten muss. So kann ich einfach ganz persönlich erschüttert darüber sein. Oha, was haben wir denn da drüben kurioses.”
Auf einem Haufen aus Pizzakartons befanden sich einige vergammelte Essensreste die über Monate eine verblüffende Art von Eigenleben entwickelt hatten. Diejenigen Beobachter die mit ihrer Phantasie mindestens eine schwangere Elefantendame über die Spitze eines Kirchturms schubsen konnten, wären Zeugen eines atemberaubenden Schimmeltanzfestivals geworden. Denholm und Esalynne erkannten immerhin einen einsam herumzappelnden Narren aus verdorbenen Salamischeiben.
Das nächste Objekt was die Neugierde des Schnüfflers weckte war ein Poster einer Musikgruppe, deren Häupter hinter riesigen Kaugummiblasen verschwanden.
,,Oh, die sind genial” sprudelte es aus Esalynnes Mund heraus.,, Die erzeugen Tongirlanden allein durch das Kauen dieses ungesunden Zeugs.”
,,Na bravo, immerhin haben wir eine lächerliche Gemeinsamkeit aufgegabelt” sagte Canterlappy genervt.,, Nein, das ist kein Fortschritt. Ich würde das Kribbeln spüren.Wo hat es dich hin verschlagen Bruikk? Warum habe ich das komische Gefühl das du weit, weit von uns entfernt bist. Nanu, was ist denn DAS DA!”
Auf dem Schreibtisch des Vierzehnjährigen ruhte ein mit Buntstiften bemaltes Blatt Papier, treffender formuliert ruhte es unter einer Kinozeitschrift. In verschnörkelter 3D-Schrift war dort zu lesen ,,Lasst mich euch von krümeligen Klötzchen erzählen die zu Meilensteinen wurden und von 99 Level der Selbstfindung.”
,,Aus welcher Quelle stammt diese Zeile?” fragte Denholm aufgeregt und war unsicher ob er sich oder Esalynne ansprach.
,,Na ich schätze das wird aus irgendeinem bescheuerten Film sein, der den Denkapparat einmal umstülpt und kräftig durchschüttelt” versuchte Mrs Dvintell krampfhaft zumindest eine morsche Stützstange zu bieten.
,,Unfug!” schmetterte Canterlappy.,, Ich habe diesen Satz vor Kurzem schon einmal gelesen aber es will mir nicht gelingen mich an die Schublade zu erinnern. Verflixt, wo habe ich diese Information verstaut.”
,,Ist das denn von solch immenser Wichtigkeit” warf Esalynne mit zerknitterter Miene ein.,, Ich meine, vielleicht ist ja auch Bruikks schamlose Lehrerin durchgedreht und hat ihn entführt. Wenn ich den Brisanzgrad dieser schmuddeligen Photos bewerte würde das doch Sinn ergeben. Ich verstehe nicht warum sie,…”
,,UNFUG!” schnauzte Denholm.,, Das Verschwinden ihres Sohnes hat garantiert etwas mit dieser Zeile zu tun. Und wir werden diesen Raum erst verlassen wenn wir die Lösung parat haben.”
,,Nett das sie wenigstens im Plural sprechen” piepste Mrs Dvintell und dann winkte ihr endlich ein günstiger Moment entgegen um den Detektiv wirklich zu unterstützen. Und das ohne zuerst etwas davon zu ahnen. ,, Oh ja.”
,,Mir ist gerade aufgefallen dass die linke Person auf dem Foto neben dem Bandposter dort mein Sohn ist. Sie wollten doch ein aktuelles Bild von ihm in Augenschein nehmen Mr Canterlappy.”
,,In der Tat das war mein Wunsch” sagte der Ermittler und kratzte mit einem Fingernagel über seine Lippen.,, Wer ist denn der Mann neben ihm?”
,,Waaas, den kennen sie nicht” fiel Esalynne fast aus allen Wolken.,, Den kennt doch Jeder. Das ist der Traum aller Schmiegermütter. Sevoire Anche.”
Da war er also. Der lang ersehnte und um ehrlich zu sein einzig förderliche Gedankenanstoß. Freilich war Denholm bei der Zimmerbesichtigung auch Bruikks Computer ins Auge gestochen aber er hütete sich davor nur mit der Idee zu liebäugeln Esalynnes miserables Wissen über ihr Eigen Fleisch und Blut erneut hervorzuheben. In einer Geschichte mit einem stromlinienförmigen Plotfluss hätte die Spürnase in diesem Moment jedenfalls jubiliert. Darüber das endlich ein vernünftiger Anfangsstein gelegt wurde doch anstatt eine Hand in die Höhe zu recken begann Canterlappy plötzlich damit hektisch nach seinem Terminkalender zu fischen.
,,Was ist los sie bemitleidenswerter Winzling, Nervenflattern” stichelte Esalynne.,, Wenn es wegen meinem Mann und diesem Schänder ist, obwohl damit streng genommen beide gemeint sein könnten, kann ich die Flagge der Entwarnung hissen. Sie sind unterwegs zu einer,…Aufmunterung bei einem Kerl der so unhöflich war die letzte Schutzgeldzahlung zu verweigern.”
Ein rascher Blick in das halb zerfledderte Büchlein brachte Gewissheit, woraufhin der nächste Griff zum Handy ging.
,,Das ist es ja” hauchte Canterlappy.,, Wir müssen die weitere Ermittlung auf Morgen verschieben. Wenigstens haben wir nun eine schwache Fährte.”
,,So, so, sie sind also ebenfalls in die Affäre involviert. Passen sie bloß auf das ihr Kopf auf ihrem Hals stecken bleibt. Seine Dienste werden noch benötigt.”
Obwohl er die überwiegenden Geschäfte auf der verkehrten Straßenseite für Ajarrd Dvintell erledigte, hieß das nicht dass er nicht gelegentlich gegen ihn operierte. Wie konnte er nur so vergesslich sein wo er doch bereits alles arrangiert hatte womit er erneut seinem Ruf gerecht wurde. Wer sonst würde in rekordverdächtiger Zeit einen Doppelgänger lokalisieren der bereit war zu sterben weil er dem Irrglauben verfallen war er würde als schimmerndes Einhorn wiedergeboren werden. Denholm musste lediglich den Personenaustausch ungestört einleiten.
Da er ein empfindlicher Weichspüler gewesen war der Trennungen partout nicht akzeptieren konnte, hatte Sevoire Anche von jeder seiner Verflossenen eine Androidenversion konstruieren lassen. Seit dem Einfluss einer Überdosis Science-Fiction war er generell besessen davon alles zu automatisieren weshalb es in seiner Hightechvilla kaum etwas gab das nicht per Fernsteuerung funktionierte.
Ursprünglich sah es der Plan vor die Roboter als originalgetreue Ebenbilder zu den verbrauchten Frauen zu entwickeln, doch bereits am Zeichenbrett waren die Proportionen kräftig vermischt worden. Explizit in Bezug auf die delikaten Lockmittel der Damen und so passierte es, dass im Endstadium der Produktion Pfannendeckel auf einen Spargelkörper geschraubt wurden oder Äpfel und Kürbisse ein munteres Tauschgeschäft eingingen. Der eher schmale Kopf von Miss Deromacci wurde am Ende auf einen Rumpf gepfropft den erstaunliche Heliumballons dominierten und ihre langen dünnen Gräten waren mehr als Knusprigen Rinderhaxen gewichen. Die Frau der beim Anblick derartiger Dreistigkeiten nicht der Schaum des Protests vor den Mund lief, könnte mit ihrer Fassung auch ein Trampolin für grobmotorische Nilpferddamen spendieren.
Die Blecheimervariante näherte sich der biologischen Cadlayne ohne viel Tamtam da ihr kein Programm für heimliche Operationen eingespeist wurde und spielte einen für Sie eher untypischen Begrüßungstext ab.
,,Du solltest dich schämen Schwester” sagte die Roboterin und deutete mit dem Arm auf die Stelle hin, an der der zuvor aufgehängte Sevoire Anche heruntergeklatscht war.,, Hast du vom Prinzen des Charmes nicht genug Liebe empfangen?”
,,Prinz des Charmes, ja das wundert mich nicht dass ein narzistischer Narr wie er euch diesen Blödsinn einprogrammiert hat” lachte die Opernvisagistin als immer mehr Robotermädchen herangleiteten.,, Und eines möchte ich mal doppelt unterstreichen. ICH BIN NICHT EURE SCHWESTER!”
Laut eigener Aussage konnte Catass Trophee mit jedem Teil seines Körpers einen Menschen eliminieren oder zumindest soweit beeinträchtigen dass ein Rollstuhlrowdie mühelos an ihm vorbeipesen könnte. Einmal hatte Ajarrd Dvintell ihn dazu aufgefordert eine Dampfsauna auf zu suchen in dem zwanzig Mitglieder eines feindlichen Clans üble Pläne ausbrüteten. Es dauerte nur den Wimpernschlag einer aufgetakelten Laufsteggans da hatte Catass sie allesamt abserviert, mit nichts weiter als seiner Lebensspenderpumpe mit der er Tonkrüge stemmen konnte. In derSchattensphäre genoss er allerdings in erster Linie den Ruf eines gnadenlosen Zehenquetschers und das nicht aus dem Grund weil er reihenweise Plattfüße erzeugte sondern weil er ungeheure Kräfte in die eigenen Zehen umleiten konnte dass ein zarter Stoß ausreichte um die Lebensspenderpumpe eines Kontrahenten für alle Ewigkeiten still zu legen. Ja dieser Catass Trophee strahlte schon eine unheimliche Bedrohung aus. Und nur allzu selten griff er bei seinen Attentaten auf plumpe Standard-Bleispritzen von der Stange zurück.
Einen winzigen Augenblick bevor der Mörder die Schlinge um seinen Hals knotete, schickte Sevoire noch eine Email an Clayre Deveniack, einer unscheinbaren Greisin die hinter den Kulissen das Tarlusar-Megaprojekt überwachte.
,,Hallo Pfefferminztrüffeltörtchen, ich bin soweit zufrieden mit derBetaversion aber bei der letzten Testphase bin ich auf eine heikle Sache gestoßen. In eine der Kopien hat sich ein Virus eingenistet. Es ist mir schleierhaft wo sein Ursprung liegt. Es betrifft wie angesprochen auch nur eine Kopie die niemals in Umlauf gebracht werden darf wenn wir nicht in Teufelsküche landen wollen. Die Nummer lautet 84,…”
Anche tippte zwar mit der üblichen Schnelligkeit aber mit ungeheuer zittriger Hand so als ob er spürte wie die rauen Pranken des Todes sich seinem Nacken näherten. Es blieb gerade genug Zeit um die abgehackte Nachricht auf den Weg zu schicken.
,,Hast du eigentlich eine Theorie wo die kleine Pestbeule abgetaucht sein könnte?” fragte Ajarrd Dvintell.
,,Ihr Sohn,…ja ich habe eine vage Vermutung” sagte Catass mit dunkler Stimme. ,, Ich schätze es gibt diesbezüglich eine Verbindung mit Tarlusar aber ich gebe zu die Theorie ist noch nicht sonderlich ausgereift.”
,,Tarlusar!!!” horchte der Gangsterboss auf.,, Du sprichst von diesem revolutionären genreumspannenden Computerspiel an dem Sevoire Anche zehn Jahre getüftelt hat oder? Ich meine nicht das dies mein Steckenpferd wäre.”
,,Nun es ist immerhin ein Ansatzpunkt. Verfolge diese Spur Catass und wenn es möglich ist,…lösch nicht mehr als ein Dutzend Menschen dabei aus.”
Ehe Cadlayne die Geschehnisse überhaupt begreifen konnte war sie bereits umzingelt worden. Dreißig Roboter mit mehr oder minder femininen Zügen hatten sie eingeschnürt und zerrten an ihr wie an einer Handtaschenrarität die ein in sich selbst verknallter Modegockel aus der abgezogenen Solarium gebräunten Haut seines schärfsten Konkurrenten hat fertigen lassen. Gut das die mechanischen Zicken im Intimbereich schrecklich schlecht gepolstert waren, beziehungsweise mit gar keinem ausgestattet wurden. Denn dadurch konnte die entzückende Opernvisagistin mit einem rotwürdigen Kniestoß eine von Ihnen in die Knie zwingen und mit einer eleganten Dreiertrittkombination ihre Handlungsfähigkeit zurück gewinnen. Und es kümmerte sie kein Stück was da für eine widerliche Flüssigkeit aus den Atombusenknorpeln heraussprudelte.
,,Bleib stehen du undankbare Ziege” keifte eines der Androidenluder als Miss Deromacci mit einem Saltosprung über sie hinweg gehüpft war, wobei sie ihre Finger wie zwei Pistolen mit unbegrenzter Munition formte. ,, Du konntest mir nie Paroli bieten, ich stand stets auf der obersten Treppenstufe seiner Gunst. Und jetzt sei wenigstens so tapfer und ertrage deine Strafe.”
,,Eine Strafe wofür?” fragte Cadlayne scharfzüngig während sie sich unter der Armschranke eines Roboters hinwegduckte der kurz den Turbo angeschmissen hatte.,, Eigentlich bin ich diejenige die Schmerzensgeld dafür verlangen sollte dass ich es so lange mit diesem trügerischen Charmebolzen ausgehalten habe. Ich hätte nie gedacht das dieser Wahnsinn bereits in einem derart fortgeschrittenen Stadium wäre. Aber hey, warum deswegen streiten. Von mir aus zankt euch doch darum wer in seiner Rangliste am höchsten thronte. Ich positioniere mich freiwillig im Erdgeschoss und schnapp mir nun völlig entspannt den Schmuck MIT DEM ER MICH ÜBERHÄUFT HATTE.”
,,Vergiss es, mit dieser Tour beißt du bei uns auf Granit Schwester.”
,,Oje, welch sinnlose Zerstörungswut steht diesen klapprigen Damen bevor. Traurig, traurig. Aber am Ende kriege ich immer das was ich begehrt habe. Und trotzdem mag ich gar nicht daran denken wie viele hundert Stunden in eure Entwicklung geflossen sein müssen und wie viele ermattete Techniker ihre Liebsten vertrösten mussten. Oh, bevor ich euch säuberlich auseinandernehme wüsste ich noch gern was es mit der Zahlenreihe 86446871 auf sich hat.”
Diejenige die prinzipiell darüber bescheit wusste wo Bruikk Dvintell steckte, war die fleißige Schülerin Rhodina Vercyne, die intellektuell zehn bis 15 Jahre übersprungen und ihre gesamte spätere Laufbahn bereits wie ein Eisenbahnmodell gestaltet hatte.
Untröstlicherweise, untröstlicherweise für den gefangenen Jungen, konnte sie sich die Worte die sie von ihm aufschnappte aber nicht zusammenreimen. Er streifte Sie auf ihrem Schulweg und sie nahm es verwirrt zur Kenntnis. Er hatte sie schon des Öfteren passiert aber niemals eine Stunde vor Unterrichtsbeginn.
Rhodina übte eine große Faszination auf Bruikk aus. Nicht weil sie außerordentlich hübsch war sondern weil sie dieselbe Frisur präferierte wie eine gewisse Prinzessin, die in einer berühmten Videospielreihe andauernd verschleppt wurde. Nun zumindest begründete er ihre Anziehungskraft damit und reduzierte stets sein Schritttempo wenn er sie von weitem erspähte. Ihre glatte honigblonde Mähne war nicht weniger auffällig wie die Haarpracht der herumwirbelnden Löwen bei Kung-Fu-Festivals.
Für Jemanden der in der Materie nicht bewandert war klangen die Worte die sie aufsaugte bloß wie das unerträgliche Gebrabbel ihrer infantilen Klassenkameraden. Aber sie kannte niemanden der solch eine Euphorie mit seiner puren Stimme transportieren konnte wie Bruikk Dvintell.
,,Ha, wer hätte annehmen können dass der Daddelmogler 5200 zwei Tage vorher im Briefkasten liegen würde. Mann werden diese Troglodyten verdattert gucken wenn sie erfahren dass ich in Level 4 ,,Tanz der Elemente” schon heimisch geworden bin. Ich schätze ich werde das Eisvolk wählen weil ich dieses komplett verinnerlicht habe. Und dann wird der Yetihäuptling die Lawine reiten ha, ha. Ein Hoch auf Kopie 86446871.”
Das einzige worauf Rhodina spekulieren konnte, war das Bruikk beabsichtigte in irgendeinem Spiel zu betrügen aber ihr fehlte jegliches Wissen in der Thematik um die Möglichkeiten auf Karten, Brett oder andereStrömungen einzuschränken. In ihrer Klasse quatschten die Jungs gerade über ein Rollenspiel aber wer mit spätestens Zwanzig eine Fernsehshow für ein Millionenpublikum moderieren wollte konnte es sich nicht leisten auch nur einen Millimeter vom vordefinierten Kurs abzudriften.
Es wurde richtig heftig, wie auf dem Polterabend der nach so manchen Flitterwochen folgte nur mit weitaus mehr Schrott welcher durch die Gegend schwirrte. Die Roboterzicken mochte optisch der Knüller sein aber das Material aus dem sie geschaffen wurden hätte nicht minderwertiger sein können.
Trotzdem waren die metallischen Furien extrem wehrhaft und besaßen ein imposantes Repertoire an Waffensystemen inklusive Laserbündelgeschützen, Neonnebelgranaten, elektrisch betriebenen Klingenwerkzeugen sowie Flammendrüsen an den Gesäßplatten. Cadlayne Derommacci musste knöcheltief in die Kiste der Verteidigungskunst greifen um die Oberhand zu behalten und glich hinterher einer Mutter die der fiesen Batteriesäurenattacke aus der Plastikspinne ihres Sohnes zum Opfer gefallen war. Mit besudelter Bluse und einer vierzig Zentimeter langen Brandnarbe kehrte sie Sevoires Hightech-Villa den Rücken zu.
,,Ich kann den Triumph kaum auskosten” tropfte es aus ihrem Mund heraus.,, Vielleicht hätte ich doch versuchen sollen die ein oder andere Münze aus seinem verdorbenen Leib heraus zu quetschen. Auf diese Weise ist es keine Genugtuung.”
Der Faktor Zufall kann mitunter die seltsamsten Begegnungen erzeugen und so ereignete es sich dass Cadlayne Deromacci Rhodina Vercyne auf ihrem nächsten Schulweg traf. Ermöglicht wurde dies durch einen geistig abwesenden Knirps mit Stachelfrisur der die Leiter anrempelte auf der ein alter, korpulenter Anstreicher mit einem Bottich blauer Farbe hantierte. Der Stöpsel raste geradezu über den Gehweg und registrierte es zunächst gar nicht dass sein spitzes Haar unfreiwillig colouriert worden war weil sich während des Geschwindigkeitsrausches ein Schwall der blauen Farbe über ihm ergossen hatte. Erst als er an seinem bevorzugten Spielzeugladen vorbeijagte fiel es ihm auf woraufhin er vor Schreck an einer Werbetafel für Gorillabarbies hinaufflitzte und einen Salto rückwärts vollführte.
Durch die Kollision geriet die Malerleiter gefährlich ins Wanken, bis sie schließlich seitlich auf den Gehweg krachte und dem wuchtigen Handwerker einen Klumpfuß bescherte. Just in diesem Moment schlenderten Cadlayne und Rhodina aufeinander zu.
,,Oh wie mich diese Unwissenheit quält” jammerte die Opernvisagistin während sie ununterbrochen mit dem Nummernzettel wedelte. Dann geriet der sich vor Schmerzen krümmende Pinselschwinger in ihren Fokus und sie stoppte kurz um ihn mit einem Ruck hoch zuhieven. Dadurch konnte die wie ein artistisches Äffchen über die Leiter gehopste Rhodina einen exzellenten Blick auf das Papierstück werfen.
,,Nanu, das ist doch die Zahlenreihe von der Bruikk gemurmelt hat” sagte die Schülerin woraufhin Cadlayne ihr unangenehm auf die Pelle rückte.
,,Ups, verzeih” entschuldigte sie sich sogleich.,, Ich wollte dich nicht verängstigen junge Dame aber mir ist eben zu Ohren gekommen dass du etwas über die Bedeutung dieser Nummer weist.”
,,Ne, das ist eine übertriebene Schlussfolgerung” sagte Rhodina gelassen.,, Ich kenne lediglich einen Jungen der neulich etwas darüber gefaselt hat. Obwohl kennen auch irgendwie unzutreffend ist. Es ist nur so dass sich unsere Wege seit dieser Begegnung nie wieder gekreuzt haben. ”
,,Kannst du dich denn noch daran erinnern was der Junge explizit gemurmelt hat” zerberstete Cadlayne beinah vor Aufregung.,, Es wäre unheimlich wichtig.”
,,Tut mir leid aber das war nur wirres Gefasel das nicht für Ohren wie die meinen bestimmt war” sagte Rhodina sichtlich enttäuscht.,, Das einzige was ich noch abrufen kann ist dass Bruikk, so lautet der Name des Jungen anscheinend bei irgendeinem Spiel drei oder vier Level überspringen wollte.”
,,Ein Cheater also” sagte Cadlayne strahlend.,, Danke junge Dame, du kannst dir nicht ausmalen wie sehr du gerade Schmieröl ins Gedächtnis dieser begriffsstutzigen Kuh gespritzt hast. Dieser Junge, dieser Bruikk,..”
,,In,…Tarlusar” sagte Rhodina und zuckte mit den Achseln.
Welch ein Katzenjammer. Hätte er nicht gehumpelt, wäre auch Denholm Canterlappy in den Genuss dieses höchst erhellenden Dialogs gekommen. Nein die Operation Personenaustausch war alles andere als glimpflich für ihn verlaufen. Der Profit rangiert vor allem. Vielleicht sollte er diese Devise allmählich gepflegt über den Haufen schmeißen.
,,Da ist doch bescheuert, bescheuert, bescheuert” torpedierte sich der Detektiv selbst, während er wieder auf das luxuriöse Domizil der Dvintells zusteuerte. Er war in das Kostüm eines schmierigen Börsenhechts mit Schmalzlocke gehüllt.,, Wenn dieser Grobian mich noch einmal erwischt wird er mich vermutlich häuten wie ein glitschiger Karpfen. Verflixt! Ich muss diesen Bruikk schleunigst aufspüren. Nun führt wohl kein Weg mehr an seinem Computer vorbei. Nur das mir wahrscheinlich irgendein beschwipster Schankwirt eher das Passwort verraten könnte als diese miserable Schnepfe. Wenn ich mich nur darauf verlassen könnte dass die lieben Exkollegen noch einmal beide Augen zukneifen. Oje Den, wo bist du da nur hineingeraten. Wenn dieses Schlamassel vorbei ist werde ich mich rehabilitieren. Die Penthouseetage ist nicht endgültig verbarrikadiert. Brrr, welch eine schleimige Form von Zwangsoptimismus.”
,,Schick, sind sie inzwischen unter die seriösen Aktienspekulanten gegangen?” mokierte sich eine überraschend zugeknöpfte Esalynne als Denholm erneut in Bruikks Refugium vor ihr aufkreuzte.
,,Ich befinde mich im Tarnmodus” sagte Canterlappy humorlos.,, Und, mit welchem wertvollen Beitrag können sie heute glänzen.”
,,Sind sie in Eile, ist wohlmöglich der achthörnige Teufel hinter ihnen her?” zog ihn Mrs Dvintell weiter auf.,, Ihr Bein sieht jedenfalls schlecht aus. Ich rate ihnen in Zukunft verstärkter darauf zu achten auf welcher Straßenseite sie wandeln.”
,,In Ordnung, ich denke ich kann den stechenden Schmerz für eine Weile verdrängen und den Tag rekonstruieren an dem Bruikk von der Bildfläche kippte”.
,,, Potzblitz, das würden sie wirklich für mich tun.”
,,Schluss mit diesem garstigen Sarkasmus. Sonst verbiete ich ihnen meine Melonen je wieder anzufassen.”
,,Pah, als wenn mich irgendwelches Obst zum Geifern bringen würde das schon jeder Gossenvagabund angegrabbelt haben dürfte. Ach übrigens, was entriegelt dieser Schlüssel denn nun konkret?”
,,Netter Versuch, doch Dieses Thema bleibt für dich tabu unverfrorener Dieb” blockte Esalynne ab.,, Das ich mich überhaupt auf eine Kooperation mit einem solch dubiosen Subjekt eingelassen habe.”
,,Ha, ha,…Kooperation,…der Witz hat seine Pointe nicht verfehlt” kringelte sich der flexible Schnüffler.,, Na dann legen sie mal los Supermutti, ich werde gebannt lauschen.”
,,Fein, aber ich würde es begrüßen wenn sie dabei mich betrachten anstatt wie hypnotisiert auf diesen Computer zu starren.”
Oje, also darauf konnte Sie wirklich getrost verzichten. Wie war ihr diese schamlose Selbstdarstellerin nur auf die Schliche gekommen, wo Rhodina auf dem Schulhof nicht mal zu ihm rübergeblinzelt und stets einen gesunden Sicherheitsabstand gewahrt hatte. Und trotzdem war Bruikks freizügige Klassenlehrerin in der Mittagspause gezielt auf Sie zumarschiert und hatte ihr den gesamten Batzen an angestauten Aufgabenzetteln und Hausaufgabenanweisungen untergejubelt.
Inzwischen war Rhodina dank einer ausgiebigen Recherche glänzend über Tarlusar informiert und dabei zudem über mehrere Artikel gestolpert in denen Erzrivalen von Sevoire die angeblich immense manipulative Bedrohung anprangerten die von dem Computerspiel-Mammutprojekt ausging. Ihr Interesse für die Thematik war dadurch zwar nicht exzessiv angestiegen aber dafür war die Neugierde was mit Bruikk passiert war ins Unermessliche angewachsen.
Das Mädchen beschloss es schnell hinter sich zu bringen. Einfach klingeln, das Arbeitsmaterial abgeben und hurtig das Weite suchen. Zumindest lautete so der strategische Plan. Wie hätte sie damit rechnen können dass die Dvintells einen Butler beschäftigten der sich selbst die Augen ausgestochen hatte weil er das Elend nicht weiter ertragen konnte.
Wer ihn bei einer Beschattung unter die Lupe nahm, würde nie annehmen zu welch brutaler Effizienz Catass Trophee in der Lage war. Denn obwohl er keinerlei Eignungspotential als Spion vorweisen konnte und stets mit seinem Hang zu Gewaltexzessen in Konflikt geriet, war es praktisch unmöglich ihn abzuschütteln. Das lag vor allem daran dass er seine Auffälligkeit mit dem Talent kompensierte als krudes Objekt mit der jeweiligen Umgebungskulisse zu verschmelzen, sobald sich die verfolgte Person umdrehte, etwa dann wenn Catass mal wieder einem Passanten versehentlich die Füße geplättet hatte oder sich ein besonders langer Schwanenhals für den spontanen Einsatz der frisch entwickelten Ätzpulverpuste anbot.
Catass Trophee ähnelte optisch frappierend einem Steinklotz aus dem die ägyptischen Sklaven einst die Pyramiden konstruierten. Er war ungefähr so groß wie breit und kein Glibberpudding-Model sondern ein Brocken mit extrem scharfen Kanten. Und nicht zu vergessen sein ebenfalls klotziges Gesicht auf dem rund um die Uhr nur eine Sendung lief. Ein Kammerspiel fern jedweder Emotion.
Obwohl Ajarrd Dvintell ihn dazu aufgefordert hatte während der Verfolgung von Denholm keine Leichenberge anzuhäufen, trug Catass auch Heute einen langen dunkelbraunen Ledermantel dessen Saum über den Gehweg schleifte. Das Kleidungsstück bot all den absonderlichen Tötungsinstrumenten Unterschlupf, die Trophee konzipiert und eigenhändig zusammengebastelt hatte.
Wie überaus paradox. Während der Demontierung der Robotermädels, wo Sie wie entfesselt auftrumpfte, hatte Cadlayne ihren Aggressionen freien Lauf gelassen doch hinterher wurde Sie von einem anderen Gefühl beherrscht. Der Bitterkeit darüber Sevoire nicht zurechtstutzen zu können. Sie hatte sein visionäres Schaffen immer honoriert und irgendwann den Zeitpunkt versäumt ihn darauf hinzuweisen dass seine Passion der reinen Profitgier gewichen war. Es war alles zu gigantisch geworden um noch von einem Mann gestemmt zu werden, denn außer Claire Deveniack, der loyalen Greisin die wie eine Schneeeule über Tarlusar kreiste hatte Anche ein zu geringes Vertrauen besessen um zusätzliche Partner einzuspannen. Frei nach dem Motto ,,Verlass dich lieber auf dich selbst oder du bist verlassen.”
Mittlerweile war Cadlaynes Emotionalität auf Zorn umgeschwungen. Als ihr Sevoire damals von seiner Wahnsinnsidee vorschwärmte hatte sie keinerlei Vorstellungen was für ein Ungetüm er da erschaffen wollte aber nun realisierte Sie das er nie wirklich greifbar für Sie war.
Von der Nachricht über den verschollenen Bruikk gelenkt hatte die schnuckelige Opernvisagistin mittlerweile selbst eine Startedition von Tarlusar ergattert und flugs ein individuelles Profil erstellt. Im Gegensatz zu Bruikk war es ihr vergönnt mit einem Mogelprogramm in einen der leicht fortgeschrittenen Level zu teleportieren, weshalb sie ganz Vorne startete und folgenden Text angezeigt bekam.
In Level 1 ,,Das Banner der Sonnenvogel-Garnision”, übernimmt der Spieler die Rolle des verträumten Knechtes eines hochrangigen Ritters. Sein Meister hat ihm aufgetragen eine stumpf gewordene Schwertklinge bei einem Schmied abzuliefern, der wie ein Einsiedler auf einem fernen Hügel haust.. Der Auftrag ist ein Klacks und rechtfertigt eigentlich gar keinen schlauchenden Reiseweg von über drei Stunden. Doch der Untergebene des Ritters, der brisanterweise blutsverwandt mit dem Regenten ist bleibt frohen Mutes. Wenn er Fersengeld gab dürfte er rechtzeitig zurück sein um sich an knusprigem Roggenbrot und knackiger Gewürzwurst zu laben. Und in der Tat verläuft die Rückreise ohne unangenehme Zwischenfälle die eine Notierung wert wären. Auf etwa der Mittelstreckenetappe gerät der Jüngling an einen Zwielichten Krämer der ihm irgendein Gebräu zur Linderung des grassierenden Kartoffelhautviruses aufschwatzen möchte und gegen Ende stößt er auf einen ungeschickten Gaukler der seine Verbindung zum royalen Blechmann ausnutzen will, um einen Galaauftritt bei Hofe zu erschleichen. Nichts also um sich ernsthaft den Schädel zermartern zu müssen.
Als er in seiner Kammer einkehrt kann der Bursche schon die Köstlichkeiten erschnuppern, die eine der Mägde vor kurzem aus dem Ofen geschoben hatte. Nun noch geschwind dem Meister Bericht erstatten und dann kann zünftig geschlemmt werden, denkt der Jüngling voller Wonne und schleckt mit der Zunge über seinen Mund kurz bevor er mit schockstarrer Miene konstatieren muss, dass lediglich die kostbare silberne Rüstung in dem Gemach vorgefunden werden kann. Und auf dem Helmvisier wurde ein Pergament mit der rätselhaften Nachricht ,,Zwischen Löwe und Rabe, weit, weit im Norden im Bauch der St Augustine III” abgelegt. Eine genauere, zwanzig Minuten andauernde Überprüfung ergibt, dass zudem auch von Estralia dem Lieblingsross des Ritters sowie von seinem Sonnenschein Lady Sevardisse jegliche Spur fehlt. Der Spieler beginnt das Abenteuer unmittelbar vor dem Stalleingang.. Ziel des Levels ist es innerhalb von zwei Wochen die zwei verschwundenen Personen und das Nutztier aufzuspüren und den Weg eines künftigen Verteidiger des Königs für den Knecht zu ebnen.
,,Und,…wo ist eine grobe Karte der Umgebung?” äußerte eine sichtlich konfuse Cadlayne.,, Das ist ja nichts weiter als eine dröge Textwüste. Wollteer uns zurück in die Steinzeit lotsen?”
Doch nach einer Weile des Kopfkratzens gab Sie sich einen Ruck und tippte die Befehlszeile ,, Betrete den Stall” ein woraufhin ein neuer Erklärungstext über den Bildschirm flimmerte.
Entgegen seiner üblichen Mentalität bewahrt der Knecht die Fassung und lässt seinen Blick umherschweifen. Genau wie der Meister ihn für den Ernstfall instruierte. Nicht das er ein solches Ereignis prophezeit hatte.
Geduldig tastet der Ermittler wider Willen jeden Winkel des Stall ab, lässt seinen Blick immer eine Weile verharren bevor er zum nächsten relevanten Element weiter wandert.. Am Ende folgt unbändiges Kopfschütteln. Egal wo er hinschaute wirkte der Stall wie unberührt.. Die verbliebenen Rösser hängen mit den Mäulern über ihrem Futtertrog oder wiehern vergnügt. Kein Blutstropfen hat das Stroh benetzt und die einzigen Fußspuren die in die Erde gestampft wurden stammen von den Stiefeln des Pflegers, der im Zentrum steht. Und es flackert keinerlei Panik in seinen Augen auf.. Wenn der Knecht hier Hinweise sammeln wollte, würde er sie nicht von der Oberfläche schaben können..
,,Welch ein Quatsch” leugnete Cadlayne die Tatsache dass das Tarlusarfieber Sie zunehmend mehr infizierte und gab flott die nächste Anweisung ein.
Der Knecht steckt seine Hände in das Stroh und gräbt eine Furche hinein. Allmählich steigt latente Verzweiflung in ihm auf. Wenn er nicht bald einer klaren Spur nachgehen könnte, würde er wahrscheinlich bald aus der Burg verbannt werden und sein Traum irgendwann in den Stand eines Ritters gehoben zu werden zerplatzen wie eine Seifenblase. Hätte der Meister es nicht vehement vereitelt und damit auch den eigenen Status gefährdet wäre der Jüngling schon lange wie ein flohverseuchter Köter verscheucht worden. Eine Familie die in Gaunerkreisen alles andere als ein unbeschriebenes Blatt war stellte keine günstige Eintrittskarte für das Leben das er anstrebte da.
Anscheinend hatte der Pfleger immer noch keine geeignete Methode entwickelt um dieses Ungeziefer vom Stall fern zu halten.. Anders als in der Burg wo der königliche Alchemist die quiekenden Biester seit Monaten erfolgreich zurückdrängen konnte. Leider war es um seinen Schlaf eher schlecht bestellt und sein Sold entsprach dem einer ordinären Zofe. Der Geiz des despotischen Regenten der seine Schatzkammer bald ausdehnen müsste würde das Reich längerfristig in den Ruin treiben.
Zuerst wirkte der Übeltäter wie ein gewöhnlicher krabbelnder Käsegourmet.. Ein ziemlich molliges graues Wesen mit messerscharfen Zähnen und einem glatten Regenwurm am Rumpfende. Erst eine ausgiebige Analyse förderte die dezenten Unterschiede zu Tage. Eine Analyse die erst durch die ungemein ruppige Brummschädelattacke mit einer rauen Pferdebürste ermöglicht wurde.
Der Knecht hob den wehrlosen Nager wie ein Forschungsobjekt zum Herumexperimentieren hoch und beäugte die Schnurrhaare die nicht wie üblich geschmeidig sondern borstig waren. Die zweite Seltsamkeit war ein eingeklapptes Zangenwerkzeug an einer der Vorderpfoten und zu guter letzt gab es einen roten Längstreifen zu entdecken der kaum sichtbar unter einer dicht bewachsenen Zottelhaarschicht hervorlugte.
Spätestens bei der Eingabe des nächsten Kommandos war eine künstliche Motivation nicht weiter notwendig. Das in diesem Moment ihr Telefon schrillte weil ein Opernveranstalter Sie in eine Show einbinden wollte an der Nationen von drei Kontinenten partizipierten ignorierte die Maskenbildnerin völlig.
Eine solche Maus hatte der wissbegierige Diener nie zuvor zu Gesicht bekommen. Auch nicht in irgend einem verstaubten Wälzer im Archiv der königlichen Bibliothek, was ihn zu der Theorie führte dass der oder die Entführer aus einem fremden Land stammten und den Quieker irgendwie eingeschleust hatten.
Als wenn er konkret wusste wonach er tasten musste, strich der Jüngling mit den Fingern am Boden entlang und stieß alsbald auf eine Metallöffnung vom Durchmesser einer Regenrinne, die raffiniert im Stroh verborgen war. War dies der Einstiegsschacht zu einem unterirdischen Röhrensystem?
,,Verlasse den Stall und laufe vor das Burgtor” diktierte Cadlayne.
Mit einer Schwadron wildester Gedanken die durch seinen Kopf rauscht, stapft der Untergebene auf das Metallgitterkonstrukt zu, dass Bauern und den Adel trennt.. Zwei dick gepanzerte Recken stehen in strammer Haltung davor und haben wie alle anwesenden Leute nichts von irgendwelchen Eindringlingen bemerkt.. Doch selbstverständlich waren die Vermissten inzwischen zu dem Gesprächsthema schlechthin geworden, weshalb es niederen Rängen vorerst verboten wurde durch das Tor in die Festung zu schreiten. Das gemeine Volk nannte den Ritter nicht nur den Schutzpatron sondern auch das pochende Herz der Burgstadt. Darum hatten alle die Türen und Fenster ihrer Hütten im Nu verriegelt nachdem die schlechte Kunde in Umlauf gebracht wurde..
,,Scheibenkleister” schimpfte Cadlayne.,, Er muss zwingend in das Gemach dieses Sonnenscheins und in das Quartier des Meisters um meinen Verdacht bekräftigen zu können. ,,Begib dich zum rechten Rand.”
Die Festung ist in eine schroffe Gebirgskette eingefügt worden, wie ein Juweledelstein in ein Schmuckcollier. Ein schmaler Pfad schlängelt sich hinter dem trutzigen Mauerwerk entlang, zu eng und uneben für einen Ritter in massivem Kettengewand aber breit genug für einen Halbwüchsigen oder einen Menschen von hoher Eleganz und einem guten Gleichgewichtsvermögen.
,,Begib dich auf den Pfad” trieb Cadlayne den Jüngling an.
Der Knecht streckt das vordere Bein aus und prüft den Untergrund auf seinen Rutschfaktor, da bellt ihm schon die erste Wache ins Ohr, er möge sich doch zu den Hütten der Bauern zurückziehen bis der königliche Inspektor seine Untersuchungen abgeschlossen hat.. Der Knecht vermutet dass sich selbiger gegenwärtig in den Gemächern seines Meisters oder seiner Liebsten Lady Sevardisse aufhält. Er würde sich wohl oder übel bis zum Einbruch der Nacht gedulden müssen.
,,Wie überaus überraschend” kommentierte Cadlayne ironisch als ihre Gedankenfabrik einen genialen Einfall produzierte.,, So Sevoire, dann schauen wir mal wie weitsichtig du voraus geplant hast. Geh zu den Hütten der Bauern und verwickle einen von ihnen in ein unverbindliches Gespräch.”
Unser Held in spe mischt sich unter die Farmleute die sich vor ihren spartanischen Behausungen tummeln. Einige zupfen an den Saiten ihrer Leierinstrumente aber die meisten füllen knackige Gurken oder gut gediehene Kürbisse von Ochsenkarren in leichter zu transportierende Flechtkörbe um. Der Knecht schaut dem munteren Treiben ein paar Minuten fasziniert zu ehe er die Konversation mit einem der Erntehelfer eröffnet..
,,Habt ihr noch Bedarf für Jemanden der kräftig mit anpacken kann?” fragte er höflich.
,,Es wäre nicht übel wenn du ein wenig Zeit entbehren kannst” sagte der Pflücker gestresst und tupft mit einem Stofflappen über die schweißtriefende Stirn,, Unsere Majestät hat unbedingt nach Kürbissuppe und Weizenbrötchen für heute Abend verlangt. Danach lassen die Wachen niemanden von unserer Zunft mehr in die Festung bis der Chefermittler die Spurensuche abgehakt hat. Schnapp dir einen Korb aber rechne nicht mit einer fürstlichen Belohnung.”
,,Die Bezahlung ist mir gleichgültig” ließ der Knecht trocken verlauten.,, Ich möchte euch lediglich bei der Warenlieferung begleiten. Habt ihr noch solch eine weiße Kutte mit Kapuze über?”
,,Kompliment, deine letzte Schöpfung scheint wirklich ausgereift zu sein du Mistkerl” staunte Cadlayne.,,Hülle dich in die Kapuzenkutte.”
Die Bauernschar bietet das ideale Tarnfeld um ohne weitere Zeit zu vergeuden in den Innenhof vorzurücken.. Die hüftsteifen Wachen am Tor spotten bloß über die unkomfortable Armtechnik mit der der Knecht den Behälter trägt . Aufgrund des schmächtigen Oberkörpers hat der Jüngling keine gute Spannung und lässt den Flechtkorb nach einigen Metern fast über den Boden schleifen.. Identifiziert wird er dank der überzeugenden Verkleidung trotzdem nicht und als die Bauernkolonne Kurs auf das Warenlager des Königs nimmt trennt er sich von ihr. Von einer efeuumrankten Säule tüftelt er die weiteren Schritte aus..
,,Verfügt der Knecht über zusätzliche Kontakte in der Festung?” stocherte Cadlayne
Seit der Ernennung zum Diener des gerühmten Ritters hatte der junge Mann es eher vermieden im großen Stile Freundschaftsbande zu schließen. Von den anderen unterprivilegierten Dienstkräften hatte er, mit Ausnahme von ein, zwei Mägden welche die Hauptspeisen zubereiteten nicht einmal den Namen gelernt. und die einzige nennenswerte Bekanntschaft pflegte er ausgerechnet zum Alchemisten des Regenten, einem verschrobenen Greis mit krummen Rücken und zerzaustem Schopf..
,,Wo befindet sich das Alchemistenlabor?” forschte Cadlayne weiter.
Der Arbeitsplatz des Kauzes der tagein, tagaus damit verbrachte die abenteuerlichsten Zutaten, darunter welche mit verblüffender Rhetorik und Intelligenz zusammen zu panschten um den wählerischen Tyrannenherrscher mit immer neuen Wundermitteln zu überzeugen seinen eingeschränkten Bleibestatus auszudehnen, liegt drei Ebenen unter der Küche, in einer Kammer in der früher mal eine Brauanlage installiert war.
Als der Knecht des scheinbar entführten Ritters den Rücken von der pflanzenüberwucherten Säule löste, kam Cadlayne aus dem Staunen nicht mehr heraus denn wo eben nichts weiter als trockener Textbrei auf den Bildschirm geklatscht wurde erschien von einer zur nächsten Sekunde eine wenig aufwändige Visualisierung des Innenhofs der Bastion, inklusive der Laufroutinen jeder Patrouille. Außerdem tauchten unterhalb der Abbildung eine Reihe von Verben auf, die die Steuerung der Spielfigur simplifizierten. Mit einem Mal war es überflüssig Sätze in die Kommandozeile einzutippen. Stattdessen wurde eines der Befehlwörter ausgewählt und mit einem Objekt im Handlungsfenster kombiniert.
,,Hm, das erleichtert diese Mission ungemein. Klick, klick, klick.”
Wie ein gewiefter Meuchelmörder huschte der Knecht an den Wachen vorbei. Hier und da verharrte er im Schutze von Trümmerrelikten die von einer epischen Schlacht her zeugten oder kauerte sich hinter kunstvoll gravierte Blumenkästen bis der Weg wirklich frei war, um virtuos durch den Torbogen zu gleiten hinter dem sich die Küche der Festung befand.. Er vergoss keine Schweißperle dabei und Im Innenbereich war die Chance irgendwelche Aufmerksamkeit zu erregen geradezu läppisch, da das Kochpersonal kollektiv damit beschäftigt war die kulinarischen Extrawünsche des Sie unterdrückenden Throninhabers zu erfüllen..
Als der Knecht schließlich das Labor betrat. wurde er vom Alchemisten heftig getadelt denn. der alte Zausel hatte eine ganz eigene Vorstellung von Motivation.
,,Warum hast du wieder getrödelt Junge?” rügte er. ihn.
,,Ich war erst zur Spurensuche im Stall.” erklärte der Diener.
,,Das war der königliche Inspektor auch. Du hättest die Informationen ebenso locker aus seiner Manteltasche stibitzen können.. Selbst wenn er nicht begreift was hier gespielt wird muss man ihm eine gewisse Akkuratesse attestieren.”
,,Um ehrlich zu sein habe ich ebenfalls kaum Durchblick.. Es sind alles bloß loseTeile ohne Zusammenhang.”
,,Auf welche Merkwürdigkeiten bist du denn im Stall gestoßen?”
,,Anscheinend wurde das getreue Reittier meines Herrn ohne Gewalteinwirkung aus dem Gatter entfernt.. Der Pfleger war zwar anwesend, wirkte aber reichlich apathisch. Fast wie hypnotisiert. Im Stroh entdeckte ich eine Maus mit ungewöhnlich borstigen Schnurhaaren, einem eingeklappten Zangenwerkzeug an einer der Vorderpfoten sowie einem roten Querstreifen auf dem Rücken. Und zum Schluss ertastete ich beim Durchwühlen des Strohs einen engen Einstiegsschacht zu einem spekulativen Röhrenkomplex, in den sich nur ein Geschöpf von maximal wollknäuelhafter Größe zwängen kann.. Ich möchte überprüfen ob in den Quartieren des Herren und der Herrin ebenfalls solche geheimen Zugänge vorhanden sind.”
,,Eine Maus mit eigenartiger Rückenmusterung und sehr dicken Schnurrhaaren” wiederholte der Alchemist in Grüblerpose.,, Hast du eines dieser Haare dabei mein Junge?”
,,Hm,…ja das hatte ich vermutet” brummte der Alchemist.,
,,Dieser Nager ist nicht in den Gefilden unseres Landes beheimatet. Bist du bereit weit, weit in den Norden zu wandern um die Vermissten zurückzubringen mein Junge?”
,,Ich habe keine Wahl wenn aus mir noch etwas werden soll.”
,,Alles begann damit, dass Bruikk zwei Stunden vor dem ersten Glockenläuten Cornflakes in den Rachen schaufelte und wenn eine besorgte Mutter da nicht stutzig werden würde wann dann?” legte Esalynne mit dem Bericht los, ließ ihren Redefluss aber sogleich versiegen weil Denholm wie meschugge im Zimmer des Vermissten herumtigerte. ,,Ich muss das nicht tun MISTER CANTERLAPPY!” keifte Sie.
,,Pardon, es ist diese lähmende Passivität” sagte der Detektiv spröde, während er den Blick nicht vom Computer lösen konnte. Er haftete förmlich dort fest wie schmarotzerische Fliegen an einem Wurstbrötchen .,, Ich möchte optimistisch loslaufen aber mit Ketten an den Beinen ist das entsetzlich schwierig.”
,,Und mit Nagelspitzen die in den Füßen stecken” fügte Mrs Dvintell barsch hinzu.,, Keine Bange, in dieses Zimmer würde nicht mal dieser rabiate Kerl einen Schritt wagen. Ich schätze das würde wohl niemand freiwillig tun. Ich fasse es nicht wie meine säuberlich aufgezogene Erziehung dermaßen dramatisch fehlschlagen konnte.”
,,Sie haben ihren Sohn erzogen???” stichelte Canterlappy und gackerte eine halbe Minute lang als hätte er gewisse Substanzen zur Förderung der Heiterkeit geschluckt.,, Also das ist ja eine geradezu groteske Ausmalung. Wie auch immer, von mir aus fahren Sie fort.”
,,Ich danke ihnen aufrichtig“ sagte Esalynne eingeschnappt.,, Nun, da es wie erwähnt höchst untypisch für diesen Nestbeschmutzer war, sprach ich ihn ohne Umschweife darauf an und da hatte er doch tatsächlich die Dreistigkeit mirdiese ausgeleierte Antwort anzudrehen. Er behauptete ohne Schamesröte dass der Grund weshalb er sich so früh aus dem Bett geschmissen hatte, eine Geschichtsklausur wäre für die er noch einige Daten durchpauken wollte. Ist das nicht der Gipfel der,..Aaaaaaah!!! Warum sagen sie es mir nicht direkt ins Gesicht dass meine Beteiligung nicht länger erwünscht ist. Sie werden ohnehin ein Passwort für den vollgewichsten Kasten benötigen!”
,,Ja, so schlau bin ich auch Sie hohle Nuss” knurrte Denholm der Esalynnes Worte trotzdem aufgesaugt hatte. ,, Wenn ich Sie richtig verstehe gehen sie davon aus dass Bruikk vor der Schule etwas dringendes, das heißt für ihn dringendes erledigen wollte. Wissen Sie denn ob er überhaupt im Unterricht ankam?”
Den letzten Satz sprach Canterlappy mit ausdrucksstarker Stimme während er fern jedweder Erfolgsaussicht verschiedene Passwörter in die Tastatur hämmerte. Den Bandnamen vom Poster. Den Namen von Sevoire Anche inklusive dessen Initialen sowie einige logische Begriffe mehr. Dann erst entsann er sich an die, je nach Präferenz mehr oder minder ästhetischen oder appetitanregenden Buschfotos zurück.
,,Ach sagen sie mal, wie war eigentlich das Verhältnis zwischen Bruikk und seiner Klassenlehrerin?” schürfte Canterlappy.
,,Darüber haben wir nie gesprochen” sagte Mrs Dvintell reserviert und glotzte den Detektiv völlig entgeistert an, als hätte er schmierige Erkundigungen nach dem Durchmesser ihrer Blütenknospen angestellt.
,,Warum habe ich mit dieser Antwort gerechnet” stöhnte Denholm und schnipste mit den Fingern.,, Reichen sie mir bitte noch mal die Aufnahmen rüber. Ich habe diesbezüglich eine vage Vermutung.”
,,Sind sie taub Canterlappy” fauchte Esalynne.,, Wie ich ihnen schon mitteilte, habe ich keine Ahnung wo irgendwelche Fotos sein könnten, auf denen dieser Nichtsnutz abgelichtet wurde.”
An diesem Punkt waren Denholms Synapsen kurz davor durchzuschmoren.
,,Ähm, steht alternativ eventuell ein Hund ohne neurologisches Handikap oder eine mental frische Katze zur Verfügung” verpackte er seine Wut in stacheligen Sarkasmus.
,,ICH MEINTE DIE FOTOS, DIE IHR SOHN VON SEINER VERRUCHTEN LEHRERIN GEKNIPST HAT SIE IGNORANTES WEIB!”
,,Ja nur zu, brüllen sie weiter wie ein tollwütiger Berglöwe herum” schniefte Esalynne.,, Wenn Sie unbedingt erpicht darauf sind, die Aufmerksamkeit gewisser Subjekte in diesem verfluchten Haus auf sich zu lenken ist dies eine optimale Methode. HIER, DA HABEN SIE DEN SCHMUDDELKRAM. DIE NÄCHSTE TOILETTE IST GLEICH LINKS UM DIE ECKE.”
,,VERBINDLICHEN DANK WERTGESCHÄTZTE DAME. Aha, da ist es ja. Pusteblume, wie ausgesprochen originell. Tss, tss.”
Rhodinas Beine wabbelten und ihre nervös flackernden Augen orientierten sich nur zaghaft zur Klingel hinauf. Roch Sie den modrigen Gestank etwa schon durch die Eingangspforte des Prachtanwesens. Sie hatte allerlei Gespräche über Ajarrd Dvintell belauscht und jedes Mal hatte der Inhalt heftigere Magengeschwüre verursacht. Und diejenigen Personen denen das zweifelhafte Vergnügen zuteil wurde mit dem selbsternannten Herrscher der Stadt Tijanee zu interagieren meinten hinterher mit vorgehaltener Hand, das kein schauriges Gerücht oder Klischee seinem wahren Wesen je gerecht werden konnte.
,,Tu es, nun tu es endlich” fächerte sich Rhodina selbst Mut zu obwohl ihr Atem rasselte wie Klapperschlangen in einem Bastkorb. Doch kaum waren die Fingerspitzen der Musterschülerin zum Läutknopf rauf gekrabbelt, kurvte die gepanzerte Limousine des Gangsterbosses heran. Rhodina fühlte prompt wie die Panik ihren gesamten Körper erfasste. Verzweifelt probierte Sie die Tasche mit dem Arbeitsmaterial für Bruikk und die zittrige Hand die sie umklammerte hinter dem schmalen Rücken zu verstecken.
Wäre Sie nicht verängstigt und generell in einer desolaten Verfassung hätte Sie diesen Moment vielleicht sogar gefeiert da es irgendwie reizvoll war die eigenen Vorstellungen mit der Realität zu vergleichen. Obwohl Sie in Bezug auf Ajarrd Dvintell keinem krasseren Irrtum hätte unterliegen können. Ob es am Konsum klassischer Mafiaepen oder schlicht daran lag, dass sie der Meinung war dass kriminelle Macht sich auch spürbar auf die körperliche Ausstrahlung übertrug, konnte nicht im Schnellverfahren aufgedröselt werden. An Bruikks Vater jedoch war, Gemunkel hin oder her zunächst rein gar nichts ehrfurchtgebietend.
Von der Größe und Statur drängte sich der Vergleich mit einem Hampelmann auf ,sofern man den edlen schwarzen Designeranzug wegreduzierte. Ajarrd maß Minimum 2,10 m und hatte Beine wie Stelzen. Seine Haut war blass wie der Vollmond und so spindelldürr dass er zwischen zwei nebeneinander parkenden Elefantenkühen hindurchflutschen konnte ohne den Bauch einziehen zu müssen. Sein Kopf hatte die Form einer Eieruhr und die Schädelplatte war nur mit einigen dunklen Stoppelpunkten beflockt. Von den Augen konnte der Betrachter keine Emotionen ablesen da Sie von riesigen, runden verspiegelten Sonnenbrillengläsern geschützt wurden und der Mund war ein dünner Strich von dem ebenfalls keine Gefühlsregung gedeutet werden konnte.
,,Na bitte, alles halb so dramatisch” dachte Rhodina bis ihr etwas Angsteinflößendes auffiel. Als er mit langen zackigen Schritten auf Sie zu klackte, lutschte Ajarrd an einem Daumen von dem eine rote Flüssigkeit herunter lief. Und damit nicht genug, beugte der Gangsterboss zudem seinen abgemagerten Leib nach Vorne und starrte der Schülerin gefühlskalt in die Augen, die jetzt wieder stärker zuckten.
,,Marios preisgekrönte Tomaten-Basilikumsauce” trötete Ajarrd mit Genießerblick nachdem er das Gefühl bekam, dass er das Mädchen ausreichend eingeschüchtert hatte.,, Wer die nicht testet ist selber Schuld. Lass mich raten Kindchen du bist eine Klassenkameradin von demfaulenEi?”
,,Nein, ähm,…ich,…bin in,…einer Nachbarklasse” stammelte Rhodina.
,,So, so” sagte Ajarrd und stierte das Mädchen wie eine begehrenswerte Kunstfigur an, die er unbedingt seiner Kollektion hinzufügen wollte.,, He,, warum die Schüchternheit, wir sind doch alle bloß einfache Menschen. Was verbirgst du denn da hinter deinem zierlichen Rücken?”
,,Zett, Zett, Zettel mit Ar, Ar, Arbeitsanweisungen und,…Hausaufgaben” erklärte das Mädchen schleppend.
,,Prima, endlich kümmert sich mal jemand darum” sagte Ajarrd pädagogenhaft.,, Es ist eminent wichtig stets fleißig zu lernen Kindchen wenn du später eineanständige Arbeit verrichten möchtest. Ich spreche leider aus Erfahrung. Wenn ich mich früher mehr hineingekniet hätte wäre nicht solch ein Menschenschinder aus mir geworden. Ich würde mir wünschen wenn dieses verlauste Aas intensiven Umgang mit reinherzigen, ungescholtenen Engelchen wie dir hätte. Wenn er wieder auftaucht werde ich ihm diesen Vorschlag noch einmal schmackhaft unter die Nase reiben. Oje, diese verfluchte Kälte, warum trittst du nicht für ein Weilchen ein und wärmst dich auf. Dann kannst du unserem Butler Mallagann auch gleich persönlich das Zettelbündel für den kleinen Schandfleck aushändigen.“
,,Oh ja, früher, sprich vor meinemerstenGeschäft war ich ähnlich wie du” posaunte Ajarrd.,, Eine Ode an die Schüchternheit. Und jetzt folge mir, sonst zitterst du dich wohlmöglich noch um den Verstand.”
In der Hosentasche des Gangsterbosses steckte ein blutgetränktes Stofftuch.
Bevor der Sandsturm der Vergessenheit durch ihr Leben wirbelte und nichts außer Ruinen übrig blieben, beschwor Esalynne eine einzige Szene mit Bruikk herauf der Sie einst einen goldenen Rahmen spendiert hatte. Sie übte mit ihm das Fahrradfahren auf einer Grünfläche, einen halben Tag lang, bis er das Gleichgewicht bewahren konnte und nie wieder umkippte oder über den Lenker purzelte.
Brisanterweise war Ajarrd Dvintell gar nicht Bruikks leiblicher Vater und was noch weitaus brisanter war, er hatte Catass Trophee die Order erteilt diesen möglichst grausam aus dem Verkehr zu ziehen. Und Esalynne hatte dies zu allem Überfluss nichtnur toleriert sondern es überhaupt erst in die Wege geleitet indem Sie Bruikks Erzeuger heimtückisch in die Falle lockte.
Einen gültigeren Beweis konnte es kaum geben. Im Hypnosekasten lief gerade Cadlaynes Lieblingsserie und ausgerechnet ihre konkurrenzlose Hassfigur wurde kräftig eingeseift. Egal, der Blick der jungen Maskenbildnerin blieb an ihrem Computermonitor kleben. Trotz der aufgebrandeten Verärgerung über die bescheidenen Sicherheitsmängel, die weiterhin nicht abebbte überwog bei Cadlayne die überschäumende Freude, die freilich nicht auf Anhieb in ihr aufquellen konnte. Das lag zum einen daran weil sie sich irgendwie die Mitschuld an den kuriosen Umständen von Bruikk Dvintells Verschwinden ankreidete und zum einen an den Schwierigkeiten auf eine Ebene zu teleportieren auf der eine vorurteilsfreie Bewertung gewährleistet werden konnte. Für kaum jemanden war eine Trennung mit einer solchen Überwindung verbunden wie für Cadlayne Deromacci die tatsächlich eine Nuance mehr als die meisten Menschen ausgelotet hatte welche Dinge Sevoire Anche wirklich antrieben.
Ihre Augen glitzernden wie Sternenstaub und auf ihrem weit aufklaffenden Mund drehte ein vor Glückseligkeit kreischender Stöpsel Loopings. Den ersten Level von Tarlusar zu erleben bedeutete für die Opernvisagistin automatisch eine Zurückkatapultierung in eine über fünfzehn Jahre zurückliegende Zeit als Sie von ungehemmter Abenteuerlust überflutet wurde. In ihrer grenzenlosen Phantasie trieb eine schalkhafte Koboldmischpoke auf dem Dachboden des Hauses ihrer Familie ihren Schabernack und sie wirbelte nach jeder Mahlzeit hinauf um nachzuschauen welche Schindluder die infantilen Gesellen diesmal auspackten. Ähnlich wie im Garten wo Sie sich zurecht spann dass hinter einer der Hecken oder den Büschen der Durchgang zum Unterschlupf einer fabulösen Kreatur mit zwei Bärenköpfen, Straußengefieder und einem Krokodilschwanz versteckt war, in deren geschmeidiges Fell sich zum Abend hin hunderte von leuchtenden Feen kuschelten.
Cadlayne vermochte nicht einzuschätzen welches Steigerungspotential Sie Tarlusar zutrauen konnte aber die bloße Vorstellung dass es nicht bei einem Abenteuer auf Textbasis bleiben würde, war eine mächtige Antriebsfeder. Und selbst in diesem ersten Level hatte Sevoire das Spiel auf eine Qualitätsstufe gehoben die zuerst nur allzu schwer begriffen werden konnte. Denn im Gegensatz zu schnöden Text-Adventures war die Handlung in keinster Weise vorgestrickt worden. Der Knecht konnte die Vermissten selbst dann finden wenn er weder den Stall noch eines der Gemächer durchwälzte, etwa indem er einen Regierungsspion identifizierte der irgendwo in der Burgstadt stationiert wurde. Oder er konnte geduldig herumlaufen und nach Gesprächspartnern suchen die aus bestimmten Gründen mit einer vorteilhafteren Perspektive begünstigt waren. Oder er konnte einen der stocksteifen Gardisten dadurch überlisten indem er sich selber mit einer solchen Rüstung tarnte. Die Möglichkeiten waren schier unerschöpflich. Wenn er sich in späteren Leveln nicht kräftig verzockt hätte, würde Sevoire durch dieses Mammutspiel selbst im Kreise seiner schärfsten Kritiker endgültig Legendenstatus erlangen.
Doch trotz ihrer nicht abschwellenden Faszination würde Miss Deromacci gern in Erfahrung bringen wie Bruikk es angestellt hatte, sich gleich mehrere Level nach Vorne zu tricksen, da der selbst betitelte Prinz des Charmes nie eine Silbe von der Kompatibilität von Tarlusar zu einem Schummelprogramm verloren hatte. Und wenn Cadlayne den eingesaugten Vierzehnjährigen vor Schlimmerem bewahren wollte musste Sie sich wahrlich sputen. Das galt für alle Parteien die diese Absicht hegten.
Ajarrd dirigierte die aufgewühlte Rhodina im großspurigen Gang durch das Eingangsportal der Prunkvilla in den Empfangssaal, der am Rand mit unzähligen imposanten Jagdtrophäen oder kunstvoll geknüpften Wandteppichen mit den Konterfeis berüchtigter Gewaltenherrscher verziert war. Und überall wuselte irgendwelches Dienstpersonal umher. Mit Staubwedeln bewaffnete Grazien in hauteng geschnittener Reinigungsuniform entfernten winzigste Schmutzpartikel von glänzenden Platinstatuen, ein Wicht mit besonders flinken Händen hatte das Vergnügen die Fassungen von über zweihundert Leuchtobjekten zu überprüfen und vier grüne Burschen die vor Kurzem erst das Sprießen der ersten Bartstoppeln zelebriert hatten trugen mit zerfurchter, feuchter Stirn einen waschechten, gegerbten Bärenpelz durch eine der Hintertüren herein.
,,Aufgepasst Engelchen” bellte Mr Dvintell und grinste diabolisch in die Richtung des Personals, woraufhin jede einzelneAmeise wie auf Knopfdruck die Arbeit einstellte um das Haupt vor ihm zu verneigen.,, Das ist unbeugsame Macht Kindchen. Es ist nicht erforderlich diejenigen die erbärmlich unter einem krabbeln mit der Schuhsohle zu zerquetschen, um ihren Gehorsam zu sichern. Es genügt wenn Sie sich das lebhaft vorstellen können. Aah, da ist ja unser geschätzter Butler Mallagann. Er wird dir zeigen wo du die Unterlagen für diese ziellose Wanze ablegen kannst. Na los, hab keine Abscheu vor dieser spöttischen Ergänzung der menschlichen Rasse Kleines.”
,,Ich,…danke ihnen” sagte Rhodina gepresst und hastete geradezu zur vermeintlichen Position des Butlers hinüber bis Sie merkte das Sie soeben auf eine täuschend echt wirkende Figur zugeflitzt war.
,,Hier drüben junges Fräulein” quäkte Mallagann, der Rhodinas blühende Jugend riechen konnte.
,,Wo denn?” fragte die Einserschülerin verunsichert.
,,Na hier” krächzte der Butler und wedelte aufgeregt mit den Armen. Doch erst als einer der Dienstboten die Freundlichkeit besaß ihn hochzuheben gelang es dem Mädchen den liebenswürdigen Wurzelzwerg zu registrieren, der sich selbst des Sehsinnes beraubt hatte.
,,Ach sie sind das” sagte Rhodina schwach und obwohl sie versuchte Mallagann nicht indiskret anzustarren wurde ihr zunehmend schummriger zumute. Es war unmöglich die Bandbreite von alldem auszublenden.
Der Butler der Dvintells entpuppte sich als ein nur entfernt menschlich erscheinendes Männlein von kümmerlicher Statur und einem Kopf wie ein genmanipulierter Maiskolben. Er kam Rhodina wie herangezüchtet vor, wie eine Schöpfung bei der jemand Mutter Natur mehr als gelegentlich ins Handwerk gepfuscht hatte. Da nutzte es auch nichts wenn seine Stimme eine Spur voluminöser klang als die von Halbwüchsigen, an der Reflektierung änderte das wenig.
,,Ajarrd, Ajarrd was bist du bloß für ein einfühlsamer Gentleman” amüsierte sich der Gangsterboss aus dem Hintergrund während Rhodina Mallagann mit wabernden Augen und schwankendem Gang zur Treppe in den ersten Stock folgte.
,,Ja, das kann ich dir kaum übel nehmen” signalisierte der Butler leise Solidarität.,, Ein verdorbener Ort wie dieser ist wie Gift für eine reine Seele wie die deine. Ich beneide dich weil ich nirgendwo anders hin kann. Denn Ich habe schließlich versprochen auf Sie aufzupassen.”
,,Interessant” sagte Rhodina aufgrund eines Gedankenstaus und wartete darauf das der Butler endlich auf die erste Treppenstufe trat. Die Tatsache dass er überhaupt zögerte trug nicht unbedingt zur Stabilisierung ihrer zerbrechlichen Selbstsicherheit bei.
,,Du solltest dir besser die Ohren zustopfen” empfahl Mallagann und setzte langsam einen Fuß vor den anderen. Kaum hatte die Spitze seines Schuhes die Treppenstufe berührt drang ein unerträgliches Gewimmer in Rhodinas Ohren so als ob irgendetwas oder irgendjemand darunter lebendig festgenagelt wurde. Und es widerstrebte der immer schwächer werdenden Schülerin die Sache zu überprüfen.
,,Daran gewöhnen werden wir uns nie aber inzwischen sind wir abgehärteter” erklärte der Butler und umschirmte die wacklige Schülerin mit einer knorpeligen Hand, obwohl er auf Zehenspitzen laufen musste um bloß ihre Hüfte zu erreichen.
Die Treppe besaß sechzig Stufen und für das Mädchen wurden die Geräusche kontinuierlich grausamer da Sie diese unweigerlich mit Bildern der Qual und Folter assoziierte. Wie hatte Bruikk diesen Wahnsinn auch nur einen Tag lang ertragen können?
Es dauerte über zwanzig Minuten bis Mallagann und Rhodina in der ersten Etage ankamen. Das Mädchen war kurz davor einen Nervenkollaps zu erleiden, zumal jetzt auch suspekte Geräusche in ihre Ohren rauschten deren Ausgangspunkt Sie hinter Gemälden, unter Vitrinen oder Teppichläufern vermutete.
,,Da vorne ist es” quäkte der Butler.,, Das Zimmer von Meister Bruikk.”
,,Meister,…Bruikk!” sagte Rhodina verdutzt.,, Wieso sprechen Sie,…”
,,Bei mir gibt es keine Unterschiede” wickelte Mallagann rasch auf.,, Ich habe mich der Bewahrung dieses edlen Hauses verpflichtet und wer immer zum Anhang des jeweiligen Besitzers zählt wird von mir als Meister betrachtet.”
,,Fühlen sie sich als Gescheiterter?” grub Rhodina nach einer Minute Pause.
,,Nein, irgendwann wird der Besitzer wieder gewechselt und dann lösen sich auch die Leichen auf” sagte der Butler als wenn es Routine wäre.
,,Daser mich abmurksen lässt? Nein nicht im geringsten. Denn wenn er mich ausradiert wird alles unter ihm zusammenbrechen. Wir wurden nämlich nicht von ihm erschaffen.”
,,Sparen Sie ihre Kraft für den Heimweg. Legen Sie die Zettel einfach in dieses Regalfach dort, dann wirder Sie nicht weiter belästigen. Verflixt, das hatte ich befürchtet. Woher soll dieses warmherzige Mädchen die Resistenz auch nehmen.”
Obwohl er von einem stark ausgeprägten Phlegma geplagt wurde war Bruikk nicht gefährdet in die Finsternis zu entgleiten. Sein charakterlicher Kern war nicht verrottet und wenn sich Rhodia aktiver einklinken würde könnte er die Kurve locker noch kriegen. Vorausgesetzt er würde Level 99 bewältigen.