Leyanna - Jennifer May - E-Book
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Leyanna E-Book

Jennifer May

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Beschreibung

Ein Fluch, der Rache verspricht. Eine Hexe, die aufgrund ihrer Schuldgefühle stirbt. Ein Feind, der ihre Kräfte benötigt. Kathleen glaubt nicht an Magie. Als sie von wiederkehrenden Albträumen einer Hexenverbrennung heimgesucht wird, lässt sie sich von ihrer besten Freundin überreden, eine Wahrsagerin aufzusuchen. Sie ahnt nicht, dass dieser Besuch ihr Leben komplett auf den Kopf stellen wird. Bevor sie es richtig begreift, befindet sie sich im Zentrum eines jahrhundertealten Fluches, der ihr besondere Kräfte verleiht, auf die es andere abgesehen haben. Glücklicherweise wird sie von Arthur ins Ashbourne House gebracht, wo sie lernt, ihre Kräfte zu kontrollieren. Dabei kommen sie sich immer näher und Kathleen kann sich seiner Anzhiehungskraft nicht widersetzen. Doch sind es wirklich ihre Gefühle oder ist es der Fluch, der sie beeinflusst? Wird dieser sie verzehren oder kann sie sich gegen ihn auflehnen und bezwingen, bevor der Fluch sie zu grausamen Taten treibt?

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Seitenzahl: 387

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Alea Libris Verlag

1. Auflage, 2024

© Alea Libris Verlag, Wengenäckerstr. 11, 72827 Wannweil

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Juno Dean

Korrektorat: Lisa Heinrich

© Cover- und Umschlaggestaltung: Fabula Design

Contents

WidmungProlog1.Kapitel 12.Kapitel 23.Kapitel 34.Kapitel 45.Kapitel 56.Kapitel 67.Kapitel 78.Kapitel 89.Kapitel 910.Kapitel 1011.Kapitel 1112.Kapitel 1213.Kapitel 1314.Kapitel 1415.Kapitel 1516.Kapitel 1617.Kapitel 1718.Kapitel 1819.Kapitel 1920.Kapitel 2021.Kapitel 2122.Kapitel 2223.Kapitel 2324.Kapitel 2425.Kapitel 2526.Kapitel 2627.Kapitel 2728.Kapitel 2829.Kapitel 2930.Kapitel 3031.Kapitel 3132.Kapitel 3233.Kapitel 3334.Kapitel 3435.Kapitel 3536.Kapitel 3637.Kapitel 3738.Kapitel 3839.Kapitel 3940.Kapitel 4041.Kapitel 4142.Kapitel 4243.Kapitel 4344.Kapitel 4445.Kapitel 4546.Kapitel 4647.Kapitel 4748.Kapitel 4849.Kapitel 4950.Kapitel 5051.Kapitel 5152.Kapitel 5253.Kapitel 5354.Kapitel 5455.Kapitel 5556.Kapitel 5657.Kapitel 5758.Kapitel 5859.Kapitel 5960.Kapitel 6061.Kapitel 6162.Kapitel 6263.Kapitel 6364.Kapitel 6465.Kapitel 6566.Kapitel 6667.Kapitel 6768.Kapitel 6869.Kapitel 6970.Kapitel 7071.Kapitel 7172.Kapitel 7273.Kapitel 7374.Kapitel 7475.Kapitel 7576.Kapitel 7677.Kapitel 7778.Kapitel 7879.Kapitel 7980.Kapitel 8081.Kapitel 8182.Kapitel 8283.Kapitel 8384.Kapitel 8485.Kapitel 8586.Kapitel 8687.Kapitel 8788.Kapitel 8889.Kapitel 8990.Kapitel 9091.Kapitel 9192.Kapitel 9293.Kapitel 9394.Kapitel 9495.Kapitel 9596.Kapitel 9697.Kapitel 97EpilogDanksagung

Widmung

Für alle, die nie aufgehört haben, an Magie zu glauben.

Prolog

31. Oktober 1625

Lady Leyanna Ashbourne saß in ihrer Zelle und blickte aus dem kleinen, vergitterten Fenster. In weniger als einer Stunde würde die Sonne untergehen, das hieß, man würde sie bald holen kommen. Sie empfand keine Angst, nur Wut auf diesen dummen, machtgierigen Duke of Norfolk, der ihr Nein nicht akzeptieren wollte. Der mit seinem Handeln einfach alles zerstört hatte. Ihren Körper, ihre Seele und schließlich auch ihren Willen zu leben.

Leyanna hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte und stand auf. Zwei Wachen kamen in ihre Zelle und fesselten ihre Hände mit einem Seil vor ihrem Körper.

Als ob mich das davon abhalten würde, sie zu töten.

Sie hätte die beiden mit einem Wimpernschlag umbringen und fliehen können, wenn sie das gewollt hätte. Aber genau das wollte sie nicht. Es sollte endlich enden; sie war es müde zu kämpfen. Jeden Tag Angst zu haben. Sie wollte nur noch Frieden finden. Deshalb ließ sie sich gefesselt über den Marktplatz führen, der ringsum von kleinen Häusern eingerahmt wurde. In der Mitte befand sich ein Brunnen, neben dem ein Scheiterhaufen errichtet worden war. Um diesen und das Podium, auf dem der Duke mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen Platz genommen hatte, scharte sich das ganze Dorf. Leyanna kam es so vor, als wäre jeder einzelne Bewohner auf den Beinen. Niemanden schien der leichte Nieselregen zu stören, denn alle wollten die Hexe brennen sehen. Keinem von ihnen kam in den Sinn, dass es gefährlich sein könnte, sie mit ihrem eigenen Element umbringen zu wollen. Doch das tat jetzt nichts mehr zur Sache. Sie war bereit, ihre Kräfte endgültig vernichten zu lassen. Leyanna ging hoch erhobenen Hauptes an ihnen vorbei, und die Menge fing an, sich über sie das Maul zu zerreißen. Sie beschimpften und durchbohrten sie mit ihren Blicken. Einige wichen ängstlich zurück und versteckten ihre Kinder vor ihr.

Idioten, allesamt! Dämliche Schafe, die sich von Geoffrey manipulieren lassen.

Sie versuchte, die murmelnde Menge auszublenden. Sie machte sie nur wütend. Diese Leute hatten keine Ahnung, was sie durchgestanden hatte, und wenn sie jetzt ihre Kräfte einsetzen und fliehen würde, wäre das das Todesurteil für ihre Familie. Und vermutlich auch für alle Anwesenden. Doch das interessierte die Menge nicht. Nein, sie wollten sehen, wie sie auf dem Scheiterhaufen brannte. Leyanna verdrängte diese Gedanken schnell wieder. Sie durfte der Wut keinen Raum lassen, denn sie wusste zu genau, was beim letzten Mal geschehen war. Die Schreie der Menschen gellten noch immer in ihren Ohren.

Beim Podium angelangt blieb sie stehen und blickte den Duke of Norfolk direkt an.

»Lady Leyanna Ashbourne, wie schön, dass Ihr es einrichten konntet, heute hier zu erscheinen«, sagte er, und seine Stimme triefte vor Spott und Hohn.

»Ich hatte wohl kaum eine Wahl, oder?«, erwiderte sie trocken und hielt ihre gefesselten Hände in die Höhe.

Leises Gemurmel und vereinzeltes Kichern wurden in der versammelten Menge laut.

»Nun gut«, ergriff der Duke wieder das Wort. »Nichtsdestotrotz ist das die letzte Chance, Euer jämmerliches Leben zu retten. Das ist Euch doch bewusst? Ich gebe Euch die Möglichkeit, mir die Treue zu schwören und Euch zurück in meinen Dienst zu begeben. Dann werden wir alles vergessen, was vorgefallen ist, und ich werde Gnade walten lassen.«

Er badete förmlich in dem Zuspruch, den er für seine Worte vom Volk erhielt.

Ja ja, der gnädige Duke of Norfolk, der allseits geschätzte Geoffrey.

Leyanna hätte sich am liebsten übergeben wegen all der Falschheit.

»Niemals!«, zischte sie und legte all ihren Hass in dieses eine Wort. »Lieber brenne ich auf dem Scheiterhaufen, als meine Macht noch einmal in den Dienst Eurer abgrundtief bösen Familie zu stellen. Geschweige denn, dass ich das Knie vor so einem blasierten Pack beuge!«

Ihre stechend grünen Augen funkelten vor Zorn und Abneigung. Sie tanzte auf dem Rand des Vulkans, der ihre Kräfte beherrschte; wenn Geoffrey sie nicht bald umbrachte, konnte sie für nichts mehr garantieren.

»Ihr wollt Euch also wirklich opfern? Zu schade, Ihr habt so großes Potential. Es ist eine Schande, aber Ihr habt Eure Wahl getroffen, Lady Leyanna Ashbourne. Dann werdet Ihr eben brennen!«

Die Wachen ergriffen sie und führten sie vom Podium weg auf den Scheiterhaufen. Ihre Hände wurden hinter ihrem Rücken am Pfahl in der Mitte festgebunden.

Was für eine Lächerlichkeit! Als ob auch nur eine dieser Sicherheitsvorkehrungen mich von irgendetwas abhalten würde.

Der Wind spielte mit ihren langen roten Locken und dem schwarzen Gewand. Sie ließ es sich allerdings nicht nehmen, Geoffrey weiterhin trotzig und stur mit ihren Blicken zu durchbohren. Er sollte spüren, was es heißt, ein Menschenleben auszulöschen. Wie es ist, seinem Opfer beim Todeskampf in die Augen zu sehen. Außerdem vermied sie so, die Gesichter der Menge näher zu betrachten. Sie wollte weder Freude oder Abneigung darin sehen, noch wollte sie ihren geliebten Arthur unter ihnen entdecken. Doch sie hörte ihn, bevor sie ihn sah.

»Lass mich los! Ich will das Schwein aufschlitzen!«

Jetzt wandte sie sich vom Duke ab, der glücklicherweise von der hübschen Dienerin – oder eher vom unverschämt tiefen Ausschnitt ihres Gewandes – so abgelenkt war, dass er den Ruf nicht gehört hatte, und schaute in Richtung der aufkommenden Unruhe. Arthur versuchte, mit gezogenem Schwert, zum Podium zu gelangen, doch ihr Bruder Edmund war schon da und hielt ihn davon ab.

Dieser Idiot! Hatte er in den letzten Wochen denn gar nichts gelernt?!

»Letzte Worte, Lady Leyanna Ashbourne?«, wandte der Henker sich an sie, die Fackel bereits in der Hand.

Sie sah Arthur an, und der Schmerz in seinen Augen brach ihr fast das Herz, aber sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Das, was sie getan hatte, war unverzeihlich, und sie konnte nicht riskieren, dass es sich wiederholte.

Da erschien ein Bild vor ihrem inneren Auge, so klar und deutlich, dass sie es nie vergessen würde. Sie erhaschte einen flüchtigen Blick auf das, was sein könnte, und die Wut und Trauer überfielen sie unerwartet. Die Flammen der Fackel in der Hand des Henkers begannen, nervös zu zucken und auf Leyannas widersprüchliche Gefühle zu reagieren.

Nein, das durfte sie nicht zulassen!

Allerdings würde Geoffrey auch nicht für seine Taten zur Rechenschaft gezogen, wenn sie jetzt alles und jeden zu Asche verbrannte.

Die Wut brandete immer höher in ihr, und sie spürte, wie sie langsam die Kontrolle verlor. Wenn sie nicht schnellstens etwas unternahm, würde nur noch mehr Blut an ihren Händen kleben.

Ihr Blick verweilte bei Arthur, der weiter gegen ihren Bruder ankämpfte und versuchte, auf das Podium zu gelangen. Sie wusste, er würde den Duke töten, nur damit sie in Sicherheit war. Dabei war es nicht sie, die gerettet werden musste. Sie hatte das Bild, diesen Schnipsel der Zukunft, weiterhin vor Augen, und plötzlich war da eine Idee. Leyanna wusste, sie war töricht und würde ihr Leid nicht verringern. Sie würde ihr nicht die Erlösung bringen, nach der sie sich so sehnte. Im Gegenteil. Aber sie war bereit, zu büßen, vor allem, wenn sie Arthur dadurch Hoffnung schenken konnte. Außerdem würde Geoffrey dann vielleicht endlich lernen, dass er Menschen nicht benutzen durfte, wie es ihm gerade passte.

»Allerdings, das habe ich!« Sie behielt den Blick auf Arthur geheftet. »Das ist nicht das Ende, Liebster.«

Die Luft um Leyanna herum begann zu wabern, und die Mächte, die sie heraufbeschwor, waren fast mit Händen greifbar.

»Geoffrey, so tu doch etwas!«, kreischte seine Gemahlin und drückte panisch ihre beiden Söhne an sich. Der Jüngere entwand sich ihrem Griff, lief zu seinem Vater und klammerte sich an dessen Bein.

»Jetzt zündet sie verdammt nochmal an!«, schrie dieser mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen.

Die Menge begann, unruhig zu werden, und sie spürte den Blick ihres Bruders auf sich, der sie stumm anflehte, es nicht zu tun, allerdings war es bereits zu spät. Sie hatte sich entschieden, und so sprach sie weiter: »Ich werde stärker sein als je zuvor! Es wird wahrscheinlich Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern, bis ich zurückkehre, und viele werden mich vergessen haben, aber ich werde Rache nehmen. Selbst wenn Ihr, Geoffrey, Duke of Norfolk, das Glück haben werdet, nicht durch meine eigene Hand zu sterben, so wägt Euch nicht in Sicherheit. Ich werde Jagd auf jeden Einzelnen Eurer Nachfahren machen! Sie sollen in steter Angst vor mir aufwachsen. Ich werde erst ruhen, wenn ich das letzte bisschen Bosheit, das Euren Lenden entsprungen ist, getötet habe!«

Sie wandte sich wieder an Arthur und flüsterte leise: »Und du, Liebster, wirst mich finden und mir zusammen mit meinem Bruder zu Gerechtigkeit verhelfen.«

Arthur schaute ihr direkt in die Augen und versuchte, ein letztes Mal an Edmund vorbei zum Podium zu stürmen, aber der hielt ihn weiter am Arm fest. Schließlich stellte Arthur mit einem Nicken seinen Widerstand ein. Er sah erneut zu Leyanna, und in seinen Augen lag so viel Liebe und das Versprechen, nach ihr zu suchen und auf sie zu warten, egal, wie lange sie brauchen würde, um zurückzukommen.

Der Henker ließ nun die Fackel fallen und steckte damit den Scheiterhaufen an.

Während die Flammen langsam über Stroh und Holz auf Leyanna zu krochen und die Macht, die sich um sie versammelt hatte, sie fast zu ersticken drohte, stieß sie diese von sich und sprach: »So sei es und so soll es geschehen!«

Die Macht entlud sich in einem gleißend hellen Lichtstrahl, und damit war ihr Fluch wirksam. Leyanna hielt den Blick auf Arthur gerichtet, und ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als das Feuer an ihr entlang züngelte und sie es darum bat, sie zu verschlingen.

Kapitel 1

13. Mai 2015

Kathleen schreckte schreiend aus dem Schlaf.

»Verdammt, schon wieder dieser Traum«, murmelte sie und rieb sich mit der Hand über die Augen. Seit ihrem Geburtstag vor ein paar Wochen träumte sie jede Nacht komisches Zeug von Feuer und Hexenverbrennung, und jedes Mal wachte sie schweißgebadet und schreiend auf. Sie betastete ihre Beine, an denen sie immer noch die Flammen spüren konnte und vergewisserte sich, dass sie nicht wirklich brannte, während ihre Augen sich an das dämmrige Licht gewöhnten, das durch die Vorhänge hereinschien.

Alles ist gut, du bist in deinem Zimmer und nicht auf irgendeinem Scheiterhaufen.

Sie ließ den gewohnten Anblick auf sich wirken und sog ihn in sich auf. Da war ihr Schreibtisch unter dem Fenster, mit ihrem Laptop und den Unisachen. An der Wand gegenüber war das Moodboard, das sie beim Einzug mit ihrer besten Freundin gemacht hatte und auf dem all die Sachen notiert waren, die sie erreichen wollte. Orte, die sie bereisen, und Dinge, die sie erleben wollte. Ihre Träume und Wünsche auf einen Blick einsehbar, damit sie nie vergaß, wofür sie tagtäglich schuftete.

Kathleen atmete tief durch. Kein Grund, Angst zu haben.

Es klopfte an der Tür, und Samantha streckte den Kopf ins Zimmer. Als sie sah, dass Kathleen wach war, fragte sie: »Alles klar bei dir?«

»Ja, nur wieder dieser bescheuerte Traum.« Kathleen fuhr sich mit der Hand durch die langen schwarzen Locken.

»Du siehst aus, als könntest du einen Tee gebrauchen. Moment.«

Samantha verschwand im Flur, und Kathleen hörte durch die geöffnete Tür, wie sie in der Küche hantierte. Ein paar Minuten später kam sie mit zwei dampfenden Tassen zurück, reichte Kathleen eine und setzte sich zu ihr aufs Bett. Der Geruch der Kräuter beruhigte Kathleens viel zu schnell schlagendes Herz. Sie pustete auf den heißen Tee und wollte gerade vorsichtig einen Schluck nehmen, als ihre beste Freundin sich räusperte.

»Hör mal, ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass du von diesen Sachen nichts hältst, aber …«

»Samantha …«, unterbrach Kathleen sie mit einem warnenden Unterton, während sie an ihrem Tee nippte.

»Lass mich ausreden.« Samantha hob beschwichtigend eine Hand. »Du weißt doch, dass ich öfter in diesen Esoterik-Laden gehe, von dem übrigens der Tee ist, den du da trinkst. Die Besitzerin, Madame Eliza, bietet auch Karten legen und Wahrsagen an, und ich glaube, dass sie dir bei deinen Träumen wirklich helfen kann.«

»Sami, das ist nett von dir, aber das sind nur Träume. Da gibt es nichts, womit sie mir helfen kann«, sagte sie seufzend.

»Ich glaube, dass mehr dahintersteckt«, erwiderte Samantha mit einem Glitzern in den Augen und bekam dafür von Kathleen ein verächtliches Augenrollen.

Samantha wusste, dass sie so nicht weiterkam, also änderte sie ihre Strategie.

»Außerdem geht das schon vier Wochen so, und das ist nicht mehr normal. Ich will nicht jeden Morgen von deinem Geschrei geweckt werden. Du weißt, ich brauche meinen Schönheitsschlaf.«

Kathleen prustete in ihren Tee, und beide lachten.

»Bitte komm mit«, setzte Samantha wieder beschwörend an, nachdem sie sich von ihrem Lachanfall beruhigt hatten. »Wenn sie eine Schwindlerin ist, was du offensichtlich vermutest, wird nichts passieren, und wenn nicht, bist du zumindest deine Albträume los.«

Kathleen konnte dieser Logik nichts entgegensetzen und lenkte schließlich seufzend ein. »Na gut, du gibst wahrscheinlich sowieso keine Ruhe.«

»Da könntest du recht haben«, sagte Samantha grinsend. »Los, zieh dich an, dann können wir gleich zu ihr gehen. Ich muss um 13 Uhr zu meiner Schicht im Gardens.«

Sie nahm die Tassen und ging aus dem Zimmer.

Kathleen ließ sich in die Kissen fallen. Samantha hatte sich besorgt angehört. Sie kannten sich seit dem Kindergarten und Kathleen hatte sie noch nie so gesehen. Sie war immer die Zynikerin gewesen, während für Samantha die Welt rund und bunt war. Sie machte zwar ihre Witze, doch Kathleen hörte ganz klar die Sorgen dahinter, die Samantha sich um sie machte. Was konnte an schlechten Träumen schon schlimm sein, außer dass sie einen des Nachts wachhielten? Und was könnte diese Wahrsagerin, sofern man sie denn so bezeichnen wollte, daran ändern? Und wie? Sie würde es wohl erst erfahren, wenn sie endlich aufstand und sich anzog.

Kathleen warf die Decke beiseite und ging zu ihrem Kleiderschrank. Sie griff nach einer Jeans und einer leichten Bluse, schließlich sollte es heute warm werden. Danach versuchte sie im gemeinsamen Bad ihre Haare unter Kontrolle zu bringen, was sie jedoch schnell aufgab. Dabei fielen ihr die dunklen Augenringe auf, die sie dank der unruhigen Nächte bekommen hatte. Samantha hatte recht, sie konnte so nicht weitermachen. Sie legte ein wenig Make-up auf, bevor sie zu Samantha in die Küche ging.

»Können wir?«, fragte Samantha, die in der Zwischenzeit die Tassen gespült hatte.

»Ja, bringen wir es hinter uns.«

Sie verließen die Wohnung, durchquerten den kleinen Hinterhof, an dessen Ende das Haus war, in dem sie seit einem Jahr eine Wohnung gemietet hatten, und liefen schweigend die zwei Straßen zur nächsten S-Bahn-Station.

Während der Fahrt in der überfüllten Bahn machte es sich Samantha zur Aufgabe, Kathleen von Madame Elizas Fähigkeiten zu überzeugen. Sie musste es schaffen, dass Kathleen dem Ganzen gegenüber aufgeschlossen war. Das war laut Madame Eliza entscheidend. Also erzählte sie ihr, wie oft diese schon recht hatte mit dem, was sie in den Karten sah, und wie toll die Kräutermixturen waren, die alle möglichen Beschwerden lindern konnten.

Kathleen ertrug ihr Geplapper. Sie hatte sich mit den Jahren an die naive Begeisterungsfähigkeit ihrer besten Freundin gewöhnt, trotzdem brachte es sie immer wieder an ihre Grenzen, Samantha über Magie und Zauberei reden zu hören, als ob es das wirklich gäbe.

»Madame Eliza ist eine richtige Hexe und eine Meisterin auf dem Gebiet des Kartenlegens«, sagte Samantha gerade, als sie den Laden erreichten.

»Wenn du das sagst.«

Ein kleines Glöckchen kündigte ihr Eintreffen an, als sie die Tür aufzogen.

Kapitel 2

Der Laden hieß „Madame Elizas Wundershop“ und war der Inbegriff so ziemlich jeden Klischees, das man aus Filmen kannte. Die kleinen, im Sonnenlicht tanzenden Staubpartikel und der Geruch nach Räucherstäbchen und Gewürzen gaben dem Laden eine gemütliche, aber auch mystische Atmosphäre. Kathleen sah sich um und entdeckte alte, verstaubte Bücher, die vor Regalen zu Türmen gestapelt waren. Diese waren mit Gewürzen, Kräutern und Gläsern, in denen verschiedene Dinge eingelegt worden waren, zugestellt. Kathleen überlief ein Schauer, als sie darüber nachdachte, was da so in den Gläsern rumschwimmen mochte. Sie wandte sich von den Regalen ab. Die Mitte des Ladens nahm ein großer, runder Mahagonitisch mit zwei dazu passenden Stühlen und einem gemütlich aussehenden, braun karierten Ohrensessel ein. Der Tisch war überladen mit Kerzen, in allen Stadien des Abbrennens, Karten, die seltsam düstere Szenen darstellten, und einer Glaskugel, die für Kathleen der Beweis dafür war, es mit einer Betrügerin zu tun zu haben.

»Willkommen, meine Lieben, willkommen!«, begrüßte sie eine Dame, die offenbar in anderen Sphären zu schweben schien. Ihre Stimme hörte sich an wie ein Reibeisen, ihre Haare standen wirr von ihrem Kopf ab, und ihr Gewand bestand aus vielen Lagen bunten Stoffes, die ein kompliziertes Wirrwarr aus Knoten und Broschen zusammenhielt.

»Und die ist eine Meisterin auf ihrem Gebiet?«, flüsterte Kathleen skeptisch.

»Sei nett, Kathie, und lass dich darauf ein. Sie ist wirklich gut«, flüsterte Samantha zurück und bedachte sie mit einem strengen Blick.

»Ach, Samantha, wie schön, dich wieder zu sehen. Haben dir die Kräuter gegen die Kopfschmerzen geholfen?« Da bemerkte sie Kathleen. »Oh, du hast eine Freundin mitgebracht, wie schön. Setzt euch doch. Was kann Madame Eliza für euch tun?« Sie deutete auf die beiden Stühle an dem Mahagonitisch, während sie selbst im Sessel Platz nahm.

»Sollte sie das nicht wissen, wenn sie so wahnsinnig gut ist?«, murmelte Kathleen und handelte sich dafür einen bösen Blick von Samantha ein, bevor diese sich erneut Madame Eliza zuwandte.

»Die Kräuter haben wahre Wunder gewirkt, allerdings sind wir nicht deswegen gekommen. Kathleen bräuchte den Rat Ihrer Karten.«

»Oh, du möchtest also etwas über deine Zukunft wissen?« Sie sah Kathleen an, in der jetzt die Nervosität hochkam. Egal, was man von Elizas desolatem Äußeren halten mochte, ihre Augen blitzten und ließen einen messerscharfen Verstand vermuten.

»Nicht direkt«, zog Samantha die Aufmerksamkeit zurück auf sich. »Kathleen hat seit einigen Wochen schlechte Träume, und wir würden gerne die Karten über deren Bedeutung befragen. Los, Kathie, erzähl ihr davon.«

»Ja, Kathie, erzähl mir von deinen Träumen«, sagte Madame Eliza und lehnte sich in ihrem Sessel vor.

Alle Blicke waren nun auf Kathleen gerichtet, aber sie wollte eigentlich nicht über diese Träume reden, und überhaupt hielt sie das hier mittlerweile für eine ganz schlechte Idee. Hilfesuchend schaute sie zu Samantha, die ihr aufmunternd zunickte.

»Na ja, ich habe wohl keine Wahl, oder?« Nach einer kurzen Pause holte Kathleen tief Luft und erzählte: »Es begann vor ungefähr 4 Wochen, an meinem 21. Geburtstag. Da hatte ich den Traum zum ersten Mal. Ich wurde gefesselt und auf einen Marktplatz gebracht. Ich stritt mich mit jemandem, ein Duke of irgendwas, und dann wurde ich zum Scheiterhaufen gebracht und verbrannt. Ich wache meistens auf, nachdem er angezündet wurde.«

»Ja, und zwar so laut schreiend, dass die Nachbarn zwei Häuser weiter dich sogar hören«, ergänzte Samantha.

»Entschuldige, dass ich deinen geheiligten Schönheitsschlaf störe, aber bist du schon mal verbrannt worden? Das ist kein Spaziergang, das sind höllische Schmerzen«, erwiderte Kathleen bissig.

»Hast du sonst noch etwas gesehen?«, kehrte Madame Eliza zum eigentlichen Thema zurück. Kathleen kam es vor, als würde sie Sorge aus ihrer Stimme heraushören.

»Bruchstücke, Momentaufnahmen, fast als wären es Erinnerungen. Da ist ein gutaussehender Mann, eine Wiese, manchmal nur Flammen und eine Stimme, die sich wie meine anhört, es aber nicht ist. Es ist nicht alles furchteinflößend. Manches ist auch schön.« Kathleens Blick ging in die Ferne. Obwohl sie darüber nicht reden wollte, brachte diese seltsame Frau oder dieser Ort sie dazu, es dennoch zu tun, und es fühlte sich gut an, es mit jemandem zu teilen. Nicht mehr allein zu sein mit den Bildern und Gefühlen. Natürlich hatte sie Samantha davon erzählt, allerdings nie so detailliert wie gerade eben. Madame Eliza konnte man das wachsende Unbehagen nun deutlich ansehen, während Samantha unruhig auf ihrem Stuhl rumrutschte.

»Verstehst du, was die Stimme dir sagt?«, fragte Madame Eliza behutsam und beobachtete Kathleen forschend.

»Während des Traums, aber sobald ich aufwache, entgleitet es mir. Ich weiß, dass da etwas war, doch ich kann es nicht greifen.«

»Können Sie ihr jetzt die Karten legen?«, platzte es aus Samantha heraus. Sie wusste, dass irgendwas mit ihrer besten Freundin nicht stimmte, und sie wollte, dass man ihr endlich half.

»Ich schätze, die Karten sind hier das falsche Medium«, erwiderte Madame Eliza kühl und lehnte sich wieder in ihrem Ohrensessel zurück.

»Aber warum? Sie sagten doch selbst, dass die Karten alles wissen.« Samantha war sichtlich enttäuscht. Sie hatte all ihre Hoffnung in diesen Besuch gesteckt. Es musste eine Möglichkeit geben, Kathleen zu helfen.

»Die Karten wissen zwar alles, meine Liebe«, erwiderte sie sanft, »trotzdem scheint es sich in dem Fall um konkrete Erinnerungen einer Person zu handeln. Deshalb werden wir versuchen, mit Hilfe des Witchboard, auch Ouija-Brett genannt, mit der Seele in Kontakt zu treten und sie bitten, Kathleen nicht weiter zu belästigen.«

Madame Eliza hatte Zweifel, dass das so einfach werden würde, zumal sie das Ganze stark an jemanden erinnerte.

»Ich werde es holen.« Sie erhob sich und verschwand durch einen bunten Perlenvorhang ins Hinterzimmer. Was blieb, war das leise Klimpern der Perlen, die aneinander rieben.

Kapitel 3

»Ist das nicht aufregend, das ist meine erste Geisterbeschwörung«, versuchte Samantha die unangenehme Stille zu brechen, die sich über sie gelegt hatte. Ihr gefiel es nicht, wie Kathleen einfach so ins Nichts starrte und mit ihren Gedanken anscheinend ganz woanders war.

Kathleen schaute sie an. »Ganz ehrlich, du hast sie nicht mehr alle. Du glaubst nicht ernsthaft, dass wir hier gleich mit echten Geistern sprechen werden? Sie wird wahrscheinlich das Glas ein bisschen auf dem Tisch hin und her schieben, das Licht wird ein paar Mal flackern, und dann verkündet sie, dass die Seele befreit ist. Der übliche Humbug eben.«

»Ich weiß ja nicht, bei welchen Hexen ihr bisher wart, allerdings kann ich euch versichern, dass ich solchen Schwindel nicht betreibe«, sagte Madame Eliza, die in diesem Moment mit dem Witchboard durch den Perlenvorhang trat und es auf den Tisch legte. Es war ein schlichtes Holzbrett, auf dem mit schwarzer Farbe Buchstaben und Zahlen gemalt waren, die sich um ein Bild in der Mitte des Brettes verteilten. Dort sah man eine Sonne und einen Mond, die ineinander verschlungen waren, am oberen Ende gab es die Worte JA und NEIN. Dazu legte sie ein Dreieck aus demselben Holz, in dessen Mitte ein Glaseinsatz eingelassen war, durch den man sah, was darunter lag.

»Normalerweise weigere ich mich, Geisterbeschwörungen zu machen, da sie viel zu gefährlich und unberechenbar sind, aber in diesem Fall sehe ich keinen anderen Weg.«

Kathleen blieb der bissige Kommentar im Hals stecken, als sie in Madame Elizas blitzende Augen sah, die direkt auf sie gerichtet waren.

»Ich weiß, du hältst nichts davon, doch ich will dir wirklich helfen. Dafür musst du allerdings genau das tun, was ich dir sage. Verstanden?«

Eigentlich wollte Kathleen nichts lieber tun als aufzustehen und zu gehen, aber irgendetwas hielt sie davon ab, ihre Muskeln wollten ihr einfach nicht gehorchen. Es war fast so, als ob eine Macht wollte, dass sie die Beschwörung machte. Sie musste das also wohl oder übel durchziehen.

»Sehr schön, dann können wir ja anfangen.« Madame Eliza setzte sich wieder in ihren Sessel, und Samantha warf einen besorgten Blick auf Kathleen, bevor sie fragte: »Also, was sollen wir tun?«

»Ihr legt jeweils einen Finger auf den Zeiger und seid still.« Sie drehte das dreieckige Holzstück in ihrer Hand. »Ihr werdet lediglich als Katalysatoren dienen. Den eigentlichen Kontakt werde ich herstellen. Kriegt ihr das hin?«, fragte sie und legte den Zeiger in die Mitte des Brettes.

»Ja«, sagten beide.

»Gut, beginnen wir. Legt bitte den Zeigefinger eurer rechten Hand auf den Zeiger.« Madame Eliza richtete sich auf und krempelte die Ärmel ihres Gewandes nach oben, während die jungen Frauen ihre Finger auf das Holzstück legten. Sie tat es ihnen gleich und stimmte einen Sprechgesang an. »Ihr ruhelosen Seelen, wir möchten mit demjenigen sprechen, der Kathleen Träume schickt. Komm zu uns!«

Plötzlich erloschen die Kerzen auf dem Tisch, und ein kalter Lufthauch durchfuhr den Laden. Die Kräuter in den Regalen raschelten und verbreiteten ihren Duft intensiver als zuvor.

»Bist du nun bei uns? Sprich mit uns über das Witchboard.«

Es wurde kälter im Raum, und der Zeiger auf dem Brett bewegte sich auf das JA und wieder zurück in die Mitte. Kathleen unterdrückte den Impuls, die Hand wegzuziehen.

Das ist alles nur Show, nichts davon kann uns etwas tun.

»Bist du es, der Kathleen diese Träume schickt?«

Erneut glitt der Zeiger zum JA.

»Nenn uns bitte deinen Namen.« Madame Eliza hatte bei Kathleens Beschreibungen einen Verdacht gehabt, wer für die Albträume verantwortlich war, aber sie brauchte einen klaren Beweis.

Es wurde gespenstisch still im Laden. Der Straßenlärm, der eben noch sehr deutlich zu hören war, drang nun gedämpft zu den dreien durch, als wären sie in Watte gepackt. Die Abwesenheit dieser alltäglichen Geräusche verursachte bei Kathleen eine Gänsehaut und sie überlief ein kalter Schauer.

Recht überzeugend, zugegeben, aber das ist trotzdem nur inszeniert.

Der Zeiger begann zu buchstabieren.

L-A-D-Y L-E-Y-A-N-N-A A-S-H-B-O-U-R-N-E

»Lady Leyanna Ashbourne«, murmelte Kathleen. »Den Namen kenne ich.«

»Woher?«

»Ich weiß es nicht.« Der Name löste in Kathleen etwas aus und bereitete ihr mehr Gänsehaut, als sie sowieso schon hatte, da sie nicht sagen konnte, woher sie den Namen kannte.

»PSST!«, schallte es von Madame Eliza. »Seid ruhig!«

»Warum schickst du ihr diese Träume?«, fragte sie nun die Präsenz.

Der Zeiger bewegte sich erneut.

S-I-E I-S-T

Weiter kam er nicht, denn in dem Moment brach ein gleißend heller Lichtstrahl aus dem Witchboard hervor und richtete sich direkt auf Kathleen, sodass sie davon geblendet wurde. Nach und nach sah sie einzelne Bilder und Szenen. Erinnerungen, die nicht ihre eigenen waren. Momentaufnahmen eines ganzen Lebens, jedoch nicht ihres Lebens. Sie waren ihr so vertraut, als hätte sie selbst all das erlebt. Es war ein Leben, das zu früh beendet wurde. Sie sah ein junges, rothaariges Mädchen, das mit anderen Kindern auf einer Wiese fangen spielte. Sie sah den gutaussehenden, jungen Mann, den sie in ihren Träumen gesehen hatte. Er lächelte sie verschmitzt an, und Schmetterlinge begannen, in ihrem Bauch herumzuflattern. Sie sah aber auch eine Version von ihm, die aufgebracht und verzweifelt war. Sie sah Schmerz in seinen Augen, und ihr Herz zog sich zusammen. Sie sah das Mädchen wieder, mittlerweile eine junge Frau, wie sie aus einer Ruine stieg und hinter ihr die Flammen dem Himmel entgegen züngelten. Die Bilder prasselten immer schneller auf sie ein. So viele Eindrücke auf einmal, dass sie schließlich gar nichts mehr erkennen konnte. Nur noch Farbblitze und dann plötzlich Dunkelheit. Alles verschlingende, schwarze Dunkelheit. Kathleen wurde ohnmächtig, kippte polternd vom Stuhl und riss das Witchboard und einige Kerzen mit sich zu Boden.

Kapitel 4

»Kathie!« Samantha stieß einen Schrei des Entsetzens aus und stürzte zu ihrer Freundin, die auf dem Boden lag und langsam zu sich kam.

»Was war das denn?«, fragte Kathleen und rappelte sich wieder auf. Ihr Kopf dröhnte, aber ihre Sicht wurde schon klarer. Sie kämpfte gegen den Schwindel an und ließ sich von Samantha zurück auf ihren Stuhl helfen.

»Komm, setz dich erstmal.«

Madame Eliza saß mit kreideweißem, ausdruckslosem Gesicht weiterhin in ihrem Sessel. Solch eine mächtige Präsenz hatte sie in ihrem ganzen Leben nicht gespürt. Sie hatte die Geschichten über sie gehört, doch niemals hätte sie gedacht, dass sie selbst im Tod noch so viel Macht besaß. Sie hatte ohne große Anstrengung die Kontrolle über die Beschwörung übernommen!

»Habt ihr auch dieses Licht und die Bilder gesehen? Was war das?«, fragte Kathleen erneut und strich sich eine der schwarzen Locken aus dem Gesicht.

»Oh Gott!«, rief Samantha und schlug sich die Hände vors Gesicht.

»Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen«, versuchte Kathleen sie mit einem Lächeln zu beruhigen, doch der entsetzte Ausdruck wich nicht vom Gesicht ihrer Freundin. »Was ist los?«

»Okay, du darfst dich nicht aufregen, Kathie. Wahrscheinlich hast du eine Gehirnerschütterung, da wäre Aufregung gar nicht gut«, plapperte Samantha, während sie etwas in ihrer Tasche suchte.

»Wieso soll ich mich nicht aufregen? Was ist los? Rede mit mir, Sami!« Wenn ihre beste Freundin sich so ausdrückte, musste es wirklich schlimm sein.

Wortlos reichte Samantha ihr einen kleinen, runden Spiegel.

»Was mach ich damit?«

»Reinschauen.«

Kathleen blickte hinein und ließ ihn fast fallen. Die Strähne, die direkt über ihrem Auge hing und ständig machte, was sie wollte, war nicht länger schwarz. Sie war schlohweiß.

»Was ist das?«, rief Kathleen, teils aus Wut, teils aus purem Entsetzen. »Erst das Licht, dann die Bilder, und jetzt das hier!« Sie hielt die weiße Strähne angewidert hoch. Was auch immer diese Wahrsagerin gerade für eine Show abzog, es war definitiv nicht witzig. Das ging zu weit, viel zu weit. Kathleen wollte wissen, was los war und zwar sofort.

»Welches Licht? Wovon redest du, Kathie? Du wurdest plötzlich ohnmächtig und hast dabei das Brett mit vom Tisch gerissen.«

Da erwachte Madame Eliza aus ihrer Schockstarre. »Du hast ein Licht gesehen? Beschreibe es mir!«

»Was gibt es da zu beschreiben? Es war halt ein helles Licht!«

»Hast du sonst noch etwas gesehen? Außer dem Licht?«

»Da waren Bilder. Momentaufnahmen wie in meinen Träumen, und plötzlich war alles schwarz.« Ein Schauder überlief Kathleen beim Gedanken an das, was sie in dem Licht gesehen hatte. Es war ihr so vertraut vorgekommen, als wären es wirklich ihre Erinnerungen gewesen, doch das war unmöglich. Sie hatte all das nie erlebt, da war sie sich sicher.

Aber wenn es nicht meine sind, wessen dann?

»Oh oh«, sagte Madame Eliza, denn ihre Vermutung bestätigte sich immer mehr.

»Was soll das schon wieder heißen?«

Madame Eliza ging nicht darauf ein, sondern klaubte das Witchboard samt Zeiger vom Boden auf und arrangierte alles erneut auf dem Tisch.

»Hallo?! Wären Sie so freundlich, meine Fragen zu beantworten? Was geht hier vor sich?« In Kathleen fing die Wut an zu brodeln. Sie wollte Antworten haben, das konnte nicht nur die Show einer Schwindlerin sein. Das fühlte sich real an, realer, als Kathleen lieb war.

»Gleich.« Madame Eliza wedelte die Frage mit der Hand weg. Zum Reden war später Zeit. Erst brauchte sie Gewissheit, musste ganz sicher sein, dass ihre Vermutung stimmte.

»Legt bitte eure Finger auf den Zeiger.«

Samantha tat, was ihr gesagt wurde. Sie spürte die erdrückende Atmosphäre, die mittlerweile im Laden herrschte. Da war was mächtig schiefgelaufen. So hatte sie Madame Eliza noch nie gesehen, und auch bei ihrer besten Freundin bröckelte die coole Fassade, die sie so gerne nach außen hin trug.

»Glauben Sie wirklich, dass ich nach gerade eben auch nur in die Nähe von dem Ding …«, setzte Kathleen gerade zu einer ausgewachsenen Schimpftirade an, als sie wüst von Madame Eliza unterbrochen wurde.

»Du tust, was ich dir sage! Setz dich hin und leg deinen Finger auf den verdammten Zeiger!« Ihr Blick erdolchte Kathleen förmlich und ihre Stimme hallte im Laden wider. Es war klar, dass sie keine Widerrede duldete.

Schließlich gab sich Kathleen geschlagen und legte den Finger auf den Zeiger.

»Ich rufe den Geist von Lady Leyanna Ashbourne! Komm zu uns!« Madame Eliza wartete, ob sie die mächtige Präsenz spürte, aber da war nichts.

»Gib uns ein Zeichen, dass du da bist!«, versuchte sie eine Verbindung aufzubauen, allerdings vergeblich. Sie ließ den Zeiger los. Ihre Befürchtung hatte sich bewahrheitet. Madame Eliza verschwand durch den Vorhang ins Hinterzimmer.

»Was macht sie denn jetzt?«, wollte Kathleen wissen und schaute auf den Vorhang, der ein leises Klimpern von sich gab.

»Weiß ich nicht. Viel wichtiger ist erstmal, wie es dir geht. Ist dir schwindelig? Oder schlecht?«

»Wie soll es mir schon gehen, Sami? Ich sitze hier in diesem verrückten Laden, mit einer noch verrückteren Wahrsagerin und muss ab sofort damit rumlaufen.« Sie hielt wieder angewidert die weiße Strähne hoch. Kathleen machte sich normalerweise nichts aus ihren Haaren, aber das war der physische Beweis, dass irgendwas gewaltig schiefgelaufen war und das machte sie gerade wahnsinnig. Und wenn sie ehrlich war, hatte sie tierische Angst.

Wie kann ich etwas leugnen, das ich sehen und anfassen kann?

Ohne die blöde Strähne hätte sie es als gut inszenierte Show abtun können, so allerdings …

Mit einem Klimpern kam Madame Eliza zurück. Sie blätterte in einem alten, in Leder gebundenen Buch und murmelte vor sich hin.

»Würden Sie uns mal sagen, was hier los ist?« Kathleen wurde immer ungeduldiger. Sie wollte endlich wissen, was für ein Spiel diese Frau mit ihnen trieb.

»Ich wusste es.« Das war alles, was Madame Eliza von sich gab.

»Was wussten Sie?«

»Dass es mehr als nur ein unruhiger Geist war. Lady Leyanna Ashbourne ist eine Legende.« Madame Eliza konnte nicht glauben, was sie da las und noch weniger, dass diese Präsenz tatsächlich die Frau sein sollte, um die sich so viele Mythen rankten.

»Was für eine Legende hat es nötig, mir Albträume zu schicken?« Kathleen hatte genug von dem Ganzen. »Wissen Sie was? Vergessen Sie es! Ich bin raus.« Kathleen griff nach ihrer Tasche und stand auf. Sie musste an die frische Luft. Dem kleinen Laden entkommen, der sie einzuengen begann.

»Du kannst nicht gehen. Wir müssen sie erst aus dir austreiben.« Madame Eliza schaute von ihrem Buch auf.

»Wow! Was? Okay, damit bin ich endgültig weg. Sie sind verrückt.« Kathleen drehte sich Richtung Tür.

»Warte, du kannst nicht einfach gehen«, versuchte Samantha ihre beste Freundin aufzuhalten.

»Und wie ich das kann! Pass mal auf.« Damit verließ Kathleen wutschnaubend den Laden.

»Du musst auf sie Acht geben«, beschwor Madame Eliza Samantha. »Lady Leyanna Ashbourne hatte Feinde, die ihr auch heute noch nach dem Leben trachten, egal, in welchem Körper sie steckt. Gib ihr das.« Sie drückte ihr das Buch in die Hand. »Sie soll es lesen. Das wird ihr einige Fragen beantworten. Pass auf sie auf!«

Samantha schnappte sich ihre Tasche und das Buch und lief aus dem Laden, um Kathleen einzuholen.

Madame Eliza blickte ihr nach. Als die Tür ins Schloss gefallen war, ging sie zum Tresen und nahm das Telefon, das dort lag. Auch wenn es ihr widerstrebte, wusste sie doch, was sie zu tun hatte. Sie wählte und wartete. Schließlich sagte sie: »Ich habe die Person gefunden, nach der du suchst. Sie hat gerade meinen Laden verlassen.«

Sie hörte zu und erwiderte: »Wer es ist, wirst du schon selbst rausfinden, das war nicht Teil unseres Deals.«

Sie legte auf, blickte gedankenverloren aus dem Schaufenster und beobachtete die beiden Frauen, die sich vor ihrem Laden stritten. Dann griff sie erneut zum Hörer und wählte eine andere Nummer, um die gleichen Informationen weiterzugeben. Sie sollten wenigstens eine kleine Chance bekommen.

Kapitel 5

»Kathie, warte auf mich!«, rief Samantha, als sie aus dem Laden raus rannte. Das war nicht so gelaufen, wie sie es geplant hatte, absolut nicht.

»Wozu?«, rief Kathleen über ihre Schulter. »Um mir noch mehr Schwachsinn anzuhören?« Sie wollte nicht stehen bleiben. Sie musste sich bewegen, so weit weg von alldem, wie es nur ging. »Ich wusste von Anfang an, dass es eine blöde Idee war. Ich hätte einfach auf mein Bauchgefühl hören sollen.« Sie konnte selbst nicht glauben, dass sie sich dazu hatte überreden lassen.

»Warte!« Samantha packte sie am Arm, damit sie stehen blieb.

»Was?!« Kathleen funkelte sie mit vor Wut blitzenden Augen an. Sie war nicht auf Samantha sauer, sondern auf die Situation, für die sie keine Erklärung fand und die sie überforderte.

»Was ist, wenn dieser Geist wirklich in dich gefahren ist? Was willst du dann machen?« Samantha hoffte bei Gott, dass dem nicht so war. So erschrocken wie Madame Eliza allerdings gewirkt hatte, war es möglich.

»Oh bitte!«, rief Kathleen und warf die Arme in die Luft. Sie konnte doch nicht so naiv sein. »Du glaubst den Mist, den die da von sich gibt?«

»Angenommen, das alles ist Unsinn, wie erklärst du die hier?« Samantha griff nach der weißen Strähne in Kathleens Haar.

»Ich …« Kathleen stockte. Diese verdammte Strähne! »Ich weiß es nicht, aber es hat sicher nichts mit dem zu tun, was dir diese Betrügerin weismachen will.« Sie schlug Samantha die Haare aus der Hand. Sie wollte nicht darüber nachdenken, was die blöde Strähne bedeuten könnte. Sie wollte all das einfach wieder vergessen. Zu Hause würde sie als Erstes diese verfluchte Strähne überfärben!

»Verdammt nochmal, Kathie!« Samantha stampfte mit dem Fuß auf. Sie hasste es, dass ihre Freundin manchmal so unfassbar stur war. »Kannst du nicht einmal den Gedanken zulassen, dass es mehr gibt, als das, was du sehen und rational erklären kannst? Zumal du die Strähne ja sehen und anfassen kannst!«

»Ach ja?! Diese blöde Strähne ist nun mal jetzt weiß, aus welchem Grund auch immer. Doch eins ist sicher, nämlich dass das kein Geist oder Präsenz oder sonst was war. So was gibt es nämlich nicht. Werd endlich erwachsen, Sami!« Sie sah in Samanthas Augen, dass sie zu weit gegangen war. Kathleen wollte eigentlich nicht so hart zu ihr sein. Sie bewunderte die Fähigkeit, sich für fantastische Sachen begeistern zu können. Dass sie ihren Kopf in den Wolken trug, selbst wenn die Welt kalt und grausam war. Aber was da eben passiert war, war schlicht zu viel für Kathleen.

»Wie du willst.« Samantha versuchte, die Tränen zu unterdrücken, die in ihren Augen brannten. Sie hatte ihr nur helfen wollen. Da Kathleen allein klarkommen wollte, würde sie das akzeptieren. »Trotzdem solltest du das hier lesen.« Sie drückte ihr das Buch von Madame Eliza in die Hand. Das war das Einzige, was sie noch für sie tun konnte. »Ich muss zu meiner Schicht im Gardens.« Samantha drehte sich auf dem Absatz um und ging davon, damit man ihre Tränen der Wut und Verzweiflung nicht sah.

Kathleen stand da, mit dem Buch in der Hand und starrte ihrer besten Freundin hinterher. Sie wollte sie wirklich nicht verletzen, doch manchmal war ihr naiver Glaube an alles, was übernatürlich war, einfach unerträglich.

Als sie Samantha nicht mehr sah, wandte sie sich dem Buch in ihrer Hand zu. Es war ledergebunden und die Ecken abgegriffen, als ob es jemand sehr oft zur Hand genommen hatte. Sie suchte nach einem Titel, fand allerdings keinen. Das Buch berührte etwas in ihr. Das Leder in ihrer Hand fühlte sich vertraut an. Kathleen schüttelte den Kopf und steckte das kleine Buch in ihre Handtasche. Was auch immer heute los war, sie hoffte, dass es vorbei war, wenn sie sich zu Hause ein wenig hingelegt hatte. Das war einfach verrückt. So hatte sie sich ihren freien Tag bestimmt nicht vorgestellt.

Am Abend würde sie versuchen, mit Samantha zu reden und sich bei ihr entschuldigen. Dann würden sie das schon klären können. Kathleen drehte sich um und machte sich auf den Heimweg.

Kapitel 6

Als Kathleen später aus der S-Bahn stieg, hatte sie das Gefühl, verfolgt zu werden. Sie schaute sich unauffällig um, sah aber niemanden, der sie zu beobachten schien. Nur der gewöhnliche Trubel der Stadt umgab sie.

»Jetzt werde ich auch noch paranoid«, murmelte sie kopfschüttelnd. Sie konnte nicht fassen, dass sie auf die Show dieser Wahrsagerin reingefallen war. Unbewusst beschleunigte sie ihre Schritte, als der Hinterhof, in der ihre Wohnung lag, in Sicht kam. Glücklicherweise war sie gleich zu Hause und würde sich dort in ihrem Bett einkuscheln, um die heutigen Geschehnisse zu vergessen. Als sie um die Ecke bog, blieb sie wie angewurzelt stehen. An ihrer Haustür lehnte ein ihr unbekannter Mann. Er war groß, bestimmt 2 Meter, und trug einen schwarzen Trenchcoat. Und er jagte ihr mehr Angst ein, als sie sich eingestehen wollte. Er bemerkte Kathleen, stieß sich von der Wand ab und kam auf sie zu. Sie drehte sich um und wollte flüchten, als hinter ihr ein weiterer Trenchcoat-Typ auftauchte. Ihr Puls begann zu rasen, und sie suchte vergeblich nach einer Fluchtmöglichkeit. Sie kreisten sie ein, und je näher sie kamen, desto enger fühlte sich ihre Kehle an. Der Versuch zu schreien scheiterte, weil sie keinen Ton herausbekam. Die beiden Kerle sahen sich an und begannen zu lachen.

»Was ist denn los? Hat das kleine Vögelchen seine Stimme verloren?«, fragte Nummer 1, während sein Blick sie prüfend taxierte.

»Was wollt ihr von mir?«, fragte Kathleen laut, in der Hoffnung, dass jemand in den umliegenden Häusern sie hörte. Ihre Stimme klang zwar zittrig, aber wenigstens bekam sie überhaupt wieder einen Ton raus. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie musste die Fremden nur lange genug hinhalten, bis jemand vorbeikommen und ihr helfen würde.

»Bist du sicher, dass sie die Richtige ist? Ziemlich gefährlich scheint sie ja nicht zu sein.« Nummer 2 kam einen Schritt auf Kathleen zu.

»Ist doch egal. Der Boss sagt, wir sollen sie zu ihm bringen und das machen wir auch. Wenn sie die Falsche ist, bekommen wir sie ja vielleicht zum Spielen.« Er warf ihr einen lüsternen Blick zu und Kathleen vertrieb die Übelkeit, die dabei in ihr aufstieg. Sie musste um jeden Preis verhindern, dass die sie in die Finger bekamen.

Mit einem schmierigen Grinsen auf den Lippen setzten sie sich in Bewegung und drängten sie weiter in eine der Ecken hinein. Kathleen wich zurück, bis sie den kalten Stein der Häuserwand in ihrem Rücken spürte. Panik und Übelkeit drohten sie zu überwältigen. Sie versuchte, sich auf den Beinen zu halten, denn die Bilder, die in ihrem Kopf herumspukten, reichten ihr. Sie suchte verzweifelt nach einem Fluchtweg oder einer Person, die ihr helfen konnte, aber sie fand weder das eine noch das andere.

Auf einmal war da ein Kribbeln in Kathleens Händen. Erst nur zart, als wollte es lediglich ihre Aufmerksamkeit erregen. Dann wurde es drängender, und schließlich breitete sich das Kribbeln langsam in ihrem ganzen Körper aus. Eine Wärme stieg in ihr auf, wie ein Feuer in ihrem Inneren. Doch es verbrannte sie nicht. Es war eher, als ob es sie beschützen und ihr Kraft geben wollte. Und mit der Kraft kam die Wut.

Was fällt denen überhaupt ein, mir vor meinem Zuhause aufzulauern?

Und plötzlich war da diese Stimme in ihrem Kopf. Für Kathleen war es eine verzerrte Version ihrer eigenen Stimme, aber sie wusste genau, dass sie nicht zu ihr gehörte. Nein, es war die Stimme, die sie im Traum gehört hatte.

Lass mich das übernehmen, denen wird das Lachen schnell vergehen.

Die Stimme lachte schallend in Kathleens Kopf, bis es nach außen drang, und plötzlich hörte sie sich selbst lachen und verlor die Kontrolle über ihren Körper. Sie stand neben sich, unfähig, in das Geschehen einzugreifen. Unfähig, zu erfassen, was gerade mit ihr geschah. Sie sah, wie sie die Arme ausbreitete und die Hände auf die beiden Männer richtete, die nach wie vor auf sie zukamen und offensichtlich nichts von der Veränderung in ihr mitbekamen.

Kathleen traute ihren Augen nicht, als sie ihre brennenden Hände sah. Ihre Wahrnehmung beschränkte sich auf die Flammen, die an ihnen entlang züngelten. Ohne sie zu verbrennen oder ihr zu schaden. Das, gemischt mit einem unheilvollen Lachen, war das Letzte, was sie wahrnahm, bevor sie zum zweiten Mal an diesem Tag ohnmächtig wurde. Sie bekam nicht mehr mit, dass sie das Feuer auf die Männer schleuderte.

Kapitel 7

Arthur beobachtete das ganze Spektakel vom Eingang des Hinterhofs aus und traute seinen Augen nicht. Erst wollte er losstürmen, um der jungen Frau zu helfen, doch dann sah er die Flammen und stockte. Was sich da vor ihm abspielte, konnte unmöglich wahr sein. Er holte sein Telefon aus der Jackentasche und wählte.

»Hey Ed, ich habe die Frau gefunden, die Eliza uns gemeldet hat«, sagte er, als der Angerufene nach einer gefühlten Ewigkeit abhob.

»Und?«, fragte dieser aufgeregt.

»Na ja«, er machte eine kurze Pause, denn er wusste nicht genau, wie er das gerade gesehene zusammenfassen sollte. »Sie wurde von Richards Männern in die Enge getrieben.«

»Aber du hast sie gerettet?«

»War gar nicht nötig.«

»Wie meinst du das?«

»Sie hat die beiden gegrillt und ist in Ohnmacht gefallen«, fasste Arthur die Szenerie zusammen.

»Was?! Aber wenn der Geist eben erst in sie eingedrungen ist, dürfte sie noch keinen Zugang zu ihren Kräften haben.«

»Ich glaube kaum, dass sie das wirklich bewusst gemacht hat. Es wirkte eher als …« Arthur atmete tief durch, ehe er seine Vermutung aussprach. »Es wirkte eher, als ob jemand sie gelenkt hat. Jemand, den wir kennen und dessen Wut sich schon immer in Flammen manifestiert hat.«