Libyen - Awni S. Al-Ani - E-Book

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Awni S. Al-Ani

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Beschreibung

Der Band beleuchtet die Hintergründe des libyschen Machtkampfes und versucht, Antworten auf die brennendsten Fragen zu geben: Wie kam es dazu, dass ein ursprünglich revolutionäres, antikolonialistisches Projekt der Herrschaft des Volkes zu einer Diktatur über das Volk verkommen ist? Was ist vom neuen Libyen zu erwarten? Kommt es gar zu einer Teilung des Landes? Und welche Interessen vertritt der Westen tatsächlich mit seinen Bomben und Marschflugkörpern?

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Seitenzahl: 309

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Fritz Edlinger (Hg.) Libyen

© 2011 Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien Lektorat und Gestaltung: Stefan Kraft

ISBN:  978-3-85371-809-4 (ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-85371-330-3)

Fordern Sie einen Gesamtprospekt des Verlages an: Promedia Verlag Wickenburggasse 5/12 A-1080 Wien

Inhaltsverzeichnis
Fritz Edlinger - Vorwort
Gerd Bedszent - 42 Jahre Volks-Dschamahirija
Konrad Schliephake - Demographie und Arbeitsmarkt im Rentier-Staat
Thomas Hüsken- Politische Kultur und die Revolution in der Kyrenaika
Ines Kohl - Gaddafis Instrumentalisierung der Tuareg
Ines Kohl/Rami Salem - Libyens Berber, ein verleugnetes Volk
Awni S. Al-Ani - Libyen, Tochter der UNO
Fritz Edlinger - Eine merkwürdige Affäre: Muammar al-Gaddafi und die europäischen Linken, Grünen und Rechten
Peter Strutynski - Deutschland schießt nicht mit
Stefan Brocza- Das Scheitern der EU-Mittelmeerpolitik
Karin Leukefeld - Die Medien im Krieg gegen Libyen
Zeittafel: Libyen im 20. und 21. Jahrhundert
Anhang 1: Memorandum zur Resolution des Sicherheitsrats 1973 (2011) und ihrer Umsetzung durch eine „Koalition der Willigen“ unter der Führung der Vereinigten Staaten und der NATO
Anhang 2: Resolution 289 verabschiedet von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 21. November 1949
Anhang 3: Resolution 1973 (2011)
Über die Autorinnen und Autoren
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Vorwort

Fritz Edlinger

Im Dezember 2009 habe ich in das Vorwort in dem von mir gemeinsam mit Erwin Ruprechtsberger herausgebrachten Buch über Libyen1 geschrieben: „Die Libysch-Arabische Volks-Dschamahirija ist zweifellos auf dem Weg der Öffnung und dies ist ein – trotz mancher äußerer und innerer Widerstände – irreversibler Prozess. Wohin diese Öffnung letztlich führen wird, ist derzeit noch nicht mit Sicherheit zu sagen, aber die Dinge sind in Bewegung geraten.“ Zu diesem Zeitpunkt existierten weder organisierte Rebellengruppen in der Kyrenaika noch Hinweise darauf, dass der Westen solche unterstützen würde. Die erste Prognose meiner damaligen Einschätzung ist – und das kann man heute (dieses Vorwort wurde am Tage des Eindringens der Rebellentruppen in Tripolis am 22. August 2011 verfasst) mit Sicherheit sagen – tatsächlich eingetreten, wenngleich auch in einer für viele überraschenden Art und Weise. Die zweite Aussage erwies sich als noch zutreffender. Ohne Zweifel wird die libysche Rebellion in absehbarer Zeit den endgültigen Sieg davontragen. Was aber danach kommen wird, ist ungewiss. Dieses Buch, dessen Beiträge ohne Ausnahme zu einem Zeitpunkt verfasst wurden, da die militärischen Auseinandersetzungen gerade ein, zwei oder drei Monate im Gange waren, will also nicht in erster Linie die Ausgestaltung des politischen Systems im neuen Libyen behandeln. Sondern die aus meiner Sicht zumindest ebenso spannenden Fragen, wie es zu den jüngsten Entwicklungen kommen konnte und wie die strukturellen Grundprobleme der libyschen Gesellschaft lauten. Dies ist – vor dem endgültigen Niedergang des 42 Jahre andauernden Systems der Volksherrschaft – eine riskante Angelegenheit und ich möchte mich auch an dieser Stelle bei den Autorinnen und Autoren dieses Buches herzlich für ihren Mut, mich bei diesem heiklen politik- und sozialwissenschaftlichen Experiment zu unterstützen, bedanken. Wir haben versucht, die komplexe und in vielen Aspekten dem durchschnittlichen Publikum kaum bekannte innere Beschaffenheit dieses nordafrikanischen Staates näher zu analysieren. „Wie kam es dazu?“ lautete unsere Fragestellung, aber auch: „Wie wird/kann es weitergehen?“.

Bei der Auswahl der Autorinnen und Autoren für dieses Buch haben wir in keiner Weise auf die politische Zuordnung geachtet, wichtig war uns die fachliche Kompetenz, das Wissen um bestimmte Zusammenhänge, die persönliche Erfahrung und auch da und dort die Originalität der zu erwartenden Beiträge. Insofern ist uns – ich hoffe sehr, dass sich unsere eigene Einschätzung mit jener der Leserinnen und Leser decken wird – ein Buch gelungen, das interessante und bislang kaum bekannte Details öffentlich macht. Wer sich eine Kampfschrift für oder gegen eine der beiden Konfliktparteien des jüngsten Bürgerkriegs2 erwartet, wird enttäuscht sein. Dies war kein ausschlaggebendes Kriterium bei der Auswahl der Beiträge. Man wird massive Kritiker des alten Systems ebenso finden wie Skeptiker und offene Kritiker der NATO-gestützten Rebellion.

Somit möchte ich mir noch einige persönliche Einschätzungen erlauben, wobei ich bewusst auf eine vordergründige Stellungnahme zu den jüngsten Ereignissen verzichte. Dies wird zum Teil ohnedies in einigen der folgenden Beiträge getan, zum anderen möchte ich an dieser Stelle einzelne Aspekte beleuchten, die zweifellos die zukünftigen politischen Verantwortlichen in Libyen aber auch in der gesamten Region beschäftigen werden.

Da ist zu einem die Rolle der Jugend in der libyschen Rebellion, die im Gegensatz zu Tunesien und Ägypten in den Berichten der letzten Wochen und Monate kaum erwähnt wurde. Dies hängt meiner Meinung nach weniger damit zusammen, dass die gesellschaftliche Position der jungen Menschen in Libyen sich von jener in den meisten anderen arabischen Staaten grundsätzlich unterscheidet, sondern in erster Linie doch mit der, etwa im Vergleich zu Tunesien und Ägypten, deutlich zurückhinkenden gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Dies gilt vor allem für die Bereiche Bildung und Beschäftigung, wie dies auch im Beitrag von Konrad Schliephake gut dargestellt wird. Ein weiterer Unterschied zwischen Libyen und den beiden Nachbarstaaten betrifft den in den letzten Jahren wieder deutlich zunehmenden tribalen Einfluss auf das öffentliche Leben, der die Entwicklungschancen der Jugend in der libyschen Gesellschaft deutlich einschränkt und hemmt. Der Ethnologe Thomas Hüsken geht in seinem Beitrag über die Situation in der ostlibyschen Region Kyrenaika auch ausführlich darauf ein und schildert, dass sich die Jugend dort kaum gegenüber den Repräsentanten der althergebrachten Stammesstrukturen behaupten kann und auch in den Entscheidungs- und Beratungsgremien des Aufstandes fast nicht vertreten ist. Die jungen Libyer haben sich daher in den Monaten der Rebellion weitgehend auf den militärischen Kampf konzentriert. Thomas Hüsken sieht für die Periode des Aufbaus neuer politischer Strukturen einen Generationenkonflikt voraus. Die Situation in Tripolitanien dürfte sich – im Gegensatz zu der jugendfreundlichen Selbstdarstellung des Gaddafi-Regimes – von jener im Osten nicht wesentlich unterscheiden. Denn auch Gaddafi griff in den letzten Jahren immer stärker auf die Traditionen und Vorstellungen der Stämme zurück. Es ist daher durchaus zu erwarten, dass die libysche Jugend, dem Beispiel ihrer tunesischen und ägyptischen Alterskollegen folgend, diese Marginalisierung nicht länger hinnehmen wird. Somit wird sich auch das neue Libyen, wie immer dieses im Detail aussehen mag, mit den politischen, ökonomischen und sozialen Wünschen und Forderungen der Jugend auseinandersetzen müssen.

Damit komme ich zu einem zweiten Aspekt, der aufgrund vergleichbarer Erscheinungen in anderen unruhigen Staaten des Nahen Ostens wichtig erscheint: die starke Rückbesinnung auf familiäre Stammesbeziehungen. So stellt diese Entwicklung beispielweise im Jemen einen ganz wichtigen Faktor des Bürgerkriegs dar. Im Unterschied zu anderen Staaten in der engeren Region3 nahm auch Muammar Gaddafi, der trotz seiner beduinischen Abstammung zunächst eine Politik im Sinne des arabischen Sozialismus von Nasser verfolgte, relativ bald wieder auf die traditionellen Stammesstrukturen Rücksicht. Zwei Faktoren dürften für diese Rückwendung ausschlaggebend gewesen sein: eine gewisse Mystifizierung des naturnahen und freien Lebens der herkömmlichen Wüstenbewohner4, aber zweifellos auch ganz konkrete und brutale Interessen der Machterhaltung und die dazu nötige Schaffung von Loyalitäten, die der Revolutionsführer in erster Linie bei den ihm nahestehenden Clans Tripolitaniens suchte und fand. Gaddafi verstärkte damit eine traditionell bestehende Kluft zwischen dem östlichen und dem westlichen Teil Libyens und einen der Beweggründe des Bürgerkriegs. Eines der im Nachkriegslibyen auf jeden Fall zu bewältigenden Probleme wird daher die Wiederannäherung der unterschiedlichen Stämme der Kyrenaika und Tripolitaniens sein.5 Ob dies der im Übergangsrat vereinigten Anti-Gaddafi-Koalition tatsächlich gelingen wird, ist schwer zu beantworten. Denn der Einfluss der Repräsentanten des traditionellen Stammeswesens dürfte in der Kyrenaika beträchtlich sein und es bleibt abzuwarten, ob sich die gegenwärtige Führung des Übergangsrats, in dem abtrünnige Gaddafi-Gefolgsleute und im Westen ausgebildete Technokraten dominieren, weiterhin behaupten kann. Eine interne Machtverschiebung vom Westen in den Osten wird es nach Beendigung des Bürgerkriegs meines Erachtens nach auf jeden Fall geben und es ist daher nicht auszuschließen, dass die Stammesvertreter aus der Kyrenaika alte Rechnungen mit den bisherigen Herrschern aus Tripolitanien begleichen werden.

Diese Akzentverschiebung zugunsten traditioneller ethnischer und religiöser Strukturen in vielen Staaten Arabiens stellt sowohl einen Auslöser wie auch ein Ergebnis der verschiedenen revolutionären und rebellierenden Bewegungen dar. In einem gewissen Maße vertritt die „Revolution der Jugend“ in Tunesien und Ägypten ein Gegenkonzept zu diesen Strömungen. Wir werden mit Spannung beobachten, wohin der Trend in den nächsten Jahren geht.

Damit komme ich zum letzten Aspekt meiner Einleitung: die zu erwartenden regionalen Auswirkungen der libyschen Rebellion. Diese wurden in der Berichterstattung der letzten Wochen und Monate viel zu wenig behandelt, könnten sich aber sehr bald als ein höchst unangenehmer und gefährlicher Kollateralschaden des libyschen Bürgerkriegs erweisen. Bei den meisten westlichen Interventionen in den letzten Jahrzehnten (etwa in Afghanistan oder dem Irak) wurden kaum die Folgewirkungen derartiger Eingriffe bedacht und zogen jahrzehntelange militärische Auseinandersetzungen nach sich, die Hundertausende, wenn nicht Millionen unschuldiger Opfer forderten und zudem Unsummen an finanziellen Mitteln verschlangen. Libyen könnte sich zu einem ähnlich unbedachten westlichen Abenteuer entwickeln. Es scheint den Planern des NATO-Feldzugs entgangen zu sein, dass dieses Land inmitten einer höchst instabilen Region liegt und zudem Gaddafi eine von vielen afrikanischen Politikern durchaus geschätzte Politik der afrikanischen Einheit betrieben hat. Manche kritische Beobachter unterstellen den Regisseuren des NATO-Feldzugs, in erster Linie Frankreich (das in Westafrika nach wie vor massive, aus der Kolonialzeit stammende Interessen pflegt), weit über Libyen hinausreichende Absichten. Ganz zu schweigen von den Interessen jener westlichen Staaten, deren Ölkonzerne wieder stärker auf den libyschen Markt drängen und das zu wesentlich günstigeren Bedingungen als dies unter Gaddafi der Fall war. Es würde den Rahmen eines Vorworts bei weitem sprengen, auf diese möglichen Auswirkungen des Umsturzes in Libyen einzugehen. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass derartige Aspekte in der allgemeinen Kriegshysterie in den Medien kaum eine Rolle gespielt haben.6

Die Lektüre der Beiträge von Ines Kohl und Rami Salem in diesem Buch möchte ich empfehlen, weil sie sich mit der Situation von zwei teilweise in Libyen ansässigen nicht-arabischen Stämmen, den Berbern und den Tuareg, befassen. Diese Stämme befinden sich – nicht zuletzt aufgrund der Minderheitenpolitik Muammar al-Gaddafis – derzeit in den beiden feindlichen Lagern. Viele Experten befürchten, der Krieg könne auch Auswirkungen auf jene Länder in der unmittelbaren Nachbarschaft Libyens haben, in denen Angehörige der beiden Stämme leben. Ein Szenario bestünde darin, dass die geschlagenen und frustrierten Tuareg, welche auf der Seite Gaddafis gekämpft haben, in die südlichen Anrainerstaaten flüchten und dort weitere Unruhen auslösen. Dass die Berber, die von Gaddafi unterdrückt waren und daher auf Seiten der Rebellen standen und stehen, ebenfalls jene Anrainerstaaten, in denen ihre Verwandten leben, in den Konflikt hineinziehen, ist bereits Realität. Hierbei handelt es sich um die Staaten Algerien, Mali, Niger, Tschad, Tunesien und letztlich auch den Sudan, die unmittelbar betroffen sind. Im Zuge des Bürgerkriegs kam es bereits zu Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der Rebellentruppen und schwarzafrikanischen Gastarbeitern, die man pauschal als Söldner diffamierte. Es bleibt zu hoffen, dass in der allgemeinen Siegeseuphorie die Stimmen der Vernunft und Mäßigung und nicht jene der Rache und des Rassismus die Oberhand behalten mögen.

Der libysche Bürgerkrieg wirft viele Probleme auf. Wie oft beim Versuch, komplizierte nationale und internationale Konflikte unter Einsatz von militärischer Gewalt zu lösen, bleiben diese selbst ungelöst und werden noch durch neugeschaffene verschärft. Dieses Buch stellt den Versuch dar, den Problemen Libyens auf den Grund zu gehen. Ich hoffe sehr, dass uns dies gelungen ist.

Somit möchte ich mich abschließend bei meinem langjährigen Verleger Hannes Hofbauer bedanken, dass er mein hochriskantes Projekt, ein Buch über einen Konflikt zu veröffentlichen, der zum Abschluss der redaktionellen Arbeiten noch im Gange war, von Anbeginn an vehement unterstützt hat. Auch den Autorinnen und Autoren, welche bei diesem Projekt unter einem ganz besonderen Zeitdruck gestanden sind, möchte ich danken und meine Anerkennung aussprechen. Besonderer Dank gilt auch Stefan Kraft, der die Mühe auf sich genommen hat, teilweise recht unterschiedliche und komplizierte Texte zu bearbeiten und zu vereinheitlichen. Dies ist ihm aus meiner Sicht hervorragend gelungen. Dem letztlich entscheidenden Urteil des Publikums über dieses Risikoprojekt sehe ich mit Demut entgegen.

Fritz EdlingerWien, am 22. August 2011

1 Fritz Edlinger/Erwin Ruprechtsberger (Hg.): Libyen. Geschichte – Landschaft – Gesellschaft – Politik. Wien 2009.

2 Ich bin mir bewusst, dass manche Leserinnen und Leser die Wahl dieses Terminus kritisieren werden. Nach einer ausführlichen Analyse der jüngsten Ereignisse habe ich mich aber dafür entschieden, vor allem auch, um eine klare Unterscheidung zu Ereignissen wie jenen in Tunesien und – mit einigen Abstrichen – auch jenen in Ägypten zu treffen.

3 So verfolgte beispielsweise der tunesische Präsident Habib Bourguiba, der 1957 zum Präsidenten der unabhängigen Republik Tunesien gewählt wurde, eine deutlich säkulare Gesellschaftspolitik, bei deren Implementierung er mit vielen herkömmlichen islamischen Sitten aber auch mit den bis dahin dominanten Stammesstrukturen brach. Heute spielen in Tunesien die traditionellen Familienbande keine Rolle mehr.

4 Vgl. dazu meinen weiteren Beitrag in diesem Buch und den darin besprochenen Sammelband Gaddafis: „Das Dorf, das Dorf, die Erde, die Erde und der Selbstmord des Astronauten“ München 2004.

5 Weitere Details der Stammespolitik Gaddafis werden durch Beiträge in diesem Band erläutert. So hat er bewusst in Libyen lebende nationale Minderheiten gegeneinander ausgespielt (z.B. die von ihm unterdrückten Berber gegen die privilegierten Tuareg) und auch durch An- und Umsiedlungsaktionen vor allem im Westen Libyens Konflikte zwischen loyalen und illoyalen Stämmen ausgelöst. Diese haben auch im Rahmen des Bürgerkriegs in den westlibyschen Nafusa-Bergen eine Rolle gespielt.

6 Ich möchte in diesem Zusammenhang die Lektüre von zwei fachlich absolut unbestrittenen und zudem politisch nicht dem Lager der „üblichen Verdächtigen“ zuzurechnenden Webseiten empfehlen: jene der International Crisis Group (www.crisisgroup.org/home) sowie die Webseite des renommierten unabhängigen US-amerikanischen Sicherheitsexperten George Friedman (www.stratfor.com). Beide befassen sich äußerst kritisch mit der NATO-Politik in Libyen.

42 Jahre Volks-Dschamahirija

Eine Analyse aus sozioökonomischer Sicht

Gerd Bedszent

Vorgeschichte

Der heutige Staat Libyen ist ein Produkt der italienischen Kolonialmacht. Zum Anfang des 20. Jahrhunderts annektierte Italien die bis dahin eigenständigen Landesteile - die Kyrenaika im Osten, Tripolitanien im Westen und den Fessan im Süden – und fasste sie zur Kolonie Libia italiana zusammen. Zwischen den Zentren dieser drei Landesteile erstreckt sich lebensfeindliche Wüste, die nur gelegentlich von kleinen Oasen unterbrochen wird. Seit dem 7. Jahrhundert ist das heutige Libyen islamisiert und weitgehend arabisiert, Reste vorarabischer Bevölkerungsgruppen leben hauptsächlich in den westlichen und südöstlichen Randgebieten. Libyen galt bis in die 1960er Jahre hinein als rückständig und ist derzeit noch immer jenes nordafrikanische Land, das am meisten von vormodernen Stammesstrukturen dominiert wird. Etwa 140 verschiedene Stämme und Clans nehmen Einfluss auf das gesellschaftliche und politische Leben.

Unter der osmanischen Herrschaft (ab dem 16. Jahrhundert bis 1911) lebte die Oberschicht der Küstenregionen hauptsächlich von Seeraub, während die Stämme im Landesinneren sich selbst überlassen blieben. Piraterie, Angriffe europäischer Flotten, Stammesfehden sowie die extensive Nomadenwirtschaft schädigten nachhaltig die aus der Antike erhaltenen Wirtschaftsstrukturen. Von Machtvakuum und Niedergang profitierte der Senussi-Orden, der sich seit 1837 über weite Teile Nordafrikas ausgebreitet hatte. Kern der Senussi-Herrschaft waren Zawiyas, islamische Klöster, die sich zu landwirtschaftlichen, kulturellen und kommerziellen Zentren entwickelten.

Ab 1902 nahm Italien zunehmenden wirtschaftlichen Einfluss auf die libyschen Küstenregionen. Als Folge des italienisch-osmanischen Krieges von 1911/12 wurden Tripolitanien und die Kyrenaika vom Königreich Italien annektiert. 1914 besetzten italienische Truppen auch den Fessan.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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