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Dieses Buch richtet sich an Menschen, die mithilfe ihrer Träume in den inneren Dialog mit sich selbst treten wollen, die ihre Träume als Wegweiser für das eigene Leben nutzen und spüren wollen, dass die Kraft zur Gestaltung des eigenen Lebens in ihnen selbst vorhanden ist. Anschaulich wird gezeigt, dass sich das Erlebte in Form von verschlüsselten Botschaften in Träumen widerspiegelt. Werden Träume über einen längeren Zeitraum schriftlich festgehalten und interpretiert, so sieht der Träumer einen engen Zusammenhang zwischen ihnen, das sogenannte „Lebensmuster“, welches von C. G. Jung als Individuationsprozess bezeichnet wurde. Im Individuationsprozess wird der Mensch zu dem, was er wirklich ist. Er vermittelt dem Menschen einen Lebenssinn und Lebensfülle. Anhand eines realen Burnouts zeige ich ein Teilstück eines solchen Individuationsprozesses auf. Der kontinuierliche Dialog des Träumers mit seiner Seele offenbart, welche Aspekte des Lebens korrigiert werden müssen, damit sich die eigene Persönlichkeit authentisch entwickeln kann. Eine Erläuterung zu Tag- und Nachtträumen sowie eine Traumdeutungsanleitung ergänzen das Buch. Ein überraschendes Sachbuch mit einer authentischen Geschichte, die Ihnen den Dialog der Seele mit Ihrem Ich zeigt. Ein Buch, das Sie als Navigator für Ihr Leben nutzen können.
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Seitenzahl: 270
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Für Angelina und Tobey
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Träume sind keine Flucht aus der Realität. Sie sind der Weg dorthin.
Oliver W. Schwarzmann, Publizist
Traum-Gedicht von Tobey H. Täubner, 6 Jahre alt
„Lichtgespenst im Turm
eingesperrt um Mitternacht,
Licht auf den Kopf,
weiß und hat Augen,
spielt rum,
macht sich krumm,
hüpft auf einem Bein,
macht sich klein,
hat zwei Augen, keine Nase,
Hände,
Zipfel, mit dem es fliegt,
Freunde sind die Fledermäuse,
Mäuse treffen sich nachts,
wenn der Vollmond ist.“
Vorwort
Einführung
Das Außen – der Spiegel des Lebens
Individuationsprozess – so wie außen, so auch innen
4.1 Was Träume bedeuten
4.2 Die Traumanalyse nach C. G. Jung
4.3 Der seelische Heilungsprozess
4.4 Die Arbeit mit dem inneren Kind
Das Innere – die Träume, die Sprache der Seele
5.1 Einleitung
5.2 2007: Leben oder funktionieren?
5.3 2008: Ein neues Leben?
5.4 2009: Alles bleibt, wie es ist
5.5 2010: Ein Ende für einen neuen Anfang
5.6 Zusammenfassung des Lebensabschnitts
Interpretation der Träume
6.1 Vorbereitung für das Träumen
6.2 Traumtagebuch – eine Struktur, um sich zu erinnern
6.3 Ausblick
Semantik der Bildsprache in Träumen
7.1 Personenverzeichnis
7.2 Traumsymbole
7.3 Ein Traum zum Schluss
Biografie
Literaturverzeichnis
Warum „Lichtgespenster“? Der Buchtitel Lichtgespenster entstand in einer Nacht im Jahr 2011. Ich schlief tief und fest, bis ich merkte, wie mich vorsichtig eine kleine Hand zart streichelte. Es war dunkel im Raum, mein kleiner Sohn hatte sich zu mir ans Bett gesetzt und weinte. Liebevoll zog ich ihn unter meine Bettdecke und fragte, was los sei. „Mami, da war ein großes Tier, das wollte mich angreifen, und jetzt habe ich Angst.“ „Du hast geträumt“, ganz vorsichtig nickte er, „und es war so echt, als ob das Tier neben meinem Bett stand.“ „Mami, was sind Träume, kommen sie jetzt jede Nacht?“
Träume sind wie kleine Filme. In ihnen zeigen sich Gefühle wie Wut, Aggression, Liebe, Freude und Glück in Form von Menschen, Tieren oder Gegenständen. Ist der Mensch wütend, zeigt sich vielleicht ein Wolf, erlebt das Kind viel Liebe, träumt es vielleicht von seiner Mutter. Der Traum schickt Nachrichten und sagt: „Hallo liebes Kleines, ich bin es, deine Wut, ich gehöre zu dir. Ich bin unangenehm, aber wichtig für dich.“
Das nächtliche Gespräch mit meinem Sohn ging weiter: „Aber ich habe jetzt noch immer Angst. Warum bleibt das Gefühl nicht in meinem Traum?“ Beim Aufwachen nimmt man die Gefühle aus dem Traum mit in die Realität. Lässt man die Gefühle zu, statt sie zu unterdrücken, nehmen sie ab. Sag Hallo zu dem Gefühl oder zu dem Wolf, der dir dein Gefühl zeigt. Nachts im Dunklen ist es erst einmal unheimlich, am Tag sieht der Traum dann freundlicher aus. Auch kann es sein, dass solch ein Gefühl den Menschen noch einige Zeit begleitet. Mein Sohn schlief dann ein. Als ich ihn am nächsten Morgen weckte, fragte ich ihn, wie es ihm gehe. „Ich habe mit einem Lichtgespenst getanzt“, er lachte fröhlich. „Lichtgespenst? Den Namen habe ich noch nie gehört. Was bedeutet das?“ „Das Lichtgespenst ist mein Freund. Es hat mir verraten, dass es jetzt öfter in der Nacht kommt und mir Geschichten erzählt. Mein Lichtgespenst ist lustig und freundlich. Manchmal macht es auch Grimassen oder erschreckt mich. Es mag mich sehr gerne und ich soll es wie einen Freund behandeln, mit dem ich mich ja auch manchmal streite und auf den ich manchmal wütend bin.“
Lichtgespenster sind ein Synonym dafür, was Träume sind, dachte ich und lächelte meinen Sohn an.
Wir haben alle Voraussetzungen in uns, um ein erfülltes Leben zu führen. Allerdings bekommen die oft zitierten Worte: „Es ist alles in Ihnen“ erst dann eine Bedeutung, wenn Betroffene anfangen, an unterschiedlichen körperlichen Symptomen zu leiden, und sich fragen, woher die tägliche Erschöpfung und die zunehmende Unzufriedenheit kommen und warum eine innere Leere entsteht. In dieser Situation stellen wir uns wichtige Lebensfragen, stellen auch uns und unser Leben in Frage.
Anhand der authentischen Geschichte einer Frau um die 40 vermittle ich Ihnen, wie wegweisend Träume sind. Träume zeigen an, gerade in schwierigen Situationen, in welchem Lebenszustand ein Mensch sich befindet. Ariane bemerkte die ersten körperlichen Symptome, die zu Erschöpfung und zu Burnout führen können, als sie sich in einer Lebenssituation befand, in der sie nur noch funktionierte. Zusätzlich zu Arianes körperlichen Symptomen änderten sich ihre Fragen an das Leben und die Fragen, die sie an sich selbst stellte. Auch ihre Außenwelt veränderte sich. Private und berufliche Krisensituationen und Konflikte entstanden, die zunächst unkompliziert waren, sich dann aber verstärkten und ihren Lebensfluss enorm behinderten.
Burnout ist ein Risikozustand, der langsam und schleichend Teil des Lebens wird. Betroffene stellen sich und ihre Lebenssituation zunehmend infrage. Behindert durch körperliche Symptome, abgelenkt durch berufliche und private Einflüsse, können sie immer schlechter Entscheidungen treffen. Die Lebenskraft nimmt ab, die körperlichen Symptome nehmen zu.
In Krisen- und Konfliktzeiten verstärken sich die Träume. Machtvoll können die Bilder der Nacht aus dem Unbewussten drängen, sodass teilweise nicht nur ein Traum, sondern eine Reihe von Träumen auf uns einwirken. Die Botschaften aus den Träumen sind manchmal klar und deutlich, manchmal sind sie jedoch so voller Symbolik, dass die Interpretation auf den ersten Blick nicht möglich erscheint. Auch wenn durch Träume und die dazugehörigen Gefühle verstanden wird, dass sich die Lebenssituation zum Negativen verändert, wird der Zustand oft akzeptiert, aber kein Schritt hin zur Veränderung unternommen. Gedanklich drehen wir uns im Kreis, unfähig, handlungsorientierte Entscheidungen zu treffen und lebensverändernde Bedingungen zu schaffen. Die Außenwelt mit ihren festen Abläufen ist oft die Entschuldigung dafür, warum sich nichts ändert. Viel zu intensiv sind wir mit den Lebensaufgaben beschäftigt.
Irgendwann, wenn die Situation ausweglos erscheint, wenn die Krankheitssymptome ein lebensbehinderndes Ausmaß annehmen, können Träume anfangen, eine Bedeutung zu bekommen. Durch das Schreiben dieses Buches und aufgrund Arianes Geschichte wurde mir bewusst, mit welcher Kraft Träume Botschaften an uns senden. Jede Nacht erzählen Träume, wie es uns geht, dass sich das Leben ändern muss, dass wir vom Weg abgekommen sind. Viel zu flüchtig sind die nächtlichen Träume. Durch das kontinuierliche Aufschreiben der Träume manifestieren sich ihre Inhalte und bekommen eine tiefere Bedeutung. Viel zu oft misst man ihnen aber keine Bedeutung zu und lenkt das Leben äußerlich mit der Hoffnung auf Besserung in eine neue Richtung.
Wie wichtig die Beziehung und der innere Dialog mit sich selbst sind, wird in zahlreichen Büchern beschrieben und ist sicherlich Kernthema vieler psychologischer Therapien. Viele von uns haben es nie gelernt oder im Laufe ihrer Entwicklung zum Erwachsenen verlernt, einen inneren Dialog mit sich zu führen. Sie haben die Begegnung mit sich selbst verloren. Die Bedeutung von Träumen wird oft erst einige Zeit nach ihrem Auftreten deutlich. Sie sind ein Geschenk, das in den Jahren von Erschöpfung und Burnout den Weg raus aus der Krisensituation weisen kann. Träume sind individuell auf das eigene Leben zugeschnitten und weisen eine Lebensrichtung. Sie erzählen, wie es uns geht, wie Situationen wahrgenommen werden, welches Lebensgefühl vorherrscht, wie wir welche Entscheidung treffen sollten. Manchmal geben sie uns auch Hinweise für die Zukunft.
Dieses Buch richtet sich an Menschen, die mithilfe ihrer Träume in den inneren Dialog mit sich selbst treten wollen, die ihre Träume als Wegweiser für das eigene Leben nutzen und spüren wollen, dass die Kraft zur Gestaltung des eigenen Lebens in ihnen selbst vorhanden ist.
In diesem Buch treffen Sie auf die Geschichte Arianes, einer Frau mittleren Alters, die über Jahre hinweg anderen diente, ihr Leben nach anderen ausrichtete und sich so Schritt für Schritt auf den Weg zur Erschöpfung machte. Das Burnout war die Konsequenz ihres alltäglichen Lebens, der Entfremdung von sich selbst. Sie vergaß, auf ihre innere Stimme zu hören und so im Dialog mit sich selbst zu bleiben. Ihr Tagtägliches spiegelte sich in ihren Träumen wider. Sie träumte verschlüsselte Hinweise dazu, wie es ihr ging und dass sie nicht ihr Leben lebte. Ihre Gefühle und ihre innere Unzufriedenheit waren tägliche Signale, die sie ignorierte, von denen sie sich ablenkte. Ihre Taggeschichte wurde begleitet durch eine Geschichte in der Nacht, die ihr aufzeigte, wie es ihr ging und wie sie ihr Leben neu ausrichten könnte. Die hier behandelten Themen in Bezug auf den dargestellten Lebensausschnitt Arianes basieren auf Tagebucheinträgen, die sie während der Krisensituation vornahm, die zu ihrem Burnout führten.
Die Geschichte von Ariane liefert Ihnen ein Beispiel, wie Sie das tägliche Leben wahrnehmen können, wie Sie die Aufmerksamkeit auf Ihre Träume lenken und schließlich, wie Sie den Bezug zwischen Ihrer Tag- und Ihrer Nachtgeschichte herstellen können. Sind Sie in einer ähnlichen Situation, so werden Sie Aha-Erlebnisse haben, die Sie aufwecken und die den ersten Schritt dafür liefern können, etwas zu ändern. Träume haben etwas Magisches, sie beeinflussen Ihr Leben, ob Sie es wollen oder nicht.
Im Kapitel 3 zeige ich Ihnen auf, wie wir Menschen vom Weg abkommen und wie es dazu kommen kann, dass wir ein Leben weit entfernt von uns selbst führen. Anschließend erläutere ich Tag- und Nachtträume, ihre Symbolkraft und die Verbindung zum eigenen Leben.
Diese theoretischen Grundlagen werden in Arianes Geschichte deutlich. Sie sehen den Zusammenhang zwischen dem Leben und dem Zustand der Seele. Ich verdeutliche, wie wichtig es ist, diesen inneren Dialog nicht zu verlieren. Im Anschluss daran stelle ich Ihnen einen Weg vor, wie Sie Ihre Träume für sich nutzen können; sie lernen, sie zu interpretieren. Dadurch eröffne ich Ihnen eine Möglichkeit, Ihr eigenes Wesen, die Essenz von Ihnen zu erkennen, im Dialog mit sich selbst zu bleiben, den Mut zu bekommen, auf sich selbst zu hören, und dementsprechend zu leben. Ich richte mich an diejenigen, die ihr eigenes Leben leben wollen, um an dessen Ende zufrieden zurückblicken zu können – in dem Wissen: „Ich habe meine Träume gelebt!“
Im Rückblick auf das eigene Leben werden uns viele Verhaltensweisen klarer. Manchmal schütteln wir den Kopf über Situationen, die mit Abstand betrachtet eine andere Bedeutung bekommen. Aus der aktuellen Sicht fragen wir uns, warum wir nicht schon eher anders gehandelt haben und einen neuen Lebensweg gegangen sind.
Die Antwort darauf ist relativ einfach: In jeder Situation ist aufgrund von Glaubenssätzen, Mustern, Ängsten und dem individuellen Blick auf die Welt nur genau diese Reaktion, dieser Weg, möglich. Mehr Ressourcen stehen uns nicht zur Verfügung. Glaubenssätze, Muster und Ängste können den Spielraum für Handlungen einschränken. Das eigene Leben wird durch einen Schleier betrachtet, der nur die Sicht auf eine eigene, selbst gebastelte Realität zulässt. Durch Erfahrungen verändert sich unsere Realität im Laufe der Zeit. So das wir im Rückblick erkennen: Das Leben konnte damals so auf Dauer nicht funktionieren.
In der heutigen leistungsorientierten Gesellschaft geht oft der Blick für unser wahres Wesen der eigenen Persönlichkeit verloren. Anerkennung finden wir heute in dem, was wir leisten, und immer weniger in dem, was unsere Persönlichkeit, unser Wesen ausmacht. Eigenschaften und Lebensumstände, die von der Gesellschaft besonders anerkannt sind, stellen wir explizit heraus; wir passen uns unbewusst den gegebenen Lebensumständen an, einfach nur, um gesehen zu werden, um dazuzugehören. Das Nachahmen von Menschen, die glänzen, bekommt einen höheren Stellenwert, als die Eigenschaft, zu sich selbst zu stehen.
Unbewusst agierte Ariane über Jahre ähnlich wie ihr Partner. Dadurch fand sie Halt im Leben, den sie in sich selbst nicht fand. Dabei wuchs langsam eine Abhängigkeit, die ihr eine vermeintliche Sicherheit im Außen gab, ähnlich einem Kind, das seine Eltern braucht, um zu wachsen. Unbewusst wiederholte sie das Abhängigkeitsverhältnis der Kindheit in vielen anderen partnerschaftlichen Beziehungen, um die vergangenen schmerzlichen Erfahrungen auszubessern und wiedergutzumachen. Ariane war in einigen Eigenschaften und Handlungen ein Imitat und kämpfte unter großer Anstrengung darum, von anderen gesehen zu werden. Neben dem Imitieren ist die Anpassung eine beliebte Methode darauf, das eigene Leben nicht zu führen. Die Anpassung schützt uns selbst davor die Angst zu spüren, sich selbst zu leben, sich selbst zu spüren und entsprechend den eigenen Eigenschaften, Fähigkeiten und Werte sich selbst zu entfalten.
Es kommt viel zu oft vor, dass uns in der Kindheit gesagt wird, du bist nicht richtig so, wie du bist, und du solltest dich besser und anders verhalten. Verunsicherungen entstehen, Verhaltensweisen werden den äußeren Umständen angepasst, um nicht aufzufallen. Das zieht sich bis weit in das Erwachsenwerden hinein.
Ahmen wir andere nach, statt authentisch das eigene Wesen zu leben, passen wir uns an, weil wir Angst davor haben, wir selbst zu sein, führt das irgendwann zu psychosomatischen Schmerzen und Abhängigkeitsverhältnissen, die es uns erschweren, aus dem aktuellen Leben auszusteigen und uns zu ändern.
Bleiben wir nicht bei uns selbst, sondern ahmen andere nach, führt dies häufig dazu, dass wir über die erreichten Erfolge im Leben nicht richtig stolz sein können. Der Glanz des Ruhmes verliert nach kurzer Zeit seine Kraft, nämlich dann, wenn die äußere Bestätigung nicht mehr vorhanden ist. Die eigene Identifizierung mit dem, was wir erreicht haben, fehlt. Eine Leere ist spürbar und der Erfolg, den wir haben, gehört irgendwie nicht uns selbst. Obwohl wir unter Anstrengungen große Leistungen vollbracht haben, ist die Freude darüber nicht aus uns selbst entsprungen. Dieses nachahmende Verhalten verhindert unser inneres Wachstum, wir entwickeln uns nicht.
Der Wunsch, gesehen zu werden, der ständige Kampf um äußere Bestätigung, die Anpassung an das Äußere ohne oder mit wenig eigener Identifikation führen zu immer mehr Abhängigkeit und weg vom eigenen Wesen. Der abhängige Mensch versucht immer mehr, dem, was außen ist, gerecht zu werden, statt seinen eigenen Weg zu gehen.
In den Jahren des Erwachsenwerdens suchen wir nach Anerkennung. Wir suchen nach Menschen, an denen wir uns orientieren können und die Anerkennung durch ihr soziales Umfeld haben. Zum einen wollen wir genauso glänzen wie sie und zum anderen wollen wir ihre Ausstrahlung haben. Menschen, die ihren eignen Weg gehen, strahlen und faszinieren uns. Sie haben eine magische Anziehungskraft, die auf den ersten Blick nicht erklärbar ist. Was dabei oft übersehen wird ist, dass sie diese Ausstrahlung erlangen, indem sie ihren eigenen Träumen, Fähigkeiten, Eigenschaften und Werten folgten und nicht denen anderer. Sie leben als Original und nicht als Kopie.
Die Orientierungslosigkeit der Kindheit kann sich im Erwachsenenalter weiter vertiefen. Oft ist die Wahl der Lebenspartner danach ausgerichtet, die eigenen Unzulänglichkeiten auszugleichen. Wir wählen Lebenspartner, welche die aufkommende Leere in unserem Leben scheinbar schließen. Die Anziehung und das Füllen der Leere kann verschiedene Formen annehmen: die Begeisterung für einen Sport, ein Hobby, eine besondere Art zu leben. Der unsichere Mensch adaptiert und passt sich an. Die innere Leere ist scheinbar verschwunden.
Vielleicht belügen wir uns in Bezug auf die eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten, weil wir hinsichtlich unserer Identität und Kompetenzen zutiefst verunsichert sind. So richten wir uns an der Umwelt und/oder unserem Partner aus. Vielleicht machen viele Aktivitäten zusammen mit dem Partner auch wirklich Spaß. Gemeinsame Unternehmungen, ein Haus bauen, Musik hören, arbeiten, Urlaube, Tagesabläufe, tägliche Routinen können eine Partnerschaft zusammenschweißen. Die Essenz, das Delta zwischen dem was gemeinsam Spaß macht und dem Leben des eigenen Lebens unterscheidet sich aber durch einen wesentlichen Aspekt: Ausführung und Art der Aktivitäten sollten in enger und ehrlicher Abstimmung zwischen den Partnern erfolgen. Richten wir uns nur nach den Maßstäben des anderen, so folgen wir einem Sicherheitsbedürfnis. Die Basis des Sicherheitsbedürfnisses ist die Angst, den Partner zu verlieren oder vielleicht auch sich selbst zu finden. Sind die Aktivitäten und ihre Rahmenbedingungen an die Vorgaben des Partners gebunden, so erlangen wir nie ein Gefühl von „ich bin angekommen“, des „jetzt ist alles genau so, wie ich es mir vorstelle“.
Die Gefahr ist groß, dem Partner für die eigene Unzufriedenheit die Schuld zu geben. Die Unzufriedenheit mit dem Partner und das Unverständnis für den Partner wachsen, weil wir vielleicht nicht reflektieren, dass wir, statt das Leben zu leben, das wir uns wünschen, das des Partners mit leben.
Die kontinuierliche Anpassung erschöpft und führt zu Konflikten. Beim Lebenspartner wiederum entsteht Verständnislosigkeit, weil er sein Leben selbst gestaltet und wahrscheinlich aufgrund der Anpassung des anderen glaubt, dass dieser es ebenfalls tue. Von außen betrachtet, passen „Anpasser“ perfekt zu dem jeweiligen Partner oder zu der Lebensweise. Anpasser haben kontinuierlich das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt. Aber statt die Ursache bei sich selbst zu suchen, projizieren sie das ungute Gefühl auf andere und geben ihnen die Schuld dafür, sodass Konflikte entstehen.
Arianes Lebenspartner arbeitete in einer anderen Stadt. Zu Hause organisierte sie den gesamten Tagesablauf und empfand es als Störung, wenn der Partner an den Wochenenden, an denen er anwesend war, in die Tagesroutine eingriff. Ariane fand Halt in den von ihr strukturierten Tagesabläufen. Sie fühlte sich nicht überfordert und empfand Sicherheit, weil sie die Tagesroutinen in kleinen Schritten meistern konnte. Auf Veränderungen im Tagesablauf reagierte Ariane nervös und ungehalten. Täglich, wöchentlich und monatlich spulte sie das gleiche Programm ab, versorgte ihre Familie, ging arbeiten und organisierte soziale Kontakte. Im Laufe der Zeit waren es auch eigene soziale Kontakte, die sie als schwierig empfand. Doch sie verabredete sich weiter mit ihnen, weil die Lebensmuster, etwa der Bau eines Hauses, zusammenpassten, die Tagesabläufe ähnlich waren oder um die Kinder zusammen spielen zu lassen – es passte irgendwie zu ihrem damaligen Leben. Die Rolle spielte sie gut, es war aber eben nur eine Rolle in der sie gut funktionierte.
In solchen Situationen begleitet uns ein Gefühl, das uns anhaltend signalisiert: Du lebst nicht dein Leben. Innerhalb einer Familie die eigene Identität zu leben, den eigenen Freiheitsdrang und die Abenteuerlust auszuleben, aktiv zu sein, aus vollem Herzen die Lebenslust, den Lebensspaß zu fühlen, all das kommt zu kurz oder findet gar nicht statt. Die eigene Lebensfreude, Leidenschaft und Hingabe an das Leben kommen oft nicht zum Ausdruck.
Neben der privaten Situation, die oft so gar nicht zu dem passt, wie Angepasste leben wollen, können auch im beruflichen Umfeld Konflikte entstehen. Um in der Gesellschaft gesehen zu werden und die Aufmerksamkeit für sich zu erhöhen, wird auch bei der Arbeit das Leistungsniveau erhöht. Dieses hohe Leistungsniveau und vielleicht auch die dadurch entstehenden Erfolge sind anderen häufig ein Dorn im Auge. Sie identifizieren den Leistungsbereiten als Überflieger. Neid kann entstehen, der sich dann negativ auf die eigene Arbeit auswirkt. Neider können versuchen, die Arbeit des Angepassten zu sabotieren. Ihnen ist nicht bewusst, dass der Angepasste oft nur ein Spiegel des Saboteurs ist. Die Arbeitsumgebung wird so zusätzlich zur Belastung, sodass manchmal der einzige Ausweg darin besteht, den Arbeitsplatz zu wechseln.
Die beruflichen und privaten Situationen sind miteinander verbunden. Sie belasten das Leben gleichermaßen. Angepasste sitzen in einem Boot, das zu kentern droht. Für Ariane lag die beste Entscheidung darin, den Arbeitsplatz zu wechseln, das Zuhause konnte sie noch nicht wechseln. Dazu war sie zu schwach und von ihrer Situation abhängig. Den ganzen Tag unter stetiger Anspannung zu stehen, war für sie eine seelische wie körperliche Belastung.
Nach dem Arbeitsplatzwechsel spürte sie zum ersten Mal, wie sie sich wirklich fühlte: müde, energielos, ängstlich, leer. Ariane erschrak vor diesem Zustand und merkte, dass sie nicht mehr arbeiten wollte, ja nicht mehr konnte. Jeden Morgen kostete es mehr Kraft, zur Arbeit zu gehen. So war der Weg zum Therapeuten das einzig Richtige. Ariane ist insgesamt 15 Monate zu Hause geblieben und hat sich um ihre Seele und ihren Körper gekümmert: Wenn du etwas änderst, dann ändere alles. In kleinen Schritten, auch mit Rückschritten, ist Ariane ihrem eigentlichen Leben ein ganzes Stück nähergekommen. Durch die wöchentlichen Gespräche mit dem Therapeuten eröffnete sich für Ariane ein neuer Blickwinkel auf ihr bisheriges Leben. Schritt für Schritt erkannte sie, dass sie gerade im beruflichen Kontext auf einem Entwicklungsweg gewesen ist, der nicht den Fähigkeiten und Eigenschaften ihres Wesens entsprach. Die Sicht auf das eigene Wesen war verschleiert. Jetzt bestand ihre Aufgabe darin diesen Schleier aufzulösen, Maßnahmen und Schritte einzuleiten, die sie auf den Weg zu einen glücklichen und erfüllten Leben führte.
Der Lebensweg von Ariane wurde bis zu diesem Punkt von nächtlichen Träumen begleitet. Ihre Träume waren ihre ständigen Begleiter im Sturm der Gefühle und des täglichen Auf und Ab. Arianes Geschichte ist ein Beispiel für all diejenigen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Die nächtlichen Geschichten spiegelten Arianes Tagesablauf und gaben Auskunft über ihr Befinden. Das tägliche Auf und Ab der Gefühle und Arianes Lebensgeschichte lesen sie in Kapitel 5: Das Innere – die Träume Sie sehen, welchen Weg Ariane gehen musste, um die zu werden, die sie heute ist.
Ich möchte Ihnen durch Arianes Geschichte Mut machen und Ihnen zeigen, welche Entwicklung möglich ist. Der beste Lebensberater ist in Ihnen. Hören Sie auf Ihre innere Stimme, gehen Sie Ihren Weg und hören Sie auf Ihren Ruf.
„Nichts kann das im Außen Geschehene deutlicher sichtbar machen als die Träume, die wir haben. Nichts ist aussagekräftiger und zugleich undurchsichtiger als die Symbole, die uns in der Nacht begleiten. Nichts ist flüchtiger und doch so greifbar wie die Geschichten unserer Seele.“
Claudia Täubner
Mit dem Leben und mit sich selbst im Dialog zu sein, ist eine wesentliche Voraussetzung, um gesund zu leben. Tagträume sind neben den Nachtträumen der Königsweg zu unserem Selbst. Beachten wir unsere Tagträume und fangen wir an, sie zu deuten, so sehen wir unsere Stärken und Schwächen, unsere geheimsten Sehnsüchte und unsere stärksten Ängste. Alle Tagträume sind ein individueller Ausdruck unserer Gedanken und unserer Seele (Ernst; 2011).
Tagträume können Seelenwächter sein, wenn man sie beachtet und anfängt, zu interpretieren. Beginnen wir, in die Ferne zu sehen und einen Punkt zu fixieren, fangen wir an tagzuträumen. Wir bereiten uns geistig und seelisch auf die bevorstehende Präsentation vor, halten ein Streitgespräch, wiederholen in Gedanken Situationen, die uns irgendwie belastet oder beglückt haben, bereiten unseren nächsten Urlaub vor, planen den Tag oder sind einfach nur für den Augenblick präsent, glücklich und zufrieden.
In Angstsituationen versuchen wir, uns durch Tagträume zu beruhigen, oder wir verstärken die Situation in die negative Richtung. Je nachdem, wie unsere generelle Einstellung zum Leben ist, verschlimmern wir eine Situation oder wir versuchen mittels unseres Verstandes, einen guten Ausgang für eine Situation herbeizuführen. Tagträume sind Ausdruck unserer Seele. Sie zeigen uns an, wie wir uns fühlen, und weisen darauf hin, was wir verändern können oder wo wir stimmig in unserem Leben sind.
Unbewusst oder bewusst gleiten unsere Gedanken in Tagträume ab. Ganz nach innen gerichtet oder vielleicht lächelnd auf einen Punkt fixiert, spüren wir, dass wir uns gerade in einer anderen Sphäre befinden. Tagträume sind im Gegensatz zu Nachtträumen leichter zugänglich. Wir wandern zwar zu unserem Selbst, sind aber bei vollem Bewusstsein. Tagträume sind den luziden Träumen ähnlich. Wir können ihre Handlungen bewusst steuern und befinden uns eben nicht im Schlaf. Wir träumen mit offenen Augen.
Betrachten wir Tagträume wie ein riesiges Sammelsurium von inneren Bildern und Gedanken, so steht uns eine Fülle deutungsfähiges Material zur Verfügung, um unser Leben zu gestalten. Meist nutzen wir aber diese geheimnisvollen Informationen nicht. Wir sehen sie nicht als Teile von uns, nicht als Hinweise, wohin unsere Lebensreise gehen könnte. Vielleicht ignorieren wir sie deshalb, weil sie oft ein Mittel gegen Langeweile sind, oder Tagträumer eher als negativ kommuniziert werden. Wie oft hört man andere fragen: „Was denkst du gerade, wo bist du gerade, träumst du gerade?“ Wir werden durch diese Störungen wieder in die Realität zurückgeholt. Ich selbst wurde in meiner Kindheit oft als „kleines, verträumtes Mädchen“ bezeichnet, weil ich häufig deutlich sichtbar in die Trance von Tagträumen abglitt und deswegen möglicherweise sonderbar wirkte.
Das Ruhestandsnetzwerk, das sogenannte default network, wird aktiv, wenn wir tagträumen. Es ist ein Teilsystem des Gehirns, welches in dieser nach außen scheinenden Abwesenheit mit Hochdruck Bilder und Eindrücke verarbeitet. Es verknüpft verschiedene Erinnerungen und Eindrücke zu neuen Szenarien, sodass wir nach der Rückkehr ins Bewusstsein unsere Aufgaben wieder aufnehmen und das Leben meistern können. Dadurch erinnern wir uns regelmäßig an unsere Ziele, erneuern und überarbeiten sie. In unseren Gedanken werden Vorbereitungen getroffen, Probleme gelöst und Szenarien erdacht, die Wegweiser für unsere Ziele sein können. In der Traumzeit während des Tages verbraucht das Gehirn weit mehr Energie als durch bewusste körperliche Handlungen. Tagträume trainieren das Gehirn für zukünftige Aufgaben und dienen der Speicherung von Erinnerungen. Mithilfe von Tagträumen und die interne Zusammenstellung neuer Szenarien bekommen wir eine Vorausschau auf unser Leben in Form von Visionen.
Oft ordnen wir dabei auch unser soziales Leben. Dabei läuft vor uns häufig ein Beziehungsfilm ab, in dem wir das, was wir anderen sagen, und mögliche Antworten gegeneinander abwägen. Wir bewerten es und gehen unterschiedliche Reaktionen anderer durch, bis wir zu einer für uns befriedigenden Lösungen gekommen sind.
Möglicherweise ist das Tagträumen eine Vermittlung, ein Abgleichen zwischen innen und außen, eine Methode, um zu überprüfen, ob wir noch auf unserem Lebensweg sind und das, was im Außen geschieht, unserem Inneren entspricht. Wie bereits erwähnt, dienen die Gefühle, die uns bei der Schaffung innerer Szenarien begleiten, als Wegweiser. Während des Tagträumens können wir anhand unserer Gefühle immer wieder abgleichen, ob das, was wir in unseren Erinnerungen erbauen, positiv oder negativ zu bewerten ist. Wir können so entscheiden, welches Gefühl stimmig ist und welche Richtung wir im Außen einschlagen möchten.
Heiko Ernst schreibt in seinem Buch „Innenwelten: Warum Tagträume uns kreativer, mutiger und gelassener machen“, dass die wesentlichen Aufgaben von Tagträumen drei Aspekte umfassen. Erstens ist eine Wunscherfüllung in der Fantasie zu bewerkstelligen. Zweitens wird dabei oft ein ausreichendes Lusterleben erreicht und drittens erfolgt ein Frustrations- und Spannungsabbau, der es ermöglicht, die innere Balance wiederherzustellen. Diese drei Aspekte gehen meiner Meinung nach immer mit intensiven Gefühlen einher. Der Mensch neigt dazu, negative, schmerzhafte Gefühle zu überwinden, indem er sie durch positive Gefühle neutralisiert. Jeder Gedanke ist immer mit einem Gefühl verbunden. Erinnern wir uns beispielsweise an eine Auseinandersetzung mit unserem Chef, die für uns negativ ausgegangen ist, so versuchen wir unser negatives Gefühl zu neutralisieren, indem wir zum Beispiel im Kopfkino unserem Chef endlich mal die Meinung sagen und versuchen, als Gewinner aus dem Szenario hervorzugehen. Dadurch erleben wir einen Frustrations- und Spannungsabbau, der unsere Gefühle positiver macht.
Durch Tagträume kann man immer wieder in eine andere Welt verschwinden. Diese Welt steht uns jederzeit offen, egal ob wir uns langweilen, uns trösten oder beruhigen müssen, einen Streit schlichten oder ein Gespräch vorbereiten wollen, ob wir unbekanntes Terrain betreten oder fliegen möchten. Alles ist dort möglich, um die eigene innere Balance wiederherzustellen oder uns auf Zukünftiges einzustellen.
Im Gegensatz zu Tagträumen sind Nachträume bzw. Träume, die wir im Schlaf erleben, unbewusst. Wie bei den Tagträumen sind in den Nachtträumen Gedanken und Gefühle präsent. Der Unterschied besteht darin, dass Nachtträume nicht direkt zugänglich sind, sondern eine Teilmenge von dem, woran sich die Person nach dem Aufwachen noch erinnert.
Mit der Frage, warum wir träumen, hat sich Professor Dr. Schredl beschäftigt. Es spricht viel dafür, dass das Träumen in erster Linie der Problemlösung dient: Erstens greifen Träume auf frühere Szenarien zurück und selektieren für das zu lösende Problem Handlungsstränge. Zweitens werden neue kreative Möglichkeiten für die Lösung eines Problems gesucht. Beispielsweise wird in einem Angsttraum gezeigt, dass die Angst zunimmt, weil problematische Verflechtungen immer größer werden. Darüber hinaus wird vermutet, dass das Träumen ein genetisches Programm ist und wir uns im Schlaf gegen Ängste aus dem Wachbewusstsein wappnen. Weiterhin werden insbesondere in der Kindheit die neuronalen Verbindungen, die zur Reizübertragung im Gehirn notwendig sind, durch das Träumen stabilisiert (Schredl, 2013).
Tag- und Nachtträume sagen uns, wer wir sind, wenn wir sie beachten und lernen, sie zu deuten. Träume zeigen uns unsere Schwächen und Stärken auf. Sie können unsere tiefsten Sehnsüchte und Ängste enthüllen. Beide Traumtypen sind individuelle Ausprägungen des Geistes und der Seele. Sie zeigen uns teilweise verschlüsselt, teilweise sehr klar, wo die Lebensreise hingeht. Tagträume, die wir regelmäßig haben, oder Nachtträume, die sich wiederholen oder immer wieder ein ähnliches Gefühl auslösen, zeigen uns, was nicht stimmig ist und wo wir möglicherweise von unserem Weg abgekommen sind. Tag- und Nachtträume sind also Wegweiser der Seele, des inneren Wesenskerns auf dem Weg zu sich selbst.
Die Beschäftigung mit den eigenen Träumen kann zu einer Entfaltung der kreativen, schöpferischen Kraft führen. Carl Gustav Jung führte in seiner Schrift „Mythobiography“ auf, dass die Rolle des Traumanalytikers darin besteht, in einem Dialog über den Nachttraum dessen unbewusste Botschaften ins Bewusstsein zu holen. Die Traumanalyse bewusst zu betreiben, führt zur lebendigen Realisierung unseres Selbst. Träume sind etwas Positives, das es zu pflegen und zu entwickeln gilt.
Jeder Mensch ist individuell und perfekt. Jeder Mensch hat seine ganz persönlichen Träume. Niemand kann Ihre Kopfbilder teleportieren, abfotografieren oder kopieren. Die Tages- und Nachtbilder sind eine Summe aus Erlebnissen, Menschen, Dingen, Erfahrungen, Kenntnissen, Eigenschaften, Werten, Normen und unzähligen weiteren Aspekten. Diese Träume sind weder richtig noch falsch, sondern Ausdruck unserer Seele, die mit uns spricht und so einen Wegweiser für unser Leben bereitstellt. Unsere Ängste können richtungsweisend sein, genau da liegt das Entwicklungspotenzial unserer Seele, genau dahin führt unser eigenes Leben: Da wo die Angst ist, liegt der Weg.
Wie können uns Träume unseren Weg weisen? Wie können wir die nächtlichen Botschaften verstehen und interpretieren?
Bestandteile jeder Sprache, jedes Zeichensystems sind Syntax und Semantik, die zu unendlich vielen Bedeutungen verknüpft werden können. Die Syntax als Teilbereich der Grammatik stellt uns das Regelwerk zur Verfügung, auf dessen Grundlage wir mittels verschiedener Grundelemente wohlgeformte Sätze einer Sprache bilden können. Die Semantik beschäftigt sich mit der Bedeutungsseite der Zeichen, der Wörter. Wir lernen beim Spracherwerb, wie wir einzelne Zeichen aneinanderreihen können, um eine verständliche und sinnvolle Aussage zu erhalten. Wir haben gelernt, wie das Wort Träume geschrieben wird und was es bedeutet: Träume sind nächtliche Bilder, die uns im tiefen Unbewussten, im Schlaf begleiten können. Jeder Sprecher des Deutschen kennt dieses Wort und kann es entsprechend deuten. Wir wissen, dass auch der Kontext sowie die Betonung eines Wortes wesentlich für die Aussage sind. „Träumst du schon wieder?“ könnte eher als Vorwurf verstanden werden, wohingegen „Hast du heute Nacht schöne Träume gehabt?“ dem Wort Träume einen positive Bedeutung beimisst. Je nachdem, ob wir mit Wörtern oder Sätzen eine positive oder negative Bedeutung verbinden, reagieren wir mit unseren Gefühlen unterschiedlich darauf.
Betrachten wir Personen, so kann jedem etwas anderes an einer Person auffallen – der Fokus liegt im Auge des Betrachters. Uns fallen verschiedene Eigenschaften und Fähigkeiten an Personen auf, die wir eng mit ihnen verknüpfen. „Klaus ist immer so ordentlich in dem, was er macht“ wohingegen ein anderer an Klaus dessen Perfektionismus sieht. Klaus bekommt für die betrachtete Eigenschaft auf der einen Seite eine positive Wertung, auf der anderen Seite vielleicht eine eher negative.
Je nachdem wie wir bestimmte Personen, Situationen, Sätze oder Wörter für uns in der eigenen Weltsicht interpretieren, verwenden wir sie für uns auch als Akteure und Interpretationen im Traum.
Träume haben eine starke Symbolkraft. Die Bilder enthalten mehr als wir ihnen im Wachzustand, bei vollen Bewusstsein, zusprechen würden. Träume enthalten immer einen unbewussten Aspekt, der in Form von Bildern aufgezeigt wird. Sie benutzen Bilder, in denen Gegenstände und Menschen vorkommen, die mit einer symbolischen Aussage verknüpft sind.
„Sigmund Freud war der erste, der auf empirische Weise den unbewussten Hintergrund unseres Bewusstseins erforschte. Er nahm an, dass die Träume nicht zufällig erscheinen, sondern mit bewussten Gedanken und Problemen in Zusammenhang stehen“, sagte Jung in der Mensch und seine Symbole (Jung, 1999). Freud und Josef Breuer stellten Zusammenhänge auf psychosomatischer Ebene fest. Sie erkannten, dass neurotische Symptome wie Schmerzen oder abnormales Verhalten auch symbolisch bedeutsam sind. Psychosomatische bzw. neurotische Schmerzen sind wie Träume eine Ausdrucksform des Unbewussten und in gleicher Form symbolisch wie Träume. Belastende Probleme können sich körperlich auf unterschiedliche Art und Weise ausdrücken. Zum Beispiel: Jemand, der sich selbst massiv ablehnt, bekommt übertriebene Niesanfälle. Er zieht sich zurück und hat einen enormen Widerstand gegen das Leben. Eine andere Person, die in einer unerträglichen Lage ist, bekommt vielleicht einen Krampf beim Trinken, der sie daran hindert, das Getrunkene zu schlucken. Asthmatiker tragen eine bestimmte Lebensangst mit sich herum, sie haben Angst vor dem eigenen Ich. Sie suchen Halt in anderen Personen, meist Vater, Mutter und später in dem Partner, die das eigene Ich ersetzen sollen. Viele Beispiele dafür finden sich in Christiane Beerlandts Buch „Der Schlüssel zur Selbstfindung“. Das Buch zeigt auf, wie sich belastende Probleme unbewusster Art ausdrücken können. Häufig zeigen sie sich in Träumen. Träume geben uns kurzfristige Signale, psychosomatische Beschwerden treten auf, wenn wir sie nicht beachten.
Freud beobachtete bei seinen Untersuchungen, dass ein Träumer den unbewussten Hintergrund seines Leidens verrät, ermutigt man ihn, über seine Träume und den dazugehörigen Gedanken zu sprechen. Nicht nur die Gedanken sind relevant, sondern auch die Gefühle, die durch Träume entstehen. Jeder Traum sagt etwas Bestimmtes aus. Das ist der Weg, über den das Unbewusste mit uns spricht.