Liebe, Beziehung-sweise Was? - Rima Meyendorf - E-Book

Liebe, Beziehung-sweise Was? E-Book

Rima Meyendorf

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Beschreibung

Es geht in diesem Buch darum, die eigenen festgefahrenen Muster, Haltungen und Einflüsse aus Familie und Gesellschaft zu dem gesamten Themenbereich Beziehung, Liebe, Sexualität und alles was da mit hineinspielt zu beleuchten. Der Leser soll für sich Klarheit erhalten, was er wirklich selber denkt und als stimmig empfindet und welche Ideen möglicherweise nur durch gesellschaftliche Zwänge und seinen familiären oder sozialen Hintergrund in ihn hinein gepflanzt wurden. Es geht um Klärung, Erkenntnis, sich den eigenen Vorstellungen anzunähern und für ein eigenständiges Leben in Beziehung Verantwortung zu übernehmen. Text U4: "Vielleicht sind die Zeiten endgültig vorbei, in denen wir uns darauf verlassen konnten, dass die Dinge schon irgendwie funktionieren würden, wenn wir uns nur an die Regeln hielten. Vielleicht ist der Zeitpunkt gekommen, dass wir alle langsam aber sicher anfangen, wirklich selbständig zu denken und ganz die eigenen Wahrheiten zu entdecken und auch zu leben. Das gilt ganz besonders, wenn es um Beziehung geht. Vieles funktioniert nicht mehr oder nur unter großer Anstrengung und großen Opfern. Viele Sehnsüchte und Bedürfnisse bleiben auf der Strecke. Viele Möglichkeiten liegen brach und werden nicht gelebt. Dieses Buch soll nicht ein neues "Allheilmittel" oder eine übergreifende Lösung bieten. Dieses Buch soll Ihnen helfen und Sie darin begleiten, zu erkennen, was für Sie zum Thema Beziehung eine echte, tiefe und persönliche Bedeutung hat. Was wollen Sie wirklich? Wie wollen Sie Beziehung leben? Was bedeuten Begriffe wie Liebe, Treue, Leidenschaft und Ehe für SIE? "

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 256

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Wir können nicht an den Menschen verzweifeln,

denn wir selbst sind Menschen.

Albert Einstein

Rima Meyendorf

Liebe,Beziehungsweise Was?

Liebe, Partnerschaft und Sexualität:

eigene Wege in eine neue Zeit

Copyright © 2017 Rima Meyendorf

Layout und Illustrationen:

Rima Meyendorf

www.Rima-Meyendorf.de

Meyendorf, Rima

Liebe, Beziehung-sweise Was?

Verlag: tredition Verlag, Hamburg

ISBN Paperback: 978-3-7439-3060-5

ISBN Hardcocer: 978-3-7439-3061-2

ISBN e-Book: 978-3-7439-3062-9

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie: detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Ich glaube nicht, dass wir so weitermachen können. Ich glaube auch nicht, dass wir so weitermachen wollen: wie wir mit unserer Welt umgehen, mit den Ressourcen unserer Erde, mit den Lebewesen, die Teil dieser Erde sind, mit unseren Mitmenschen auf der ganzen Welt und mit uns selbst.

Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir den Schritt wagen, heraus aus den Strukturen, die wir bisher gelebt und aufrecht erhalten haben, hin zu etwas Neuem. Dieses Neue gibt es allerdings noch nicht. Es schwelt als Idee, als Sehnsucht und als Möglichkeit in uns und um uns herum, aber es hat noch nicht genug Kraft, um uns eine Neue Welt und ein neues Miteinander zu ermöglichen. Es ist an uns, an jedem Einzelnen von uns, dieser Sehnsucht ein Stück mehr Kraft und Realität zu verleihen.

Und beginnen können wir am besten und am direktesten bei uns selbst. Bei unseren eigenen inneren Strukturen und in unseren persönlichen Beziehungen.

Dafür gilt es, die Dinge, wie sie sind oder zu sein scheinen, infrage zu stellen, zu überdenken und möglicherweise über Bord zu werfen, um Raum zu schaffen für etwas Neues, etwas Authentisches und Wahres.

Dazu möchte ich Sie ermutigen. Für eine schönere und friedlichere Welt und für eine neue Art des Miteinander.

Rima Meyendorf

INHALT

Einführung

Die Basis: der Mensch

Der Hintergrund: die Sichtweisen

Das Thema: Liebesbeziehung

TEIL 1: Klärung

Verliebt-sein, Begehren, Beziehung, Liebe – Versuch einer Definition

Die absolute Liebe in Abstufungen

Die romantische Liebe und das Verliebtsein

Begehren, Leidenschaft und Triebe

Beziehung

Männer und Frauen – Versuch einer Verallgemeinerung

TEIL 2: Was in Beziehung passieren kann

Beziehungsthemen und Dynamiken

Erwartungen, das Tor zur Ent-Täuschung

Den andern nach unserem Bilde schaffen

Sicherheit statt Lebendigkeit

Verlustangst und die Konsequenz

Das Scheitern an den Ängsten

Sexualität – das letzte große Tabu

Treue – ein Mythos

Bedürfnisse – wer gewinnt

TEIL 3: Wie Beziehung möglicherweise funktionieren kann

Kommunikation

Die neue Frau, der neue Mann

Miteinander leben, miteinander lebendig bleiben

Liebe als Entscheidung

„Beziehungsarbeit“

Uns selbst und Beziehung neu erfinden

Etwas zum Schluss und zum Beginn

TEIL 4: Praxisteil

Vorab

Wer sind Sie in Beziehung

Themen

Teile

Dynamiken

Literaturhinweise

Einführung

Wenn Sie ernsthaft mit einem anderen Menschen sprechen und etwas mehr in die Tiefe und ins Persönlichere vordringen, werden Sie wahrscheinlich Folgendes bemerken: das, was anscheinend die meisten Leute am meisten beschäftigt und die größten inneren Probleme verursacht, sind ihre Beziehungsthemen. Es kann viele Dinge geben, die Sie im Leben immer wieder belasten oder auch richtig aus der Bahn werfen: Probleme im Job, finanzielle Schwierigkeiten, Krankheit oder ungünstige äußere Umstände. Trotzdem scheint es so, dass das, was uns am meisten an die Nieren geht und am tiefsten erschüttert und mitnimmt, die Konflikte, Missverständnisse, Zerwürfnisse und Verluste in Bezug auf andere Menschen sind, insbesondere in unseren Partnerschaften.

Vorneweg, damit Sie am Ende nicht enttäuscht sind: Sie werden hier nicht DIE Lösung finden. Ich behaupte, es gibt keine globale allgemein gültige Lösung. Es gibt kein allgemein gültiges Rezept für ein glückliches, erfülltes, harmonisches und erfolgreiches Leben. Oder für eine perfekte Beziehung. Es steht eine vielfältige Palette bunt gemischter Rezepte zur Verfügung, um das Leiden, sollte es uns zu nahe kommen, so gut wie es geht zu minimieren, es zu übertünchen oder ihm wenn irgend möglich aus dem Weg zu gehen. Es gibt ebenfalls unterschiedlichste Rezepte, um mit Konflikten, Menschen und Ereignissen anders, vielleicht in einer besseren Art und Weise umzugehen – da reicht es, in die Abteilung Ratgeber und Lebenshilfe zu wandern. Ansonsten gibt es Menschen. Und diese sind meist ein bisschen seltsam, sehr eigen, oft kompliziert und tendieren dazu, nicht unseren Vorstellungen und Erwartungen zu entsprechen. Und es gibt Sie, und ich behaupte mal, Sie sind ziemlich eigen und vielleicht ein bisschen seltsam, in gewissen Bereichen möglicherweise ein wenig kompliziert und wer weiß, wie vielen Vorstellungen und Erwartungen anderer Sie nicht entsprechen. Dann gibt es noch das Leben, das seinerseits ganz eigen ist und Gesetzten folgt, die keineswegs logisch nachzuvollziehen sind, das in erster Linie wandelbar und unkontrollierbar ist und das uns Menschen immer wieder mit neuen Dingen konfrontiert, die wir nicht beeinflussen können und denen wir uns ausgeliefert fühlen.

Es ist nachvollziehbar, dass viele Menschen immer wieder mit dem Leben hadern und an ihren Mitmenschen verzweifeln und scheitern. Beides hängt in erster Linie damit zusammen, dass wir Vorstellungen haben und meistens ziemlich begrenzte, das heißt, eng gefasste: wie das Leben zu sein hat, wie die Anderen sich zu verhalten haben und auch wie wir selbst zu sein haben oder zumindest baldmöglichst werden sollten. Alles (und jeder), was sich dem widersetzt, dem widerspricht, anders ist als erwartet, geplant und vorhergesagt, verursacht Unbehagen, Missmut, Zorn bis hin zu richtigem inneren Stress und Leiden. Aber es hilft nichts: das Leben macht offensichtlich sowieso, was es will und unser andauerndes Bemühen, wenn schon nicht das Leben, dann zumindest die unmittelbare Umgebung, auf jeden Fall aber den Partner, zu kontrollieren, führt meistens – naja, das wissen Sie selbst sicher ganz genau.

Sie sind hier aufgefordert, zu lesen und zu versuchen, die angesprochenen Themen innerlich nachzuvollziehen, also wirklich für sich zu verstehen. Es wäre schön, wenn Sie sich, so gut Sie können, auf verschiedenste Möglichkeiten und manchmal vielleicht fremde (oder sogar beunruhigende) Vorstellungen und Ideen einlassen. Aber das wichtigste ist: Sie sind angehalten, hier mitzudenken, selber selbstständig zu denken, alles zu überprüfen und in Frage zu stellen. Das, was hier geschrieben steht sowieso, aber in allererster Linie Ihre ureigenen Konzepte, Meinungen und Vorstellungen. Hinterfragen Sie. ALLES! Insbesondere sich selbst. Glauben Sie mir nicht, überprüfen Sie und glauben Sie auch sich selbst nicht alles, auch das ist ganz sicher einer Überprüfung wert! Dies hier ist kein Rezeptbuch, es ist lediglich eine Auflistung von allen möglichen Zutaten. Und sicher gibt es noch viele mehr. Probieren Sie aus und kochen Sie anschließend Ihr eigenes Süppchen!

Übrigens: ich habe es mir erlaubt, liebe Leserinnen und Leser, die schwierige Sache mit „Partner plus Partnerin“, „Freund(in)“, „Lebensgefährte/in“ oder ähnliches zu übergehen. Ich hoffe, insbesondere Sie, meine Damen, werden mir das verzeihen, aber nach meinem Empfinden stört das den Text- und Lesefluss zu sehr. Ich hoffe, Sie verzeihen mir das und können sich dennoch direkt und persönlich angesprochen fühlen!

Die Basis: der Mensch

Ich möchte eines voranstellen, in gewisser Weise ein Menschenbild oder eine grundsätzliche mögliche Sicht auf den Menschen und das Leben. Während Sie dieses Buch lesen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie die ganzen Themen, die hier angesprochen werden in sich selbst aktivieren, bzw. die Themen aktivieren sich ganz von alleine. Immer, wenn wir uns mit etwas auseinandersetzen, springen bestimmte „Teile“ in uns an, die eben für diese Thematik „zuständig“ sind und geben ihre höchst-eigenen Kommentare ab (kennen Sie die, diese plappernden Stimmen ich Ihren Kopf, die andauernd zu allem und jedem ihren Senf dazugeben?). Das können wir gar nicht verhindern. Versuchen Sie es mal und grämen Sie sich nicht, wenn die Stimmen dann einfach noch lauter und penetranter werden. Gemeinsam mit diesen Teilen aktivieren sich alle unsere Erfahrungen, Meinungen, Einstellungen, Haltungen und Weltbilder zu dem betreffenden Thema. Es ist, als ob ein Super-Computer einen nonverbalen Befehl bekommen hat und sofort alle entsprechenden Programme starten. Worauf ich hinaus will: Sie können nicht wirklich davon ausgehen, dass Sie neutral und unvoreingenommen mit einer gewissen kindlichen Neugierde, möglicherweise ein bisschen freudiger Erwartung dieses Buch lesen werden. Ganz besonders, wenn es um das Thema Beziehung geht. Machen Sie sich bewusst, dass eine Armee von kritischen, skeptischen, frustrierten, resignierten, besserwisserischen, zynischen und verletzten Teilen den paar hoffnungsvollen und neugierigen gegenübersteht. Der Computer ist hochgefahren, die Programme sind gestartet und jetzt warten die Programme auf Input, den sie dann sofort zensieren, umprogrammieren, kommentieren, bewerten und gegebenenfalls löschen möchten. Alles, was Sie aufnehmen läuft also erst mal über ein inneres Bewertungssystem. Das ist schon in Ordnung, Sie können sowieso nichts dagegen tun, also verschwenden Sie keine Energie darauf, irgendetwas zu unterdrücken – das läuft dann nur unsichtbar im Hintergrund weiter, aber es läuft weiter, keine Sorge! Es reicht, wenn Sie versuchen, es zumindest mitzukriegen: ertappen Sie sich bitte bei vorgefassten Meinungen, bei innerem Stirnrunzeln, beim Kopfschütteln, auch beim Ab-nicken, beim Grinsen, beim „wusst’ ich’s doch“ und beim „so ein Quatsch“. Und machen Sie sich klar, dass da jeweils einer Ihrer unzähligen Kommentatoren am Werk ist. Bekommen Sie mit, was für tief verwurzelte Gedanken zu den einzelnen Themen in Ihnen auftauchen – die Sie übrigens ziemlich sicher nicht einfach für einen Gedanken oder eine persönliche Meinung halten werden, sondern eher für die unumstößliche Wahrheit. Bekommen Sie es nur mit! Mehr können Sie nicht tun. Aber das ist schon ungeheuer viel! Denn – jetzt greife ich voraus – wenn Sie versuchen wollen, Ihre Beziehungen zu verbessern, müssen Sie wissen, wie Ihre persönlichen, diesem Thema zugehörigen Muster bei Ihnen selbst aussehen. Es muss Ihnen klar werden, also auf welcher Basis Ihre persönlichen Programme von Ihnen selbst im Laufe Ihres Lebens geschrieben worden sind. Nur wenn Sie ein wenig besser begreifen wie Sie gestrickt sind, können Sie verstehen, was in Ihren Beziehungen (und Beziehungsdramen) tatsächlich passiert. Nur dann können Sie einen nachhaltigen Weg finden, damit umzugehen. Es geht also darum, hinter die Dinge zu schauen und zu erkennen, was unter der Oberfläche brodelt, zum Beispiel, was sich hinter dem scheinbaren, vordergründigen Grund für einen Konflikt eigentlich verbirgt und zu Wort kommen will. Keine Sorge, Sie müssen jetzt keine Psychoanalyse machen, bevor Sie dieses Buch lesen können. Beobachten Sie sich einfach selber ein Stück-weit während des Lesens, bekommen Sie mit, was da aktiviert wird, was für Gedanken auftauchen, ganz besonders, wenn Sie irritiert sind, zornig werden oder irgendwelche unangenehmen Gefühle auftauchen.

Die Thesen

Ich stelle Ihnen jetzt drei Thesen vor, die Sie jetzt versuchen sollten, vorläufig als mögliche Wahrheit in Betracht zu ziehen („vorläufig“ heißt, tun Sie mal so, als wäre es wahr und dann überprüfen Sie es für sich selbst nach und nach):

1. Der Andere ist anders.

2. Das Bedürfnis nach Kontakt ist ein fundamentales Grundbedürfnis des Menschen.

3. Sie sind nicht das, was Sie denken (das bedeutet: was in Ihrem Kopf vor sich geht) und Sie sind mehr als die Summe Ihres Verhaltens.

Schauen wir uns diese Prämissen mal an:

1. Der Andere ist anders.

Diese Aussage mag auf den ersten Blick recht unspektakulär und nichtssagend erscheinen. Allerdings verbirgt sich dahinter die Basis der meisten Missverständnisse, Dramen und Konflikte. Obwohl wir im Grunde wissen (könnten), dass ein anderer Mensch eben ein Anderer ist und nicht ist wie wir, scheint es etwas in uns zu geben, das diese Tatsache nicht so recht wahrhaben will. Vielleicht macht ganz in der Tiefe die Vorstellung Angst, dass da ja ein völlig unbekannter Planet vor uns schwebt, von dem wir rein gar nichts wissen. Wir wissen nicht, ob er unwirtlich ist und dort siebenköpfige Monster hausen, ob wir da verhungern werden oder von den dunklen Abgründen die dort lauern, verschlungen werden. Also denken wir: „naja, ein bisschen ähnlich wird er schon sein. Immerhin benimmt er sich so ähnlich, redet so ähnlich, ist also wahrscheinlich doch ein bisschen so ähnlich wie ich.“ Wir konzentrieren uns auf das, was wir wiedererkennen und übersehen geflissentlich die Tendenzen, die irgendwie anders, sprich: seltsam, unheimlich, nicht einschätzbar (und damit nicht kontrollierbar) sind. Wenn wir den Anderen dann erst mal ein bisschen „kennen“, verstärkt sich das Gefühl der Gleichheit – zumindest der Ähnlichkeit: wir fühlen uns sicherer und entspannen uns – bis er etwas tut, was uns völlig schockiert, vor den Kopf stößt oder verletzt. Dann denken wir: „das würde ICH nie tun, das ist FALSCH“. Ist nun sein Verhalten falsch oder einfach nur anders? Das ist eben genau die Frage, die wir uns nicht stellen, denn in unserer Welt, in unserem System kann kaum etwas un-bewertet stehen gelassen werden, ganz besonders, wenn es uns in irgendeiner Form befremdlich scheint oder bedroht. Außerdem ist es in der Regel so, dass wir das Verhalten der Anderen automatisch mit unserem eigenen abgleichen und das Kriterium für „richtig“ liegt meist darin, wie wir es tun würden. Im Grunde denkt jeder von uns heimlich, dass er das Maß aller Dinge ist.

Wir glauben irgendwie tatsächlich, dass andere Menschen sich so ähnlich verhalten sollten, wie wir selbst. Wir denken, „wenn ich in so einer Situation wäre, würde ich... warum macht er das nicht? Er muss doch verstehen, was in mir vorgeht, er müsste doch ahnen, was ich mir wünsche“ – alles Dinge, die wir voraussetzen, weil wir denken, dass unser Gegenüber so (oder zumindest so ähnlich) ist, wie wir. Das ist leider nicht der Fall: der Andere ist anders. Und zwar komplett anders. Es gibt einige Grundzüge und Grundbedürfnisse, die uns allen innewohnen, die wohl zum Menschsein gehören: das Bedürfnis, geliebt zu werden, angenommen zu sein, wie wir sind (das ist nicht das selbe! Viele Eltern zum Beispiel, lieben ihre Kinder durchaus, allerdings ohne sie anzunehmen, wie sie sind). Der Wunsch nach Anerkennung, Freiheit, Fortschritt (nach den eigenen Kriterien), Kreativität (egal, in welchen Bereich). Und: Kontakt und Austausch.

Ansonsten besteht ein jeder Mensch aus einem individuellen und unverwechselbaren komplexen Gewirr an Haltungen, Vorstellungen, Wünschen, Ängsten, Träumen und Hoffnungen, die sich auf Grund der persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen entwickelt haben, die er gemacht hat. Hinzu kommen die Erlebnisse und Erfahrungen der Eltern, der nahen Umgebung, die Einflüsse der Gesellschaft, des Kulturkreises und vielleicht auch der Menschheitsgeschichte. Und all das bildet die Basis des Konstrukts, das Ihr persönliches individuelles System darstellt. Also wie sollen sich zwei Menschen da ähneln können? Das gleiche Genmaterial? Dieselben Eltern? Die gleiche Gesellschaftsschicht? Dieselbe Kultur? Das reicht nicht wirklich. Sie können genau die selben Dinge erlebt haben wie Ihr Bruder, aber was Ihr System damit gemacht hat, wie Sie das Erlebte beurteilt haben, beschönigt oder verdrängt, verherrlicht oder verurteilt: das ist ganz Ihr Ding. Das macht kein Zweiter genauso, wie Sie. Ihre Programme sind nämlich ganz individuell auf Sie maßgeschneidert und zwar von Ihnen selbst.

Also versuchen Sie mal für die nächste Zeit im Gedächtnis zu behalten, dass der Andere anders ist (Sie dürfen diese These anschließend selbstverständlich wieder als irrelevant archivieren oder als nicht haltbar löschen!).

2. Das Bedürfnis nach Kontakt ist ein fundamentales Grundbedürfnis des Menschen.

Nehmen Sie sich jetzt mal ein paar Augenblicke und überprüfen Sie das innerlich für sich. Vielleicht werden Sie anmerken, es sei nicht das Bedürfnis nach Kontakt, sondern das Bedürfnis nach Liebe. Da könnte etwas dran sein, wobei wir hierzu die Sache mit der Liebe, im ersten Schritt das Wort an sich und dann den bunten Strauß aller darin erhaltenen Inhalte, genau betrachten müssen – und werden. Der Kontakt um den es hier geht IST Liebe. Und zwar in einer ganz reinen und unspektakulären Form. Aber damit werden wir uns noch eingehend beschäftigen. Sie mögen sagen: Kontakt ist eigentlich nur anstrengend und im Grunde will ich meine Ruhe haben! Dann schicke ich Sie mal geistig auf eine einsame Insel. Kein Buch (Sie denken doch nicht ernsthaft, dass das, was Sie und ich gerade haben, kein Kontakt ist!) ohne Ihren ipod (Musik ist auch ein Mittel der Kommunikation, und zwar ein direkteres, als man meinen könnte), selbstverständlich auch ohne Ihren Laptop, nein auch kein Tablett oder eine Spielkonsole und dass Sie keinen Internetzugang herstellen können ist sowieso klar, kein Mobiltelefon, Funkgerät oder sonstiges. Sie können nicht nach Hause telefonieren oder sonst Kontakt zu jemandem aufnehmen. Ach ja, Fernsehen gibt es da auch nicht. Telepathische Fähigkeiten sind auf der Insel ebenfalls blockiert. Es gibt dort niemanden. Kein menschliches Wesen. Haustiere gibt es dort auch keine, Sie haben als Ansprechpartner Vögel, Eidechsen und Bäume zur Verfügung. Drei Tage? Eine Woche? Einen Monat? Wie lange werden Sie es genießen können, endlich Ihre Ruhe zu haben? Sie werde auch nach einem Jahr an keinem Freitag Fußabdrücke im Sand sehen. Wie lange können Sie nur mit Bäumen reden und als einziges den nie verstummenden Stimmen in Ihrem Kopf zuhören?

Ich vermute, das ist nur vorübergehend auszuhalten und dieses „meine Ruhe haben“ ist nur im Kontrast zu der heutzutage übliches übermäßigen Bombardierung mit Informationen erstrebenswert. Wie viel Kontakt Sie persönlich wünschen und mit wie vielen unterschiedlichen Menschen und wie geartet Sie den wollen, also wie intensiv oder eben nicht Kontakt für Sie sein soll, das ist wiederum ganz individuell und ein Ergebnis zahlreicher Faktoren. Nämlich der Faktoren, die Ihr System zu dem gemacht hat, was und wie es heute ist. Aber – wie nahe auch immer – der Menschen braucht Kontakt. Wenn Sie auch das als Möglichkeit ab-nicken können, dann nehmen Sie auch diese Aussage ein Stückchen weiter mit.

3. Sie sind nicht das, was Sie denken und Sie sind mehr als die Summe Ihres Verhaltens.

Ich vermute, das sollte ich ein wenig erläutern, bevor ich Sie wieder in sich hinein schicke, um zu schauen, wie Sie das sehen – das werde ich übrigens andauernd mit Ihnen machen: Sie hinein schicken in Ihre Tiefen, um da irgendetwas nachzuschauen.

Das, was Sie höchstwahrscheinlich für sich selbst halten, Ihre Persönlichkeit, Ihr Charakter, das ist tatsächlich nur ein Konstrukt, ein Produkt Ihres Denkens. Das ist dieses sogenannte Ego. Das womit wir nach Außen gehen, im Leben stehen, über das wir uns identifizieren und das wir für real halten. Das ist das Produkt der Summe Ihrer Erfahrungen, Meinungen, Haltungen und Gedanken, egal ob Sie anerzogen, im Umfeld erworben, gesellschaftlich oder historisch gewachsen oder gar karmisch bedingt sind. Das ist ein Konstrukt und ja, es ist insofern real, als dass wir damit andauernd, ununterbrochen konfrontiert sind – und mit dem entsprechenden Konstrukt der Anderen ebenfalls! Ob man das weg-meditieren oder weg-therapieren kann, weiß ich nicht. Aber ich befürchte, solange es da ist, sollten wir uns einen vernünftigen Umgang damit überlegen. Aber: das, dieses Konstrukt, das System, die Summe Ihrer Teile, das sind nicht SIE. Es gibt eine Instanz, einen Ort von dem aus Sie sich das alles anschauen können. Und es gibt Momente, meistens in kleinen Denkpausen, wenn das System mal kurz schweigt, wo Sie eine Ahnung davon bekommen können, dass da noch etwas ist. Etwas unabhängig vom Geplapper in Ihrem Kopf, von wild aufsteigenden Emotionen und dem Bestreben, das alles im Griff zu behalten. Es ist immer wieder ein Problem mit Begrifflichkeiten, also mit Worten, insbesondere, wenn es um Zustände oder Konzepte geht, die im Grunde nicht wirklich beschreibbar sind. Aber es hilft wieder nichts, uns bleibt hier nur der Weg über die Sprache. Diese Instanz möchte ich das „Selbst“ nennen. Wenn Sie jetzt mal kurz innehalten und einen Versuch machen: Schließen Sie die Augen (natürlich erst, wenn Sie diesen Absatz zu Ende gelesen haben) und schauen Sie Ihren Gedanken zu. Nur für ein paar wenige Augenblicke: richten Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf Ihre Gedanken. Versuchen Sie, nicht auf die Inhalte zu schauen und wenn, dann lassen Sie sich zumindest nicht davon wegtragen, sondern beobachten Sie einfach nur Ihr Denken an sich. Machen Sie das jetzt.

Möglicherweise haben Sie das als einen Wust an Gedankenfetzen erlebt, die wirr herumschwirren (bis Sie sich auf einen Fetzen stürzen und sich mitreißen lassen, aber das wollten Sie ja mal ausnahmsweise nicht tun). Oder Sie standen einer seltsamen Leere gegenüber und fanden im Hingucken auf die Gedanken die Gedanken nicht mehr. Egal, wie Sie das erlebt haben, es geht darum, dass Sie in der Lage waren, sich das anzuschauen. Vielleicht ist einer der Gedanken dann doch mit Ihnen davon galoppiert, kein Problem. Vielleicht haben Sie mitbekommen, dass es passiert ist.

Jetzt machen Sie das bitte nochmals mit Ihren Gefühlen:

Schließen Sie die Augen und schauen bei sich nach, was Sie gerade fühlen. Es wäre jetzt wahrscheinlich schon wieder eine Definition vonnöten, was denn eigentlich ein Gefühl ist. Für diese kurze Übung möchte ich nur differenzieren zwischen einer Emotion (Freude oder Ärger zum Beispiel) und einer Körperempfindung (Zahnschmerzen). Bitte richten Sie jetzt Ihre Aufmerksamkeit auf Ihre Emotionen.

Egal, was Sie gefunden oder nicht gefunden haben. Die Frage ist: konnten Sie das beobachten, konnten Sie Ihre Aufmerksamkeit dorthin richten, wo Sie möglicherweise den Wohnort Ihrer Gefühle vermuten und sich da ein wenig umschauen? Nur darum geht es hier erst einmal.

Und jetzt richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Körper. Damit Sie durch die Größe Ihres Körpers und der Vielzahl an Möglichkeiten überfordert sind, schließen Sie die Augen und richten Sie für ein paar Augenblicke Ihre volle Aufmerksamkeit auf Ihre beiden großen Zehen. Beide gleichzeitig.

Und jetzt möchte ich, dass Sie sich eins fragen: WER ist es denn, der diese Übung gemacht hat? WER hat sich die Gedanken, die Gefühle und den Körper angeschaut? Sie werden sagen: „Ich“. Ja, aber wer oder was ist denn das? Meistens setzen wir unser Ich-Gefühl mit dem Kopf gleich, mit dem Verstand, dem Denken. Manche „fühlen“ das Ich vielleicht im Bauch, in den Emotionen. Und manche werde den Körper mit diesem besagten „Ich“ gleichsetzen. Aber wenn da etwas ist, was anscheinend in der Lage ist zu differenzieren, sich sozusagen aus dem Ganzen raus zunehmen und es zu betrachten, dann kann das doch möglicherweise etwas außerhalb des Systems“ sein.

Versuchen Sie jetzt mal Folgendes (und machen Sie sich keine Gedanken, wenn das nicht klappt, sich komisch anfühlt oder Sie unruhig werden): richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf diese Instanz, die in der Lage ist zu beschließen, wohin sie ihre Aufmerksamkeit lenkt. Machen Sie das jetzt, schließen Sie die Augen, atmen Sie tief, denken Sie nicht, schauen Sie nur. Lediglich ein paar Augenblicke.

Wenn Ihnen das in irgendeiner Form gelungen ist oder Sie eine Ahnung davon bekommen haben, wie oder was das sein könnte, dann haben Sie möglicherweise eine erste Ahnung davon bekommen, wer oder was Sie sind, eine Ahnung von diesem besagten Selbst. Wenn nicht, macht das auch nichts. Um später immer wieder diese Innenschau zu machen, um die ich Sie bitten werde reicht es, dass Sie bei der Betrachtung einer Situation oder eines Themas versuchen, nicht darüber zu denken. Sie sollen es nur betrachten, kontemplieren und sich bewusst werden, was bei Ihnen diesbezüglich abläuft. Damit sollen Sie vermeiden, dass einfach eine Schublade zum Thema XY aufspringt und das darin gesammelte Material heraus purzelt, Sie sich einfach einen Brocken greifen und ihn völlig überzeugt als die Wahrheit präsentieren. Wenn Sie weniger denken, sondern mehr Innenschau halten, können Sie sich Ihrer eigenen Wirklichkeit und persönlichen Wahrheit zu dem entsprechenden Thema annähern.

Also, nehmen Sie bitte diese Möglichkeit, dass Sie nicht nur das sind, was Sie denken und mehr als die Summe Ihres Verhaltens als Arbeitshypothese mit auf. Ach ja, und wenn wir das mal annehmen, dann müssen wir folgern, dass auch der Andere nicht die Summe seines Verhaltens ist. Warum ist das wichtig?

Es wäre eine gute Ausgangsbasis für eine funktionierende Beziehung, Ihren Partner nicht mit seinem System zu verwechseln, ihn nicht gleichzusetzen mit dem, wie er sich verhält, wie er reagiert und handelt. Tja, in der Beziehung selbst, die nun mal in diesem Wirrwarr der uns umgibt stattfindet, sind Sie allerdings oft – meistens? – eben mit dem System dieser Person konfrontiert und nicht mit dessen Wesenskern. Und Sie reagieren darauf aus Ihrem System heraus und nicht von Ihrem Wesenskern her. Das ist kaum zu vermeiden, denn das System ist unsere „Persönlichkeit“, das, womit wir auf die Straße gehen. Das Ziel wäre also, mit dem eigenen System und dem des Anderen in einer guten Weise umzugehen. Einen Weg zu finden, die eigenen inneren Teile, die dauernd etwas wollen oder nicht wollen oder anders haben wollen in den Griff zu bekommen. Auf der anderen Seite die Teile des Anderen, die auch viel wollen, aber oft überhaupt nicht dasselbe wie Sie, zu verstehen und zu akzeptieren. Verstehen Sie mich hier nicht falsch: das „in den Griff bekommen“ gilt nur für die eigenen Teile. Für die Teile des Anderen ist ausnahmslos der Andere zuständig.

Um das zu erreichen, brauchen Sie das Wissen um das Selbst. Damit haben Sie die Möglichkeit, hin und wieder raus zukommen aus der Verwicklung in die „Dramen“ und können von einem klareren Ort her insbesondere Konflikten und Unstimmigkeiten auf den Grund zu gehen und konstruktive Wege zu einer Lösung finden. Verstehen und Klärung sind in der Tiefe nur möglich, wenn wir uns kurzzeitig aus der Verstrickung herausbewegen können. Dafür braucht es einen gewissen Abstand.

Wenn Ihnen schon mal bewusst ist, dass der Konflikt, der gerade stattfindet sozusagen ein „Kopf-Drama“ ist und Sie nicht da drinnen hocken bleiben MÜSSEN, kann das zu einer schnellen Entdramatisierung beitragen. Vergessen Sie nicht, dass der Andere auch nicht sein Drama ist. Etwas hat Drama-Teile in Ihnen beiden aktiviert und die spielen jetzt fröhlich das Theaterspiel „Drama Teil 17“. Wenn Sie selbst nun außerdem noch Ihr eigenes System gut genug kennen, um zu wissen, was denn bei Ihnen gerade losgetreten worden ist, fällt es viel leichter, die Vorführung einfach zu beenden – oder kurz: Vorhang und Pause.

Der Hintergrund: die Sichtweisen

Wie zu den meisten Themen, die von allgemeinem Interesse sind, haben Sie – bewusst oder unbewusst – zu dem wunderbaren Themenkomplex „Liebe, Beziehung, Sexualität, Männer, Frauen, Kontakt und Kommunikation“ Ihre ganz eigenen Vorstellungen. Sie besitzen einen wilden, meist unsortierten Haufen an Meinungen, Weltbildern, Einstellungen und Ideen. Diese haben Sie von Vorbildern, aus ihrem persönlichen Erleben, aus übernommenen Regeln und Vorgaben, aus schlauen Büchern und Filmen und aus den Meinungen anderer Menschen zusammengestrickt. Und dieser Mischmasch läuft nun als Ihr persönliches „Beziehungs-Programm“ in Ihrem Leben ab. An den Inhalten dieser Themen, das was Sie dazu denken, ist weder etwas falsch noch richtig. Ihre Meinung ist Ihre Meinung und das ist einfach so. Was Sie allerdings jetzt mit in Betracht ziehen sollten ist, dass es sich hier tatsächlich einzig und alleine um eine Meinung handelt. Eine einzelne Meinung, IHRE Meinung. Also EINE mögliche Sichtweise von vielen. Geprägt durch Ihre Geschichte, durch Ihre Kultur, Ihr Elternhaus, Ihre Umgebung und Ihre Erfahrungen. Es ist nichts Absolutes und es ist nicht die absolute Wahrheit. Es ist ein Ergebnis, eine Schlussfolgerung Ihres Systems basierend auf gewissen „Fakten“ – wobei die Fakten nie so wirklich objektiv und klar als Arbeitsgrundlage vorliegen, wie wir uns das wünschen würden oder wovon wir vielleicht sogar (irrtümlich) ausgehen. Diese „Fakten“ (meist Erlebnisse) sind ja selbst in sich schon interpretiert, bearbeitet, verwischt, verfremdet, nur teilweise wahrgenommen und manchmal von vorneherein gar nicht korrekt erkannt worden. Auf Basis all dieser unsicheren Faktoren haben wir also eine Meinung gebildet oder gar eine Position bezogen oder eine Haltung zu einem bestimmten Thema entwickelt. Ja und meist halten wir das dann tatsächlich für die Wahrheit, oft sogar für eine allgemein gültige. Und wir gehen vielleicht davon aus, dass die anderen Menschen das auch so sehen – oder zumindest so sehen sollten/müssten, wenn sie doch nur kapieren würden, sich damit befassen würden, nicht so engstirnig und verblendet wären ...

Die Vorstellung, dass die meisten Leute ähnlich denken wie Sie, hält einer näheren Überprüfung selten Stand. Es ist höchst spannend und verblüffend, wenn Sie sich mal mit jemandem hinsetzten und sich dessen persönliche Bedeutung eines Begriffes oder Konzeptes erklären lassen. Es ist einfach faszinierend, in die Welt eines anderen Menschen einzutauchen und sich dieses fremde Universum ein bisschen erklären lassen. Dafür es ist natürlich hilfreich, wohl fast unabdingbar, dass Sie dies ohne Vorbehalte tun und für diese kurze Zeit Ihre eigenen Konzepte dazu vollkommen beiseite lassen. Wenn Sie sich die Sichtweise eines anderen Menschen erklären lassen, dann geht es nicht um Recht haben, auch nicht um Recht geben. Das ist ein häufiger Irrtum und verhindert oft ein wirklich tiefes Gespräch. Wenn Sie immer versuchen, Ihre Position zu verteidigen und nur wollen, dass der Andere Sie bestätigt und Ihnen Recht gibt, können Sie zum einen nicht wirklich zuhören und zum anderen, wird Ihr Gegenüber bald entweder „dicht machen“ oder seinerseits in Kampfstellung gehen, um SEINE Meinung zu verteidigen und durchzusetzen. Es kann aber keiner wirklich gewinnen. Denn Sie haben nicht mehr und nicht weniger Recht als der Andere. Sie wissen doch: es sind nur persönliche Meinungen und der Andere ist einfach nur anders!

Wenn wir also davon ausgehen, dass der Andere anders ist, Sie keine blasse Ahnung haben, was in ihm vorgeht, geschweige denn, was er für Vorstellungen hat, oder was er tatsächlich damit meint, wenn er ein bestimmtes Wort in den Mund nimmt, dann müssen wir wohl oder übel zu dem Schluss kommen, dass es nichts hilft: wir werden darüber reden müssen.

Um also in Beziehungen besser mit gewissen Themen umgehen zu können, wäre es als ersten Schritt mal ganz gut zu wissen, worum es Ihnen selbst und Ihrem (potenziellen) Partner bei diesem Thema wirklich geht. Und unterschätzen Sie bitte nicht, Ihre höchst-eigene Unwissenheit über sich selbst! Es ist schon verblüffend, dass wir teilweise von Dingen sprechen („Nähe“), über die wir uns selbst nicht im Klaren sind (was bedeutet Nähe für Sie?) und Sachen anstreben („Treue“), von denen wir keine Ahnung haben was sie beinhalten (Glauben Sie, das sehen alle anderen Menschen auch so?) oder gar für uns persönlich beinhalten sollen (wann beginnt Treue und wo endet sie?). Fatal ist eine Einstellung wie „Das strebt man halt an, weil alle das so machen und das wird sich dann schon finden...“ Das ist bequem. Weil es mühsam ist, Innenschau zu halten. Weil es mühsam sein kann, sich auszutauschen. Weil es oft leichter ist, etwas zu tun ohne es zu hinterfragen. Weil man dann nicht riskiert, andere vor den Kopf zu stoßen. Weil einem dann möglicherweise unangenehme Konsequenzen erspart bleiben. Das dürfen Sie natürlich, aber so richtig gut scheint diese Herangehensweise nicht zu funktionieren.