Liebe ist wie ein Rocksong (Die Rockstars-Serie) - Teresa Sporrer - E-Book
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Teresa Sporrer

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Beschreibung

**Rockstar-Romance zum Dahinschmelzen** Sex, Drugs & Rock'n'Roll – ein Motto, das die 18-jährige Musikstudentin Taylor in vollen Zügen lebt. Schließlich ist ihr Weg als Tochter zweier weltberühmter Rockstars quasi schon vorherbestimmt. Oder nicht? Taylor wechselt von einer Band in die nächste, aber aus ihr unerfindlichen Gründen lösen die rhythmischen Beats der Musik nicht gerade Hochgefühle in ihr aus. Selbst ihr Studium erscheint Taylor alles andere als erfüllend. Dafür schlägt ihr verräterisches Herz ausgerechnet bei Ezra O'Callaghan schneller, einem Büchernerd, der mit Musik herzlich wenig am Hut hat…    Es geht weiter mit den sensationellen Rockstars von Teresa Sporrer - gefühlvoll, frech und absolut süffig!  //Dieser Liebesroman überzeugt nicht nur die Fans der »Rockstar-Reihe«. Er kann auch komplett unabhängig gelesen werden und enthält eine in sich abgeschlossene Story. Weitere romantisch-rockige Romane der Autorin: -- Verliebe dich nie als Rockstar (Die Rockstar-Reihe 0)  -- Verliebe dich nie in einen Rockstar (Die Rockstar-Reihe 1)  -- Blind Date mit einem Rockstar (Die Rockstar-Reihe 2)  -- Ein Rockstar kommt selten allein (Die Rockstar-Reihe 3)  -- Rockstar weiblich sucht (Die Rockstar-Reihe 4)  -- Der Rockstar in meinem Bett (Die Rockstar-Reihe 5)  -- Rockstars bleiben nicht zum Frühstück (Die Rockstar-Reihe 6)  -- Rockstars küssen besser (Die Rockstar-Reihe 7)  -- Rockstars kennen kein Ende (Die Rockstar-Reihe 8)  -- Rock'n'Love (Ein Rockstar-Roman)  -- Liebe ist wie ein Rocksong (Die Rockstar-Reihe Spin-off) -- Alles begann mit einem Rocksong (Die Rockstar-Reihe Spin-off) -- Die MEGA Rockstars-E-Box: Band 1–8 der Bestseller-Reihe -- ROCKSTARS. Band 1–3 in einer E-Box -- Berührende Rocksong-Romantik im Sammelband (Die Rockstar-Reihe)//   Die Rockstar-Reihe ist abgeschlossen. Alle Bände der Reihe können unabhängig voneinander gelesen werden und haben ein abgeschlossenes Ende. 

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Teresa Sporrer

Liebe ist wie ein Rocksong

**Rockstar-Romance zum Dahinschmelzen** Sex, Drugs & Rock’n’Roll – ein Motto, das die 18-jährige Musikstudentin Taylor in vollen Zügen lebt. Schließlich ist ihr Weg als Tochter zweier weltberühmter Rockstars quasi schon vorherbestimmt. Oder nicht? Talyor wechselt von einer Band in die nächste, aber aus ihr unerfindlichen Gründen lösen die rhythmischen Beats der Musik nicht gerade Hochgefühle in ihr aus. Selbst ihr Studium erscheint Taylor alles andere als erfüllend. Dafür schlägt ihr verräterisches Herz ausgerechnet bei Ezra O’Callaghan schneller, einem Büchernerd, der mit Musik herzlich wenig am Hut hat …

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© privat

Teresa Sporrer wurde 1994 in der kleinen österreichischen Stadt Braunau am Inn geboren. Da ihr Heimatdorf fast nur aus Feldern und Bäumen besteht, zieht es die Autorin seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr regelmäßig auf verschiedene Rockkonzerte und Festivals. Neben ihrer Liebe zur Musik hegt sie noch eine große Leidenschaft für Bücher und kümmert sich regelmäßig um ihren eigenen Bücherblog. Momentan bereitet sich die Autorin auf ihr Lehramtsstudium vor und arbeitet an neuen Geschichten.

Prolog

Flirtfähigkeiten liegen eindeutig nicht in der Familie

»Bist du jetzt eigentlich Amerikaner oder Ire?«

Ich nippte an meinem süßen – aber leider alkoholfreien – Cocktail, den mir ein nicht weniger süßer Barkeeper gemixt hatte, aber meine Augen fixierten die ganze Zeit über Ezra O’Callaghan.

Geboren in Amerika, aber als Kind zweier Iren war diese Frage doch mehr als berechtigt. Ezra sollte mir das jetzt endlich mal erklären. Das war doch ein super Gesprächsthema! Oder? Ich konnte doch nicht schon wieder mit dem Wetter anfangen, das seit zwei Wochen konstant angenehm warm, aber nicht sehr sonnig war.

Mit einem selbstbewussten Lächeln nahm ich ihm gegenüber auf einem Hocker Platz und schlug die Beine langsam übereinander. Die schwarzen High Heels betonten meine langen Beine, welche ich mir erst vorgestern ordentlich gewachst hatte. Sie waren so glatt wie bei einer Damenrasierer-Werbung. An meiner glatten Haut würden Raupen, Faultiere, Einhörner und was-weiß-ich-noch-alles abrutschen. Das war auch gut so, da ich meine hochroten Beine nach dem Wachsen eine Stunde in Eiswürfel hatte stecken müssen.

Eine Hand legte ich auf mein Kleid, weil sich das kurze Ding andauernd von selbst hochrollte und ich verhindern wollte, dass er jetzt schon meinen Slip sah. Ausnahmsweise wollte ich mal sexy und elegant wirken.

Ja, ich weiß. Taylor Kramer und elegant?

Die Einzige, die ein bisschen Eleganz in unserer Familie besaß, war meine Tante Ellen. Sie war eine bildschöne Frau und modelte mit ihren über 50 Jahren noch, eine Tatsache, die man natürlich nicht laut aussprechen durfte. Und selbst Tante Ellen war nur elegant, bis sie wie eine Irre rumbrüllte, weil ihr irgendetwas gegen den Strich ging, und ihr ging dauernd etwas gegen den Strich.

»Amerikanische Staatsbürgschaft«, murmelte er. Statt mich anzusehen, hatte er sein attraktives Gesicht in einem abgewetzten Buch vergraben. Das Buch hatte er sicher wieder aus einem Antiquariat. Mir kam es so vor, als ob jedes Bücher-Antiquariat in New York seinen Namen kannte und bei seinen Besuchen den roten Teppich ausrollte. Schließlich war er der beste Kunde. »Ich wurde hier geboren, daran ändert die Nationalität meiner beider Elternteile herzlich wenig. Jus soli.«

»Mhm, interessant.« Ich wickelte eine schwarze Haarsträhne um meinen Zeigefinger. »Ich weiß eigentlich kaum etwas über dich, Ezra. Dabei kennen wir uns schon mein ganzes Leben lang.«

Zum Glück hörte mir niemand zu, als ich mit Ezra flirtete. Normalerweise reichten bei mir ein großzügiger Ausschnitt und ein paar gehauchte Wörter und die Jungs konnten ihre Augen nicht mehr von mir lassen. Meine beste Freundin Daphne, die zugleich meine Cousine war, sagte immer, dass ich eine moderne Sirene mit Plateau-Boots statt Flosse war. Wenn ich eine Sirene war, dann war Ezra aber Odysseus, der sich die Ohren mit Wachs verschlossen hatte.

Die Hotelbar war beinahe komplett leer. Mein Zwillingsbruder Gabriel, kurz Gabe genannt, war schon mit Ricardo abgerauscht, weil die beiden auch noch mit 18 Jahren stundenlang Videospiele spielten, und da waren Desiree und Lorena natürlich mit Freude mitgekommen. Caleb hatte seine und somit auch Ezras kleine Schwester Allison schon nach oben ins Bett gebracht, Lacey musste ihren Lieblingsanime im Simulcast ansehen und die anderen waren im Urlaub oder hatten keinen Bock gehabt, noch einen trinken zu gehen.

»Was willst du von mir, Taylor?«, knurrte Ezra. Er las immer noch in seinem Buch. »Ist Caleb nicht mehr interessant genug für dich?«

»Caleb ist ein Vollidiot.«

Ezras kleiner Bruder Caleb war meiner Meinung nach nicht so gut aussehend wie er, dafür war er viel lebensfroher und einfach für jeden Blödsinn zu haben. Vor drei Tagen hatten Caleb und ich aus einer Bar eine Flasche Champagner gestohlen und sie dann gemeinsam auf einem Spielplatz geköpft und gleich geleert. Wir hatten auch ein wenig rumgemacht, aber ich hatte ihn weggeschubst, bevor er mir noch an die Wäsche ging. So ein Football-Spieler wie Caleb war mir bei aller Liebe dann doch einfach zu langweilig.

Als Tochter zweier weltberühmter Rockstars, die auf den Musikbühnen der Welt aufgewachsen war, stand ich natürlich auf tätowierte und gepiercte Männer. Spielte der Typ ein Instrument oder sang in einer Band? Oh, wo war denn nur mein Höschen abgeblieben?

Ezra hingegen … Er war groß und schlank, nicht so muskulös wie Caleb, dafür besaß er die blauesten Augen, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. Wie seine Mutter und seine anderen Geschwister hatte er dunkelblonde Haare, aber mit einem leichten Rotstich. Da sein natürlicher Lebensraum die Bibliothek war, war er auch nicht sonderlich gebräunt. Ab und zu trug er eine Lesebrille auf der Nase. Sich die Augen lasern zu lassen, kam für Ezra nicht in Frage.

Um es abzukürzen: Ezra war überhaupt nicht mein Typ, aber trotzdem …

»Er ist eben Caleb«, meinte Ezra nur dazu.

»Übermorgen fliege ich übrigens wieder nach Hause.« Ich zog die Mundwinkel nach unten. »Wirst du mich vermissen?«

Seufzend legte Ezra sein Buch weg. Jetzt konnte ich endlich erkennen, was es war, nämlich eine englische Ausgabe des Klassikers Faust. Er las dauernd solchen Kram. »Warum ziehst du jedes Jahr so eine Show ab, Taylor?«

»Ich ziehe keine Show ab!«, stritt ich ab. »Ich unterhalte mich nur mit dir.«

Sein Blick ruhte eine Zeit lang auf mir – aber dann griff er wieder nach seinem Buch und las darin weiter.

Wow. Nur er konnte einen auf diese Weise wortlos abservieren.

Nur servierte man eine Kramer nicht so einfach ab. Das war die positivste – und zugleich negativste – Eigenschaft meiner Familie: Wir waren hartnäckig. Entweder bekamen wir das, was wir wollten, oder wir versuchten zumindest alles Mögliche. Kampflos ergaben wir uns jedenfalls nicht.

Die nächsten fünfzehn Minuten las Ezra still weiter, während ich stinksauer an meinem Cocktail nuckelte. Allerdings beobachtete ich Ezra weiterhin aus dem Augenwinkel. Dabei fiel mir langsam etwas auf: Er blätterte nicht um! Der Mistkerl tat nur so, als würde er lesen!

»Warum bist du überhaupt noch da, wenn du mich nur ignorierst?«, fuhr ich ihn daraufhin an.

»Ich kann doch auch hier lesen.«

»Du liest aber nicht«, sagte ich. »Das Licht hier ist viel zu gedimmt.«

»Es geht.«

Ich seufzte. »Du blätterst seit über zehn Minuten nicht um. Entweder du liest wie ein Grundschüler oder du tust nur so, als würdest du lesen.«

Ertappt verzog er das Gesicht.

»Hältst du mich echt für so dumm, dass mir das nicht auffallen würde?«

Er schwieg.

Wow. Wow. WOW!

Was erlaubte er sich? »Natürlich bist du nicht dumm, meine liebe Taylor«, hätte er sagen sollen. Stattdessen … Ah, Männer!

Deshalb lag es an mir, das Gespräch wieder irgendwie in die richtige Richtung zu lenken: »Alle anderen sind gegangen, aber du bist bei mir geblieben«, stellte ich fest. »Warum bleibst du bei der dummen Taylor?«

Die ganzen drei Wochen, die ich in Amerika verbracht hatte, hatte Ezra mindestens ein Mal am Tag gesagt, dass er ja so viel für die Uni zu tun hätte. Er hatte mit Anglistik angefangen, irgendwann kam Germanistik dazu, dann Geschichte, gefolgt von Philosophie. Es würde mich nicht wundern, wenn er in der Zwischenzeit auch Kommunikations- und oder Politikwissenschaft machte. Ezra sagte immer, dass Studieren sein liebstes Hobby war. Da seine Mutter eine dreifach Oscar-prämierte Schauspielerin und sein Vater eine Rocklegende war, musste er nebenbei auch nicht arbeiten, sondern konnte sich voll und ganz auf sein Studium konzentrieren.

Und obwohl er ja so beschäftigt war, hockte er seit einer Stunde nur blöd rum.

»Ich kann dich doch nicht allein an der Hotelbar lassen«, sagte er.

»Warum?«, entgegnete ich. »Ich bin schon 18. Ich kann gut auf mich allein aufpassen, Ezra. Du bist nicht mein Babysitter.«

»Nicht mehr.«

Au! Das tat jetzt weh.

Scheinbar sah mich Ezra immer noch nicht als Erwachsene an, obwohl ich schon seit Monaten volljährig war. Nur weil er acht Jahre älter war und deshalb früher oft auf mich und auch auf Gabe aufgepasst hatte.

Jedes Jahr im Sommer besuchten meine Eltern ihre Geschwister in Amerika. Mein Onkel Brandon, der Mann meiner Tante Ellen, und meine Tante Natalie, die Frau meines Onkels Ian, spielten mit Ezras Dad Nigel in einer Band. Wir Rockstar-Kinder durften dann die Ferien in einem Luxus-Hotel verbringen und Ezra, der Älteste von uns allen, passte auf uns auf.

Ich war aber kein kleines Mädchen, auf das man aufpassen musste. Ich war eine Frau. Und gerade war ich eine etwas angepisste, aber immer noch sehr an ihm interessierte Frau.

Deshalb wollte ich mein Cocktailglas erheben und … Ja, keine Ahnung, was ich eigentlich damit bezwecken wollte, denn am Ende schüttete ich mir den ganzen Cocktail auf mein Cocktailkleid.

»Das gibt’s nicht!«, schrie ich. »Das habe ich heute ganz neu mit Tante Ellen gekauft und zum ersten Mal a-AAAH!«

Ich war natürlich augenblicklich vom Hocker aufgesprungen, nur um mich mit den Absätzen meiner High Heels irgendwie am Gestell zu verfangen. Mit einem lauten Rums riss ich den Hocker um und da ich schon mal auf den Weg nach unten war, nahm ich noch gleich eine große Blumenvase mit.

So landete ich bäuchlings auf dem Teppichboden. Um mich herum bildete sich eine große Pfütze. Ich hatte gehofft, dass ich so stark blutete, dass ich auf der Stelle starb, damit das Ganze nicht so peinlich war, aber dann bemerkte ich, dass sich nur abgestandenes Blumenwasser um mich herum ausbreitete. Ich hatte aber auch nie Glück!

Ezra war sofort zu mir geeilt. »Ge-Geht es dir gut? Tay…«

Das komische Geräusch, das daraufhin den Raum erfüllte, identifizierte ich als sein lautes Gelächter.

Ich lief im Gesicht rot an.

Noch nie hatte ich ihn so laut lachen gehört. Vielleicht mal früher, als wir Kinder waren. Ezra war sonst immer viel zu ernst …

»Halt die Klappe!«, zischte ich ihn an, weil mir das alles zu viel wurde. Mir war am gesamten Körper ganz heiß und ich bekam gerade schlimme Bauchschmerzen.

»Willst du nicht aufstehen, Taylor?«

»Nein, Ezra, ich will sterben.«

»Ähm …«, druckste er rum. »Ähem, es wäre trotzdem eine gute Idee, wenn du dein Kleid dann richten würdest. Man kann nämlich, äh, deine Unterwäsche sehen.«

»O Gooott«, stöhnte ich.

Ich rollte mich auf den Rücken und zog dabei das Kleid wieder dahin, wo es hingehörte.

Dabei grinste mich der Barkeeper hinter der Theke anzüglich an. Ab dann war mir die Sache nicht mehr peinlich. Nein, ich verspürte nur noch eine Mordswut. Am liebsten hätte ich dem Cocktailmixer die Augen ausgekratzt, aber Ezra hätte das sicher nicht gutgeheißen.

Auf einmal zog mich Ezra an seinen Körper. Ich war so überrascht von dem plötzlichen Körperkontakt, dass ich keuchen musste. Mir wurde schon wieder so unsäglich heiß und schwindelig …

Es war schon zwei Jahre her, dass Ezra mich berührt hatte. Seitdem hielt er mich immer auf Abstand.

»Du hast dich etwas geschnitten«, sagte Ezra und berührte mich sanft am Oberarm. Ein langer, aber kein stark blutender roter Strich zog sich über meinen Arm. »Komm, lass mich das desinfizieren und verbinden.«

Er schrie dem Barkeeper-Idioten zu, dass er ihm den Erste-Hilfe-Koffer bringen sollte.

»Die Vase war teuer«, sagte der Barkeeper zu Ezra, als er ihm den kleinen weißen Koffer reichte. »Ihre betrunkene Freundi–«

»Sie ist nicht betrunken«, knurrte Ezra ihn an. Er zog mich noch enger an sich. »Sie ist nur unglücklich gestolpert. Schreiben sie die Vase einfach auf den Deckel von Empathica oder Cadence O’Callaghan. Mein Dad oder meine Mom werden sie schon bezahlen.«

»Nein, nein, schreiben Sie sie auf Zoey Kramer oder Alex Seidl an«, widersprach ich ihm. »Meine Eltern sind es gewohnt, dass Gabriel oder ich etwas kaputtmachen.«

Der Barkeeper seufzte, aber verschwand dann wieder. Der Typ war sicher neu. Jedes Jahr machte jemand von unserer Truppe etwas kaputt: Gabriel und Ricardo hatten tatsächlich mal diverse Vorhänge abgefackelt, als sie Feuerwerkskörper aus Mexiko im Hotel ausprobiert hatten. Billiges Haarfärbemittel hatte nicht nur eine teure Komfortmatratze kaputtgemacht, sondern Lacey gleich noch einen hübschen Kurzhaarschnitt beschert. Eine Anzahl von Gläsern ging sowieso jedes Jahr drauf. Scherben brachten eben kein Glück.

»So ein arroganter Kerl«, regte sich Ezra auf. »Die hässliche Vase ist so etwas von scheißegal, wenn du verletzt bist.«

Er sprühte Desinfektionsspray auf meine Verletzung. Dann drückte er mir ein Wundpflaster auf, bevor er alles mit einem Verband umwickelte.

Er übertrieb maßlos. Ein Frettchen-Kratzer tat mehr weh.

Trotzdem hatte ich die Augen geschlossen, während ich etwas entspannt mit dem Rücken gegen Ezra lehnte. Mit den Händen hielt ich mein Kleid an Ort und Stelle.

Obwohl ich mitten in einer Wasserpfütze saß, fühlte ich mich in meiner Haut gerade sehr wohl. Ezra war so warm und er roch einfach unwiderstehlich. Er roch nach Leder und alten Büchern. Ein Duft, der weder süß noch herb war. Ein Duft, von dem ich mich fragte, ob er sich durch die intensive Beschäftigung mit Büchern in Ezras Haut eingebrannt hatte.

Fast wäre ich so eingeschlafen.

»Taylor?«, fragte er und stupste mich ganz sanft an. »Geht es dir nicht gut?«

»Nein!«, schrie ich schon fast. »Mir geht’s super!«

Zum Beweis rappelte ich mich schnell auf und taumelte gegen Ezra.

»Hoppla«, sagt er und legte seine Hand auf meine Hüfte. Seine andere Hand schob er in meine Haare. »Nicht so schnell, Pumpkin.«

»P-Pumpkin?«, fragte ich mit brüchiger Stimme. »Du hast mich lange nicht mehr so genannt …«

Er zögerte. »Ach ja?«

Plötzlich fing er an etwas aus meinen Haaren zu pflücken. Dabei wurde ich noch röter, als ich ohnehin schon war. Ich wartete nur darauf, dass mir Blut aus Ohren und Nase fließen würde.

»Oh, du hast mir Blumen mitgebracht«, sagte ich ironisch, als ich merkte, dass er mir tatsächlich Blumenblätter aus den Haaren zupfte. »Das wäre doch nicht nötig gewesen.«

»Ich bringe dich nun auf dein Zimmer.« Er ging schnell zum Tisch und steckte sein Buch ein. Dann nahm er meine Hand und führte mich aus der Bar. »Für heute ist es genug.«

Ich wollte ihn gerade anschnauzen, dass er sich das Babysitter-Gehabe aber sowas von in seinen wohlgeformten Arsch schieben konnte, als mir meine einmalige Chance bewusst wurde.

Deshalb ließ ich mich ohne die für mich typischen Widerworte auf mein Hotelzimmer führen.

Dunkelbraune Tür, hellblaue Wand. Tür. Wand.

Ich atmete tief ein und wieder aus. Ein. Und aus.

Ezra war nicht der erste Mann, den ich mit auf mein Zimmer nahm. Aber warum war ich dann so nervös?

Weil er der allererste war, der mich je geküsst hat …

Ich schüttelte den Kopf. Na und? Seitdem hatte ich unzählige Jungs geküsst und mit gar nicht so wenigen Sex gehabt. Das hier war ja auch nichts anderes. Das Einzige, das anders war, war eben Ezra …

Ezra blieb stehen.

»Was ist?«, wollte ich wissen.

Er nickte zur Tür. »Das ist doch dein Zimmer.«

»Oh, ja! Genau!« Eilig fischte ich meine Schlüsselkarte aus meiner kleinen schwarzen Handtasche. »Komm doch noch kurz mit rein, Ezra«, bot ich ihm an, als er sich gerade umdrehen wollte. »Es ist ja noch nicht so spät.«

Ich erwartete, dass er nach dem Warum fragen würde, weshalb ich mir schon ein paar fadenscheinige Ausreden überlegte: Vermutung auf Gehirnerschütterung, Unvermögen, ein Gurkenglas zu öffnen, gefährlich aussehende Spinne in der Dusche …

Aber er nickte nur stumm und folgte mir ins Innere.

Das ließ mich grinsen.

Vielleicht wollte er genau das Gleiche wie ich. Ich hatte meine Absichten ja deutlich gemacht: Sexy neues Kleid, Haare frisch vom Friseur, absolut dumme Flirtsprüche …

Ich ziehe das jetzt durch!

Während ich auf Ezra zuschritt, warf ich mir die Schuhe von den Füßen. Einen weiteren Unfall mit meinen Stöckelschuhen wollte ich heute nicht mehr bauen.

Ich hatte das widerspenstige Teil aka mein Kleid nur gekauft, weil es einen praktischen Reißverschluss vorne hatte. Man konnte ihn ganz bis nach unten ziehen. Tante Ellen hatte das beim Einkaufen mit einer hochgezogenen Augenbraue bemerkt, aber nicht weiter kommentiert.

Ich stellte mich vor Ezra. Ohne etwas zu sagen, nahm ich seine Hand und führte sie zu dem Ausschnitt des Kleides. Der schwarze Stoff fiel zu Boden. Trägerloser BH und Höschen waren alles, was ich noch am Leib trug.

»Taylor«, hauchte er sprachlos.

»Ezra«, schnurrte ich seinen Namen. Sein Name war wie dazu gemacht, ihn verführerisch zu schnurren.

»Was hast du vor?«

»Was haben wir vor«, verbesserte ich ihn. »Man könnte sagen, wir machen uns bettgehfertig, wenn du auf dieses Babysitter-Gehabe im Bett stehst.«

»Nein.«

»Oh, gut.« Ich atmete erleichtert auf. »Ich hatte schon Angst, du findest dieses Gerede erotisch. Ich nämlich gar nicht.«

»Das meine ich nicht. Damit meine ich, dass ich nicht mit dir … das tun werde.«

Süß! Er sprach es nicht einmal aus. Ganz im Gegenteil, er wurde rot um die Nase, wo man schwach Sommersprossen erkennen konnte. Was mir aber nicht gefiel, war sein zur Seite gedrehtes Gesicht. Er wich meinem Blick aus. Warum? Weil ihm das peinlich war? Oder …

»Warum nicht?«, fragte ich mit einem herausfordernden Lächeln.

»Weil … Nein«, kam es als schwacher Widerstand von ihm. »Einfach nein. Wir können das nicht tun.«

Dafür, dass er sonst so wortgewandt war, fand er jetzt nicht einmal eine Begründung.

»Geh«, sagte ich mit einem immer größer werdenden Grinsen im Gesicht. Ich deutete auf die Tür. »Wenn du das nicht willst, dann kannst du gerne gehen.«

Mit jeder Sekunde, in der er es nicht einmal wagte zur Tür zu blicken, wurde ich in meinem Vorhaben bestärkt. Ezra müsste ein Riesenidiot sein, wenn er sich diese Chance mit mir entgehen lassen würde.

»Es ist zwei Jahre her, dass du mich geküsst hast.«

Bei dieser Bemerkung von mir zuckte Ezra zusammen. »Ich weiß.«

»Ich denke oft daran«, gestand ich ihm. »Besonders daran, warum du mich seit dem Tag nicht mehr geküsst hast.«

Ich kam einen Schritt näher. Meine Finger strichen über Ezras weißes Hemd, öffneten schon mal ein paar Knöpfe.

»War das damals nur ein Ausrutscher?«, fragte ich ihn. »Bin ich nicht dein Typ? Bin ich dir nicht hübsch genug?« Bin ich dir nicht normal genug?

Plötzlich griff er in mein Haar und zog mich an sich. Nun war ich es, die überrumpelt wurde, als er mich wie aus dem Nichts auf den Mund küsste und mich so zum Schweigen brachte.

Meine Lippen formten sich zu einem Lächeln. Schon bei unserem ersten Mal hatte er mich aus heiterem Himmel geküsst. Der Kuss vor zwei Jahren war ebenfalls so plötzlich gewesen, dass er mich völlig verwirrt hatte. So sehr, dass die Verwirrtheit bis heute anhielt.

Aber er schien immer noch etwas zurückhaltend zu sein. Zwar hatte er seine Hände an meine Hüfte gelegt, aber sein Blick war ruhelos. Er wollte mir immer noch nicht in die Augen sehen.

Warum kämpfte er so dagegen an? Er wollte mich und ich wollte ihn.

»Es ist okay, Ezra. Wir sind beide erwachsen und wollen das hier, oder?«, redete ich ihm gut zu. Dann deutete ich mit dem Finger auf mich, stemmte die Hände in die Hüfte, warf meine Haare zurück und lächelte ihn an. »Und ich bin einfach unwiderstehlich!«

»Du bist einfach wunderschön.«

Mein Blut schoss mir wieder in den Kopf. »Lass das!«, wehrte ich verlegen ab. »Ich schlafe eh schon mit dir. Das Süßholzgeraspel brauchst du nicht.«

Ich nestelte mit den Fingern verlegen an seinem Hemdkragen rum.

»Aber es stimmt, Pumpkin.«

Das Nächste geschah wirklich unabsichtlich! Mir war schon wieder etwas schwindelig, weshalb ich mich an Ezras Hemdkragen festkrallte. Als ich aufs Bett fiel, riss ich ihn also praktischerweise gleich mit. Das ersparte uns zumindest ein weiteres peinliches Geplänkel.

Ezra schien jedoch zu meinen, dass das zu meiner Verführung gehörte. Er küsste meinen Hals, wechselte dann zu meinem Ausschnitt und … O Gott, er leckte die Reste des Cocktails von meiner Haut. Mit einem lustvollen Stöhnen verabschiedete sich mein Gehirn.

Dann hörte er auf einmal auf mich zu küssen, stattdessen fummelte er unangenehm an meinem BH und meinen Brüsten rum.

»Ähm.« Er hielt eine verirrte Cocktailkirsche hoch. »Ich hab da noch etwas gefunden.«

Perplex starrte ich die knallrote Frucht an. Die war wohl in meinen BH gerutscht, als ich mich mit dem Cocktail vollgesaut hatte.

Wir lachten. Besonders ich kriegte mich nicht mehr ein. Wahrscheinlich, weil ich immer noch etwas nervös war. Erst wieder, als er seine Hand auf meine Wange legte. Ich konnte nicht anders, als mich daran zu schmiegen.

»Was bedeutet das hier für dich?«, wollte er von mir wissen.

Mein Herz geriet kurz ins Straucheln. Ich hatte schon befürchtet, dass er so etwas früher oder später fragen würde.

»Das wirst du am Morgen sehen«, sagte ich nur und lächelte geheimnisvoll dabei. »Du trägst eindeutig noch zu viele Klamotten«, lenkte ich das Gespräch in eine andere Richtung. Meine Finger glitten über den Bund seiner Jeans. Nur ein bisschen weiter unten wölbte sich merklich etwas.

Endlich sah er mich richtig. Endlich sah er mich auch als Frau.

Er sah mich als … Er sah mehr in mir. Er sah zu viel in mir. Und das machte mir Angst.

Als ich kurz aufblickte, hatte sich etwas verändert. Zärtlich umfasste er mein Gesicht mit beiden Händen. Dann zog er mich zu einem tiefen Kuss heran. Dieser Kuss war anders. Der Kuss nahm mir die Luft zum Atmen. Dieser Kuss war alles.

Von meiner Unsicherheit merkte Ezra allerdings nichts. Er war zu sehr damit beschäftigt, sich seiner Kleidung möglichst schnell zu entledigen. Mir gefiel es, wie er sich beeilte, um wieder zu mir ins Bett zu kriechen.

Es war ein Wahnsinnsgefühl mit ihm Sex zu haben, all meine Gedanken, all meine Sinne waren auf Ezra gerichtet. Ich wollte niemals eine Sekunde vergessen. Sein Aussehen. Seinen Geruch. Seinen Geschmack. Seine Stimme. Seine Berührungen.

Ich war danach völlig erschöpft. Ezra küsste mich weiter – mal waren es zarte, fast schon gehauchte Liebkosungen, dann knabberte er wieder an meiner Haut.

Seine Ausdauer hatte ich völlig unterschätzt. Kurz flackerte so etwas wie Eifersucht in mir auf. Ich wollte nicht wissen, wie viele Mädchen dazu beigetragen hatten, dass Ezra so ein fähiger Liebhaber geworden war.

Ich hätte ihm am liebsten eine Medaille für den besten Sex meines – noch so jungen – Lebens verliehen. Hm, vielleicht würde ich die ihm mal per Post nachschicken. Daphne würde mir mit allergrößter Freude beim Basteln helfen.

Aus! Es ist vorbei, Taylor!

Bevor er einschlief, zog er mich noch enger an sich. Ich spürte sein Kinn auf meinem Kopf ruhen.

Eine Stunde später, als ich mir sicher war, dass er längst eingeschlafen war, wand ich mich neben ihm aus dem Bett.

Vielleicht sollte ich doch hierbleiben … Am Morgen mit Ezra aufwachen, mit ihm frühstücken, mich an ihn kuscheln, wieder heißen Sex haben …

Nein. Nein. Nein!

Ich war Taylor Kramer. Das war nicht das Leben, das mir vorherbestimmt war!

Es war trotzdem so, als würde mir jemand ein Messer in die Brust rammen, als ich mich aufbruchbereit machte.

Ich würde Ezra nie wiedersehen – und das war gut so. Ich war nun mal kein Beziehungsmensch. Das hier war nichts anderes als körperliche Lust. Jetzt hatte ich Sex mit ihm gehabt und das war es. Jetzt konnte ich nach vorne blicken. In meine Zukunft – ohne Ezra, ohne dieses lästige Gefühl, jemanden unbedingt in meiner Nähe haben zu wollen.

Ich zog mein Höschen, das Kleid und die Heels wieder an. Meinen BH stopfte ich in meinen schon bereitgestellten Koffer. Ich kämmte meine Haare mit einer Hand, während ich mir mit der anderen die Schminke mit einem Abschminktuch abwusch.

Beim Fertigmachen fiel mein Blick auf Ezras Faust-Ausgabe.

»Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust«, murmelte ich eins meiner Lieblingszitate aus Goethes Meisterwerk. »Die eine will sich von der anderen trennen.«

Ich legte die Zimmerkarte auf das Buch.

Du weißt, was du tun musst …

Ohne noch einmal zu Ezra zu blicken, marschierte ich mit dem Koffer aus dem Hotelzimmer. Ich hatte Ezra belogen. Ich würde nicht übermorgen, sondern heute schon abreisen, weil unsere Eltern kurzfristig einen Musikerpreis entgegennehmen mussten und uns gerne dabeihatten.

Deshalb wartete Gabe schon vor dem Hotel auf mich. »Wo warst du denn?«, fragte er mich.

Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, was sicher von den ganzen Videospielen kam, die er nur ruhen gelassen hatte, wenn er ein Mädchen angebaggert hatte.

»Ich hatte noch eine Kleinigkeit zu erledigen.«

Das Blöde war, dass Gabriel mein Zwilling war und wir fast nichts voneinander verheimlichen konnten.

Er blickte starr geradeaus. »Das war keine gute Idee, wenn du mich fragst.«

»Dich hat aber keiner gefragt!«, zischte ich ihn an. »Ich misch mich ja schließlich auch nicht in deine Frauengeschichten ein.«

»Oh, dann höre ich wohl immer irgendwelche imaginären Stimmen, wenn ich mich von meinen Freundinnen trenne«, konterte er mit ruhiger Stimme.

»Ich habe dir nur gelegentlich geraten, das Tempo zu zügeln, da du sonst irgendwann alle Frauen auf der Welt durchhast und dann musst du mit Daphne, mir und unserer Heerschar an Frettchen alt werden.«

Gabriel breitete grinsend die volltätowierten Arme aus. »Es wäre eine größere Tragödie, nicht mit all den schönen Frauen da draußen das Vergnügen meiner Gesellschaft zu teilen.«

»Du bist so ein Idiot.«

»Das sind wir beide, Tay.«

01. Kapitel

Dummkopf – 6 Buchstaben: Taylor

6 Wochen später

Es roch nach gebratenem Speck, Eiern und sogar nach frisch gepresstem Orangensaft.

»Ugh.« Ich drehte mich in meinem Bett um. »Riecht das eklig!«

Mein Magen rebellierte allein schon bei dem Geruch.

Vielleicht sollte ich heute einfach im Bett bleiben. Ich hatte ohnehin heute nichts vor, also konnte ich mich mal ganz allein aufs Atmen konzentrieren. Seit Wochen plagte mich eine unerklärliche Übelkeit und der Geruch von gebratenem Fleisch machte die Sache nicht gerade besser.

Ich wollte mir gerade die Decke über den Kopf ziehen und weiterschlafen, als meine Tür mit einem Knall aufgerissen wurde.

»Gu-ten Mor-gen!«, flötete Daphne wie eine übermotivierte Grundschullehrerin. »Zeit fürs Frühstück!«

»Nein!«, schrie ich, aber sie hatte schon meine Decke zu fassen bekommen und riss sie mir weg.

Ich rollte mich wie ein Igel zu einer Kugel zusammen.

Das würde nichts helfen, das wusste ich schon aus Erfahrung.

»Taaaylor!« Ich hörte, wie Daphne näher kam. »Ich habe uns Frühstück gekocht. Steh auf, sonst muss ich dich aus dem Bett schmeißen.«

»Das schaffst du nicht.«

»Letzte Warnung!«, sagte sie. In ihrer Stimme schwang immer noch ein Lächeln mit. »Heute bleibst du nicht schon wieder im Bett!«

Vermutlich waren Daphne, Gabe und ich so gute Freunde, weil Daphnes Frohsinn einfach unerschütterlich war. Egal wie griesgrämig oder jähzornig Gabe und ich drauf waren, Daphne verlor selten ihr Lächeln und ihre Gutmütigkeit.

Und doch konnte sie ganz furchtbar sein …

Mit einem geraunten »Taylor!« warf sie sich auf mich. Auf einmal waren ihre Hände überall und kitzelten mich.

Ich schrie und lachte, zappelte herum, bis ich kühlen Parkettboden auf meiner Wange spürte. Daphne hatte mich wieder mal unsanft aus dem Bett gekitzelt.

Ich rollte mich auf den Rücken. Daphne hockte grinsend auf meinem Bett und sah mich von oben herab an, so als wären wir im Film Der König der Löwen.

»Auch du, Daphne?«, fragte ich und hielt mir den Unterarm vor die Augen. Meine Cousine und beste Freundin sagte nichts mehr. Stattdessen packte sie mich an den Füßen und schleifte mich laut ächzend aus dem Zimmer.

Es war Zeit aufzugeben. Also streckte ich die Arme aus und ließ mich von Daphne über den Flur Richtung Küche ziehen.

Ich blickte zu ihr hoch. »Du hast neue Haare«, stellte ich fest.

Sie warf die Haare zurück. »Die Haare hatte ich schon immer. Die Farbe ist neu, wenn du das meinst. Ich bin aufgestanden und habe mir gedacht, der Tag heute ist grün-pink. Ich habe nämlich das Gefühl, das heute etwas Bedeutendes passiert!«

Daphnes fast hüftlangen, gewellten Haare strahlten geradezu in Neonpink und Neongrün. Meine beste Freundin wechselte ihre Haarfarbe öfter als ich meinen BH. Länger als eine Woche hielt sie es nie mit einer Farbe beziehungsweise einer Farbkombination aus.

Das war aber nicht weiter verwunderlich.

Daphnes ganzes Leben war bunt: Von den Haaren, über ihren tätowierten Körper, der ihr so Tattoo-Model-Jobs einbrachte, bis hin zu ihrer Sinneswahrnehmung. Daphne war nämlich Synästhetin.

Daphne hatte von ihren Eltern Empathie und eine beneidenswerte Fettverbrennung abbekommen. Und was hatte ich? Zugegeben, ich hatte mit acht Jahren schon ganz gut Gitarre spielen können, aber ich war reizbarer als ein Pfefferspray und Gabe auch.

Daphne legte mich in der Küche ab. Da die Fliesen etwas zu kalt für mein bauchfreies Top und kurze Shorts waren, stand ich auf.

Daphne meinte also, dass heute ein bedeutender Tag sein würde? Wahrscheinlich war heute der Tag, an dem ich auf den Küchentisch kotzen würde.

Ich setzte mich an den Tisch. Vor meinen Augen tanzten dunkle Flecken. Warum war mir nur so schwindelig?

»Wenn du so weitermachst, wirst du noch ein totaler Sonderling«, jammerte Daphne mich voll. Sie ließ einen gelblichen Pfannkuchen auf meinen Teller fallen. Darüber leerte sie Unmengen von Ahornsirup. »Faul kannst du auch dann erst sein, wenn du bald ein Student bist, der sich vor den Vorlesungen drückt.«

Mein Magen hob sich.

Aus den Augenwinkeln sah ich Daphnes leuchtenden Haare. Sie starrte mich an. »Iss!«

Artig nahm ich Gabel und Messer in die Hand und schnitt etwas von dem Pfannkuchen ab. Er schmeckte gut, weshalb ich gleich mal den ersten Pfannkuchen verschlang. Grinsend sorgte Daphne für Nachschub.

Daphne selbst hatte Speck, Rührei und Laugencroissants auf ihrem Teller. Bevor sie sich jedoch darauf stürzte, strich sie Sirup auf einen Pfannkuchen und schob ihn sich in den Mund. Innerhalb weniger Sekunden war die Kalorienbombe verschwunden.

»Ist Gabe wieder nicht da?«, fragte ich Daphne.

Mein Zwillingsbruder hatte seit ein paar Tagen eine neue Freundin. Dementsprechend war er gerade selten in unserer WG anzutreffen.

»O doch.« Daphne zwinkerte mir zu. »Er hat seine Freundin gestern zu uns mitgenommen. Ich denke, er wird sie uns heute endlich mal vorstellen.«

Na, ob das eine gute Idee war?

Nicht jeder fand das Irrenhaus, das wir als WG getarnt hatten, toll.

Gerade als ich das dachte, streifte etwas Flauschiges meine nackten Füße. Ich steckte den Kopf unter den Tisch, nur um ein sich bewegendes schwarz-weißes Knäuel zu sehen. Bei genauerem Hinsehen musste ich feststellen, dass sich nicht etwa der Hausstaub in ein lebendiges Wesen verwandelt hatte – was mich ehrlich gesagt auch nicht weiter verwundert hätte –, sondern dass unsere Frettchen sich gerade um ein Katzenleckerli in Fischform stritten.

»Kassandra!«, ermahnte ich mein Frettchen. »Aus! Böses Flauschi!«

»Flauschi?«, echote Daphne. »Hast du gerade wirklich Flauschi gesagt?« Sie fing an zu kichern. »Süß!«

»Halt die Klappe!«

Ich packte Kassandra an ihrem Schwanz und zog sie von ihrer Schwester Helena weg. Sie stieß ein paar Flüche in Frettchen-Sprache aus. Um sie von weiteren Streitereien abzuhalten, legte ich sie in Gabes unbenutzte Müslischüssel. Da drin sollte sie mal nachdenken, ob sie nicht doch die Klügere von den beiden war.

Eine Minute später kam Helena schuldbewusst angekrochen.

Gerade als die Frettchen sich wieder versöhnt hatten und sich gegenseitig putzten, gab es das nächste Theater.

»Du bist das Allerletzte, Gabriel!«, schrie eine mir unbekannte weibliche Stimme durch die ganze Wohnung. »Das war’s mit uns!«

Daphne und ich tauschten ein paar besorgte Blicke aus.

Gabriels frisch gebackene Ex-Freundin blieb kurz stehen, als sie Daphne und mich am Küchentisch erspähte. Es folgte peinliche Stille, die durch Gabriel ein abruptes Ende fand. »Aber–«, fing er an.

Seine Ex stürmte davon. Sie knallte die Haustür so fest zu, dass Kassandra aus der Schüssel purzelte.

Schimpfend und wild gestikulierend betrat Gabriel die Küche.

»Und wie hast du es dieses Mal versaut?« wollte ich wissen.

»Die war echt süß«, kommentierte Daphne. »So eine Verschwendung.«

Er schwieg einen Moment lang. »Ich habe sie versehentlich beim falschen Namen genannt …«

»Ist nicht dein Ernst!«, herrschte ich meinen Zwilling an.

»Ja, ich habe es versaut, okay?« Er stöhnte. »Ich mochte sie wirklich.«

Ich sah ihn stumm an.

»Was siehst du mich denn so an?«

»Und du weißt ihren Namen immer noch nicht.«

Gabriel seufzte. »Es war irgendetwas mit einem A. Irgendwo. Nicht am Anfang.«

Ach, es gab ja nur wenige Namen mit einem A – irgendwo.

»Nenn sie doch Mohammed.« Ich grinste. »Das ist der häufigste Vorname auf der Welt. Damit liegst du statistisch gesehen am wenigstens daneben.«

»Ich muss meine Gitarre holen!«, fiel ihm dann ein. Er fuhr sich mit den Händen übers Gesicht. »Ich habe meine Gitarre bei ihr liegen gelassen! Ich muss da sofort hin, bevor sie sie in einer Kurzschlussreaktion wegschmeißt.«

»Du weißt, wo sie wohnt, aber nicht ihren Namen?«

Er zuckte entschuldigend mit den Achseln.

Gabe hatte – nennen wir es mal – die besondere Fähigkeit, jede Beziehung zu zerstören, bevor sie richtig ernst wurde.

Ach, das kann gar nicht sein? Nun ja, als er in der Elften war, ging er mit einer Marissa. Sie kannten sich schon fast einen Monat, als sie ihn zu sich nach Hause einlud, damit er ihre Eltern kennenlernte, weil es nun mal ernst zwischen ihnen wurde. Beim Öffnen der Haustür stellte sich heraus, dass Marissas Vater unser Englischlehrer war, den Gabe Tage zuvor als das armselige Ergebnis der mangelhaften Lehrerausbildung in unserem Land bezeichnet hatte.

Nicht einmal drei Monate vorher war eine Beziehung in die Brüche gegangen, weil Gabe für seine damalige Freundin – Hannah? – ein romantisches Abendessen bei ihr zu Hause vorbereiten wollte. Hannah – und besonders ihre Eltern – waren nicht begeistert, als die Feuerwehr dann die Küche inklusive Gabes Lasagne löschen musste.

Und von Ines, die wegen meines Bruders ihren Nebenjob im Kunstmuseum verloren hatte, wollte ich gar nicht anfangen. Oder von Clara, Alice und all den anderen Frauen. Möge ihr Groll gegen Gabe irgendwann Frieden finden.

Vielleicht war es eine nutzlose Superkraft oder ein Fluch.

Aber wahrscheinlich waren Gabe und ich – und wohl auch Daphne – einfach nur bindungsgestört.

»Geht eine von euch dann heute mit mir wohin?«, fragte Gabriel, während er sich ganz schnell am Frühstückstisch bediente. Er stopfte sich den Speck in den Mund, um ihn mit Orangensaft runterzuspülen.

»Hm.« Daphne legte den Kopf schief. »Wenn, dann nicht lange. Ich habe morgen um 10 ein Shooting. Ich will mir nicht die Augenringe wegschminken lassen müssen.«

»Und du, Tay?«

»Ich weiß nicht.« Ich kraulte Kassandra hinter den Ohren. »Ich habe irgendwie keine Lust.«

»In letzter Zeit hast du nie Lust!«, beklagte sich Gabriel. »Was ist nur los mit dir?«

Mein Bruder hatte das nur so dahingesagt, aber irgendwie hatte er recht. Irgendetwas stimmte nicht mit mir. Seit wir aus Amerika zurück waren, fehlte mir etwas. Ich war so lust-und kraftlos wie noch nie in meinem Leben.

»Na, überleg es dir noch«, sagte Gabe dann versöhnlicher. Er schnappte sich im Vorbeigehen Helena vom Tisch. »Ich geh gleich noch eine Runde mit ihr Gassi. Wartet nicht mit dem Mittagessen auf mich«, verabschiedete er sich bei uns.

»Und was machen wir beide jetzt?«, fragte mich Daphne lächelnd. »Wir könnten doch mal ein paar neue Klamotten kaufen. Du brauchst ein paar neue Teile, wenn du jetzt bald mit der Uni anfängst.«

Während Daphne das sagte, wurde mir schon wieder ganz flau im Magen.

»Oh, wo wir schon dabei sind, du hast Post bekommen!« Sie stand auf und kam mit einem geöffneten Brief zurück. Daphne hielt die orangefarbene Plastikkarte vor ihr Gesicht. »Dein Uni-Ausweis ist heute schon gekommen! Das Foto ist echt t–«

Jetzt konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich schlug die Hände vor den Mund und rannte auf die Toilette. Das Wenige, das ich gegessen hatte, kam mir begleitet von ekligen Würgegeräuschen hoch.

Während ich über der Schüssel hing, rechnete ich hektisch nach. Acht Wochen. Es war acht Wochen her, dass ich meine Tage bekommen hatte. Mit Ezra hatte ich vor ungefähr sechs Wochen geschlafen. Wenn ich Pech hatte und etwas schiefgelaufen war? Ich meine? Was sollte es sonst sein? Aber ich konnte doch nicht …?

Es klopfte an der Tür. »Taylor? Geht es dir gut?«

Ich stieß einen Laut aus. Momentan konnte ich einfach keine Worte formen.

Daphne kam ins Bad. Wie ein Häufchen Elend hockte ich am Fliesenboden. Ihre Augen wurden so groß wie meine. »Was ist denn los, Tay?«

»Ich glaube …« O Gott. O Gott. O Gott. »Ich bin vielleicht schwanger.«

02. Kapitel

Zum Glück gibt es keinen Urintest für Dummheit

»Schwanger?«, wiederholte Daphne ungläubig. »Du denkst, du bist schwanger?«

Ihre Stirn legte sich in tiefe Falten.

»Ja. Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher«, gab ich zu. »Aber es kann sein.«

Ich hatte versucht es zu verdrängen, aber es gab seit Wochen einige Anzeichen, die ich versucht hatte, so gut es ging zu verdrängen. Mir war immer – und besonders morgens – richtig übel. Ich hatte schlimme Stimmungsschwankungen. So hatte ich bei einem alten Horrorfilm geheult, wo ein Zombie-Baby sich aus dem Bauch seiner Mutter gefressen hatte – und ja, ich hätte mich dabei fast auf meine Nacho-Popcorn-Mischung übergeben. Das führte mich zu Anzeichen Nummer drei: Ich hatte richtige Heißhungerattacken. Nur nicht auf Essiggürkchen mit Schokolade oder so. Schokolade passte nur zu fast allem.

Und natürlich das eindeutigste Merkmal: Ich hatte schon seit acht Wochen meine Tage nicht mehr.

Daphne legte eine Hand auf meine Schulter. »Vielleicht bist du nur etwas hyste… ähm, aufgeregt, Taylor. Wegen der Uni.«

Ich erbrach mich erneut.

Wortlos öffnete Daphne eine Schublade. Sie platzierte einen süßlich stinkenden Raum-Erfrischer neben mir.

»Weißt du noch, als ich mir mal im Diskounter Sushi aus der Tiefkühltruhe geholt habe?«, sagte sie. »Man hätte es ja eigentlich ein paar Stunden auftauen lassen sollen, aber ich hatte ja dieses Doppelshooting und danach noch einen Kunden, bei dem ich den halben Rücken wie ein Mandala ausmalen musste. Hab ich mir die Seele aus dem Leib gekotzt, weil ich in der Eile Eiswürfel-Sushi gelutscht habe.«

»Ich habe meine Tage schon länger nicht mehr.«

Das ließ Daphne aufhorchen. »Wie lange schon nicht mehr?«

»Ungefähr seit acht Wochen.«

»Verdammte Scheiße«, fasste Daphne meine Lage schön zusammen. Sie legte den Kopf schief. »Nehmen wir an, da wächst tatsächlich etwas in deinem Bauch heran, wobei ich fest überzeugt bin, dass es nicht so ist, wer …?«

»Ich hatte Sex mit Ezra«, gestand ich ihr. »Kurz bevor ich wieder nach Österreich gekommen bin.«

»Mit Ezra?«, wiederholte sie. »Der Ezra-Ezra? Ezra?«

»Nein, Ezra-Ezra-Ezra-Ezra whatever. Wie viele Ezras kennst du denn?«

»Na ja, ich hatte mal ein Date mit einer Ezra«, antwortete mir Daphne. »Und dann natürlich die liebe Verwandtschaft.«

»Wir sind nicht verwandt mit ihm«, sagte ich und schüttelte den Kopf dabei.

»Ist deine Tante Ellen nicht seine Taufpatin?«

Man musste dazu wissen, dass Ezras und meine Familie richtig gut befreundet waren. Meine Tante Ellen, Moms große Schwester, war die beste Freundin von Ezras Mutter Cadence.

Meine Tante Ellen konnte selbst keine Kinder bekommen, weshalb sie liebend gern als kostenfreier Babysitter oder noch lieber als spendable Taufpatin herhielt. Von unserer Familie und Ellens Freundinnen war Ezra das erste Kind gewesen, das geboren wurde, weshalb es von Anfang an klar war, dass Ellen Taufpatin werden würde. Ellen soll bei seiner Geburt »Mir gehört Cadences Erstgeborener!« geschrien haben und wie eine alte Märchenhexe den Gang entlanggeschritten sein und dabei laut gekichert haben, aber das lag wohl an der Menge Alkohol, die sie zur Beruhigung getrunken hatte, wie Mom immer betonte. Ellen war nervöser als die neue Mutter gewesen.

»Nicht blutsverwandt!«, sagte ich, während ich versuchte, die in mir aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken.

»Das ist kürzer als der Sohn von Freunden unserer Eltern«, meinte Daphne nur. Erst jetzt begriff sie das, was ich gesagt hatte. »Du hattest Sex mit Ezra! Ich kann nicht fassen, dass du auf das Bücherwürmchen stehst!«

Ich stieß ein hysterisches Lachen aus. »Ich steh doch nicht auf Ezra!«, sagte ich schnell. » Er war … Es war nur eine blöde Idee. Ich habe einige Cocktails getrunken«, dass sie alkoholfrei gewesen waren, erwähnte ich nicht, »und dann sind wir eben im Bett gelandet.«

»Aha.« Sie fuchtelte mit einer Hand herum. »Na gut. Lassen wir das Thema vorerst mal ruhen.« Sie rutschte auf den Boden näher an mich heran. Ich zuckte zusammen, als ihr Gesichtsausdruck plötzlich finster wurde. »Habt ihr beide etwa nicht verhütet?«, wollte sie wissen.

Ich zuckte nur hilflos mit den Schultern.

Normalerweise war ich ja nicht so leichtsinnig, aber bei Ezra schaltete sich mein Gehirn komplett aus. Ich konnte nicht mal erklären, warum ich mir nicht einfach die Pille danach geholt habe. In Amerika hatte ich mich nur auf die Preisverleihung meiner Eltern konzentriert – und jeglichen Gedanken an Ezra weggeschoben. Als ich dann aus den Staaten zurück war, war ich einfach so lustlos gewesen.

Ich war dumm. So dumm.

Wie hatte ich das nur zulassen können?

»Kannst du mal kurz weniger wie meine Mom sein?«, bat ich meine beste Freundin.

Meine Mom! Meine Mom würde mich umbringen. Mein Dad würde Ezra umbringen. Und dann würde meine Mom meinen Dad anschreien, weil sie gerne Ezra den Hals umgedreht hätte.

»Du hast dir bestimmt nur den Magen verdorben«, versuchte Daphne mich erneut zu beruhigen. »Und deine Tage … Rechne noch mal in aller Ruhe nach, okay?«

Und dann geschah etwas, dass schon seit Jahren nicht mehr passiert war, und zwar seit mir meine Mom nicht mehr bei den Mathe-Hausaufgaben half. Meistens hatte es nämlich dann so geendet, dass erst sie geschrien hatte und danach ich geschrien hatte. Dann heulte ich meistens und meine Mom wusste nicht, wie sie mich trösten sollte, außer mit »Na ja, das hast du eben von deinem Vater. Nur geheult hat der nie. Fast nie.«

Ich fing also vor meiner besten Freundin zu heulen an. Zuerst waren es nur ein paar flüchtige Schluchzer, die ich mit Husten übertönen wollte, aber dann sagte Daphne noch irgendetwas und aus mir brach alles heraus. Ich sackte nach vorne weg. Meine Freundin hielt mich in den Armen, während ich ihren Seiden-Kimono mit meinen Tränen durchweichte. Ich konnte erst aufhören, als die Tränen mit Sicherheit mein Gesicht für immer in ihren Kimono gebrannt hatten.

»H-hier.«

Daphne drückte mir ein Handtuch ins tränenüberströmte Gesicht. Dankbar trocknete ich mich damit ab. Als ich endlich wieder sehen konnte, starrte mich eine verdatterte Daphne an.

»Was ist?«, wollte ich von ihr wissen.

»Ich habe dich nur noch nie, wirklich noch nie, weinen gesehen«, sagte sie. »O Gott, Tay, es tut mir so leid.« Als sie aufstand, streifte sie den Kimono ab, sodass sie fast nackt im Badezimmer stand. »Ich hol uns jetzt einen Schwangerschaftstest aus der Drogerie. Dann haben wir zumindest Gewissheit.«

»Mir und ich«, besserte ich sie schniefend aus.

»Bei Gott, Tay.« Daphne verdrehte die Augen. »Ich habe die Pronomen absichtlich so verwendet. Egal was kommt, ich stehe dir bei.« Sie machte eine kurze Pause. »Besser ich als Gabe. Der würde dir noch ein Fieberthermometer als Schwangerschaftstest andrehen. Wir sollten es ihm ohnehin nicht sagen, ehe wir nicht sicher sind. Sonst regt er sich nur unnötig auf. Er kann bei Frauenproblemen so eine Drama-Queen sein. Weißt du noch, als er mal Tampons kaufen sollte und er sie uns dann mit einer Grillzange ins Bad gestellt hat? Als könnte er durch die Berührung auch eine Periode bekommen …«

Auch wenn ich mich gerade wie mein ausgekotzter Mageninhalt fühlte, die Worte von Daphne bereiteten mir ein warmes Gefühl im Bauch. So war Daphne nun einmal. Sie konnte es nicht leiden, wenn es jemandem mies ging, weil sie sich dann genau so schlecht fühlte.

»Wirklich?«, schniefte ich. »Glaubst du, Gabriel checkt den Unterschied nicht?«, sagte ich, statt mich bei ihr für ihre Fürsorge zu bedanken.

»Du bist meine allerbeste Freundin, Taylor,«, sagte sie und drückte mich dabei fest. Natürlich hatte sie sofort verstanden, dass das mein Weg war, Danke zu sagen. »Ich bin mir sicher, dass du für mich das Gleiche tun würdest. Na ja, nachdem du ›Soll ich den Kerl umbringen?‹ geknurrt hättest.«

Das brachte mich sogar ein wenig zum Lächeln.

»Dann hast du es einfach schwarz auf weiß oder blau auf weiß, dass du eben nicht schwanger bist«, redete Daphne weiter. »Ich hol dir aber nur das Billigste … Na gut, das mittelpreislichste Teil. Das bist du mir schon wert.«

Meine beste Freundin hopste leichtfüßig auf die Beine. Sie hatte schon fast die Wohnung verlassen, als ich sie daran erinnerte, dass sie gerade nur noch BH und Slip trug.

Eine Minute später kam sie in einem bauchfreien, roten Top und einem blauen Maxirock zurück ins Badezimmer. Keine Ahnung, wie Daphne sich so schnell umziehen konnte. Vielleicht, weil sie nie darauf achtete, ob die Farben ihres Outfits wirklich zueinanderpassten.

Sie hängte mir einen Luft-Erfrischer fürs Auto um den Hals und klopfte mir noch einmal aufmunternd auf die Schulter. »Jetzt kann ich dich allein lassen!«