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Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Hannes Gerber konnte sich nicht erinnern, jemals in seinem Leben innerlich so zerrissen gewesen zu sein. Er fühlte sich, als sei er in eine viel zu enge Sackgasse geraten, in der es kein vorwärts mehr gab und auch der Rückweg war ihm versperrt. Normalerweise hatte er immer einen Rat für Freunde bereit, wenn sie sich ratsuchend an ihn wendeten. Aber nun, wo es um ihn selbst ging, wusste er keinen Ausweg. Dabei war ihm klar, dass er sich in diese fatale Situation selbst hineinmanövriert hatte. Aber es machte keinen Sinn, sich mit Selbstvorwürfen zu quälen. Er brauchte eine Lösung und das möglichst schnell. Genauso klar war es ihm, dass von seinen Entscheidungen drei weitere Menschen betroffen sein werden. Er trug Verantwortung, und dieses Wissen lastete schwer auf seiner Seele. Denn, wie auch immer er sich entscheiden würde, mindestens einer von den drei Menschen würde leiden. Er hatte diese Entscheidung lange vor sich hergeschoben. Viel zu lang, auch das war ihm klar. Aber er hatte keinen Mut gehabt, zu tun, was seine Geliebte Yvonne von ihm verlangt hatte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Es war an der Zeit, reinen Tisch zu machen. Das Kind, das Yvonne schon bald zur Welt bringen würde, hatte Klarheit verdient. Er wurde endlich Vater! Diese Tatsache ließ ihn einerseits vor Glück fast zerplatzen, aber andererseits musste er der Frau, die er immer geliebt hatte und die ihm all die Jahre eine perfekte Ehefrau gewesen war, den größten Schmerz zufügen. Der Tag, an dem er und Helena geheiratet hatten, war lange Zeit einer der schönsten für ihn gewesen. Aber nun, etliche Jahre später, war seine Geliebte Yvonne diejenige, die sein Herz fast zum Zerspringen gebracht hätte.
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Seitenzahl: 109
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Hannes Gerber konnte sich nicht erinnern, jemals in seinem Leben innerlich so zerrissen gewesen zu sein. Er fühlte sich, als sei er in eine viel zu enge Sackgasse geraten, in der es kein vorwärts mehr gab und auch der Rückweg war ihm versperrt. Normalerweise hatte er immer einen Rat für Freunde bereit, wenn sie sich ratsuchend an ihn wendeten. Aber nun, wo es um ihn selbst ging, wusste er keinen Ausweg. Dabei war ihm klar, dass er sich in diese fatale Situation selbst hineinmanövriert hatte. Aber es machte keinen Sinn, sich mit Selbstvorwürfen zu quälen. Er brauchte eine Lösung und das möglichst schnell. Genauso klar war es ihm, dass von seinen Entscheidungen drei weitere Menschen betroffen sein werden. Er trug Verantwortung, und dieses Wissen lastete schwer auf seiner Seele. Denn, wie auch immer er sich entscheiden würde, mindestens einer von den drei Menschen würde leiden. Er hatte diese Entscheidung lange vor sich hergeschoben. Viel zu lang, auch das war ihm klar. Aber er hatte keinen Mut gehabt, zu tun, was seine Geliebte Yvonne von ihm verlangt hatte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Es war an der Zeit, reinen Tisch zu machen. Das Kind, das Yvonne schon bald zur Welt bringen würde, hatte Klarheit verdient.
Er wurde endlich Vater! Diese Tatsache ließ ihn einerseits vor Glück fast zerplatzen, aber andererseits musste er der Frau, die er immer geliebt hatte und die ihm all die Jahre eine perfekte Ehefrau gewesen war, den größten Schmerz zufügen.
Der Tag, an dem er und Helena geheiratet hatten, war lange Zeit einer der schönsten für ihn gewesen. Aber nun, etliche Jahre später, war seine Geliebte Yvonne diejenige, die sein Herz fast zum Zerspringen gebracht hätte. Manchmal betrachtete er sie heimlich in irgendwelchen alltäglichen Situationen und jedes Mal war er davon überzeugt, dass es auf diesem Planeten keine schönere Frau geben konnte. Die Art, wie sie sich bewegte, wenn sie mit wiegenden Hüften, scheinbar selbstvergessen durch den Raum ging, raubte ihm immer wieder den Atem. Ihr versonnener Blick, während sie am oberen Ende des Bleistifts kaute und ihre To-do-Liste für den nächsten Tag entwarf. Oder wenn sie wieder mal viel zu lang vor ihrem offenen Kleiderschrank stand, sich nicht entscheiden konnte und ihn dann für eine kurze Zeit völlig vergessen zu haben schien. Sie war in jeder Situation einfach bezaubernd. Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, waren ihm als erstes ihre rehbraunen Augen aufgefallen, die zum dunklen Kurzhaarschnitt perfekt passten. Ihre Gesichtszüge waren klar und drückten eine Art von Selbstbewusstsein aus, das Hannes an Frauen immer sehr bewunderte.
Sie dagegen hatte ihn bei ihrer ersten Begegnung zunächst lediglich als das wahrgenommen, was er war: ein Telefontechniker im Außendienst, der endlich kam, um ihren Internetanschluss wieder in Gang zu bekommen. »Sie haben sich ja lange Zeit gelassen«, pflaumte sie ihn statt einer höflichen Begrüßung an. »Was denken Sie sich eigentlich? Ich brauche meinen Anschluss beruflich! Eine ganze Woche bin ich nun schon offline! Wie stellen Sie sich das vor?«
»Tut mir leid«, stammelte er verlegen. Normalerweise war er nicht schüchtern, aber nun fehlten ihm die passenden Worte, obwohl Hannes im Umgang mit mürrischen und ungeduldigen Kunden geschult war.
»Nun kommen Sie schon, hier gehts lang«, forderte sie ihn auf. »Ich darf mal vorgehen.«
Nur zu gern folgte er ihr den schmalen Flur entlang bis zu einer Nische, in der auf einem Schränkchen ein Festnetztelefon thronte. Ihr eleganter Hüftschwung im eng anliegenden Kleid rief ein leichtes Schwindelgefühl bei ihm hervor und er war froh, sein Augenmerk auf seinen Job richten zu können.
»Passen Sie bloß auf, wenn Sie das Schränkchen verschieben müssen, das war teuer!« Ihre Warnung war im Grunde überflüssig, denn es war ihm längst aufgefallen, dass ihre Einrichtung wohl ziemlich kostspielig gewesen sein musste. Außerdem ging er mit dem Eigentum seiner Kunden sowieso pfleglich um. Es kostete ihm deshalb keine Mühe, den Schrank umsichtig ein paar Zentimeter nach vorne zu rücken, um an den Anschluss zu gelangen.
Hannes bemühte sich um Konzentration. Dass die Kundin unverschämt nah bei ihm stand und ein Hauch von teurem Parfum in seine Nase stieg, lenkte ihn immer wieder ab. Aber er bemühte sich.
Nach einigen Tests hatte er den Fehler gefunden, konnte ihn allerdings nicht sofort beheben. »Ich muss wieder kommen, Frau … Frau …«, verstohlen schielte er auf seinen Auftragszettel.
»Keller«, half sie ihm weiter. »Yvonne Keller. Wieso denn das? Wollen Sie damit etwa andeuten, dass ich noch immer kein Internet habe?«
»Ich muss an die Leitung ran, da gibt es offensichtlich eine Fehlschaltung irgendwo …«, versuchte er ihr zu erklären.
Sie rollte entnervt mit den Augen. »Na gut, wenn es nicht anders geht, wie lange wird das nun wieder dauern?«
Erst später wurde ihm klar, dass er genau an dieser Stelle noch alles verhindern hätte können. Er hätte den Auftrag an einen anderen Techniker weitergeben können. Er hätte den Job aber auch am selben Tag zu Ende bringen können. Stattdessen kündigte er seinen erneuten Besuch für den nächsten Tag an und schuf damit instinktiv die Chance für ein Wiedersehen.
Hannes Gerber hatte seine Ehefrau bis zu jenem Tag noch nie betrogen. Es war ihm bis zu diesem Moment auch niemals in den Sinn gekommen, obwohl es an Gelegenheiten nicht gemangelt hätte. Aber die Liebe zu Helena war stark und bis zu diesem verhängnisvollen Kundenbesuch war Hannes immer davon überzeugt gewesen, dass Treue eine Sache der Ehre war.
Der zweite Termin verlief wie der erste. Allerdings glaubte Hannes ein kurzes, aber helles Blitzen in den braunen Augen seiner Kundin bemerkt zu haben. Außerdem waren ihre vollen Lippen dezent geschminkt und sie trug zum eng anliegenden Kleid hohe Schuhe. »Müssen Sie weg?«, fragte er.
»Nein, wie kommen Sie darauf?« Sie senkte ihre langen Wimpern und hypnotisierte ihn mit ihrem Blick.
Hannes kannte solche Situationen. Es kam immer wieder mal vor, dass Kundinnen mit ihm flirteten. Normalerweise blockte er jeden Versuch ab. Aber dieses Mal war alles anders. ›Ein kleiner Flirt, was ist schon dabei‹, dachte er und lächelte wagemutig. Während er seine Arbeit verrichtete, suchte er immer wieder Augenkontakt zu ihr und von Mal zu Mal wurden die Blicke intensiver. Er spürte seinen viel zu schnellen Puls an seinen Schläfen und fühlte sich auf einmal jung und frisch wie schon lange nicht mehr.
Es dauerte nicht lange, bis er den Anschluss wieder hergestellt hatte. »Jetzt müsste wieder alles laufen, Frau Keller.«
»Zum Glück … ich arbeite zum Teil von zu Hause aus und jeder Tag, an dem ich nicht online sein kann, kostet Geld. Aber nun kann ich ja wieder loslegen.« Sie schenkte ihm ein offenes Lächeln. »Ich würde Ihnen gern Trinkgeld geben, aber ich habe eine viel bessere Idee.«
Sah er da ein leichtes Zwinkern in ihren Augen?
»Was halten Sie davon, wenn ich Sie heute Abend zu einem Drink einlade? Sagen wir um 19 Uhr, in der Bar gleich schräg gegenüber?« Sie legte ihre linke Hand auf ihre Hüften, strich sich eine vorwitzige dunkle Haarsträhne aus der Stirn und zeigte beim Lächeln ihre strahlend weißen Zähne.
»Nun, das ist ja nicht unbedingt üblich als Trinkgeld, aber, was soll ich sagen, es klingt gut. Allerdings bestehe ich darauf, Sie einzuladen. Um 19 Uhr also?« Er war selbst erschrocken über seine spontane Antwort, aber sie ließ sich nicht mehr rückgängig machen.
Am selben Abend ging er zum ersten Mal in seinem Leben fremd. Als Ausrede für seine Ehefrau hatte er ein Wiedersehen mit einem alten Freund erfunden, mit dem er am Abend ein Bier trinken gehen wollte. Er konnte Helena dabei nicht in die Augen schauen, sonst wäre es ihm nicht so leicht gefallen, sie anzulügen.
In der Bar war er zunächst noch zurückhaltend gewesen, aber schon beim zweiten Cocktail spürte er seinen inneren Widerstand bröckeln. Viele kurze Berührungen, elektrisierend und trotzdem wie zufällig, aber sie waren von beiden Seiten gewollt. Das Knistern in der Luft verstärkte sich von Minute zu Minute, bis es sich in einem explosiven Feuerwerk der Gefühle auflöste. Spätestens als er ihre vollen weichen Lippen auf seinen spürte, war er zu allem bereit. Er brachte sie nach Hause und ging lächelnd auf ihre verheißungsvolle Einladung ein, bei ihr noch einen Espresso zu trinken.
Seine eigene Wohnungstür sperrte er dann erst weit nach Mitternacht auf. Helena schlief tief und fest und hörte ihn nicht.
Es war zu weiteren Treffen gekommen, immer mit einem schlechten Gewissen, aber die Versuchung war stets stärker gewesen als sein Ehrgefühl. Die gestohlene Zeit war für ihn wie eine willkommene Auszeit vom Alltag und das tat ihm gut. Wenn er bei ihr war, fühlte er sich leicht und beflügelt, jung und voller Spannkraft, als Mann begehrt, ohne dass irgendwelche Erwartungen an ihn gestellt wurden. Aber er wusste, dass er falsch handelte. Diese innere Zerrissenheit nagte schwer an ihm und manchmal hasste er sich selbst für sein Verhalten.
Was er für Yvonne empfand, hatte nichts mit Liebe zu tun. Er mochte und bewunderte sie, aber sein Herz blieb unberührt. In einer stillen Stunde, in der er überlegt hatte, was ihn an ihr so faszinierte, fand er eine Antwort, die ihn nicht einmal besonders überraschte. Ihre körperlichen Reize versagten ihre Wirkung auf ihn nie, wenn Yvonne sie gezielt einsetzte. Sie war verrückt nach ihm und konnte von seinen Zärtlichkeiten einfach niemals genug bekommen. Er fühlte sich dadurch in seiner Männlichkeit bestätigt und er genoss das Gefühl, sie glücklich machen zu können.
Yvonne und er hatten außerhalb ihrer brennenden Leidenschaft nichts gemeinsam. Mittlerweile wusste er, dass sie in einer international agierenden Bank eine ziemlich hohe Führungsposition innehatte. Dementsprechend üppig war ihr Einkommen, vermutlich ein Vielfaches von seinem. Sie lebte unabhängig und umgab sich mit teuren Luxusgegenständen. Manchmal vermutete er, dass er für sie ein interessantes Spielzeug war, mehr nicht. Aber das war ihm ganz recht, denn es war auch für ihn nie mehr als eine Affäre gewesen. Eine Affäre, die er längst beenden hätte müssen oder noch besser, erst gar nicht begonnen hätte.
›Nur noch dieses eine Mal‹, hatte ihm jedes Mal die innere teuflische Stimme der Verführung zugeflüstert, wenn sie ihre Arme um ihn schlang und er ihren weichen Körper spürte. Er wusste, dass er schon bald seiner geliebten Ehefrau Helena alles gestehen und sie um Verzeihung bitten musste. Er hatte Angst vor diesem Moment, denn ob sie ihm vergeben würde, stand in den Sternen.
Dann kam der Tag, an dem sich alles änderte. Yvonne erklärte ihm, sie sei schwanger!
Hannes war schockiert. »Ich dachte, du nimmst die Pille?«, war seine spontane Reaktion.
»Tja, schon. Ich bin nicht die Erste, die trotzdem schwanger wird«, antwortete sie. Es war nicht zu übersehen, wie enttäuscht sie von ihm war. »Freust du dich denn gar nicht?«
»Doch, schon. Vater zu werden, ist mein sehnlichster Wunsch, aber … aber … verzeih´… doch nicht so?«, stotterte er.
»Nicht so?« Ihre Stimme klang schneidend. »Wie denn? Mit deiner Frau? Das hat ja die letzten Jahre schon nicht geklappt.«
Ihre Worte trafen ihn wie Messerstiche. Sie hatte Recht, auch wenn er mit ihr darüber nie gesprochen hatte. Aber sie wusste, wie lange Helena und er verheiratet waren und dass sie bisher kinderlos geblieben waren.
»Ich mache dich zum Vater, nun freu dich endlich!«, rief sie aufgebracht. »Du bist jetzt fünfunddreißig Jahre alt, wie lange willst du noch warten?«
»Sorry, das muss ich erst einmal verarbeiten«, meinte er, während er sich erhob und dann grußlos ihre Wohnung verließ.
Wenn er heute daran zurückdachte, schämte er sich vor sich selbst. Er hatte es bis jetzt nicht geschafft, seiner Frau die Wahrheit zu sagen. In wenigen Wochen würde er Vater werden und Yvonne hatte ihm heute die Pistole auf die Brust gesetzt. »Entweder du sagst es ihr jetzt oder ich tue es!«, hatte sie ihm entgegengeschleudert. »Du hast versprochen, für unser Kind zu sorgen, also steh gefälligst auch dazu.«
»Das werde ich tun, wie kannst du nur daran zweifeln. Aber Helena und ich … ich meine …«
»Was meinst du? Du hattest lange genug Zeit, dich zu entscheiden. Du bist ein Feigling! Oh mein Gott! Der Vater meines Kindes ist ein Feigling!«
Die beiden hatten in den vergangenen Monaten schon öfter derartige Auseinandersetzungen, aber an diesem Nachmittag regte sich Yvonne noch mehr auf als sonst. »Du fährst jetzt nach Hause und schenkst deiner Frau reinen Wein ein, hast du verstanden? Dein Kind und ich haben ein Recht darauf!« Die hektischen Flecken in ihrem Gesicht wurden immer stärker. Ihr keuchender Atem ging viel zu schnell und Hannes hatte plötzlich Angst um sie.
»Reg dich bitte nicht so auf, das ist nicht gut für dich in diesem Zustand.«
»Lächerlich! Das Einzige, was in meinem Zustand nicht gut ist, bist du und deine Feigheit.«
Hannes sah nur eine Möglichkeit, er musste gehen, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. Wortlos umarmte er Yvonne, ohne ihr dabei einen Kuss zu geben. Dann setzte er sich ins Auto und trat den Heimweg an. Sie hatte ja Recht. Er musste endlich reinen Tisch machen. Das hatte Helena genauso verdient wie Yvonne und am allermeisten sein ungeborenes Kind.